key: cord-0057204-oobgaim0 authors: Müller, Arno; Schröder, Hinrich; von Thienen, Lars title: Digitale Innovationen agil bewerten date: 2020-06-10 journal: Control Manag Rev DOI: 10.1007/s12176-020-0107-5 sha: b62826e3b935b88345c58cde30ea7512ff1a5804 doc_id: 57204 cord_uid: oobgaim0 nan Die Projekttypen für digitale Innovationen lassen sich unter Nutzung der beiden Dimensionen "Technologische Verände-rungen" sowie "Marktveränderungen" in vier unterschiedliche Kategorien einordnen (vergleiche Kalbach 2012) . Klassische Projekte verwenden bekannte Technologien und optimieren das bisherige Geschäftsmodell (Typ 1: "Low Impact Innovation"). Dieser Projekttyp weist die sichersten Prognosemöglichkeiten von Kosten und Nutzen auf. Eine andere Situation liegt vor, wenn kleine technologische Veränderungen eine hohe Marktveränderung bewirken, da es gelingt, neue Geschäftsmodelle mit bestehenden Technologien aufzubauen (Typ 2: "New Business Model"). Wenn das bestehende Geschäftsmodell mit einem radikalen Technologiesprung völlig neu umgesetzt wird, liegt Typ 3 "Technology Breakthrough" vor. Bei Innovationen, die sowohl radikale technologische Veränderungen als auch disruptive Marktveränderungen bewirken, ist schließlich der höchste Innovationsgrad erreicht (Typ 4: "Game Changer"). Innovationen vom Typ "Low Impact" können meist auf Basis sicherer Annahmen mit den bekannten Methoden der Investitionsrechnung bewertet werden. Für die innovativen Projekttypen sind diese dagegen weniger geeignet. Quantitative Verfahren der Investitionsrechnung zur Ex-ante-Beurteilung von Projekten führen hier auch unter Einbeziehung bekannter Ansätze wie der Monte-Carlo-Simulation und Entwicklung von Szenarien zu einer so großen Band-breite möglicher Effekte, dass die Ergebnisse den Entscheidern kaum eine Grundlage zur Projektbewertung bieten. In frühen Phasen solcher Projekte überwiegen daher qualitative Einschätzungen zum Projekterfolg, die von den Entscheidern selbst vorgenommen werden. Mit zunehmendem Projektverlauf steigt die Sicherheit der Kosten-und Nutzenschätzung, sodass in späteren Phasen quantitative Verfahren eingesetzt werden können. Diese müssen dann aber auch regelmäßig aktualisiert werden, um die Veränderungen der Einschätzungen zu verfolgen. Eine Lösung, solche Projekte zu steuern, sollte sich an Erfahrungen aus dem agilen Projekt-Management orientieren: "Auf Sicht fahren", ex ante nur kurze Zeiträume betrachten und iterativ neu planen sind hierbei die Leitlinien. Dies erfordert eine regelmäßige Positionsbestimmung und Neuplanung inklusive der Überprüfung und Fortschreibung der Nutzenbewertung bei jeder Iteration. Agiles Projekt-Management muss durch ein agiles, iteratives Projekt-Controlling begleitet werden (vergleiche Vigenschow/Grass 2015). Die klassische Projektbewertung konzentriert sich auf die Phasen bis zur Budgetfreigabe. Mit umfangreichen Pla-nungsaktivitäten wird versucht, ein möglichst gutes Bild der künftigen Situation zu entwickeln, einschließlich der Kosten und des erwarteten Nutzens. Nach Budgetfreigabe werden Kosten und Nutzen meist nicht mehr infrage gestellt. Das Projekt läuft, und es fehlt eine Feedback-Schleife zwischen "erwartetem Benefit" und "realisiertem Benefit" während der Umsetzungsphase (vergleiche Sopko/Demaria 2013). Im dynamischen Umfeld kann dies zu dem Ergebnis "Fail Late and Expensive" führen, da ein Scheitern eines solchen Projektes erst spät erkannt wird. Die Problematik zur Bewertung von digitalen Initiativen liegt somit nicht in den vorhandenen Methoden zur Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, sondern in den fehlenden Werkzeugen und Prozessen zum Messen des Scheiterns. In Adaption des Lean-Start-up-Ansatzes (vergleiche Ries 2011; Blank 2013) sollte die Projektbewertung besser iterativ angelegt sein (vergleiche Abbildung 1). Eine erste Budgetfreigabe umfasst nur die erste Phase des Projektes bis zur Erstellung eines "Minimal Viable Products" (MVP). Dann wird über die Weiterführung des Projektes und damit über das Folgebudget entschieden, wobei weiterhin ein iteratives Vorgehen verfolgt wird. Bei diesem Vorgehen gibt es eine permanente Feedback-Schleife zwischen dem erwarteten Benefit und dem realisier- Die Kombination von zunächst qualitativen, später bei größerer Sicherheit auch quantitativen Bewertungen des Projekterfolgs in einem iterativen Vorgehen dürfte für Digitalisierungsprojekte besser geeignet sein als das klassische Vorgehen, das einmal freigegebene Projekte in der Regel "laufen lässt". Der hier vorgestellte Fail Fast Indicator ist ein Instrument, das diesen Ansatz unterstützt. Das Framework kann unternehmensspezifisch angepasst werden, indem beispiels weise Mindest-Scores für die erstmalige Projektfreigabe festgelegt oder die Kriterien mit Gewichtungen versehen werden. Die Anwendung der Methode erfordert eine veränderte Fehlerkultur im Management. Derzeit ist ein Projektabbruch für den Projektleiter und den Auftraggeber ein Makel. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass an einmal gestarteten Projekten bis zum Ende festgehalten wird. Der hier vorgestellte Ansatz macht es erforderlich, dass es als Erfolg angesehen wird, ein Projekt rechtzeitig abgebrochen und so eine Fehlinvestition vermieden zu haben. Dieser kulturelle Wandel muss in Verbindung mit der Nutzung der vorgeschlagenen Methode vollzogen werden. Ausgabe 4/2019, erschienenen Artikels: Controlling von Digitalisierungsprojekten: Agile Projektbewertung mit dem "Fail Fast Indicator Schneller gründen. Die Lean-Start-up Methode macht Businesspläne überflüssig IT-Projektsteuerung -eine Methodik zum Benefits-Management mit integrierter Risikobetrachtung Clarifying Innovation: Four Zones of Innovation, in: experiencinginformation IT-Controlling, IT-Strategie, Multiprojektmanagement, Projektcontrolling und Performancekontrolle Benefits Management: How Siemens Focuses on Benefits to Accelerate Value Delivery The Lean Startup -How Constant Innovation Creates Radically Successful Businesses Agiles Projektmanagement: Anspruchsvolle Softwareprojekte erfolgreich steuern