key: cord-0056530-eqfa7cpv authors: Mrowietz, Ulrich title: Management der Psoriasis date: 2021-02-26 journal: hautnah dermatologie DOI: 10.1007/s15012-021-6598-8 sha: 8e81938eeb8e7ea9600428575aefbdc2d3497b94 doc_id: 56530 cord_uid: eqfa7cpv nan Tabakrauchen spielt eine zentrale Rolle als Risiko-oder Triggerfaktor für viele Erkrankungen; auch für die Psoriasis gilt Rauchen als unabhängiger Risikofaktor. Neben der Psoriasis ist Rauchen ein Risikofaktor für Hidradenitis suppurativa und beeinträchtigt signifikant die Wundheilung. Obwohl schon lange bekannt, sind Daten zu dem Effekt von Rauchentwöhnung nur sehr spärlich dokumentiert. Eine britische Arbeitsgruppe hat daher untersucht, welchen Erfolg ein Programm zur Rauchentwöhnung hatte [1] . In einem dermatologischen Zentrum in Cardiff wurden das Assistenzpersonal und die Ärzte von Fachkräften des "stop smoking service" des National Health Service dahingehend ausgebildet, Patienten während der Entwöhnung zu begleiten. Die Untersuchung lief über zwei Jahre, für die Auswertung konnten 83 Patienten einbezogen werden, hälftig Frauen und Männer mit einem Durchschnittsalter von 44 Jahren. 36 Patienten wollten schon früher mit dem Rauchen aufhören, 23 folgten dem Rat des behandelnden Dermatologen und 15 hatten keinen besonderen Grund, bei 32 Patienten waren keine Daten zur Motivation vorhanden. Am Ende schafften es 14,5 % der Patienten, mit dem Rauchen aufzuhören und wurden im Dokumentationszeitraum nicht rückfällig. Die meisten neuen Nichtraucher waren Patienten mit Hidradenitis suppurativa, nur ein Patient mit Psoriasis und einer mit palmoplantarer Pustulose gehörten in diese Gruppe. In der Diskussion verweisen die Autoren auf eine ebenfalls neuere Studie bei dermatologischen Patienten mit einer Erfolgsrate von 15,8 %. Kommentar: Dass Tabakrauchen die Gesundheit schädigt, wird jedem Konsumenten schon beim Anblick der Packung vor Augen geführt. Dabei stehen andere Komplikationen von Tabakrauchen wie assoziierte maligne Tumoren oder kardiovaskuläre Komplikationen im Vordergrund. In der Dermatologie gilt Rauchen vor allem als Risikofaktor bei Psoriasis, palmo-plantarer Pustulose und bei der Hidradenitis suppurativa. Allerdings gibt es bislang keine guten Studien zum Effekt einer langfristigen Nikotinkarenz. Auch die hier besprochene Studie trägt nur mäßig zu besseren Daten bei. Aber sie zeigt auf, wie wenig erfolgreich gezielte Rauchentwöhnungen sind. Alle Patienten in der Studie erhielten während der Entwöhnung Unterstützung durch das Team am dermatologischen Zentrum. Dazu gehörten auch Informationen zum Zusammenhang zwischen Tabakrauchen und der jeweiligen Hautkrankheit. Trotzdem war im 2-Jahres-Zeitraum ein Erfolg nur bei 14,5 % vorhanden. Da Nachbeobachtungen fehlen (ein großer Schwach-punkt aller dieser Arbeiten), ist nicht bekannt, wie hoch die Rückfallquote bei den neuen Nichtrauchern über die zwei Jahre hinaus war. Studiendaten zum positiven Effekt von Nichtrauchen gibt es für die palmoplantare Pustulose, bei der Psoriasis vulgaris jedoch nur kasuistisch. In der Konsequenz kann der Arzt nur an die Eigenverantwortlichkeit der Patienten appellieren, muss jedoch mit einer sehr geringen Erfolgsquote rechnen. Unzufriedenheit mit der Behandlung hoch. Hier ist es wichtig, individuell vorzugehen und nach Bedarf auch unter Verwendung der "upgrade"-Kriterien des europäischen Konsensus zu Therapiezielen die Psoriasis bei anogenitalem Befall als mittelschwer bis schwer einzustufen und zügig eine wirksame systemische Therapie zu beginnen. Das gilt auch für junge Erwachsene, für die kaum Studiendaten vorliegen, jedoch gerade in einer sexuell aktiven Zeit von genitaler Psoriasis besonders stark betroffen und beeinträchtigt sind. Zum Thema der zumeist unterschiedlichen Präferenzen von betroffenen Menschen mit Psoriasis und Behandlern gibt es eine neue Studie aus den Niederlanden [3] . Die Autoren machen eine Bestandaufnahme von Studien zu diesem Thema und wählten als Kriterium die Verwendung des "Discrete Choice Experiments" (DCE), das im Deutschen mit diskretes Entscheidungsexperiment oder diskretes Auswahlexperiment übersetzt werden kann. Diese Auswahlbeziehungsweise entscheidungsbasierte Methode wurde ursprünglich zur Analyse von ökonomischen Präferenzen entwickelt, ist aber auch auf andere Entscheidungsprozesse wie zum Beispiel Therapieentscheidungen in der Medizin anwendbar. Nach heutigen Standardkriterien wurde eine systematische Datenbankrecherche zu diesem Thema durchgeführt, die neben dem Stichwort DCE und anderen auch den Begriff Psoriasis enthalten musste. Von ursprünglich 978 Treffern in den Datenbanken und nach sorgfältiger Auswahl der den Kriterien entsprechenden Publikationen wurden schließlich 25 Publikationen in die Auswertung einbezogen. Bei der Auswertung fiel auf, dass 64 % der Studien in Europa durchgeführt wurden und 36 % aller Studien in Deutschland, das damit vor den USA (24 %) das Land war, in dem die Frage nach Patientenpräferenzen auf häufigsten untersucht wurde. Gemäß der Struktur von DCE konnten 191 Attribute ermittelt werden, die sich in Gruppen einteilen ließen: 65 % Ergebnis-Attribute, 29 % Prozess-Attribute, 6 % Kosten-Attribute sowie andere. Bei den Ergebnis-Attributen waren 55 % ergebnis-und 45 % sicherheitsspezifisch. Bei den ergebnisspezifischen waren das insbesondere Ansprechraten gemessen mit PASI oder "body surface area" (BSA -53 %), Schnelligkeit des Ansprechens (13 %), Erhaltung des Ansprechens (25 %) und Lebensqualität (9 %). Bei den Sicherheits-Attributen waren es vor allem Nebenwirkungssymptome (33 %) und Komplikationen wie schwere Infektionen und Neoplasien (47 %). Eigene finanzielle Belastungen der Betroffenen aufgrund der Psoriasis wurden ebenfalls erfasst. Die Auswertung der wichtigsten Patienten-Präferenzen ergab Effektivität der Therapie (48 %), Sicherheit (20 %), Anwendungsfreundlichkeit (28 %) und eigene Kosten (4 % führten Studie konnte nachgewiesen werden, dass Schichtarbeit zu einem erhöhten Risiko führt, an einer Psoriasis zu erkranken [4] . Eine Arbeitsgruppe aus Manchester hat nun bei 186 Patienten aus 15 Ländern mithilfe des Fragebogens Simplified Psoriasis Index-Severity Score untersucht, welche Faktoren für die Entwicklung von Psoriasissymptomen wichtig sind [5] . Dabei gaben 27 % der Befragten an, eine subjektive Verschlechterung der Psoriasis in Abhängigkeit zur Tageszeit wahrzunehmen. Verschlechterung am Abend war am häufigsten (49,2 %), gefolgt von der Nacht (29,1 %), dem Morgen (14,2 %) und dem Nachmittag (7,5 %). Allerdings gaben 95 % der Befragten Jucken im Tagesverlauf an, 44,3 % am Abend, 34,1 % in der Nacht. Morgendliches Jucken wurde fast nie angegeben. Eine Verschlechterung der Psoriasis im Winter wurde von 67,1 % der Befragten erwähnt gegenüber 23,8 % im Sommer. Frühjahr (7 %) und Herbst (2,1 %) waren sehr selten Jahreszeiten mit Einfluss auf die Psoriasis. Für das Symptom Jucken zeigte sich ein ausgeprägter Wintergipfel und ein zweiter im Sommer. In ihrer Diskussion gehen die Autoren auf interessante Aspekte der "inneren Uhr" im Zusammenhang mit der Haut ein. Zirkadiane Rhythmen werden vom suprachiasmatischen Nukleus reguliert, der besonders Tag-Nacht-Signale von der Retina empfängt. Genetische Studien an Nagetieren haben ein "clock gene" identifiziert, dass die Stärke der Imiquimod-induzierten psoriasisartigen Ent-zündung an der Maushaut beeinflusst. Abends ist die Induktion der Entzündung stärker und korreliert mit der Expression des Interleukin(IL)-23-Rezeptors, der für die Psoriasis eine sehr wichtige Rolle spielt. Eine sehr interessante Erklärung haben die Autoren für die Verschlechterung der Psoriasis im Winter. Studien konnten zeigen, dass das menschliche Immunsystem im Winter einen proinflammatorischen Phänotyp annimmt, möglicherweise für die erhöhte Abwehrbereitschaft für Infektionen [6] . Auch die Therapie mit Biologika hat sich kontinuierlich weiterentwickelt. So wurden vor allem die Tumornekrosefaktor(TNF)-Antagonisten für die rheumatoide Arthritis und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) entwickelt und dort auch zuerst eingesetzt. Den neuen Erkenntnissen zur Pathogenese der Psoriasis folgend wurde als erstes im großen Stil eingesetztes Biologikum Ustekinumab entwickelt. Es folgten dann die Hemmer von IL-17 und zuletzt die selektiven Inhibitoren der p19-Untereinheit von IL-23. Mit jeder Generation verbesserte sich das Nutzen-Risiko-Profil der Medikamente. Bei den TNF-Antagonisten stand vor allem zu Beginn eine Erhöhung des Infekti-onsrisikos in der Diskussion. Dies bezog sich insbesondere auf die mögliche Reaktivierung einer latenten Tuberkulose und führte zu den nun vorgeschriebenen Untersuchungen bestehend aus einem Röntgen des Thorax und dem Quantiferon-Test im Blut vor Einleitung der Therapie. Im Folgenden drei hierzu publizierte Arbeiten, die sich mit dieser Thematik beschäftigen. In der ersten Arbeit wurde untersucht, wie groß das Risiko schwerer Infektionen anhand der dazu verfügbaren Angaben in publizierten klinischen Studien ist [8] . Als schwere Infektion werden erregerbedingte Erkrankungen verstanden, die entweder medikamentös behandelt werden mussten oder bei denen eine stationäre Behandlung erforderlich war. Dabei zeigte sich, dass das Risiko für schwere Infektionen bei der Behandlung mit den IL-23p19-Inhibitoren Guselkumab, Risankizumab und Tildrakizumab unter 1 % lag. Mit einem Risiko von 1,2-1,3 % lag der Wert auch für die IL-17-Hemmer sehr niedrig, nur Ustekinumab (Anti-IL-12/23p40-Inhibitor) lag mit 1,7 % etwas höher. Zum Vergleich: Das nur für die PsA zugelassene Abatacept, ein CTLA-Fusionsprotein, zeigte eine Rate für schwere Infektionen von 4,2 %. Für die IL-17-Antagonisten wurden vor allem Candida-Infektionen beschrieben, bei Ustekinumab wurde darauf hingewiesen, dass es über mehr als fünf Jahre Nachbeobachtungszeit keinen Hinweis auf einen kumulativen Effekt gibt. Die zweite Arbeit beschäftigte sich mit dem Risiko für die Reaktivierung einer latenten Tuberkulose unter dem IL-17A-Inhibitor Ixekizumab [9] für obere Atemwegsinfektionen (einschließlich Sinusitiden und Tonsillitiden) bei allen drei IL-23p19-Antagonisten. In der Diskussion gehen sie auf eine andere Analyse ein, bei der in der Gruppe der IL-17-Inhibitoren ein erhöhtes Risiko für obere Atemwegserkrankungen gefunden wurde. Beim Vergleich beider Gruppen zeigte sich eine Überlappung der Konfidenzintervalle, was diese Beobachtung relativiert. Kommentar: Spielte das Thema Infektionen einschließlich Tuberkulose bei den TNF-Antagonisten noch eine große Rolle und führte zu den heute vorgeschriebenen Screeninguntersuchungen (Thorax-Röntgen und IGRA) so sind die Klassen der IL-17-und IL-23p19-Antagonisten in dieser Hinsicht ohne erhöhtes Risiko. Allerdings kommen unter den drei IL-17-Hemmern Brodalumab, Ixekizumab und Secukinumab häufiger Candida-Infektionen vor, die zu einem leicht erhöhten Infektionsrisiko gesamt beitragen. Als sicherste Klasse können in dieser Hinsicht die IL-23p19-Hemmer gelten. Interessant ist, dass unter Ustekinumab ein höheres, aber nicht kumulativ erhöhtes Infektionsrisiko besteht. Dies mag an der Blockade von IL-12 liegen, das eine wichtige Rolle bei der Immunüberwachung spielt. Leider haben die guten Daten für die Anti-IL-17-und -23-Biologika (noch) nicht dazu geführt, dass bei der Verordnung auf ein Tuberkulose-Screening verzichtet werden kann. Hinsichtlich der Frage einer erhöhten Anfälligkeit für eine SARS-CoV-2-Infektion oder COVID-19-Erkrankung kann nur vermutet werden, dass unter Therapie mit den hier untersuchten IL-17-und IL-23p19-Antagonisten kein erhöhtes Risiko besteht. Die ersten Daten aus Registern wie dem internationalen PsoProtect belegen diese Vermutung. Die Familie der IL-17-Zytokine spielt eine wichtige Rolle bei der epithelialen Abwehr, nicht nur an der Haut, sondern auch an der intestinalen Mukosa. Überexpression wird mit entzündlichen Er-krankungen wie der Psoriasis assoziiert. Eine IL-17-Überexpression lässt sich allerdings auch bei M. Crohn und Colitis ulcerosa nachweisen. Daher wurden die ersten IL-17-Inhibitoren wie Secukinumab in klinischen Studien auch bei M. Crohn eingesetzt. Anders als bei der Psoriasis kam es hier allerdings nicht zu einer schnellen und effektiven Besserung, sondern unerwartet zu einer Verschlechterung, was zum Abbruch der Studien führte. In den klinischen Entwicklungsprogrammen für IL-17-Antagonisten wurden daher CED in der Anamnese als Ausschlusskriterium betrachtet. Auch wenn diese Erkrankungen als relative Kontraindikation in den entsprechenden Fachinformationen zu finden sind, wissen Patienten oft nicht um eine leichte (oder subklinische) CED. Daher ist es wichtig zu wissen, wie groß das Risiko für die Entwicklung einer manifesten CED unter der Therapie mit IL-17-Hemmern ist. Zur Beantwortung dieser Frage wurde eine systematische Literatursuche und Metaanalyse durchgeführt [11] . Die Daten schließen 19.380 Patienten mit Psoriasis, PsA und ankylosierender Spondylitis ein (zugelassene Indikationen). Es wurde der Zeitraum der Induktionstherapie und der Erhaltungstherapie beurteilt. Im Beobachtungszeitraum gab es 33 Fälle neu aufgetretener CED und damit lag das Risiko im Bereich der Placebo-Kontrolle. Kommentar: Die Autoren weisen darauf hin, dass diese Zahlen ermutigend sind, jedoch beachtet werden muss, dass die Nachbeobachtungszeit nach Studienende in der Regel kurz ist und späte Manifestationen von anti-IL-17-induzierter CED möglicherweise nicht erfasst wurden. In den Studienprogrammen vor allem von Ixekizumab und Brodalumab wurden zudem Patienten auf CED gescreent. Bei Patienten im klinischen Alltag kann daher eine vorbestehende CED übersehen werden. Diese Metaanalyse ist bislang die umfangreichste ihrer Art und aus der Untersuchung der Daten klinischer Studien kann gefolgert werden, dass unter IL-17-Blockade bei Psoriasis, PsA und ankylosierender Spondylitis kein erhöhtes CED-Risiko besteht. Daten aus Registern müssen diese Ergebnisse jetzt bestätigen. Effectiveness of a stop smoking service in reducing cigarette smoking in patients referred from a National Health Service dermatology centre Sex-related impairment and patient needs/benefits in anogenital psoriasis: Difficult-to-communicate topics and their impact on patient-centred care The importance of understanding patient and physician preferences for psoriasis treatment characteristics: a systematic review of discrete-choice experiments Rotating night-shift work and risk of psoriasis in US women Diurnal and seasonal variation in psoriasis symptoms Widespread seasonal gene expression reveals annual differences in human immunity and physiology Treatment persistence in paediatric and adolescent patients with psoriasis followed into young adulthood. From topical to systemic treatment: a prospective, longitudinal, observational cohort study of 448 patients No reactivation of tuberculosis in patients with latent tuberculosis infection receiving ixekizumab: A report from 16 clinical studies of patients with psoriasis or psoriatic arthritis The Risk of Respiratory Tract Infections in Psoriasis Patients Treated With IL-23-pathway Inhibiting Biologics: A Meta-Estimate of Pivotal Trials Risk for development of inflammatory bowel disease under inhibition of interleukin 17: A systematic review and meta-analysis