key: cord-0056529-hf2snfdv authors: Fabri, Mario title: Kutane Infektionen durch Staphylokokken und Streptokokken date: 2021-02-26 journal: hautnah dermatologie DOI: 10.1007/s15012-020-6595-3 sha: 55912f00fb0c6448ca31892546bd2a19628f9dcf doc_id: 56529 cord_uid: hf2snfdv nan Es tritt häufig in MRSA, aber auch in Methicillin-sensiblen S. aureus (MSSA) auf. PVL ist ein klinisch zunehmend relevantes Problem, da die Prävalenz stark ansteigend ist [2] . Zudem verlaufen Infektionen mit PVL-positiven S. aureus schwerer. Dies gilt sowohl für kutane als auch für innere Infektionen, wie beispielsweise Pneumonien. In einer kürzlich publizierten Analyse einer Kohorte der Charité in Berlin entwickelten zehn von 75 Kindern mit einer PVL-positiven S.-aureus-Infektion schwere Infektionen [3] . Interessanterweise konnte in sechs von zehn dieser Kinder im Vorfeld eine PVL-positive S.-aureus-Infektion der Indexpatienten oder enger Familienmitglieder vermutet werden. An eine PVL-positive S.-aureus-Infektion muss immer bei wiederkehrenden Infektionen und/oder beim gleichzeitigen Befall von Kontaktpersonen gedacht werden. Die PVL-Gene können in der mikrobiologischen Diagnostik nachgewiesen werden. Zudem ist eine Kultur mit Resistenztestung obligat. Ein Algorithmus für den deutschsprachigen Raum wurde zuletzt von Balakirski et al. formuliert [4] . Der Nachweis der PVL-Gene ist nicht nur von akademischem Interesse, sondern hat zudem auch hohe klinische Relevanz. Selbst bei Vorliegen eines MSSA wird bei PVL-Positivität eine Dekolonisierung -wie generell bei MRSA -dringendst empfohlen, um rezidivierenden und schweren Infektionen vorzubeugen. Streptokokken sind grampositive Bakterien. Kutane Infektionen werden durch β-hämolysierende Streptokokken der Lancefield-Gruppen A, B, C, G, und F hervorgerufen, zumeist sind aber Gruppe-A-Streptokokken (englisch "group A streptococcus", GAS) zu finden, das heißt Streptococcus pyogenes. Bei Neugeborenen spielen aufgrund der Besiedlung des Genitaltraktes der Mutter zudem Gruppe-B-Streptokokken eine besondere Rolle. Humanpathogene Streptokokken der Gruppen C und G werden mittlerweile gemeinsam unter der Subspezies Streptococcus dysgalactiae subsp equisimilis geführt. Die durch Streptokokken hervorgerufenen Impetigo, Ekthyma, Paronychie/Daktylitis, Phlegmone und nekrotisierende Fasziitis werden gemeinsam mit den durch Staphylokokken verursachten Erkrankungen besprochen. Weitere durch Streptokokken verursachte Erkrankungen sind das Erysipel und die perianale Streptokokken-Zellulitis. Bei der Impetigo handelt es sich um eine oberflächliche Infektion durch Staphylokokken oder Streptokokken. Die Impetigo ist durch Schmierinfektion sehr ansteckend. Die Diagnose ist durch die charakteristischen honiggelben Krusten (Abb. 1) in der Regel recht einfach zu stellen. Dennoch sollte ein mikrobiologischer Abstrich insbesondere vor einer antibiotischen Systemtherapie erfolgen, da eine Unterscheidung zwischen Streptokokken und Staphylokokken therapeutische Relevanz hat. Eine bullöse Form findet man bei Infektionen mit Staphylokokken, welche Exfoliatine bilden -siehe auch "Staphylococcus scalded skin syndrome" (SSSS). Anders als beim SSSS kommt es hier aber nicht zu einer systemischen Verbreitung. Zunächst sollte bei wenigen Herden lokal antiseptisch (Octenidin, Polihexanid etc., idealerweise in Gelform oder als Paste) behandelt werden. Bei multiplen Herden werden für die kalkulierte (empirische) orale Therapie bei ausstehender oder fehlender Erregerisolation Cefadroxil (1-2 × 1 g) oder Cefalexin (3-4 × 1 g), Roxithromycin (1 × 0,3 g) oder Clarithromycin (2 × 0,5 g) empfohlen [5] . Allerdings wird die initiale Therapie mit Makroliden aufgrund zunehmender Resistenzen deutlich eingeschränkt. Für die Dauer der Therapie gibt es keine gute Evidenz. Für systemische Therapien werden generell sieben, für lokale Therapien fünf Tage empfohlen. Die Therapie einer durch S. aureus hervorgerufenen einfachen Impetigo sollte zunächst antiseptisch probiert werden. Eine Indikation für die zusätzliche systemische Gabe von Antibiotika wären multiple Herde ohne rasches Ansprechen der Lokaltherapie [5] . Hier steht orales Flucloxacillin ( Eine zum Glück sehr seltene Erkrankung ist das Staphylokokkentoxin-vermittelte Schocksyndrom (englisch "Staphylococcus toxic shock syndrome"), welches durch Toxic-Shock-Syndrome-Toxin-1 (TSST-1) produzierende Stämme verursacht wird. Andere Toxine können ebenfalls eine Rolle spielen. TSST-1 ist ein Superantigen, welches zur polyklonalen Aktivierung von T-Zellen führen kann. Das Staphylokokkentoxin-vermittelte Schocksyndrom kann Menstruations-assoziiert durch zu langes Tragen von Tampons verursacht werden [8] , aber auch unabhängig hiervon auftreten. Das Krankheitsbild ist durch ein rapides Auftreten von Fieber, einem Exanthem, Hypotension und einer Beteiligung multipler Organsysteme charakterisiert. Das Exanthem ist erythematös, makulös, kann aber auch sehr blass sein. Eine Beteiligung der Hand-und Fußsohlen ist typisch. Charakteristisch sind zudem ein Enanthem und eine Konjunktivitis, welche hämorrhagisch imponieren können [9] . Oberflächliche Ulzerationen, Petechien und Blasenbildung sind ebenfalls möglich. Im Verlauf kann es zu einem juckenden makulopapulösen Exanthem und einer Desquamation der Hand-und Fußsohlen kommen. Differenzialdiagnostisch kommen eine Reihe schwerer Infektionserkrankungen infrage, unter anderem: septische Erkrankungen durch andere Pathogene (bei diesen ist aber eine dermatologische Manifestation im Sinne des Exanthems nicht typisch!), Meningokokken-Infektionen, COVID-19, bei Reiseanamnese auch "Rocky Mountain spotted fever", Typhus, Paratyphus und Dengue. Daneben müssen Arzneimittelreaktionen und ein Kawasaki-Syndrom abgegrenzt werden. Auch Streptokokken können ein Toxin-vermitteltes Schocksyndrom hervorrufen, welches klinisch sehr ähnlich imponieren kann. Ein Hauptunterschied ist, dass der Infektionsfokus beim Staphylokokkentoxin-vermittelten Schocksyndrom selten, beim Streptokokkentoxin-vermittelten Schocksyndrom hingegen regelmäßig in der Haut liegt. Neben einer Schocktherapie und einer chirurgischen Sanierung potenzieller Infektionsherde ist eine breite, hochdosierte Antibiose indiziert, zum Beispiel mit Piperacillin/Tazobactam plus Clindamycin, gegebenenfalls plus Vancomycin, um einen potenziellen MRSA abzudecken. Clindamycin wird hinzugefügt, da es der Toxin-Bildung entgegenwirkt. Das SSSS (Morbus Ritter) ist eine schwere blasenbildende Erkrankung, vor allem von kleinen Kindern (Abb. 2), aber auch größere Kinder und Erwachsene können betroffen sein. Die Erkrankung entsteht dadurch, dass das Toxin Exfoliatin Desmoglein 1 hydrolysiert [10] . Ein verwandter pathophysiologischer Mechanismus liegt dem Pemphigus foliaceus zugrunde, bei welchem bekanntermaßen Autoantikörper unter anderem gegen Desmoglein 1 zu finden sind. Die durch die Hydrolysierung von Desmoglein 1 resultierende Blasenbildung und Epidermolyse beim SSSS erinnert klinisch an die toxisch-epidermale Nekrolyse (TEN, Lyell-Syndrom), daher wurde das SSSS auch staphylogenes Lyell-Syndrom genannt. So zeigt sich ein schmerzhaftes Erythem, eine Blasenbildung, eine Epidermolyse, besonders in mechanisch belasteten Stellen, ein positives Nikolski-Zeichen, allerdings keine Schleimhautbeteiligung [11] . Durch histologische Untersuchungen (v.a. durch die Bestimmung der Höhe der epidermalen Spaltebene) ist eine Abgrenzung zu anderen Erkrankungen, vor allem TEN möglich. In den USA hat es in der jüngeren Vergangenheit interessanterweise ein gehäuftes Auftreten von SSSS mit einem neuen MSSA-Klon gegeben [12] . Der Grund bleibt zunächst unklar. Die primäre Infektion liegt, zumindest bei Kindern, zumeist in der Kopf-Hals-Region (z.B. Konjunktivitis, Otitis media, Pharyngitis), bei Neugeborenen auch umbilikal oder in der Haut (Impetigo, Weichteilinfektion, besonders unter der Windel) [11] . Eine klinisch manifeste Infektion muss aber nicht vorliegen! Eine sofortige empirische antibiotische Therapie, am besten mit intravenösem Flucloxacillin, muss eingeleitet werden. Bei einer Penicillin-Allergie können Makrolide eingesetzt werden [11] . Wie bei anderen Toxin-vermittelten Erkrankungen wird die Zugabe von Clindamycin aufgrund seiner Toxin-vermindernden Eigenschaften empfohlen. SSSS ist sehr selten und das Wichtigste ist, an diese Erkrankung zu denken, da eine rasche Antibiose lebensrettend sein kann. Follikulitis (Abb. 3), Furunkel und Karbunkel sind kutane Abszesse, welche von den Haarfollikeln ausgehen. Sie unterscheiden sich in der Schwere der Ausprägung. Kutane Abszesse werden häufig durch S. aureus hervorgerufen. Abszesse sind für Antibiotika schwer erreichbar [5] , daher ist eine chirurgische Spaltung und die Einlage einer Drainage die wichtigste und primäre Maßnahme. Material für die mikrobiologische Diagnostik inklusive Resistogramm muss gewonnen werden. Eine zusätzliche Gabe von Antibiotika wird zudem von Experten empfohlen bei [5] : -Lokalisation im Gesicht, an den Händen und im Genitoanalbereich -Schwierigkeiten der ausreichenden Drainage (eine genügende Drainage sollte aber, wann immer möglich, Vorrang haben und nicht durch die Antibiotikagabe ersetzt werden) -Immundefizienz rezidivierenden Abszessen diffuser Ausbreitung in die Weichgewebe (Phlegmone Obwohl eine zusätzliche Antibiotikagabe einen klinischen Nutzen bei kleineren Hautabszessen hat [14] , ist ungeklärt, ob der Nutzen gegenüber den Risiken von Nebenwirkungen inklusive der AMR überwiegt [15] . In jedem Fall ist die chirurgische Intervention wichtig. Für eine zusätzliche Antibiotika gabe kann man sich an den von Sunderkötter und Becker aufgestellten Faktoren sinnvoll orientieren (siehe oben) [5] . Für Fluorchinolone im Generellen und Moxifloxacin im Speziellen sind von Seiten der European Medicines Agency (www.ema.europa.eu/en) und des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (www.bfarm.de) mehrere Warnungen (Rote-Hand-Briefe) erschienen, die meiner Ansicht nach bislang zu wenig Berücksichtigung finden. Hier wird aufgrund möglicher schwerer Nebenwirkungen (unter anderem Aortenaneurysmen, Tendinitis, Sehnenruptur, Myalgie, Muskelschwäche, Arthralgie, Gelenkschwellungen, Gangstörung, periphere Neuropathie, Depressionen, eingeschränktes Erinnerungsvermögen, Leberversagen, Verschlimmerung einer bestehenden Myasthenia gravis, Rhabdomyolyse, Herzrhythmusstörungen) der Einsatz deutlich eingeschränkt. Daher sollte die Indikation sehr kritisch gestellt werden. Bei leichten und mittelschweren Infektionen sollten diese Medikamente nicht mehr eingesetzt werden. Zudem sollte nur dann auf diese Antibiotika zurückgegriffen werden, wenn andere Wirkstoffe nicht gegeben werden können oder nicht indiziert sind. Für das Kapitel "Abszesse" heißt das konkret: nur bei schwerem Verlauf und wenn Betalaktam-Antibiotika sowie Clindamycin nicht gehen! Im klinischen Alltag sieht man oft Abszesse, die im Dermatologen-Jargon "noch nicht reif" sind, das heißt jene, die nicht fluktuieren und bei Punktion/Inzision keinen Eiter entleeren. Hier muss antibiotisch behandelt werden. Für Zugsalben gibt es keine Evidenz. Ich setze diese nicht ein. Bei der Paronychie handelt es sich um eine Infektion des proximalen und lateralen Nagelwalls. Man unterscheidet eine akute von einer chronischen Form. Die Therapie ist chirurgisch und antibiotisch (siehe oben). Bei Immunsupprimierten kann sich aus Infektionen, meist durch S. aureus, aber auch Pseudomonas (P.) aeruginosa, Escherichia coli und andere eine chronische, granulomatöse Infektion bilden, welche Botryomykose genannt wird. Sie kann die Haut, aber auch die inneren Organe befallen [16] . Bei der kutanen Form bilden sich Knoten, Pusteln, Fisteln, Abszesse und seltener auch Ulzerationen aus. Hier ist eine längerfristige erregerspezifische Antibiotikatherapie nach mikrobiologischem Befund notwendig. Das Ekthyma kann auch als großer Bruder der Impetigo contagiosa bezeichnet werden. Klassischer Erreger sind Streptokokken, aber auch S. aureus, P. aeruginosa und andere Bakterien kommen als Erreger vor. Schlechte Hygiene, Diabetes mellitus, warmes Klima und/oder Okklusion stellen Risikofaktoren dar. Klinisch sieht man die typischen ausgestanzten Ulzerationen (Abb. 4) . Ein tiefer Abstrich kann die Diagnose sichern. In vielen Fällen sind kutane Abstriche zur mikrobiologischen Diagnostik sinnlos, da sie eine Besiedlung, aber keine Infektion nachweisen. Bei Impetigo und Ekthymata sind sie hingegen wichtig, da sie hier ein Infektionsgeschehen erfassen und eine gerichtete Antibiose (v. a. zur Unterscheidung zwischen Streptokokken und Staphylokokken) möglich machen. Neben den durch Staphylokokken, Streptokokken und Pseudomonaden verursachten Erkrankungen können andere seltene bakterielle Erreger, wie Mykobakterien, Anthrax, kutane Diphtherie etc. (siehe auch unten), Ursache ulzerierender Hautinfektionen sein. Natürlich sind für die Differenzialdiagnostik auch alle Formen der ulzerativen Dermatose (virale, parasitäre, vaskulitische, autoimmune etc.) relevant. Therapeutisch werden die unter Impetigo besprochenen Antibiotika eingesetzt. Selten kann bei schweren Infektionen eine intravenöse Antibiotikagabe notwendig werden. Auch diese Krankheitsbilder werden durch Staphylokokken, Streptokokken und andere bakterielle Erreger hervorgerufen und daher hier gemeinsam besprochen. Es handelt sich um mittel-bis sehr schwere Krankheitsbilder, die in der Regel eine stationäre Aufnahme und intravenöse Antibiotikagabe notwendig machen. Der Begriff "begrenzte Phlegmone" ist ein in Deutschland eingeführter Begriff, der ein Dilemma in der Nomenklatur auffangen soll. Wir alle kennen aus unserer klinischen Praxis Weichteilinfektionen, welche weder ein klassisches Erysipel noch einen Abszess oder ähnliches noch eine echte schwere Phlegmone darstellen. Denken Sie beispielsweise an ein plötzlich flächig-infiziertes Weichgewebe um ein Ulcus cruris, ohne dass klinische Zeichen für eine schwere Phlegmone vorliegen. Ursächlich liegt bei immunkompetenten Patienten meist eine Infektion mit S. aureus zugrunde, auch wenn die Eintritts pforte multibakteriell besiedelt ist [17] . Hier sind mikrobiologische Abstriche nicht wegweisend. Am Anfang treten kaum Symptome einer systemischen Entzündung auf. Klinisch imponiert eine überwärmte, ödematöse, wenig schmerzhafte, dunkle oder livide, matte, relativ unscharf begrenzte Rötung mit teigiger Schwellung [17] . Auch der Begriff Phlegmone wird in der Literatur nicht konsistent genutzt. Im Englischen wird häufig von purulenter Zellulitis gesprochen. Phlegmone ist eine schwere Weichteilinfektion, die mit systemischen Zeichen einhergeht und meist schmerzhaft ist. Eine Phlegmone kann eine teigige Schwellung zeigen. Der Farbton ist rot bis livid-rot. Klinisch relevant ist die Abgrenzung zum Erysipel (siehe unten), da hier keine Notwendigkeit einer chirurgischen Intervention besteht. Bei einer Phlegmone muss eine radiologische Diagnostik (Sonografie, ggf. CT/MRT) erfolgen und eine chirurgische Intervention diskutiert werden. Blutkulturen sollen vor Einleitung einer Antibiose abgenommen werden. Wichtig sind die chirurgische Evaluation und Therapie. Je nach vermutetem Erregerspektrum, Vorbehandlung und Komorbiditäten werden neben der chirurgischen Versorgung verschiedene intravenöse antibiotische Therapien empfohlen (für Details siehe [18] [19] , aber auch diese haben begrenzte Sensitivität und Spezifität. Der klinische auffällige "pain out-of-proportion" ist in der Praxis hochrelevant und einem deutlich erhöhten CRP-Wert scheint eine besondere klinische Bedeutung zuzukommen [20] . Ein Notfalllabor und Blutkulturen müssen sofort abgenommen werden. Eine sofortige Schnittbild-Diagnostik und der Anruf in der Chirurgie sind obligat. Während des chirurgischen Eingriffs müssen mikrobiologische Proben eingesendet werden. Empirisch muss breit antibiotisch behandelt werden. Wir favorisieren in der Regel Piperacillin/Tazobactam 3 × 4,5 g plus Clindamycin 3 × 600 mg i. v., bei Penicillinallergie Meropenem 3 × 1 g i.v. plus Clindamycin 3 × 600 mg i.v. Bei Typ II ist die Ausbildung eines Streptokokkentoxinvermittelten Schocksyndroms, vor allem bei seltenen Streptococcus-pyogenes-Serotypen mit Produktion von bestimmten Proteasen und "Streptococcal pyrogenic exotoxine" (SPE-A und SPE-B), möglich. Neben Weichteilinfektionen können Pneumonien und bei Kindern superinfizierte Varizellen zugrunde liegen. In der Tat sind mit Einführung einer flächendeckenden Impfung gegen Varizellen schwere Streptokokken-Infektionen drastisch zurückgegangen [22] . Bei Weichteilinfektionen zeigt sich initial wenig an der Haut, typisch sind aber unverhältnismäßige Schmerzen. Dann kommt es zu Ekchymosen und Nekrose mit grippeartigen Symptomen. Eine anfängliche Normotension kann innerhalb von wenigen Stunden in Hypotonie und Schock umschlagen. Dermatologisch zeigt sich ein diffuses, scharlachartiges Exanthem. Initial muss eine Therapie breit (siehe Staphylokokkentoxin-vermitteltes Schocksyndrom) erfolgen. Bei Erregernachweis kann sie mit Penicillin und Clindamycin erfolgen. Das Wichtigste ist, an diese schweren Erkrankungen zu denken. Leider ist die klinische Diagnose schwierig. Bei einem "pain out-of-proportion", Hypotonie und Schock sollten alle Alarmglocken klingeln und auch ein hoher LRINEC-Score sollte beachtet werden. Im Zweifelsfall lieber ein CT und ein Anruf in der Chirurgie zu viel! Die Abnahme von Blutkulturen ist generell bei Infektionen, bei welchen eine Bakteriämie auftritt, obligat. Nur so kann durch eine Erregerbestimmung mit Resistogramm eine ideale Antibiose ausgewählt werden. Bei kutanen Weichteilinfektionen ist allerdings anzumerken, dass eine Bakteriämie insgesamt selten auftritt. So treten positive Blutkulturen nur bei circa 5 % der Patienten auf und Kontaminationen sind hoch [23] . Hinzu kommt, dass selbst ein Nachweis eines Bakteriums (z. B. Streptokokken bei Erysipel) häufig zu keiner Änderung der empirischen Antibiose führt. Daher ist der Nutzen von Blutkulturen bei kutanen Infektionen leider begrenzt. Ferner kann eine generelle Abnahme von Blutkulturen hohe Kosten und bei falschpositiven Ergebnissen auch zu falschen, längeren und teureren Antibiotikagaben führen. Daher sollten Blutkulturen nicht unreflektiert routinemäßig abgenommen werden. Bei schweren Infektionen (Phlegmone, nekrotisierende Fasziitis, Schocksyndromen) sind sie hingegen obligat. Eine recht aktuelle Analyse von 1.322 Patienten untersuchte zudem weitere Faktoren, die mit einer positiven Blutkultur assoziiert waren. Das höchste Risiko lag bei Diabetes mellitus und chronischer Nierenerkrankung sowie einer laborchemischen Hyperglykämie und einer Hypalbuminämie vor [24] . Allerdings handelt es sich um eine retrospektive Kohortenstudie hospitalisierter Patienten, sodass sicherlich ein großer Bias im Patientenkollektiv besteht. Der Nutzen von Blutkulturen bei Weichteilinfektionen bleibt unklar. Während sie bei schweren Infektionen (Phlegmone, nekrotisierender Fasziitis, Schocksyndromen) obligat sind, könnten sie bei einfachen Infektionen (Erysipel, begrenzte Phlegmone) kontraproduktiv sein. Leider gibt es aktuell keine guten laborchemischen Kriterien (wie CRP oder Procalcitonin), die eine Indikation begründen. Hier zählt allein die Klinik. Für die übliche Praxis, Blutkulturen nur im Fieberanstieg abzunehmen, gibt es übrigens auch keine Evidenz! Daher sollte man dieses Kriterium nicht so streng nehmen. Eine Abnahme vor der ersten Antibiotikagabe hingegen ist sehr wichtig! Wann muss eine Weichteilinfektion stationär behandelt werden? Die Frage klingt banal, wird in der Literatur aber sehr komplex gehandhabt. Die S2k-Leitlinie [18] Bei rezidivierendem Erysipel wird eine Prophylaxe mit Penicillin empfohlen. Herkömmlich wird eine Rezidiv-Prophylaxe nach drei bis vier Rezidiven pro Jahr empfohlen [18] , vielleicht ist dies aber bereits schon früher sinnvoll [30] . Klassischerweise wurde die Prophylaxe mit Depotpenicillin (Benzathin-Benzylpenicillin) 2,4 Mio. E i.m. alle zwei bis drei Wochen durchgeführt. Wenn es nach circa sechs Monaten zu keinem Rezidiv gekommen ist, kann das Intervall verlängert werden [18] . Eine 2013 prominent veröffentlichte Studie zeigte allerdings die Effektivität einer Prophylaxe mit oralem Penicillin [30] . Bei dieser doppelblinden, multizentrischen, randomisierten, placebokontrollierten Studie wurden rezidivierende Unterschenkelerysipele mit oralem Penicillin (2 × 250 mg täglich) unterdrückt. Es wurden 274 Patienten rekrutiert. Die mediane Zeit bis zum Rezidiv konnte von 532 Tagen auf 626 erhöht werden. Während der Prophylaxe hatten 30 von 136 der Teilnehmer in der Penicillin-Gruppe (22 %) ein Rezidiv, aber 51 von 138 der Teilnehmer in der Placebo-Gruppe (37 %). Dies war signifikant. Nebenwirkungen waren in den Gruppen nicht unterschiedlich. Allerdings ist zu beachten, dass in dieser Studie bereits Patienten ab der zweiten Episode eingeschlossen wurden. Bei Penicillin-Allergie wird Clarithromycin 250 mg täglich p.o. für zwölf Monate empfohlen. Hierfür gibt es wiederum wirklich kaum Evidenz. Ungünstig ist, dass eine Penicillin-Dosis von 250 mg in Deutschland nicht verfügbar ist. Wenn allerdings eine halbe Tablette mit 1,2 Mio. Einheiten eingenommen wird, kommt man auf 359 mg. Obwohl zur Wirkung und Verträglichkeit dieser leicht höheren Dosis keine Evidenz vorliegt [18] , kann diese Option nach gründlicher Patientenaufklärung (!) empfohlen werden. Zu der gelegentlich durchgeführten Standby-Therapie (Patient stellt selbst die Indikation für eine Antibiotika-Einnahme bei ersten Symptomen) sind mir keine aktuellen Empfehlungen bekannt. Aufgrund der möglichen Übertherapie von Differenzialdiagnosen, wie der akuten Stauungsdermatitis, rate ich persönlich hiervon ab. Eine weitere, durch Streptokokken hervorgerufene dermale Infektion ist die perianale Streptokokken-Zellulitis. Hierbei handelt es sich um eine Erkrankung die meist durch Streptococcus pyogenes verursacht ist und bei Kindern, vor allem zwischen 0,5 und 10 Lebensjahren, auftritt [28, 29] . Die Pathogenese ist nicht eindeutig geklärt. Besiedlung der Region ist sehr ungewöhnlich, sodass eine Schmierinfektion, vor allem über die Mund-Hand-Anus-Achse angenommen wird [29] . Vermutlich spielen auch kleinste Traumata, die in der Analhaut häufig sind, eine Rolle. Klinisch zeigt sich ein scharf begrenz-Abb. 5: Erysipel im Gesicht einer 80jährigen Patientin tes Erythem der Perianalregion. Die Genitalregion kann mitbefallen werden. Die Erkrankung ist bei Kinder sicherlich unterdiagnostiziert, da eine Vielzahl von Differenzialdiagnosen infrage kommen, unter anderem Candidiasis, Würmer, Ekzeme, Hämorrhoiden, Psoriasis, Morbus Crohn [29] . Hier ist ein bakteriologischer Abstrich, idealerweise von Exsudat, wegweisend. Wenn die Diagnose gestellt wurde, werden als Therapie-Empfehlungen Penicillin (oral keine gute Bioverfügbarkeit), Erst-oder Zweitgeneration-Cephalosporine, Clindamycin (bei Allergien gegen Betalaktam-Antibiotika), Amoxicillin oder bei nachgewiesener Empfindlichkeit auch Erythromycin für sieben bis 14 Tage in der entsprechenden Dosierung für Kinder aus gesprochen. 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Auszug aus "Kalkulierte parenterale Initialtherapie bakterieller Erkrankungen bei Erwachsenen -Update The LRINEC (Laboratory Risk Indicator for Necrotizing Fasciitis) score: a tool for distinguishing necrotizing fasciitis from other soft tissue infections Pain Out of Proportion" and High CRP Levels Aid the Diagnosis Reduction in pediatric hospitalizations for varicellarelated invasive group A streptococcal infections in the varicella vaccine era Identifying patients with acute bacterial skin and skin structure infection who need blood cultures Risk factors associated with bacteremia correlated with mortality in patients with acute bacterial skin and skin structure infection A predictive model for diagnosis of lower extremity cellulitis: A cross-sectional study The ALT-70 cellulitis model maintains predictive value at 24 and 48 hours after presentation Diagnostic value of laboratory parameters for distinguishing between herpes zoster and bacterial superficial skin and soft tissue infections Superficial Cutaneus Infections and Pyodermas. In: Fitzpatrick's Dermatology 9 th Edition Perianal infectious dermatitis: An underdiagnosed, unremitting and stubborn condition Penicillin to prevent recurrent leg cellulitis