key: cord-0056456-zwvjxvk7 authors: Maier, Harald title: Was kommt dort durch die Luft geflogen …?: Die Gefährdung des Menschen durch die Gifthaare des Eichenprozessionsspinners date: 2021-02-18 journal: hautnah DOI: 10.1007/s12326-021-00421-1 sha: 99872b2c3a5c179a2684fa11b24ec0ac0ae1c7d4 doc_id: 56456 cord_uid: zwvjxvk7 Fourth to sixth instar larvae of the oak processionary moth protect themselves against predators by urticating hairs (setae). Setae may cause inflammatory reactions on skin as well as on mucous membranes (lepidopterism), both in humans and animals. People may get in touch with setae by direct contact or – more frequently – airborne. Frequency of lepidopterism is high due to the fact that the oak processionary moth infests the urban green, especially in years with mass gradation. Lepidopterismus, however, is under-diagnosed. In seasons of toxic larvae, doctors should therefore consider lepidopterism a differential diagnosis in patients with asymmetrically distributed, itchy papular rash or wheal formation. Preventive measures are avoidance of infested areas and use of protective equipment by outdoor workers at risk. Füllung aus dem Eiweißgift Thaumetopoein (Tha p2; [4] ), welches als Gift und/ oder Allergen wirkt, sowie noch nicht näher definierten Begleitproteinen. Wie bei COVID-19 gibt es viele Unklarheiten zur sinnvollen Prävention, und die Zunahme ihrer Bedeutung für den Menschen verdanken beide Phänomene einem menschlichen Fehlverhalten. Während das SARS-CoV-2-Virus, einer Hypothese zufolge, durch einen zu engen Kontakt mit bestimmten Tieren auf den Menschen übersprang, zählt der EPS zu den Gewinnern der globalen Erwärmung [5] [6] [7] [8] . In einer gewissen Weise zeigen uns beide Gesundheitsprobleme mehr oder weniger deutlich die Dekadenz unseres modernen Lebensstils auf. Der EPS ist ein endemischer Forstschädling (. Abb. 2 und 3), dessen Verhautnah Abb. 2 9 Parasitierte Eiche mit deutlich ausgelichteter Krone Abb. 4 9 Eine Raupenprozession kehrt von ihrem nächtlichen "Gelage" hoch in einer Baumkrone über dem Schönbrunner Bad in ihr Nest zurück Abb. 5 9 Bei hoher Populationsdichte und Nahrungsmangel begeben sich Raupenprozessionen auf die Suche nach neuen Wirtsbäumen breitungsgebiet von Kleinasien im Osten bis an die Kanalküste im Westen reicht [9] . Einzelne umschriebene Verbreitungsgebiete finden sich in Südengland und im Großraum London, wohin der EPS durch befallene Eichensetzlin-ge aus den Niederlanden gekommen ist. DerEPS frisst nuranbestimmtenEichenarten und richtet dabei einen beträchtlichen forstwirtschaftlichen Schaden an [10, 11] . Zoologisch gesehen handelt es sich beim EPS um einen Nachtfalter, der sich über 5 bis 6 Raupenstadien und ein Puppenstadium entwickelt [14] . Die Falter schlüpfen Mitte Juli und leben nur 1 bis 2 Tage, um sich zu paaren und die Eier in bestens getarnten Gelegen in den sonnenbeschienenen Baumkronen abzulegen. Die Eigelege überwintern und aus ihnen schlüpfen ab Mitte April bis Mai die Eiraupen. Für die Pathogenese der Raupenkrankheit sind in erster Linie das 4. bis 6. Raupenstadium (. Abb. 1) von Bedeutung, da die Tiere zur Abwehr von Fressfeinden an den Rückensegmenten dichte Bürsten von Gifthärchen entwickeln (. Abb. 1). Im letzten Raupenstadium ist jedes Individuum mit 500.000 bis 600.000 solcher Setae bewehrt. Diese brechen an Sollbruchstellen bei der leisesten Berührung ab und werden aufgrund ihrer idealen Flugeigenschaften [15] mehrere Hundert Meter weit mit dem Wind vertragen. Damit nicht genug, bleiben die Härchen bis zu 10 Jahre in der Umwelt aktiv, da sie UV-und hitzeresistent sind. 10 Jahre in der Umwelt aktiv, da sie UV-und hitzeresistent sind Fourth to sixth instar larvae of the oak processionary moth protect themselves against predators by urticating hairs (setae). Setae may cause inflammatory reactions on skin as well as on mucous membranes (lepidopterism), both in humans and animals. People may get in touch with setae by direct contact or -more frequently -airborne. Frequency of lepidopterism is high due to the fact that the oak processionary moth infests the urban green, especially in years with mass gradation. Lepidopterismus, however, is under-diagnosed. In seasons of toxic larvae, doctors should therefore consider lepidopterism a differential diagnosis in patients with asymmetrically distributed, itchy papular rash or wheal formation. Preventive measures are avoidance of infested areas and use of protective equipment by outdoor workers at risk. Oak processionary moth (caterpillar) · Lepidoperism · Caterpillar dermatitis · Urticating hairs (setae) · Urban green sen. Von dort kehren sie in geschlossener Formation frühmorgens wieder in ihre Nester zurück (. Abb. 4) . Bei Nahrungsmangel oder Überpopulation kann man sie auch am Boden antreffen, wo sie zu einem potenziellen neuen Wirtsbaum prozessionieren (. Abb. 5). Ein besonderes Phänomen, dessen Ursachen noch nicht restlos aufgeklärt sind, ist die Massenvermehrung in unregelmäßigen Abständen. Dabei kommt es zu einer enormen Vermehrung, die den EPS zu einer richtigen Landplage werden lassen. Dies sind auch Zeiten, in denen der Zutritt zu besonders befallenen Naherholungsgebieten gesperrt ist (. Abb. 6). Wodurch macht sich nun ein Kontakt mit Setae bemerkbar? Die Gifthärchen dringen in Haut und Schleimhäute ein und lösen dort umschriebene Entzündungsreaktionen aus. An der Haut bezeichnet man dies als Raupendermatitis, die in drei Varianten vorkommt [2] . Die häufigste Erscheinungsform ist eine irritativ-toxische (klein-papulöse) Form (. Abb. 7), gefolgt von einer großknotigen, über mehrere Wochen persistierenden Variante. Die Kontakturtikaria stellt die seltenste dermatologische Erscheinungsform dar (. Abb. 8). Strittig ist noch immer die Antwort auf die Frage, ob Setae des EPS auch anaphylaktische Reaktionen auslösen können. hautnah Abb. 6 9 Auf diese Warnhinweise trifft man in der Giftraupensaison an vielen Stellen des urbanen Grünraums von Wien, mit freundlicher Genehmigung © Manfred Holek Abb. 8 9 Kontakturtikaria In den von uns erhobenen Daten fanden sich dafür allerdings keine Hinweise. Damit unterscheidet sich die Pathogenese des EPS-induzierten Lepidopterismus von dem klinischen Spektrum, welches durch Kontakt mit Setae des Pinienprozessionsspinners (PPS) -eines mediterranen Verwandten des EPS -ausgelöst wird. Die Literatur berichtet im Zusammenhang mit PPS immer wieder von anaphylaktischen Reaktionen [16] . Für Österreich spielt der PPS eine untergeordnete Rolle, obwohl seit einigen Jahren vom Kanaltal eine Ausbreitung auf das südliche Bundesgebiet zu beobachten ist [17] . Andere Organe, die betroffen sein können, sind das äußere Auge und der obere Respirationstrakt. Ob das Bronchialsystem des Menschen ebenso betroffen ist, wie das von Tieren (z. B. Pferde), soll eine neue Untersuchung zeigen. Keine der beschriebenen dermatologischen Manifestationen ist pathognomonisch, deshalb ist es das Wichtigste, "daran zu denken", wenn ein Patient mit einem heftig juckenden Ausschlag zur Giftraupensaison in der Ordination erscheint und noch dazu berichtet, in einem Endemiegebiet unterwegs gewesen zu sein. Weit wichtiger als die Behandlung ist die Prävention. Neben gezielten (biologischen) Bekämpfungsmaßnahmen ist das Vermeiden des Aufenthalts in befallenen Gebieten die sinnvollste Maßnahme. Dafür bedürfte es gezielter, aktualisierter Warnhinweise über die aktuelle Befallssituation. Bei Freizeitaktivitäten ist dies relativ einfach zu bewerkstelligen: Man joggt eben nicht auf den Wegen im Schönbrunner Schlosspark nahe dem Hohenbergtor, welche durch stark befallene Parkareale führen, und ignoriert die dort angebrachten Absperrbänder! Im Fall potenzieller beruflicher Exposition ist Prävention durch Vermeidung ungleich schwieriger. Hier muss der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern entsprechende persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung stellen. Möge dieser Artikel über die Gefahren durch diese wehrhaften Zeitgenossen zur Verbesserung der Diagnostik beitragen, da die nächste Raupensaison ja wieder bevorsteht. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/ licenses/by/4.0/deed.de. Hatschi Bratschis Luftballon The oak processionary caterpillar as the cause of an epidemic airborne disease: survey and analysis A noninfectious airborne disease The allergic protein Tha p2 od processionary mmoths of the genus Thaumetopoea (Thaumetopoinae, Notodontidae, Lepidoptera) Climate change exacerbates the oak processionary caterpillar problem in The Netherlands. KNPV symposion pests ans climate change Verbreitung und Populationsdynamik des Eichenprozessionsspinners. Witterung und Waldstruktur beeinflussen die Entwicklung wärmeliebender Insekten in Eichenbeständen Der Eichenprozessionsspinner in Deutschland: Historie -Biologie -Gefahren -Bekämpfung. BfN Skripten. Bundesamt für Naturschutz (BfN) Lepidopterismus. Ein zunehmendes Hautproblem in klimatisch wärmeren Regionen Deutschlands Die Prozessionsspinner Mitteleuropas -Ein Überblick Die Waldschutzsituation 2012 in der Bundesrepublik Deutschland Ökologische Schäden, gesundheitliche Gefahren und Maßnahmen zur Eindämmung des Eichenprozessionsspinners im Forst und im urbanen Grün: Fakten -Folgen -Strategien Outbreak report of airborne caterpillar dermatitis in a kindergarten InvasiondergiftigenRaupen: Hunderte Kinder "gestochen La chenille processionaire du chene (Thaumetopoea processionea L.) et L'homme: Appareil urticant et mode d'action Dispersion of the bio-aerosl produced by the oak processionary moth Wald in der Krise Anaphylaxix to a pine caterpillar Temporal synchrony of Thaumetopoea processionea egg hatch and Quercus robur budburst Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend Eichenprozessionsspinner