key: cord-0055832-etryagak authors: Murphy, Kenneth; Weaver, Casey title: Autoimmunität und Transplantation date: 2018-04-23 journal: Janeway Immunologie DOI: 10.1007/978-3-662-56004-4_15 sha: 0fd534ec6592bf80771ac53925ae8fb0da598d44 doc_id: 55832 cord_uid: etryagak nan einem horror autotoxicus sprach. Autoimmunreaktionen ähneln normalen Immunantworten gegen Krankheitserreger, indem sie durch Antigene spezifisch aktiviert werden, in diesem Fall durch körpereigene Antigene oder Autoantigene (SelbstAntigene), und autoreaktive Effektorzellen sowie Antikörper hervorbringen, die man als Autoantikörper (SelbstAn tikörper) bezeichnet. Beide sind gegen körpereigene Antigene gerichtet. Wenn es zu deregulierten Reaktionen gegen körpereigene Gewebe kommt, verursachen sie eine Reihe verschiedener chronischer Syndrome, die man als Autoimmunerkrankungen bezeichnet. Diese Syndrome unterscheiden sich in der Schwere ihrer Auswirkungen sowie in Bezug auf die betroffenen Gewebe und die Effektormechanismen, die für die Schädigung der Gewebe verantwortlich sind (7 Abb. 15.1). Insgesamt sind etwa 5 % der Bevölkerung in den westlichen Ländern von Autoimmunkrankheiten betroffen, aber deren Häufigkeit nimmt zu. Dennoch beweist ihre relative Seltenheit, dass das Immunsystem zahlreiche Mechanismen entwickelt hat, um die körpereigenen Gewebe nicht zu schädigen. Das zugrundeliegende Prinzip dieser Mechanismen ist die Unterscheidung zwischen körpereigen und körperfremd, wobei diese Unterscheidung nicht einfach zu bewerkstelligen ist. B-Zellen erkennen die dreidimensionale Form eines Epitops, aber ein Epitop, das von einem Krankheitserreger dargeboten wird, kann von einem menschlichen Epitop nicht zu unterscheiden sein. Entsprechend können die kurzen Peptide, die durch die Prozessierung der Antigene des Pathogens entstehen, mit körpereigenen Peptiden übereinstimmen. Wie also "weiß" der Lymphocyt, was wirklich körpereigen ist, wenn es dafür tatsächlich keine eindeutigen molekularen Signaturen gibt? Der erste Mechanismus, den man für die Unterscheidung zwischen körpereigen und körperfremd postuliert hat, bestand darin, dass die Erkennung eines Antigens durch einen unreifen Es werden also verschiedene Signale genutzt, um körpereigene von körperfremden Liganden zu unterscheiden: Kontakt mit dem Liganden, solange der Lymphocyt unreif ist, Erkennung von Antigenen auf antigenpräsentierenden Zellen, die toleranzfördernde Signale von Zellen des homöostatischen Umsatzes erhalten haben, sowie die Bindung des Liganden ohne inflammatorische Cytokine oder costimulierende Signale. All diese Mechanismen sind fehleranfällig, da bei keinem auf molekularer Ebene zwischen körpereigen und körperfremd unterschieden wird. Das Immunsystem verfügt daher über mehrere weitere Möglichkeiten, um Autoimmunreaktionen zu kontrollieren, falls sie in Gang gesetzt werden. phocyten, die in den zentralen lymphatischen Organen nicht stark auf körpereigene Antigene reagieren, da die von ihnen erkannten Autoantigene beispielsweise hier nicht exprimiert werden, möglicherweise in der Peripherie getötet oder inaktiviert. Die Hauptmechanismen der peripheren Toleranz sind die Anergie (funktionelle Reaktionslosigkeit), die Unterdrückung durch T reg -Zellen, die Entwicklung von T reg -Zellen anstelle von T-Effektorzellen (funktionelle Abweichung) und Deletion (Zelltod durch Apoptose) (7 Abb. 15.2). Jeder Kontrollpunkt findet einen Mittelweg zwischen der Verhinderung einer Autoimmunität und einer nicht zu großen Beeinträchtigung des Immunschutzes. In der Kombination führen all diese Kontrollpunkte zu einem wirksamen allgemeinen Schutz vor einer Autoimmunerkrankung. Selbst bei gesunden Menschen kann man relativ schnell feststellen, ob der Schutz auf einer oder sogar auf mehreren Ebenen versagt. Die Aktivierung von autoreaktiven Lymphocyten ist also nicht zwangsläufig mit einer Autoimmunerkrankung gleichzusetzen. Tatsächlich ist ein geringes Maß an Autoreaktivität für die normale Immunfunktion sogar physiologisch notwendig. Autoantigene wirken dabei mit, das Repertoire der reifen Lymphocyten auszubilden, und das Überleben von naiven T-und B-Zellen in der Peripherie erfordert einen ständigen Kontakt mit Autoantigenen (Kap. 8). Eine Autoimmunerkrankung entwickelt sich nur, wenn genügend "Wachposten" überwunden wurden und sich eine nachhaltige Reaktion auf körpereigene Antigene entwickelt, bei der es auch zur Bildung von Effektorzellen und Molekülen kommt, die Gewebe zerstören. Die Mechanismen, durch die das geschieht, sind zwar noch nicht vollständig bekannt, aber man nimmt an, dass Autoimmunität aufgrund einer Kombination aus genetisch bedingter Anfälligkeit, eines Versagens der natürlichen Toleranzmechanismen und äußerer Faktoren wie Infektionen entsteht (7 Abb. 15.3). Die zentralen Toleranzmechanismen, die autoreaktive Lymphocyten wirksam entfernen, sind die ersten und wichtigsten Kontrollpunkte bei der Selbst-Toleranz (Kap. 8). Ohne sie wäre das angeborene Immunsystem stark autoreaktiv und es würde schon in einer frühen Lebensphase eine tödlich verlaufende Autoimmunität einsetzen. Es ist unwahrscheinlich, dass die peripheren Toleranzmechanismen ausreichen, um einen Ausgleich zu schaffen, wenn die Beseitigung der autoreaktiven Lymphocyten während der Primärentwicklung nicht funktioniert. Es sind jedoch tatsächlich keine Autoimmunerkrankungen bekannt, die einem vollständigen Versagen dieser Mechanismen zuzuschreiben sind, wobei es einige gibt, die mit einem teilweisen Versagen der zentralen Toleranz verknüpft sind. Lange Zeit nahm man an, dass viele Autoantigene nicht im Thymus oder Knochenmark exprimiert werden und dass die peripheren Mechanismen die einzige Möglichkeit darstellen, dafür eine Toleranz zu entwickeln. Heute weiß man, dass viele (nicht alle) gewebespezifischen Antigene wie Insulin entweder von Epithelzellen im Thymusmark oder von einer CD8α + -Untergruppe der dendritischen Zellen im Thymus exprimiert werden, sodass die Toleranz gegen diese Antigene zentral erzeugt werden kann. Wie diese "peripheren" Gene im Thymus, also an einem unüblichen Ort, angeschaltet werden, ist noch nicht vollständig bekannt, aber man hat einen wichtigen Anhaltspunkt gefunden. Wahrscheinlich ist ein einziger Transkriptionsfaktor, den man als AIRE (Autoimmunregulator) bezeichnet, für das Anschalten zahlreicher peripherer Gene im Thymus verantwortlich (Abschn. 8.3.5). Bei Patienten mit APECEDSyndrom (Autoimmun-Polyendokrinopathie-Candidiasis-ektodermale-Dystrophie-Syndrom, autoimmune polyendocrinopathy-candidiasis-ectodermal dystrophy) ist das AIRE-Gen mutiert. Es kommt zur Zerstörung von mehreren endokrinen Geweben wie den insulinproduzierenden Langerhans-Inseln im Pankreas und zu Infektionen mit Pilzen, vor allem zu einer Candidiasis. Man bezeichnet diese Krankheit auch als poly glanduläres Autoimmunsyndrom Typ 1 (APS-1, autoimmune polyglandular syndrome type 1). Mäuse, die genetisch so verändert wurden, dass sie kein AIRE-Gen mehr besitzen, können im Thymus viele periphere Gene nicht mehr exprimieren und zeigen ein ähnliches Syndrom. Das stellt die Verbindung her zwischen dem AIRE-Protein und der Expression dieser Gene und deutet darauf hin, dass das Unvermögen, diese Gene und die Antigene, die sie codieren, im Thymus zu exprimieren, zur Autoimmunerkrankung führt (7 Abb. 15.4). Die Autoimmunität, die mit dem AIRE-Defekt einhergeht, bildet sich erst nach einer gewissen Zeit heraus und betrifft nicht immer alle potenziellen Zielorgane. Diese Krankheit ist zwar ein deutlicher Hinweis auf die Bedeutung der zentralen Toleranz, sie zeigt aber auch, dass die anderen Ebenen der Toleranzkontrolle ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. den von Toll-like-Rezeptoren (TLRs) sind. Diese Rezeptoren werden allgemein als spezifisch für MAMPs angesehen (Abschn. 3.1.5). Einige dieser Muster können auch bei körpereigenen Molekülen vorkommen. Ein Beispiel dafür sind nichtmethylierte CpG-Sequenzen in der DNA, die von TLR-9 erkannt werden. Nichtmethylierte CpG-Dinucleotide sind normalerweise in bakterieller DNA viel häufiger als in Säuger-DNA, kommen aber in apoptotischen Säugerzellen gehäuft vor. In einer Situation, in der es zu einem umfangreichen Absterben von Zellen kommt und gleichzeitig die apoptotischen Fragmente nicht adäquat beseitigt werden, können B-Zellen, die für Chromatinbestandteile spezifisch sind, CpG-Sequenzen über ihre B-Zell-Rezeptoren aufnehmen. Diese Sequenzen können in der Zelle von TLR-9 erkannt werden, was zu einem costimulierenden Signal führt. Das aktiviert die vorher ignorante Anti-Chromatin-B-Zelle (7 Abb. 15.5). B-Zellen, die auf diese Weise aktiviert werden, produzieren nun Anti-Chromatin-Autoantikörper und können auch als antigenpräsentierende Zellen für autoreaktive T-Zellen fungieren. Ribonucleoproteinkomplexe, die uridinreiche RNA enthalten, können naive B-Zellen in ähnlicher Weise aktivieren, indem die RNA an TLR-7 oder TLR-8 bindet. Bei der Autoimmunerkrankung systemischer Lupus erythematodes (SLE) werden Autoantikörper gegen DNA, Chromatin und Ribonucleoproteine produziert. Möglicherweise ist das einer der Mechanismen, durch die autoreaktive B-Zellen angeregt werden, diese Antikörper zu erzeugen. Ein weiterer Mechanismus, durch den ignorante Lymphocyten aktiviert werden können, besteht darin, dass sich die Verfügbarkeit oder Form des Autoantigens verändert. Einige Antigene kommen normalerweise nur in der Zelle vor und können daher nicht mit Lymphocyten in Kontakt treten. Sie können jedoch bei umfangreichem Absterben von Gewebe oder durch eine Entzündung freigesetzt werden. Dann können sie ignorante T-und B-Zellen aktivieren und es kommt zur Autoimmunität. Das kann nach einem Herzinfarkt der Fall sein, wenn einige Tage nach der Freisetzung der Herzantigene eine Autoimmunreaktion auftritt. Solche Reaktionen sind normalerweise vorübergehend und hören auf, wenn die Autoantigene beseitigt wurden. Wenn jedoch die Beseitigungsmechanismen unzureichend sind oder einen genetischen Defekt aufweisen, können sie sich fortsetzen und führen zu einer klinisch relevanten Autoimmunerkrankung. Darüber hinaus kommen einige Autoantigene in großer Menge vor, jedoch normalerweise in einer nichtimmunogenen Form. IgG ist dafür ein gutes Beispiel, da dieser Antikörper im Blut und in anderen extrazellulären Flüssigkeiten zahlreich vorhanden ist. B-Zellen, die für die konstante Region von IgG spezifisch sind, werden normalerweise nicht aktiviert, da IgG als Monomer vorliegt und B-Zell-Rezeptoren nicht vernetzen kann. Wenn sich jedoch nach einer schweren Infektion oder starken Immunisierung Immunkomplexe bilden, liegt genügend IgG in multivalenter Form vor, um sonst ignorante B-Zellen zu einer Reaktion zu veranlassen. Die Anti-IgG-Autoantikörper, die sie produzieren, bezeichnet man als Rheumafaktoren, da IgG häufig bei einer rheumatoiden Arthritis auftritt. Auch diese Reaktion ist normalerweise nur von kurzer Dauer, sofern die Immunkomplexe schnell entfernt werden. Eine besondere Situation kann in den peripheren lymphatischen Organen entstehen, wenn aktivierte B-Zellen in den Keimzentren eine somatische Hypermutation durchlaufen (Abschn. 10.1.7). Das führt dann dazu, dass bereits aktivierte B-Zellen ihre Affinität für körpereigene Antigene verstärken oder erst autoreaktiv werden (7 Abb. 15.6). Es gibt jedoch anscheinend einen Mechanismus zur Kontrolle der B-Zellen in den Keimzentren, die eine Affinität für körpereigene Antigene entwickelt haben. Wenn es in diesem Fall bei einer hypermutierten autoreaktiven B-Zelle im Keimzentrum zu einer starken Vernetzung ihres B-Zell-Rezeptors kommt, geht sie in die Apoptose ein und proliferiert nicht. der vernetzte B-Zell-Rezeptor wird mit dem gebundenen DNA-Molekül in die Zelle aufgenommen GC-reiche Fragmente der aufgenommenen DNA binden in einem endosomalen Kompartiment an TLR-9 und senden so ein costimulierendes Signal Abb. 15.5 Körpereigene Antigene, die von TolllikeRezeptoren erkannt werden, können auto reaktive BZellen aktivieren, indem sie die Costimulation übernehmen. Der Rezeptor TLR-9 stimuliert die Aktivierung von B-Zellen, die für DNA spezifische Antikörper produzieren; der entsprechende Autoantikörper kommt bei der Autoimmunerkrankung systemischer Lupus erythematodes (SLE) (7 Abb. 15.1) häufig vor. B-Zellen mit einer starken Affinität für DNA werden zwar im Knochenmark beseitigt, einige DNA-spezifische B-Zellen mit geringerer Affinität entkommen jedoch und bleiben in der Peripherie erhalten, werden aber normalerweise nicht aktiviert. Unter diesen Bedingungen und bei genetisch bedingt anfälligen Individuen kann jedoch die DNA-Konzentration zunehmen, sodass genügend B-Zell-Rezeptoren vernetzt werden und die Aktivierung dieser B-Zellen in Gang gesetzt wird. B-Zellen vermitteln durch ihre Rezeptoren Signale (links), nehmen aber auch DNA auf (Mitte) und bringen sie in das endosomale Kompartiment ein (rechts). Hier kommt TLR-9 mit der DNA in Kontakt. TLR-9 erkennt DNA mit einem erhöhten Anteil an nichtmethylierten CpG-Sequenzen. Solche CpG-angereicherten Sequenzen sind in der DNA von Mikroorganismen viel häufiger als in eukaryotischer DNA, und TLR-9 kann sonst auf diese Weise zwischen pathogen und körpereigen unterscheiden. Bei Säugern enthält DNA in apoptotischen Zellen jedoch einen erhöhten Anteil an nichtmethylierten CpG-Sequenzen und die DNA-spezifische B-Zelle sammelt diese körpereigene DNA zudem in ihrem endosomalen Kompartiment. So stehen ausreichend Liganden zur Verfügung, um TLR-9 zu aktivieren, sodass sich die Aktivierung der DNA-spezifischen B-Zelle potenziert und letztendlich zur Produktion von Autoantikörpern gegen DNA führt Autoreaktive T-Zellen, die den oben beschriebenen toleranzinduzierenden Mechanismen entkommen, können noch so reguliert werden, dass sie keine Krankheit verursachen. Diese Regulation erfolgt auf zwei Weisen: zum einen extrinsisch, ausgehend von spezifischen T reg -Zellen, die aktivierte T-Zellen und antigenpräsentierende Zellen beeinflussen, zum anderen intrinsisch, basierend auf der Begrenzung des Umfangs und der Dauer von Immunantworten, was beides in den Lymphocyten selbst vorprogrammiert ist. Wir werden uns zuerst mit der Funktion der regulatorischen T-Zellen befassen, die in Kap. 9 eingeführt wurden. Die Toleranz aufgrund der regulatorischen Lymphocyten unterscheidet sich von anderen Formen der Selbst-Toleranz, da die T reg -Zellen das Potenzial besitzen, autoreaktive Lymphocyten, die andere Antigene erkennen als die T reg -Zellen, unterdrücken zu können (7 Abb. 15.9). Diese Art der Toleranz bezeichnet man deshalb als regulatorische Toleranz. Das entscheidende Merkmal der regulatorischen Toleranz besteht darin, dass regulatorische Zellen autoreaktive Lymphocyten, die eine Reihe verschiedener Autoantigene erkennen, unterdrücken können, solange die Antigene alle in demselben Gewebe vorhanden sind oder von derselben antigenpräsentierenden Zelle dargeboten werden. Wie in Kap. 9 besprochen, hat man in Experimenten zwei grundlegende Typen von regulatorischen T-Zellen unterschieden. "Natürliche" T reg -Zellen (nT reg -Zellen) werden im Thymus dahingehend programmiert, dass sie als Reaktion auf Autoantigene den Transkriptionsfaktor FoxP3 exprimieren. Wenn sie in der Peripherie durch die gleichen Antigene aktiviert werden, hemmen nT reg -Zellen andere autoreaktive T-Zellen, die Antigene aus demselben Gewebe erkennen, und verhindern so deren Differenzierung zu T-Effektorzellen oder blockieren deren Effektorfunktionen. "Induzierte" T reg -Zellen (iT reg -Zellen) exprimieren ebenfalls FoxP3, entwickeln sich aber in den peripheren Geweben als Reaktion auf von ihnen erkannte Antigene bei Anwesenheit von TGF-β, wenn keine proinflammatorischen Cytokine vorhanden sind. Eine häufig auftretende Art von chronisch inflammatorischen Krankheiten ist die entzünd liche Darmerkrankung (IBD), die zwei klinische Erscheinungsformen umfasst -Morbus Crohn (siehe unten in diesem Kapitel) und Colitis ulcerosa. Wir besprechen die IBD in diesem Kapitel, da IBD viele Merkmale einer Autoimmunkrankheit aufweist, wobei sie sich nicht gegen körpereigene Gewebeantigene richtet. Das Ziel der deregulierten Immunantwort bei einer IBD sind Antigene aus der kommensalen Mikroflora, die den Darm besiedelt. Genau genommen handelt es sich bei der IBD um einen Sonderfall der Autoimmunkrankheiten, da die Immunantwort nicht gegen Autoantigene, sondern gegen mikrobielle Antigene der residenten "körpereigenen" Mikroflora gerichtet ist. Dennoch finden sich Kennzeichen des Zusammenbruchs der Immuntoleranz auch bei der IBD, und ebenso wie bei den organspezifischen Autoimmunkrankheiten ist die Gewebezerstörung aufgrund der fehlgeleiteten Immunantwort primär auf ein einziges Organ begrenzt -den Darm. Die Symptome einer Autoimmunerkrankung werden von den Effektormechanismen des Immunsystems hervorgerufen, die sich gegen die körpereigenen Gewebe richten. Wie bereits besprochen, wird die Reaktion im Allgemeinen durch das ständige Vorhandensein von neuem Autoantigen verstärkt und aufrechterhalten. Eine Ausnahme dieser allgemeinen Regel ist Diabetes mellitus Typ 1, bei dem die Zielzellen von der Autoimmunreaktion größtenteils oder vollständig zerstört werden. Das führt zu einem Versagen der Produktion von Insulin, das der Homöostase der Glucose dient, und schließlich zu den Symptomen von Diabetes. Die Mechanismen der Gewebeschädigung hat man früher nach dem gleichen Schema wie bei der Hypersensitivitätsreaktion eingeordnet, das in den frühen 1960er-Jahren noch vor Aufgrund der komplexen Mechanismen, die dazu dienen, Autoimmunität zu verhindern, verwundert es nicht, dass Autoimmunerkrankungen das Ergebnis von zahlreichen Faktoren sind, die sowohl genetisch als auch durch die Umgebung bedingt sind. Zuerst befassen wir uns mit den genetischen Grundlagen der Autoimmunität, wobei wir darstellen wollen, wie genetische Defekte die verschiedenen Toleranzmechanismen stören. Genetische Defekte allein reichen jedoch nicht immer aus, um eine Autoimmunerkrankung auszulösen. Faktoren aus der Umgebung spielen ebenfalls eine Rolle, wobei man diese Faktoren noch kaum versteht. Wie wir feststellen werden, können genetische und umgebungsbedingte Faktoren zusammen die Toleranzmechanismen umgehen und zu einer Autoimmunerkrankung führen. Wir wissen zwar zurzeit noch nicht, wie die meisten der häufigeren genetischen Varianten zu einer Prädisposition für eine Autoimmunkrankheit führen oder auch vor einer solchen Krankheit schützen, aber es gibt bereits weitere Forschungsansätze, um den genetischen Mechanismen auf die Spur zu kommen. Dabei untersucht man beispielsweise Mutationen, die regulatorische Moleküle der Immuntoleranz oder des angeborenen Immunsystems erkennbar verändern. Man untersucht auch Patienten mit seltenen Defekten der Immuntoleranz, die nur von einem Gen verursacht werden, und man versucht herauszufinden, wie bestimmte HLA-Allele eine Prädisposition für Krankheiten bewirken, da sie bestimmte Antigene präsentieren können. In den folgenden Abschnitten wollen wir uns kurz mit all dem beschäftigen. Eine Prädisposition für die häufigsten Autoimmunerkrankungen ist auf die gemeinsamen Effekte von mehreren Genen zurückzuführen, aber es gibt auch einige monogene Autoimmunerkrankungen ( Abb. 15.37 Der Zusammenhang zwischen HLA oder dem Geschlecht und der Anfälligkeit für Autoimmunerkrankungen. Das "relative Risiko", dass ein bestimmtes HLA-Allel eine Autoimmunerkrankung fördert, berechnet man durch einen Vergleich der Anzahl der Patienten, die dieses Allel tragen, mit der Anzahl, die man aufgrund der Häufigkeit des betreffenden HLA-Allels in der Gesamtbevölkerung erwarten würde. Beim Diabetes mellitus Typ 1 besteht tatsächlich eine Verknüpfung mit dem HLA-DQ-Gen, das mit den DR-Genen eng gekoppelt ist, sich aber bei der Serotypisierung nicht nachweisen lässt. Manche Krankheiten zeigen eine eindeutig geschlechtsabhängige Häufung, sodass vermutlich Geschlechtshormone an ihrer Pathogenese beteiligt sind. Damit stimmt überein, dass der Unterschied in der Krankheitshäufigkeit zwischen den beiden Geschlechtern am größten ist, wenn auch die Konzentrationen dieser Hormone am höchsten sind, also in der Zeit zwischen Menarche und Menopause (der ersten und letzten Menstruation) Teil V menhang zwischen der Krankheit und den Allelen HLA-DR3 und HLA-DR4 feststellen konnte, die man durch Serotypisierung identifiziert hatte (7 Abb. 15.38). Diese Untersuchungen zeigten auch, dass das MHC-Klasse-II-Allel HLA-DR2 einen dominanten Schutzeffekt hat. Menschen, die dieses Allel tragen, entwickeln selbst bei einer Kombination mit einem der für eine Anfälligkeit verantwortlichen Allele nur selten Diabetes. Man hat auch festgestellt, dass zwei Geschwister, die an derselben Autoimmunerkrankung leiden, mit großer Wahrscheinlichkeit einen übereinstimmenden MHC-Haplotyp besitzen (7 Abb. 15.39). Da man die HLA-Genotypen mithilfe der DNA-Sequenzierung nun genauer bestimmen kann, lassen sich die zuvor durch Serotypisierung entdeckten Korrelationen mit Krankheiten noch besser zuordnen. So weiß man heute, dass die Korrelation zwischen Diabetes mellitus Typ 1 und den Allelen DR3 und DR4 durch die Assoziation mit DQβ-MHC-Allelen bedingt ist, die eine Krankheitsanfälligkeit hervorrufen. Diese korreliert am stärksten mit Polymorphismen an einer bestimmten Position in der DQβ-Aminosäuresequenz, die den peptidbindenden Spalt im MHC-Klasse-II-Molekül beeinflusst (7 Abb. 15.40). Der für Diabetes anfällige NOD-Stamm von Mäusen zeigt an der gleichen Position im homologen MHC-Klasse-II-Gene der Maus einen Serinpolymorphismus, den man mit 1-A g7 bezeichnet. Ein Zusammenhang zwischen dem MHC-Genotyp und Autoimmunerkrankungen erscheint nachvollziehbar. Die Korrelation lässt sich also durch ein einfaches Modell erklären, in dem die Anfälligkeit für eine Autoimmunerkrankung davon abhängt, mit welcher Effizienz die verschiedenen Allelvarianten der MHC-Moleküle den autoreaktiven T-Zellen Autoantigenpeptide präsentieren. Dies würde mit der bisher bekannten Beteiligung von T-Zellen bei bestimmten Krankheiten übereinstimmen. So besteht beispielsweise bei Diabetes sowohl mit MHC-Klasse-I-als auch mit -Klasse-II-Allelen ein Zusammenhang. Das stimmt wiederum mit dem Befund überein, dass die Autoimmunreaktion von CD8-und CD4-T-Zellen vermittelt wird. Eine andere Hypothese hebt die Rolle der MHC-Allele bei der Ausbildung des Repertoires der T-Zell-Rezeptoren (Kap. 8) hervor. Dieser Hypothese zufolge fördern körpereigene Peptide, die mit bestimmten MHC-Molekülen assoziiert sind, die positive Selektion von heranreifenden Thymocyten, die für bestimmte Autoantigene spezifisch sind. Abb. 15.41 Morbus Crohn wird durch den Zusammenbruch der normalen homöostatischen Mechanismen hervorgerufen, die Entzündungsreaktionen gegen die Mikroflora des Darms be grenzen. Das angeborene und das adaptive Immunsystem wirken normalerweise durch eine Kombination verschiedener Mechanismen zusammen, um Entzündungsreaktionen gegen Darmbakterien zu begrenzen: eine von den Becherzellen produzierte Schleimschicht, die Tight Junctions zwischen den Zellen des Darmepithels, von den Epithelzellen und Paneth-Zellen freigesetzte antimikrobielle Peptide sowie die Induktion von Treg-Zellen, die die Entwicklung von CD4-T-Effektorzellen hemmen und die Produktion von IgA-Antikörpern fördern. Diese werden in das Darmlumen transportiert, wo sie die Translokation der Darmbakterien verhindern (nicht dargestellt). Wenn bei den Betroffenen die homöostatischen Mechanismen beeinträchtigt sind, kann es zu deregulierten Reaktionen der TH1und T H 17-Zellen auf die Mikroflora des Darms kommen. Dadurch entwickelt sich eine chronische Entzündung, die die Ursache der Erkrankung ist. Zu den Anfälligkeitsgenen für Morbus Crohn gehören NOD2 und die Autophagiegene ATG16L1 und IRGM, die alle Teil der angeborenen Immunität sind. Ein wichtiges Anfälligkeitsgen, das Zellen der adaptiven Immunität betrifft, ist IL23R, das von TH17-Zellen exprimiert wird (siehe auch 7 Abb. 15.34) kung, die mit der Entwicklung von Granulomen in der Haut, den Augen und Gelenken einhergeht. Während Morbus Crohn durch einen Funktionsverlust von NOD2 hervorgerufen wird, nimmt man an, dass sich das Blau-Syndrom durch einen Funktionsgewinn entwickelt. NOD2 ist ein intrazellulärer Rezeptor für das Muraminsäuredipeptid aus dem bakteriellen Peptidoglykan. Die Stimulation des Rezeptors aktiviert den Transkriptionsfaktor NFκB und die Expression von Genen, die proinflammatorische Cytokine und Chemokine (Abschn. 3.1.8 und 7 Abb. 12.15) codieren. Bei den Paneth-Zellen -spezialisierten Darmepithelzellen am Grund der Darmkrypten -stimuliert die Aktivierung von NOD2 die Freisetzung der Granula, die antimikrobielle Peptide enthalten. Diese tragen dazu bei, die kommensalen Bakterien auf das Darmlumen zu begrenzen und vom adaptiven Immunsystem fernzuhalten. Mutierte Formen von NOD2, bei denen diese Funktion zur Beschränkung der angeborenen antibakteriellen Immunantwort verloren gegangen ist, führen zu einer Prädisposition der Betroffenen für verstärkte Reaktionen der CD4-T-Zellen auf die kommensale Mikroflora und dadurch zu einer Anfälligkeit für eine chronische Darmentzündung (Abschn. 12.2.8). Neben NOD2-Defekten hat man bei Patienten mit Morbus Crohn noch andere Funktionsstörungen gefunden, etwa bei der Produktion von CXCL8 und in Form von Ansammlungen neutrophiler Zellen. Diese Störungen können mit NOD2-Defekten zusammenwirken und so die Entzündung im Darm weiter fördern. Moleküldefekte in der angeborenen Immunität und bei der Entzündungsregulation wirken wahrscheinlich zusammen und fördern so die immunpathologischen Effekte von Morbus Crohn. Mithilfe von genomweiten Assoziationsstudien ließen sich weitere Anfälligkeitsgene für Morbus Crohn bestimmen, die wahrscheinlich mit Störungen der Immunfunktion gekoppelt sind (7 Abb. 15.34). Defekte in den beiden Genen ATG16L1 und IRGM, die bei der Autophagie eine Rolle spielen, wurden mit Morbus Crohn in Verbindung gebracht. Das deutet darauf hin, dass auch andere Mechanismen, die die Beseitigung kommensaler Bakterien beeinträchtigen, eine Prädisposition für eine chronische Darmentzündung hervorrufen können. Autophagie ist der Abbau des zellulären Cytoplasmas durch die zelleigenen Lysosomen, der für den Umsatz von geschädigten zellulären Organellen und Proteinen von großer Bedeutung ist. Autophagie ist auch an der Prozessierung und Präsentation von Antigenen beteiligt (Abschn. 6.1.9) und unterstützt die Beseitigung von einigen durch Phagocytose aufgenommenen Bakterien. Nicht nur Defekte in wichtigen Reaktionswegen des angeborenen Immunsystems spielen bei Morbus Crohn eine Rolle, sondern auch Gene, die die adaptive Immunantwort regulieren, wurden mit einer Anfälligkeit in Verbindung gebracht. Besonders bemerkenswert sind dabei die Varianten des Gens für den IL-23-Rezeptor (IL23R), die eine Prädisposition für die Krankheit verursachen. Das passt zu den verstärkten T H 17-Reaktionen in den erkrankten Geweben. Gemeinsames Merkmal der Anfälligkeitsgene, die ein erhöhtes Risiko mit sich bringen, an Morbus Crohn zu erkranken, und deren Zahl immer noch zunimmt, ist der Zusammenhang mit einer anormalen Regulation der Homöostase bei der angeborenen und bei der adaptiven Immunantwort auf die Mikroflora im Darm. Die geographische Verteilung der Autoimmunerkrankungen ist in Bezug auf Kontinente, Länder und ethnische Gruppen ungleichmäßig. So nimmt anscheinend die Häufigkeit der Erkrankungen in der nördlichen Hemisphäre von Norden nach Süden ab. Dieser Gradient tritt in Europa bei Krankheiten wie multiple Sklerose und Diabetes mellitus Typ 1 besonders deutlich hervor; diese Krankheiten sind in den nördlichen Ländern häufiger als im Mittelmeerraum. Zahlreiche epidemiologische und genetische Verknüpfungen deuten darauf hin, dass dies teilweise mit dem Vitamin-D-Spiegel zusammenhängen kann. Die aktive Form von Vitamin D wird in der Haut als Reaktion auf das Sonnenlicht gebildet, das in den nördlichen Ländern weniger häufig und nur mit geringerer Intensität zur Verfügung steht. Vitamin D besitzt eine Reihe von immunregulatorischen Funktionen, die Zellen des an-Teil V geborenen und des adaptiven Immunsystems beeinflussen, etwa auch die Unterdrückung der Entwicklung der T H 17-Zellen. Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass Autoimmunität in den Entwicklungsländern weniger häufig ist als in den stärker industrialisierten Ländern, wobei die Ursachen dafür nicht bekannt sind. Neben der Verfügbarkeit von Vitamin D tragen auch zahlreiche andere nichtgenetische Faktoren zu dieser geographischen Variabilität bei, etwa die sozioökonomischen Bedingungen und die Ernährung. Der Beitrag nichtgenetischer Faktor zur Krankheit zeigt sich beispielsweise daran, dass genetisch identische Mäuse die Autoimmunität mit verschiedenen Geschwindigkeiten und unterschiedlichem Schweregrad entwickeln. Zunehmend richtet sich auch die Aufmerksamkeit auf die Diversität der kommensalen Mikroflora und ihren Einfluss auf die Entwicklung einer Autoimmunerkrankung -auch außerhalb des Darms. Hier zeigt sich die Bedeutung der Wechselwirkungen zwischen der Mikroflora und dem angeborenen und adaptiven Immunsystem bei der Ausformung einer systemischen Immunantwort. Schließlich können auch Infektionen und Umweltgifte Faktoren sein, die eine Autoimmunität auslösen. Es sei noch darauf hingewiesen, dass epidemiologische und klinische Studien im vergangenen Jahrhundert auch ergeben haben, dass zwischen dem Auftreten von bestimmten Arten von Infektionen in einer frühen Lebensphase und der Entwicklung von Allergien und Autoimmunerkrankungen eine negative Korrelation besteht. Diese Hygienehypothese besagt, dass das Ausbleiben einer bestimmten Infektion in der Kindheit die Regulation des Immunsystems im späteren Leben beeinflussen kann, sodass eine größere Wahrscheinlichkeit besteht, allergische und Autoimmunreaktionen zu entwickeln (Abschn. 14.1.4). Wie induzieren und verändern Krankheitserreger Autoimmunität? Während eine Infektion voranschreitet, können Entzündungsmediatoren, die von aktivierten antigenpräsentierenden Zellen und Lymphocyten freigesetzt werden, und die gesteigerte Expression von costimulierenden Molekülen die unbeteiligten Lymphocyten ("Zuschauerzellen"), die für die Antigene des Krankheitserregers nicht spezifisch sind, beeinflussen. Autoreaktive Lymphocyten können unter solchen Bedingungen aktiviert werden, besonders dann, wenn Gewebezerstörungen durch die Infektion zu einem vermehrten Auftreten von körpereigenen Antigenen führt (7 Abb. 15.42, links). Darüber hinaus können proinflammatorische Cytokine wie IL-1 und IL-6 die suppressive Aktivität der regulatorischen T-Zellen beeinträchtigen, sodass autoreaktive naive T-Zellen aktiviert werden, sich zu T-Effektorzellen zu differenzieren, die dann eine Autoimmunreaktion auslösen. Die Übertragung von hämatopoetischen Stammzellen aus dem peripheren Blut, Knochenmark oder Nabelschnurblut ist eine erfolgreich anwendbare Therapie gegen einige Tumoren, die sich aus hämatopoetischen Zellen im Knochenmark ableiten, beispielsweise be- Obwohl sich die GvHD auf den Empfänger eines HSC-Transplantats normalerweise schädlich auswirkt, kann sie auch vorteilhafte Wirkungen haben, die für den Erfolg der Therapie entscheidend sind. Ein großer Teil der therapeutischen Wirkungen der Knochenmarktransplantation bei einer Leukämie sind möglicherweise auf einen GraftversusLeukemia Effekt (Transplantat-gegen-Leukämie-Effekt) zurückzuführen. Dabei erkennen die T-Zellen des Spenders in dem allogenen HSC-Transplantat Nebenhistokompatibilitätsantigene, die von Leukämiezellen exprimiert werden, sodass Donorzellen die Leukämiezellen abtöten. Eine der möglichen Behandlungen, um die Entwicklung einer GvHD zu unterdrücken, besteht darin, die reifen T-Zellen bei der Präparation der Spender-HSCs vor der Transplantation in vitro zu vernichten und damit auch die alloreaktiven T-Zellen zu entfernen. Die T-Zellen, die in der Folge im Knochenmark des Spenders heranreifen, sind gegenüber den Spenderantigenen tolerant. Das Ausschließen einer GvHD hat zwar Vorteile für den Patienten, birgt aber das Risiko eines Leukämierückfalls. Dies ist ein deutlicher Hinweis auf den Graft-versus-LeukemiaEffekt. Eine weitere Komplikation bei der Beseitigung von Donorzellen ist eine Immunschwäche. Da durch die Kombination aus hoch dosierter Chemotherapie und Bestrahlung, die man bei der Behandlung des Empfängers vor der Transplantation anwendet, die meisten T-Zellen des Empfängers zerstört werden, sind die T-Zellen des Spenders der hauptsächliche Ursprung für die Wiederherstellung des Repertoires an reifen T-Zellen in einer frühen Phase nach der Transplantation. Das trifft besonders bei Erwachsenen zu, die nur noch über eine schwache Restfunktion des Thymus verfügen und deshalb nur eingeschränkt in der Lage sind, ihr T-Zell-Repertoire aus T-Zell-Vorläufern zu regenerieren. Wenn also aus dem Transplantat zu viele T-Zellen entfernt wurden, entwickeln sich bei den Empfängern von Gewebe zahlreiche op- portunistische Infektionen, an denen sie auch sterben können. Aufgrund der Notwendigkeit, die positiven Effekte des Graft-versus-Leukemia-Effekts und der Immunkompetenz sowie die schädlichen Auswirkungen der GvHD in ein Gleichgewicht zu bringen, hat man einigen Forschungsaufwand betrieben. Ein besonders vielversprechender Ansatz besteht darin, die T-Zellen des Spenders daran zu hindern, auf die Antigene des Empfängers zu reagieren, auf die sie kurz nach der Transplantation treffen. Das geschieht dadurch, dass man die antigenpräsentierenden Zellen des Empfängers beseitigt. Offensichtlich werden die T-Zellen des Spenders in diesem Fall während der ersten Entzündung, die mit der Transplantation einhergeht, nicht aktiviert, und danach fördern sie die GvHD nicht mehr. Es ist jedoch unklar, ob es in diesem Zusammenhang überhaupt zu einem Graft-versus-Leukemia-Effekt kommen würde. Man nimmt jetzt an, dass, wie bei allen Immunantworten, auch bei alloreaktiven Immunantworten bei der Gewebeabstoßung regulatorische T-Zellen eine wichtige immunregulatorische Funktion besitzen. Experimente für die Übertragung von allogenen hämatopoetischen Stammzellen bei Mäusen haben diese Frage teilweise beantwortet. Die Beseitigung von CD25 + -T reg -Zellen beim Empfänger oder im HSC-Transplantat vor der Übertragung beschleunigte das Einsetzen der GvHD und führte in der Folge auch schneller zum Tod. Wenn jedoch das Transplantat mit neuen oder ex vivo vermehrten T reg -Zellen ergänzt wurde, verzögerte sich das Eintreten des Todes aufgrund der GvHD oder wurde sogar verhindert, wobei frühere Untersuchungen beim Menschen ähnliche Ergebnisse lieferten. Auch die Behandlung mit einer niedrigen Dosis IL-2, das wahrscheinlich vor allem T reg -Zellen zur Vermehrung anregt, hat bei der Verhinderung einer GvHD positive Effekte gezeigt. Ähnliche Befunde lieferten Mausmodelle für die Transplantation fester Organe, bei denen die Übertragung natürlich vorkommender oder induzierter T reg -Zellen die Abstoßung des Transplantats signifikant verzögert. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Anreicherung oder Erzeugung von T reg -Zellen in Präparaten von Spender-HSCs in der Zukunft möglicherweise eine Therapie für die GvHD sein kann. Eine andere Gruppe von regulatorischen T-Zellen sind die CD8 + CD28 --T reg -Zellen. Sie besitzen einen anergischen Phänotyp und stabilisieren wahrscheinlich indirekt die T-Zell-Toleranz, indem sie das Potenzial von antigenpräsentierenden Zellen für die Aktivierung von CD4 + -T-Zellen blockieren. Solche Zellen wurden bereits aus Patienten mit Transplantaten isoliert. Sie unterscheiden sich von den alloreaktiven cytotoxischen CD8-T-Zellen, da sie gegenüber den Spenderzellen keine Cytotoxizität zeigen und den inhibitorischen Killerrezeptor CD94 (Abschn. 3.2.11) in großen Mengen exprimieren. Dieser Befund deutet darauf hin, dass CD8 + CD28 --T reg -Zellen die Aktivierung von antigenpräsentierenden Zellen stören und bei der Aufrechterhaltung der Toleranz gegenüber dem Transplantat mitwirken. Der Cytokingehalt an der Kontaktzone zwischen fetalem und mütterlichem Gewebe trägt ebenfalls zur Fetustoleranz bei. Sowohl das Gebärmutterepithel als auch der Trophoblast sezernieren TGF-β und IL-10. Diese Cytokinkombination unterdrückt in der Plazenta die Entwicklung von T-Effektorzellen zugunsten der iT reg -Zellen (Abschn. 9.2.10). Diese Zellen sind bei Mäusen von Bedeutung, indem sie Reaktionen gegen den Fetus unterdrücken. Ein Mangel an iT reg -Zellen fördert die Resorption des Fetus -was einem Spontanabort beim Menschen entspricht. Das geschieht auch bei der Induktion von T H 1-aktivierenden Cytokinen (etwa IFN-γ und IL-12). Bis jetzt ausschließlich bei Säugern, die eine Plazenta ausbilden, hat man interessanterweise ein regulatorisches Element entdeckt, das in iT reg -Zellen die FoxP3-Expression kontrolliert, aber für die FoxP3-Expression in nT reg -Zellen nicht erforderlich ist. Das deutet darauf hin, dass sich die iT reg -Zellen in der Evolution tatsächlich so entwickelt haben, dass sie nun bei der Mutter-Fetus-Toleranz eine wichtige Rolle spielen. Und schließlich unterdrücken Stromazellen im spezialisierten mütterlichen Uterusgewebe, das direkt an die Plazenta grenzt, die lokale Expression zentraler Chemokine für das Anlocken von T-Zellen. Insgesamt tragen also mütterliche und fetale Faktoren zur Ausbildung einer immunologisch privilegierten Region bei, ähnlich anderen Regionen mit lokaler Immunsuppression, in denen übertragene Gewebe längerfristig erhalten bleiben, wie etwa beim Auge (Abschn. 15.1.5). Transplantationen gehören heute zum klinischen Alltag. Ihr Erfolg beruht auf der MHC-Typisierung, wirkungsvollen Immunsuppressiva und Fortschritten bei den chirurgischen Methoden. Allerdings lässt sich eine Transplantatabstoßung auch durch die exakteste MHC-Typisierung nicht verhindern. Weitere genetische Unterschiede zwischen Spender und Empfänger können zur Erzeugung von allogenen Proteinen führen, deren Peptide von MHC-Molekülen auf dem übertragenen Gewebe präsentiert werden. Immunreaktionen gegen diese Antigene haben die Abstoßung des fremden Gewebes zur Folge. Da wir die Immunreaktion gegen das transplantierte Gewebe nicht spezifisch hemmen können, ohne die Immunabwehr zu beeinträchtigen, ist für die meisten Transplantationen eine allgemeine Immunsuppression des Patienten notwendig. Diese kann jedoch das Risiko erhöhen, an Krebs oder Infektionen Teil V zu erkranken. Der Fetus ist in gewissem Sinne ein natürliches allogenes Transplantat, das toleriert werden muss, um die Arterhaltung zu gewährleisten. Eine genauere Erforschung der Toleranz gegenüber dem Fetus könnte schließlich Erkenntnisse darüber liefern, wie sich eine spezifische Toleranz gegenüber transplantiertem Gewebe erzeugen lässt. Im Idealfall richten sich die Effektorfunktionen des Immunsystems nur gegen fremde Krankheitserreger und nicht gegen körpereigene Gewebe. In der Realität ist jedoch eine strikte Unterscheidung zwischen körpereigen und körperfremd nicht möglich, da sich eigene und fremde Proteine ähneln. Dennoch hält das Immunsystem eine Toleranz gegen körpereigene Gewebe aufrecht. Das geschieht durch verschiedene Regulationsebenen, die alle auf Ersatzmarkern basieren, um körpereigen von körperfremd zu unterscheiden, sodass die Immunantwort in geeigneter Weise gelenkt wird. Wenn diese Mechanismen versagen, kommt es zu einer Autoimmunerkrankung. Unbedeutendere Zusammenbrüche von einzelnen regulatorischen Barrieren finden wahrscheinlich jeden Tag statt, werden aber durch Effekte der übrigen regulatorischen Ebenen unterdrückt. Dadurch wirkt die Toleranz auf allen Ebenen des Immunsystems. Damit es zu einer Krankheit kommen kann, müssen mehrere Ebenen der Toleranz überwunden werden und der Effekt muss chronisch sein. Diese Ebenen beginnen mit der zentralen Toleranz im Knochenmark und im Thymus und sie umfassen auch periphere Mechanismen wie Anergie, Deletion oder die funktionelle Abweichung zugunsten regulatorischer T-Zellen. Manchmal treten Immunantworten allein deswegen nicht auf, weil die Antigene nicht vorhanden sind, wie bei der Immunsequestrierung. Vielleicht bewirkt der Selektionsdruck, wirksame Immunantworten gegen Krankheitserreger zu entwickeln, dass die Dämpfung der Immunantworten zugunsten der Selbst-Toleranz nur begrenzt funktioniert und fehleranfällig ist. Die genetische Prädisposition ist von großer Bedeutung; sie legt fest, ob ein Individuum eine Autoimmunerkrankung entwickelt. Auch äußere Faktoren spielen eine wichtige Rolle, sodass beispielsweise identische Zwillinge nicht immer von derselben Autoimmunerkrankung betroffen sind. Zu den Einflüssen aus der Umgebung gehören Infektionen, Toxine und zufällige Ereignisse. Wenn die Selbst-Toleranz versagt und sich eine Autoimmunerkrankung entwickelt, sind die Effektormechanismen den Mechanismen bei Immunantworten gegen Krankheitserreger sehr ähnlich. Die verschiedenen Krankheiten unterscheiden sich zwar durch Einzelheiten, aber es können sowohl Antikörper als auch T-Zellen beteiligt sein. Inzwischen weiß man sehr viel über Immunantworten gegen körperfremde transplantierte Organe und Gewebe; Erkenntnisse, die man aus Untersuchungen der Gewebeabstoßung gewonnen hat, lassen sich auch bei der Autoimmunität anwenden und umgekehrt. Transplantationen haben Abstoßungssyndrome hervorgebracht, die Autoimmunerkrankungen auf vielfache Weise ähneln. Die angegriffenen Strukturen sind jedoch entweder Haupt-oder Nebenhistokompatibilitätsantigene. Bei der Gewebeabstoßung und der Graft-versus-Host-Krankheit sind T-Zellen die hauptsächlichen Effektoren, wobei auch Antikörper dazu beitragen können. Für jede der unerwünschten Reaktionen, die hier besprochen wurden, lautet die Frage, wie sich die Reaktion kontrollieren lässt, ohne den Immunschutz gegen Infektionen zu beeinträchtigen. Die Antwort besteht vielleicht darin, dass wir die Regulation der Immunantwort noch umfassender verstehen müssen, insbesondere die Suppressionsmechanismen, die anscheinend für die Toleranz wichtig sind. Die gezielte Kontrolle der Immunantwort wird in Kap. 16 weiter untersucht. Richtig oder falsch: Die entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind Krankheiten, bei denen das adaptive Immunsystem als Reaktion auf Autoantigene das Gewebe schädigt Bitte zuordnen: Welche monogene Autoimmunkrankheit hängt mit welchem Gendefekt zusammen? A. Autoimmun-Polyendokrinopathie-Candidiasis-ektodermale-Dystrophie-Syndrom Welche der folgenden Aussagen trifft nicht zu? A. Die Autoantikörper, die von Procainamid, ein häufig angewendeter Wirkstoff gegen Herzrhythmusstörungen, induziert werden, ähneln den Autoantikörpern, die für systemischen Lupus erythematodes charakteristisch sind Im Verlauf einer Infektion freigesetzte Entzündungsmediatoren können zur Aktivierung autoreaktiver Lymphocyten führen und so eine Autoimmunreaktion auslösen Morbus Crohn und das Blau-Syndrom sind beide eng mit Funktionsverlustmutationen im NOD2-Gen gekoppelt, wobei es auch andere Ursachen gibt die unter normalen Bedingungen bei der Autophagie eine Rolle spielen Multiple Choice: Welche der folgenden Aussagen trifft auf eine Transplantation zu? A. Ein syngenes Hauttransplantat von einer jungen Maus wird von einer adulten Maus abgestoßen Ein allogenes Hauttansplantat von einer männlichen Maus wird von einer weiblichen Maus nicht abgestoßen Ein syngenes Hauttransplantat von einer männlichen Maus wird von einer weiblichen Maus abgestoßen Ein autologes Hauttransplantat wird drei Wochen nach der Übertragung abgestoßen Wie kann die Graft-versus-Host-Krankheit (GvHD) für Patienten mit Leukämie von Vorteil sein? (IDO), die T-Zellen das Tryptophan entzieht B. keine Expression von MHC-Klasse-II-Molekülen und geringe MHC-Klasse-I-Expression durch den Trophoblast C. Verringerung der Expression von HLA-G durch den Trophoblast D Expression des Fas-Liganden, um die Apoptose von Fas-tragenden Lymphocyten zu induzieren E. verringerte Kommunikation über die normalen Lymphgefäße Welcher der folgenden Mechanismen gehört nicht zur peripheren Toleranz? A. Anergie B. negative Selektion C. Induktion von T reg -Zellen D. Deletion E. Suppression durch T reg -Zellen Autoimmun-Polyendokrinopathie-Candidiasis-ektodermale-Dystrophie-Syndrom) ist auf Defekte im Transkriptionsfaktor AIRE zurückzuführen. wodurch die Expression peripherer Gene gestört ist und die negative Selektion in geringerem Maß stattfindet (sodass die zentrale Toleranz beeinträchtigt ist). Vom APECED-Syndrom betroffene Patienten leiden an einer Zerstörung von endokrinen Geweben und ihre Immunität gegen Pilze ist eingeschränkt. Diese Autoimmunphänomene benötigen jedoch Zeit, um sich zu entwickeln, und sie entwickeln sich auch nicht bei allen Patienten in allen Organen Bitte ergänzen: Autoantikörper, die sich bei bestimmten Autoimmunkrankheiten entwickeln, können entweder als Antagonisten oder als Agonisten wirken, was davon abhängt, ob sie eine Funktion hemmen oder stimulieren. Bei _______ blockieren Autoantikörper gegen den _______-Rezeptor dessen Funktion in der neuromuskulären Endplatte, sodass es zu einem Muskelschwächesyndrom kommt Bitte zuordnen: Welche Autoimmunkrankheit geht mit welcher physiopathologischen Symptomatik einher? A. rheumatoide Arthritis i. Eine chronische Hepatitis-C-Infektion führt zur Produktion von Immunkomplexen Eine durch T-Zellen vermittelte Autoimmunreaktion gegen Myelinantigene des Zentralnervensystems führt zu einer demyelinierenden Erkrankung mit neuropathologischen Phänotypen Autoantikörper gegen den GpIIb:IIIa-Fibrinogen-Rezeptor auf Blutplättchen for the origins of autoantibodies in autoimmune disease CD8 T cell ignorance or tolerance to islet antigens depends on antigen dose. Proc. Natl Acad. Sci An overview of immune hemolytic anemias Role of the complement membrane attack complex (C5b9) in mediating experimental mesangioproliferative glomerulonephritis The complement attack phase: control of lysis and nonlethal effects of C5b9 Pathogenesis of Graves' ophthalmopathy Myasthenia gravis Pathogenic autoantibodies to neuronal proteins in neurological disorders Autoantigens targeted in systemic lupus erythematosus are clustered in two populations of surface structures on apoptotic keratinocytes Uncoupling of immune complex formation and kidney damage in autoimmune glomerulonephritis Systemic lupus erythematosus Pulmonary renal vasculitis syndromes Selective dysregulation of the FcgIIB receptor on memory B cells in SLE FcgRIIb controls bone marrow plasma cell persistence and apoptosis Tcell clones specific for myelin basic protein induce chronic relapsing paralysis and demyelination Defining the role of the MHC in autoimmunity: a review and pooled analysis Genetic insights into com mon pathways and complex relationships among immunemediated diseases Defective regu latory and effector T cell functions in patients with FOXP3 mutations Association of the Tcell re gulatory gene CTLA4 with susceptibility to autoimmune disease Xlinked neonatal diabetes mellitus, enteropathy and endocrinopathy syndrome is the human equivalent of mouse scurfy Defining the role of the MHC in autoimmunity: a review and pooled analysis Discovering the role of the major histocompatibility complex in the immune response A key role for autophagy and the autophagy gene Atg16l1 in mouse and human intestinal Paneth cells NOD2 and Crohn's disease: loss or gain of function? Immunity Unravelling the pathogenesis of inflammatory bowel disease Genes, environment and immunity in the development of rheumatoid arthritis Serum 25hy droxyvitamin D levels and risk of multiple sclerosis Infections and autoimmune diseases Pathogenesis of type 1 diabetes mellitus: interplay between ente rovirus and host Infections and autoimmunity: the multifaceted relationship Pattern recognition receptors and inflammation Tcell alloimmunity and chronic allograft dysfunction Immunologic ignorance of vascularized organ transplants in the absence of secondary lymphoid tissue