key: cord-0055830-2k2gakxi authors: Murphy, Kenneth; Weaver, Casey title: Das Versagen der Immunantwort date: 2018-04-23 journal: Janeway Immunologie DOI: 10.1007/978-3-662-56004-4_13 sha: 297033685d33c07bb22882c55f330b1af6e43887 doc_id: 55830 cord_uid: 2k2gakxi nan Im normalen Verlauf einer Infektion löst der Krankheitserreger zuerst eine Antwort des angeborenen Immunsystems aus. Die fremden Antigene des Krankheitserregers, deren Signale durch die angeborene Immunantwort verstärkt werden, lösen dann eine adaptive Immunantwort aus, die letztendlich die Infektion beseitigt und einen Zustand schützender Immunität herbeiführt. Das geschieht allerdings nicht immer. In diesem Kapitel werden wir feststellen, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, wie die Immunantwort gegen Pathogene fehlschlagen kann: aufgrund von Immundefekten bei einem anormalen Wirtsorganismus, wie es bei einer Immunschwäche vorkommt, oder durch Verhinderung oder Unterwandern der normalen Immunreaktion durch die Krankheitserreger bei einem gesunden Wirt. Zum Schluss wollen wir uns mit der besonderen Situation beschäftigen, dass die Immunabwehr eines genetisch normalen Wirtsorganismus durch einen Krankheitserreger so beeinträchtigt wird, dass es zu einer allgemeinen Anfälligkeit für Infektionen kommt, wie es beim erworbenen Immunschwächesyndrom (acquired immune deficiency syndrome, AIDS) der Fall ist, das von dem humanen Immunschwächevirus (human immunodeficiency virus, HIV) hervorgerufen wird. Im ersten Teil des Kapitels beschäftigen wir uns mit den primären oder vererbbaren Immunschwächekrankheiten, bei denen die Immunabwehr aufgrund eines erblichen Gendefekts versagt, was zu einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen mit bestimmten Gruppen von Pathogenen führt. Man kennt Immunschwächekrankheiten, die durch Defekte in der Entwicklung der T-und B-Lymphocyten, in der Phagocytenfunktion oder bei Bestandteilen des Komplementsystems hervorgerufen werden. Im zweiten Teil des Kapitels wollen wir uns kurz mit Mechanismen befassen, durch die Krankheitserreger spezifischen Komponenten der Immunantwort ausweichen oder diese unterwandern, um so der Vernichtung zu entgehen -der sogenannten Immunevasion. Im letzten Teil des Kapitels beschäftigen wir uns damit, wie die dauerhafte Infektion mit HIV zum Krankheitsbild von AIDS führt, also zu sekundären oder erworbenen Immunschwächekrankheiten. Die Untersuchung der Bedingungen und Mechanismen, durch die das Immunsystem versagen kann, hat bereits wichtige Informationen zu unserem Verständnis der Immunabwehr beigetragen und sollte auch auf längere Sicht bei der Entwicklung neuer Methoden hilfreich sein, Infektionskrankheiten einschließlich AIDS einzudämmen und ihnen vorzubeugen. Zu einer Immunschwächekrankheit kommt es, wenn eine oder mehrere Komponenten des Immunsystems defekt sind. Man unterscheidet primäre (vererbbare oder angeborene) und sekundäre (erworbene) Immunschwächen. Primäre Immunschwächen werden durch vererbte Mutationen in einem der zahlreichen Gene verursacht, die bei den Immunantworten mitwirken oder sie kontrollieren. Bis heute wurden gut 150 primäre Immunschwächen beschrieben, die die Entwicklung oder die Funktion der Immunzellen oder beide Bereiche beeinträchtigen. Die klinischen Symptome dieser Erkrankungen sind daher ausgesprochen unterschiedlich. Ein gemeinsames Merkmal ist jedoch, dass es bei Kleinkindern zu wiederholten und häufig sehr schwer verlaufenden Infektionen kommt. Sekundäre Immun schwächen werden hingegen als Folge anderer Krankheiten erworben, sie entstehen sekundär als Folge von äußeren Faktoren wie Hunger oder sind eine Nebenwirkung eines medizinischen Eingriffs. Einige Formen der Immunschwächen betreffen vor allem die immunregulatorischen Mechanismen. Defekte dieser Art können zu Allergien, anormaler Proliferation von Lymphocyten, Autoimmunität und bestimmten Krebsformen führen. Diese werden in anderen Kapiteln besprochen. Hier wollen wir uns vor allem auf die Immunschwächen konzentrieren, die eine Anfälligkeit für Infektionen hervorrufen. Die primären Immunschwächekrankheiten lassen sich anhand der beteiligten Komponenten des Immunsystems unterscheiden. Da jedoch viele Bestandteile der Immunabwehr ineinandergreifen, kann ein Defekt in einer Komponente auch die Funktion an anderen Stellen beeinträchtigen. Deshalb können Primärdefekte der angeborenen Immunität zu Defekten der adaptiven Immunität führen, und umgekehrt. Dennoch ist es sinnvoll, Immundefekte im Zusammenhang mit den betroffenen Hauptkomponenten des Immunsystems zu betrachten, da diese bestimmte Muster von Infektionen und klinischen Symptomen hervorrufen. Wenn man untersucht, welche Infektionskrankheiten mit einer bestimmten Immunschwäche einhergehen, lässt sich erkennen, welche Komponenten des Immunsystems für die Reaktion auf bestimmte Erreger von Bedeutung sind. Die erblichen Immunschwächen machen auch deutlich, wie die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Immunzelltypen zur Immunantwort und zur Entwicklung der B-und T-Zellen beitragen. Schließlich können uns diese erblichen Krankheiten zu dem defekten Gen führen und so vielleicht neue Informationen über die molekularen Grundlagen der Immunreaktionen erbringen sowie die notwendigen Kenntnisse für die Diagnose, eine gute genetische Beratung und möglicherweise eine Gentherapie liefern. Patienten mit einer Immunschwäche erkennt man im Allgemeinen aufgrund ihrer klinischen Geschichte, die wiederholte Infektionen mit den gleichen oder ähnlichen Pathogenen aufweist. Die Art der Infektionen zeigt an, welcher Teil des Immunsystems geschädigt ist. Die wiederholte Infektion mit pyogenen (eiterbildenden) Bakterien lässt den Schluss zu, dass die Funktion der Antikörper, des Komplementsystems oder der Phagocyten gestört ist, da diese Teile des Immunsystems bei der Abwehr solcher Infektionen von Bedeutung sind. Andererseits deuten eine dauerhafte Pilzinfektion der Haut, etwa mit Candida, oder wiederkehrende Virusinfektionen darauf hin, dass ein Immundefekt unter Beteiligung der T-Lymphocyten vorliegt. Durch die Immunschwächen erfahren wir auch etwas über die Redundanz der Mechanismen, mit denen der Wirt Infektionskrankheiten bekämpft. Der erste Mensch (zufällig ein Immunologe), bei dem man einen erblichen Defekt im Komplementsystem (einen C2-Mangel) entdeckte, war gesund. Das bedeutet, dass dem Immunsystem vielfältige Maßnahmen zum Schutz gegen Infektionen zur Verfügung stehen, sodass ein Defekt in einem Bestandteil der Immunität durch andere Komponenten ausgeglichen werden kann. Es gibt zwar zahlreiche Befunde, dass ein Komplementdefekt die Anfälligkeit für pyogene Infektionen erhöht, aber nicht jeder Mensch mit einer Komplementschwäche leidet an wiederkehrenden Infektionen. In 7 Abb. 13.1 sind Beispiele für Immunschwächekrankheiten aufgeführt. Keine davon ist besonders verbreitet (ein bestimmter IgA-Mangel kommt noch am häufigsten vor) und einige sind sogar außerordentlich selten. Diese Krankheiten werden in den folgenden Abschnitten beschrieben und wir haben sie danach zusammengefasst, ob der zugrundeliegende Defekt im adaptiven oder im angeborenen Immunsystem liegt. Die Entwicklungswege der zirkulierenden naiven T-und B-Zellen sind in 7 Abb. 13.2 zusammengefasst. Patienten mit einem Defekt in der T-Zell-Entwicklung sind anfällig für ein breites Spektrum von Krankheitserregern. Das verdeutlicht, dass die Differenzierung und Reifung der T-Zellen bei der adaptiven Immunität für praktisch alle Antigene eine zentrale Rolle spielt. Da solche Patienten weder T-Zell-abhängige Antikörperreaktionen noch zelluläre Immunantworten zeigen und deshalb auch kein immunologisches Gedächtnis entwickeln können, leiden sie am schweren kombinierten Immundefekt (SCID). Der Xgekoppelte schwere kombinierte Immundefekt (XSCID) ist die häufigste Form des SCID. Ursachen sind Mutationen im IL2RG-Gen auf dem menschlichen X-Chromosom, das die γ-Kette (γ c ) des Interleukin-2-Rezeptors (IL-2R) codiert. γ c ist Bestandteil aller Rezeptoren für die Cytokine der IL-2-Familie (IL-2, IL-4, IL-7, IL-9, IL-15 und IL-21). Patienten mit X-SCID zeigen daher Defekte bei der Signalgebung aller Cytokine der IL-2-Familie, sodass sich aufgrund des Mangels an IL-7-und IL-15-Signalen die T-und NK-Zellen nicht normal entwickeln können (7 Abb. 13.2). Die Anzahl der B-Zellen ist hingegen normal, aber aufgrund der fehlenden Unterstützung durch die T-Zellen trifft das nicht auf die Funktion der B-Zellen zu. Die meisten X-SCID-Patienten sind männlich. Bei Frauen, die die Mutation tragen, entwickeln sich die Vorläufer der T-und NK-Zellen normal, die bei der Inaktivierung des X-Chromosoms das IL2RG-Wildtypallel behalten haben, und bringen ein normal ausgereiftes Immunrepertoire hervor. X-SCID bezeichnet man auch als bubble boy disease -nach einem Jungen, der mit dieser Krankheit über zehn Jahre lang in einer Schutzhülle (bubble) lebte, bevor er aufgrund von Komplikationen bei einer Knochenmarktransplantation starb. Ein klinisch und immunologisch nicht unterscheidbarer Typ des SCID ist auf eine inaktivierende Mutation der Tyrosinkinase Jak3 (Abschn. 8.1.1) zurückzuführen, die physikalisch an γ c bindet und Signale über γ c -Ketten-Cytokinrezeptoren überträgt. Diese autosomal rezessive Mutation beeinträchtigt ebenfalls die Entwicklung der T-und NK-Zellen, aber die Entwicklung der B-Zellen bleibt davon unbeeinflusst. Durch andere Immunschwächen bei Mäusen war es möglich, die Funktionen der einzelnen Cytokine und ihrer Rezeptoren bei der Entwicklung von T-und NK-Zellen genauer zu untersuchen. So hat man beispielsweise bei Mäusen durch gezielte Mutationen im β c -Gen (IL2RB) die zentrale Funktion von IL-15 als Wachstumsfaktor für die Entwicklung der NK-Zellen ermittelt, außerdem dessen Bedeutung für die Reifung und Wanderung der T-Zellen. Mäuse mit gezielten Mutationen in IL-15 selbst oder in der α-Kette des zugehörigen Rezeptors besitzen ebenfalls keine NK-Zellen und zeigen zwar eine relativ normale Entwicklung der T-Zellen, aber einen spezifischeren T-Zell-Defekt, bei dem nur der Erhalt der CD8-T-Zellen beeinträchtigt ist. Hyper-IgM-Syndrom (B-Zell-abhängig) kein Isotypwechsel +/-normale somatische Hypermutation extrazelluläre Bakterien Bezeichnung des Immunschwächesyndroms Immundefekt Abb. 13.1 Humane Immunschwächesyndrome. In dieser Tabelle sind für einige verbreitete und einige seltene humane Immunschwächesyndrome die zugrunde liegenden Gendefekte, die Konsequenzen für das Immunsystem und die daraus resultierende Anfälligkeit für bestimmte Krankheiten aufgeführt. Ein schwerer kombinierter Immundefekt (SCID) kann auf viele verschiedene Defekte zurückzuführen sein (Zusammenfassung in 7 Abb. 13.2, siehe auch Text). AID, aktivierungsinduzierte Cytidin-Desaminase; ATM, Ataxia teleangiectasia-mutated protein; EBV, Epstein-Barr-Virus; IKK, IκB-Kinase; STAT3, signal transducer and activator of transcription 3; TAP, Transportproteine, die an der Antigenprozessierung beteiligt sind; UNG, Uracil-DNA-Glykosylase T-Zellen und der Bildung von immunologischen Synapsen zwischen verschiedenen Zellen des Immunsystems gewinnen. Die Krankheit betrifft auch die Blutplättchen und wurde zuerst als Störung der Blutgerinnung beschrieben. Sie verursacht aber auch eine Immunschwäche, die mit einer verringerten Anzahl der T-Zellen, einer Störung der Cytotoxizität von NK-Zellen sowie einem Versagen der Antikörperantwort einhergeht (Abschn. 7.2.13). WASp wird von allen hämatopoetischen Zelllinien exprimiert und ist der entscheidende Regulator in der Entwicklung der Lymphocyten und Blutplättchen. Das Protein überträgt rezeptorvermittelte Signale und bewirkt so eine Umstrukturierung des Cytoskeletts (Abschn. 9.3.2). Man kennt mehrere den T-Zell-Rezeptoren nachgeschaltete Signalwege, die WASp aktivieren (Abschn. 7.2.13). Die Aktivierung von WASp aktiviert wiederum den Arp2/3-Komplex, der für das Auslösen der Actinpolymerisierung notwendig ist. Diese spielt bei der Ausbildung der immunologischen Synapse und der polarisierten Freisetzung von Effektormolekülen durch die T-Effektorzellen eine entscheidende Rolle. Bei Patienten mit dem WAS-Syndrom und bei Mäusen, deren Was-Gen gezielt inaktiviert wurde, können T-Zellen auf eine Quervernetzung des T-Zell-Rezeptors nicht normal reagieren. Seit Kurzem vermutet man auch, dass WASp für die suppressive Funktion der natürlichen T reg -Zellen notwendig ist. Dadurch lässt sich vielleicht teilweise erklären, warum Patienten mit dem WAS-Syndrom für Autoimmunkrankheiten anfällig sind. Bei Mäusen kennt man seit vielen Jahren eine Störung der Thymusentwicklung, die mit einem SCID und fehlender Körperbehaarung einhergeht. Die Mutation wird entsprechend als nudeMutation bezeichnet, der mutierte Stamm als nude-Stamm (Abschn. 8.2.1). Man hat bei einer geringen Anzahl von Kindern denselben Phänotyp entdeckt. Sowohl bei Menschen als auch bei Mäusen wird dieses Syndrom von Mutationen im FOXN1-Gen verursacht, das einen Transkriptionsfaktor codiert, der selektiv in der Haut und im Thymus exprimiert wird. FOXN1 ist notwendig für die Differenzierung des Thymusepithels und die Bildung eines funktionsfähigen Thymus. Bei Patienten mit einer Mutation im FOXN1-Gen verhindert die fehlende Thymusfunktion die normale Entwicklung der T-Zellen. Die Entwicklung der B-Zellen ist bei Menschen mit dieser Mutation normal, wobei aufgrund der mangelnden T-Zellen die B-Zell-Reaktionen fehlen und die Reaktionen auf nahezu alle Krankheitserreger grundlegend gestört sind. Das DiGeorgeSyndrom ist eine weitere Erkrankung, bei der sich das Epithelgewebe des Thymus nicht normal entwickelt, was zum SCID führt. Die genetische Anomalie, die dieser komplexen Entwicklungsstörung zugrunde liegt, ist eine Deletion in einer Kopie von Chromosom 22. Das fehlende Stück umfasst 1,5-5 Megabasen, wobei es in der kürzesten Form, die das Syndrom noch hervorruft, etwa 24 Gene enthält. Das entscheidende Gen in diesem Abschnitt ist TBX1, das den Transkriptionsfaktor T-Box codiert. Das DiGeorge-Syndrom wird bereits durch das Fehlen einer einzigen Kopie dieses Gens verursacht. Die betroffenen Patienten tragen also eine TBX1-Haploinsuffizienz. Ohne die passende, stimulierende Umgebung des Thymus können die T-Zellen nicht heranreifen und sowohl die zelluläre Immunantwort als auch die T-Zell-abhängige Antikörperproduktion sind beeinträchtigt. Patienten mit diesem Syndrom haben normale Mengen an Immunglobulinen im Serum, aber der Thymus und die Nebenschilddrüsen entwickeln sich unvollständig oder gar nicht, was mit unterschiedlichen Ausprägungen einer T-Zell-Immunschwäche einhergeht. Eine gestörte Expression der MHC-Moleküle kann aufgrund der Auswirkungen auf die positive Selektion der T-Zellen im Thymus zu einer schweren Immunschwäche führen (7 Abb. 13.2). Bei Patienten mit dem NackteLymphocytenSyndrom (bare lymphocyte syndrome) werden auf den Zellen keinerlei MHC-Klasse-II-Moleküle exprimiert; man bezeichnet die Krankheit heute als MHCKlasseIIDefekt. Da im Thymus keine MHC- Klasse-II-Moleküle vorhanden sind, können die CD4-T-Zellen nicht positiv selektiert werden, sodass nur wenige heranreifen. Auch den antigenpräsentierenden Zellen fehlen MHC-Klasse-II-Moleküle, sodass die wenigen sich entwickelnden CD4-T-Zellen nicht durch Antigene stimuliert werden können. Die Expression der MHC-Klasse-I-Moleküle ist normal und die CD8-T-Zellen entwickeln sich normal. Die Betroffenen leiden jedoch unter einem schweren kombinierten Immundefekt, was die zentrale Bedeutung der CD4-T-Zellen bei der adaptiven Immunität gegen die meisten Erreger unterstreicht. Der MHC-Klasse-II-Mangel beruht nicht auf Mutationen in den MHC-Genen, sondern in einem von mehreren verschiedenen Genen, die genregulatorische Proteine codieren, welche notwendig sind, um die Transkription der MHC-Klasse-II-Gene zu aktivieren. Vier sich gegenseitig ergänzende Gendefekte (Gruppe A, B, C und D) sind inzwischen bei Patienten, die keine MHC-Klasse-II-Proteine exprimieren können, definiert worden. Das deutet darauf hin, dass mindestens vier verschiedene Gene für die normale Expression dieser Proteine notwendig sind. Man kennt inzwischen für jede Komplementationsgruppe entsprechende Gene: CIITA (MHC class II transactivator) ist in Gruppe A mutiert, die Gene RFXANK, RFX5 und RFXAP sind in den Gruppen B, C beziehungsweise D mutiert (7 Abb. 13 .2). Die drei zuletzt genannten codieren Proteine, die zu dem multimeren Komplex RFX gehören, der die Transkription kontrolliert. RFX bindet an die X-Box, eine DNA-Sequenz in der Promotorregion aller MHC-Klasse-II-Gene. Bei einer geringen Zahl von Patienten hat man eine begrenztere Form der Immunschwäche gefunden, die mit chronischen Bakterieninfektionen der Atemwege und Geschwürbildungen auf der Haut in Verbindung mit Gefäßentzündungen einhergeht. Einige Defekte der Thymuszellen verursachen einen Phänotyp, der neben der Immunschwäche weitere Symptome umfasst. Das AIRE-Gen codiert einen Transkriptionsfaktor, der es den Thymusepithelzellen ermöglicht, viele Selbst-Proteine zu produzieren, sodass eine wirksame negative Selektion stattfinden kann. Mutationen im AIRE-Gen führen zu einem komplexen Syndrom, das man mit APECED (Autoimmun-Polyendokrinopathie-Candidiasis-ektodermale-Dystrophie-Syndrom) bezeichnet und das mit Autoimmunität, Entwicklungsstörungen und einer Immunschwäche einhergeht (Abschn. 8.3.5 und Kap. 15). Hyper-IgM-Syndrome Abb. 13.5 Defekte bei der Aktivierung und Differenzierung der T und BZellen führen zu Im munschwächen. Dargestellt sind die Reaktionswege, die zur Aktivierung und Differenzierung der naiven T-und B-Zellen führen. Die Proteinprodukte der Gene, von denen man weiß, dass sie bei den jeweiligen Immunschwächekrankheiten des Menschen Mutationen tragen, sind rot umrandet. Zu beachten ist dabei, dass der Defekt in der Cytoskelettfunktion beim Wiskott-Aldrich-Syndrom (WAS) die Funktionen der Immunzellen bei vielen der hier dargestellten Reaktionsschritte beeinträchtigt, was hier aber zur besseren Verständlichkeit weggelassen wurde. BCR, B-Zell-Rezeptor; CVID, variables Immundefektsyndrom; TCR, T-Zell-Rezeptor Teil V man die für die normale Klassenwechselrekombination und die somatische Hypermutation der B-Zellen notwendigen Reaktionswege ermitteln konnte. Defekte hat man sowohl bei der Funktion der T-Helferzellen als auch bei den B-Zellen selbst gefunden. Die häufigste Form des Hyper-IgM-Syndroms ist das Xgekoppelte HyperIgMSyndrom, auch als CD40LigandDefekt bezeichnet, der durch Mutationen im Gen für den CD40-Liganden (CD154) (7 Abb. 13.5) hervorgerufen wird. Normalerweise wird der CD40-Litgand von aktivierten T-Zellen exprimiert, sodass sie an das CD40-Protein auf antigenpräsentierenden Zellen binden können, etwa bei B-Zellen, dendritischen Zellen und Makrophagen (Abschn. 10.1.4). Bei Männern mit einem CD40-Ligand-Mangel sind die B-Zellen normal, wenn aber CD40 nicht gebunden wird, können die B-Zellen keinen Isotypwechsel durchführen oder die Bildung von Keimzentren in Gang setzen (7 Abb. 13.6). Bei diesen Patienten sind deshalb mit Ausnahme von IgM und IgD die Spiegel der zirkulierenden Antikörper stark verringert, sodass die Patienten für Infektionen mit pyogenen Bakterien hochgradig anfällig sind. Die CD40-Signale sind auch für die Aktivierung der dendritischen Zellen und Makrophagen erforderlich, damit sie IL-12 in geeigneter Menge produzieren, das wiederum für die Produktion von IFN-γ durch die T H 1-und NK-Zellen benötigt wird. Deshalb zeigen Patienten mit einem CD40-Ligand-Defekt auch eine fehlerhafte Typ-1-Immunität, was zu einem kombinierten Immundefekt führt. Wenn die CD40L-CD40-vermittelte Kommunikation zwischen T-Zellen und dendritischen Zellen gestört ist, können die dendritischen Zellen weniger costimulierende Moleküle an ihrer Oberfläche exprimieren, sodass sie naive T-Zellen schlechter anregen (Abschn. 9.2.4). Diese Patienten sind deshalb anfällig für Infektionen mit extrazellulären Pathogenen, beispielsweise mit pyogenen Bakterien, deren Bekämpfung Antikörper mit Isotypwechsel erfordert. Auch zeigen diese Patienten Defekte bei der Beseitigung von intrazellulären Bakterien, etwa von Mycobakterien, und sie sind anfällig für opportunistische Infektionen durch Pneumocystis jirovecii, ein Pathogen, das normalerweise von aktivierten Makrophagen getötet wird. Ein ähnliches Syndrom tritt bei Patienten auf, die Mutationen in zwei anderen Genen tragen. Nicht unbedingt erstaunlich ist dabei, dass eines der Gene CD40 codiert, das bei einigen wenigen Patienten mit einer autosomal-rezessiven Variante des Hyper-IgM-Syndroms Mutationen trägt (7 Abb. 13.5). Bei einer anderen Form des X-gekoppelten Hyper-IgM-Syndroms, die man auch als NEMODefekt, bezeichnet, treten Mutationen in dem Gen auf, das das Protein NEMO (NFκB essential modulator) codiert, eine Untereinheit der Kinase IKK; eine andere Bezeichnung für NEMO ist IKKγ. Diese Untereinheit ist ein essenzieller Bestandteil des intrazellulären Signalwegs, der CD40 nachgeschaltet ist und zur Aktivierung des Transkriptionsfaktors NFκB führt (Abb. 3.15). Diese Gruppe der Hyper-IgM-Syndrome zeigt, dass Mutationen an verschiedenen Stellen des CD40L-CD40-Signalwegs zu ähnlichen Syndromen eines kombinierten Immunsdefekts führt. Aufgrund der Bedeutung von NFκB für viele andere Signalwege verursacht der NEMO-Defekt zusätzliche Fehlfunktionen des Immunsystems, die über die Störung des B-Zell-Isotypwechsels hinausgeht (Abschn. 13.1.15). Auch kommt es außerhalb des Immunsystems zu Störungen, etwa zu Hautanomalien. Andere Varianten des Hyper-IgM-Syndroms sind auf intrinsische Defekte der Klassenwechselrekombination bei den B-Zellen zurückzuführen. Patienten mit solchen Defekten sind anfällig für gravierende Infektionen mit extrazellulären Bakterien, da aber Differenzierung und Funktion der T-Zellen davon nicht betroffen sind, zeigen sie für intrazelluläre Pathogene oder opportunistische Erreger wie P. jirovecii keine erhöhte Anfälligkeit. Ein Defekt des Isotypwechsels wird durch Mutationen im Gen der aktivierungsinduzierten Cytidin-Desaminase (AID) hervorgerufen, die sowohl für die somatische Hypermutation als auch für den Isotypwechsel notwendig ist (Abschn. 10.1.7). Patienten mit autosomalrezessiv vererbbaren Mutationen im AID-Gen (AICDA) können den Isotyp ihrer Antikörper nicht wechseln und zeigen nur eine sehr geringe somatische Hypermutation (7 Abb. 13.5). Dadurch sammeln sich unreife B-Zellen in anormalen Keimzentren an und führen zu einer Vergrößerung der Lymphknoten und der Milz. Vor Kurzem wurde bei einigen wenigen Patienten, die einen autosomal-rezessiven Defekt im DNA-Reparaturenzym Uracil-DNA-Glycosylase (UNG; Abschn. 10.1.10) aufweisen, eine weitere Variante der B-Zell-intrinsi- Defekte des XIAP-Proteins, das normalerweise die TNF-Rezeptor-assoziierten Faktoren TRAF1 und TRAF2 bindet und die Aktivierung von apoptoseinduzierenden Caspasen blockiert (Abschn. 7.3.3), führen zu einem ähnlichen X-gekoppelten Syndrom mit der Bezeichnung XLP2 (7 Abb. 13.10). Bei einem XIAP-Defekt ist die Apoptoseaktivität verstärkt und der Umsatz von aktivierten T-und NK-Zellen erhöht. Seltsamerweise führt dies zu einem Phänotyp, der dem von XLP1 ähnlich ist, wobei die Grundlagen dafür noch unklar sind. Wie beim XLP1-Syndrom kommt es auch hier zu einer gravierenden Ausdünnung der NKT-Zellen. Das deutet darauf hin, dass XIAP wie SAP für den normalen Erhalt dieser Zellen benötigt wird. Wie beim XLP1-Syndrom ist auch beim XLP2-Syndrom die Kontrolle von EBV-Infektionen beeinträchtigt, wobei sich dies nicht so stark auswirkt. Die genaue Ursache für die gestörte Unterdrückung der EBV-Latenz bei diesen Immunschwächen ist allerdings noch ungeklärt. Abb. 13.13 Defekte phagocytotischer Zellen führen zur Persistenz bakterieller Infektionen. Störungen der Entwicklung von Neutrophilen, die durch angeborene Neutropenien hervorgerufen werden, führen zu grundlegenden Defekten bei der Abwehr von Bakterien. Fehler in den Leukocytenintegrinen mit einer gemeinsamen β-Untereinheit (CD18) oder Fehler im Selektinliganden Sialyl-Lewis x verhindern die Adhäsion der Phagocyten und ihre Wanderung zu Infektionsherden (Leukocytenadhäsionsdefekt). Wenn Signale der Toll-like-Rezeptoren nicht übertragen werden können, etwa aufgrund von Defekten in MyD88 und IRAK4, ist die erste Erkennung zahlreicher Krankheitserreger durch die angeborenen Immunzellen gestört. Bei der chronischen Granulomatose, einem Mangel an Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase (G6PD) und bei einem Myeloperoxidasemangel ist der respiratorische Burst gestört. Bei der chronischen Granulomatose persistieren die Erreger, da die Makrophagen nicht aktiviert werden können. Dies führt zu einer chronischen Stimulation der CD4-T-Zellen und dadurch zur Ausbildung von Granulomen. Beim Chediak-Higashi-Syndrom ist die Vesikelfusion innerhalb der Phagocyten gestört. Diese Krankheiten verdeutlichen die wichtige Funktion der Phagocyten bei der Beseitigung und Zerstörung pathogener Bakterien Teil V seltene autosomal-dominante Form der SCN wird durch Mutationen im Onkogen GFI1 verursacht, das einen Transkriptionsrepressor codiert, der auf das ELA2-Gen einwirkt. Zu diesem Befund kam es aufgrund der unerwarteten Beobachtung, dass Mäuse, denen das Gfi1-Protein fehlt, aufgrund einer Überexpression des ELA2-Gens eine Neutropenie entwickeln. Es gibt auch autosomal-rezessive Formen der SCN. Ein Defekt des mitochondrialen Proteins HAX1 führt bei sich entwickelnden myeloischen Zellen zu einer erhöhten Apoptoserate. Dadurch entwickelt sich eine schwerwiegende Neutropenie, die man als Kostmann Syndrom bezeichnet. Die erhöhte Neigung der sich entwickelnden neutrophilen Zellen zur Apoptose wird bei der SCN besonders deutlich, die mit genetisch bedingten Defekten im Glucosestoffwechsel verknüpft ist. Patienten mit rezessiven Mutationen in den Genen für die katalytische Untereinheit 3 der Glucose-6-phosphatase (G6PC3) oder die Glucose-6phosphat-Translokase (SLC37A4) zeigen während der Entwicklung der Granulocyten ebenfalls eine erhöhte Apoptoserate, was zu einer Neutropenie führt. Eine erworbene Neutropenie aufgrund einer Chemotherapie, einer bösartigen Erkrankung oder einer aplastischen Anämie geht mit einem ähnlichen Spektrum an schweren Infektionen mit pyogenen Bakterien einher. Eine Neutropenie kann schließlich auch im Zusammenhang mit anderen primären Immunschwächekrankheiten auftreten, beispielsweise beim CD40-Ligand-Defekt, CVID, XLA, dem Wiskott-Aldrich-Syndrom und dem GATA2-Defekt. Bei einigen Patienten bilden sich Autoantikörper, die eine beschleunigte Zerstörung der neutrophilen Zellen hervorrufen. Wenn bei der Wanderung der phagocytotischen Zellen zu Infektionsherden außerhalb der Blutgefäße Defekte auftreten, kann es zu einer schweren Immunschwäche kommen. Leukocyten gelangen zu den Infektionsherden, indem sie die Blutgefäße durch einen genau regulierten Prozess (7 Abb. 3.31) verlassen. Defekte der Moleküle, die an den einzelnen Phasen dieses Vorgangs beteiligt sind, können verhindern, dass neutrophile Zellen und Makrophagen in infizierte Gewebe eindringen können; man spricht dann von Leukocy tenadhäsionsdefekten (LADs). Defekte der gemeinsamen β 2 -Untereinheit CD18 des Leukocytenintegrins, die eine Komponente von LFA-1, MAC-1 und p150:95 ist, verhindert, dass die Leukocyten zu den Infektionsherden wandern, da sich die Zellen damit nicht mehr an das Endothel heften können. Da dies der erste LAD war, der beschrieben wurde, bezeichnet man ihn heute als Typ-1-LAD oder LAD-1; es handelt sich dabei um die häufigste LAD-Variante. Bei Patienten, denen aufgrund eines Mangels des GDP-Fucose-spezifischen Transportproteins, das an der Biosynthese von Sialyl-Lewis x und anderen fucosylierten Liganden der Selektine mitwirkt, die Sialyl-Lewis x -Einheit fehlt (ein Defekt, der relativ selten auftritt), nimmt das Entlangrollen der Leukocyten auf dem Endothel ab. Diesen Defekt bezeichnet man als Typ-2-LAD oder LAD-2. LAD-3 entsteht durch einen Defekt von Kindlin-3, einem Protein, das für die feste Adhäsion der Zellen verantwortlich ist, indem es den hochaffinen Bindungszustand der β-Integrine induziert. Alle LAD-Varianten zeigen ein autosomal-rezessives Vererbungsmuster und gehen bereits in einer frühen Lebensphase mit schweren, lebensbedrohlichen Infektionen durch Bakterien und Pilze einher. Dabei ist die Wundheilung gestört und bei einer Infektion mit pyogenen Bakterien wird kein Eiter gebildet. Die bei diesen Patienten auftretenden Bakterien sind auch gegenüber einer Antibiotikabehandlung resistent. Bei LAD-3 ist zudem die Aggregation der Blutplättchen gestört, sodass es verstärkt zu Blutungen kommt. Ein zentraler Schritt bei der Aktivierung der angeborenen Immunzellen, etwa der Phagocyten, ist die Erkennung von mikrobenassoziierten molekularen Mustern durch die Tolllike-Rezeptoren (TLRs, Abschn. 3.1.5). Man kennt inzwischen verschiedene primäre Immunschwächekrankheiten, die durch Defekte der intrazellulären Signalkomponenten der TLRs hervorgerufen werden. Mit Ausnahme von TLR-3 erfordert die Signalgebung der Toll-like-Rezeptoren das Adaptorprotein MyD88, das die Kinasen IRAK4 und IRAK1, die für die nachgeschaltete Aktivierung von NFκB und der MAP-Kinase-Wege (Abschn. 3.1.7) erforderlich sind, rekrutiert und aktiviert. Autosomal-rezessive Mutationen in den Genen, die MyD88 oder IRAK4 codieren, verursachen einen ähnlichen Phänotyp: wiederkehrende schwere periphere und invasive Infektionen durch pyogene Bakterien, die nur eine geringe Entzündungsreaktion, eine "kalte Infektion", hervorrufen. Viele der Signalfunktionen von MyD88 und der IRAK4-Moleküle stimmen mit denen der IL-1-Rezeptor-Familie überein. Demnach ist zumindest ein Teil der Immunschwäche bei Patienten mit vererbbaren Defekten dieser Moleküle auf die fehlerhafte Signalgebung der IL-1-Proteine zurückzuführen. Dem ist noch hinzuzufügen, dass der NEMO-Defekt, der den Isotypwechsel der B-Zellen beeinträchtigt (Abschn. 13.1.9), auch die Signalgebung der TLR-und IL-1-Rezeptor-Familie stört, indem er die normale Aktivierung von NFκB verhindert. Immunschwächen, die mit NEMO-Defekten zusammenhängen, betreffen daher sowohl die adaptive als auch die angeborene Immunität. Interessant ist dabei, dass bei Patienten mit MyD88-Mutationen Virusinfektionen nicht unbedingt zunehmen, obwohl dieses Protein an allen Signalen der TLRs, die DNA erkennen, beteiligt ist (beispielsweise TLR-7, TLR-8 und TLR-9); die einzige Ausnahme ist TLR-3. Das deutet darauf hin, dass die Aktivierung der interferonregulierenden Faktoren (IRFs), die Interferonreaktionen auslösen, die diesen TLRs nachgeschaltet sind, trotz der Defekte in MyD88 weiterhin funktioniert. Bemerkenswert ist dabei, dass unter den zehn TLRs, die man beim Menschen gefunden hat, bis jetzt TLR-3 als einziger mit einer Immunschwäche in Zusammenhang gebracht wurde. Es sind zwar Defekte in anderen TLRs bekannt (etwa in TLR-5), aber sie rufen nicht den Phänotyp einer Immunschwäche hervor; das weist auf ein hohes Maß an Redundanz hin. Andererseits leiden Patienten mit einer hemizygoten (dominanten) oder homozygoten (rezessiven) Mutation im TLR-3-Gen wahrscheinlich aufgrund einer gestörten Produktion der Typ-1-Interferone durch die Nervenzellen an wiederkehrenden Infektionen mit dem Herpes-simplex-Virus 1 (HSV-1) im Zentralnervensystem (Herpes-simplex-Encephalitis). TLR-3 erkennt doppelsträngige RNA. Personen mit vererbbaren Defekten von Molekülen, die an der TLR-3-Signalgebung mitwirken (beispielsweise TRIF, TRAF3 und TBK1) sind in ähnlicher Weise auch anfällig für eine HSV-1-Encephalitis, genauso wie Patienten mit Defekten im TLR-Transportprotein UNC93B1, das für den Transport von TLR-3 aus dem endoplasmatischen Reticulum in das Endolysosom notwendig ist. Interessant ist dabei, dass die Leukocyten dieser Patienten in ihrer Reaktion auf die TLR-3-Liganden oder HSV-1 keinen Defekt aufweisen. Das deutet darauf hin, dass die TLR-3-Funktion bei diesen Zellen redundant ist, nicht jedoch im Zentralnervensystem. Entsprechend zeigen diese Patienten nur eine begrenzte Prädisposition für andere Virusinfektionen. Es besteht also vor den meisten übrigen Arten von Virusinfektionen ein TLR-3-unabhängiger Schutz. Es gibt auch genetisch bedingte Defekte, die die Signalgebung von Mustererkennungsrezeptoren (PRRs) beeinflussen, die keine TLRs sind. CARD9 ist ein Adaptormolekül, das an der Signalgebung mitwirkt, die den C-Typ-Lektin-Rezeptoren (Dectin-1, Dectin-2) auf myeloischen Zellen und dem auf Makrophagen induzierbaren C-Typ-Lektin (MINCLE) nachgeschaltet ist. Diese Moleküle erkennen mit Pilzen assoziierte molekulare Muster und ihre Signale über CARD9 führen dazu, dass proinflammatorische Cytokine wie IL-6 und IL-23 sezerniert werden (Abschn. 3.1.1). Autosomal-rezessive CARD9-Defekte führen zu einer Störung der T H 17-Reaktionen auf Pilze, sodass Patienten mit einem solchen Defekt, genauso wie Patienten mit einer fehlerhaften IL-17-Immunität (beispielsweise bei einem IL-17RA-oder IL-17F-Defekt; Abschn. 13.1.10), an einer chronischen Candidiasis der Schleimhäute leiden. Darüber hinaus können diese Patienten jedoch auch an Infektionen mit Dermatophyten erkranken, die als ubiquitäre filamentöse Pilze sonst für Infektionen der Hautoberfläche und der Nägel verantwortlich sind, beispielsweise als sogenannter Fußpilz (Tinea pedis). Die meisten übrigen Defekte der phagocytotischen Zellen wirken sich auf deren Fähigkeit aus, Mikroorganismen aufzunehmen und im Zellinneren zu zerstören (7 Abb. 13.13). Patienten mit einer septischen Granulomatose (chronische Granulomatose, CGD) sind für Infektionen durch Bakterien oder Pilze hoch anfällig. Da die Phagocyten die aufgenommenen Bakterien nicht abtöten können, entwickeln sich Granulome (7 Abb. 11.13). Der Defekt betrifft dabei die Produktion von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) wie etwa das Superoxidanion (Abschn. 3.1.2). Als man den molekularen Defekt bei dieser Krankheit entdeckt hatte, gewann die Vorstellung an Bedeutung, dass die Bakterien durch diese Moleküle direkt getötet werden. Allerdings hat sich inzwischen herausgestellt, dass die Erzeugung der ROS allein nicht ausreicht, die Mikroorganismen zu töten. Man nimmt jetzt an, dass die ROS einen Zustrom von K + -Ionen in die phagocytotische Vakuole hervorrufen, wodurch sich der pH-Wert auf den für die Aktivität der antimikrobiellen Peptide und Proteine optimalen Wert erhöht, die dann erst die eingedrungenen Mikroorganismen abtöten. Genetisch bedingte Defekte, die eine der Untereinheiten der NADPH-Oxidase beeinträchtigen, die in neutrophilen Zellen und Monocyten exprimiert wird (Abschn. 3.1.2), können ebenfalls eine septische Granulomatose hervorrufen. Patienten mit dieser Erkrankung leiden an chronischen Infektionen durch Bakterien, die in einigen Fällen zur Bildung von Granulomen führen. Defekte der Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase (G6DP) und der Myeloperoxidase (MPO) beeinträchtigen ebenfalls das Abtöten von Bakterien und führen zu einem ähnlichen, allerdings weniger gravierenden Phänotyp. hängt von der Art der Immunschwäche ab. Bei Krankheiten, bei denen ein Fortbestehen der Empfängerzellen toleriert werden kann, genügt schon die Übertragung einer Fraktion der Spenderzellen für die Heilung und eine nichtmyeloablative Chemotherapie vor der HSC-Transplantation ist möglicherweise ausreichend. Bei anderen Erkrankungen, beispielsweise beim XLP-Syndrom, bei denen die Blutzellen des Empfängers vollkommen beseitigt werden müssen und eine vollständige Übertragung der Spenderzellen benötigt wird, ist wahrscheinlich eine intensivere (myeloablative) Chemotherapie angebracht. Da inzwischen viele spezifische Gendefekte identifiziert wurden, besteht auch alternativ die Möglichkeit einer somatischen Gentherapie. Dabei isoliert man HSC-Zellen aus dem Knochenmark oder dem peripheren Blut des Patienten, führt in diese mithilfe eines viralen Vektors eine normale Kopie des defekten Gens ein und überträgt die veränderten Stammzellen wieder auf den Patienten. Für die ersten Versuche der Gentherapie hat man retrovirale Vektoren verwendet, hörte damit aber auf, als es bei einigen Patienten zu schweren Komplikationen kam. Es war zwar gelungen, bei den Patienten durch eine solche Behandlung den genetischen Defekt zu beheben, etwa beim X-gekoppeltem SCID, bei chronischer Granulomatose oder beim Wiskott-Aldrich-Syndrom, aber einige Patienten entwickelten dann eine Leukämie, da sich das Retrovirus in ein Protoonkogen integriert hatte. Da sich die Stelle im Genom nicht kontrollieren ließ, an der die im Retrovirus codierten Gene eingefügt wurden, und man virale Vektoren mit starken Promotoren verwendete, die benachbarte Gene transaktivieren können, erwies sich das Verfahren als problematisch. In jüngerer Zeit hat man sich selbst inaktivierende retrovirale oder lentivirale Vektoren für solche Genkorrekturen eingesetzt, wodurch sich diese Komplikation vermeiden lässt. Viren sind sowohl die einfachsten als auch die vielfältigsten Krankheitserreger. Sie können sich nur in lebenden Zellen vermehren und sind von dem zellulären Apparat der Wirtszelle für die eigene Vermehrung und Verbreitung abhängig. Als obligat intrazelluläre Pathogene aktivieren sie intrazelluläre Mustererkennungsrezeptoren (PRRs), die das genetische Material der Viren erkennen und cytolytische Immunreaktionen der angeborenen und der adaptiven Immunzellen -der NK-Zellen beziehungsweise der CD8-T-Zellen -hervorrufen. Sie lösen auch Typ-I-Interferon-Reaktionen aus, die intrinsische zelluläre Mechanismen aktivieren und dadurch die Replikation der Viren in den infizierten und nichtinfizierten Zellen begrenzen. Zwar produzieren viele Zellen Typ-I-Interferone, aber die plasmacytoiden dendritischen Zellen sind als angeborene Sensorzellen darauf spezialisiert, bereits in einer frühen Phase der Virusinfektion Typ-I-Interferone in großen Mengen zu erzeugen. Sie spielen zusammen mit den NK-Zellen eine zentrale Rolle bei der frühen Immunabwehr von Viren, noch bevor die adaptive Immunantwort herangereift ist. Letztere umfasst alle Bereiche der adaptiven Immunität. Das ist zum einen die Induktion der T H 1-Zellen, die die Produktion von opsonisierenden und komplementbindenden virusspezifischen Antikörpern unterstützen, die dann verhindern, dass die Viren in nichtinfizierte Zellen eindringen. Zum anderen wird das Komplementsystem aktiviert, das behüllte Viren zerstören kann, und es werden cytolytische CD8-T-Zellen aktiviert, die virusinfizierten Zellen zu töten und IFN-γ zu produzieren. die infizierte Zelle abtöten. Viele große DNA-Viren entgehen der Immunerkennung, indem sie Proteine produzieren, die man als Immunevasine bezeichnet. Diese verhindern, dass Viruspeptid:MHC-Klasse-I-Komplexe an der Oberfläche von infizierten Zellen präsentiert werden (7 Abb. 13.24). Tatsächlich kennt man inzwischen für jeden wichtigen Schritt bei der Prozessierung und Präsentation von Peptid:MHC-Klasse-I-Komplexen mindestens einen viralen Inhibitor. Einige Immunevasine verhindern, dass Peptide in das endoplasmatische Reticulum gelangen, indem sie an den TAP-Transporter binden (7 Abb. 13.25, links). Virusproteine können auch verhindern, dass Peptid:MHC-Komplexe die Zelloberfläche erreichen, indem sie MHC-Klasse-I-Moleküle im endoplasmatischen Reticulum festhalten (7 Abb. 13.25, Mitte). Mehrere Virusproteine katalysieren den Abbau von neu synthetisierten MHC-Klasse-I-Molekülen durch eine sogenannte Dislokation. Dabei wird der Reaktionsweg ausgelöst, der normalerweise dazu dient, falsch gefaltete Proteine im endoplasmatischen Reticulum abzubauen, indem sie zurück in das Cytosol gebracht werden (7 Abb. 13.25, rechts). Da die Bildung von stabil zusammengesetzten und gefalteten Peptid:MHC-Klasse-I-Komplexen verhindert wird, leiten diese Virusproteine die Peptid:MHC-Klasse-I-Komplexe zum ERAD-System (ERAD für endoplasmic reticulumassociated degradation) um, wo sie beseitigt werden. Durch diese vielfältigen Mechanismen behindern die viralen Faktoren die Präsentation von Virusproteinen gegenüber den CTL-Zellen. Die Aktivitäten von viralen Inhibitoren sind nicht auf den MHC-Klasse-I-Weg begrenzt, man kennt jetzt auch virale Inhibitoren des MHC-Klasse-II-Prozessierungswegs. Das Ziel dieser Inhibitoren sind letztendlich die CD4-T-Zellen. Da viele Viren andere Zellen als die dendritischen Zellen angreifen, werden ihre Antigene über eine Kreuzpräsentation dennoch den CD8-T-Zellen dargeboten. Virale Mechanismen, die diesen Reaktionsweg stören, wurden bis jetzt nur unvollständig untersucht. Da die Viren aber nicht in dendritischen Zellen persistieren müssen, können sie die Erkennung und Zerstörung ihrer Wirtszellen blockieren, selbst nachdem bereits primär geprägte T-Effektorzellen gebildet wurden. NK-Zellen spielen nicht nur bei der akuten angeborenen Immunantwort auf eine Virusinfektion eine Rolle, sondern sie können auch Zellen erkennen, die von Pathogenen angeregt wurden, die Expression der MHC-Klasse-I-Moleküle herunterzufahren, sodass die CTL-Zellen die Infektion nicht erkennen können. Entsprechend haben Viren, die den MHC-Klasse-I-Weg angreifen, auch Mechanismen entwickelt, die die cytolytische Aktivität der NK-Zellen unterdrücken. Zu den Strategien gehört hier auch, dass Viren zu MHC-Klasse-I-Molekülen homologe Gegenstücke exprimieren, die an inhibitorische killerzellenimmunglobulinähnliche Rezeptoren (KIRs) und leukocyteninhibitorische Rezeptoren (LIRs) binden, wobei dies nicht der einzige Mechanismus dieser Art ist. So erzeugt beispielsweise das humane CMV das zu HLA-Klasse-I-Molekülen homologe Protein UL18, das an LIR-1 auf NK-Zellen bindet und diesen ein inhibitorisches Signal sendet, das die Cytolyse der Zielzelle blockiert. Außerdem hat man virale Produkte gefunden, die als Antagonisten für aktivierende Rezeptoren auf NK-Zellen wirken und auch die Effektorwege der NK-Zellen blockieren. DNA-Viren haben noch andere Mechanismen entwickelt, um die Funktionen des Immunsystems zu unterlaufen. Zu diesen Mechanismen gehört die Expression von viralen homologen Cytokinen oder Chemokinen und ihren Rezeptoren. Oder es werden virale Proteine exprimiert, die Cytokine oder ihre Rezeptoren binden und so deren Aktivität blockieren. Da Typ-I-und Typ-II-Interferone bei der antiviralen Immunabwehr als Effektorcytokine eine wichtige Rolle spielen, sind viele virale Mechanismen auf eine Blockade dieser Cytokinfamilie ausgerichtet. Das kann geschehen durch die Produktion von Pseudorezeptoren oder inhibitorischen Bindungsproteinen, die Hemmung der JAK/STAT-Signale der IFN-Rezeptoren, die Hemmung der Transkription der Cytokin-Gene oder die Beeinflussung der Transkriptionsfaktoren, die von den Interferonen aktiviert werden. Einige DNA-Viren produzieren auch Antagonisten der proinflammatorischen Cytokine IL-1, IL-18 und TNF-α sowie weiterer Moleküle, und es werden virale homologe Moleküle der immunsuppressiven Cytokine erzeugt. CMV stört antivirale Reaktionen durch die Produktion von cmvIL-10, ein zu IL-10 homologes Cytokin. Es bewirkt, dass die Produktion von mehreren proinflammatorischen Cytokinen heruntergefahren wird, beispielsweise von IFN-γ, IL-12, IL-1 und TNF-α, sodass eher die toleranzfördernden und nicht die immunogenen Reaktionen der adaptiven Immunität unterstützt werden. Ein Alleinstellungsmerkmal von HIV ist dessen Fähigkeit, aktivierte Zellen des Immunsystems zu infizieren und sich darin zu vermehren. Das primäre Angriffsziel von HIV sind drei bestimmte Typen von Immunzellen: CD4-T-Zellen, Makrophagen und dendritische Zellen. Dabei tragen die CD4-T-Zellen den größten Teil der viralen Replikation. Diese Fähigkeit von HIV, in bestimmte Zelltypen eindringen zu können, bezeichnet man als Tropismus. Dieser hängt damit zusammen, dass an den Oberflächen der Zellen spezifische Rezeptoren für das Virus exprimiert werden. HIV gelangt mithilfe eines Komplexes aus den beiden nichtkovalent verbundenen Glykoproteinen des Virus, gp120 und gp41, die in der Virushülle als Trimere vorliegen, in die Zellen. Die gp120-Untereinheiten der trimeren gp120/gp41-Komplexe binden mit hoher Affinität an das Zelloberflächenmolekül CD4, das auf den CD4-T-Zellen exprimiert wird, und in einem geringeren Maß auch an Untergruppen der dendritischen Zellen und Makrophagen. Vor der Fusion des Virus mit der Zellmembran und seinem Eindringen in die Zelle muss gp120 auch an einen Corezeptor auf der Wirtszelle binden. Die wichtigsten Corezeptoren sind dabei die Chemokinrezep- Abb. 13.31 Die Struktur des HIVGenoms. Wie alle Retroviren hat auch HIV ein RNA-Genom, das von langen Sequenzwiederholungen (LTRs) flankiert ist. Die LTRs sind für die Integration in das Genom der Wirtszelle und die Regulation der Transkription der viralen Gene wichtig. Das Genom kann in drei unterschiedlichen Leserastern abgelesen werden und einige der viralen Gene überlappen in den verschiedenen Rastern. So kann das Virus in einem sehr kleinen Genom viele Proteine codieren. Die drei wichtigsten Proteine Gag, Pol und Env werden in allen infektiösen Retroviren gebildet. Aufgeführt sind die bekannten Funktionen der einzelnen Gene und ihrer Produkte. Die Genprodukte Gag, Pol und Env sowie die virale RNA sind in den reifen Viruspartikeln enthalten. Die mRNAs für die Proteine Tat, Rev und Nef entstehen durch Spleißen von viralen Transkripten; die entsprechenden Gene liegen also im Virusgenom fragmentiert vor. Für Nef wird nur ein Exon translatiert (gelb) Zusammen mit der Langlebigkeit und dem zahlreichen Auftreten der CD4-T-Zellen in den Immungeweben trägt dies dazu bei, dass die CD4-T-Zellen für die HIV-Replikation eine wichtige zelluläre Basis bilden. Hier wollen wir uns mit den Mechanismen beschäftigen, die die Transkription des HIV-Provirus in den CD4-T-Zellen regulieren. Wie in Abschn. 7.2.8 und 7.2.10 besprochen, induziert die Aktivierung von T-Zellen durch Antigene die Aktivierung von NFAT und NFκB und deren Translokation in den Zellkern. Die Aktivierung von CD4-T-Gedächtniszellen durch Cytokine kann auch ohne Antigene NFκB aktivieren (Abschn. 11.2.10). Die Transkription des HIV-Provirus kann durch NFκB und NFAT nicht nur in Abhängigkeit von Antigenen aktiviert werden, sondern durch NFκB auch unabhängig von der Stimulation eines T-Zell-Rezeptors in den CD4-T-Gedächtniszellen, wie es bei infizierten Makrophagen und dendritischen Zellen ebenfalls möglich ist. Die Bindung von NFAT und NFκB an Promotoren in den proviralen LTRs setzt die Transkription der viralen RNA in Gang. Das Transkript wird dann auf verschiedene Weisen gespleißt, sodass die mRNAs für die Translation der viralen Proteine entstehen (7 Abb. 13.26). Mindestens zwei der Virusproteine -Tat und Rev -dienen dazu, die Replikation des Virusgenoms zu verstärken (7 Abb. 13.30). Tat bindet eine Transkriptionsaktivierungsregion (TAR) in der 5'LTR. Dadurch werden das zelluläre Cyclin T1 und die zugehörige cyclinabhängige Kinase 9 (cyclin-dependent kinase 9, CDK9) rekrutiert. Diese bilden einen Komplex und phosphorylieren die RNA-Polymerase, die dadurch besser in der Lage ist, ein vollständiges Transkript des Virusgenoms herzustellen. Auf diese Weise erzeugt Tat eine positive Rückkopplungsschleife und verstärkt so die produktive Virusreplikation. Rev ist für den Transport ungespleißter Virus-RNA-Transkripte aus dem Zellkern zuständig, indem das Protein an eine spezifische Sequenz, das Rev-Response-Element (RRE), in der Virus-RNA bindet. Eukaryotische Zellen verfügen über einen Mechanismus, durch den sie den Export von ungespleißten mRNA-Transkripten aus dem Zellkern verhindern. Das könnte für Retroviren ein Problem darstellen, die darauf angewiesen sind, ihre ungespleißten mRNA-Spezies, die den vollständigen Satz der Virusproteine codieren und das gesamte virale RNA-Genom umfassen, aus dem Zellkern herauszubringen. Das vollständig gespleißte mRNA-Transkript, das Tat und Rev codiert, tritt bereits in einer frühen Infektionsphase auf, wobei hier der RNA-Transport durch die normalen zellulären Mechanismen erfolgt. Der später erfolgende Export der ungespleißten viralen Transkripte erfordert hingegen Rev, um einen Abbau der mRNA in der Wirtszelle zu verhindern. Der Erfolg der Virusreplikation beruht auch auf den Proteinen Nef, Vif, Vpu und Vpr. Diese Virusproteine haben sich in der Evolution anscheinend so entwickelt, dass sie die Immunitätsmechanismen des Wirtsorganismus bekämpfen, die gegen das Virus gerichtet sind. Davon sind auch die antiviralen Restriktionsfaktoren betroffen -zelluläre Proteine des Wirtsorganismus, die die Replikation von Retroviren durch einen zellautonomen Mechanismus hemmen. Nef (negativer Regulationsfaktor) ist im viralen Lebenszyklus für eine Reihe von essenziellen Funktionen zuständig. Nef ist bereits in einer frühen Phase dieses Zyklus aktiv, hält dabei die T-Zell-Aktivierung aufrecht und bewirkt die Etablierung eines persistierenden Stadiums der HIV-Infektion, teilweise durch Absenken der Schwelle für Signale des T-Zell-Rezeptors und die Verringerung der Expression des inhibitorischen Corezeptors CTLA-4. Insgesamt führen diese Aktivitäten zu einer stärkeren und nachhaltigeren Aktivierung der T-Zellen, die die Replikation des Virus fördert. Nef trägt auch dazu bei, dass infizierte Zellen der Immunabwehr entgehen, indem das Protein die Produktion von MHC-Klasse-Iund -Klasse-II-Molekülen herunterreguliert. Dadurch sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass eine aktiv infizierte Zelle eine antivirale Immunantwort auslöst oder von einer cytotoxischen T-Zelle getötet wird. Nef bewirkt auch die Beseitigung der CD4-Oberflächenmoleküle, die sonst beim Abschnüren der Virionen an diese binden und deren Freisetzung stören würden. Vif (viraler Infektiositätsfaktor) inaktiviert die Cytidin-Desaminase APOBEC, die sonst in der viralen cDNA die Umwandlung von Desoxycytidin zu Desoxyuridin katalysieren würde, sodass die cDNA keine viralen Proteine mehr codieren würde. Vpu (virales Protein U) kommt nur bei HIV-1 und Varianten des SI-Virus vor; es ist erforderlich, um den zellulären Faktor Tetherin unwirksam zu machen, der sowohl in die Plasmamembran als auch in die Hülle des gereiften Virions integriert ist und dessen Freisetzung blockiert. Die Funktion von Vpr (virales Protein R) ist nicht vollständig bekannt, aber anscheinend ist der Restriktionsfaktor SAMHD1 ein Angriffsziel von Vpr. SAMHD1 ist ein zelluläres Protein, das die HIV-Infektion in myeloischen Zellen und ruhenden CD4-T-Zellen verhindert, indem es das intrazelluläre Reservoir der Desoxyribonucleotide (dNTPs) begrenzt, die für die Synthese der viralen cDNA durch die Reverse Transkriptase zur Verfügung stehen. HIV-Virionen können unterschiedliche gp120-Varianten exprimieren, die entweder an CCR5 oder CXCR4 binden, sodass unterschiedliche Zelltypen infiziert werden. In den Schleimhäuten des Genital-und Gastrointestinaltrakts, die die hauptsächlichen Regionen für eine primäre Infektion durch sexuelle Übertragung sind, infizieren HIV-Vironen zuerst nur eine geringe Anzahl von mucosalen Immunzellen, die CCR5 exprimieren -CD4-T-Effektorgedächtniszellen, dendritische Zellen und Makrophagen. Das Virus vermehrt sich lokal in diesen Zellen, bevor es sich über T-Zellen oder dendritische Zellen zu den Lymphknoten ausbreitet, die Flüssigkeit aus den Schleimhäuten ableiten (die mucosalen Makrophagen wandern nicht). Im lymphatischen Kompartiment der mucosalen Gewebe kommen in größerer Zahl T H 1-und T H 17-Zellen vor, die CCR5 exprimieren (was naive T-Zellen und T H 2-Zellen nicht tun), sodass die erste Vermehrung des Virus in diesen Untergruppen der CD4-T-Zellen begünstigt wird. Nach einer beschleunigten Vermehrung in regionalen Lymphknoten verbreitet sich das Virus in großem Umfang über das Blut und gelangt auch zunehmend in die darmassoziierten lymphatischen Gewebe (GALT), wo im Körper die meisten CD4-T-Zellen vorkommen. Damit HIV in einem neuen Wirt eine Infektion auslösen kann, muss das Virus mit einer CD4-exprimierenden Immunzelle in Kontakt treten. Die eigentliche Zielzelle wird durch die Affinität des viralen gp120-Proteins für die beiden unterschiedlichen Chemokincorezeptoren bestimmt: CCR5 und CXCR4. Entsprechend bezeichnet man die beiden wich- Abb. 13.34 Die Immunreaktion gegen HIV. Infektiöse Viren sind im peripheren Blutkreislauf einer infizierten Person während einer längeren asymptomatischen Phase nur in relativ niedriger Konzentration vorhanden, sie werden jedoch permanent im Lymphgewebe repliziert. In dieser Phase nimmt die Konzentration der CD4-T-Zellen trotz des hohen Titers von Antikörpern und cytotoxischen CD8-T-Zellen, die gegen das Virus gerichtet sind, ständig ab (7 Abb. 13.33). Dargestellt sind zwei verschiedene Antikörperantworten: gegen das Hüllprotein Env und gegen das Kernprotein p24 des Virus. Mit der Zeit sinken die Titer der Antikörper und der HIV-spezifischen cytotoxischen CD8-T-Lymphocyten (CTLs) und die Konzentration der infektiösen HIV-Partikel im peripheren Blut steigt stetig an Teil V geht davon aus, dass sie dort zahlreiche produktiv infizierte Zellen töten, bevor auch nur ein infektiöses Virus freigesetzt wird. Dabei würde die Viruslast auf ein quasi stabiles Niveau eingestellt, das für die symptomfreie Phase charakteristisch ist. Hinweise auf die klinische Bedeutung, die den cytotoxischen CD8-T-Zellen bei der Kontrolle der HIV-Infektion zukommt, liefern Untersuchungen, bei denen man die Anzahl und die Aktivität der CD8-T-Zellen in eine Beziehung zur Viruslast setzt. Durch Experimente mit Makaken, die mit SIV (simian immunodeficiency virus) infiziert sind, gibt es direkte Hinweise darauf, dass die cytotoxischen CD8-T-Zellen die mit einem Retrovirus infizierten Zellen in Schach halten. Nach der Behandlung von infizierten Tieren mit monoklonalen Antikörpern, die CD8-T-Zellen beseitigen, kam es zu einer starken Zunahme der Viruslast. Neben der direkten Cytotoxizität, die durch die Erkennung von virusinfizierten Zellen vermittelt wird, gibt es noch eine Reihe verschiedener Faktoren, die von CD4-, CD8-und NK-Zellen produziert werden und die für die antivirale Immunität von Bedeutung sind. Chemokine, die an CCR5 binden, beispielsweise CCL5, CCL3 und CCL4, werden von CD8-T-Zellen an Infektionsherden freigesetzt und hemmen die Ausbreitung des Virus, indem sie mit den HIV-1-R5-Stämmen um die Bindung an den Corezeptor CCR5 konkurrieren. Andererseits sind die Faktoren, die mit den X4-Stämmen um die Bindung an CXCR4 konkurrieren, bis jetzt noch unbekannt. Cytokine wie IFN-α und IFN-γ wirken wahrscheinlich ebenfalls dabei mit, die Ausbreitung des Virus unter Kontrolle zu halten. Es gibt Belege dafür, dass CD4-T-Zellen nicht nur das hauptsächliche Angriffsziel für eine HIV-Infektion sind, sondern auch bei der Immunreaktion auf HIV-infizierte Zellen eine wichtige Funktion erfüllen. Es besteht eine umgekehrte Korrelation zwischen der Stärke der proliferativen CD4-T-Zell-Reaktionen auf HIV-Antigene und der Viruslast. Darüber hinaus ist anscheinend auch die Art der Reaktion der CD4-T-Zellen gegen das Virus von Bedeutung. Bei Patienten, deren CD4-T-Zellen eine stärkere Aktivität vom T H 1-Typ entwickeln, etwa auch die Produktion von IFN-γ und Granzym B, besteht eine umgekehrte Korrelation zwischen der Viruslast und der Kontrolle der akuten Infektion. Außerdem zeigen CD4-T-Zellen von Patienten, die lange Zeit nach einer HIV-Infektion noch keine AIDS-Symptome entwickeln, stark proliferative antivirale Reaktionen. Schließlich führt eine frühe Behandlung von akut infizierten Personen mit antiretroviralen Wirkstoffen dazu, dass die proliferativen Reaktionen der CD4-T-Zellen gegen HIV-Antigene erneut einsetzen. Wenn die antiretrovirale Therapie beendet wird, bleiben die CD4-Reaktionen bei einigen der Betroffenen bestehen und die Virämie erreicht ein niedrigeres Niveau. Die Infektion setzt sich jedoch auch bei diesen Patienten fort und die immunologische Kontrolle der Infektion wird letztendlich unterliegen. Wenn die Reaktionen der CD4-T-Zellen für die Kontrolle einer HIV-Infektion essenziell sind, ließe sich durch den HIV-Tropismus für diese Zellen und die Tatsache, dass die Zellen von dem Virus getötet werden, durchaus erklären, warum die Immunantwort eines Wirtsorganismus die Infektion langfristig nicht unter Kontrolle bekommt. Antikörper gegen HIV-Proteine werden schon in einer frühen Infektionsphase erzeugt, sie sind aber wie die T-Zellen letztendlich nicht in der Lage, das Virus zu beseitigen. Wie bei den viralen T-Zell-Epitopen verfügt das Virus über ein hohes Potenzial, unter dem Selektionsdruck der Antikörperreaktion Escape-Mutanten zu entwickeln. Für die Antikörperreaktion sind anscheinend zwei Faktoren von Bedeutung: Zum einen werden neutralisierende Antikörper gegen die Antigene gp120 und gp41 in der Virushülle produziert, die das Anheften des Virus an CD4-positive Zielzellen blockieren, und zum anderen werden nichtneutralisierende Antikörper erzeugt, die im Zusammenhang mit der antikörperabhängigen zellulären Cytotoxizität (ADCC) gegen infizierte Zellen gerichtet sind. Neutralisierende Antikörper werden zwar letztendlich von fast allen HIV-Infizierten produziert, aber die relative Unzugänglichkeit der viralen Epitope, die an CD4 und die Chemokincorezeptoren binden, behindert die Entwicklung solcher Antikörper über einen längeren Zeitraum (das heißt einige Monate) hinweg. Dadurch gewinnt das Virus Zeit, Escape-Mutanten hervorzubringen, bevor die neutralisierenden Antikörper produziert werden. Die Entwicklung sogenannter breit neutralisierender Antikörper, die die Infektion durch diverse Virenstämme blockieren können, treten häufig bei Patienten mit Teil V hohen Virustitern auf, was dafür spricht, dass diese Antikörper nicht in der Lage sind, eine im Körper etablierte Infektion wirksam einzudämmen. Die Analyse von wirksam neutralisierenden Antikörpern gegen HIV zeigen, dass sie eine intensive somatische Hypermutation durchlaufen haben, die selten innerhalb eines Jahres nach der Infektion einsetzt. Andererseits kann die passive Verabreichung einiger Antikörper gegen HIV an Versuchstiere diese vor einer mucosalen Infektion mit HIV schützen. Das lässt zumindest hoffen, dass es möglich sein kann, einen wirksamen Impfstoff zu entwickeln, der Neuinfektionen verhindert. Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass nicht neutralisierende Antikörper, die die ADCC der NK-Zellen, Makrophagen und neutrophilen Zellen aktivieren, anders als die neutralisierenden Antikörper, die erst in einer späten Infektionsphase gebildet werden, bereits in einer frühen Infektionsphase entstehen und zusammen mit den Aktivitäten der cytolytischen CD8-T-Zellen die Vermehrung der Viren begrenzen. Allerdings ermöglicht es die hohe Mutationsrate dem Virus auch hier, immer einen Schritt voraus zu sein und die Infektion aufrechtzuerhalten. Mutationen während der HIV-Replikation ermöglichen die Entstehung von Virusvarianten, die der Erkennung durch neutralisierende Antikörper oder cytotoxische T-Zellen entgehen und viel zum langfristigen Versagen des Immunsystems bei der Eindämmung der Infektion beitragen. Eine Immunantwort wird häufig von T-oder B-Zellen dominiert, die nur für bestimmte Epitope -die immundominanten Epitopespezifisch sind, und man hat schon Mutationen in den immundominanten HIV-Peptiden gefunden, die durch MHC-Klasse-I-Moleküle präsentiert werden. Zudem hat man Mutationen in Epitopen gefunden, die von neutralisierenden und nichtneutralisierenden Antikörpern erkannt werden. Man hat auch festgestellt, dass mutierte Peptide T-Zellen hemmen können, die auf das Wildtypepitop reagieren, sodass sowohl das mutierte als auch das Wildtypvirus überlebt. Die Immunantwort gegen HIV ist zwar letztendlich nicht erfolgreich, aber zweifellos wird das Voranschreiten der viralen Replikation verzögert. Das zeigt sich vielleicht am besten an den tragischen Fällen von Kindern, die bei der Geburt mit HIV infiziert wurden und bei denen der Verlauf der Krankheit viel massiver ist als bei Erwachsenen. Das liegt an der schwachen Immunantwort gegen das Virus in der akuten Infektionsphase, da das Immunsystem von Neugeborenen noch nicht entwickelt ist, aber auch daran, dass die Infektion durch einen Virusstamm erfolgt, der bereits einem Immunsystem entkommen ist, das dem des Kindes genetisch ähnlich ist. Das bedeutet letztendlich, dass die Latenzphase aufgrund der schwachen Immunantwort entfällt und sich AIDS schnell entwickelt. In Anbetracht der aktiven und beständigen Immunantwort gegen eine HIV- toren, beispielsweise Inhibitoren der Histon-Deacetylase (HDAC), die ein latentes Provirus aktivieren können. Bis heute hat jedoch keine einzige klinische Studie mit Wirkstoffen gegen die Reservoirs latenter Viren zu einer eindeutigen Verringerung der Viruslast geführt, die über das hinausgeht, was mit der HAART-Therapie allein zu erreichen ist. Tatsächlich hat man vor Kurzem festgestellt, dass die Aktivierung der viralen Replikation bei latent infizierten Zellen ein in sich zufälliges Verfahren darstellt, da viele Immunzellen, die Proviren beherbergen, gar nicht in der Lage sind, die Virusreplikation bei irgendeinem zellulären Aktivierungszyklus in Gang zu setzen. Die Anpassung von HIV, auf diese Weise die Vernichtung von latent infizierten Zellen zu verhindern, stellt wahrscheinlich ein beträchtliches Hindernis für alle Behandlungsmethoden dar, die darauf abzielen, latente Viren sozusagen "auszuspülen", um sie zu beseitigen. Eine alternative Methode für eine Heilung ergab sich bei einem einzelnen HIV-Patienten in Berlin ("BerlinPatient"), dem hämatopoetische Stammzellen übertragen wurden (hematopoietic stem-cell transplantation, HSCT), um eine Leukämie zu behandeln. Da der Spender der Stammzellen für die CCR5∆32-Corezeptor-Mutation homozygot war, wurde der Patient mit Immunzellen ausgestattet, die gegen die Vermehrung von HIV resistent sind. Der Bestand der CD4-T-Zellen erholte sich bei diesem Patienten und er zeigte keinerlei Anzeichen einer HIV-Infektion oder Leukämie mehr, nachdem im Anschluss an die Transplantation die antiretrovirale Therapie beendet worden war. Der Patient befindet sich nun seit über fünf Jahren in diesem Zustand, was darauf hindeutet, dass er tatsächlich von der Infektion geheilt wurde. In Anbetracht der großen Zahl von Infizierten weltweit, der großen Risiken für Komplikationen, die eine HSCT mit sich bringt, und dem seltenen Vorkommen von HLA-kompatiblen Spendern mit der CCR5-Deletion, kann dies in der Praxis niemals ein relevanter Ansatz sein, die Heilung auf das breite Spektrum an HIV-Infizierten zu erweitern. Darüber hinaus besteht das Risiko, dass sich die Virusvarianten mit einem CXCR4-Tropismus nach der Transplantation vermehren oder es damit zu einer Neuinfektion kommt. Das Ergebnis verdeutlicht jedoch, dass es durch die Vernichtung eines Latenzreservoirs (in diesem Fall durch eine induktive Chemo-und Bestrahlungstherapie gegen Leukämie) in Kombination mit einer Blockade der Virusreplikation (entweder durch genetisch bedingte Effekte oder therapeutische Einwirkung) zu einer nachhaltigen Heilung kommen kann. Die Wirksamkeit der HAART-Therapie, die HIV-Replikation zu begrenzen, hat zwar den natürlichen Verlauf und die Übertragungsraten der HIV-Infektion grundlegend verändert, aber ein sicherer und wirksamer Impfstoff für die Vorbeugung einer HIV-Infektion und von AIDS ist immer noch das letztendliche Ziel. Ein solcher Impfstoff würde im Idealfall sowohl ein breites Spektrum neutralisierender Antikörper hervorbringen, die das Virus daran hindern, in die Zielzellen einzudringen (also Anti-gp120-Antikörper), als auch wirksame Reaktionen cytolytischer T-Zellen auslösen, die HIV-Infektionen verhindern beziehungsweise unter Kontrolle bringen können. Es ist jedoch bis jetzt nicht gelungen, einen solchen Impfstoff herzustellen, und dies dennoch zu erreichen, birgt eine Reihe von Schwierigkeiten, die es bei der Entwicklung von Impfstoffen gegen andere Krankheiten bis jetzt nicht gegeben hat. Das Hauptproblem ist die Art der Infektion selbst, die von einem Virus ausgelöst wird, das die zentrale Komponente der adaptiven Immunität -die CD4-T-Zellen -direkt unterminiert und außerordentlich schnell proliferiert und mutiert, sodass es sogar in Gegenwart ausgeprägter Reaktionen von cytotoxischen T-Zellen und Antikörpern eine dauerhafte Infektion verursacht. Man hat die Entwicklung von Impfstoffen erwogen, die man Patienten verabreichen könnte, die bereits infiziert sind, um die Immunantwort zu verstärken und den Fortschritt von AIDS zu verhindern. Auch hat man an Impfstoffe gedacht, die einer Infek- tion vorbeugen sollen. Die Entwicklung einer therapeutischen Impfung für bereits infizierte Patienten wäre außerordentlich schwierig. Wie bereits im vorherigen Abschnitt besprochen, kann sich HIV bei den einzelnen Patienten weiterentwickeln, weil die mutierten Viren veränderte Peptidsequenzen codieren, die eine Erkennung durch Antikörper und cytotoxische T-Zellen verhindern. Dadurch können sich die Mutanten besser vermehren. Die Fähigkeit des Virus, in latenter Form ohne aktive Transkription als Provirus, den das Immunsystem nicht erkennt, erhalten zu bleiben, könnte sogar verhindern, dass eine immunisierte Person eine Infektion besiegen kann, sobald diese sich etabliert hat. Eine vorbeugende Impfung, die eine Neuinfektion verhindern soll, bietet wahrscheinlich mehr Aussicht auf Erfolg. Aber selbst hier stellen die fehlende Schutzwirkung einer normalen Immunantwort und das immense Ausmaß der Sequenzvielfalt der HIV-Stämme in der infizierten Bevölkerung -zurzeit gibt es in der menschlichen Population Tausende von verschiedenen HIV-Stämmen -insgesamt eine große Herausforderung dar. Patienten, die mit einem bestimmten Virusstamm infiziert sind, zeigen gegenüber eng verwandten Stämmen offenbar keine Resistenz und es gibt sogar Fälle mit Superinfektionen, bei denen zwei Stämme gleichzeitig dieselbe Zelle infizieren. Hinzu kommt das grundlegende Problem, überhaupt neutralisierende Antikörper mit großer Wirkungsbreite gegen die Glykoproteine der HIV-Hülle erzeugen zu können (Abschn. 13.3.7). Zusätzlich besteht eine gewisse Unsicherheit dahingehend, welche Form ein Immunschutz gegen HIV haben sollte. Man geht jetzt davon aus, dass sowohl eine Antikörperreaktion als auch eine T-Zell-Reaktion erforderlich ist, um einen wirksamen Immunschutz zu erzeugen, wobei weiterhin unklar ist, welche Epitope am besten als Ziel geeignet sind und wie man eine Reaktion darauf am besten induziert. Und schließlich vergehen von der ersten Konzeption über die Entwicklung und die Herstellung bis hin zur vollständigen Durchführung der klinischen Studien von HIV-Impfstoffen viele Jahre, wodurch sich ein Fortschritt stark verzögert. Bis heute wurden nur wenige klinische Studien durchgeführt und die sind gescheitert. Es hat jedoch bei allem Pessimismus auch Fortschritte gegeben und es besteht die Hoffnung, dass sich Impfstoffe erfolgreich entwickeln lassen. Man versucht auf verschiedene Weise, Impfstoffe gegen HIV zu entwickeln, indem man etwa unterschiedlich rekombinante HIV-Proteine, Plasmid-DNA oder virale Vektoren mit HIV-Genen (Abschn. 16.3.11) oder Kombinationen dieser Komponenten anwendet. Viele erfolgreiche Impfstoffe gegen andere Viruserkrankungen enthalten einen lebend-attenuierten Stamm des Virus, der eine Immunantwort auslöst, aber keine Krankheit verursacht (Abschn. 16.3.4). Bei der Entwicklung lebend-attenuierter Impfstoffe gegen HIV treten erhebliche Schwierigkeiten auf, außerdem besteht die Sorge, dass es zwischen den Impfstämmen und den Wildtypviren zu Rekombinationen kommen kann, sodass die Virulenz zurückkehrt. Ein alternativer Ansatz ist die Verwendung anderer Viren, etwa des Vaccinia-oder des Adenovirus, um HIV-Gene zu übertragen und zu exprimieren, um so B-und T-Tell-Reaktionen gegen HIV-Antigene hervorzurufen. Da sich diese viralen Vektoren bei anderen Impfstudien an Menschen als sicher erwiesen haben, wurden sie für die ersten Versuche ausgewählt. Vor Kurzem gab es hier einen durchaus ermutigenden, wenn auch begrenzten Erfolg, indem man in Kombinationsexperimenten Booster-Impfungen mit dem rekombinanten gp120-Protein durchführte. Die Übertragung der HIV-Gene gag, pol und env über einen Kanarienpockenvirus als Vektor und anschließende Booster-Impfungen mit HIV-gp120 führten zu einer Verringerung des Infektionsrisikos bei einer geringeren, aber signifikanten Anzahl von Empfängern, die unter einem hohen Infektionsrisiko stehen. Dies ist bis heute der erste Fall in der langen Reihe von Impfversuchen, dass sich überhaupt eine Wirksamkeit zeigt. Vielleicht ist dabei genauso von Bedeutung, dass die Ergebnisse dieser Studie auch Erkenntnisse über die Art der Immunantwort geliefert haben, die mit diesem Immunschutz einhergeht. Anscheinend werden nichtneutralisierende Antikörper erzeugt, die eine antikörperabhängige zelluläre Cytotoxizität (ADCC) auslösen (beispielsweise mit dem IgG3-Isotyp), durch die der Schutz herbeigeführt wird. Da es sich als schwierig herausgestellt hat, gegen HIV neutralisierende Antikörper hervorzubringen, könnte nun die Hoffnung bestehen, dass man sie gar nicht benötigt. Darüber hinaus hat eine Untersuchung, bei der SIV-Gene mithilfe des Cytomegalievirus (CMV) als Vektor auf Rhesusaffen übertragen wurden, ergeben, dass dadurch starke CTL-Reaktionen ausgelöst wurden. Diese CTL-Reaktionen konnten zwar nicht die Infektion mit einem pathogenen SIV-Stamm verhindern, führten aber bei etwa der Hälfte der Teil V geimpften Affen, die man nach der systemischen Ausbreitung des Virus geimpft hatte, zu einer Vernichtung des Virus. Dieses völlig neue Ergebnis deutet darauf hin, dass der virale Vektor, der für die Übertragung der HIV-Gene verwendet wird -in diesem Fall ein Vektor, der noch lange Zeit nach der Impfung HIV-Antigene produzieren kann -für die Art und Stärke der ausgelösten antiviralen CD8-T-Zell-Reaktion von großer Bedeutung sein und der Immunschutz womöglich durch eine wirksame T-Zell-Reaktion allein erreicht werden kann. Hier sind weitere Untersuchungen notwendig um festzustellen, ob die kombinierten Impfstoffe, die die passenden nichtneutralisierenden Antikörper und starke CD8-T-Zell-Reaktionen hervorrufen, selbst dann einen Schutz bewirken können, wenn keine neutralisierenden Antikörper produziert werden. Neben den biologischen Hindernissen wirft die Entwicklung eines solchen Impfstoffs auch schwerwiegende ethische Fragen auf. Es wäre unethisch, einen Impftest durchzuführen, ohne gleichzeitig zu versuchen, die geimpfte Bevölkerungsgruppe möglichst wenig dem Virus auszusetzen. Die Effektivität eines Impfstoffs kann man jedoch nur in einer Population mit einem hohen Ansteckungsrisiko ermitteln. Das bedeutet, dass erste Impfversuche in Ländern unternommen werden müssten, in denen Personen sehr häufig infiziert werden und in denen die Ausbreitung von HIV noch nicht durch öffentliche Gesundheitsmaßnahmen reduziert werden konnte. Während die meisten Infektionen zu einer schützenden Immunität führen, haben die erfolgreichen Krankheitserreger Wege gefunden, einer Immunantwort zumindest teilweise zu widerstehen. Diese lösen schwere, manchmal lange anhaltende Krankheiten aus. Einige Personen weisen in verschiedenen Elementen des Immunsystems genetische Defekte auf, die sie für bestimmte Gruppen von Erregern besonders anfällig machen. Persistierende Infektionen und erbliche Immunschwächen zeigen, wie wichtig die angeborene und die erworbene adaptive Immunität für eine wirksame Abwehr von Infektionen sind, und stellen eine fortwährende Herausforderung für die immunologische Forschung dar. Das humane Immunschwächevirus (HIV), das zum erworbenen Immunschwächesyndrom (AIDS) führt, vereint die besonderen Merkmale eines persistierenden Erregers mit der Fähigkeit, das Immunsystem seines menschlichen Wirtes zu schwächen -eine Kombination, die für die Patienten in der Regel eine langsame, tödliche Wirkung hat. Der Schlüssel zur Bekämpfung neuer Pathogene wie HIV liegt darin, mehr über die grundlegenden Eigenschaften des Immunsystems und seine Rolle bei der Bekämpfung von Infektionen herauszufinden. 13.3 Kurze Antwort: Welche zwei genetisch bedingte Defekte führen zum Fehlen von CD8 + -T-Zellen, während die CD4 + -T-Zellen erhalten bleiben, und welcher genetische Defekt führt zum Fehlen der CD4 + -T-Zellen, während die CD8 + -T-Zellen erhalten bleiben? 13.4 Kurze Antwort: Sowohl der CD40L-Defekt als auch der AID-Defekt führen zu einem Hyper-IgM-Syndrom, aber beim CD40L-Defekt ist die T-Zell-Funktion stark beeinträchtigt, während sie beim AID-Defekt erhalten bleibt. Warum ist das so? 13.5 Richtig oder falsch: Das variable Immundefektsyndrom (CVID) beeinträchtigt sowohl die T-Zell-als auch die Antikörperreaktionen. Welche der folgenden vererbbaren Krankheiten hat keinen autoimmunen oder autoinflammatorischen Phänotyp? A. Autoimmun-Polyendokrinopathie-Candidiasis-Ektodermale Dystrophie-Syndrom (APECED), hervorgerufen durch Defekte im AIRE-Gen B. familiäres Mittelmeerfieber (FMF), hervorgerufen durch Mutationen im Pyringen C. Omenn-Syndrom, hervorgerufen durch hypomorphe Mutationen in RAG-1 oder RAG-2 D. Wiskott-Aldrich-Syndrom (WAS), hervorgerufen durch einen WAS-Defekt E. Hyper-IgE-Syndrom Granulomatose (CGD), hervorgerufen durch die Produktion von reaktiven Sauerstoffspezies in den Phagocyten Die antikörperabhängige Opsonisierung ist einer der Mechanismen, durch deren Wirkung Phagocyten diese Bakterien in sich aufnehmen und zerstören können. Welche der folgenden Krankheiten oder Defekte betrifft direkt einen Mechanismus Multiple Choice: In welchem der folgenden Gene führt ein Defekt zu einem ähnlichen Phänotyp wie Defekte im ELA2-Gen Welches Protein hängt mit welcher Funktion von phagocytotischen Zellen zusammen? A. Kindlin-3 _____ i. Produktion B. Neutrophilen-Elastase _____ ii. Adhäsion C. Myeloperoxidase _____ iii. Aktivierung D. MyD88 _____ iv Multiple Choice: Welcher der folgenden Krankheitserreger entkommt dem Immunsystem primär durch eine Variabilität der Antigene? A. Influenza-A-Virus B. Herpes-simplex-Virus 1 Trypanosoma brucei E. Plasmodium falciparum F. Hepatitis-B-Virus Das humane Immunschwächevirus (HIV) produziert verschiedene Immunevasine. Eines davon, Nef, ist ungewöhnlich pleiotrop und ein wichtiges Teil V Zielmolekül für CD8 + -T-Zell-Reaktionen. Welche der folgenden Funktionen hängt nicht mit Nef zusammen? A. Hemmung des Restriktionsfaktors Das Virus infiziert Wirtszellen, indem es über seine Hülle an den _______-Rezeptor und entweder an den _______-oder den _______-Corezeptor bindet. Wenn ein Individuum infiziert wird, entwickelt sich eine Immunantwort, die zur Produktion von Anti-HIV-Antikörpern führt; diesen Vorgang bezeichnet man als _______. Es entwickeln sich auch CD8 + -T-Zell-Reaktionen, aber HIV kann _______ entwickeln, die es dem Virus ermöglichen, diesen CTL zu entkommen. 13.13 Multiple Choice: Welche der folgenden Konstellationen ist keine genetische Variante, die die Anfälligkeit gegenüber einer HIV-Infektion verringert oder das Voranschreiten von AIDS verlangsamt? A. mutiertes CCR5-Allel B. mutiertes CXCR4-Allel Molecular defects in T and Bcell primary immunodeficiency diseases Ribosomal protein SA haploinsufficiency in humans with isolated congenital asplenia Molecular defects in T and Bcell primary immunodeficiency diseases Searching for genes involved in the pathogenesis of primary immunodeficiency diseases: lessons from mouse knockouts Congenital asplenia in mice and humans with mutations in a Pbx/Nkx25/p15 module Immunological and genetic bases of new primary immunodeficiencies Human severe combined immunodeficiency: genetic, phenotypic, and functional diversity in one hundred eight infants The molecular basis of X linked severe combined immunodeficiency Cytokines and immunodeficiency diseases Severe combined immunodeficiency: a re trospective singlecenter study of clinical presentation and outcome in 117 patients Adenosine deaminase deficiency: molecular basis and recent deve lopments The SCID mouse mutant: definition, characteriza tion, and potential uses DNA repair: breaking the seal Immunodeficiency associated with DNA repair defects Artemis, a novel DNA doublestrand break repair/V(D)J recombination protein, is mutated in human severe combined immune deficiency Immunological and inflammatory functions of the interleukin1 family Hereditary periodic fever A fever gene comes in from the cold The PYRIN connection: novel players in innate immunity and inflammation Gene therapy of severe com bined immunodeficiencies Severe combined immunodeficiency. A model disease for molecular immunology and therapy Sustained correc tion of Xlinked severe combined immunodeficiency by ex vivo gene therapy LMO2associa ted clonal T cell proliferation in two patients after gene therapy for SCIDX1 Successful gene therapy for severe combined immunodeficiency Nutrition, immunity and infection: from basic knowledge of dietary manipulation of immune responses to practical application of ameliorating suffe ring and improving survival Leptin modulates the Tcell immune response and reverses starvationinuced im munosuppression Manipulation of hostcell pathways by bacterial pathogens Beyond pattern recognition: five immune checkpoints for scaling the microbial threat Microbial manipulation of receptor crosstalk in innate immunity Bacterial strategies for over coming host innate and adaptive immune responses Complement evasion by human pathogens Immunology taught by Darwin Subversion of trafficking, apoptosis, and innate immunity by type III secretion system effectors Connections between the processing and nuclear export of mRNA: evidence for an export license? HIV1 regulatory/accessory genes: keys to unrave ling viral and host cell biology Replicationcompetent nonin duced proviruses in the latent reservoir increase barrier to HIV1 cure The Tcell activation factor NFATc positively regulates HIV1 replication and gene expression in T cells HIV restriction factors and mechanisms of evasion. Cold Spring Harb HIV accessory proteins: leading roles for the supporting cast Mucosal gatekeepers: selecting HIV viruses for early infection DCSIGN mediated internalization of HIV is required for transenhancement of T cell infec tion Mothertochild transmission of the human immunodeficiency virus Sexual transmission of HIV Chemokine receptors as HIV1 core ceptors: roles in viral entry, tropism, and disease Change in coreceptor use correlates with disease progression in HIV1-infected individuals Chemokine receptors: keys to AIDS pathogenesis? The influence of CCL3L1 genecontaining segmental duplications on HIV1/AIDS susceptibility Homozygous defect in HIV1 coreceptor accounts for resistance of some multiply exposed individuals to HIV 1 infection Resistance to HIV1 infection in Caucasian individuals bearing mutant alleles of the CCR 5 chemokine receptor gene Lessons from people with nonprogressive HIV infection CD8+ cytotoxic T lymphocyte responses to lentivi ruses and herpesviruses Targeting early infection to prevent HIV1 mucosal transmission. Nature Rapid turnover of plasma virions and CD4 lymphocytes in HIV1 infection Coevolution of a broadly neutralizing HIV1 antibody and founder virus Viral persistance: HIV's strategies of immune system evasion The immune response during acute HIV1 infection: clues for vaccine development Positive selection of HIV1 cytotoxic T lymphocyte escape variants during primary infection Control of viremia in simian immunodeficiency virus infection by CD8 + lymphocytes HIV latency. Cold Spring Harb Studies in subjects with longterm nonprogressive human immunodeficiency virus infection Genetic restriction of HIV1 pa thogenesis to AIDS by promoter alleles of IL10 Unravelling the mechanisms of durable control of HIV 1 The seroepidemiology of human herpesvirus 8 (Kaposi's sarcoma associated herpesvi rus): distribution of infection in KS risk groups and evidence for sexual transmis sion HIVassociated respiratory diseases Restricted expression of Kaposi sarcoma associated herpesvirus (human herpesvirus 8) genes in Kaposi sarcoma Evidence for the cure of HIV infection by CCR5∆32/∆32 stem cell trans plantation Immunologic strategies for HIV1 remission and eradication The longterm consequences of antiretroviral therapy: a re view The potential for HIV fusion inhibition Reconstitution of CD4 + T lymphocytes in HIVinfected individuals following antiretroviral therapy HIV's response to a CCR5 inhibitor: I'd rather tighten than switch! Proc Perspectives series: host/pathogen interactions. Dynamics of HIV1 re plication in vivo Shift of HIV tropism in stemcell trans plantation with CCR5 Delta32 mutation The impact of antiretroviral therapy on AIDS and survival Decay characteristics of HIV1infected compartments during combination therapy Recombination leads to the rapid emer gence of HIV 1 dually resistant mutants under selective drug pressure Human neutralizing monoclonal antibodies of the IgG1 subtype protect against mucosal simianhuman immunode ficiency virus infection The quest for an HIV1 vaccine -moving forward Eventual AIDS vac cine failure in a rhesus monkey by viral escape from cytotoxic T lymphocytes Antibodydependent cellular cytotoxicity and Nk celldriven immune escape in HIV Infection: Implications for HIV vaccine development Progress and obstacles in the development of an AIDS vaccine Vaccines that stimulate T cell immunity to HIV1: the next step HIV prevention in developed countries Migration and AIDS Sustaining safe sex: sexual practices, HIV and social context Human rights and the HIV paradox Changes in sexual behavior and a decline in HIV infection among young men in Thailand The march of AIDS through Asia