key: cord-0055278-94ql37x7 authors: Reinhardt, Michael title: Erweiterte Hersteller- und Produktverantwortung im Abwasserrecht : – Rechtliche Eckpunkte für eine verursachergerechte Lastentragung bei der Vermeidung und Reduzierung von Spurenstoffen im Gewässer date: 2021-01-19 journal: NuR DOI: 10.1007/s10357-020-3784-0 sha: 4713bff86a7551e5b8aab1f9e7fcbc9134065901 doc_id: 55278 cord_uid: 94ql37x7 Der Beitrag befasst sich mit der im geltenden Recht bislang allenfalls randständig aufgegriffenen Problematik der zunehmenden Belastung der Gewässer mit sog. Spurenstoffen. Er diskutiert einen Regelungsansatz de lege ferenda, der sich an der abfallrechtlichen Konstruktion der Hersteller- und Produktverantwortung orientiert. Die Einträge sog. Spurenstoffe (z. B. Rückstände von Kunststoffprodukten, Arzneimitteln, Pflanzenschutzmitteln, Bioziden) in die Gewässer zählen zu den bislang rechtlich nicht abschließend geklärten Fragen des Gewässerschutzrechts. Rechtsverbindliche Emissions-oder Immissionswerte, auf Grund derer ordnungsrechtliche Maßnahmen getroffen werden können, sind derzeit weder im europäischen noch im deutschen Recht flächendeckend angeordnet. Im Rahmen der sog. Spurenstoffstrategie des Bundes, die darauf abzielt, den Eintrag von relevanten Spurenstoffen in die aquatische Umwelt zu vermeiden oder zu reduzieren, werden seit geraumer Zeit intensiv und kontrovers vor allem alternative Instrumente der Verhaltenssteuerung erörtert, unter denen beispielhaft eine entsprechende Anpassung des Abwasserabgabenrechts oder die Finanzierung zusätzlicher Maßnahmen der Abwasserbehandlung über einen verursachergetragenen Fonds zu nennen sind. Darüber hinaus hat die Konferenz der Umweltminister (UMK) im Mai 2019 das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) gebeten, bei der weiteren Konkretisierung der Strategie insbesondere Aspekte der Produkt-und Herstellerverantwortung stärker in den Blick zu nehmen. Der nachstehende Beitrag befasst sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen für die Einführung einer am Vorbild der unionsrechtlich vorgegebenen erweiterten Herstellerverantwortung im Abfallrecht orientierten Regelung auch für das Wasserrecht, um einen Beitrag zur Entlastung der kommunalen Abwasserbeseitigung zu leisten. ter Linie auf § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG abzustellen, der das Einbringen und Einleiten von Stoffen als zulassungspflichtige Benutzung definiert. § 12 Abs. 1 WHG regelt sodann zwingende gesetzliche Versagungsgründe, die vor allem auf den Schutz der Gewässer vor schädlichen Gewässerveränderungen im Sinne des § 3 Nr. 10 WHG und die Erfüllung der einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften drängt. Unionsrechtlich vorgeschrieben ist zudem allgemein die Erreichung eines guten Zustands resp. eines guten Potenzials, wie er im Einzelnen in den § § 27, 28, 44, 47 WHG gewässertypspezifisch umschrieben ist. Im Übrigen steht die Zulassung der Benutzung nach § 12 Abs. 2 WHG im Ermessen der zuständigen Wasserbehörde. Insbesondere im Recht der Abwasserbeseitigung verfolgt das Wasserhaushaltsgesetz einen sog. kombinierten Ansatz 1 , der neben der Gewährleistung bestimmter Qualitätsanforderungen im Gewässer (Immissionsprinzip) auch konkrete Vorgaben an die Beschaffenheit des eingeleiteten Abwassers formuliert (Emissionsprinzip). Diese werden für Direkteinleitungen in ein Gewässer durch die Voraussetzungen des § 57 WHG auf dem allgemeinen Niveau des Stands der Technik postuliert, während § 58 WHG die Einhaltung dieser Vorgaben auch für Indirekteinleitungen in öffentliche Abwasseranlagen sicherstellt. 2 Für die Einleitung in private Abwasseranlagen vervollständigt § 59 WHG die Regelungslage. Nicht hingegen definiert das Wasserhaushaltsgesetz die vollzugsfähige Konkretisierung der so allgemein vorgegebenen Immissions-und Emissionsziele für bestimmte Stoffe und Stoffgruppen selbst, sondern überlässt dies dem nachgeordneten Verordnungsrecht, dem zugleich auch die Aufgabe der Transformation einschlägiger Vorgaben, insbesondere die Übernahme numerischer Grenzwerte des öffentlichen Gewässerschutzrechts der Europäischen Union, zufällt. 3 Soweit diese verordnungsrechtlichen Konkretisierungen der wasserhaushaltsgesetzlichen Schutz-und Vorsorgestandards 4 bei einer Abwassereinleitung eingehalten werden, besteht gemäß § 12 Abs. 2 WHG grundsätzlich kein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis, sondern lediglich auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. 5 Daraus folgt, dass die zuständige Wasserbehörde berechtigt sein kann, strengere Anforderungen per Bescheid festzulegen, wenn und soweit dies im einzelnen Fall gerechtfertigt ist. 6 Hiervon gedeckt werden soll nach verbreiteter Ansicht auch das Ziel der Wasserbehörde, "anspruchsvollere ökologische Bewirtschaftungsziele zu erreichen, insbesondere die Besiedlung des Gewässers mit pflanzlichem und tierischem Leben zu verbessern". 7 Berechtigt das wasserbehördliche Bewirtschaftungsermessen dazu, auch bei Fehlen der absoluten Versagungsgründe des § 12 Abs. 1 WHG die Erteilung der Zulassung vollständig zu versagen, so ist es nach dem verhältnismäßigkeitsrechtlichen Gedanken des milderen Mittels erst recht zulässig, die Gewässerbenutzung zu gestatten, dabei aber strengere, d. h. über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehende Vorgaben zu formulieren, etwa weil die Besonderheiten eines atypischen Falls 8 dies im betroffenen Wasserkörper gebieten. Dabei bleiben aber in rechtssystematischer Hinsicht die bundesrechtlich definierten Standards als solche dem Zugriff der Landesexekutive schon aus kompetenzrechtlichen Gründen verschlossen. 9 Die Wasserwirtschaftsverwaltung kann daher nicht die in Wasserhaushaltsgesetz und nachgeordnetem Verordnungsrecht formulierten Anforderungsniveaus des "guten Zustands" und des "Stands der Technik" selbst neu und strenger definieren, indem sie auf dem Wege etwaig auch erlassgelenkter Bescheidpraxis eine eigenständige ordnungsrechtliche Spurenstoffstrategie verfolgt; lediglich ist sie im Rahmen des Bewirtschaftungsermessens berechtigt, zumindest partiell einen "sehr guten Zustand" eines Wasserkörpers anzustreben oder strengere Emissionswerte als nach dem Stand der Technik vorgeschrieben anzuordnen, wenn und soweit dies im Einzelfall einer Abwassereinleitung in einen bestimmten Wasserkörper tatsächlich zureichend begründet werden kann. Zu bedenken ist auch, dass das wasserhaushaltsgesetzliche Bewirtschaftungsermessen nach Herkommen, Systematik, Zielsetzung und verfassungsrechtlicher Rechtfertigung als nutzungsbezogenes Verteilungsermessen, nicht aber als ökologisches Schutzverstärkungsermessen ausgestaltet ist, so dass eine auf ausschließlich gewässerökologische Beweggründe gestützte Ermessensentscheidung zur Spurenstoffelimination von der Ermächtigung des § 12 Abs. 2 WHG nicht mehr gedeckt wird. 10 Als flankierende ökonomische Steuerung der Gewässerbelastung durch Abwassereinleitungen fungiert sodann das Abwasserabgabengesetz des Bundes, das durch eine verursachungsbezogene Lenkung des Einleiteverhaltens zu Reduzierung und Vermeidung der Schadstoffeinträge beitragen will. 11 Dabei wird zur Ermittlung der Abgabenlast und damit zur Verhaltenssteuerung des Abgabenpflichtigen nach § 4 AbwAG grundsätzlich an die im wasserbehördlichen Bescheid jeweils zugelassenen Schadstofffrachten angeknüpft. Eine gegenwärtig bisweilen diskutierte und rechtlich durchaus denkbare spezifische Regelung zur abgabenrechtlichen Steuerung des Spurenstoffeintrags in die Gewässer fehlt in dem Gesetz derzeit indes. Im Hinblick auf die bereits angesprochenen untergesetzlichen Konkretisierungen der abstrakten Immissions-und Emissionsstandards des Wasserhaushaltsgesetzes ist in dem hier interessierenden Zusammenhang insbesondere auf die spezifischen verordnungsrechtlichen Vorgaben für die Qualität der Oberflächengewässer 12 und des Grundwassers 13 sowie auf die Mindestanforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer 14 hinzuweisen. Der zwar umfängliche und zudem im Zusammenwirken mit der Normgebung der Europäischen Union sukzessive angepasste und erweiterte Bestand rechtlich reglementierter Stoffe und Stoffgruppen zur Immissions-und Emissionssteuerung spiegelt jedoch die Gesamtheit der heute naturwissenschaftlich nachweisbaren und als gesundheitlich oder ökologisch problematisch bewerteten anthropogenen Einträge in die Gewässer nur unvollständig wider. Insbesondere ermöglichen die in jüngerer Zeit erheblich fortgeschrittenen Mess-und Analyseverfahren neue Erkenntnisse über den tatsächlichen qualitativen Gewässerzustand, der über die Kenntnisnahme und Bewertung der verordnungsrechtlich explizit aufgegriffenen stofflichen Einträge deutlich hinausgeht. Dies gilt vor allem für die hier im Focus stehenden verschiedenartigen Spurenstoffe, deren rechtliche Bewältigung derzeit Gegenstand zahlreicher, noch nicht abgeschlossener Konsultationen auf europäischer und nationaler Ebene ist. Bereits dieser kursorische Blick auf die wasserrechtlichen Grundlagen des immissions-und emissionsbezogenen Gewässerschutzes hat die Grenzen des Ordnungsrechts als Instrument der angemessenen Bewältigung der Spurenstoffproblematik aufgezeigt: Zum einen mögen zwar sukzessive erweiterte spezifische normative Standards dem Spurenstoffeintrag grundsätzlich entgegenzuwirken in der Lage sein, doch erweist sich die Reglementierung auf dem Verordnungsweg als vielfach zu schwerfällig, um mit dem raschen naturwissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt und dem daraus hergeleiteten Handlungsbedarf mitzuhalten. 15 Dies gilt umso mehr, als die rechtlich verbindliche Anordnung eines konkreten Grenzoder Schwellenwerts regelmäßig individuelle Handlungsfreiheiten beschränkt und damit grundrechtseingreifende Wirkung aufweist, so dass sie aus rechtsstaatlichen Gründen der zureichenden, insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügenden Rechtfertigung bedarf. 16 fügigen Einträgen heute noch nicht abschließend bewertet werden können, unterliegt ein ordnungsrechtlicher Ansatz in besonderer Weise den verfassungsrechtlich gebotenen Einschränkungen für vorsorgende Regelungen. 17 Zum anderen ist auch das wasserbehördliche Ermessen nach § 12 Abs. 2 WHG schon strukturell nicht geeignet, einen flächendeckenden Schutz der Gewässer vor dem Eintrag von Spurenstoffen zu bewirken. Nichts anderes gilt im Übrigen für die übergeordnete Ermessenslenkung auf dem Weg der wasserwirtschaftlichen Planung nach den § § 82 ff. WHG 18 , deren Instrumentarium mangels Rechtsnormcharakter zu eingreifenden Maßnahmen generell-abstrakter Art nicht ermächtigt. 19 Nur konsequent erstrecken sich daher die gegenwärtigen Diskussionen über die Spurenstoffproblematik auch auf alternative rechtliche Bewältigungsstrategien, die neben anderem auf die nachfolgend zu erörternde Implementierung einer erweiterten Herstellerverantwortung im Abwasserrecht zielt. 20 Ziel kann es hierbei freilich allein sein, eine die skizzierten strukturellen Defizite des klassischen Ordnungsrechts vermeidende rechtliche Handhabung zu finden, nicht hingegen wäre auf diesem Weg eine Derogation der rechtsstaatlichen und grundrechtlichen Anforderungen an die Beschränkung individueller Freiheiten der Normadressaten zulässig. Als unionsrechtliche Grundlage der erweiterten Hersteller-und Produktverantwortung dienen zunächst die -im Übrigen dem deutschen Vorbild nachempfundenen 21 -Regelungen der Abfallrahmenrichtlinie 2008/98/EG 22 40 Dass sich beispielsweise nach der Entwurfsbegründung der Kommission eine große Mehrheit der Betroffenen für eine Reglementierung ausspricht 41 und dass auch im Rahmen der nationalen Spurenstoffstrategie konsensuale Lösungen zu herstellerbezogenen Maßnahmen angestrebt werden 42 , entbindet nicht von den unlängst durch das Bundesverfassungsgericht nachdrücklich in Erinnerung gerufenen verfassungsrechtlichen Anforderungen an grundrechtsrelevante Entscheidungen im Umweltrecht. 43 Im originär rechtlichen Sinn wenig ergiebig für die Implementierung einer erweiterten Hersteller-und Produktverantwortung im Abwasserrecht ist zunächst der Rekurs auf die im Kontext der bestehenden erweiterten Herstellerverantwortung im Kreislaufwirtschaftsrecht verbreitet angeführten umweltrechtlichen Prinzipien. Auch wenn diesen mittlerweile überwiegend eine über bloße politische Programmatik hinausgehende rechtliche Verbindlichkeit beigemessen wird 44 , bleiben sie in der Allgemeinheit und Schlagworthaftigkeit ihrer normativen Verankerung doch zu unbestimmt, um ihnen präzise Handlungsvorgaben für die umweltrechtliche Legislative und Exekutive zu entnehmen. Insbesondere vermag nicht schon der regelmäßig leicht dargetane Bezug auf sie freiheitsbegrenzende Eingriffe zureichend zu rechtfertigen, wenn es an geeigneten spezifischen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen fehlt. 45 Im Wesentlichen erschöpft sich ihre rechtliche Relevanz mithin auf die allgemeine Legitimation konkreter normativer Regelungen 46 , die ihrerseits den maßgeblichen übergeordneten verfassungs-und unionsrechtlichen Vorgaben zu genügen haben. 47 Nichts anderes ergibt sich im Übrigen aus der normativen Kodifizierung der Prinzipien im europäischen Primärrecht, das sich -anders als das deutsche Grundgesetz -in Art. 191 Abs. 2 S. 2 AEUV explizit auf Vorsorge und Vorbeugung, auf den Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen sowie auf das Verursacherprinzip bezieht. Auch diese grundsätzlichen Aussagen im positiven Recht bewegen sich auf einem hohen Abstraktionsniveau 48 , das einer unmittelbaren Anwendung entgegensteht. 49 Vielmehr verfügen die zuständigen Rechtssetzungsorgane der Union bei der praktischen Operationalisierung der Prinzipien im sekundären Recht über eine weite Einschätzungsprärogative. 50 Vor diesem Hintergrund bedürfen die für die Diskussion einer erweiterten Abwasserproduzentenverantwortung einschlägigen umweltrechtlichen Prinzipien an dieser Stelle lediglich der kursorischen Vergewisserung. Strukturell nicht anders als im Kreislaufwirtschaftsrecht verfolgt auch -ungeachtet seiner möglichen konkreten Ausgestaltung de lege ferenda -der Ansatz der Implementierung einer Übernahme in das Wasserrecht zur Vermeidung und Verringerung der Einträge von Spurenstoffen in die Gewässer grundsätzlich das Ziel, durch ein Anknüpfen an Herstellungs-oder Verarbeitungsprozesse, die zu einem Eintrag von Spurenstoffen in die Gewässer führen können, schon vor der Entstehung konkreter Gefahren für menschliche Gesundheit und Umwelt diejenigen zu Verhaltens-oder Kostentragungspflichten rechtlich heranzuziehen, denen die entsprechenden Kausalverläufe objektiv zuzurechnen sind. Hiermit werden daher gleich mindestens drei der in Art. 191 Abs. 2 AEUV enthaltenen Grundsätze adressiert: Erstens soll die Lastentragung für die Bekämpfung des Spurenstoffeintrags von der Allgemeinheit auf die hierfür Verantwortlichen übertragen werden und diese so zu gegensteuernden Maßnahmen vor der Einleitung von Abwasser in ein Gewässer oder in eine öffentliche oder private Abwasseranlage oder zur Übernahme der insoweit gebotenen Abwasserbehandlungskosten angehalten werden (Verursacherprinzip). Zweitens wird mit einem tatbestandlichen Bezug auf industrielle oder gewerbliche Her-stellungs-und Verarbeitungsprozesse regulativ möglichst nah an der Quelle angeknüpft, um bereits im Stadium der Entstehung einer Gefahr entgegenzuwirken (Ursprungsprinzip, Cradle-to-grave-Prinzip als spezifischer Ausdruck des Vorsorgegedankens). Drittens soll, hiermit verbunden, schon vor Eintritt einer Gefahr oder gar eines Schadens für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt rechtlich angesetzt werden, um dem Erfordernis späterer aufwendiger Gegenmaßnahmen oder der Entstehung irreversibler Belastungen effektiv zu begegnen (Vorsorgeprinzip). Im Licht der zentralen umweltrechtlichen Prinzipien korrespondiert daher eine mögliche erweiterte Abwasserproduzentenverantwortung im Wesentlichen mit der bekannten Bewertung der erweiterten Produktverantwortung im geltenden Kreislaufwirtschaftsrecht. 51 Auf Grund ihres geschilderten grundsätzlichen und abstrakten Charakters und der daraus folgenden Konkretisierungsbedürftigkeit durch spezielles nachgeordnetes Fachrecht auf europäischer oder mitgliedstaatlicher Ebene sind die Prinzipien des europäischen und deutschen Umweltrechts naturgemäß nur sehr eingeschränkt in der Lage, dem zuständigen Normgeber hinreichend klare Voraussetzungen und Grenzen für die Regelung einer erweiterten Hersteller-und Produktverantwortung im Abwasserrecht vorzugeben. So erweist sich insbesondere das in der allgemeinen Diskussion verbreitet als griffig geschätzte Verursacherprinzip bei näherem Hinsehen schon wegen der materiellen Konturenlosigkeit des Verursacherbegriffs selbst als rechtlich kaum steuerungsfähig. So kommen beispielsweise als Verursacher von Spurenstoffen aus Arzneimitteln neben dem Hersteller (als Abwasserproduzent oder durch das Inverkehrbringen des Produkts) auch der Patient (bei bestimmungsgemäßem Gebrauch oder auf Grund unsachgemäßer Entsorgung), der verschreibende oder empfehlende Arzt (auf Grund seiner medizinischen Abwägung zwischen verschiedenen, unterschiedlich gewässerbelastenden Präparaten), der beratende Apotheker (ggfs. auch unter Berücksichtigung eigener unternehmerische Interessen) oder die gesetzlichen oder privaten Krankenversicherungen (auf Grund der Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit entsprechender Medikamente) in Betracht. Tatsächlich maßgebliche materiell-rechtliche Determinanten ergeben sich daher vielmehr aus den jeweils einschlägigen übergeordneten verfassungsrechtlichen Positionen, die im Folgenden am Maßstab des Grundgesetzes nachzuzeichnen sind. Die bereits im Rahmen der Vorstellung des kreislaufwirtschaftsrechtlichen Modells erwähnte potenziell freiheitsbeschränkende Wirkung erweiterter Produkt-und Herstellerverantwortlichkeit, die auch schon zu Diskussionen über die Verfassungsmäßigkeit der § § 23 ff. KrWG geführt haben 52 , manifestiert sich in erster Linie in den mit einer solchen Regelung typischerweise verbundenen Eingriffen in Grundrechte der betroffenen Hersteller und Produzenten. Die gesetzliche Anordnung einer erweiterten Verantwortung für Abfall oder auch Abwasser greift dabei vor allem in die Wirtschaftsfreiheit der betroffenen Unternehmen 53 , namentlich in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG und die Eigentumsfreiheit nach Art. 14 GG ein. 54 Dabei setzt eine abschließende Bewertung der verfassungsrechtlichen Lage naturgemäß die Prüfung nicht nur der grundsätzlichen gesetzlichen Regelung der erweiterten Verantwortung voraus, sondern erfordert auch die gerade mit Blick auf das Abwasserrecht derzeit naturgemäß nicht zureichend zu antizipierende verfassungsrechtliche Prüfung eines möglichen künftigen konkretisierenden spezifischen Gesetzes-und Verordnungsrechts. Vor diesem Hintergrund müssen sich die nachfolgenden Ausführungen zwangsläufig auf die Er-örterung der maßgeblichen Eckwerte beschränken und stehen unter dem Vorbehalt einer späteren Verifizierung auf der Grundlage zureichend fassbarer Regelungskonzepte und Rechtssetzungsentwürfe eines entsprechenden abwasserrechtlichen Konstrukts. Für den Regelfall dürfte mit Blick auf die von einer künftigen erweiterten Abwasserproduzentenverantwortung berührten Grundrechte betroffener Unternehmen davon auszugehen sein, dass sich bereichsspezifische Konkretisierungen in berufsrechtlicher Sicht als Berufsausübungsregeln 55 und in eigentumsrechtlicher Sicht als grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmende Inhaltsund Schrankenbestimmungen 56 darstellen, so dass jeweils einfache Verhältnismäßigkeitsprüfungen unter Berücksichtigung der einschlägigen grundrechtsspezifischen Ausprägungen durchzuführen sind. 57 Erst bei Entzug konkreter Eigentumspositionen ohne Güterbeschaffungszweck sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gesteigerte Verhältnismäßigkeitsmaßstäbe anzulegen und gegebenenfalls auch Entschädigungsansprüche der Betroffenen zu erwägen. 58 Ein grundsätzlich überwiegendes Vertrauen der Unternehmen, von einer sich dynamisch fortentwickelnden Anspannung abwasserrechtlicher Pflichten verschont zu bleiben, besteht dabei grundsätzlich nicht 59 , doch sind Einschränkungen eines bereits bestehenden Betriebs durch Einführung oder Intensivierung der erweiterten Herstellerverantwortung auch an den verfassungsrechtlichen Vorgaben des rechtsstaatlichen Rückwirkungsverbots 60 zu messen. 61 Im Rahmen der angesprochenen Verhältnismäßigkeitsprüfungen sind die mit der Einführung einer erweiterten Hersteller-und Produktverantwortung im Abwasserrecht verbundenen Grundrechtseingriffe in Berufs-und Eigentumsfreiheit verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn und soweit die so geschützten Rechtspositionen in der Abwägung mit maßgeblichen gegenläufigen Belangen zurück-NuR (2021) 43: 8-16 13 Reinhardt, Erweiterte Hersteller-und Produktverantwortung im Abwasserrecht treten. Vorrangig zu nennen sind insoweit die jeweils mit Verfassungsrang ausgestatteten Ziele der rechtlichen Bekämpfung des Eintrags von Spurenstoffen in die Gewässer im Interesse des Schutzes der menschlichen Gesundheit vor Beeinträchtigungen infolge der Aufnahme der Stoffe, insbesondere über das Trinkwasser, und der Gewässer als Bestandteil des Naturhaushalts und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen. 62 Derzeit ist indes die Beurteilung der von Spurenstoffen ausgehenden Wirkungen auf die genannten Schutzgüter vielfach (noch) nicht naturwissenschaftlich verlässlich möglich, sondern ist vielmehr durch ein hohes Maß an tatsächlicher Unsicherheit gekennzeichnet, da für zahlreiche Stoffe eine unzureichende Studienlage zu konstatieren ist. 65 Daraus folgt nach dem zuvor Gesagten zum einen eine rechtlich nicht ohne weiteres tragfähige Rechtfertigung für den Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen, zum anderen aber auch die Erwartung an eine dynamische normative Regelung, mit der Entwicklung der naturwissenschaftlichen Erkenntnis angemessen Schritt halten zu können. Allerdings ist der Normgeber gerade im Umwelt-und Technikrecht nicht darauf beschränkt, erst tätig zu werden, wenn eine nachweisliche, konkrete Gefahr für ein bestimmtes Schutzgut besteht, sondern kann nach Vornahme einer Gesamtabwägung vorsorglich auch schon dann grundrechtsbeschränkende Regelungen treffen, wenn dies im Verhältnis von Schwere des Grundrechtseingriffs und Bedeutung des verfolgten öffentlichen Interesses gerechtfertigt ist. 66 Erst Vorverlagerungen der Reglementierungen bei Ungewissheiten jenseits einer Schwelle praktischer Vernunft sind als unentrinnbares Restrisiko als sozialadäquate Lasten vom Bürger zu tragen. 67 Ein Streben nach absoluter Sicherheit durch Elimination jeglicher, mit den modernen naturwissenschaftlichen Methoden nachweisbarer, nicht natürlicher Einträge von Spurenstoffen in die Gewässer ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. 68 Die sohin bei möglicher Einführung einer erweiterten Abwasserproduzentenverantwortung gebotene verhältnismäßigkeitsrechtliche Abwägung wird dabei zuvörderst auf die Bewertung der objektiven Gefahren-und Risikopotenziale der verschiedenen Spurenstoffe zu stützen sein. Darüber hinaus werden aber auch weitere Belange wie beispielsweise Zustand und Vorbelastung der örtlich betroffenen Vorfluter sowie Bestand und Perspektiven regionaler Infra-und Wirtschaftsstrukturen in die Entscheidung einzubeziehen sein. Zudem kann gerade bei den spurenstoffimmanenten Belastungen in geringem quantitativen Umfang die Identifikation und Bewertung unterschiedlicher Risikogruppen wie u. a. werdende Mütter, Kinder oder allergiekranke Menschen geboten sein. 69 Nicht zuletzt ist auch die wirtschaftliche Zumutbarkeit der mit der erweiterten Abwasserproduzentenverantwortung verbundenen Handlungs-oder Zahlungspflichten der betroffenen Grundrechtsträger zwingend in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einzubeziehen. 70 Eine Regelung auf bloßen Verdacht ist dagegen verfassungsrechtlich nicht möglich. In normsetzungstechnischer Hinsicht ist an dieser Stelle auch kurz auf die Optionen einer rechtlichen Umsetzung einer erweiterten Hersteller-und Produktverantwortung im Abwasserrecht einzugehen. Grundsätzlich erscheint dabei sowohl eine Implementierung im Recht der Europäischen Union als auch im deutschen Recht denkbar. Auf europäischer Ebene wäre eine entsprechende Regelung als Maßnahme des Umwelt-und Gesundheitsschutzes vom Kompetenztitel des Art. 191 AEUV getragen. Ergänzt werden könnte eine eigenständige richtlinienrechtliche Bestimmung, die in Anlehnung an die erwähnten Artikel im europäischen Abfallrecht 71 den Mitgliedstaaten bestimmte Ziele für die Formulierung von Herstellerpflichten im Abwasserrecht vorschreibt. Rein formaler Natur ist sodann die systematische Zuordnung im Kontext des geltenden europäischen Wasserrechts, die ohne rechtlich erhebliche inhaltliche Unterschiede ebenso gut in der allgemeineren Kodifizierung der Wasserrahmenrichtlinie 72 wie auch in der spezielleren kommunalen Abwasserrichtlinie 73 erfolgen könnte. Zudem befinden sich beide Richtlinien derzeit im Stadium der Evaluation durch die Europäische Kommission mit der möglichen Folge einer anschließenden Novellierung, so dass sich eine geeignete Einspeisung der konzeptionellen Vorstellungen in den noch nicht ab-geschlossenen Rechtssetzungsprozess auch praktisch gut recht durch Begründung besonderer Verhaltens-und Kostentragungspflichten de lege ferenda sind insbesondere die damit notwendig verbundenen Eingriffe in grundrechtsgeschützte Positionen der betroffenen Unternehmen zu bedenken. Diese können grundsätzlich durch gegenläufige Belange des Schutzes der menschlichen Gesundheit und der Umwelt gerechtfertigt werden. Damit werden komplexe Verhältnismäßigkeitsprüfungen in Rechtssetzung und Rechtsanwendung erforderlich, die nicht pauschal antizipiert werden können, sondern unter Berücksichtigung des konkret nachweislichen oder belastbar prognostizierten Gefahren-und Risikopotenzials der verschiedenen Stoffe und Stoffgruppen für die konkret in Erwägung gezogenen einzelnen erweiterten Rechtspflichten der betroffenen Hersteller vorzunehmen sind. Der Ausbau des neuen Mobilfunkstandards 5G steht in den Startlöchern und hat mancherorts bereits begonnen. Zu fragen ist, ob der weitgehend ungeregelte Ausbau dieser neuen Technologie vor dem Hintergrund zahlreicher Untersuchungen, die auf ein gesundheitliches Gefährdungspotenzial der Technik hinweisen, überhaupt zulässig ist. Hohe Übertragungsraten und schnelles Internet haben unbestreitbar Vorteile. Deshalb sehen manche Branchen dem zügigen Ausbau des neuen Mobilfunknetzes 5G, die auch als Schlüsseltechnologie für den digitalen Wandel bezeichnet wird, mit hohen Erwartungen entgegen. Autonomes Fahren, eHealth 1 oder das Internet-of-Things etwa würden ohne 5G nicht funktionieren. Auf der anderen Seite mehren sich Stimmen, die vor den negativen Folgen von 5G warnen. 2 Befürchtet werden gesundheitliche Schäden durch die Funkstrahlung, angefangen von Schlafstörungen bis hin zu Krebs. Auf der anderen Seite wird darauf hingewiesen, dass es weltweit keine Studie gibt, die die Unschädlichkeit der 5G-Mikrowellen-Funktechnologie belegt, wohl aber zahlreiche Studien, die vor den gesundheitlichen Folgen warnen. Namhafte Ärzte haben in einem offenen Brief vom 6. 4. 2020 an Bundeskanzlerin Angela Merkel auf eine Schwächung des Immunsystems durch 5G-Strahlung hingewiesen. 3 Es gibt ferner den vom IFUR -Privates Institut für Urfeldforschung von Wolfgang Kühl am 24. 4. 2020 veröffent-Prof. Dr. jur. Hans-Jürgen Müggenborg, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Aachen, Deutschland lichten Verdacht, dass die hohen 60 GHZ-Frequenzen des 5G-Bandes zu einer physikalischen Veränderung von Sauerstoffmolekülen führen, so dass der Sauerstoff vom Blut nicht mehr problemlos transportiert werden kann. 4 Zudem wird der Energiehunger der Welt bei einem flächendeckenden 5G-Ausbau rapide steigen. Der dazu nötige Strombedarf wird, solange die Energie nicht zu 100 % aus erneuerbaren Energien gewonnen wird 5 , nicht ohne weitere Belastungen für die Umwelt gedeckt werden können. Hans-Jürgen Müggenborg Richtlinie vom 20. 12. 1994 über Verpackungen und Verpackungsabfälle, ABl Umweltrecht, § 21 Rdnr. 188; Konzak, in: BeckOK Umweltrecht, § 23 KrWG Rdnr. 1; siehe auch zuspitzend von Lersner Ergebnispapier Phase 2 des Stakeholder-Dialogs "Spurenstoffstrategie des Bundes Kap. 5 Rdnr. 39 ff.; Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rdnr. 17 ff.; Rehbinder Beschl. v. 13. 3. 2007 -1 BvF 1/05, BVerfGE 118, 79, 110 f.; Eifert Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Loseblattsammlung, Stand: 70. EL 2020, Art. 191 AEUV Rdnr. 83 Vertrag über die Europäische Union, Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl Das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit Europäischer Grundrechtecharta, 5. Aufl. 2016, Art. 191 AEUV Rdnr Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 191 AEUV Rdnr Umweltrecht, § 21 Rdnr. 187; Konzak, in: BeckOK, Umweltrecht, § 23 KrWG Rdnr. 4; Tünnesen-Harmes Schmehl/Klement (Hrsg.), KrWG, § 23 Rdnr § 21 Rdnr. 188; Konzak Schmehl/Klement (Hrsg.), KrWG, § 23 Rdnr. 9 von Mangoldt/Klein/ Starck, Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1, 7. Aufl Dreier (Hrsg.) Grundgesetz, Kommentar, Bd. I, 3. Aufl. 2013, Art. 12 Rdnr. 69 ff. jeweils m. w. N Dreier (Hrsg.), GG, Art. 14 Rdnr. 90 ff., 103 ff. jeweils m. w. N Schmehl/Klement (Hrsg.), KrWG, § 23 Rdnr. 11; Tünnesen-Harmes Versteyl/Mann/Schomerus, KrWG, § 23 Rdnr. 8; Tünnesen-Harmes Rechtsstaat) Rdnr. 151 ff.; Sommermann Rdnr. 292 ff. jeweils m. w. N Schmehl/Klement (Hrsg.), KrWG, § 23 Rdnr Siehe auch die Zielsetzungen des § 1 WHG BVerfGE 56, 54, 74 f. unter Hinweis auf das Begriffsverständnis der WHO; ferner Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 2 II Rdnr. 33 ff.; Starck Ergebnispapier Phase 2 des Stakeholder-Dialogs "Spurenstoffstrategie des Bundes Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Loseblattsammlung, Stand: 87. EL 2019 Isensee/ Kirchhof (Hrsg.), HStR IV, § 97 Rdnr. 15 ff. jeweils m. w. N Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR IV, § 97 Rdnr Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR IV, § 97 Rdnr. 12 zum allgemeinen Lebensrisiko Grundzüge des Umweltrechts, Kapitel 1 Rdnr. 116 ff.; Kloepfer, Umweltrecht, § 3 Rdnr. 91 ff.; Schulze-Fielitz zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik Richtlinie 91/271/EWG vom 21. 5. 1991 über die Behandlung von kommunalem Abwasser, ABl Dazu neben den Kommentierungen des Art. 72 GG Reinhardt Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 193 AEUV Rdnr. 11 ff. m. w. N Dem entspricht die in der Begründung des Kommissionsentwurfs zur Kunststoffproduktrichtlinie 2019/904/EU mitgeteilte überwiegende Ansicht der konsultierten Interessenträger, nach der Maßnahmen, die nicht auf EU-Ebene ergriffen werden, wirkungslos wären Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen sowie Änderung 1593 ff.; ders., NVwZ 2013, 404 ff.; ders., NuR 2013, 613 ff.; ders., NVwZ 2013, 988 ff.; ders bei 17,1 %; betrachtet man nur die Stromproduktion liegt der Anteil erneuerbarer Energien im Jahr 2019 bei 42,1 %; Umweltbundesamt, Erneuerbare Energien in Deutschland -Daten zur Entwicklung im Jahr denken ließe. Möglicherweise legen freilich die politisch durchaus kontroverseren Diskussionen um die Reform der Wasserrahmenrichtlinie eine Konzentration auf die anstehende Fortschreibung der kommunalen Abwasserrichtlinie eher nahe. In zeitlicher Hinsicht ist bei einer europäischen Lösung im Übrigen auch an die Transformationsfrist für den nationalen Gesetz-und Verordnungsgeber zu erinnern, die die Geltung des neuen Rechts zeitlich weiter verzögern würde.Im deutschen Verfassungsrecht steht dem Bund gemäß Art. 74 Naturgemäß fällt eine abschließende resümierende Bewertung einer möglichen künftigen erweiterten Hersteller-und Produktverantwortung in diesem vergleichsweise frühen Stadium schwer. Wenig ergiebig erweist sich dabei zunächst der gefällige und verbreitete Rekurs auf die mit der Anspannung der individuellen Verantwortlichkeit adressierten umweltrechtlichen Prinzipien. Verursacher-, Ursprungs-und Vorsorgeprinzip sind thematisch einschlägig, sind aber auf Grund ihres Rechtscharakters und ihres hohen Abstraktionsgrads nicht in der Lage, die Einführung einer derartigen Regelung zu erzwingen, abschließend zu rechtfertigen oder inhaltlich hinreichend präzise zu steuern. Vielmehr sind sie auf die Operationalisierung durch spezifische gesetzliche oder verordnungsrechtliche Regelungen angewiesen, die ihrerseits den übergeordneten Vorgaben, insbesondere den einschlägigen verfassungsrechtlichen Gewährleistungen und Zielsetzungen zu genügen haben. Im Vordergrund stehen dabei die wirtschaftlichen Freiheiten der von einer angespannten Verantwortlichkeit betroffenen Unternehmen, die sich nach deutschem Verfassungsrecht insbesondere aus den Grundrechten der Art. 12, 14 GG ergeben. Eingriffe in Berufs-und Eigentumsfreiheit können dabei indes grundsätzlich mit den ebenfalls über Verfassungsrang verfügenden Positionen der menschlichen Gesundheit nach Art. 2 Abs. 2 GG und des Umweltschutzes nach Art. 20a GG gerechtfertigt werden. Das Beispiel der Produktverantwortung im Kreislaufwirtschaftsrecht lehrt insoweit, dass die einzelnen Bestandteile der rechtlichen Verpflichtung jeweils einem Verhältnismäßigkeitstest standzuhalten haben, in dem die einander widerstreiten-den Belange gegeneinander abzuwägen sind. Dabei werden Extrempositionen wie die vollständige Eliminierung jeglicher tatsächlich messbarer Spurenstoffe ungeachtet ihrer möglichen nachteiligen Auswirkungen auf menschliche Gesundheit und Umwelt oder ein Streben nach absoluter Sicherheit von vornherein auszuschließen sein. Im Übrigen bedarf es der differenzierten Bewertung und normativen Umsetzung. Dabei wird etwa zum einen eine nach Stoffen und Stoffgruppen (z. B. Rückstände von Kunststoffprodukten, Arzneimitteln, Pflanzenschutzmitteln, Bioziden) unterscheidende Ausführungsgesetzgebung erforderlich, zum anderen sind die in Erwägung gezogenen Maßnahmen wie die Verpflichtung zur Entwicklung spurenstoffloser oder -armer Verfahrensweisen, zur betrieblichen Vorklärung oder zur finanziellen Beteiligung am kommunalen Aufwand der Abwasserbehandlung in ihrer jeweils beabsichtigten Ausformung auf Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit hin zu überprüfen. In verbandskompetenzrechtlicher Hinsicht erscheint eine Implementierung sowohl auf unionsrechtlicher als auch auf deutscher Regelungsebene denkbar, wobei sich aus praktischen und rechtlichen Gründen eine entsprechende Erweiterung der kommunalen Abwasserrichtlinie am ehesten anbietet. (1) Das gegenwärtig intensiv diskutierte Problem des Eintrags von Spurenstoffen in die Gewässer ist im geltenden Wasserrecht bislang nicht zureichend bewältigt.