key: cord-0054124-70redofz authors: Bocks, Barbara title: Veränderungen brauchen Zeit date: 2020-12-22 journal: Bankmag DOI: 10.1007/s35127-020-0664-0 sha: ef4ed790ae3bebbff7ba1926ef1a0e5210df15ca doc_id: 54124 cord_uid: 70redofz nan nach der Corona-Zeit zwischen ein und drei Tagen wöchentlich im Homeoffice arbeiten. Wie Arbeitsplätze und Flächen nach Bewältigung von Corona aussehen könnten, prüft aktuell auch die Commerzbank. Seit Ausbruch der Pandemie waren die Mitarbeiter insbesondere während des Lockdowns Anfang 2020 meist von zu Hause aus tätig. Derzeit arbeiten ebenfalls wieder große Teile der Belegschaft im Homeoffice. Die Erfahrung zeige, dass dies überwiegend gut funktioniert, sagt eine Sprecherin auf Anfrage. Das Institut geht davon aus, dass der Flächenbedarf künftig tendenziell eher abnehmen wird. Das liege an der Umsetzung von modernen Arbeitsplatzkonzepten wie New Work, die auf die flexible Nutzung von Bürogebäuden abzielen. Aber auch der zunehmende Trend zur mobilen Tätigkeit werde den Flächenbedarf mittel-bis langfristig sinken lassen. Und Corona habe insbesondere den Trend zum mobilen Arbeiten beschleunigt. Während vor einigen Jahren Eine große räumliche Veränderung kommt auf die Sparkasse Bremen zu. Sie hat das traditionsreiche Sparkassengebäude "Am Brill" Ende Oktober 2020 verlassen und den neuen Hauptsitz im Technologiepark in der Nähe der Universität Bremen bezogen. Zum Ende des Jahres wurde das alte Gebäude an die Schapira-Gruppe übergeben. Was die Investoren dann schlussendlich errichten werden, steht noch nicht fest. Die ursprünglichen und sehr kontrovers diskutierten Pläne des New Yorker Stararchitekten Daniel Libeskind werden es jedenfalls nicht werden. Der aktuelle Investor hat nach Informationen des "Weser Kuriers" in vertraulicher Sitzung im Oktober bestätigt, dass er lediglich die bestehenden Gebäude umgestalten und modernisieren will. Ursprünglich sollten die Häuser mit Ausnahme der denkmalgeschützten Kassenhalle abgerissen werden. Auch bei der Dekabank steht in absehbarer Zeit ein Umzug an. Im Jahr 2024 wird das Frankfurter Institut das Hochhaus "Trianon" verlassen und in das neu entstehende Hochhaus Four-T1 auf dem ehemaligen Deutsche-Bank-Areal einziehen. Die Investmentgesellschaft hat dort über 16.000 Quadratmeter Bürofläche auf zehn Stockwerken angemietet. "Mit der Reduzierung auf zwei Standorte setzt die Deka auf ein verlässliches und langfristiges Standortkonzept", heißt es vonseiten des Instituts. An dem weiteren Standort in Niederrad wurde trotz der Auswirkungen von Covid-19 kürzlich Richtfest gefeiert. "Die Corona-Pandemie war nicht aus-schlaggebend für den Umzug", so die Sprecherin weiter. Aber selbstverständlich würden die Erfahrungen mit der Corona-Krise bei der Planung der neuen Standorte miteinfließen. Die Deka setzt auf ein modernes Bürokonzept und eine effiziente Nutzung der Räumlichkeiten. Aufgrund des generell höheren Homeoffice-Anteils werde es bei den Arbeitsplätzen eine Belegungsquote von 0,8 geben. Mitarbeiter sollen modern eingerichtete Arbeitsplätze sowie Rückzugs-, Besprechungsund Kreativräume nutzen können. "Derzeit sind viele Flächenkonzepte auf den Kopf gestellt, auch durch die Thematik des Homeoffice", erklärt Sven Carstensen, Vorstand von Bulwiengesa, einem Analyse-Unternehmen der Immobilienbranche. Viele Kreditinstitute sind aber an langfristige Mietverträge gebunden, so dass sich kurzfristige Änderungen an Flächenkonzepten nicht umsetzen lassen. Zudem kommt der Büroimmobilienmarkt gerade aus einer Phase, die sehr stark von der Nachfrageseite geprägt war. Selbst wenn es dort zu Verwerfungen kommt, wird es aus Sicht von Carstensen dauern, bis es auf dem Markt zu sub stanziellen Leerständen kommen wird (siehe Interview Seite 28). Es gebe derzeit "so gut wie kein Angebot an qualitativ hochwertigen, leerstehenden und großflächigen Gebäuden". In Frankfurt am Main gibt es aktuell einen Leerstand zwischen sechs und sieben Prozent sowie einige Hochhaus-Grundstücke, die noch entwickelt werden könnten, was jedoch Was treibt die Büroflächen-Nachfrage an? Seit Jahrzehnten ist das Wirtschaftswachstum der größte Treiber der Büroflächen-Nachfrage. Wenn die Beschäftigung stark wächst, sinkt normalerweise der Flächenverbrauch pro Mit arbeiter. Die große Frage ist nicht, welchen Effekt Homeoffice hat, sondern ob Deutschland wirtschaftlich eine V-Rezession erlebt, so dass der Markt im Jahr 2022 wieder auf das Niveau von 2019 kommt. Davon gehen wir derzeit aus. Banken und Finanzdienstleister sind mit 29 Prozent die dominierende Nachfragegruppe in Frankfurt. In anderen deutschen Städten wie Hamburg, Köln und Düsseldorf lag der Nachfrageanteil von Banken in den vergangenen fünf Jahren im Schnitt zwischen elf und zwölf Prozent. Aktuell warten viele Institute mit Standortentscheidungen. Das ist aber eine Momentaufnahme in der Corona-Pandemie und kein generelles Muster auf dem Markt. Gerade in Frankfurt gab es in den vergangenen Jahren Nachfrageschübe etwa durch den Brexit, allerdings weit weniger als erhofft. ren Rückgang der Flächennachfrage, den er mit Corona in Verbindung bringt. Dabei unterscheide sich die Finanzindustrie nicht von anderen Branchen in dem angespannten konjunkturellen Umfeld. "Abgesehen von der öffentlichen Hand ging der Flächenumsatz aller Branchen in den ersten drei Quartalen 2020 im Vorjahresvergleich zurück", sagt Ape. Seiner Meinung nach sind sich Banken über die langfristigen Auswirkungen von Corona auf ihren Flächenbedarf noch nicht im Klaren. "Entsprechend werden Flächenentscheidungen eher verschoben", weiß Ape, "und zwar auf einen späteren Zeitpunkt, zu dem man sich mehr Klarheit verspricht." Das werde aber nicht zu einer Krise am Büromarkt führen. Denn der Leerstand ist gering, die Zahl der Mietvertragsverlängerungen aus Apes Sicht positiv und die Vorvermietungsquoten für im Bau befindliche Büroimmobilien in der Regel hoch. "Ungebrochen hoch ist auch die Nachfrage nach modernen Flächen in guten Lagen. Hier haben wir in allen Top-Märkten schon seit mehreren Jahren äußerst geringe Leerstände", so der Immobilien-Experte weiter. Generell gebe es keine spezifische Nachfrage nach Immobilien, die Banken und Sparkassen gehört haben. "Wie attraktiv die Lage für künftige Nutzer ist, hängt letztlich von Standort und Lage ab, sprich, wie attraktiv die Stadt allge-mein für Mieter und wie gut die individuelle Lage und deren infrastrukturelle Anbindung innerhalb der Stadt sind", erläutert Ape. In seinen Augen wird Flexibilität grund sätzlich immer wichtiger, nicht zwingend die Mietvertragsdauer, sondern vor allem die Gestaltung und die Belegung der Flächen. Das manifestiere sich beispielsweise in modernen Arbeitsplatzkonzepten. "Im Mittelpunkt steht dabei nicht die Flächenoptimierung aus Kostensicht, sondern der Mitarbeiter", konstatiert Ape. Der Experte hat wie Carstensen von Bulwiengesa zudem beobachtet, dass sich in Frankfurt am Main durch den Brexit die Flächennachfrage ausländischer Institute nur gering gesteigert hat. "Eher, aber auch nicht massiv, wirkt sich der EU-Austritt der Briten auf andere Teilnehmer in der Finanzbranche aus, zum Beispiel entsprechend spezialisierte Kanzleien oder Asset manager." ■ Autorin Barbara Bocks ist freie Wirtschaftsjournalistin in Bremen. Vor ihrer Arbeit als Journalistin war sie in einer deutschen Großbank tätig. Strategien zur erfolgreichen Bewältigung von Komplexität im Bankgeschäft • Einblicke in neue Prüfkonzepte der Bankenaufsicht • Überblick über die Herausforderungen der Finanzindustrie Dieses Buch liefert einen wertvollen Diskussionsbeitrag zum Umgang mit Komplexität in der Finanzbranche. Die damit verbundenen Themen und Fragestellungen werden sowohl innerhalb der Bankengruppen als auch zwischen diesen intensiv beleuchtet. Neben der fortlaufenden Suche nach neuen und vor allem dauerhaften Ertragsquellen steht insbesondere der notwendige Komplexitätsabbau im Mittelpunkt der Diskussionen. Einen Beitrag zu diesen sollen auch die im Rahmen dieser Schrift publizierten Beiträge […] Complexity Kills -Banken im Dickicht von Regulierung und verkrusteten Strukturen Beiträge des Duisburger Banken-Symposiums 2020. XV, 91 S. 28 Abb., 10 Abb. in Farbe. Geb. € (D) 49,99 | € (A)