key: cord-0053827-x5omng0h authors: Dechow, Mirko title: Projekte aus dem Homeoffice managen date: 2020-12-15 journal: Innov Verwalt DOI: 10.1007/s35114-020-0317-x sha: 95a52e2bcfb77d2654a321a44d5374a317792df9 doc_id: 53827 cord_uid: x5omng0h nan D ie Corona-Krise ist eine echte Bewährungsprobe für die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Innerhalb von sehr kurzer Zeit mussten Mittel und Wege gefunden werden, um die verschiedenen Arten von Verwaltungsleistungen bei gleichzeitigem Schutz der Mitarbeitenden und der Bevölkerung aufrechtzuerhalten. In vielen Fällen wurde zum Schutz der Mitarbeitenden und zum allgemeinen Gesundheitsschutz auf die Arbeit im Homeoffice (auch Remote-Arbeit genannt) gesetzt. Im Rahmen des sogenannten Restrukturierungsprojekts (RePro BW) für das Haushalts-, Kassen-und Rechnungswesen des Landes Baden-Württemberg mit rund 250 Beteiligten wird das gesamte Haushaltsmanagement der Landesverwaltung auf die neueste Generation der SAP-Technologie (S/4HANA und BW/4HANA) umgestellt. Gleich-zeitig wird das Kassenwesen in das SAP-Haushaltsmanagement integriert, weshalb der Produktivsetzungstermin am Jahreswechsel 2021/22 auch angesichts der Corona-Pandemie nicht verändert werden kann. Darüber sind die Ziele des Projekts, die Unterstützung der medienbruchfreien Verarbeitung von elektronischen Rechnungen sicherzustellen, die Datenschutz-Grundverordnung und die neuen Umsatzsteuervorschriften umzusetzen und perspektivisch die Doppikfähigkeit der Systeme zu gewährleisten (siehe Abbildung 1). Diese Steuerungs-und Kommunikationsstrukturen konnten in der Remote-Phase zielgerichtet ergänzt werden. Dabei wurden Anleihen bei agilen Arbeitsmethoden genommen, indem die Teilprojekte aufgefordert wurden, ihre Arbeit durch wöchentliche und tägliche Abstimmungsrunden (Weeklies and Dailies) noch stärker zu strukturieren. Die etablierten Steuerungsinstrumente (Offene-Posten-Listen, Arbeitsaufträge, Statusreports) dienen in diesen Abstimmungsrunden als sogenannte Backlogs. In den Runden werden die wöchentlichen und täglichen Arbeitspakete abgestimmt. Damit kann sichergestellt werden, dass alle Mitwirkenden gehört werden und über klare Arbeitsaufträge verfügen, obwohl in der Remote-Phase zahlreiche Ad-hoc-Gespräche entfallen müssen. Die Kommunikation zwischen Teilprojektleitungen und Projektleitung wurde durch regelmäßige wöchentliche Sprechstunden ergänzt, um durch diese Vernetzung (Linking-Pin-Struktur, siehe Abbildung 2) die Projektleitung auch auf informellem Weg mit wichtigen Informationen aus den Teilprojekten zu versorgen. Formale Entscheidungen und informelle Absprachen können auf diese Weise, trotz der räumlichen Distanz und der fehlenden persönlichen Kommunikation, effektiv von der Projektleitung über die Teilprojektleitungen zurück zur Bearbeitung in die Teilprojekte getragen werden und umgekehrt. Weitere Schritte zur Verbesserung der Zusammenarbeit waren eine Verständigung über Pausen-und Präsenzzeiten sowie Transparenz über die Erreichbarkeit aller Mitwirkenden. Nach mittlerweile einem halben Jahr der Remote-Arbeit im Projekt haben sich einige Faktoren herauskristallisiert, die in der Reflexion mit den Projektmitarbeitenden sowie weiteren Stake holdern des Projekts als wesentlich für den Erfolg der Remote-Arbeit bewertet werden. Neben der Beschaffung von zusätzlicher neuer Technik und der Anpassung der Steuerungs-und Kommunikationsstrukturen mussten sowohl gewohnte Arbeitsfor-mate als auch geplante Veranstaltungen neu gedacht und an die veränderten Anforderungen und technischen Gegebenheiten angepasst werden. So war es für den erfolgreichen Weiterbetrieb des Projekts aus dem Homeoffice heraus zielführend, dass an der Projektplanung, insbesondere im Austausch mit den Ressorts, festgehalten wurde. Wichtige Elemente im Projekt-Vorgehen, wie die Durchführung von Zielbildworkshops und der organisatorische Roll-out in den Ressorts sowie Fach-und Integrationstests, wurden daher im geplanten zeitlichen Rahmen, aber in veränderten Formaten durchgeführt. Hierbei wurde viel Konzeptions-und Abstimmungsaufwand in die Anpassung der Formate und den Aufbau von neuen Methoden investiert. Als Resultat konnten dadurch die Projekt-Meilensteine gehalten und alle wesentlichen Arbeitspakete abgearbeitet werden. Der Faktor Mensch steht im Mittelpunkt der Veränderungen, die sich durch die Corona-Pandemie ergeben haben. Die physische Veränderung des Arbeitsplatzes und des Arbeitsumfeldes, der fehlende unmittelbare Kontakt zu den Kollegen sowie oftmals plötzlich veränderte Anforderungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf haben zu weiteren Herausforderungen geführt, die adressiert werden mussten. Da der regelmäßige Austausch auf dem Flur, in der Kaffeeküche oder auch von Schreibtisch zu Schreibtisch wegfiel, wurde dies durch Telefonate kompensiert, die oftmals den eigenen Arbeitsrhythmus unterbrachen. Hierbei hat es sich für viele Mitarbeitende als hilfreich herausgestellt, sich selbst im Kalender feste Zeiten für die Bearbeitung von eigenen Themen sowie feste Pausenzeiten inklusive einer ausreichend langen Mittagspause zu blockieren. Stark zugenommen hat die Nutzung von Telefon-oder Web-Konferenzen. Um die Zusammenarbeit in solchen Konferenzen zu erleichtern, wurde von Beginn an eine Remote-Disziplin mit Spielregeln eingeführt, deren wichtigster Ordnungs- Grundsätzlich gilt für das Projekt Re-Pro BW, dass man anders aus der Krise hinausgehen wird, als man hineingegangen ist. Durch die konsequente Umgestaltung der Arbeitstechnik und die intensive Beschäftigung mit neuen Formaten der Zusammenarbeit hat man in diesem Projekt einen großen Schritt nach vorn in Richtung einer neuen flexibleren und digitalen Arbeitsweise gemacht. Diese Projekterfahrungen sind ein Ausschnitt aus den Veränderungen in der gesamten öffentlichen Verwaltung. Welche langfristigen Auswirkungen diese Erfahrungen haben werden, kann noch nicht abschließend bewertet werden. Dennoch hat sich bereits jetzt herausgestellt, dass Remote-Zusammenarbeit mit entsprechenden technischen und organisatorischen Anpassungen erfolgreich möglich ist. ■ SpringerProfessional Verteiltes Arbeiten kompakt, Wisbaden Arbeitsfähig mit Flexibilität und Pragmatimus, in: innovative Verwaltung Eigene Darstellung Abbildung 3: Checkliste für die Remote-Arbeit Ankündigung von Wortbeiträgen über die Chat-Funktion Stummschaltung des eigenen Mikrofons bei Telefon-und Webkonferenzen Protokollierung von gemeinsamen Terminen sowie Versand von offenen Punkten und Vereinbarungen Pünktliche Einwahl zu Telefon-und Webkonferenzen