key: cord-0051155-5b36405k authors: Heininger, Ulrich title: Pertussis (Keuchhusten) date: 2020-10-06 journal: Pneumologe (Berl) DOI: 10.1007/s10405-020-00345-2 sha: cb061ed3dfed01174dfcd7d0b9ffcef874330ae3 doc_id: 51155 cord_uid: 5b36405k Pertussis is caused by the gram-negative bacterium Bordetella pertussis. The disease manifestations range from unspecific coughing to life-threatening courses with hyperleukocytosis and respiratory failure, especially in young infants. The diagnosis is based on clinical symptoms and microbiological detection methods. The treatment consists of macrolide antibiotics and caffeine can be used against apnea. The incidence is 10–40 cases/100,000 inhabitants per year and highest in infants (approximately 50), followed by adolescents (30–35). In the first 5 months of life more than 50% of all children with pertussis are hospitalized. Vaccination prevention consists of basic immunization and regular booster doses with acellular component vaccines. Vaccination of pregnant women is the most promising strategy to prevent severe pertussis in young infants. Infants of vaccinated mothers should still be immunized in a timely manner for their own protection from the age of 2 months onwards. Pertussis ist trotz verfügbarer Impfstoffe eine häufige Infektionskrankheit. Dies hat verschiedene Gründe: suboptimale Wirksamkeit der Impfstoffe, zu späte und unvollständige Durchführung der empfohlenen Impfungen sowie kontinuierlich nachlassender Impfschutz [1] . Ohne vollständige Kenntnis der Epidemiologie, konsequente Diagnostik, Meldung aller Krankheitsfälle und Umsetzung der bestehenden Impfempfehlungen wird diese Krankheit weiterhin einen hohen Tribut fordern. Jeder Pädiater sollte deshalb die Merkmale der Krankheit und ihre Präventionsmöglichkeiten kennen. Pertussis wird durch das gramnegative Bakterium Bordetella pertussis hervorgerufen. Ein geringer, regional und im zeitlichen Verlauf variabler Anteil keuchhustenähnlicher Krankheitsbilder wird durch B.-parapertussis-oder B.-holmesii-Bakterien verursacht [1] . Wichtigster Virulenzfaktor von B. pertussis ist das Pertussistoxin (PT). Es inhibiert G-Proteine, wodurch auch die charakteristische Leukozytose (durch Lymphozytose) bedingt ist [2] . Pertussis is caused by the gram-negative bacterium Bordetella pertussis. The disease manifestations range from unspecific coughing to lifethreatening courses with hyperleukocytosis and respiratory failure, especially in young infants. The diagnosis is based on clinical symptoms and microbiological detection methods. The treatment consists of macrolide antibiotics and caffeine can be used against apnea. The incidence is 10-40 cases/100,000 inhabitants per year and highest in infants (approximately 50), followed by adolescents (30) (31) (32) (33) (34) (35) . In the first 5 months of life more than 50% of all children with pertussis are hospitalized. Vaccination prevention consists of basic immunization and regular booster doses with acellular component vaccines. Vaccination of pregnant women is the most promising strategy to prevent severe pertussis in young infants. Infants of vaccinated mothers should still be immunized in a timely manner for their own protection from the age of 2 months onwards. Bordetella pertussis · Transmission · Polymerase chain reaction · Antibiotics · Immunization Krankheitszeichen Manifestation und Verlauf Nach einer Inkubationszeit von 7 bis 10 Tagen manifestiert sich die Krankheit sehr variabel: von leichtem, unspezifischen Husten über wochenlang anhaltende, intermittierende Hustenattacken ("Keuchhusten") bis hin zu lebensbedrohlichen Verläufen mit Hyperleukozytose und respiratorischer Insuffizienz. Letale Verläufe werden fast ausschließlich im jungen Säuglingsalter beobachtet [1, 3] . Junge Säuglinge ohne von der Mutter passiv erworbene Immunität gegen B. pertussis erkranken bei Exposition besonders schwer. Statt intermittierenden Hustenattacken können rezidivierende Apnoen mit Bradykardien im Vordergrund stehen, die eine stationäre Überwachung und ggf. intensivmedizinische Betreuung erforderlich machen [4] . Gleiches gilt für den Fall einer leukämoiden Lymphozytose im peripheren Blutbild, die durch den Effekt des PT hervorgerufen wird. Dieses Toxin wird nur durch B. pertussis exprimiert. Die Werte können 30.000 Zellen/μl und mehr erreichen. Gefürchtete Folgen der Lymphozytose sind die Bildung von Lymphozytenaggregaten im Lungenkapillargebiet und eine konsekutiv auftretende respiratorische Globalinsuffizienz, die tödlich verlaufen kann [5] . Die Kinderärztin hat richtig gehandelt und bei V. a. Pertussis Nasopharyngealsekret für eine pertussisspezifische PCR von Lea entnommen. Eine serologische Antikörperbestimmung wäre nicht hilfreich gewesen, da diese allenfalls transplazentar übertragene mütterliche IgG-Antikörper nachgewiesen hätte. Bei Pertussis durch Infektion mit B. pertussis (sic!) im Säuglingsalter ist ein Differenzialblutbild zur Früherkennung einer bedrohlichen Lymphozytose unverzichtbar [6] . Säuglinge, die bereits eine oder mehrere Impfdosen erhalten haben, bilden dank den vorhandenen Anti-PT-Antikörpern kaum noch eine Lymphozytose aus. Die Diagnose einer Pertussis stützt sich auf die klinische Symptomatik, ergänzt durch mikrobiologische Nachweisverfahren wie PCR und/oder serologische Bestimmungen (Tab. 1; [7] ). Das sensitivste Nachweisverfahren in den ersten 2 bis 3 Krankheitswochen ist der Nachweis des Erregers mithilfe der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) im Nasopharyngealsekret. Fehlen die typischen Krankheitszeichen(Hustenattacken, anschließendes Erbrechen und inspiratorisches Juchzen), wird die Diagnose häufig übersehen [4] . -Das Sekret für den Nachweis von B. pertussis muss tief aus dem Nasopharynx gewonnen werden (Absaugen oder Abstrich). Ab der 3. Krankheitswoche ist die serologische Untersuchung diagnostisch erfolgversprechend. Dabei wird in einer Serumprobe der Anti-PT-IgG-Wert bestimmt. Voraussetzung für eine gute Aussagekraft ist, dass der Patient mindestens 6 (bis 12) Monate alt ist, somit keine interferierenden maternalen Antikörper mehr im Blut hat und dass in den letzten 12 Monaten keine Pertussisimpfung stattgefunden hat (die ebenfalls zu erhöhten Antikörpertitern führen kann). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, gelten Werte von mindestens 50 EU/ml als starker Hinweis auf eine kürzlich stattgefundene B.-pertussis-Infektion [7] . Lebensbedrohliche Blutbildveränderungen erfordern die Durchführung von Austauschtransfusionen [11] . Bei respiratorischer Insuffizienz kann eine extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) lebensrettend sein [12] . Abb. 2 hältlich, wären aber z. B. für die Impfung von schwangeren Frauen wünschenswert [17] . Kinder, die an Pertussis erkrankten, entwickeln keine dauerhafte Immunität und sollten deshalb trotzdem gegen Pertussis geimpft werden. Zudem sind keine Impfstoffe ohne Pertussisantigene für die ab dem Alter von 2 Monaten empfohlene Impfprophylaxe verfügbar. Auch lässt die Anwendung der Pertussisimpfung in Gegenwart vorbestehender spezifischer Antikörper keine vermehrten Nebenwirkungen erwarten, sodass die komplette reguläre Impfserie bei zuvor an Pertussis erkrankten Kindern die einzig sinnvolle Maßnahme darstellt. Nachdem in den 1950er-Jahren die ersten Pertussisimpfstoffe auf der Basis komplett abgetöteter B.-pertussis-Bakterien, "Ganzkeimimpfstoffe", eingeführt wurden, kam es zum Rückgang der Krankheitslast. Diskussionen um angeblich durch die Pertussisimp-CME fung verursachte Hirnschäden bei Säuglingen ("Enzephalopathie") führten in den 1970er-Jahren zum Aussetzen der Impfempfehlung in vielen Ländern, so auch in Deutschland. Im Nachhinein bestätigte sich, was viele Experten von Beginn an vermuteten: Die Behauptungen waren auf Koinzidenz und nicht auf Kausalität zurückzuführen [18] . Daraufhin wurde die Impfung in Deutschland rehabilitiert [19] und wird seit 1991 wieder empfohlen. Nichtsdestoweniger hatten die Diskussionen die Entwicklung der mutmaßlich sichereren, definitiv aber besser verträglichen oben genannten azellulären Vakzinen induziert und nach ausgedehnten klinischen Studien zu deren Zulassung geführt [1] . Seitdem haben die Pertussisimpfempfehlungen in Deutschland eine stetige Veränderung mit sukzessiver Erweiterung der Zielgruppen für den Impfschutz erfahren (Tab. 4). Der Hypothese, dass der in vielen Ländern be- obachtete Wiederanstieg ("reemergence") von Pertussis auf den Wechsel von Ganzkeim-zu den weniger effizienten azellulären Impfstoffen zurückzuführen sei [20] , kann nicht zugestimmt werden [21, 22] . Die Pertussisimpfung in der Schwangerschaft ist ein in vielen Ländern aktuell diskutiertes Thema [23] , auch in Deutschland [24] . Sie gilt als sicher und effizient und sollte unabhängig vom mütterlichen Pertussisimpfstatus in jeder Schwangerschaft erneut erfolgen [25] . Ihr Ziel ist es -neben dem direkten Schutz der Schwangeren selbst -insbesondere das Neugeborene mit dem optimalen Repertoire an transplazentar übertragenen mütterlichen Antikörpern gegen B. pertussis auszustatten [26] . Dadurch können die bedrohlichen Krankheitsfälle bei jungen Säuglingen mit noch fehlendem oder unvollständigem eigenen Impfschutz wirkungsvoll CME verhindert werden. Als Folge der durch die mütterlichen Antikörper vermittelten kindlichen Leihimmunität könnte man vermuten, dass eine Verschiebung des 1. Impftermins vom Alter 2 auf z. B. 3 Monate sinnvoll wäre, um einen negativen Einfluss ("blunting") auf die eigene Immunitätsentwicklung beim Kind zu entgegnen [27] . Ein derartiges Vorgehen wird aktuell in den Niederlanden diskutiert [28] . Der Autor des vorliegenden Beitrags ist der Ansicht, dass dies wenig begründet ist. Zum einen kann ein negativer Effekt der zeitgerechten Impfung nicht konsistent gezeigt werden [29] . Zum anderen wird durch eine Verschiebung des Impfbeginns der Impfschutz gegen die anderen Krankheiten (wie z. B. invasive Haemophilus-influenzae-Typ-b[Hib]-Infektionen) verzögert, was ein unnötiges Risiko darstellt [30] . Hrsg) Feigin and cherry's textbook of pediatric infectious diseases, 6 Role of major toxin virulence factors in pertussis infection and disease pathogenesis Bordetella pertussis. Microbiol Spectr Serious pertussis overlooked in infants Pathology and pathogenesis of fatal Bordetella pertussis infection in infants An Observational Study of Severe Pertussis in 100 Infants ≤120 Days of Age What to do and what not to do in serological diagnosis of pertussis: recommendations from EU reference laboratories Pertussis Antibiotic treatment of pertussis: are 7 days really sufficient? Caffeine to prevent respiratory failure and improve outcome in infant pertussis Exchange blood transfusion in the management of severe pertussis in young infants Extracorporeal membrane oxygenation for pertussis: predictors of outcome including pulmonary hypertension and leukodepletion Update on pertussis in children Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz -IfSG Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut -2019/2020 Is there a need for a stand-alone acellular pertussis vaccine? Pertussis vaccine encephalopathy': it is time to recognize it as the myth that it is Asymptomatic transmission and the resurgence of Bordetella pertussis The pertussis enigma: reconciling epidemiology, immunology and evolution Comparative epidemiologic characteristics of pertussis in 10 central and eastern European countries Review of vaccination in pregnancy to prevent pertussis in early infancy Wissenschaftliche Begründung für die Empfehlung der Pertussisimpfung mit einem Tdap-Kombinationsimpfstoff in der Schwangerschaft Safety and effectiveness of acellular pertussis vaccination during pregnancy: a systematic review Impfen in der Schwangerschaft zum frühen Infektionsschutz für Neugeborene The influence of maternally derived antibody and infant age at vaccination on infant vaccine responses: an individual participant meta-analysis Maternal pertussis vaccination and its effects on the immune response of infants aged up to 12 months in the Netherlands: an open-label, parallel, randomised controlled trial Sustained effectiveness of the maternal pertussis immunization program in england 3 years following introduction Early prevention of pertussis is key ?