key: cord-0051035-jwyt4gwm authors: Larsen, Reinhard title: Störungen des Wasser- und Elektrolythaushaltes date: 2016-06-14 journal: Anästhesie und Intensivmedizin für die Fachpflege DOI: 10.1007/978-3-662-50444-4_59 sha: 0ef36cda7fc51d551b29155dafbec6eb09cf2b67 doc_id: 51035 cord_uid: jwyt4gwm Störungen des Wasser- und Elektrolythaushalts treten beim Intensivpatienten häufig auf. Zunächst ist immer die extrazelluläre Flüssigkeit betroffen, bei chronischen Störungen schließlich auch der Intrazellulärraum. Störungen des Extrazellulärraums sind im Wesentlichen Störungen des Natrium- und Wasserbestands. Bei der Behandlung dieser Störungen müssen die Zusammensetzung der Flüssigkeitskompartimente und ihre normalen Regulationsmechanismen berücksichtigt werden Die großen Kompartimente unterscheiden sich erheblich voneinander in der Zusammensetzung ihrer Bestandteile. Während Wasser als freies Lösungsmittel sich praktisch ungehindert in allen Kompartimenten ausbreiten kann, ist die Ausbreitung der gelösten Substanzen begrenzt. Praktisch wichtig ist v. a. die Extrazellulärflüssigkeit, weil sie als Plasma leicht für eine Laboranalyse zugänglich ist, während die Zusammensetzung der intrazellulären Flüssigkeit unter klinischen Bedingungen nicht untersucht werden kann. Zudem ist die Zusammensetzung der ICF in den einzelnen Geweben wahrscheinlich nicht einheitlich. Nimmt der Mensch hingegen Salz in höherer Konzentration als derjenigen der Extrazellulärflüssigkeit zu sich, steigt dort die Natriumkonzentration an. Hierdurch tritt eine Umverteilung des Wassers von intrazellulär nach extrazellulär auf, bis das osmotische Gleichgewicht zwischen den beiden Kompartimenten wieder hergestellt ist. Die Osmolarität ist aber höher als vor der Salzaufnahme. Die Auswirkungen sind gleich, wenn eine Hyponatriämie ausgelöst wird, weil mehr Natrium als Wasser verloren geht. Dies gilt auch, wenn eine Hypernatriämie auftritt, weil mehr Wasser als Salz verloren wird. In beiden Fällen ist aber der Gesamtwasserbestand vermindert. Werden hingegen Wasser und Natrium in gleichem Maß, d. h. isoosmotisch verloren, treten keine Verschiebungen von Wasser zwischen intra-und extrazellulärem Raum auf. Dies gilt auch für einen isoosmotischen Zuwachs an Wasser und Natrium. Das extrazelluläre Volumen nimmt ab bzw. zu. Der Elektrolytbedarf eines Gesunden oder Kranken ist sehr unterschiedlich. Lebt der Mensch völlig salzfrei, so wird innerhalb weniger Tage kein Natrium mehr im Urin ausgeschieden. Kalium wird hingegen nicht so gut konserviert wie Natrium. Ist die Nahrung kaliumarm, tritt bald ein Kaliummangel auf. Die tägliche Kaliumaufnahme beträgt etwa 4-6 g KCl. Magnesium wird vom Organismus gut konserviert. Leider sind Berechnungen für den Wasser-und Elektrolytbedarf, die sich am Körpergewicht oder Alter orientieren, ungenau. Sinnvoller ist hingegen eine Berechnung, die sich auf den Stoffwechsel bezieht (. Tab. 59.4). Im Mittelpunkt der Störungen steht zunächst immer die Extrazellulärflüssigkeit. Sie ist über das Plasma leicht einer Laboranalyse zugänglich. Bei chronischen Störungen muss auch die Intrazellulärflüssigkeit mit berücksichtigt werden. Vereinfacht handelt es sich hierbei hauptsächlich um Störungen des Natrium-und Wasserbestandes. Die wichtigsten Störungen sind: 5 isotone Dehydratation (Dehydratation = Wassermangel), 5 hypertone Dehydratation, 5 hypotone Dehydratation, 5 isotone Hyperhydratation (Hyperhydratation = Überwässerung), 5 hypertone Hyperhydratation, 5 hypotone Hyperhydratation. Bei der hypertonen Dehydratation wurde mehr Wasser als Natrium verloren. Hierdurch kommt es zu Wassermangel, Hypernatriämie und Anstieg der Plasmaosmolalität (Hyperosmolalität). Hierbei müssen einige Besonderheiten beachtet werden: Infusionen und Injektionen: Schritt für Schritt in Wort und Bild -mit www Das Serumnatrium ist normal, Flüssigkeitsverschiebungen zwischen intra-und extrazellulär treten nicht auf. Bei der hypotonen Dehydratation wird mehr Natrium als Wasser verloren (= Salzmangel), z. B. bei chronischer Niereninsuffizienz oder bei Nebennierenrindeninsuffizienz. Es besteht ein Mangel an Wasser und an Natrium; die Plasmaosmolalität ist erniedrigt, der Extrazellulärraum verkleinert, die Zellen überwässert. Es besteht ein Überschuss an Wasser und gelösten Substanzen; die Plasmaosmolaität ist erhalten; überwässert ist v. a. der Extrazellulärraum. Kennzeichen sind ein Wasserüberschuss und ein Überschuss an gelösten Substanzen. Die Plasmaosmolalität ist erhöht, das Serumnatrium ebenfalls; der Hämatokrit ist erniedrigt; die Zellen sind entwässert. Wichtige Ursache sind Verluste von Körperflüssigkeiten, Salzverluste, SIADH. Die Störung tritt auch auf, wenn isotone Flüssigkeitsverluste nur mit Wasser (z. B. isotoner Glukoselösung) ohne oder mit zu wenig Elektrolytzusatz behandelt werden. Das Serumnatrium ist erniedrigt (Hyponatriämie), das extrazelluläre Volumen ebenfalls, weil Wasser nicht nur nach außen verloren wird, sondern auch entlang dem entstandenen osmotischen Gradienten in die Zelle einströmt (Gefahr der Hirnschwellung). Diese Störung ist meist schwerwiegend und erfordert ein entschlossenes (aber überlegtes) Vorgehen, besonders, wenn die Serumnatriumkonzentration auf weniger als 125 mmol/l abgefallen ist (= schwere Hyponatriämie). Bei Hypovolämie muss vorrangig das extrazelluläre Volumen wiederhergestellt werden, und zwar durch Infusion von 0,9%iger NaCl-Lösungen in einer Dosierung von 0,5-1 ml/kg/h. Bei schwerer Hyponatriämie muss hypertone 3%ige Kochsalzlösung infundiert werden. Hierunter sollte die Serumnatriumkonzentration in den ersten 24 h nur um 6 mmol/l bis maximal 10 mmol/l ansteigen, danach um 8 mmol/l pro 24 h bis sie 130 mmol/l erreicht. Wichtige Ursachen sind die exzessive Zufuhr von hypertoner Kochsalzlösung (sollte eigentlich nicht passieren!); falsche Behandlung von Durchfällen bei Kleinkindern. Als Folge können extreme Flüssigkeitsverschiebungen auftreten; besonders betroffen ist hierbei das Gehirn: es wird gewissermaßen dehydriert.Die Behandlung erfolgt notfallmäßig: Diuretika, vorsichtige Infusion natriumarmer halb-bis drittelisotoner Lösungen, um die Plasmaosmolalität zu senken, kochsalzarme Diät, wenn erforderlich Dialyse.