key: cord-0050800-98sfgjnm authors: Gebhardt, Stefan; Nestor, Milena; Wörner, Verena; Vedder, Helmut title: Bedarf an stationärer Eltern-Kind-Therapie mit Kindern bis zu sechs Jahren date: 2020-10-05 journal: DNP DOI: 10.1007/s15202-020-2844-x sha: cc7705168e513a181256baff642857331ada9171 doc_id: 50800 cord_uid: 98sfgjnm nan D ie stationäre Mutter/Vater-Kind-Behandlung in der Psychiatrie hat in den letzten zehn Jahren an Bedeutung gewonnen. Dies betrifft insbesondere die spezifische Behandlung postpartaler Erkrankungen bei Müttern mit Kindern im Säuglingsalter. Dagegen wurden Mütter und Väter mit etwas älteren Kindern im Kindergarten-oder Vorschulalter bislang wenig beachtetobgleich für diese Gruppe wichtige Indikationen bestehen und sich solche Behandlungen sowohl für die Mütter und Väter als auch für die Kinder als sehr erfolgreich erwiesen haben. Niedergelassene Praxen profitieren deutlich von einem solchen stationären Angebot, da während des Aufenthalts eine multiprofessionelle Weichenstellung vorgenommen werden kann, die den ambulanten Sektor deutlich entlastet. Dass der Bedarf für diese spezifische Versorgung hoch ist, wird im Folgenden anhand von Zahlen aus der Literatur und eigenen Erhebungen aufgezeigt. Weltweit leiden 10-20 % der Kinder unter einer psychischen Störung [1], in Deutschland sind es etwa 10 % [2]. Angesichts der zunehmenden weltweiten Probleme (Klimakrise, COVID-19 und andere) muss eher mit einer Zu-als einer Abnahme psychischer Krankheiten gerechnet werden. International betrachtet sind 23-32 % der erwachsenen, psychia-trisch stationär aufgenommenen Patienten Kinder psychisch kranker Eltern [3] . In Deutschland gibt es etwa 2,6 Millionen Kinder mit psychisch kranken Eltern [3], anderen Quellen zufolge sind es 3 bis 4 Millionen [4] . Experten gehen von rund 3,8 Millionen Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren aus, bei denen im Laufe eines Jahres ein Elternteil psychisch erkrankt, wie das Familienministerium in einer Antwort auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken angab [5, 6] . Darunter Finanziert wird eine Mutter/Vater-Kind-Behandlung, wenn aufgrund der elterlichen Erkrankung eine Beziehungsstörung zum Kind besteht und wenn eine gemeinsame stationäre Aufnahme indiziert ist, um psychiatrischen Auffälligkeiten beim Kind präventiv zu begegnen. Leider ist die Finanzierung der stationären Mutter/Vater-Kind-Behandlung bislang in keiner Weise kostendeckend. Der aktuelle Operationen-und Prozedurenschlüssel beispielsweise sieht nur ein vergleichsweise geringes Zusatzentgelt für Mütter und Väter mit Kindern vor, und dies zudem nur für Kinder bis zum Alter von vier Jahren. Manche Erkrankungen der Eltern werden aber erst relevant, wenn die Kinder schon älter sind. Beispielsweise brauchen Patienten mit Zwangsstörungen oft viele Jahre, bis sie überhaupt den Weg zu einem Arzt finden. Gerade aber Kinder im Kindergarten-und Vorschulalter (drei bis sechs Jahre) haben einen großen Wissensdrang. Sie bedürfen einer besonderen Unterstützung in der Interaktion und einer guten Psychoedukation. So wissen wir von erwachsen gewordenen Kindern psychisch kranker Eltern, dass sie sich als Kind vor allem aufklärende Gespräche zur Erkrankung ihres Elternteils gewünscht hätten, sowie Unterstützung darin, die Situation emotional zu verarbeiten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich im Vorschulalter die Wahrnehmung nach außen weiter öffnet und differenziert. Auch mit der Weiterentwicklung der Sprache stellen sich dem Kind mehr Fragen zu Themen, die es selbst be-treffen, und die es zuallererst an die eigenen Eltern als Hauptbezugspersonen richtet. Zudem unterliegen Kinder in diesem Alter häufig dem sogenannten magischen Denken -um hier der Entwicklung falscher Grundannahmen, die mit Schuldgefühlen oder Gewissenskonflikten einhergehen können, entgegenzuwirken, ist eine kindgerechte Aufklärung besonders wichtig. Ein weiteres Problem ist, dass sich bei Kindern bis zum Schulalter bereits ein ungünstiger Teufelskreislauf in der Eltern-Kind-Interaktion gebildet haben kann: Die psychisch kranke Mutter würde einerseits gerne eine stationäre Behandlung in Anspruch nehmen, kann dies jedoch nicht, da sie dann die ohnehin geschwächte Beziehung zu ihrem Kind gefährden könnte. Auf der anderen Seite verstärkt sich durch eine ausblei- Der Versorgungsbedarf von Familien mit psychisch erkrankten Elternteilen ist groß: Die Zahl der Kinder psychisch kranker Eltern wird in Deutschland auf drei bis vier Millionen geschätzt. Die stationäre Mutter/Vater-Kind-Behandlung in der Psychiatrie stellt dabei einen wichtigen ergänzenden Baustein in der Versorgungslandschaft dar, der eine intensive Behandlung und Weichenstellung zum weiteren ambulanten Prozedere ermöglicht. Sie hat eine sowohl therapeutische als auch eine präventive Wirksamkeit und nicht zuletzt einen hohen gesamtgesellschaftlichen (auch ökonomischen) Nutzen. Darüber hinaus sehen wir eine dringende ethische Notwendigkeit, den Betroffenen diese Therapieform nicht vorzuenthalten. Jedoch ist die Finanzierung bislang nicht kostendeckend und generiert eine Schieflage zwischen Bedarf und Angebot. Insbesondere Mütter und Väter mit Kindern mit Kindern, die älter als vier Jahre sind, werden nicht berücksichtigt. Aufgrund unserer Schätzung wären für eine stationäre psychiatrischpsychotherapeutische Behandlung von Müttern und Vätern mit zwei-bis sechsjährigen Kindern pro Jahr und pro 1 Million Einwohner 110 bis 250 Mutter/Vater-Kind-Dyaden geeignetwenigstens aber 25 Dyaden sollte ein Behandlungsplatz angeboten werden können. Bipolar-I und Bipolar-II) 1,5 % (1 : 1 AD(H)S zirka 4 %