key: cord-0050183-pdyr793a authors: Deutsch, Johann title: Embryologie und Physiologie der Leber date: 2013 journal: Pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung DOI: 10.1007/978-3-642-24710-1_13 sha: b17cf11810d72c6cd7fe69ea2adc305f1e4bcb2b doc_id: 50183 cord_uid: pdyr793a Am 18. Gestationstag, bei einer Länge des Embryos von etwa 2,5 mm, verdickt sich das distale Ende des Vorderdarms und beginnt, sich als Leberknospe vorzuwölben (Leberdivertikel; Tab. 13.1). Zu Beginn des Lebens ist der Dottersack für Ernährung und alle Stoffwechselfunktionen verantwortlich. Mit dem Beginn der Entwicklung der einzelnen Organe übernimmt die Leber immer mehr der wesentlichsten Funktionen. Im Gegensatz zur Situation bei der Leberregeneration im späteren Leben ist über die Steuerungsmechanismen in der Frühphase der menschlichen Entwicklung bis zum Sichtbarwerden der Leberknospe am distalen Ende des Vorderdarms nichts bekannt. Am 18. Gestationstag, bei einer Länge des Embryos von etwa 2,5 mm, verdickt sich das distale Ende des Vorderdarms und beginnt, sich als Leberknospe vorzuwölben (Leberdivertikel; . Tab. 13.1). In den folgenden Tagen wächst diese endodermale Sprosse in kranioventraler Richtung gegen eine Mesenchymplatte vor (Septum transversum). Danach durchdringen die endodermalen Zellen gleichzeitig mit dem sinusoidalen Netzwerk der Blutgefäße mit immer weiteren Aufzweigungen das Mesoderm des Septum transversum und bilden die Leber. Innerhalb der folgenden 3 Gestationswochen füllt die Leber den größten Teil der Bauchhöhle aus. Durch den Kontakt mit den mesenchymalen Elementen des Septum transversum differenziert sich die Lebersprosse weiter in proliferierende Stränge von Hepatoblasten (ab der 4. Woche; Länge des Embryos: 5-7 mm), die sich sowohl zu Hepatozyten als auch zu intrahepatischen Gallenwegen weiterentwickeln. Sie bleiben dabei in engem Kontakt mit den sich weiter verzweigenden Ästen der Vitellin-Venen und bilden ein System miteinander in Verbindung stehender Leberzellplatten. Gleichzeitig entwickelt sich aus den größeren Venen (V. mesenterica, V. umbilica, Ductus venosus) ein Netzwerk kleiner venöser Verzweigungen zwischen den Strängen von Hepatozyten. Vom Leberhilus ausgehend (etwa 6. Gestationswoche) flachen die Hepatoblasten an der Grenze zwischen Leberparenchym und Mesenchym des Portaltrakts ab und bilden eine kontinuierliche Lage gallengangähnlicher, kubischer Zellen (Duktalplatte). Die Zellen zeigen eine gallengangspezifische Immunreaktivität für Zytokeratin 19, während weiter entfernt vom Portaltrakt befindliche Hepatoblasten diese Immunreaktivität verlieren. Dieser Prozess setzt sich in die Peripherie fort, so dass jede Region der Leber (bis etwa zur 16. Gestationswoche) eine Duktalplatte erhält. Danach bildet sich eine zweite Lage gallengangähnlichen Epithels durch Verdopplung der Duktalplatte. Daraus entsteht ein Lumen, das einen Kranz von plattenähnlichen, luminalen Strukturen rund um die Portalvene bildet. Die Remodellierung der Duktalplatte in tubuläre Gallengangstrukturen beginnt in der gleichen Weise an der Porta hepatis zwischen der 11. und 13. Gestationswoche. Die tubulären Strukturen zeigen zunächst ein elliptisches, später ein kreisrundes Lumen und liegen schließlich zentral im Portaltrakt -Mesenchym. Verbleibende periphere Duktalplattenstrukturen verschwinden. Die Remodellierung der Duktalplatten in das duktuläre Gallengangsystem ist etwa 4 Wochen nach der Geburt abgeschlossen. Das reife Gallenwegsystem wird durch einen vaskulären Plexus versorgt, der von der Leberarterie gespeist wird. Die arteriellen Gefäße und der peribiliäre Plexus beginnen ebenfalls, vom Leberhilus aus in die Peripherie vorzuwachsen. Sowohl das Gallenwegsystem als auch das hepatische arterielle Blutgefäßsystem reifen bis zur Adoleszenz weiter aus. Die Lumina des Ductus choledochus, der Gallenblase und des Ductus hepaticus communis sind immer offen und stehen mit dem Lumen des Verdauungstrakts in Verbindung. Auf der anderen Seite stehen sie mit den plattenähnlichen Duktalstrukturen der Leber in Verbindung, d. h. dass (von der 12. Gestationswoche an) die intrahepatischen Gallengangstrukturen immer offen mit dem Darmlumen in Verbindung stehen. Derzeit ist noch unklar, wie das Gallenwegsystem an das Leberparenchym Anschluss gewinnt. Intralobuläre Duktuli entspringen von terminalen Gallenwegen und erstrecken sich bis etwa ein Drittel der Distanz zur terminalen Lebervene in das Parenchym. Die Duktuli gehen in den Hering-Kanal über und bilden dadurch die Basis für die Drainage der Galle aus dem Leberparenchym. Die extrahepatischen und größeren intrahepatischen Gallenwege besitzen peribiliäre Drüsen, die unmittelbar angrenzend an das Gallenganglumen in das Mesenchym eingebettet sind. Diese extrahepatischen Drüsen entwickeln sich parallel zur Drüsenbildung des gesamten Verdauungstrakts als mikroskopisch kleine, divertikuläre Ausbuchtungen entlang der extrahepatischen Gallenwege. Intrahepatische peribiliäre Drüsen entwickeln sich auch vom Duktalplattenepithel aus. In der 40. Gestationswoche werden diese Drüsen auch am Leberhilus, entlang der großen Gallenwege sichtbar. Sie formen azinäre Strukturen, die sich im weiteren Verlauf zahlenmäßig vermehren und organisieren, bis sie ungefähr im Alter von 15 Jahren ausgereift sind. Die Veränderungen der Enzymkonzentrationen während der Entwicklung werden wahrscheinlich von der sequenziellen Änderung der Aktivität zirkulierender Hormone beeinflusst. Die strukturelle und funktionelle Entwicklung der Leber beeinflusst auch Absorption, Verteilung, Ausscheidung und Metabolisierung von Medikamenten und anderen Xenobiotika, sowohl der Phase-1-(Oxidation-Reduktion, Hydrolyse) als auch der Phase-2-Reaktionen (Konjugation mit Sulfat, Acetat, Glukuronsäure, Glycin und Glutathion). Überschüssige Kohlenhydrate werden in der Leber als Glykogen gespeichert. Von dort werden sie in Phasen des Hungers rasch wieder durch Hydrolyse freigesetzt. Unmittelbar nach der Geburt ist das Neugeborene von der hepatischen Glykogenolyse abhängig, jedoch bereits zur Glukoneogenese fähig. Bevor das Neugeborene Muttermilch bekommt, entsteht ein Mangel an Glukose. Ketonkörper stehen aufgrund einer verzögerten Ketogenese nicht zur Verfügung, daher wird das Neugeborene durch andere Stoffwechselprodukte wie Laktat als Energiequelle versorgt. Nicht nur die Leber, sondern auch Lunge, Herz und Gehirn verwenden Laktat für Energieproduktion und Lipogenese. Die Glykogensynthese beginnt beim Fetus um die 9. Schwangerschaftswoche. Die Glykogenspeicher nehmen unmittelbar vor der Geburt stark zu, sie sind 2-bis 3-mal höher als in der Erwachsenenleber (40-60 mg/g Leber). Der überwiegende Anteil dieser Glykogenspeicher wird unmittelbar postnatal vom Neugeborenen wieder verbraucht. Um die 2. postnatale Woche kommt es wieder zu einer Zunahme der Glykogenspeicher, so dass sie bei normalen, reifgebore-nen Säuglingen um die 3. Lebenswoche die Konzentration Erwachsener erreichen. In dieser Phase kann der Blutzuckerspiegel des Neugeborenen etwa 10-12 h lang durch Glykogenolyse konstant gehalten werden; der Leberglykogengehalt wird dabei bis auf 12 mg/g Leber reduziert. Der Beginn der Glykogenolyse wird wahrscheinlich durch einen Anstieg des Glukagon-und einen Abfall des Insulinspiegels im Plasma nach der Geburt stimuliert. > Glukoneogenese (Synthese von Glukose aus Laktat, Aminosäuren und anderen kleinen Molekülen) ist in der fetalen Leber kaum nachweisbar. Erst nach der Geburt kommt es zu einem signifikanten Anstieg des für die Glukoneogenese limitierenden Enzyms (Phosphoenolpyruvatcarboxykinase). Die Leber ist der Hauptort für den Abbau von Ammoniak (aus peripheren Geweben wie Muskulatur). Zum Zeitpunkt der Geburt sind (mit 2 Ausnahmen) die meisten Enzyme vorhanden, welche den Aminosäurenstoffwechsel regeln. Der relative Mangel an p-OH-Phenylpyruvatoxidase könnte die Ursache der transienten neonatalen Hypertyrosinämie sein, die bei Frühgeborenen häufiger vorkommt. Ebenso könnte Cystein für den Fetus und das Neugeborene eine essenzielle Aminosäure darstellen, da es erst nach der Geburt zu einem raschen Anstieg der Cystathionaseaktivität in der Leber kommt. Die Glutaminsynthese ist von der Mitte der Schwangerschaft bis zur Geburt in allen fetalen Hepatozyten möglich. Nach der Geburt kommt es zur vorwiegenden Expression der Glutaminsynthetase in den perivenösen Hepatozyten. Diese zonale Verteilung persisiert bis in das Erwachsenenalter und ändert sich auch bei Leberzellschaden oder -regeneration nicht. > Die Fettsäureoxidation ist eine größere Energiequelle, die sowohl die Glykogenolyse als auch die Glukoneogenese verstärkt. -Ausscheidung von Wasser sowie organischen und anorganischen Verbindungen in die Gallekanalikuli. Zusätzlich erfolgt eine parazelluläre Sekretion von Elektrolyten, Wasser und unlöslichen Bestandteilen über den "junction complex". Die Zusammensetzung der Galle, die bei Menschen in das Lumen der Kanalikuli sezerniert wird, ist nicht bekannt. Die Menge der Galle, die innerhalb von 24 h (gesammelt durch T-Tuben) produziert wird, liegt bei 500-600 ml. Bei Säuglingen und Kindern ist diese Menge wahrscheinlich proportional geringer. Die Elektrolytkonzentration der Galle ist bei Tieren und Menschen ähnlich (wahrscheinlich auch beim sich entwickelnden menschlichen Organismus). Es existieren deutliche Speziesunterschiede bezüglich anderer Gallebestandteile und des Galleflusses. Die Konzentration der Gallensalze ist während der fetalen und neonatalen Periode niedrig und steigt mit der Reifung der Gallensäurenbiosynthese, der steigenden Transportkapazität innerhalb des Dünndarms und des hepatischen Anteils der enterohepatischen Zirkulation an, und zwar von <0,05 mM bei menschlicher fetaler Galle vor der 17. Schwangerschaftswoche bis zur 20-fachen Konzentration zwischen der 16. und 18. Schwangerschaftswoche (0,1 mM). Bei der Geburt eines reifen Säuglings sind die Gallensäurenkonzentrationen verglichen mit älteren Kindern und Erwachsenen (3-45 mM) noch immer gering (1-2 mM). Auch die Gallenblase des Fetus und des Neugeborenen konzentriert Gallensalze geringer als bei Erwachsenen. Bei menschlichen Neugeborenen beträgt die Gallensäurenkonzentration im Dünndarm nach Stimulation durch Mahlzeiten 1-2 mmol und zeigt keine Änderung während des Tages. Beim reifen Neugeborenen beträgt die Größe des Cholsäurepools nur 50 % des Pools bei Erwachsenen. Die Gesamtgröße des Gallensäurenpools ist bei Frühgeborenen noch niedriger und korreliert direkt mit den extrem niedrigen postprandialen intraluminalen Gallensäurenkonzentrationen im Duodenum. Während des ersten Lebensjahres kommt es zu einem langsamen Anstieg der Gallensäurensynthese, der Gallensäurepoolgröße, der intraluminalen Gallensäurenkonzentration und auch der Gallesekretion. Die Galleproduktion beginnt am Anfang des 4. Schwangerschaftsmonats. Von diesem Zeitpunkt an enthält das Gallenwegsystem ständig Galle, die in den Darm ausgeschieden wird und seinem Inhalt eine dunkelgrüne Färbung verleiht (Mekonium). Aus Tierstudien ist bekannt, dass Gallebildung und -ausscheidung beim Fetus unreif sind: Bis zu 40 % werden über die Plazenta entfernt. Bei neugeborenen Tieren ist die Gallesekretion maximal stimuliert. Auch die Kontraktion des Sphinkter des Ductus choledochus kann durch Mahlzeiten erst im Alter von 4 Wochen (ähnlich wie bei Erwachsenen) stimuliert werden. Man nimmt daher an, dass diese verminderte Funktion zur physiologischen Cholestase und zu den verringerten intraduodenalen Gallensäurenkonzentrationen des Neugeborenen beiträgt. Es gibt wenige Informationen über die Gallenblasenfunktion während der Entwicklung. Ähnlich wie bei erwachsenen Tieren ist die Gallebildung während der Entwicklung von der funktionellen Kapazität der basolateralen Na+-K+-ATPase sowie von der Entwicklung spezifischer Carrier für Gallensäuren und andere Ionen an der Plasmamembran abhängig (. Abb. 13.1). Die Transportsysteme für die unterschiedlichen Substrate an der basolateralen und kanalikulären Membran werden unabhängig voneinander reguliert. Die Zunahme der Gallensäurensynthese in den Zellen erfolgt parallel mit der Reifung anderer Teile . der enterohepatischen Zirkulation. Auch die Größe des Gallensäurenpools kann die Produktion der Gallensäure-Carrier während der Entwicklung beeinflussen. Dies kann durch orale Zufuhr exogener Gallensäuren oder Hormone erfolgen. Gallensäuren werden wahrscheinlich für die morphologische Differenzierung der Kanalikulusmembran benötigt. Die Gallensäuren werden in der Leber aus Cholesterin synthetisiert; dabei werden sie durch verschiedene steroidbindende Proteine in die einzelnen Teile der Zelle weitergeleitet. Chemisch (. Abb. 13.2) bestehen sie aus einem Zyklopentanperhydrophenanthrenring und besitzen eine Seitenkette aus 5 Kohlenstoffatomen mit einer terminalen Carboxylsäuregruppe. Hydroxylase zeigt einen Tagesrhythmus, synchron mit der Aktivität der HMG-Koenzym-A-Reduktase. Danach wird der Steroidkern durch Oxidoreduktion und Hydroxylierung modifiziert, woraus entweder die Cholsäure oder die Chenodesoxycholsäure entsteht. Durch 12α-Hydroxylierung (leberspezifische mikrosomale Zytochrom-P 450 -12α-Hydroxlase) wird die Umwandlung in Cholsäure eingeleitet. Die Aktivität der 12α-Hydroxylase bestimmt das Ausmaß der Synthese von Cholsäure und Chenodesoxycholsäure. Danach kommt es zur Reduktion in 5β-Stellung und Hydrogenierung in 3α-Stellung, bevor die Seitenketten oxidiert werden, woraus Cholsäure und Chenodesoxycholsäure entstehen. Der erste Schritt der Seitenkettenoxidierung ist die Hydroxylierung des C27-Atoms (durch ein mitochondriales Zytochrom-P 450 -Enzym). Alternative Stoffwechselwege haben geringere Bedeutung: Cholsäure und Chenodesoxycholsäure werden mit den Aminosäuren Glycin und Taurin konjugiert (in Peroxisomen und Zytosol), anschließend in die kanalikuläre Galle ausgeschieden und in der Gallenblasengalle gespeichert. Bei Menschen überwiegt bei Erwachsenen die Konjugierung mit Glycin diejenige mit Taurin (Verhältnis von 3,1 : 1), bei Neugeborenen und Säuglingen sind >80 % der Gallensäuren an Taurin konjugiert, abhängig von der hepatischen Speicherung von Taurin Gallensäurenkonjugierende Enzyme wurden auch in den Nieren nachgewiesen: 80 % der Gallensäuren im Harn werden als Sulfate ausgeschieden; bei Cholestase ist die Ausscheidung erhöht. Die Konjugation von Gallensäuren mit Schwefelsäure erfolgt meist an C3-Position (manchmal auch an Position C7) und wird durch eine Gallensäuresulfotransferase katalysiert. In der fetalen Galle findet sich nur ein kleiner Prozentsatz von Gallensäuresulfaten, ebenso beim Neugeborenen. Die Glukuronierung der verschiedenen Gallensäuren erfolgt durch Isoenzyme, die für die einzelnen Gallensäuren spezifisch sind. Glukoside und N-Acetylglukosaminide der Gallensäuren werden in quantitativ ähnlichen Mengen mit dem Harn ausgeschieden wie Glukuronidkonjugate. Die in den Darm ausgeschiedenen primären Gallensäuren werden durch bakterielle Enzyme metabolisiert und die dabei entstehenden sekundären Gallensäuren in der Hauptsache mit dem Stuhl ausgeschieden. Die wichtigsten Reaktionen sind eine Dekonjugierung und eine 7α-Dehydroxylierung der Gallensäuren. Es finden aber auch eine Oxidoreduktion und eine Epimerisierung an verschiedenen Stellen des Gallensäurekerns statt. Im proximalen Jejunum und im mittleren Dünndarm finden sich hohe Prozentsätze sekundärer Gallensäuren. Durch die 7α-Dehydroxylierung von Cholsäure und Chenodesoxycholsäure entstehen Desoxycholsäure und Lithocholsäure, die den größten Anteil an der Gesamtmenge der Gallensäuren im Stuhl darstellen. Beide sind relativ wenig löslich und werden daher nur geringfügig rückresorbiert, können aber durch einen Feedback-Mechanismus die Gallensäurensynthese in der Leber hemmen. > Die Serumkonzentrationen der Desoxycholsäure dienen daher als Maß für die Hemmung der enterohepatischen Zirkulation bei cholestatischen Lebererkrankungen. Die Zusammensetzung der Gallensäuren bei Neugeborenen unterscheidet sich deutlich von der Zusammensetzung bei Erwachsenen, besonders die relativen Anteile der Gallensäuren und ihrer Konjugate. So fehlt z. B. die Desoxycholsäure, und die Gallensäuren werden hauptsächlich mit Taurin konjugiert. Der Anteil von Cholsäure überwiegt denjenigen von Chenodesoxycholsäure (2,5-fach); die Cholsäurekonzentrationen sind bei Neugeborenen höher als bei Erwachsenen (1,6-fach). Während des ersten Lebensjahres verringert sich dieses Verhältnis, ebenso die Konjugation mit Taurin. Die Taurinkonjugation nimmt besonders stark während der ersten 7 Lebenstage ab. Es finden sich signifikant erhöhte Anteile von Metaboliten mit C25-Hydroxylierung, C3-und C7-Oxidation sowie 6α-bzw. 4β-Hydroxylierung. Während der ersten Lebenstage steigen die Konzentrationen von Cholsäure und Chenodesoxycholsäure deutlich an und fallen ab einem Alter von 4-8 Wochen langsam zu den Erwachsenenspiegeln ab, die am Ende des ersten Lebensjahres erreicht werden (physiologische Cholestase; ▶ Abschn. 13.4.1). Die Erhöhung der Serumgallensäurenkonzentrationen ist bei Frühgeborenen noch stärker ausgeprägt. Analog zur fetalen Galle finden sich beim Fetus und beim reifen Neugeborenen 1β-und 6α-hydroxylierte Metabolite. Etwa 10 % der Gesamtgallensäuren im Serum sind in den ersten 3 Lebensmonaten nicht konjugiert (bei Erwachsenen 50 %). Die Konjugation 13.4 • Ontogenese und Stoffwechsel der Gallensäuren erfolgt hauptsächlich mit Glycin und Taurin (Ratio von 1 bei der Geburt, Anstieg auf 3 innerhalb der ersten Lebenswochen und Anstieg auf 6-7 am Ende des ersten Lebensjahres). Die Konjugierung mit Sulfaten ist im Serum des Fetus und des reifen Neugeborenen gering, nimmt aber bei neonatalen Cholestasesyndromen deutlich zu. Unter physiologischen Bedingungen werden nur geringe Mengen von Gallensäuren mit dem Harn ausgeschieden (<20 μmol/l). Bei Cholestase steigen die Gallensäurenkonzentrationen deutlich an. Bei Neugeborenen wurden mehr als 20 unterschiedliche Gallensäuren identifiziert. Nach der Neugeborenenzeit ist der größte Anteil der Gallensäuren mit Schwefelsäure konjugiert. Zusätzlich finden sich beim Neugeborenen tetrahydroxylierte Isomere, die für cholestatische Erkrankungen typisch sind. Mehr als 50 verschiedene Gallensäuren wurden identifiziert und quantifiziert. Viele finden sich auch in der fetalen Galle und sind repräsentativ für die hepatische Synthese in utero. Amnionflüssigkeit enthält hohe Anteile polarer tetrahydroxylierter Gallensäuren. Die Bestandteile des Mekoniums stammen von Fetus, Plazenta und Amnionflüssigkeit. Es enthält etwa 225 μg Gallensäuren pro Gramm Feuchtgewicht, vorwiegend als Taurin-und Sulfatkonjugate; unkonjugierte Gallensäuren und Glycinkonjugate kommen nur in geringen Konzentrationen vor. Die hauptsächlichen Gallensäuren sind Hyocholsäure und Hyodesoxycholsäure (6α-Hydroxylierung), zusätzlich finden sich tetrahydroxylierte (kern-bzw. seitenkettenhydroxylierte) Gallensäuren, daneben auch Oxo-, Allo-und Norgallensäuren sowie kurzkettige Gallensäuren. Während der ersten 7 Lebenstage gesunder Neugeborener überwiegt Cholsäure. In den ersten beiden Tagen werden Gallensäuren fast ausschließlich in konjugierter Form ausgeschieden. Ab dem 3. Lebenstag (Kolonisierung des Darms mit Bakterien) werden primäre Gallensäuren in unkonjugierter Form ausgeschieden. Die sekundären Gallensäuren, die Desoxycholsäure und die Lithocholsäure werden während des gesamten ersten Lebensjahres nur in geringen Mengen ausgeschieden. Die Gesamtausscheidung von Gallensäuren beträgt 3-6 mg/kg KG/Tag und ist von der Nahrung abhängig. Expression and potential role of the extracellular matrix in hepatic ontogenesis: a review Textbook of pediatric hepatology Development of the intrahepatic biliary tree Structural and functional development of the liver Organogenesis and histologic development of the liver Developmental anatomy and normal structure New insights into functional aspects of liver morphology Developmental anatomy and physiology of the liver and bile ducts Microstructure and development of the normal and pathologic biliary tract in humans, including blood supply Early development of the liver: a review The remodelling of the primitive human biliary system Normal organ weights of infants and children: graphs of values by age, with confidence intervals The origin of the intrahepatic bile duct cells in the mouse Liver development: from endoderm to hepatocyte Hepatology. A textbook of liver disease Developmental aspects of hepatic blood flow. In: Suchy FJ (ed) Liver disease in children Conceptual review of the hepatic vascular bed Fetal and postnatal hepatic vasculature and blood flow Developmental aspects of the hepatic circulation Nutrition of the fetus and premature infant Nutrition of the fetus and the premature infant Fatty acid composition of lipid classes in maternal and cord plasma at birth Enzymatic differentiation of human liver: comparison with the rat model Nutrient and metabolic needs of the fetus and very small infant: a comparative approach Nutritional support of infants and children: supply and metabolism of lipids Hepatic energy metabolism in the fetus and neonate. In: Suchy FJ (ed) Liver disease in children Functional development of the liver Essential fatty acid metabolism and requirements during development The development of cystathionase activity during the first year of life Bile acid physiology and alterations in the enterohepatic circulation Inborn errors in bile acid biosynthesis and storage of sterols other than cholesterol Bile acid metabolism during development Pathophysiology of the liver Developmental expression of canalicular transporter genes in human liver Bile secretion and its control in the mature and immature organism Biliary bile acid composition of the human fetus in early gestation Physiology of bile secretion and enterohepatic circulation Paediatric cholestasis. Novel approaches to treatment Mechanisms of bile formation and cholestasis Expression and regulation of hepatic drug and bile acid transporters Biochemie und Pathobiochemie Disorders of bile acid synthesis and metabolism: a metabolic basis for liver disease Functional development of the liver Molecular regulation of hepatobiliary transport systems: clinical implications for understanding and treating cholestasis Bile acid metabolism in children Transcriptional regulation of hepatobiliary transport systems in health and disease: implications for a rationale approach to the treatment of intrahepatic cholestasis Developmental aspects of bile acid metabolism and hepatic function ) Hepatology. A textbook of liver disease