key: cord-0050180-r5crlqmm authors: Kersting, Mathilde title: Alternative Ernährung date: 2013 journal: Pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung DOI: 10.1007/978-3-642-24710-1_27 sha: 0dc688b481e54158fbd06977527fc803304070ba doc_id: 50180 cord_uid: r5crlqmm Gemeinsames Merkmal der meisten alternativen Kostformen ist eine hohe Wertschätzung von möglichst „natürlichen“ Lebensmitteln aus regionaler Erzeugung und ohne Verwendung chemisch-synthetischer Hilfsmittel, z. B. Pestizide oder Hormone („ökologischer Anbau“). In der „biologisch-dynamischen“ Wirtschaftsweise der Anthroposophie werden zusätzlich irdisch-kosmische Wechselwirkungen berücksichtigt („Demeter“). "Alternative" Ernährung wendet sich von den "offiziellen" Ernährungsempfehlungen ab und geht in der Regel mit alternativen Lebensstilkonzepten einher. Dahinter können verschiedenste Beweggründe stehen, z. B. gesundheitliche, ökologische oder ethisch-philosophische Erwartungen. Gemeinsames Merkmal der meisten alternativen Kostformen ist eine hohe Wertschätzung von möglichst "natürlichen" Lebensmitteln aus regionaler Erzeugung und ohne Verwendung chemisch-synthetischer Hilfsmittel, z. B. Pestizide oder Hormone ("ökologischer Anbau"). In der "biologisch-dynamischen" Wirtschaftsweise der Anthroposophie werden zusätzlich irdisch-kosmische Wechselwirkungen berücksichtigt ("Demeter"). Das Gedankengut der "Vollwerternährung" geht auf eine Forderung des Mediziners W. Kollath (1892 Kollath ( -1979 zurück: "Lasst die Nahrung so natürlich wie möglich." Derzeit ist die Vollwerternährung, die von Ernährungswissenschaftlern (C. Leitzmann) weiterentwickelt wurde und durch den Verband "Unabhängige Gesundheitsberatung e. V." (UGB, Gießen) vertreten wird, die am weitesten verbreitete Form der alternativen Ernährung in Deutschland. Die Lebensmittel werden anhand des Verarbeitungsgrades in 4 Wertstufen eingeteilt. Unerhitzte Lebensmittel sollen etwa die Hälfte der Nahrungsmenge liefern, Fleisch, Fisch und Eier -wenn überhaupt -nicht häufiger als ein-bis 2-mal pro Woche verzehrt werden. Kleinkinder entspricht mit Ausnahme des geringeren Fleischverzehrs im Wesentlichen den Empfehlungen im "Ernährungsplan für das 1. Lebensjahr" (▶ Kap. 26). Bei der "vitalstoffreichen" Vollwertkost des Internisten M. O. Bruker (1909 O. Bruker ( -2001 und seiner "Gesellschaft für Gesundheitsberatung e. V." (GGB), Lahnstein, steht "Frischkorn" im Mittelpunkt, auch bei der Säuglingsernährung. Wissenschaftlich unhaltbar ist die These Brukers von den "Fabriklebensmitteln" (Auszugsmehle, Zucker, raffinierte Fette) als Ursache der heutigen Zivilisationskrankheiten. Der Vegetarismus ist das Leitbild der meisten alternativen Ernährungsformen. Eine vegetarische Ernährung kann in unterschiedlicher Ausprägung praktiziert werden (. Tab. 27.1). Umfragen zufolge praktizieren in Deutschland etwa 7-10 % der Bevölkerung eine -nicht näher definierte -vegetarische Ernährung. Bei einer vegetarischen Ernährung werden in der Regel weniger Energie, gesättigte Fettsäuren, Cholesterin und tierisches Protein, aber mehr Ballaststoffe und Antioxidanzien aufgenommen als bei der üblichen omnivoren Ernährung. Ernährungsmitbedingte Krankheiten wie Adipositas, koronare Herzkrankheit und Typ-2-Diabetes sind bei Vegetariern seltener, aber auch andere lebensstilbedingte Risikofaktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum und Bewegungsmangel werden weniger häufig beobachtet. Die lakto-(ovo-)vegetarische Kost (. Tab Weitere Informationen sind auf Anfrage beim Forschungsinstitut für Kinderernährung erhältlich. Die anthroposophischen Rezepte für die Selbstherstellung von Säuglingsmilch entsprechen bezüglich des Nährstoff-gehalts im Wesentlichen dem in der Übersicht dargestellten Rezept. Statt der schulmedizinisch empfohlenen Rachitisprophylaxe bei Säuglingen (Vitamin-D-Tabletten) wird allerdings zunächst auf die klinische Überwachung durch den Arzt vertraut, bevor eventuelle (homöopathische) Supplementierungsmaßnahmen ergriffen werden. Bei "Frischkornmilch" für Säuglinge, z. B. nach Bruker, handelt es sich um eine Mischung aus gemahlenem, rohem Getreide in einer (Roh-)Milch-Wasser-Mischung. Selbst wenn rechnerisch die Energie-und Proteinzufuhr für die ersten Monate ausreichend ist, muss die schlechte Nährstoffausnutzung aus Rohgetreide bedacht werden. Multiple Defizite haben vegetabile "Milch"-Nahrungen für Säuglinge, z. B. "Mandelmilch", "Reismilch" oder ein einfacher "Soja-Drink". Eine mangelhafte biologische Wertigkeit der Proteine, ein Energiedefizit bei fehlendem Fettzusatz sowie ein Mangel an Mineralstoffen, Spurenelementen (z. B. Kalzium, Jod und Eisen) und Vitaminen (z. B. Vitamine B 12 , D und B 2 ) können zu Wachstumsstörungen und teilweise irreparablen Mangelerscheinungen (Eisenmangelanämie, Rachitis, Vitamin-B 12 -Mangelsymptome) führen. Gegenüber alternativer Tiermilch in der Säuglingsernährung bestehen ernährungsphysiologische Bedenken. Ziegenmilch ist wegen eines geringen Folsäuregehalts nur mit folsäurereicher Beikost geeignet. In Stutenmilch ist der Fettgehalt zu gering (1,5 %), in Schafsmilch zu hoch (6,3 %). Auch zur Allergieprävention oder -therapie ist alternative Tiermilch nicht geeignet. Ernährungsmedizin in der Praxis ( Kap. 5). Spitta Nutritional aspects of vegetarian diets. In: Kleinman RE (ed) Pediatric nutrition handbook, 6 th edn American Dietetic Association. Position of the American Dietetic Association: vegetarian diets Effect of vitamin B12 deficiency on neurodevelopment in infants: current knowledge and possible mechanisms