key: cord-0050162-rygxq8bv authors: Mihatsch, Walter A.; Pohlandt, Frank title: Enterale Ernährung von Frühgeborenen date: 2013 journal: Pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung DOI: 10.1007/978-3-642-24710-1_28 sha: 4a7b7df062da0b99f5471a03a2017f2f6e55b3e0 doc_id: 50162 cord_uid: rygxq8bv Unmittelbar postnatal ist bei Frühgeborenen der rasche Beginn einer vollständigen parenteralen Ernährung zur Fortsetzung des physiologischen intrauterinen umbilikalen Nährstofftransports notwendig, da die Energiereserven gering sind, Katabolismus verhindert werden soll und die Entwicklung des Gehirns nicht beeinträchtigt werden darf (Huppi 2008). Bei einem 1000 g schweren Frühgeborenen beträgt die zirkulierende Glukosemenge ca. 0,15 g und ist nach ca. 8 min verbraucht; der Glykogenspeicher beträgt 5 g und reicht etwa 5 h. Dieser Beitrag behandelt einige besonders wichtige Aspekte der enteralen Ernährung von sehr kleinen Frühgeborenen, die vor allem den Beginn der Ernährung betreffen. Zur Vertiefung wird auf die weiterführende Literatur verwiesen: Agostoni et al. 2010; Hay et al. 1999; Tsang et al. 1993; Pohlandt u. Mihatsch 2001; Mihatsch et al. 2002b. Unmittelbar postnatal ist bei Frühgeborenen der rasche Beginn einer vollständigen parenteralen Ernährung zur Fortsetzung des physiologischen intrauterinen umbilikalen Nährstofftransports notwendig, da die Energiereserven gering sind, Katabolismus verhindert werden soll und die Entwicklung des Gehirns nicht beeinträchtigt werden darf (Huppi 2008) . Bei einem 1000 g schweren Frühgeborenen beträgt die zirkulierende Glukosemenge ca. 0,15 g und ist nach ca. 8 min verbraucht; der Glykogenspeicher beträgt 5 g und reicht etwa 5 h. Ein früher Beginn der enteralen Ernährung ist anzustreben, um die Zeit der parenteralen Ernährung mit dem Risiko nosokomialer bakterieller Infektionen so kurz wie möglich zu halten. Die parenterale Ernährung erfordert Gefäßzugänge, die für das Kind Schmerzen und für das Behandlungsteam einen zusätzlichen Aufwand bedeuten. Paravenöse Infusionen können zu lokalen Nekrosen, besonders bei hoher Kalziumkonzentration, führen. Zudem ist parenterale Ernährung teuer. Solange in kontrollierten randomisierten Interventionsstudien kein besserer Standard definiert wird, gilt die Entwicklung des Feten als Standard für die des Frühgeborenen. Dieses Konzept ergibt sich aus der Beobachtung an vielen Säugerspezies, dass die Gehirnentwicklung einen Wachstumsspurt zu einer für die Spezies spezifischen Zeit durchläuft (Dobbing u. Sands 1979) . Ein verzögertes Gehirnwachstum durch einen Nährstoffmangel in dieser Zeit lässt sich später auch bei ausreichender Ernährung nicht wieder aufholen (Huppi 2008; Smart 1990 In einer kontrollierten randomisierten Studie beeinträchtigte eine unzureichende Nährstoffzufuhr in den ersten 3 Lebenswochen nicht nur das körperliche Wachstum, sondern auch lebenslang die intellektuelle Entwicklung (Isaacs et al. 2009 ). Eine um 1 g/kg KG/Tag geringere Proteinzufuhr in der ersten Lebenswoche ist mit einem 8 Punkte geringeren Bayley-Mental-Development-Index-(MDI-)Score im Alter von 18 Monaten assoziiert (Stephens et al. 2009 ). Fruchtwasser wird während des längsten Teils der Schwangerschaft geschluckt und fördert wahrscheinlich das Darmwachstum. So kommt es distal einer Duodenalatresie zur Darmatrophie. Feten schlucken am Ende des letzten Trimenons täglich etwa 500 ml Fruchtwasser und nehmen dabei ca. 3 g Protein auf. Es erscheint deshalb physiologisch, auch sehr kleinen Frühgeborenen bereits in den ersten Tagen nach der Geburt häufig kleine Mengen zu füttern. Die nekrotisierende Enterokolitis (NEK), die fast ausschließlich (zu 90 %) bei gefütterten Frühgeborenen auftritt, veranlasst bis heute viele Neonatologen, den Beginn des enteralen Nahrungsaufbaus bei Frühgeborenen viele Wochen hinauszuschieben. Diese Praxis steht im Widerspruch zu den Ergebnissen randomisierter Interventionsstudien, in denen eine frühe Fütterung nicht mit mehr NEK assoziiert war (Morgan et al. 2011a) . Ein Grundsatz, die enterale Ernährung bis zur Entfernung von Nabelvenen-und Nabelarterienkatheter zu verschieben, ist unzureichend untersucht worden. Sicher ist in neuen Studien die Lage des Nabelarterienkatheters (hoch oder tief) mit zu berücksichtigen. Auch wenn eine tiefe Lage eventuell mit einer geringeren NEK-Inzidenz assoziiert ist, wird aufgrund der geringeren Komplikationsrate die hohe Lage empfohlen (Barrington 2000) . Die Unreife des Magen-Darm-Trakts und die unzureichend entwickelte propulsive Peristaltik sind die wesentlichen Probleme bei der enteralen Ernährung von Frühgeborenen. Kontinuierlich muss die Nahrungsverträglichkeit kritisch überprüft werden. Ein rascher komplikationsarmer Nahrungsaufbau ist eine Teamleistung. Die Einführung standardisierter Ernährungsprotokolle ist mit schnellerem Nahrungsaufbau und weniger Komplikationen assoziiert. Es gibt kein Patentrezept zur Stimulation der propulsiven Peristaltik. Das Propulsivum Cisaprid wurde aufgrund der QT c -Zeit Verlängerung vom Markt genommen. Der Motilinagonist Erythromycin ist im Hinblick auf eine Begünstigung resistenter Bakterien kritisch zu bewerten und kann nicht generell empfohlen werden. In Einzelfällen ist die Verwendung als "Rescue-Therapie" zu erwägen (Ng 2009 ). In der klinischen Routine angewendete Methoden, wie die rektale Applikation von Glukose-Glycerin-Mischungen, Glycerinzäpfchen, 0,9%iger NaCl-Lösung, Acetylcystein-Gastrographin-Mischungen oder Tween 80 wurden in Interventionsstudien nicht oder nicht ausreichend untersucht. Bauchmassage wird vielerorts bei Nahrungsunverträglichkeit eingesetzt, ist in ihrer Wirkung aber nicht belegt und sogar mit dem Entstehen eines Volvulus ohne Malrotation in Verbindung gebracht worden. Entwicklungsfördernde Pflegemaßnahmen scheinen Nahrungsverträglichkeit und Wachstum positiv zu beeinflussen. Die Nahrungsverträglichkeit wird anhand folgender Kriterien überprüft: -Bauchumfang, -Magenrestvolumen vor Fütterung (bei Sondenernährung), -Farbe der Nahrungsreste im Magen, -Stuhlfarbe und -frequenz und abdominaler Untersuchungsbefund. Systematische Untersuchungen zum Wert dieser Kriterien für die Bemessung der Nahrungsmenge fehlen. Der Bauchumfang nimmt bei vollständig enteral ernährten Frühgeborenen ähnlich wie bei Feten direkt proportional zum Körpergewicht zu (Mihatsch et al. 2004) , schwankt aber innerhalb eines Nahrungszyklus um bis zu 3,5 cm (95. Perzentile) (Bhatia et al. 1990 ). Der relative Bauchumfang (Bauchumfang/ Körpergewicht) steigt mit fallendem Gewicht hyperbolisch an (Mihatsch et al. 2004 Grüne Nahrungsreste im Magen sind bei reifen Neugeborenen ein Risikofaktor für eine NEK (Stadium I) (Bell et al. 1978) . Bei Frühgeborenen dagegen kommt grünen Magenresten ohne weitere Zeichen der Nahrungsunverträglichkeit keine besondere Bedeutung zu (Mihatsch et al. 2002c) . Ein gewisses Maß an duodenogastralem Reflux scheint physiologisch zu sein. Ebenso ist eine unbeabsichtigte duodenale Fehlpositionierungen der Magensonde möglich. Es ist nicht möglich, einen kritischen Grenzwert für das präprandiale Magenrestvolumen anzugeben. Sämtliche in der Literatur bei Studien zum Nahrungsaufbau gewählten Grenzwerte wurden willkürlich festgesetzt. Ernährungsprotokolle, die ein geringes Magenrestvolumen (z. B. <2 ml) oder einen Prozentsatz an gefütterter Nahrungsmenge (<30-50 %) als kritisches Magenrestvolumen definieren, führen dazu, dass anfangs bei kleinen Nahrungsmengen der Nahrungsaufbau blockiert wird, da Magenrestvolumen und Nahrungsmenge nicht miteinander korrelieren (Mihatsch et al. 2002c) . Ein kritischer Grenzwert von 5 ml/kg KG kann als sicher betrachtet werden, nachdem in einer großen Studie zum Nahrungsaufbau unter Anwendung dieses Grenzwertes die NEK-Inzidenz unter 3 % lag (Mihatsch et al. 2002a ). Eventuell kann dieser Grenzwert weiter angehoben werden. Longitudinale Messungen des Magenrestvolumens sind kein geeignetes Mittel, um frühzeitig Kinder mit erhöhtem NEK-Risiko zu identifizieren (Cobb et al. 2004; Kenton et al. 2004 ). Bei sprunghafter Zunahme sollte nach Zeichen einer NEK gesucht werden, besonders wenn sie von anderen Zeichen der Nahrungsunverträglichkeit begleitet wird (Bell et al. 1978; Cobb et al. 2004 ). Eine durchgängige intestinale Passage ist die wesentliche Voraussetzung für den Nahrungsaufbau. Dabei hat der Zeitpunkt der Ausscheidung des ersten Mekoniums keine Bedeutung Auch bei weichem Bauch und normalen oder fehlenden Nahrungsresten im Magen weisen einzelne sichtbare, dilatierte, stehende Darmschlingen in Zusammenhang mit persistierend tastbaren Resistenzen, insbesondere im rechten Unterbauch, auf eine Störung der Passage hin. Hier ist mit einer Obstruktion im Bereich des terminalen Ileums zu rechnen und Milch sollte nicht weiter zugefüttert werden, auch wenn noch keine erhöhten Mengen an Nahrungsresten im Magen zu finden sind. Aufgrund mangelnder Reife der Saug-Schluck-Koordination ist unterhalb eines Gestationsalters von 34 SSW häufig Sondenernährung erforderlich. Nasale Sonden sind ein relevantes Atemhindernis und sollen so dünn wie möglich gewählt werden (Daga et al. 1999) . Orale Sonden werden, wenn frühzeitig begonnen, gut toleriert, es ist aber letztendlich unklar, ob sie einen relevanten klinischen Vorteil bieten (Hawes et al. 2004 ). Die duodenale Sondenlage zur Umgehung der Magenentleerung ist wenig untersucht und wahrscheinlich mit einer höheren Komplikationsrate verbunden (McGuire u. McEwan 2007) . Dauersondierung im Gegensatz zu Bolussondierung soll besonderen Indikationen vorbehalten bleiben, auch wenn sie in physiologischen Experimenten von Vorteil zu sein scheint (geringere Beeinflussung des residualen Lungenvolumens, geordnete interdigestive propulsive Peristaltik, schnellere Magenentleerung). Mehrere kontrollierte randomisierte Studien zeigten in der Summe keinen relevanten Vorteil bezüglich Geschwindigkeit des Nahrungsaufbaus, gastrointestinaler Komplikationen und Wachstum (Premji u. Chessell 2011) . Das frühzeitige Anbieten von oraler Nahrung ist bei respiratorisch stabilen Kindern sicher vor der 30. SSW möglich. Ob durch frühzeitige Stimulation des Saugens und Schluckens die Umstellung auf die orale Ernährung beschleunigt werden kann, ist nicht untersucht (Bahnung der Saug-Schluck-Koordination?). Auch ob ein frühzeitiges Entfernen der Magensonde unter Inkaufnahme einer Wachstumsstagnation die Umstellung letztendlich beschleunigt und mögliche Sondenkomplikationen verhindert, ist nicht untersucht. In einer kontrollierten randomisierten Studie beschleunigte Mundbodengymnastik den Übergang zur vollständigen oralen Ernährung (Fucile et al. 2002) . Wesentlich ist, dass sich heutzutage, im Gegensatz zu früher, praktisch alle extrem kleinen Frühgeborenen auch mit später Saug-Schluck-Stimulation ohne Magensonde entlassen lassen. Während etwa seit den 1980er Jahren in Europa sehr kleine Frühgeborene zunehmend frühzeitig enteral ernährt wurden, wurde im angloamerikanischen Sprachraum das Konzept der minimalen enteralen Ernährung (MEN, "trophic feeding", "intestinal priming") entwickelt. MEN meint die tägliche Zufuhr von weniger als 25 ml/kg KG Milch, begleitend zur vollständigen parenteralen Ernährung (TPN), über mindestens die ersten 5, eher aber 14 Tage ohne Nahrungssteigerung. MEN verfolgt das Ziel, die Ausreifung des Magen-Darm-Trakts zu fördern, Atrophie zu verhindern, den Darm auf intestinale Ernährung vorzubereiten und damit letztendlich die Zeit bis zur vollständigen enteralen Ernährung zu verkürzen und auch die NEK-Inzidenz zu reduzieren. Diesem Konzept widerspricht aber die Beobachtung, dass die NEK umso später (jenseits der 2. Woche) auftritt, je kleiner und unreifer Frühgeborene sind. In Tierexperimenten sind die bei MEN verwendeten Nahrungsvolumina zu gering, um einen relevanten physiologischen Effekt zu haben (Burrin et al. 2000) . In der aktuellen Cochrane-Analyse wird MEN nicht empfohlen, da sich die postulierten Vorteile nicht belegen, aber auch nicht verwerfen lassen. Ausschließliche parenterale Ernährung über mindestens 7 Tage und MEN unterschieden sich nicht bezüglich wichtiger klinischer Endpunkte wie NEK-Inzidenz, Überleben oder frühes Wachstum (Bombell u. McGuire 2009) . Von besonderem Interesse ist eine kontrollierte randomisierte Studie, in der MEN mit einem frühzeitigen Nahrungsaufbau verglichen werden sollte (Berseth et al. 2003) . In der MEN-Gruppe entwickelte eines von 71 Kindern (1,4 %) eine NEK, bei frühzeitigem enteralem Nahrungsaufbau 7 von 70 Kindern (10 %, p<5 %). Diese Arbeit wird sehr kontrovers diskutiert. Sie wurde nach der Zwischenauswertung abgebrochen, das Zielkriterium (NEK) wurde nicht geblindet erfasst, und die Milchzufuhr begann in beiden Studiengruppen erst an Tag 10, so dass keines der Ernährungskonzepte umgesetzt wurde; letztendlich wurde auch das statistische Design kritisiert. Somit ist diese wichtige Frage weiterhin unbeantwortet. > Es erscheint deshalb am vorteilhaftesten zu sein, frühzeitig mit kleinen Mengen (etwa 20 ml/kg KG/ Tag) zu beginnen und bei guter Verträglichkeit frühzeitig systematisch zu steigern. Die Geschwindigkeit der Nahrungssteigerung ist kein signifikanter NEK-Risikofaktor. In randomisierten Studien wurden Steigerungsraten von 10 bis 35 ml/kg KG/Tag geprüft, ohne dass ein Einfluss auf die NEK-Inzidenz erkennbar war. Geringe Steigerungsraten verzögern den Nahrungsaufbau (Morgan et al. 2011b) . Berücksichtigt man die Ergebnisse zahlreicher Kohortenstudien zum Zusammenhang zwischen täglicher Nahrungssteigerung und NEK-Inzidenz, erscheinen Steigerungsraten um 20 ml/kg KG/Tag empfehlenswert. Der enterale Energie-und Nährstoffbedarf liegt aufgrund unvollständiger Resorption und intestinalem Eigenbedarf (Burrin et al. 2000) bzw. First-pass-Metabolismus (Schaart et al. 2005 ) über dem parenteralen Bedarf. Geringe enterale Nahrungsmengen bis etwa 50 ml/kg KG/Tag werden deshalb mit Ausnahme von Glukose in der Nährstoffbilanz bei vollständiger parenteraler Ernährung nicht berücksichtigt. Aufgrund des hohen First-pass-Metabolismus erscheint es nicht sinnvoll, die parenterale Aminosäurenzufuhr bis zu einem enteralen Nahrungsvolumen von 75 ml/kg KG/Tag (Muttermilch oder Frühgeborenennahrung) zu reduzieren. Bei höheren enteralen Nahrungsmengen kann pauschal oder differenziert vorgegangen werden. Bei pauschalem Vorgehen wird die vollständige parenterale Ernährung auf 50 % reduziert, sobald mindestens 75-100 ml/kg KG/Tag an Milch vertragen wird. Bei höheren Milchmengen wird die parenterale Ernährung weiter reduziert oder ausschließlich Glukose gegeben, um eine Hypoglykämie zu vermeiden. Bei differenziertem Vorgehen wird die parenterale Zufuhr der einzelnen Nährstoffe und Elektrolyte anhand des täglichen Bedarfs und der jeweiligen Plasmakonzentrationen individuell täglich neu bemessen. Obwohl individualisierte parenterale Ernährung bei sehr kleinen Frühgeborenen vorteilhaft erscheint, sind die Vorteile gegenüber einer modernen Standardlösung nicht belegt (Rigo et al. 2012) . Die Kalzium-und Phosphatzufuhr ist über die Konzentrationen im Spontanurin am einfachsten zu steuern (Maas et al. 2012) . Bei Vitaminen und Spurenelementen erscheint es gerechtfertigt, den Bedarf weiterhin abzuschätzen. Sofern die Proteinzufuhr nicht anhand der Aminosäuren-oder der Harnstoffkonzentration im Plasma bemessen wird, muss berücksichtigt werden, dass der enterale Proteinbedarf um ca. 0,5-1 g/kg KG/Tag über dem parenteralen Aminosäurenbedarf liegt. Frühgeborene benötigen eine höhere Nährstoffzufuhr als Reifgeborene, da sie schneller wachsen sollen. Sie müssen also entweder mit angereicherter Muttermilch oder mit Frühgeborenennahrung ernährt werden. Diese nährstoffreiche Ernährung sollte insbesondere bei Jungen mindestens bis zum errechneten Geburtstermin und bei Wachstumsretardierung (<3.-10. Perzentile) weiter bis zu einem Alter von 3-6 Monaten beibehalten werden, wobei dieses Vorgehen nicht zweifelsfrei belegt ist (Aggett et al. 2006; Henderson et al. 2007) . Die wichtigste Eigenschaft einer Nahrung für den Beginn der Ernährung ist, dass sie gut transportiert wird und nicht zu Obstipation bzw. Obstruktion führt. Der Nährwert kann dabei, ähnlich wie der von Frauenmilch, ungenügend sein. Frauenmilch reduziert bei Frühgeborenen wahrscheinlich die NEK-Inzidenz und ist deshalb einer Frühgeborenennahrung vorzuziehen. Die erforderliche minimale Menge, um diesen Effekt zu erreichen, ist unklar. Dieses Vorgehen hält auch den Milchfluss der Mutter aufrecht und gibt ihr die Möglichkeit, ihr Kind später zu stillen. Frauenmilch muss für Frühgeborene angereichert werden. Da nicht nur Protein, sondern sämtliche Nährstoffe unzureichend enthalten sind, sind industrielle Supplemente hauseigenen Kohlenhydrat-Öl-Protein-Mischungen vorzuziehen. Supplementierung wurde ab einer Frauenmilchzufuhr von 100 ml/kg KG/Tag in Studien eingesetzt (Mihatsch et al. 2002a ) und scheint keinen wesentlichen Einfluss auf die Verträglichkeit zu haben, auch wenn direkte Vergleichsstudien fehlen (Moody et al. 2000) . Das wesentliche Problem der Supplementierung von Frauenmilch mit kommerziell verfügbaren Supplementen ist, dass deren Zusammensetzung auf den Nährstoffgehalt von früher abgepumpter Frauenmilch abgestellt ist. Der Proteingehalt von abgepumpter Frauenmilch fällt aber z. B. in den ersten 6 Wochen von Werten um 1,7 g/dl bis unter 0,9 g/dl. Um den Nährstoffbedarf und insbesondere den Proteinbedarf weiterhin decken zu können, kann empirisch nach einigen Wochen eine höhere Menge an Supplement oder Proteinpulver zugefügt werden. Nicht alle kommerziell erhältlichen Supplemente werden jedoch in höherer Dosierung gut vertragen. Als Proteinsupplement für Frühgeborene wird seit Jahren in Deutschland Protein 88 eingesetzt, heutzu-tage sind auch spezielle Proteinpulver für Frühgeborene am Markt. Neu am Markt sind auch auf Frauenmilch basierende Supplemente. Sie sind deutlich teurer als Supplemente auf Kuhmilchproteinbasis, und die Vorteile sind noch nicht zweifelsfrei belegt. Die Orientierung an der Aminosäuren-oder einfacher der Harnstoffkonzentration im Plasma ermöglicht eine bedarfsgerechte Proteinzufuhr. Aufgrund des variierenden Nährstoffgehalts der Frauenmilch sind einzelne Kliniken dazu übergegangen, deren Zusammensetzung mit Hilfe der Infrarotspektroskopie regelmäßig zu analysieren, um gezielt supplementieren zu können. In Einzelfällen kann bei unzureichendem Wachstum eine Umstellung auf Frühgeborenennahrung und damit auf eine definierte Nährstoffzufuhr von Vorteil sein. In wieweit die Verkeimung von Frauenmilch zu berücksichtigen ist, ist nicht systematisch untersucht. Frauenmilch ist bakterizid. Keimzahlen über 10 6 /ml werden als kritisch gesehen, bei gramnegativen Keimen auch geringere Keimdichten. Wesentlich ist, dass es keine kontrollierten randomisierten Vergleichsstudien bezüglich möglicher Vor-oder Nachteile zwischen supplementierter Frauenmilch und Frühgeborenennahrung gibt. Die vertikale Übertragung von Zytomegalie durch rohe Frauenmilch kann bei unreifen Frühgeborenen lebensbedrohliche Zytomegalievirus-(CMV-)Infektionen verursachen und langfristig die neurologische Entwicklung beeinträchtigen (Vochem et al. 1998) . Diese in Tübingen und bei eigenen Patienten gemachten Beobachtungen haben einige Neonatologen veranlasst, Frühgeborenen mit einer Schwangerschaftsdauer <30 Wochen keine rohe Muttermilch zu füttern, wenn die Mutter CMV-IgG-positiv ist. Man geht davon aus, dass Frühgeborene ab einem Gestationsalter von ca. 30 SSW durch den dann ausgereiften transplazentaren Antikörpertransfer ausreichend geschützt sind. Proteinhydrolysatfrühgeborenennahrung beschleunigt im Vergleich zu herkömmlicher Frühgeborenennahrung (natives Protein) die Magen-Darm-Passage und den Nahrungsaufbau (Mihatsch et al. 2002a) . Eine reduzierte Freisetzung von β-Casomorphinen könnte ebenso wie höhere Konzentrationen an Motilin zu diesem Effekt beitragen. Im Gegensatz zu den Ergebnissen früherer Studien werden mit modernen Proteinhydrolysaten die gleichen Aminosäurenkonzentrationen im Plasma erreicht wie bei der Ernährung mit nativem Milchprotein. Die Kalzium-und Phosphorkonzentration können in einer Anfangsnahrung während der komplementären parenteralen Ernährung so niedrig sein wie in Frauenmilch und dadurch möglicherweise antiputride wirken. Ab einer Milchzufuhr von 100-150 ml/kg KG/Tag soll bedarfsgerecht supplementiert werden (Maas et al. 2012) . Aufgrund der niedrigen Resorption von Kalzium ist dann ein höheres Kalzium-Phosphor-Verhältnis in der Nahrung (2,2 : 1) erforderlich, als es im Körper (1,4 : 1) angetroffen wird. Funktionelle Nährstoffe wie z. B. Probiotika, Präbiotika oder Laktoferrin werden an anderer Stelle des Buches abgehandelt (▶ Kap. 30). Auch wenn der Einsatz eines Schnullers bezüglich wichtiger Endpunkte wie Magen-Darm-Passage und Nahrungsaufbau keinen überzeugenden Vorteil bietet, scheint der Übergang von Sondenernährung zum Trinken der Nahrung erleichtert zu werden (Pinelli u. Symington 2005) . Folgende Diagnoseschritte sollten vorgenommen werden: -Berechnung der Substrat-und Energiezufuhr: Bei der Ernährung mit Muttermilch ist zu berücksichtigen, dass der Nährstoffgehalt individuell stark schwankt und trotz ausreichender Volumenzufuhr zu wenig Nährstoffe gegeben werden können. -Überprüfung des Säuren-Basen-Status zur Erkennung einer hyperchlorämischen Acidose: Allein durch orale bzw. enterale Zufuhr eines Laktat-, Glukonat-oder Hydrogencarbonatsalzes lässt sich bei einigen trotz ausreichender Energiezufuhr nicht wachsenden Kindern mit pH-Werten <7,3 Wachstum erzielen. -Überprüfung der Nährstoffresorption: z. B. anhand der Bestimmung der α-Aminostickstoff-oder der Aminosäurenkonzentrationen im Plasma. Theoretische Überlegungen führten zu der Empfehlung, Eisen spätestens dann zu supplementieren, wenn das Körpergewicht das 1,6-Fache des Geburtsgewichts erreicht hat (Franz et al. 2008) . Zu diesem Zeitpunkt sind die angeborenen Eisenspeicher verbraucht. Verluste durch diagnostische Blutentnahmen bleiben dabei unberücksichtigt. Ein bei der Geburt 500 g wiegendes Kind sollte demnach spätestens ab einem Körpergewicht von 800 g ein Eisensupplement erhalten. In einer randomisierten Studie mit frühem (ab 100 ml Milch/kg KG/Tag) oder spätem (61. Lebenstag) Beginn der Eisengabe (2-4 mg/ kg KG/Tag), kam es bei frühem Beginn seltener zu Eisenmangel oder Transfusionsbedarf. Die frühe Eisengabe ist mit einer besseren neurokognitiven Entwicklung bei der Einschulung assoziiert, so dass dieses Vorgehen vorteilhaft erscheint. Wichtig ist auch, den Behandlungserfolg zu überprüfen (Steinmacher et al. 2007 ). Hier scheint das Retikulozytenhämoglobin der interessanteste Parameter zu sein. Hepatology and Nutrition Committee on Nutrition Umbilical artery catheters in the newborn: effects of position of the catheter tip Neonatal necrotizing enterocolitis. Therapeutic decisions based upon clinical staging Prolonging small feeding volumes early in life decreases the incidence of necrotizing enterocolitis in very low birth weight infants Variability of abdominal circumference of premature infants Early trophic feeding for very low birth weight infants Minimal enteral nutrient requirements for intestinal growth in neonatal piglets: how much is enough? Gastric residuals and their relationship to necrotizing enterocolitis in very low birth weight infants Orogastric versus nasogastric feeding of newborn babies Comparative aspects of the brain growth spurt Nutrition for the brain: commentary on the article by Isaacs et al. on page 308 Prospective randomized trial of early versus late enteral iron supplementation in infants with a birth weight of less than 1301 grams Oral stimulation accelerates the transition from tube to oral feeding in preterm infants Effect of neonatal caloric deprivation on head growth and 1-year developmental status in preterm infants Head growth and developmental outcome in very low-birth-weight infants Nasal versus oral route for placing feeding tubes in preterm or low birth weight infants Workshop summary: nutrition of the extremely low birth weight infant Nutrient-enriched formula versus standard term formula for preterm infants following hospital discharge Early diet and general cognitive outcome at adolescence in children born at or below 30 weeks gestation Gastric residuals in prediction of necrotizing enterocolitis in very low birth weight infants Prävention von Knochenmineralmangel bei Frühgeborenen Transpyloric versus gastric tube feeding for preterm infants Enterale Ernährung von sehr kleinen Frühgeborenen Meconium passage in extremely low birthweight infants and its relation to very early enteral nutrition Hydrolyzed protein accelerates feeding advancement in very low birth weight infants Frühzeitige enterale Ernährung bei sehr kleinen Frühgeborenen ist nicht mit nekrotisierender Enterokolitis assoziiert The significance of gastric residuals in the early enteral feeding advancement of extremely low birth weight infants The abdominal circumference to weight ratio increases with decreasing body weight in preterm infants Feeding tolerance in premature infants fed fortified human milk Delayed introduction of progressive enteral feeds to prevent necrotising enterocolitis in very low birth weight infants Slow advancement of enteral feed volumes to prevent necrotising enterocolitis in very low birth weight infants Use of oral erythromycin for the treatment of gastrointestinal dysmotility in preterm infants Non-nutritive sucking for promoting physiologic stability and nutrition in preterm infants Wichtige Aspekte der enteralen Ernährung von sehr kleinen Frühgeborenen Continuous nasogastric milk feeding versus intermittent bolus milk feeding for premature infants less than 1500 grams Benefits of a new pediatric triple-chamber bag for parenteral nutrition in preterm infants Threonine utilization is high in the intestine of piglets Evidence for defective skeletal mineralization in lowbirthweight infants: the absorption of calcium and fat Vulnerability of developing brain to undernutrition Randomized trial of early versus late enteral iron supplementation in infants with a birth weight of less than 1301 grams: neurocognitive development at 5.3 years' corrected age First-week protein and energy intakes are associated with 18-month developmental outcomes in extremely low birth weight infants Nutritional needs of the preterm infant Transmission of cytomegalovirus to preterm infants through breast milk