key: cord-0050119-gkfcgyuw authors: Haffner, D.; Petersen, C. title: Niere und Harnwege interdisziplinär date: 2019 journal: Pädiatrie DOI: 10.1007/978-3-662-57295-5_25 sha: 8c3a24c5ff7b0e2e2df36934b2731a786e172e9c doc_id: 50119 cord_uid: gkfcgyuw Die Aufklärung der molekularen Mechanismen zahlreicher Nierenerkrankungen und die Möglichkeit einer Nierenersatztherapie bereits im Säuglingsalter haben die Therapie von Kindern mit akuten und chronischen Nierenerkrankungen in den letzten Jahren revolutioniert. Im Gegensatz zu Erwachsenen stehen im Kindesalter angeborene und hereditäre Erkrankungen im Vordergrund. Hierbei sind v. a. Nieren- und Harntraktfehlbildungen sowie tubuläre und glomeruläre Nephropathien zu nennen. Nierenerkrankungen sind häufig zunächst klinisch stumm und fallen durch eher unspezifische akute Symptome wie Fieber, Kopf-, Bauch-oder Rückenschmerzen auf. Seltener findet sich eine Polyurie, Dysurie, Makrohämaturie oder Ödeme. Als chronische Symptome sind Gedeih-bzw. Wachstumsstörung, verzögerte Pubertätsentwicklung, Blässe, Leistungsschwäche, und Inappetenz zu nennen. Ätiologisch kommen angeborene (malformative), infektiöse, immunologische, metabolische und maligne Prozesse in Betracht. Darüber hinaus können die Nieren im Rahmen von rheumatologischen und sonstigen systemischen Erkrankungen, Ausfall anderer Organe (Herz, Lunge, Leber) oder nephrotoxischen Medikamenten sekundär beeinträchtigt werden. Ungefähr 5% aller Mädchen leiden bis zum 15. Lebensjahr mindestens einmalig unter Harnwegsinfektionen (HWI) oder asymptomatischer Bakteriurie. Etwas weniger als 1% aller Kinder werden mit Nieren-und Harnwegsanomalien geboren, von denen jedoch nur ein Teil behandelt werden muss. Jedes Jahr entwickeln 4-6 Kinder unter 15 Jahren pro 1 Mio. Einwohner ein akutes Nierenversagen und jährlich bedürfen 1-2 Kinder pro 1 Mio. Einwohner aufgrund einer chronischen Niereninsuffizienz einer Nierentransplantation. Die häufigste Ursache eines akuten Nierenversagens im Kindesalter ist das hämolytisch-urämische Syndrom; die häufigste Ursache eines chronischen Nierenversagens sind Fehlbildungen der Nieren und ableitenden Harnwege, gefolgt vom nephrotischen Syndrom bei fokalsegmentaler Glomerulosklerose und Zystennieren. Äußeres Genitale 25.2.1 Phimose j Definition Definitionsgemäß besteht eine Phimose (. Abb. 25.1), wenn sich die Vorhaut nicht über die Glans retrahieren lässt. Bei vielen Neugeborenen ist das der Fall, wobei das innere Vorhautblatt zusätzlich noch mit der Glans verklebt sein kann. Meist löst und weitet sich die Vorhaut während der ersten Lebensjahre spontan. Man spricht darum von einer physiologischen Phimose. Allerdings kann dieser Zustand auch länger fortbestehen und wird bei ca. 10% der 6-bis 7-jährigen Jungen beobachtet. j Klinik Bei der typischen rüsselförmigen Vorhautenge des Neugeborenen bzw. Kleinkindes treten meist keine klinischen Symptome auf. Oft-mals ist die Öffnung der Vorhaut jedoch so eng, dass sie bei der Miktion balloniert. Dies alleine ist keine Indikation für therapeutische Maßnahmen. Unter den genannten Bedingungen kann es jedoch auch zu einer Posthitis kommen. Dabei sind zunächst die Vorhaut und später der ganze Penis rot und geschwollen. Die Miktion kann schmerzhaft sein und es entleert sich gelblich eitriges Sekret. Hier ist zunächst eine konservative Behandlung mit Sitzbädern angezeigt. Bei der klinischen Untersuchung versucht man die Vorhaut über die Glans zu streifen, wobei jedoch forcierte Redressionsmanöver nicht erfolgen dürfen. Beim Zurückziehen der Vorhaut gegen einen Widerstand würden unweigerlich Mikroverletzungen auftreten, die im Verlauf narbig verheilen und eine spontane Öffnung der Vorhautenge unwahrscheinlich machen würden. Wenn man beim Zurückstreifen der Vorhaut einen zirkulären etwas hell erscheinenden Ring sieht, so kann es sich um eine narbige Phimose bzw. einen Lichen sclerosus handeln. j Sonderformen Eine Sonderform der Phimose stellt der "concealed bzw. hidden penis" dar. In diesem Fall füllt sich bei der Miktion die atypisch verengte Vorhaut mit Urin, sodass diese kontinuierlich erweitert wird. Durch diese Expansion entsteht im Bereich des Mons pubis eine Vorwölbung, in welcher der Penis quasi verschwindet. Da in diesem Fall nicht mit einer spontanen Besserung zu rechnen ist und eine konventionelle Zirkumzision zum Verlust eines Teils der Penisschafthaut führen kann, sollte eine operative Korrektur möglichst frühzeitig in einem kinderurologischen Zentrum erfolgen. Mit einem jeweiligen Altersgipfel in den ersten 2 sowie zwischen 6 und 7 Jahren kann eine Verklebung der Labia minora beobachtet werden. Meistens ist diese Verklebung asymptomatisch und löst sich spätestens mit Einsetzen der Pubertät spontan. Durch die Retention von Urin kann es jedoch zum klinischen Bild einer Pseudoinkontinenz kommen. In diesen Fällen sowie beim Auftreten von HWI sollte zunächst eine lokale Behandlung mit Östrogencreme erfolgen. Erst wenn diese erfolglos bleibt, kann die Labiensynechie in einer Kurznarkose mechanisch gelöst werden. In diesem Fall ist jedoch darauf zu achten, dass eine konsequente Nachbehandlung durch Salbenapplikation durchgeführt wird, um ein erneutes Verkleben zu verhindern. Der Begriff Hypospadie beschreibt eine Entität, deren folgende 3 Merkmale in unterschiedlicher Kombination und Ausprägung vorliegen können: Das führende Symptom ist die Fehlmündung der Harnröhre, wobei der Meatus entlang einer Linie von der Normalposition auf der Glans bis zum Perineum platziert sein kann. Das zweite Merkmal ist eine ventrale Biegung des Penis. Diese kann bei milder Ausprägung lediglich die Glans betreffen, während bei stärker ausgeprägten Formen der ganze Penisschaft über seine ganze Länge gekrümmt sein kann. Das dritte Merkmal ist eine meist nicht zirkulär geschlossene Vorhaut, sodass diese auf der Dorsalseite der stets abgeflachten Glans aufliegt und dort mit dem inneren Blatt der Glans noch verklebt sein kann. Eine Ursache der Hypospadie ist nicht bekannt. Die heute favorisierte Hypothese besagt, dass vor einem hereditären Hintergrund eine unzureichende Androgenstimulation während der embryologischen Entwicklung verantwortlich ist. Die Inzidenz scheint regional unterschiedlich zu sein und wurde z. B. in den Niederlanden mit 38 Hypospadien bei 10.000 Geburten angegeben, wobei die distalen Formen überwiegen. Bei der proximalen Hypospadie, zu der penoskrotale (. Abb. 25.2) und perineale Fehlmündungen der Urethra zählen, gibt es eine Überschneidung zu dem großen Komplex der sexuellen Differenzierungsstörungen. Dabei kann die Hypospadie nur der äußerlich sichtbare Teil eines sehr komplexen Fehlbildungssyndroms sein, das einer umfangreichen Diagnostik und Therapie bedarf. j Diagnose Abgesehen von den sehr milde ausgeprägten Formen, bei denen nur eine geringe Fehlmündung der Harnröhre im Bereich der Glans besteht und die Vorhaut die Glans mehr oder weniger vollständig umschließt, wird die Hypospadie meist direkt nach der Geburt beobachtet. Die sich anschließende Diagnostik erfolgt in Abhängigkeit des Lokalbefunds. In jedem Fall sollte eine Ultraschalluntersuchung der ableitenden Harnwege durchgeführt und die Position der Hoden palpatorisch oder sonographisch verifiziert werden. Bei ausgeprägten Formen der Hypospadie, muss die Möglichkeit einer sexuellen Differenzierungsstörung in Betracht gezogen und der Patient zunächst einem pädiatrischen Endokrinologen vorgestellt werden. Sollte sich der Verdacht bestätigen, so ist eine sehr ausführliche und individuell abzustimmende Beratung der Eltern vorzunehmen. Die früher geübte Praxis, den Lokalbefund entsprechend dem Kerngeschlecht chirurgisch zu korrigieren, sollte heute nicht mehr erfolgen. Diesbezüglich findet z. Z. sowohl gesellschaftlich als auch fachübergreifend ein Prozess des Umdenkens statt, der die Notwendigkeit einer sofortigen Geschlechtsdetermination und frühzeitigen chirurgischen Maßnahmen in Frage stellt. Bei den meisten Patienten mit Hypospadie besteht jedoch kein Zweifel an der Geschlechtszugehörigkeit, sodass die Korrektur des Primärbefunds im Vordergrund steht. Über den optimalen Zeitpunkt der Operation besteht Uneinigkeit: Für eine frühzeitige Operation spricht, dass Wundheilung und Narbenbildung in diesem Alter günstiger sind. Andere Kinderurologen empfehlen eine Korrektur wegen der Größenverhältnisse erst während der ersten 3 Lebensjahre. Generell besteht Einigkeit, dass die operativen Maßnahmen während einer Lebensphase erfolgen sollten, die in die physiologische Amnesie des Kleinkindes fällt. j Therapie Für das chirurgische Vorgehen gilt, dass der fehlplatzierte Meatus urethrae in keinem Fall ein Miktionshindernis darstellt und darum auch keiner chirurgischen Manipulation bedarf. Die Indikation zur chirurgischen Korrektur der Hypospadie an sich stützt sich auf zwei voneinander unabhängige Argumente. Erstens kann die Schaftkrümmung des Penis, wenn sie stärker als 25° ist, im späteren Lebensalter ein Kohabitationshindernis darstellen. Auch eine sehr weit proximal mündende Harnröhre wird eine physiologische Zeugung erschweren oder unmöglich machen. In diesen Fällen besteht die medizinische Notwendigkeit einer Korrektur. Die Indikation zur operativen Korrektur der sehr viel häufigeren distalen Hypospadie ohne Schaftkrümmung basiert auf der Überlegung, dass man den Kindern eine mögliche Stigmatisierung ersparen möchte. Denn gerade in einer Phase, in der die eigene Geschlechtszugehörigkeit wahrgenommen und ausgebildet wird, stellt die Hypospadie eine für jeden erkennbare Abweichung der Norm dar. Daher sollten auch die distalen Formen der Hypospadie frühzeitig korrigiert werden. Für die Korrektur der Hypospadie gibt es eine Unzahl von Operationsmethoden. Einzelne Techniken werden über Jahrzehnte favorisiert, um dann modifiziert oder durch andere Varianten abgelöst zu werden. Diese Entwicklung ist ein Zeichen dafür, dass sich bisher kein Operationsverfahren als allen überlegen durchsetzen konnte. Denn Wundheilungsstörung und Narbenbildung führen in der Hypospadiechirurgie zu Fistelbildung und/oder Stenosierungen der Neourethra, wobei die Komplikationsrate bei distalen Hypospadien im einstelligen Bereich liegt. Sehr viel schwieriger ist die Einschätzung, welches chirurgische Vorgehen bei Vorliegen einer isolierten Schaftkrümmung bzw. bei proximalen Hypospadien zu bevorzugen ist. Da es auch hier viele Konzepte gibt, die gleichberechtigt nebeneinander stehen, sollten diese Operationen nur in den kinderurologischen Zentren durchgeführt werden, die über eine ausreichend große Erfahrung verfügen. Der physiologische Deszensus der Hoden erfolgt aus dem retroperitonealen Raum durch den Leistenkanal in das Skrotum (7 Kap. 26). Dieser Vorgang ist zum Zeitpunkt der Geburt bei nahezu allen Jungen abgeschlossen. Lediglich bei 1% besteht der Befund des sog. "leeren Skrotums". Bei etwa 60% der Kinder mit Maldeszenus testis erreichen die Hoden innerhalb von 3 Monaten ihre Zielposition. In den verbleibenden Fällen bleibt der spontane Deszensus aus, wobei die rechte Seite häufiger betroffen ist. Ein beidseitiger Hodenhochstand wird in 10-20% aller Fälle beobachtet. Im deutschen Sprachgebrauch werden nach klinischen Kriterien folgende Befunde unterschieden: beim Pendelhoden wird der betreffende Hoden lediglich durch den Kremasterzug bis in den Leistenkanal hochgezogen. Er kann manuell problemlos in das Skrotum verlagert werden und verbleibt in dieser Position. Beim Gleithoden lässt sich der aszendierte Hoden zwar auch in das Skrotum mobilisieren, wird aber spontan wieder in Richtung Leiste hochgezogen und befindet sich somit meistens in der Leiste. Beim sog. Störungen der Nierenaszension können zur dystopen Lage einer Niere z. B. im kleinen Becken (Beckenniere) führen. Die Nichtdarstellbarkeit einer Niere in der üblichen anatomischen Position mittels Ultraschall sollte immer Anlass geben, nach einer dystopen Niere zu suchen. Bei Verschmelzung der beiden unteren Nierenpole der Nierenanlagen spricht man von einer Hufeisenniere. Diese Fusions-und Lageanomalien gehen meist nicht mit Komplikationen einher und werden meist zufällig sonographisch entdeckt. Die einseitige Nierenagenesie kommt mit einer Häufigkeit von 1:1.000 Lebendgeborenen vor. Nach der Geburt kommt es zu einer kompensatorischen Hypertrophie der Gegenseite, die sich sonographisch nachweisen lässt. Falls sich keine zusätzliche Anlagestörung der Gegenseite findet, ist die Prognose gut. Bei bilateraler Nierenagenesie kommt es intrauterin zu einem Anhydramnion mit den Folgen einer Potter-Sequenz (syn. Oligohydramnion-Sequenz): Lungenhypoplasie, Gliedmaßenverkrümmungen und Gesichtsdysmorphie (weiter Augenabstand, Abflachung und Verbreiterung der Nase). Die Kinder versterben meist kurz nach der Geburt aufgrund der schweren Lungenhypoplasie. j Therapie Die Behandlung des POM erfolgt primär konservativ, da mit einer spontanen Ausreifung der Obstruktion gerechnet werden kann. Um diesen Spontanverlauf zu beurteilen, sind regelmäßige Ultraschalluntersuchungen und ggf. auch Nierenszintigraphien notwendig. Sollte sich unter der abwartenden Haltung keine Infektfreiheit erreichen lassen bzw. die Partialfunktion der betroffenen Niere abnehmen, so gibt es mehrere Möglichkeiten der interventionellen bzw. operativen Behandlung. Eine Möglichkeit ist die Anlage einer Ureterokutaneostomie nach Sober, um die Drainage der betroffenen Niere zu gewährleisten und die spontane Maturation des ureterovesikalen Übergangs abzuwarten. Alternativ kommt auch die antirefluxive Reimplantation des Harnleiters in die Blase in Frage. Von einer primären Operation sollte jedoch möglichst Abstand genommen werden, da v. a. wegen des erheblich dilatierten Harnleiters -der bei dem Eingriff modeliert werden muss -postoperativ ein vesikoureteraler Reflux auftreten kann, der seinerseits ursächlich für HWI sein kann. Alternativ können auch interventionelle Verfahren eingesetzt werden, bei denen entweder nur ein JJ-Katheter eingelegt oder aber der enge ureterovesikale Übergang mit einem Ballondilatator geweitet wird. Allerdings besteht hier das Risiko, dass durch diese Maßnahme in ca. 50% der Fälle ein vesikoureteraler Reflux sekundär induziert wird. In seltenen Fällen können Ureterabgangsstenosen und primär obstruktiver Megaureter im selben ableitenden Harnsystem gleichzeitig auftreten. In diesen Fällen ist ein MR-Urogramm zur Beurteilung der Situation auf jeden Fall hilfreich. Die Behandlungsstrategie sieht hier vor, zunächst die Ureterabgangsstenose operativ zu korrigieren und den primär obstruktiven Megaurether als separate Entität zu beurteilen und entsprechend den genannten Modalitäten möglichst konservativ zu begleiten. Unter dem Begriff "Urethralklappen" wird eine Erkrankungsentität zusammengefasst, die primär durch den Nachweis einer segelförmigen Membran in der Hahnröhre definiert ist. Diese Membran befindet sich im Bereich der hinteren Harnröhre, also am Übergang der prostatischen in die penile Urethra. Durch dieses unterhalb der Harnblase gelegene Hindernis wird der Urinstrahl behindert und abgeschwächt. Urethralklappen treten sehr selten (Häufigkeit ca. 1:5.000 Geburten) und ausschließlich beim männlichen Geschlecht auf. Allerdings ist die Erkrankung der "Urethralklappe" wesentlich komplizierter, als bisher angenommen. Zunächst ging man davon aus, dass ein anatomisch fixiertes Durchflusshindernis in der Harnröhre die einzige pathologische Veränderung sei, die lediglich zu einem Harnaufstau führe. Alle weiteren Symptome, einschließlich des vesikoureteralen Refluxes und die nachfolgender Schädigung der Nieren wurde zunächst als Komplikationen der eingeschränkten Blasenentleerung verstanden. In den letzten 20 Jahren hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass neben der beschriebenen Einengung der Harnröhre gleichzeitig eine funktionelle Blasenentleerungsstörung besteht, die ähnlich stark ausgeprägt sein kann, wie bei neurogener Fehlinnervation der Blase. Zusätzlich sind bei ca. 50% dieser Patienten mehr oder weniger stark ausgeprägte Nierendysplasien zu finden. Letztendlich bedürfen die meisten Patienten mit schwerer Verlaufsform bzw. 25-30% aller Patienten mit Urethralklappen früher oder später einer Nierenersatztherapie (Dialyse, Nierentransplantation). Warum sich die Erkrankung in so variablen Mustern zeigt, ist bislang nicht geklärt. Es kann jede nur erdenkliche Kombination der genannten Symptome beobachtet werden. Auch gibt es bis heute keinen Parameter, mit dem eine sichere Prognose des individuellen Krankheitsverlaufs gestellt werden kann. Trotzdem darf für diejenigen Patienten eine günstige Prognose angenommen werden, die in der ersten Lebenswoche normale Nierenfunktionswerte aufweisen, die auch während des weiteren Wachstums stabil bleiben. j Therapie Um dem potenziell fatalen Erkrankungsverlauf vorzubeugen, wurden bereits in den 1990er Jahren intrauterine Ableitungsoperationen entwickelt und durchgeführt, die leider nicht erfolgreich waren und den schicksalhaft ungünstigen Verlauf dieser Patienten nicht beeinflussen konnten. Darum ist es bis heute gängige Praxis, die im Zusammenhang mit Urethralklappen auftretenden Schädigungen der Blase und der Nieren so früh wie möglich nach der Geburt zu erkennen und so gut wie möglich zu behandeln. Dabei muss man berücksichtigen, dass angeborene Funktions-oder Anlagestörungen nicht korrigiert werden können. Folgeerkrankungen und deren Konsequenzen lassen sich heute jedoch gut beherrschen und sind für das Gesamtüberleben nicht mehr limitierend. Die Behandlung von Kindern mit Urethralklappen erfolgt nach zwei unterschiedlichen Strategien, deren gemeinsames Ziel darin besteht, die Nierenfunktion zu schützen. Eines dieser Konzepte sieht vor, den erhöhten Auslasswiderstand Harnblase vollständig auszuschalten, indem zwei Ureterostomata angelegt werden, die für mehrere Jahre bestehen bleiben. Die weiteren Maßnahmen richten sich später nach der Stabilität der Nierenfunktion. Ein anderes Stufenkonzept entlastet zunächst nur die Harnblase über einen Katheter gefolgt von der Schlitzung der Urethralklappe als einzige operative Maßnahme. Die Anlage von Ureterostomata erfolgt nur als ultima ratio. Die späteren Maßnahmen (Management der Blasensentleerung, Nierenersatztherapie, etc.) richten sich nach dem individuellen Verlauf jedes einzelnen Patienten. Der individuelle Krankheitsverlauf eines Patienten mit Urethralklappen kann nicht prognostiziert werden. Die mittel-und langfristigen Konsequenzen sind Urininkontinenz, rezidivierende HWI und Niereninsuffizienz. Ein günstiger Krankheitsverlauf kann an angenommen werden, wenn die Nierenfunktion in der ersten Lebenswoche nicht eingeschränkt ist und wenn die notwendigen therapeutischen Maßnahmen so früh wie möglich eingeleitet worden sind. Das gilt v. a. für die Vermeidung von fieberhaften HWI. Eine schwerwiegende Funktionseinschränkung der Harnblase sowie einer ausgeprägten Nierendysplasie, wenn diese bereits zum Zeitpunkt der Geburt vorliegen, können auch durch rechtzeitige und korrekte therapeutische Maßnahmen nicht korrigiert und der schicksalhafte Verlauf nicht kompensiert werden. Bei Kindern treten Ureterozelen meistens im Zusammenhang mit einem gedoppelten Ableitungssystem auf. Die Behandlung richtet sich nach den jeweiligen Ergebnissen des diagnostischen Algorithmus bei HTS. Kleine Ureterozelen, bei denen keine urodynamisch wirksame Abflussbehinderung besteht, bedürfen Insbesondere bei Infektfreiheit keiner Intervention. Die interventionelle bzw. operative Behandlung richtet sich nach dem Lokalbefund. Es besteht die Möglichkeit, Ureterozelen zunächst über einen zystoskopischen Zugang zu schlitzen und deren spontane Involution abzuwarten. Allerdings besteht in ca. 50% der Fälle das Risiko, dass sich ein vesikoureteraler Reflux ausbildet. Alternativ kann bei gedoppelten Systemen auch eine Ureterozystoneostomie en bloc erfolgen, wobei beide Harnleiter antirefluxiv in die Harnblase reimplantiert werden. Auf sog. adulte Ureterozelen bei Einzelsystemen trifft man im Kindesalter nur selten und diese bedürfen nur dann der Therapie, wenn sie eine signifikante Abflussbehinderung darstellen und/oder HWI auftreten. Das zweite pathognomonische Zeichen der ARPKD ist eine Dysplasie der Gallengangsanlage mit einer Proliferation der Gallengänge und Gallengangsektasie im Sinne eines Caroli-Syndroms sowie eine obligate kongenitale periportale Leberfibrose. Die Leberbeteiligung ist meist zunächst klinisch stumm. Die Syntheseleistung der Leber ist meist nicht eingeschränkt. Jedoch kommt es im weiteren Verlauf häufig zur portalen Hypertension (Hepatosplenomegalie, Ösophagusvarizen), die langfristig eine Lebertransplantation erforderlich macht. Einige Patienten benötigen daher auch eine kombinierte Leber-Nieren-Transplantation. j Diagnose Die differenzialdiagnostischen Kriterien zur Abgrenzung gegenüber der wesentlich häufiger auftretenden autosomal-dominanten polyzystischen Nierenerkrankung (ADPKD) sind in . Tab. 25.6 aufgeführt. In der Praxis kann jedoch bei ca. 20% der Patienten keine sichere klinisch/radiologische Diagnose gestellt werden, sodass insbesondere bei erneutem Kinderwunsch eine genetische Diagnostik angezeigt ist. j Therapie Therapeutisch steht die konsequente Blutdruckeinstellung, Ernährungstherapie (z. B. über Ernährungssonde) und Behandlung der Folgen der chronischen Niereninsuffizienz im Vordergrund. Die ADPKD hat eine Inzidenz von etwa 1:400-1:1.000 und manifestiert sich meist erst im mittleren Erwachsenenalter (. Tab. 25.6). Im Kindes-und Jugendalter treten nur selten eine chronische Niereninsuffizienz, behandlungsbedürftige arterielle Hypertonie oder Proteinurie auf. Die fokal-segmentale Glomerulosklerose (FSGS) stellt im Gegensatz zur Minimal-change-Glomerulopathie eine große therapeutische Herausforderung dar, da sie meist steroidresistent (keine Remission unter einer 4-wöchigen Prednisontherapie) ist und bei fehlendem therapeutischen Ansprechen eine progrediente Niereninsuffizienz mit der Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie droht. Die postinfektiöse Glomerulonephritis verläuft im Kindesalter als ein prognostisch günstiges akutes nephritisches Syndrom, das 1-4 Wochen nach einer bakteriellen, viralen oder parasitären Erkrankung auftritt. Meist werden Streptokokkenstämme der Gruppe A als auslösende Erreger nachgewiesen, sodass man in diesen Fällen auch von einer Poststreptokokkenglomerulonephritis spricht. Die Häufigkeit der postinfektiösen Glomerulonephrits ist in den letzten Jahren durch frühzeitige antibiotische Therapie von bakteriellen Infektionen deutlich zurückgegangen und liegt nunmehr unter der der IgA-Nephritis. j Pathogenese Es kommt zur Bildung von Antikörpern gegen Bakterienantigene, die an glomerulären Strukturen binden und zur Aktivierung von Komplement und einer Entzündungsreaktion (Immunkomplex-Glomerulonephritis) führen. j Therapie Die Therapie besteht v. a. in der oralen Substitution von Natriumchlorid, Kalium und Wasser. Bei den neonatalen Formen des BS ermöglicht der frühzeitige Einsatz von Prostaglandinsynthesehemmern das Überleben und adäquate Gedeihen der Kinder. Störungen der Bikarbonatresorption oder der Säuresekretion sind die pathogenetischen Grundlagen einer renal-tubukären Azidose (RTA). Sie können isoliert (angeboren) oder auch sekundär im Rahmen von komplexen Tubulopathien auftreten. j Klinik Die akute TIN imponiert als akutes Nierenversagen mit Oligo-/Anurie und hat eine gute Prognose. Die Prognose der chronischen TIN ist stark abhängig von der zugrunde liegenden Erkrankung. Differenzialdiagnostisch muss an das TINU-Syndrom gedacht werden, bei dem zusätzlich zur TIN eine meist asymptomatische Uveitis vorliegt. Letzteres wird mittels Spaltlampenuntersuchung diagnostiziert. Konkremente lagern sich im Bereich der ableitenden Harnwege meist im Nierenbecken und Harnleiter ab, selten in Blase und Harnröhre und führen zu lokalisationsabhängigen entsprechenden Beschwerden. Die Nephrokalzinose ist durch Ablagerungen von Kalzium (als Oxalat oder Phosphat) im Nierenparenchym gekennzeichnet. Charakteristischerweise findet sie sich im Nierenmark als medulläre Nephrokalzinose (. Abb. 25.15). Nephroprotektive und antihypertensive Therapie mit Inhibitoren des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (ACE-Hemmer, ATII-Rezeptor-Antagonisten). Ziel ist die Normalisierung der Proteinausscheidung und des Blutdruckes Ziel: 100% der bei gesunden Kindern empfohlenen Kalorien-/Proteinzufuhr. Eine Eiweißreduktion ist nur bei stark reduzierter Nierenfunktion sinnvoll und sollte 1 g/kgKG/Tag nicht unterschreiten Kontrolle des Elektrolyt-und Säuren-Basen-Haushalts in Abhängigkeit von der klinischen Situation: Gabe von Natriumchlorid bei Salzverlustnephropathie, Kochsalzrestriktion bei Ödemen/Hypertension, Flüssigkeitsbilanzierung (Harnkonzentrationsstörung? Ödeme?) und Azidoseausgleich mittels Natriumbikarbonat Therapie der renalen Osteopathie durch Gabe von aktivem Vitamin D (Calcitriol), Reduktion der Phosphatzufuhr bzw Prophylaxe bzw Die Medikamente werden entsprechend adaptiert um die CKD-stadienabhängigen Zielbereiche für Serumkalzium, Phosphat, alkalische Phosphatase, 25-OH-Vitamin D und Parathormon einzuhalten Behandlung der renalen Anämie: Eisensubstitution (2 mg/kgKG/Tag) und ab Hämoglobinwerten unter 12 g/dl Gabe von Erythropoetin Therapie mit rekombinantem humanem Wachstumshormon (0,045-0,05 mg/kgKG als tägliche abendliche s.c.-Injektion) bei mangelndem Gedeihen bzw schießende Komplementaktivierung führt letztendlich zu einer Endothelschädigung in den Nierenkapillaren mit der Folge von Thrombenbildung, hämolytischer Anämie und progredienten Nierenversagen.j Klinik Beim typischen HUS zeigt sich nach einer z. T. hämorrhagischen Diarrhö eine hämolytische Anämie und progredientes Nierenversagen mit Blässe, Oligoanurie, Ödembildung und arterieller Hypertonie. Sonographisch zeigen sich beidseits hyperechogene vergrößerte Nieren mir reduzierter bzw. aufgehobener kortikomedullärer Diffenzierung (. Abb. 25.14). Darüber hinaus können weitere Or gane insbesondere das ZNS (Krampfanfälle, Somnolenz, Hirnödem) und die Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis, Diabetes mellitus) mitbefallen sein. Die Mehrzahl der Kinder muss dialysiert (im Mittel 11 Tage) werden. Eine antibiotische Behandlung ist wegen der Gefahr einer vermehrten Verotoxinfreisetzung nicht indiziert. Die Mortalität liegt in Abhängigkeit von der ZNS-Beteiligung zwischen 2 und 8%. Bei ca. 5% der Patienten ist das akute Nierenversagen nicht reversibel und bedarf daher einer dauerhaften Nierenersatztherapie.Von einem atypischen HUS ist bei atypischer Klinik (keine vorangegangene blutige Diarrhö) und/oder fehlendem Erreger-/Toxinnachweis auszugehen. Ein genetischer Defekt oder Erniedrigung des Serumkomplements ist bei ca. 50% der Fälle nachzuweisen. Bei 15% der Patienten wird die Erkrankung durch invasive Infektionen mit Streptococcus Pneumoniae hervorgerufen.