key: cord-0050107-svfmb7p8 authors: von Bernuth, H.; Roesler, J. title: Immunologie date: 2019 journal: Pädiatrie DOI: 10.1007/978-3-662-57295-5_10 sha: b22830d97ef3280128df196ff8414659f73fd345 doc_id: 50107 cord_uid: svfmb7p8 Rezidivierende harmlose Infektionen, insbesondere der Atemwege sind im Kindesalter häufig. Gesunde Kleinkinder erkranken bei Betreuung in Kinderkrippe oder Kindergarten im Durchschnitt 8-mal pro Jahr an fieberhaften, viralen Infektionen, die nur wenige Tage andauern und die Kinder nicht schwer beeinträchtigen. Von dieser physiologischen Infektanfälligkeit unterscheidet sich eine pathologische Anfälligkeit bei angeborenen Immundefekten: Schwere Infektionen treten durch Erreger auf, die vom Immungesunden kontrolliert werden (Pneumonie durch Pneumocystis jirovecii oder Aspergillus spp, Organabszesse durch S. aureus, disseminierte Lymphadenitis durch atypische Mykobakterien, Candidiasis über den Windelbereich und das erste Lebensjahr hinaus und ähnliche Erkrankungen). Auch autoinflammatorische/autoimmunologische Erkrankungen mit Granulombildung, rezidivierendem Fieber, ausgedehnten Ekzemen, Lymphoproliferation oder chronischer Darmentzündung müssen Anlass zur Suche nach angeborenen Ursachen für die immunologische Fehlregulation sein. Bei über 300 molekular definierten Defekten sind die im Folgenden beschriebenen Krankheitsbilder klassische Beispiele für angeborene Immundefekte aus den verschiedenen Bereichen unseres Immunsystems. Diese Erkrankung ("chronic granulomatous disease", CGD) wird durch den Defekt eines in der Phagozytenmembran befindlichen Enzymsystems (NADPH-Oxidase, enthält u. a. gp91-phox) verursacht. Sie tritt mit einer Häufigkeit von 1:100.000 bis 1:300.000 auf. j Pathogenese Betroffenen Zellen (besonders Granulozyten und Monozyten, aber auch T-, B-und weiteren Zellen) fehlt die Fähigkeit, reaktive Sauerstoffmetabolite mit Hilfe der NADPH-Oxidase zu bilden. Ihre Produktion ist für die Abwehr bestimmter Bakterien (z. B. S. aureus) und Pilze (Aspergillen) und für normale Entzündungsregulationen wichtig. Aus dem Defekt resultieren schwere, oft abszedierende Infektionen und überschießende, oft granulomatöse Entzündungsreaktionen, häufig auch ohne Infektion. In etwa ⅔ der Fälle ist das auf dem X-Chromosom kodierte gp91-phox betroffen. Bei autosomalen Formen sind p22-phox, p40-phox, p47-phox, oder p67-phox betroffen. j Klinik Die Klinik ist sehr komplex und initiale Fehldiagnosen sind häufig. Einerseits treten eitrige, zum Teil abszedierende Infektionen von Lymphknoten, Lunge, Leber (. Abb. 10 .1) (und weiteren inneren Organen), Weichteilen, Haut und Knochen (. Abb. 10 .2) auf. Andererseits kommen klinische Bilder vor, die mit Mykobakteriosen, Sarkoidose, exogen allergischer Alveolitis, idiopathischer Lungenfibrose, Morbus Crohn, "Tumoren" (in Wirklichkeit Granulome) z. B. der ableitenden Harnwege, rheumatischen Erkrankungen (Fieberschübe) usw. verwechselt werden. Die häufigste Erreger ist S. aureus. Burkholderia cepacia kann eine gramnegative, rasch tödliche Sepsis verursachen. Aspergillusinfektionen der Lunge können bei Inhalation sporenhaltiger Luft sowohl hochakut als auch bei allmählicher Gewebsinfiltration schleichend verlaufen und ebenfalls tödlich verlaufen. Weitere opportunistische Erreger (z. B. S. marcescens, Nocardien) kommen vor, es besteht jedoch keine allgemeine Abwehrschwäche gegenüber Bakterien oder Viren. Autoinflammatorische Entzündungen können zu Organversagen (Lungenfibrose) und schwerer Beeinträchtigung (Kolitis) führen. Fisteln (z. B. perianal) und gestörte Wundheilung sind häufig. Erste Symptome können sehr früh im Säuglingsalter ("Late-onset-Sepsis") auftreten, aber -besonders bei Restaktivität der NADPH-Oxidase -auch erst später im Jugendlichen-oder Erwachsenenalter. Histologisch findet man in betroffenen Organen Granulome mit Epitheloidzellen und Langerhans-Riesenzellen, was häufig zur Fehldiagnose "Tuberkulose" führt. Andererseits können Patienten mit CGD auch an Tuberkulose erkranken; besonders typisch ist das Vorkommen einer BCG-itis, einer Infektion nach Impfung gegen Tuberkulose mit BCG-Bakterien. Durch Granulome in der Wand von Hohlorganen wie Ureter, Ösophagus, Magen u. a. können Stenosierungen auftreten. In Familien mit X-chromosomalem rezessivem Erbgang können Heterozygote bei ungünstiger X-Inaktivierung (Lyonisierung) klinische Auffälligkeiten, wie rezidivierende aphthöse Stomatitiden, einen diskoiden Lupus erythematodes oder schwere CGD-typische Infektionen zeigen. j Therapie Die antimikrobielle Therapie muss danach ausgerichtet werden, ob es sich um atypische Mykobakterien oder echte Tuberkulose bzw. andere Erreger handelt. Zusätzliche pharmakologische Dosen von IFN-γ sind außer beim kompletten IFN-γ-Rezeptordefekt wirksam; bei kompletten IFN-γ Rezeptordefekten ist dagegen höchstens IFN-α mäßig effektiv (wegen sich überschneidender Signalwege von IFN-α und -γ; Einzelfallbeobachtungen). Bei kompletten Defekten der IFN-γ-Achse ist eine Knochenmarktransplantation mit myeloablativer Konditionierung ohne T-Zelldepletion von einem HLA-identischen Spender (möglichst Geschwister) die einzige therapeutische Option, wobei besondere Komplikationsmöglichkeiten zu beachten sind: gehemmtes Engraftment der Spenderzellen durch hohe IFN-γ-Spiegel im Empfänger, Exazerbation persistierender Mykobakterieninfektionen, überschießende Granulombildung z. B. im ZNS unter Rekonstitution mit Spenderzellen. j Prognose Bei Defekten, die von einer IFN-γ-Gabe profitieren, ist die Prognose, in Abhängigkeit von der Schwere der Ersterkrankung, meist gut, bei vollständigen IFN-γ Rezeptordefekten nur bei gelungener Knochenmarktransplantation günstig. Seltene Störungen der Phagozyten sind in . Tab. 10 Eine Antikörperantwort auf die Impfungen bleibt aus, während eine T-Zell-Antwort möglich ist, sofern die Impfstoffe nicht vollständig durch substituierte Immunglobuline neutralisiert werden. Die Wertigkeit der Impfungen bei Immunglobulinmangel wird kontrovers diskutiert. Differenzialdiagnostisch muss bei Fehlen von IgG, IgA und IgM v. a. ein kombinierter T-Zelldefekt ausgeschlossen und bei erniedrigtem IgG, IgA und IgM bei Säuglingen und Kleinkindern an einen transitorischen Antikörpermangel (7 Abschn. 10.2.5) gedacht werden. . Abb. 10.6 CT-Thorax bei Agammaglobulinämie Typ Bruton mit multiplen, z. T. schleimgefüllten Bronchiektasen (Pfeil) und Mittellappenatelektase (MI) rechts j Therapie Die Therapie der Wahl ist die Immunglobulinsubstitution entweder mit intravenös zu applizierenden Präparaten (mindestens 400 mg/ kgKG alle 3 Wochen) oder als subkutane Gabe (100 mg/kgKG einmal wöchentlich bzw. mit Hyaluronidase alle 3-4 Wochen). Der Talspiegel im Serum sollte über 7 g/l liegen, da hochdosierte Substitution die Entwicklung von Bronchiektasen hinauszuzögern oder evtl. ganz zu verhindern scheint. Ein höherer Serumtalspiegel kann bei Vorliegen von Bronchiektasen sinnvoll sein. Jedoch können auch unter optimaler Substitution Infektionen im Bereich der Schleimhäute (Sinusitis) oft nicht vermieden werden, da das hier besonders wichtige Immunglobulin A (IgA) nicht ersetzt werden kann. Infektionen müssen intensiv antibiotisch behandelt werden. j Prognose Die Prognose wurde früher durch das Auftreten nicht mehr beherrschbarer Infektionen und sekundärer pulmonaler Veränderungen durch die rezidivierenden Entzündungen bestimmt. Mit der heute durchführbaren Therapie stehen erhöhte Malignomneigung und chronische Infektionen mit Enteroviren im Vordergrund. Bronchiektasen, die selbst unter regelrechter Immunglobulinsubstitution auftreten können, stellen eine für die Prognose entscheidende Herausforderung dar. j Definition, Pathogenese Die X-chromosomal-rezessiv vererbte Form dieser Erkrankung umfasst etwa 70% der Hyper-IgM-Syndrome und ist durch rezidivierende Infektionen ähnlich denen bei X-chromosomal vererbter Agammaglobulinämie mit einer zusätzlichen Anfälligkeit für Infektionen durch Cryptosporidium spp. gekennzeichnet. Mit der Ausnahme von IgM (normal bis erhöht) finden sich ebenfalls erniedrigte Immunglobulinspiegel und erniedrigte Impfantikörpertiter. Ursache sind Mutationen des Gens für den CD-40-Liganden (CD40L), ein Membranprotein, das auf aktivierten T-Lymphozyten exprimiert wird und mit CD40 auf antigenpräsentierenden Zellen interagiert. Diese Interaktion ist für die Differenzierung von B-Lymphozyten und den Isotypen-Klassenwechsel von IgM zu IgG von Bedeutung. j Klinik Lymphknoten und Tonsillen können spärlich entwickelt, manchmal aber auch hyperplastisch sein. Die Patienten leiden an erhöhter Anfälligkeit für respiratorische Infekte bakterieller Genese (Otitis, Pneumonie), es kommen aber auch Pneumocystis-jiroveci-Pneumonien, Durchfälle (Kryptosporidien?) und aufsteigende Infektionen der Gallenblase vor. Wahrscheinlich durch verstärkte Autoantikörperbildung bedingt, beobachtet man Neutrozytopenien (in 50% der Fälle), Thrombozytopenien und Anämien. j Diagnose Die Diagnose wird durch den Nachweis von Mutationen des Gens für CD40 L oder durch fehlende Expression dieses Proteins auf aktivierten T-Lymphozyten gestellt. j Therapie, Prognose Die Therapie ist zunächst symptomatisch und besteht aus Immunglobulinsubstitution und der Gabe von Antibiotika. In den ersten Lebensjahren ist eine Prophylaxe gegen Pneumocystis-jiroveci-Infektionen mit Trimethoprim/Sulfamethoxazol indiziert. Es gibt eine Reihe weiterer genetischer Defekte, die zu einem Hyper-IgM-Syndrom führen, die sich aber in Klinik und Prognose vom CD40L-Mangel zum Teil unterscheiden können. Dazu gehören Mutationen in den Genen für NEMO ("NFk-B essential modulator"), CD40, AID ("activation-induced cytidine deaminase"), AID C terminal, UNG ("uracile DNA glycosylase"), PMS2( "postmeiotic segregation increased 2") und in weiteren Genen. Auch Erkrankungen mit eingeschränkter Reparaturkapazität von DNA-Doppelsträngen wie Ataxia telangiectatica und Nijmegen-Breakage-Syndrom sowie das Aktivierte-PI3K-Delta-Syndrom können mit einer Hyper-IgM-Konstellation einhergehen. Allen gemeinsam ist ein defekter Klassenwechsel von IgM zu anderen Immunglobulinen. j Definition Diese Form eines Immundefektes (Synonym: "common variable immunodeficiency", CVID) ist charakterisiert durch das meist späte Auftreten der Symptome (typisch im jungen Erwachsenenalter, gelegentlich bei Schulkindern), die neben den üblichen Zeichen der Agammaglobulinämie beobachteten gastrointestinalen Symptome (Diarrhö, Malabsorption), die hohe Rate von Autoimmunerkrankungen. Im Gegensatz zur X-chromosomal vererbten Agammaglobulinämie sind phänotypisch reife B-Lymphozyten vorhanden. Das variable Immundefektsyndrom gehört mit einer Inzidenz von 1:10.000-1:50.000 zu den häufigsten Immundefekten. j Therapie Wurde ein IgG-Subklassendefekt nachgewiesen, so ist bei entsprechendem klinischem Bild eine Substitution mit einem IgG-Präparat indiziert. Bei begleitendem vollständigem IgA-Mangel ist, wie bereits betont, bei den ersten Gaben eine besondere Überwachung notwendig. j Definition Es handelt sich um einen vorübergehenden Mangel an Immunglobulinen. j Klinik Das transitorische Antikörpermangelsyndrom dauert gewöhnlich bis in das 2. oder 3. (selten bis zum Ende des 5.) Lebensjahr, ist selten mit vermehrter Infektionsanfälligkeit verbunden und scheint auf einer Verzögerung der eigenen Immunglobulinproduktion zu beruhen. B-Lymphozyten sind nachweisbar. Schon vor Normalisierung der Immunglobulinspiegel sind die Kinder in der Lage Isohämagglutinine und Antikörper gegen Impfstoffe zu bilden. Wahrscheinlich handelt es sich insgesamt um eine Extremvariante der physiologischen Hypogammaglobulinämie des Säuglings. Zu beachten ist, dass trotz vorhandener Impfantikörper die erniedrigten Immunglobulinspiegel sehr selten auf einen T-Zelldefekt oder eine frühe CVID-Variante hindeuten können. Bei sehr niedrigen Immunglobulinspiegeln ist daher initial der Ausschluss eines T-Zelldefekts und die Kontrolle der Immunglobulinspiegel im Verlauf nötig. Während bei reifgeborenen Kindern das Krankheitsbild selten ist, besteht ein transitorischer Antikörpermangel bei fast allen sehr kleinen Frühgeborenen. j Prognose Die Prognose des transitorischen Antikörpermangelsyndroms ist ausgezeichnet. Die Notwendigkeit einer Immunglobulinsubstitution ist eine Rarität. Unter dem Begriff versteht man kombinierte Störungen, die sowohl B-wie T-Zellfunktionen betreffen und sich im ersten Lebensjahr manifestieren ("severe combined immunodeficiency", SCID). Das Spektrum der möglichen Infektionen ist sehr breit. Ohne adäquate Stammzelltransplantation führen solche Infektionen meist schon innerhalb des ersten Lebensjahres zum Tode. Die Häufigkeit des SCID wird auf 1:50.000 geschätzt, variiert aber geographisch und in Abhängigkeit von Konsanguinität. Eine überbrückende intensive antibakterielle, antimykotische und antivirale Therapie ist unerlässlich. Gegen Pneumozystis jirovecii und Candida sollte eine Prophylaxe mit Cotrimoxazol und Fluconazol schon bei Verdacht auf einen schweren kombinierten Immun-defekt begonnen werden. Weitere prophylaktische Maßnahmen sind: keimarme Umgebung, Immunglobulingabe und Aciclovir. Die schwere Gedeihstörung ist mit parenteraler Ernährung zu be handeln. Die Transplantation von Stammzellen ist die Therapie der Wahl. Sie darf nicht verzögert werden und sollte bei Fehlen eines HLA-identen Spenders entweder haploident von einem Elternteil oder im Rahmen kontrollierter Studien mittels Gentherapie durchgeführt werden. Trotz Prophylaxe ist jederzeit eine Infektion möglich, die die Prognose dramatisch verschlechtert. Daher wird empfohlen, umgehend Kontakt zu einem transplantierenden Zentrum aufzunehmen. Es ist noch nicht beurteilbar, ob die Gentherapie der haploidenten Stammzelltransplantation bezüglich immunologischer Rekonstitution und Gesamtprognose überlegen ist. Die Leukämiegefahr der Gentherapie war bei den viralen Vektoren der ersten Studien erheblich und scheint nur bei ADA-Defizienz mit diesen Vektoren nicht vorhanden. Bei allen anderen SCID-Entitäten werden gentherapeutisch inzwischen modifizierte Vektoren im Rahmen klinischer Studien eingesetzt. Beim ADA-Mangel ist auch die Substitutionsbehandlung mit Adenosindesaminase eine Option. Blutpräparate vor Transfusion mit 30 Gy bestrahlt werden. Impfungen mit lebenden Erregern (Rotaviren, VZV) sind kontraindiziert. j Pathophysiologie Dem Krankheitsbild (im eigentlichen Sinne keine Immundefizienz) liegen verschieden verursachte Störungen des programmierten Zelltodes (Apoptosedefekte) zu Grunde. Am häufigsten sind Mutationen im Gen für Fas/Apo1/CD95 (TNFRSF6). Ist die sog. intrazelluläre "death domain" betroffen, ergibt sich ein dominant negativer Effekt. Dagegen haben Defekte der extrazellulären und Transmembranregion eine geringere Penetranz und führen bei somatischer Zweitmutation oder aufgrund einer Haploinsuffizienz zur Erkrankung. Die Zellen reagieren vermindert oder gar nicht auf bestimmte Apoptosesignale, sodass unbrauchbare und autoreaktive Lymphozyten überleben. j Klinik Durch benigne Lymphoproliferation kommt es zu Splenomegalie und zu langsam an-(und ab-) schwellenden, unterschiedlich stark vergrößerten Lymphknoten (. Abb. 10.9). In diesen Lymphknoten und im peripheren Blut finden sich häufig vermehrt sog. doppelt negative T-Zellen (TCRαβ+, CD3+, CD4-, CD8-, die neben erhöhten Serumbiomarkern (sFASL und Vitamin B 12 ) einen diagnostischen Stellenwert haben. Von Autoimmunphänomenen ist am häufigsten das hämatopoetische System mit Thrombo-und Neutropenien sowie hämolytischen Anämien betroffen. Auch Glomerulonephritis und andere Organmanifestationen treten auf. Das Risiko für ein malignes Lymphom ist deutlich erhöht. j Therapie Sirolimus und Mykophenolat-Mofetil sind die effektivsten, steroidsparenden Therapeutika, für die die meiste Erfahrung vorliegen und sollten initial eingesetzt werden. Wegen der Gefahr eines nachhaltigen Immunglobulinmangels sollte Rituximab gemieden werden. Die Indikation für eine Splenektomie ist sehr zurückhaltend zu stellen und eine Prophylaxe gegen bekapselte Erreger gründ- j Pathophysiologie Dieses X-chromosomal-rezessiv vererbte Syndrom ist gekennzeichnet durch einen selektiven Immundefekt gegen Epstein-Barr-Virusinfektionen. Das für die Erkrankung verantwortliche Gen kodiert ein Protein (SAP), das die Signaltransduktion in T-Lymphozyten und in NK-Zellen reguliert. Auf EBV reagieren die Patienten mit einer unkontrollierten Antwort der zytotoxischen (CD8+) T-Lymphozyten, die zu einer schweren Destruktion des lymphatischen Gewebes, der Leber und des Knochenmarkes führt. j Klinik Die Patienten versterben an der ersten EBV-Infektion oft durch Leber nekrose. Daneben sind aplastische Anämien, Hämophagozytose, Hypogammaglobulinämien und B-Zelllymphome beschrieben worden, die in der Regel tödlich verlaufen. Wegen der gestörten Antikörperproduktion ist der Nachweis der EBV-Infektion durch serologische Methoden teilweise schwierig aber die PCR wichtig. Anfänglich besteht eine Dysgammaglobulinämie, im weiteren Verlauf kommt es zum Absinken der Immunglobulinkonzentrationen im Serum. Fast immer besteht eine ausgeprägte Lymphozytose mit atypischen Lymphozyten. j Therapie Als einzige kurative Möglichkeit waren Knochenmarktransplantationen bei einigen Patienten erfolgreich. Differenzialdiagnostisch müssen lymphohistiozytäre Erkrankungen (7 Kap. 23), z. B. die familiäre Lymphohistiozytose, erwogen werden. Wiskott-Aldrich-Syndrom Eine Reihe von Viren induzieren eine verminderte Immunabwehr, wie z. B. konnatale Röteln, Zytomegalie, Masern und natürlich HIV (7 Kap. 14). Erhebliche Eiweißverluste z. B. bei exsudativer Enteropathie können zu einem klinisch relevanten Immunglobulinmangel führen. Lymphangiektasien und Verletzungen des Ductus thoracicus mit ausgeprägtem Verlust an Lymphflüssigkeit können über den Immunglobulinmangel hinaus einen Abfall der Lymphozytenzahl zur Folge haben und so eine erhebliche Abwehrschwäche verursachen. Sekundäre Schädigungen des Knochenmarks und des lymphatischen Systems (z. B. Strahlung, Chemikalien) sowie Autoimmun-und maligne Erkrankungen induzieren ebenfalls sekundäre Immundefekte. Schließlich seien als weitere Beispiele Chemotherapie und antientzündliche Therapien einschließlich Steroidtherapie als iatrogen verursachte Immunsuppression erwähnt. Manche Autoimmunstörungen verursachen eine "Phänokopie" eines angeborenen Immundefektes, z. B. Infektionen mit Mykobakterien bei Vorliegen von anti-IFNgamma-Autoantikörpern. Gedeihstörung im Säuglingsalter mit und ohne chronische Durchfälle, 4 rezidivierende Lymphknoten-oder Organabszesse, 4 zwei oder mehr viszerale Infektionen (Meningitis, Osteomyelitis, septische Arthritis über das normale Maß hinausgehende Candidainfektionen an Haut oder Schleimhaut, 4 chronische Graft-versus-Host-Reaktion (z. B. unklare Erytheme bei kleinen Säuglingen rezidivierende systemische Infektionen mit bestimmten einzelnen Erregern (z. B. mit atypischen Mykobakterien) Intensität und Summe stellt eine gute Zusammenfassung dar. Solche klassischen Hinweise auf einen Immundefekt gelten durchaus weiterhin für den größeren Teil der Patienten. Daneben werden jedoch zunehmend Immundefekte beschrieben, die sich völlig anders präsentieren Erstmanifestation von schweren Infektionen erst im Schulkind-oder Erwachsenenalter Erstmanifestation mit Autoimmun-oder autoinflammatorischen Symptomen oder mit einer Organfibrose Auftreten nur einer schweren Infektion (z. B. Herpesenzephalitis) bei unauffälliger Vorgeschichte Mimikry der Symptomatik anderer Erkrankungen, z. B. Sarkoidose usw Darüber hinaus verursachen einige Gendefekte ein breites Spektrum an klinisch-phänotypischen Manifestationen, während ähnliche Phänotypen z. T. durch verschiedene Gendefekte verursacht werden. Auch die therapeutischen Optionen werden subtiler. Die Konsequenz aus der zunehmenden Komplexität kann nur sein, die Zusammenarbeit mit pädiatrisch immunologischen Spezialisten zu suchen Inzwischen wurden Richtlinien erarbeitet, in welchen Fällen Lebendimpfungen doch möglich oder sinnvoll sind. So sollten z. B. Patienten mit septischer Granulomatose normal geimpft werden, nur die BCG-Impfung ist kontraindiziert. Bei T-Zelldefekten ist die Gefährdung durch Lebendimpfstoffe vom Ausmaß abhängig. Die frühere Poliomyelitis-Lebendimpfung ist bei ausgeprägten B-Zelldefekten kontraindiziert. Mit Totimpfstoffen ist eine Impfung immer ohne Gefährdung möglich, aber je nach Art des Immundefekts ist der Impferfolg zweifelhaft. Erfolgreich sind Impfungen mit Totimpfstoffen bei selektiven Immundefekten (z. B. IgG-Subklassendefekt, IgA-Mangel und polysaccharidspezifischer Immundefekt). Mit Totimpfstoffen kann die Kapazität und Funktionalität des Immunsystems überprüft werden Sekundäre Immundefekte Für sekundäre Immundefekte, insbesondere bei HIV, nach Chemotherapie und Knochenmarktransplantationen, sowie bei anhaltender iatrogener Immunsuppression gibt es Richtlinien für Lebendund Totimpfstoffe, die beachtet werden müssen