key: cord-0050094-6lj1lfy5 authors: Lang-Roth, R.; Dübbers, M. title: Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Phoniatrie und Pädaudiologie date: 2019 journal: Pädiatrie DOI: 10.1007/978-3-662-57295-5_29 sha: c169ab2b85b18ed53a7e62455d9a203d94ee5826 doc_id: 50094 cord_uid: 6lj1lfy5 Infektionskrankheiten des HNO-Bereichs betreffen alle Kinder und umfassen insbesondere Paukenergüsse, Mittelohrentzündungen und Infektionen der oberen Atemwege. Frühkindliche Hörstörungen werden durch das universelle Neugeborenhörscreening bereits nach der Geburt erkannt und mit Hörgeräten versorgt. Liegt eine Taubheit vor, stellt die Cochleaimplantation im ersten Lebensjahr eine etablierte Behandlungsmethode dar. Fehlbildungen im Bereich der Nase und Choanen oder des Kehlkopfs können bereits nach der Geburt durch Luftnot manifest werden und bedürfen einer operativen Therapie. Eine verzögerte Sprachentwicklung wird um den zweiten Geburtstag festgestellt. Ist das Kind ein „Late Talker“ kann frühzeitig eine Elternberatung oder Sprachtherapie erfolgen. Im weiteren Spracherwerb wird die Entwicklung differenziert nach den linguistischen Ebenen diagnostiziert und therapiert. Die Fehlbildungen der Ohrmuschel werden generell als Mikrotie bezeichnet. Sie treten überwiegend einseitig (70-90%) und auf der rechten Seite (ca. 60%) auf. Jungen sind häufiger betroffen (2:1 bis 3:1). Mit einer Ohrmuschelfehlbildung treten in 20-60% weitere Fehlbildungen, z. B. des Mittel-oder Innenohres auf. Die Mikrotie kann mit Fehlbildungen des Weichteilgewebes wie Ohranhängsel, Grübchen oder Fisteln einhergehen. Auch Fehlbildungen des Gesichtsschädels, Herz, Wirbelsäule sowie syndromalen Erkrankungen sind häufig. Genetische (familiär oder Spontanmutationen) wie teratogene Ursachen sind möglich. Die Klassifikationen der Mikrotie sind uneinheitlich und teilen die Fehlbildungen von geringgradigen Veränderungen der Ohrmuschel bis hin zum Fehlen der Ohrmuschel in meist 3-4 Grade ein. Bei höhergradigen Fehlbildungen liegt in der Regel eine Gehörgangsstenose oder Gehörgangsatresie vor, die mit einer Schallleitungs-oder kombinierten Schwerhörigkeit unterschiedlicher Ausprägung einhergeht. Fehlbildungen des Mittelohrs können isoliert in Form von Veränderungen der Paukenhöhle oder der Gehörknöchelchenkette vorkommen oder in Kombination mit Anomalien des Gehörgangs oder bei Syndromen auftreten. Fehlbildungen der Gehörknöchelchenkette führen zu einer Schallleitungsschwerhörigkeit. Bei angeborenen Innenohrschwerhörigkeiten liegt selten eine radiologisch fassbare Fehlbildung der Cochlea vor, ursächlich sind Veränderungen im Corti-Organ. Liegen anatomische Veränderungen vor, betreffen diese häufiger die Cochlea sowie das Vestibularorgan, seltener den inneren Gehörgang, den Aquaeductus cochleae oder den Ductus endolymphaticus. oder virale Infektionen sehr selten. Die Schwellung der Gehörgangshaut ist sehr schmerzhaft und die zusätzliche Ansammlung von entzündlichem Sekret kann zu einer Hörminderung führen. Begleitend kann eine Lymphknotenschwellung auftreten. Die Therapie besteht aus fachärztlicher Reinigung des Gehörgangs sowie der Einlage von desinfizierenden Salbenstreifen oder der Gabe von antibakteriellen Ohrentropfen. Die Schmerzen machen eine suffiziente analgetische Therapie notwendig, eine systemische Antibiotikatherapie ist in der Regel nicht indiziert. Häufig stecken sich kleine Kinder Gegenstände in den Gehörgang oder auch in die Nase. Es besteht die Gefahr, dass durch nicht fachgerechte Versuche, den Fremdkörper zu entfernen, dieser tiefer in den Gehörgang geschoben wird. Die Entfernung von Fremdkörpern ist daher dem HNO-Arzt vorbehalten, der diese mit einem Häkchen unter dem Mikroskop, teilweise in Sedierung, entfernt. Der Paukenerguss ist eine Ansammlung von nichteitrigem Sekret im Mittelohr, hinter intaktem Trommelfell. Unterschieden wird dünnflüssiges Sekret (Serotympanon) und von zähem, bzw. mukösem Sekret (Mucotympanon), das sich im Verlauf entwickelt. Trommelfellrisse und Perforationen werden nach Säuberung der Paukenhöhle von eindringenden Schmutz-und Epithelpartikeln mit einer Silikonfolie geschient. Eine Mitbeteiligung der Gehörknöchelchenkette ist operativ zu behandeln. Felsenbeinfrakturen treten bei etwa 6-8% der stumpfen Schädel-Hirn-Traumen auf und sind in über 95% mit einer Commotio cerebri assoziiert. Sie werden in eine Felsenbeinlängsfraktur, Querfraktur oder kombinierte Fraktur eingeteilt. Therapeutisch erfolgt zunächst das steriles Abdecken des Ohrs sowie eine weitere Beobachtung. Liegt eine Parese des N. facialis innerhalb von 48 Stunden nach Verletzung vor, ist im CT auf eine direkte Beteiligung des N. facialis zu achten und ggf. ist eine chirurgische Intervention indiziert. Im Verlauf kann eine Tympanoplastik mit Rekonstruktion der Gehörknöchelchenkette und Liquorfistelverschluss notwendig werden. Eine typische Spätkomplikation der Längsfraktur ist das Cholesteatom, infolge der traumatischen Versprengung von Epithel aus dem Gehörgang ins Mittelohr. j Ätiologie, Klassifikation 1-3/1.000 Neugeborenen sind beidohrig schwerhörig. Kranke Neugeborene bzw. sehr unreife Frühgeborene sind bis zu 10-mal häufiger betroffen. Die Ätiologie der Hörstörungen ist oftmals für den einzelnen Patienten nicht zu klären. 50-60% der Hörstörungen sind genetisch bedingt, hiervon werden 76% autosomal-rezessiv, 22% autosomal dominant und jeweils 1% X-chromosomal bzw. mitochondrial vererbt. Mit einem Anteil von über 50% sind die Mutationen im GBJ2-Gen (DFNB 1, Connexin 26) für die meisten autosomal-rezessiven, nichtsyndromalen Schwerhörigkeiten verantwortlich. Die Betroffenen sind zu 90% bereits bei Geburt schwerhörig, jedoch entwickeln 10% die Hörstörung erst im Kindesalter. Die verbleibenden ca. 40% der Hörstörungen sind durch schädigende Umweltfaktoren bedingt. Hier sind perinatale Erkrankungen, insbesondere konnatale CMV-Infektionen, und Röteln zu nennen. Die Gabe von ototoxischen Medikamenten (z. B. Cisplatin, Gentamicin, Vancomycin, Furosemid) kann eine Hörstörung zur Folge haben. Die Gesamtheit der schwerhörigen Kinder ist zu 70% monosymptomatisch schwerhörig, in 30% der Betroffenen tritt die Hörstörung im Kontext einer syndromalen Erkrankung auf. Im Verlauf der Kleinkind-und Vorschulphase können weitere Hörstörungen auftreten, die ebenfalls genetisch bedingt oder auch erworben sind. Der entscheidende Aspekt für die optimale Entwicklung eines schwerhörigen Kindes ist ein früher Diagnose-und Versorgungszeitpunkt. Dies wird seit 2009 durch das flächendeckend eingeführte Neugeborenenhörscreening ermöglicht. j Neugeborenenhörscreening (NHS) Der Beschluss des gemeinsamen Bundesausschusses (7 http:// www.g-ba.de/informationen/beschluesse/) regelt das NHS. Jedes Neugeborene hat ein Anrecht auf ein beidohriges NHS. Die Zielsetzung ist, Hörstörungen mit einem Hörverlust über 35 dB bis zum Ende des 3. Lebensmonats zu diagnostizieren und bis zum Ende des 6. Lebensmonats eine Therapie einzuleiten. Das Hörscreening wird in der Geburtsklinik bis zur U2 (3.-10. Lebenstag) durchgeführt. Bei kranken oder mehrfach behinderten Neugeborenen ist der Zeitrahmen bis zum Ende des 3. Lebensmonats und bei Frühgeborenen bis zum errechneten Geburtstermin erweitert. Ist das Ergebnis des Hörscreening kontrollbedürftig, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass das Kind eine Hörstörung aufweist. Amnionflüssigkeit im Mittelohr oder Käseschmiere im Gehörgang sowie Unruhe des Kindes können auch zu einem kontrollbedürftigen Ergebnis führen. Innerhalb von 14 Tagen sollte eine kontrollbedürftige Untersuchung wiederholt werden. Für das Hörscreening werden automatisierte Messverfahren eingesetzt: Haarsinneszellen im Innenohr und wird bei gesunden Neugeborenen im Primärscreening eingesetzt. Jedoch werden seltene, isolierte Schädigungen der inneren Haarsinneszellen und des Hörnervens nicht erkannt. BERA-Screening (AABR -"automatic auditory brainstem response") Das AABR-Screening überprüft über Hirnstammantworten das gesamte periphere Gehör bis zum Hirnstamm. Es kann bereits zum Primärscreening eingesetzt werden und ist für Risikokinder (7 Übersicht) und zum Kontrollscreening vorgeschrieben. Es werden die Synaptopathie/Neuropathie (AS/AN) und retrokochleäre Hörstörungen miterfasst. Die Untersuchung ist aufwändiger, jedoch weniger anfällig für Mittelohrbelüftungsstörungen. Es lassen sich je nach Ursprungsort unterschiedliche Formen von Hörstörungen abgrenzen (. Tab Die akute Rhinosinusitis ist eine virale Infektion der oberen Luftwege mit plötzlichem Beginn, die auch als "common cold" bzw. Erkältung bezeichnet wird. Zur Diagnosestellung sollten zwei der typischen Symptome erfüllt sein: nasale Sekretion, nasale Obstruktion, Mittelgesichtsschmerz, Hyposmie oder Husten. In der Regel heilt sie nach 10 Tagen ohne medikamentöse Therapie ab. Die akute bakterielle Rhinitis entsteht in Folge einer viralen Infektion und ist durch eine persistierende Symptome oder ein erneutes Aufflammen gekennzeichnet. In diesem Fall kann ein bakteriologischer Abstrich sinnvoll sein. Selten treten im Verlauf einer Rhinosinusitis orbitale (Orbitalphlegmone) oder intrakranielle Komplikationen (Meningitis) bzw. eine Osteomyelitis auf. j Therapie In den meisten Fällen einer unkomplizierten Infektion ist keine Therapie notwendig, selten die Gabe von NaCl-Nasentropfen oder abschwellenden Nasentropfen nötig. Treten Komplikationen auf, ist zusätzlich eine antibakterielle Therapie mit Amoxicilin, bei β-laktamasebildenden Bakterien in Kombination mit β-Lakta maseinhibitoren oder Cephalosporine, indiziert. Tritt eine akute unilaterale Rhinitis auf sollte ein Fremdkörper in der Nase ausgeschlossen werden, bei chronischer unilateraler Rhinitis eine Choanalatresie. Bestehen die entzündlichen Veränderungen der Schleimhaut der Nase und den Nasennebenhöhlen länger als 12 Wochen, wird von einer chronischen Rhinosinusitis gesprochen. Das klinische Bild wird von nasaler Obstruktion, chronischer Rhonorrhö und post nasal drip bestimmt. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von vergrößerten, entzündlich veränderten Adenoiden, anatomischen Besonderheiten, chronischen Infektionen und Allergien hin zum gastroösophagealen Reflux. Neben der antibakteriellen Therapie, ggf. in Kombination mit Steroiden, ist in einzelnen Fällen die Adenotomie mit Spülung der Nasennebenhöhlen als sanierende Operation indiziert. Etwa 70% der Kinder profitieren signifikant von dem Eingriff. Etwa 90-100% der Patienten mit Mukoviszidose (zystischer Fibrose, CF) haben eine sinu-nasale Beteiligung mit nasaler Obstruktion (80%), Anosmie (25%), Rhinitis (>50%) sowie Polypen in der Nase und den Nebenhöhlen. Mit zunehmendem Alter nehmen die Beschwerden zu. Die Therapie erfolgt in Zentren. Die PZD ist eine sehr seltene, autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung, die mit einem strukturellen Defekt der Zilien der respiratorischen Epithelzellen einhergeht. Liegt gleichzeitig ein Situs inversus vor, wird das Krankheitsbild als Kartagener-Syndrom bezeichnet. Die primären Symptome im HNO-Bereich betreffen die Nasennebenhöhlen und das Mittelohr. Die Therapie erfolgt in Zentren. 7 Kap. 11. Etwa 9% der Kinder bis zum 16. Lebensjahr haben rezidivierendes Nasenbluten aus dem Locus Kiesselbachii, im Bereich des vorderen Septums. Die Ursachen sind lokale Infektionen, trockene Schleimhäute oder lokale Traumata z. B. durch "Nasebohren", insbesondere in der entzündeten Schleimhaut bei einer akuten Rhinitis. In der Regel ist das Nasenbluten selbstlimitierend, mit steigendem Alter nimmt die Häufigkeit ab. Bei akuter Blutung, Auftragen von abschwellenden Nasentropfen. Das Kind aufrecht setzen und den knorpeligen Anteil der Nase durch Druck leicht komprimieren. Es soll darauf geachtet werden, dass kein Blut in den Rachen läuft. Im Intervall ist Nasenpflege, z. B. mit antiseptische Salben oder pflegenden Salben mit Panthenol, sinnvoll. Die Koagulation bzw. das Veröden von Gefäßen hingegen sollte nur im Ausnahmefall erfolgen, da es schmerzhaft ist, sich auf lange Sicht die Symptomatik nicht ändert und eine Septumperforation die Folge sein kann. Im Einzelfall ist es sinnvoll, eine Gerinnungsstörung auszuschließen. Sollte es aus anderen Bereichen der Nase bluten, ist es notwendig, Tumore oder Hämangiome auszuschließen. Die Rachenmandel, Adenoide oder häufig umgangssprachlich auch als (Kinder-)Polypen bezeichnet, stellt lymphatisches Gewebe des Dachs und der Hinterwand des Rachens dar, das zwischen den Tuben gelegen ist. Die Rachenmandel wächst in den ersten Lebensjahren und erreicht in einem Alter von 4-5 Jahren die größte Ausdehnung, danach bildet sie sich langsam zurück. Hyperplastische Adenoide können zu einer Rhinitis, Obstruktion der Nasenatmung und Schnarchen führen. In seltenen Fällen führen hyperplastische Adenoide, teilweise in Kombination mit ebenfalls hyperplastischen Tonsillen, zu einer ausgeprägten Obstruktion der Atemwege, die ein Schlaf-Apnoe-Syndrom zur Folge haben kann. Weitere Folgen sind Tubenbelüftungsstörungen mit Paukenergüssen (Serotympanon, Mucotympanon) oder rezidivierende Mittelohrentzündungen. Die Mittelohrbelüftungsstörung führt zu einer Schallleitungsschwerhörigkeit, die im Einzelfall für eine Aussprachestörung oder Sprachentwicklungsstörung verantwortlich sein kann. Bei etwa 20% der akuten Rhinosinusitiden sind die Adenoide mitbetroffen. j Diagnostik Die Diagnose wird in der Regel klinisch gestellt. Über einen akuten Infekt hinweg persistieren Symptome, wie nächtliches Schnarchen, Mundatmung, Rhinitis und Paukenergüsse. Die transnasale Endoskopie oder die transorale Nasopharyngoskopie sind im Einzelfall hilfreich, aber bei jungen Kindern nicht ohne Belastung möglich. j Therapie Die operative Therapie beinhaltet die Adenotomie sowie bei gleichzeitig vorliegenden Paukenergüssen das Absaugen des Mittelohrsekrets über eine Parazentese mit anschließender Einlage von Paukenröhrchen. Eine chronische Tonsillitis tritt unter adäquater Therapie selten auf. Vielmehr sind es meist rezidivierende, akute, virale Tonsillitiden. Häufig wird der Begriff chronische Tonsillitis auch fälschlicherweise für unspezifische Halsschmerzen eingesetzt. Die Indikation zur Tonsillektomie, der kompletten Entfernung der Gaumenmandeln, ist aufgrund des gehäuften Auftretens von tödlichen Komplikationen kritisch zu bewerten und sollte durch die risikoärmere Tonsillotomie, die Verkleinerung der Tonsillen, im Falle einer Obstruktion oder rezidivierenden Tonsillitiden ersetzt werden. Eine Tonsillektomie oder Tonsillotomie ist nur dann indiziert, wenn in innerhalb von 12 Monaten mindestens 6, ärztlich diagnostizierte, eitrige und mit Antibiotika therapierte Tonsillitiden stattgefunden haben oder eine relevante Behinderung der Atemwege vorliegt. Aufgrund der gleichen Wirksamkeit und der geringeren Komplikationsrate ist in der Regel eine Tonsillotomie vorzuziehen. Akute Tonsillitis mit meist einseitiger Ausbildung eines intra-, paraoder retrotonsillären Abszess. Die Erreger sind typischerweise Bakterien wie Staphylokokken, Streptokokken und Fusobakterium necrophorum. Klinisch imponiert schmerzhaftes Schlucken bis hin zur Aphagie. Die Therapie der Wahl ist die operative Entlastung des Abszesses, in der Regel mit Entfernung der Tonsillen. In die Mundhöhle sezernieren 3 große, paarig angelegte Speicheldrüsen sowie 700-1.000 kleine Speicheldrüsen Sekret, das zu 99,5% aus Wasser besteht. Die verbleibenden 0,5% setzen sich aus Elektrolyten, Eiweißen mit bakteriziden Faktoren, Antikörpern und Enzymen zusammen. Seröser Speichel mit bakteriziden und vorverdauenden Enzymen wird vom mukösen Speichel unterschieden, der die Schleimhäute befeuchtet und die Kau-und Schluckfunktion erleichtert. Zusammen schützen sie vor Wundinfektionen und Karies, reinigen die Mundhöhle und remineralisieren die Zähne. Hypo-und Aplasien der Speicheldrüsen sind sehr selten. Beim LADD-Syndrom (lacrimo-auriculo-dento-digitales Syndrom) können neben einer Dys-oder Aplasie der Tränenwege, Fehlbildungen der Ohren, Zähne, Taubheit eine Aplasie der Speicheldrüsen vorliegen. Speicheldrüsentumore treten nur etwa in 5% im Kindesalter auf. Entzündungen sind neben den gutartigen Tumoren die häufigsten Erkrankungen. Die bedeutsamsten viralen Erkrankungen werden durch das Mumpsvirus (7 Abschn. 14.22) und Zytomegalievirus (7 Abschn. 14.4) ausgelöst. Die neonatale eitrige Parotitis ist eine Sonderform der eitrigen Parotitis. Sie tritt kurz nach der Geburt, überwiegend einseitig mit Rötung, Überwärmung und Schwellung auf. Ursache sind bakterielle Infektionen und vermutlich eine Dehydratation. Jungen (77%), gestillte Kinder und Frühgeborene sowie über eine nasogastrale Sonde ernährte Kinder sind häufiger betroffen. Die Therapie sollte staphylokokkenwirksame Antibiotika sowie Aminoglykoside bzw. ein Cephalosporin der 3. Generation beinhalten, bei Abszedierung ist eine chirurgische Drainage notwendig. Die chronisch rezidivierende juvenile Parotitis tritt zwischen dem 4. Lebensmonat und dem 15. Lebensjahr als rezidivierende Entzündung auf. Jungen sind häufiger betroffen und ab der Pubertät ist die Erkrankung meist selbstlimitierend und kann komplett ausheilen. Die Pathogenese ist multifaktoriell. Die Entzündung tritt meist für 24-48 Stunden auf, selten persistiert die Schwellung und Rötung der Drüse länger. Oftmals besteht erhöhte Temperatur. Die Therapie ist primär symptomatisch, ggf. ist die Gabe von Antibiotika notwendig. Bei rezidivierenden Infekten kann eine Sialendoskopie und Gangspülung indiziert sein, bei schweren Verläufen ist die totale Parotidektomie als Ultima ratio indiziert. Eine genetische Ursache wird vermutet. Weitere, seltene Erkrankungen der Parotis sind Aktinomykose und Tuberkulose (7 Abschn. 15.3.2). Die Ranula ist eine von der Glandula sublingualis ausgehende Mukozele, die in seltenen Fällen schon bei Geburt bestehen kann. Sie ist eine typische Blickdiagnose, die sonographisch bestätigt wird. Die Therapie ist operativ, z. T. mit Entfernung der Drüse. Neben der Anamnese ist insbesondere die Sonographie bedeutsam. Die CT und MRT-Diagnostik ist der Abklärung von Raumforderungen und unklaren Prozessen vorbehalten. Selten kommt die Sialendoskopie und die Feinnadelbiopsie oder offene Probeentnahme zum Einsatz. Diese Untersuchungen benötigen in der Regel eine Narkose. Die unvollständige Rückbildung des Ductus thyreoglossus führt zu einer fistelartigen Verbindung vom Zungengrund median durch das Zungenbein ziehend bis zur Halsvorderseite. Im gesamten Verlauf der Fistel kann sich eine Zyste bilden, welche klinisch typischerweise als prall elastische Schwellung in der Medianlinie unterhalb des Zungenbeins imponiert. Ein Fistelgang zur Haut ist häufig nicht vorhanden. Die Diagnose erfolgt dann zumeist eher zufällig aufgrund der sicht-oder tastbaren Schwellung vielfach erst im Kleinkindalter. Eine Infektion oder Abszedierung erschwert die notwendige operative Therapie deutlich, sodass die frühzeitige Exstirpation angeraten ist. Die inkomplette Entfernung ohne Resektion des betroffenen Zungenbeinabschnitts führt zumeist zu Rezidiven. Dermoidzysten sind langsam wachsende, gutartige Läsionen, welche sich gehäuft periorbital, insbesondere im Bereich der Augenbraue, aber auch an Kopfschwarte und Hals finden. Sie entstehen entlang der embryonalen Fusionslinien aus in die Tiefe verlagertem Hautgewebe. Ihr Aufbau zeigt dementsprechend eine Zystenwand aus mehrschichtigem, verhornendem Plattenepithel mit talgartigem Zysteninhalt. Die glatt begrenzten, oberflächlichen Läsionen können zumeist einfach operativ entfernt werden. Mögliche Ursache des kongenitalen muskulären Schiefhalses (Torticollis) ist ein Trauma des M. sternocleidomastoideus entweder im Rahmen der Geburt oder infolge einer intrauterinen Fehllage des Fetus. Auch eine genetische Veranlagung wird diskutiert. In den ersten Lebenswochen zeigt sich eine strangartige, fibrotische Verkürzung und Verdickung des Muskels, welche zu der typischen Neigung des Kopfs zur betroffenen Seite mit Drehung zur Gegenseite führt. Die Veränderung des oberflächlich liegenden Muskels ist gut palpabel. Therapeutisch steht die krankengymnastische Übungsbehandlung im Vordergrund. Jenseits des ersten Lebensjahres ist eine operative Durchtrennung des Muskelansatzes oberhalb der Klavikula erforderlich, um sekundäre Folgeschäden wie z. B. eine Gesichtsasymmetrie zu vermeiden. Angeborene Fehlbildungen des lymphatischen Gefäßsystems treten gehäuft im Halsbereich auf. Die pathologische Erweiterung der Lymphgefäße kann sich in unterschiedlicher Form z. B. als kleinzystisch-solide bis hin zu groß-bzw. monozystische Malformation präsentieren. Komplikationen dieser gutartigen Fehlbildung sind bei großen Läsionen überwiegend durch den raumfordernden Charakter u. a. mit der Gefahr von Atemwegskomplikationen bedingt. Infektionen, Einblutungen oder Ulzerationen können jedoch auch bei kleineren Läsionen auftreten, welche ansonsten vielfach lediglich ein kosmetisches Problem darstellen. Die Therapie der Lymphangiome richtet sich nach Größe, Lokalisation und Typ. Sehr große zervikale Lymphangiome können unter der Geburt einbluten und potenziell lebensbedrohlich sein. Die Indikation zur Sectio ist daher großzügig zu stellen, wobei die Möglichkeit einer unmittelbar postnatalen Atemwegssicherung durch einen Spezialisten in diesen Fällen gewährleistet sein muss. Diagnostisch ist neben der Sonographie v. a. die Kernspintomographie in Betracht zu ziehen, welche bei großen Befunden mit Gefäßdarstellung obligat ist. Die chirurgische Resektion eignet sich v. a. für gut abgrenzbare Befunde. Bei fehlenden Komplikationen können hier die ersten Lebensmonate zumeist abgewartet werden. Die perkutane Sklerosierung (z. B. mit OK 432, Ethanol), ggf. in mehreren Sitzungen, kann als alternative Therapieoption v. a. bei makrozystischen Befunden in Betracht gezogen werden. Die Nebenwirkungen als Folge der resultierenden Entzündungsreaktion sind jedoch teils erheblich. Bei schlechter Abgrenzung oder lokal infiltrierender Ausdehnung z. B. in Gefäß-Nerven-Scheiden sind durchaus auch operative Teilresektionen möglich. Kleinere Lymphangiome bedürfen dagegen nicht immer einer Therapie. Ab der 27. Schwangerschaftswoche kann der Fötus bereits Sprache erkennen und diese weiterverarbeiten. Nach der Geburt erkennt das Kind die Stimme der Mutter und präferiert diese. In den ersten 6 Lebensmonaten, der sog. universellen Phase, ist der Säugling in der Lage verschiedene Sprachfamilien zu unterscheiden. In der anschließenden einzelsprachlichen Phase konzentriert sich die Wahrnehmung auf die Muttersprache. Der kindliche Spracherwerb erfolgt in den ersten 3-4 Lebensjahren und wird in . Tab. 29.6 dargestellt. j Mehrsprachigkeit Der bilinguale Erstspracherwerb wird unterteilt in den simultanen Spracherwerb, bei dem zwei oder mehrere Sprachen parallel erworben werden und in den sukzessiven Spracherwerb. Hier werden neben der Muttersprache eine oder mehrere weitere Sprachen zeitlich versetzt erworben. Die Sprachentwicklung wird über die Einteilung in expressive und rezeptive Sprachentwicklung hinaus in linguistische Ebenen differenziert (. Tab. 29.7). Poltern) und Störungen der Sprechmotorik unterschieden. Je nach Publikation sind 6-15% aller Kinder sprachentwicklungsauffällig. Kinder mit Migrationshintergrund und Mehrsprachigkeit sind in bis zu 70% betroffen Eine spezifische Sprachentwicklungsstörung (auch umschriebene Sprachentwicklungsstörung) liegt hingegen nur dann vor, wenn keine erkennbare Ursache für die Sprachentwicklungsstörung vorliegt. Hier werden ursächlich genetische Faktoren diskutiert. Während die globale Sprachentwicklungsstörung alle linguistischen Ebenen betrifft