key: cord-0044047-i37kn591 authors: Aigner, Martin title: Weltweite gesundheitspolitische Herausforderung date: 2020-05-28 journal: psychopraxis DOI: 10.1007/s00739-020-00650-8 sha: a762c52f8fdd0a5df6f41fed82278388f4ad2199 doc_id: 44047 cord_uid: i37kn591 nan Liebe Leserinnen und Leser! Die Coronakrise ist zurzeit das alles beherrschende Thema. Die Pandemie mit dem SARS-CoV-2 ist die größte weltweite gesundheitspolitische Herausforderung seit der spanischen Grippe vor etwa 100 Jahren. Mit dem "physical distancing" und dem Herunterfahren von großen Teilen der Wirtschaft, den Schulen und Universitäten, den Absagen von Sport-und Kulturereignissen und den Anforderungen an das Gesundheitssystem befindet sich fast jeder in einer Ausnahmesituation. In diesem Heft werden aktuell Beispiele angeführt und Tipps zur Bewältigung gegeben. Die Verletzlichkeit unserer globalisierten Gesellschaft wird uns deutlich vor Augen geführt. Dass durch Hamsterkäufe bestimmte Artikel in Supermärkten leer gekauft wurden und abends manche Regale leer waren, dass ein Mangel an Schutzkleidung, wie z. B. im niedergelassenen Gesundheitsbereich aufgetreten ist, hätte sich bisher in einem EU-Staat niemand gedacht. Bemerkenswert sind die global unterschiedlichen Infektionsraten und die unterschiedlichen Zahlen der covidassoziierten Todesfälle zwischen den verschiedenen Staaten. Hier gibt es sicherlich viele methodologische Probleme beim Vergleich der Zahlen. Offensichtlich gibt es aber "robustere" Gesundheitssysteme, die im Zusammenhang mit Maßnahmen des "physical distancing" und der Quarantäne deutlich weniger Todesfälle in der ersten Phase der Pandemiebewältigung aufwiesen als andere. So wird man die "optimale Bettenmessziffer" in Zukunft weniger durch "Einsparungsaspekte" beurteilen müssen, sondern eher wie ein Gesundheitssystem bei solchen Pandemie-/Epidemiefällen Schutz bieten kann. Wie wichtig in dieser Krisenzeit staatliches Eingreifen in die Wirtschaft ge-worden ist und selbst neoliberal Gesinnte entgegen ihrem Credo nach mehr staatlicher Unterstützung rufen, zeigt uns, dass die Rahmenbedingungen für unsere Gesellschaft einer "Nachjustierung" bedürfen. In der aktuellen Krisensituation waren viele Umstellungen und Neuerungen notwendig, die wahrscheinlich auch in Zukunft bleiben werden. Als Beispiel möchte ich die Videokonferenzen und das Homeoffice anführen. Mit der Notwendigkeit des "physical distancing" waren sie eine infektionssichere Alternative zu den herkömmlichen Settings. Praktisch über Nacht wurden Online-Sitzungen und Online-Treffen zur Gewohnheit und ich denke, dass diese Form auch in Zukunft so manche Dienstreise einsparen kann. Die Vorstellung, dass sich nur mehr zwei Drittel des Berufsverkehrs aufgrund von Homeoffice durch unsere Städte wälzen, erscheint außergewöhnlich verlockend. In dieser Krisenzeit ist es besonders wichtig, die langfristige Planung nicht aus den Augen zu verlieren und in diesem Sinne hoffe ich, Ihnen mit der Auswahl unse-rerArtikel eine gewinnbringende Lektüre anbieten zu können: Der komplexe Parkinson-Patient einerseits im therapeutischen Ringen um die Symptomkontrolle, sowohl medikamentös als auch durch tiefe Hirnstimulation, und andererseits im psychosozialen Zusammenhang mit einer Spielsucht. Zum Thema Parkinson-Syndrom und Pandemie gibt es übrigens eine interessante Anekdote: Oliver Sacks hat Patienten, die an den Folgeschäden von Encephalitis lethargica (Economo, 1916) litten, kurzfristig mit L-DOPA bessern können. Bekannt ist die Beobachtung von Oliver Sacks durch den Film "Zeit des Erwachsens" geworden. Die Hypothese, dass die Encephalitis lethargica direkt durch das Grippevirus der Spanischen Grippe ausgelöst wird, konnte nicht aufrechterhalten werden, da McCall et al. [1] in archivierten Gewebeproben keine Influenza-RNA finden konnten. Dale et al. [2] gehen eher von einer Autoimmunreaktion gegen Neurone der Basalganglien aus. Welche psychischen und neurologischen Folgen schwere SARS-CoV-2-Infektionen haben, werden wir möglicherweise erst in Zukunft richtig abschätzen können. Der ACE-2-Rezeptor, an dem das Angiotensin-Converting-Enzym andockt, ist auch eine wichtige Andockstelle für den Virus. Die Carboxypeptidasedomäne dieses Proteins metabolisiert nicht nur Angiotensin 2, sondern auch andere Peptidsubstrate wie Apelin, Kinine und Morphine. Darüber hinaus reguliert die Collectrindomäne die Spiegel einiger Aminosäuren im Blut, besonders den von Tryptophan. Daher ist es nicht überraschend, dass Tiere mit genetischen Veränderungen in der Expression von ACE-2 ein vielfältiges Muster von Phänotypen entwickeln, die von Bluthochdruck, Stoffwechsel-und Verhaltensstörungen bis hin zu Beeinträchtigungen der Serotoninsynthese und der Neurogenese reichen [3] . In diesem Heft werden noch die aktuellen Therapieempfehlungen zur Myasthenia gravis (1. Teil) zusammengefasst. VonpsychiatrischerSeite wird aucheine komplexe Patientin im Rahmen einer Mutter-Kind-Aufnahme mit einer interdisziplinären Therapie vorgestellt. Zeitaktuell wird die Entwicklung der Telemedizin im psychiatrischen Bereich beleuchtet. "Last, but not least" möchte ich auf die Auswirkungen der Krise in bestimmten Versorgungssituationen im Bereich der Psychiatrie hinweisen, wie das am Beispiel von Patienten mit Austismus-Spektrum-Störungen gezeigt wird. Dabei müssen die Folgen nicht immer nur negativ sein, wie ich jetzt schon verraten darf! Influenza RNA not detected in archival brain tissues from acute encephalitis lethargica cases or in postencephalitic Parkinson cases Encephalitis lethargica syndrome: 20 new casesandevidenceofbasalgangliaautoimmunity ACE2 in Brain Physiology and Pathophysiology: Evidence from Transgenic Animal Models