key: cord-0040087-3zxvljfz authors: Fleckenstein, Johannes; Füzeki, Eszter; Banzer, Winfried title: Die Anwendung der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM)/Akupunktur in der Therapie und Prävention von SARS-CoV-2-Infektionen: White Paper des Wissenschaftszentrums der deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur date: 2020-04-08 journal: nan DOI: 10.1007/s42212-020-00271-7 sha: b090b66a273328bf0d49ba26c21b2c50bb4fba1f doc_id: 40087 cord_uid: 3zxvljfz There are currently numerous suggestions on the potential effectiveness of traditional Chinese medicine (TCM)/acupuncture in the treatment of SARS-CoV‑2 infections and their associated symptoms. These reflections are based on molecular virology and clinical investigations resulting from the SARS epidemic in 2002/2003. The antiviral properties of Chinese herbal medicine (CHM) against SARS-CoV‑2 have not yet been investigated in depth. Clinical data relies on studies conducted prior to the corona pandemic. Current data is limited to a few internationally published case reports and observational studies published in China. There is a promising number of ongoing registered clinical trials. Evidence regarding TCM treatments other than CHM is poor. Based on the available data, a combination of Western and TCM approaches in the Western Hemisphere seems justified only if all conventional treatments are exhausted. » Der TCM/Akupunktur kommt eine allgemein-unterstützende Rolle in der antiviralen Therapie zu Vorab sei an dieser Stelle klargestellt, dass der TCM/Akupunktur keine primäre, sondern eine unterstützende Rolle in der antiviralen Therapie und ein Einsatz zur Symptomlinderung zukommt. Es kursieren Arbeiten die den Stellenwert der Akupunktur, aber auch der chinesischen Arzneimitteltherapie in der Therapie schwerer inflammatorischer Zustände untersuchen. Eine aktuelle Metaanalyse zeigt, dass die Akupunktur am Punkt Magen 36 zu einer Reduktion von Organschädigungen nach Sepsis unterschiedlicher Ursache in experimentellen Tiermodellen beiträgt [3] . Als Mechanismen diskutieren die Autoren, dass durch Akupunktur oxidativer Stress und Entzündungsprozesse reduziert, sowie die Mikrozirkulation der Gewebe verbessert werden. Eine weitere Metaanalyse beschäftigt sich mit der Wirksamkeit des patentierten Injektionsmittels Xuebijing bei 1144 Patienten mit Sepsis [ Eine weitere Metaanalyse über 8 Studien (n = 488) beschreibt die Reduktion der Mortalität und Fieberdauer und Abnahme steroidverursachter Nebenwirkungen und pathologischer Röntgen-Thorax-Befunde, jeweils in Kombination mit konventionellen Maßnahmen bei SARS-Patienten [8] . Eine Cochrane-Analyse aus dem Jahr 2012 konnte keine Reduktion der Mortalität von SARS durch die Kombination von chinesischer Arzneimitteltherapie und westlicher Medizin zeigen [9] . Es existieren Hinweise für eine verbesserte Symptomatik und Lebensqualität, die Abnahme pulmonaler Infiltrate sowie eine niedrigere benötigte Steroiddosis. Die Qualität der Studien ist niedrig, und Langzeitbeobachtungen fehlen [9] . Betreffend die Infektionen mit SARS-CoV-2 finden sich derzeit zahlreiche Berichte in Wissenschaftsjournalen zu den Perspektiven der TCM [7, 10, 12] . Besonders ausführlich ist eine international gelistete Übersichtsarbeit der Universität in Macau [16] . Die Autoren geben an, dass der Anteil an infizierten Patienten in China, die sich zusätzlich mit TCM behandeln lassen, bei über 85 % liegt. In manchen Provinzen wurde berichtet, dass über 90 % der Patienten zusätzlich mit TCM behandelt wurden [13] . Das Spektrum der konventionellen Therapie umfasst derzeit die Sauerstoffzufuhr, Antibiotikagabe, antivirale Medikation, Steroide sowie die Plasmatherapie. Da seitens der WHO bisher keine "spezifische Therapie zur Prävention und Behandlung von SARS-CoV-2" verfügbar ist, sehen die Autoren der Universität Macau es als gerechtfertigt, insbesondere den Einsatz chinesischer Arzneitherapien, die seit vielen Dekaden zur Kontrolle von Infektionskrankheiten angewandt wurden, als wertvolle Ergänzung zu betrachten [16] . In der Begründung potenziell wirksamer Substanzen argumentieren die Autoren insbesondere mit den bekannten antiviralen Aktivitäten von Arzneimitteln, welche aus der SARS-Epidemie bekannt sind und zahlreiche gemeinsame molekulare Andockstrukturen bei SARS-CoV-2 aufweisen. Einschränkend ist hier, dass die Kenntnis über die direkte molekulare Wirkung in SARS-CoV-2 aussteht. Die Gesundheitsbehörden von 26 chinesischen Provinzen empfehlen (Stand 17.02.2020) die Kombination der TCM mit den konventionellen Maßnahmen [16] . Gemäß den Autoren finden sich je nach Provinz unterschiedlich angewendete Rohdrogen. Die Nationale Gesundheitskommission der Volksrepublik China stellt in ihrer Leitlinie zur Diagnose und Therapie von 2019-nCoV-infizierten Pneumonien ( Ein weiterer Fallbericht betrifft eine dreiköpfige Familie [11] . Die Mutter fungierte als Auslöser einer innerfamiliären Infektionskette. Primär wurde sie in der Klinik mit einem TCM-Granulat (Jinyebaidu) behandelt, im Verlauf ergänzt durch ein Virostatikum und einen Gyrasehemmer. Bei Zunahme der pulmonalen Symptomatik wurde eine Kombination aus Immuntherapie, Dexamethason und oraler TCM-Flüssigkeit (Shuanghuanglian, SHL) angeordnet und die Patientin letztlich isoliert. Die Tochter wurde 9 Tage später ebenfalls symptomatisch und in Isolation nur mit SHL behandelt. Der Vater war SARS-CoV-2-positiv, jedoch asymptomatisch. Er bekam in häuslicher Quarantäne neben SHL zusätzlich Moxifloxacin und ein Virostatikum. Alle drei Patienten erreichten volle Remission. Die Therapie mit SHL wurde bis zur Entlassung fortgeführt [11] . Auf der Basis dieses Fallberichts ist eine klinische Studie geplant. Ein weiterer Fallbericht berichtet über 4 Fälle, welche zusätzlich zur antiviralen Medikation (Kaletra®) ein chinesisches Komplexpräparat (Shufeng-Jiedu-Kapsel) bekamen [14] . Zwei der Patienten wurden im Verlauf negativ getestet und konnten entlassen werden. Bei allen Patienten wurde eine primäre Infektion vermutet, die drei Patienten mit milderen Verläufen profitierten von einer kombinierten Therapie, der vierte Patient in kritischem Zustand zeigte Zeichen der Verbesserung zum Zeitpunkt der Publikation des Artikels. Die Autoren geben keine Outcome-Parameter an, die einen kausalen Bezug zur chinesischen Arzneimitteltherapie herstellen würden [14] . Randomisiert kontrollierte Studien in etablierten westlichen Fachzeitschriften sind gegenwärtig nicht vorhanden. Berichte und Untersuchungen zu Nebenwirkungen der chinesischen Arzneimittel oder Kreuzreaktionen mit konventionellen Arzneimitteln sind gegenwärtig nicht vorhanden. Alle Daten zu TCM/Akupunktur und SARS-CoV-2 wurden bisher in China gewonnen, die Übertragbarkeit auf den westlichen Kontext ist bisher unklar. Zum gegenwärtigen Stand steht auf der Basis der Erfahrungen der SARS-Epidemie 2002/2003 im Bereich der TCM insbesondere mit den chinesischen Arzneimitteln ein potenzielles Arsenal antiviraler Wirkstoffe zu Verfügung. Diese sind teilweise molekularvirologisch auf ihre Wirksamkeit hin untersucht. In Bezug auf SARS-CoV-2 stehen diese Untersuchungen jedoch noch größtenteils aus. Gemessen an der Evidenz klinischer Studien aus den Vorjahren scheint durch eine Kombination mit chinesischer Arzneitherapie mindestens eine Symptomlinderung (Fieber, Husten, Atemnot) erreicht zu werden. Vielversprechend ist die Vielzahl aktuell laufender klinischer Untersuchungen, die diese Wirksamkeit bei COVID-19-erkrankten Patienten untersuchen. Die weiteren Säulen der TCM, i. e. Akupunktur, Ernährungstherapie, Bewegungstherapie, chinesische Manualtherapie, stehen nicht im Mittelpunkt gegenwärtiger wissenschaftlicher Berichte. Die gegenwärtige Datenlage rechtfertigt eine additive Therapie mit chinesischen Arzneimitteln, sofern alle konventionellen Maßnahmen ausgeschöpft worden sind. Die A-priori-Kombination westlicher und TCM-Maßnahmen wird durch die Ergebnisse zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gestützt. Haus 4, 3010 Bern, Schweiz johannes.fleckenstein@ikim.unibe.ch Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt. J. Fleckenstein, E. Füzeki und W. Banzer geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Die Mitglieder des Wissenschaftszentrums erhalten eine Aufwandsentschädigung seitens der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur e. V. Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt Traditional Chinese medicine is a resource for drug discovery against 2019 novel coronavirus (SARS-CoV-2) Chinese herbal medicine for severe acute respiratory syndrome: a systematic review and meta-analysis Chinese herbs combined with Western medicine for severe acute respiratory syndrome (SARS). Cochrane Database Syst Rev Can Chinese medicine be used for prevention of corona virus disease 2019 (COVID-19)? A review of historical classics, research evidence and current prevention programs Combination of western medicine and Chinese traditional patent medicine in treating a family case of COVID-19 in Wuhan Traditional Chinese medicine for COVID-19 treatment Clinical features and treatment of COVID-19 patients in northeast Chongqing Clinical characteristics and therapeutic procedure for four cases with 2019 novel coronavirus pneumonia receiving combined Chinese and Western medicine treatment Wiebrecht A (2020) CTCA Letter Sonderausgabe März 2020: Chinesische TCM-Behandlungsempfehlungen zu Covid-19 Traditional Chinese medicine in the treatment of patients infected with 2019-new Coronavirus (SARS-coV-2): a review and perspective