key: cord-0039241-ssyowgav authors: Wiethölter, H. title: Multiple Sklerose date: 2006 journal: Klinische Neurologie DOI: 10.1007/3-540-31176-9_43 sha: bc7ee3c1293e80d19e04405ac3c7b57d3bf9a47c doc_id: 39241 cord_uid: ssyowgav Die multiple Sklerose (MS) ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen, für deren Ursache es bislang keine einheitliche Erklärung gibt. Grund pfeiler der Diag nostik ist die Klinik, ergänzt durch die Magnetresonanztomographie (MRT). Eine Liquoruntersuchung zum Nachweis der entzündlichen Genese nachgewiesener multifokaler Störungen ist bei allen unklaren Fällen und bei älteren Patienten erforderlich. Zur Bestätigung und Verlaufskontrolle sind elektrophysiologische Verfahren hilfreich. Die MS verläuft anfangs oft schubförmig-remit tierend, später dann schubförmig- oder sekundär chronisch-progredient. Die kausale Behandlung erfolgt in Abhängigkeit von der Krankheitsaktivität mit Steroiden im akuten Schub und immunmodulatorisch oder immun suppressive entsprechend der vorliegenden Verlaufsform und ihrer Dynamik. Symptomatische Therapiemaßnahmen tragen ganz wesentlich zur Verbesserung der Lebensqualität und -erwartung bei und werden individuell an die Bedürfnisse angepasst. Die MS ist vornehmlich eine entzündlich demyelinisierende Erkrankung des Zentralnervensystems, deren Hauptmerkmal rezidivierend auftretende schubförmige Manifestationen mit fokalen oder multifokalen neurologischen Ausfällen darstellen. Die Prävalenz für MS in Deutschland liegt bei etwa 120000 Patienten. Durch steigende Lebenserwartung und verbesserte diagnostische Möglichkeiten mit früherer Di agnosestellung, ist mit einem weiteren Ansteigen der Prävalenz zu rechnen. Bezogen auf 100000 Einwohner beträgt die Prävalenz für Deutschland und Österreich etwa 80-120, wobei Frauen im Verhältnis 1,8 :1 häufiger als Männer erkranken. Das Hauptmanifestationsalter liegt zwischen dem 15. und 50. Lebensjahr. Die Inzidenz wird auf etwa 4 pro 100000 Einwohner pro Jahr geschätzt. Derzeit werden drei Faktoren als bedeutend diskutiert: ▬ Einflüsse von Faktoren aus der Umwelt, ▬ Einflüsse genetischer Determinanten, ▬ eine autoimmune Reaktion. Entsprechend epidemiologischen Untersuchungen zeigt sich ein Nord-Süd-Gefälle mit jeweils polwärts in den mittleren Breitengraden zunehmender Häufigkeit und geringer, nahezu fehlender Prävalenz in Äquatornähe (⊡ Abb. 43.1). Dieser Breitengradient ist, wenn auch statistisch relativ kontinuierlich, doch nicht ohne Sprünge und Clusterbildungen. So findet sich auf den Orkney-und Shet landinseln eine Prävalenz von 309 bzw. 184, auf den nahegelegenen Färöerinseln jedoch nur von 34 pro 100000 Einwohner. Vor 1940 war die MS auf den Färöerinseln nicht bekannt, und es wird vermutet, dass die Zunahme der Prävalenz mit der Invasion britischer Soldaten während des 2. Weltkrieges zusammenhängt. Auch andere epidemiologische Erkenntnisse weisen auf Umweltfaktoren hin. Migrations studien zeigen, dass eine Population ihr spezifisches Erkrankungsrisiko auch nach Umsiedlung in weit entfernte Gegenden mit einer anderen Erkrankungsrate beibehält. Diese Migrationskonstanz gilt aber nur für Erwachsene (Alter über 15 Jahre). Daraus lässt sich auf eine Determinationsphase in der Kindheit (vor dem 15. Lebensjahr) schließen. Insbesondere die Migrationsstudien legen die Annahme einer infektiösen Genese der MS nahe. Für verschiedene tierpathogene neurotrope Viren sind lange Latenz-und Persistenzperioden bekannt, denen eine langsam progrediente, chronische Erkrankung folgt. Beispiele dafür sind das Theilervirus und das Coronavirus, die beide nach inizialer Infektion der Oligodendrozyten, je nach experimentellen Bedingungen, zu chronisch-rezidivierenden Formen einer demyelinisierenden Enzephalomyelitis mit zellvermittelter Autoimmunreaktion führen können (ter Meulen 1988) . Auch Retroviren (z.B. HTLV I), Masern und Hun-destaupeviren sind diskutiert worden. Alle Versuche, spezifische Viruspartikel oder Virusgenome (z.B. durch Hybridisierungstechniken) im Hirngewebe verstorbener MS-Patienten nachzuweisen, haben bislang nur unspezifische Befunde gebracht. Auch der Nachweis von Chlamydien als Trigger oder ursächlich verantwortlich konnte nicht geführt werden. Trotzdem bleibt insbesondere auch unter Berücksichtigung von Studien mit transgenen Mäusen der Verdacht, dass spezielle Infektionen die Immunitäts lage so modifizieren können, dass sie für die Patho ge nese der MS bedeutsam sind. Unabhängig davon können Infektionen den Verlauf einer MS verändern. Eine Blasenentzündung oder eine z.B. aus anderer Ursache erhöhte Körpertemperatur kann bestehende Sym ptome verschlechtern (Uhthoff-Phänomen als tem pe ra turabhängige Funktionsstörung). Andererseits können Virusinfektionen offenbar einen Schub triggern. Wahrscheinlich sind Virusinfektionen zu einem Drittel für die Auslösung eines Schubes verantwortlich. Die Wirksamkeit genetischer Faktoren in der Pathogenese der MS wird durch epidemiologische Beobachtungen und durch Familienstudien, insbesondere bei Zwillingen, belegt. Einige Volksgruppen erkranken sehr viel seltener an MS, als dies aufgrund ihrer geographischen Verbreitung zu erwarten wäre. So ist beispielsweise das Risiko einer MS bei amerikanischen Indianern und Schwarzen niedriger als bei Weißen in der gleichen Region. In Japan entspricht die Prävalenz etwa 10% derjenigen von Amerikanern, die in glei-cher geographischer Breite leben. Andere ethnische Gemeinschaften erkranken noch seltener: Bei Eskimos und ungarischen Zigeunern z.B. ist die MS nahezu unbekannt. In Familienstudien in Europa haben Verwandte ersten Grades eine Lebenszeiterkrankungswahrscheinlichkeit (LZ-EW) von etwa 3%, Verwandte 2. und 3. Grades eine von etwa 1% im Vergleich zu einer LZ-EW von 0,3% in der allgemeinen Bevölkerung. Ist ein Geschwister erkrankt, liegt der empirische Wert für jedes weitere Geschwister bei 3,8% (dies gilt auch für zweieiige Zwillinge), für den eineiigen Zwilling bei etwa 30%. Selbst wenn Angehörige nicht manifest erkranken, lässt sich ein erhöhtes Risiko noch anhand des Liquors (Nachweis oligoklonaler Banden) und der MRT nachweisen. 13-20% monozygoter und 9% heterozygoter klinisch nicht erkrankter Zwillinge zeigen MRT-Verän derungen im ZNS, die allerdings nicht die typische MS-Morphologie haben (Mumford 1994) . Wesentlich für die genetische Disposition sind spezifische HLA-Antigene, die bei der MS häufiger auftreten. Zur Aufrechterhaltung der Selbsttoleranz spielen genetische Faktoren die entscheidende Rolle. Assoziationen mit dem HLA-A3 und B7 (Klasse I der MHC-Genprodukte) und mit HLA-DR2 (Klasse II der MHC-Genprodukte) sind zumindest in der nordeuropäischen Bevölkerung überzufällig häufig. Auch spezifische T-Zell-Rezeptorgene finden sich bei MS-Patienten offensichtlich häufiger. Inwieweit eine genetisch determinierte, veränderte Myelinzusammensetzung (defektes Myelin) die demyelinisierende Entzündung zu modulieren vermag, ist bislang noch nicht eindeutig klar. Eine autoimmune Reaktion lässt sich durch eine Balancestörung autoimmun wirksamer Mechanismen erklären, bei der es zu einer Verschiebung des Gleichgewichts von T-Suppressor-und T-Helferzellen kommt und autoaggressive Zellen wirksam werden können. Selbst bei Gesunden gibt es einen verschwindend geringen Teil von autoaggressiven T-Zellen, die spezifisch gegen Autoantigene des ZNS gerichtet sind. Als Antigene, die bei der MS eine Rolle spielen, werden ▬ myelinbasisches Protein (MBP), ▬ Proteolipidprotein (PLP), ▬ myelinassoziiertes Glykoprotein (MAG), ▬ Myelin-Oligodendrozyten-Protein (MOG) und ▬ Hitzeschockproteine (HSP) diskutiert. Unbekannt ist, wodurch autoreaktive T-Zellen in einen aktiven Status übergehen können und wie es zur Expression von Oberflächenantigenen auf ortständigen Zellen im ZNS kommt, die üblicherweise zur Antigenexpression nicht in der Lage sind. Denkbar wäre ein Mechanismus, bei dem durch eine minimale Entzündung im Gehirn (möglicherweise im Rahmen einer banalen Virusinfektion) Zytokine im Gehirn freigesetzt werden, die auf den Mikrogliazellen zur vermehrten Expression von MHC-Mole külen führen, die von den in das ZNS eingewanderten autoreaktiven T-Zellen erkannt werden können. Ein MS-Schub läuft im Sinne einer Entzündungskaskade, wobei viele fördernde und hemmende Mechanismen nebeneinander zeitgleich wirksam werden, bis die Entzündung durch eine Selbstlimitierung zum Stillstand kommt (⊡ Abb. 43.2). Folgende Schritte lassen sich beschreiben: 1. Durch unterschiedliche Mechanismen werden T-Helferzellen in der peripheren Zirkulation aktiviert mit vermehrtem Freisetzen von Adhäsionsmolekülen wie LFA 1 (lymphocyte function associated antigen) und VLA 4 (very late activation antigen) sowie L-Selectin. Bei einigen Sonderformen der MS werden in besonderem Maße auch B-Lymphozyten stimuliert und zur Bildung von Antikörpern extra-und intrazerebral angeregt. 2. Drei Mechanismen werden aktiviert, um Lymphozyten die Blut-Hirn-Schranke überwinden zu lassen: Chemotaxis, Adhäsion und Migration. Auf den Endothelzellen der Blut-Hirn-Schranke werden dazu passend Adhäsionsmoleküle exprimiert, die sich auch im zirkulierenden Blut nachweisen lassen. Hierzu gehören ICAM 1 (intracellular adhesion molecule), das mit dem LFA 1 auf den Lymphozyten interagiert, und VCAM 1 (vascular cell adhesion molecule), das mit dem VLA 4 interagiert. VCAM 1 wird auch auf T-Lymphozyten, Makrophagen und Mikrogliazellen exprimiert, ICAM 1 auf Makrophagen. IL 1 (Interleukin 1), IFN-γ (Interferon-γ) und TNF-α (Tumor ne krosefaktor-α) sind für eine vermehrte Expression von Adhäsionsmolekülen an der Blut-Hirn-Schranke verantwortlich. Nach Expression der Adhäsionsmoleküle und Anheftung (»homing«) können T-Helferzellen aktiv mit Hilfe von Metalloproteinasen die Blut-Hirn-Schranke überwinden. 3. Antigenpräsentierende Zellen des ZNS (Mikro glia, Makrophagen und Astrozyten) haben Autoantigene (Myelinbestandteile) aufgenommen und prozessiert und können sie zusammen mit MHC-Molekülen, zu deren Expression sie inzwischen fähig sind, auf der Oberfläche präsentieren. Weitere T-Helferzellen können diesen Komplex erkennen und sich anheften. Die Kombination aus Antigen und MHC-Klasse-II-Molekül wird von spezifischen Rezeptoren der T-Zelle erkannt, über die auch die Bindung an die antigenpräsentierenden Zellen erfolgt. Auf diese Weise entsteht der sog. trimolekulare Komplex. Hohlfeld 1995) 5. Einige Zytokine wie TNF-α und TNF-β (Lymphotoxin [LT] ) wirken direkt zytotoxisch auf die Oligodendrozyten. 6. Die vielfältigen freigesetzten Zytokine, insbesondere IL 2, IFN-γ und IL 4 aktivieren B-Lymphozyten, die daraufhin vermehrt Immunglobulin produzieren, das an der Zerstörung der Myelinscheide beteiligt wird. 7. Makrophagen und Mikrogliazellen produzieren selbst TNF-α, toxische Sauerstoffradikale und andere Entzündungsmediatoren ( Der entscheidende histologische Unterschied zwischen aktiven und inaktiven Plaques liegt in der Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke bei der aktiven Läsion, die Makrophagen und T-Lymphozyten das Eindringen in das Gehirn erleichtert. Die Aktivität der Makrophagen bei der Demyelinisierung, der Sekretion von Zytokinen und der Präsentation von Antigen an die T-Lymphozyten spielt dabei offensichtlich eine essenzielle Rolle. Später entstehen inaktive Plaques mit nur geringer Störung der Blut-Hirn-Schranke und ausgeprägter Sklerose (⊡ Tabelle 43.1). Veränderungen außerhalb der Entmarkungsherde. Neben den bereits makroskopisch sichtbaren sekundären Veränderungen mit mehr oder weniger ausgeprägter Hirnatrophie, Atrophie des Marklagers und konsekutiver Erweiterung des Ventrikelsystems sowie Atrophie der langen Bahnen in Hirnstamm und Rückenmark finden sich biochemisch vermehrt proteolytische Enzyme im scheinbar normalen Mark. Darüber hinaus liegen multiple kleine, nur mikroskopisch wahrnehmbare perivaskuläre Entzündungsherde vor, die sich oft nur immunzytochemisch sichtbar machen lassen. Die Axondichte ist deutlich vermindert im Vergleich zu Hirngewebe nicht erkrankter Kontrollen. Es gibt eine ausgesprochene Heterogenität der Entmarkungsmuster unter immunpathologischen Gesichts punkten. Alle aktiv entmarkenden Läsionen zeigen entzündliche T-Lymphozyten-und Makrophageninfiltrate. Die Myelindestruktion läßt sich nach 4 Mustern einteilen: I Makrophagen assoziierte Demyelinisierung, II Makrophagen assoziierte Demyelinisierung mit Nachweis von Immunglobulinen und aktivierten Kom p lementkomplexen im Sinne einer Antikörper-vermittelten Demyelinisierung, Da demyelinisierte Axone in Plaques direkt nebeneinander liegen, können Erregungen von einem Axon auf das andere überspringen (Ephapse). Solche Ephapsen sind vermutlich Ursache der Trigeminusneuralgie. Der Impuls auf einen Berührungsreiz springt auf eine anliegende schmerzleitende Faser über, so dass Berührung und Schmerz empfunden werden. Demyelinisierte, z.T. aber auch schwach remyelinisierte Axone sind empfindlicher gegenüber mechanischen oder anderen Irritationen. Typisches Beispiel hierfür ist das Lhermitte-Zeichen, bei dem ektopische Erregungen durch eine mechanische Irritation entstehen und über Ephapsen sowohl nach zentral als auch in die Peripherie geleitet werden, wenn bei Kopfbeugung einschießende, »elektrisierende« Missempfindungen entlang der Wirbelsäule empfunden werden, die oft auch in die Arme und Beine ziehen. Ein bekanntes Phänomen ist die Temperaturabhängigkeit mit Verstärkung bekannter oder Auftreten neuer Symptome unter erhöhter Körpertemperatur (Uhthoff-Phänomen). Normalerweise zeigt jede Nervenfaser bei Erhöhung der Temperatur eine lineare Zunahme der Leitgeschwindigkeit, weil die Ionenströme mit zunehmender Temperatur beschleunigt werden. Bei einer kritischen Temperatur von etwa 50°C wird aber die Erregungsleitung der normalen Nervenfaser blockiert, weil die Aktionsströme zu schnell ablaufen und damit das Aktionspotenzial zu kurz wird, um die summierte elektrische Energie für eine Erregung des nächsten Schnürrings zu erreichen. Mit einer Verminderung der Myelinschicht und damit einer Reduktion der Kapazität ist allein rein rechnerisch eine deutliche Senkung der kritischen Blockierungstemperatur zu erwarten. Bei einem Drittel der normalen Myelindicke beträgt diese bereits nur noch 40°C. Da demyelinisierte Nerven aufgrund eines verringerten Sicherheitsfaktors ein viel empfindlicheres Verhalten haben, kann eine Erhöhung von nur 0,5°C genügen, um eine Erregungsleitung zu blockieren. Diese rein funktionelle Blocka de bildet sich bei Abkühlung sofort wieder zurück. Remyelinisierung. Die Remyelinisierung spielt im Frühstadium der MS eine bedeutende Rolle und kann u.U. ganze Entmarkungsherde komplett restituieren. Die Remyelinisierung führt zur Bildung dünnerer Markscheiden mit kürzeren Internodien, mit gerin gerer Nervenleitgeschwindigkeit als in den prä exi sten ten Fasern. Unabhängig davon also, ob eine Re mye li ni sierung erfolgt ist oder nicht, leiten Nervenfasern nach einer Myelindegradation erheblich langsamer. Dies lässt sich deshalb dauerhaft mit elektrophysiologischen Methoden nachweisen. In den Spätstadien der MS werden offensichtlich zunehmend auch Oligodendrozyten selbst zerstört, so dass eine Remyelinisierung ausbleibt. Axondegeneration. Ursache bleibender Symptome schließlich ist der Untergang von Axonen. Innerhalb aktiver Entzündungsherde, aber auch am zellarmen Rand chronisch aktiver Läsionen sind ausgeprägte axonale Degenerationen -gelegentlich bereits sehr früh in der Krankheitsentwicklung -nachweisbar (Trapp et al. 1998 ). Es ist üblich, den Krankheitsverlauf der MS drei verschiedenen Formen zuzuordnen. Die MS kann primär schubförmig auftreten und später (sekundär) in einen chronisch-progredienten Verlauf übergehen oder aber, meist mit Beginn in höherem Lebensalter, primär chronisch-progredient verlaufen, ohne dass einzelne Schübe abgegrenzt werden können. Unter einem Schub versteht man das relativ akute Auftreten neurologischer Symptome bei einem bisher gesunden bzw. in der betroffenen Funktion bisher nicht beein- Folgende Symptome sind am häufigsten: ▬ Sehstörungen mit Verschwommen-, Schleier-oder Nebelsehen als Ausdruck einer Optikusneuritis, ▬ motorische Störungen, die sich v.a. in vorzeitiger Ermüdung der Beine und als Gangstörung äußern, ▬ sensible Symptome mit Kribbelparästhesien, Ameisenlaufen und Pelzigkeitsgefühl. Symptome, die während des Verlaufs auftreten, sind in ihrer Häufigkeit in ⊡ Abb. 43.6 dargestellt. Es gibt einige »sensible Besonderheiten«: Spinothalamische Läsionen können mit socken-oder handschuhförmigen Sensibilitätsstörungen einhergehen, die von den Sensibilitätsstörungen bei einer Polyneuropathie nur elektrophysiologisch zu unterscheiden sind und somit als »pseudopolyneuropathisch« bezeichnet werden. Ausfälle im Sinne eines sensiblen Querschnitts sind zumeist mit Pyramidenbahnzeichen vergesellschaftet. Sehr selten kann sich ein inkomplettes Brown-Séquard-Syndrom manifestieren. Umschriebene Herde im Bereich der Hinterwurzel bzw. der Wurzeleintrittszone gehen mit segmental angeordneten »pseudoradikulären« sensiblen Stö rungen einher. Durch die regelhafte Schmerzlosigkeit lassen sie sich von Wurzelreizund Kompres sionssyndromen differenzieren. Störungen der Tiefensensibilität, verursacht durch Läsionen im Bereich der Hinterstränge, sind verantwortlich für eine Standund Gangataxie, bis hin zur Stehunfähigkeit (Astasie). In der Regel lässt sich im Zusammenhang damit ein vermindertes Lage-und Vibrationsempfinden nachweisen. Gelegentlich allerdings ist das Vibrationsempfinden erheblich eingeschränkt, ohne dass eine ausgeprägte Ataxie besteht, und umgekehrt kann das Lageempfinden deutlich herabgesetzt sein und zu einer entsprechenden Ataxie führen bei relativ gut erhaltenem Vibrationsempfinden. Sind Hinterstrangqualitäten im Bereich der Hände gestört, besteht eine Ungeschicklichkeit mit gestörter Stereoästhesie. An einer Hand auftretend, bezeichnet man diese deafferenzierte Hand als »sensory useless hand« oder »Oppenheim-Hand«. Die Hände können bei geschlossenen Augen nicht seitengleich symmetrisch ausgestreckt werden. Sie machen wegen der fehlenden Propriozeption »pseudoathetoide« oder besser »pseudodystone« Bewegungen. Zumindest im fortgeschrittenen Stadium gehören Lähmungserscheinungen zum Bild der MS. Initial wird gele-gentlich eine abnorme Müdigkeit berichtet oder eine Unfähigkeit, z.B. bei einer latenten Parese, einen kurzen Spurt einzulegen. Die Lähmungen betreffen zuerst und häufiger die Beine, oft asymmetrisch, manchmal streng halbseitig. Eine rasch auftretende Parese kann auch den Verdacht auf einen Gefäßprozess aufkommen lassen. Die Herde in der Pyramidenbahn sind verantwortlich für die mit der Parese kombinierte Spastik und die pathologischen Reflexe. Bei typischer Konstellation ist der Muskeltonus erhöht, die Muskeleigenreflexe sind gesteigert, und das Babinski-Zeichen ist positiv bei abgeschwächten oder fehlenden Bauchhautreflexen. Im fortgeschrittenen Stadium, bei dem hochgradige Paresen oder Plegien vorliegen, besteht die Gefahr von Kontrakturen mit eingesteiften Beinen meist im Hüft-oder Kniegelenk in Beugestellung. In den Hüften sind die Beine zudem in Adduktionsstellung fixiert. Plötzliche Tonuserhöhungen in den Streckern, die spontan oder nach Haltungsänderungen auftreten und teils nur als unangenehm, teils aber auch als schmerzhaft empfunden werden, bezeichnet man als Streckspasmen. Auch Beugespasmen kommen vor, bei denen die Beine abrupt in den Hüft-und Kniegelenken gebeugt werden. Spasmen werden durch verschiedene mechanische Reize, aber auch durch Blaseninfekte, einen vollen Darm oder eine gefüllte Blase ausgelöst. In dem Stadium, in dem die Streckspastik von der Beugespastik noch nicht völlig abgelöst worden ist, besteht eine Tonuserhöhung, die eher an einen extremen Rigor als an eine Spastik erinnert, ein Zustand, für den der Begriff »progressive encephalomyelitis with rigidity« geprägt wurde (Burn et al. 1991) . Etwa 10% der MS-Patienten haben zumindest in den späteren Stadien atrophische Paresen, die durch Entmarkungsherde im Bereich der Wurzelaustrittszone (intramedullärer Verlauf) erklärt werden. Immer wieder wird jedoch auch über das gemeinsame Auftreten einer MS mit einer demyelinisierenden Polyneuropathie berichtet. Rein zerebellare Symptome sind bei der MS insgesamt selten und als isoliertes Inizialsymptom praktisch nicht bekannt. Kombinationen mit motorischen Ausfällen dagegen sind häufig. Besonders häufig und behindernd ist der Intentionstremor, der sich bis zum Intentionsmyoklonus steigern kann, bei dem jede Bewegung, selbst die Intention dazu, heftige, unkontrollierbare myokloniforme Bewegungen aller Extremitäten und des Rumpfes provoziert. Im Gegensatz zum Intentionstremor greift der Intentionsmyoklonus auch auf Körperteile über, die an der intendierten Bewegung selbst gar nicht beteiligt sind. Verantwortlich hierfür sind Herde im »Mollaret-Dreieck« (Regelkreis zwischen Nucleus ruber, unterer Olive und Nucleus dentatus des Kleinhirns). Als typisches Kleinhirnsymptom gilt die Dysarthrie im Sinne einer »skandierenden« Sprache. Silben und Wörter werden ungleichmäßig rasch und ungleichmäßig laut hervorgestoßen, was der Sprache einen fast explosiven Charak-ter verleiht. Viel häufiger aber ist die verwaschene Sprache (bulbäre und pseudobulbäre), die auf einen Befall des Hirnstamms hinweist. Auch wenn die meisten Symptome im Rahmen der MS in Form von Schüben auftreten und sich häufig wieder zurückbilden, sind Remissionen in Abhängigkeit von der Symptomatologie unterschiedlich häufig. Untersucht man eine bestimmte Patientengruppe mehrfach, so lässt sich aus dem Muster der Symptome die Rückbildungsfähigkeit einzelner Störungen ablesen. In einer großen Querschnittsuntersuchung zeigte sich z.B., dass 31% der Patien- Zusätzlich zur Demyelinisierung treten ödematöse, gliotische oder entzündliche Veränderungen auf, die in gleicher Weise das Signal in den T2-gewichteten Bildern verstärken können. Dadurch wird das MRT zwar sehr sensitiv und stellt selbst geringe Veränderungen gut dar, es ist aber nicht spezifisch für Läsionen einer MS. Die T1-betonten Aufnahmen zeigen insbesondere bei älteren MS-Plaques scharf berandete Signalminderungen als Ausdruck der Sklerosierung (⊡ Abb. 43.7). Die Nachweisbarkeit insbesondere kleiner Herde lässt sich durch Anwendung von Messsequenzen mit Fettunterdrückung weiter optimieren. Mit der sog. FLAIR-(fluid attenuate inversion recovery-) Technik lässt sich der Kontrast von Entmarkungsherden gegenüber normalem Mark erhöhen. Eine weitere Kontrastverstärkung, die v.a. der Differenzierung alter und frischer aktiver demyelinisierender Herde dient, bietet die intravenöse Gabe paramagnetischer Kontrastmittel (Gadolinium-DTPA). Areale mit gestörter Blut-Hirn-Schranke stellen sich als Kennzeichen einer floriden Entzündung kontrastangehoben dar, frische Herde homogen und reaktivierte ältere Herde randständig betont. Manchmal lassen sich Kontrastmittelanreicherungen erst nach Erhöhung der Kontrastmitteldosis (z. B. durch Verdreifachung) im sog. Spätscan (delayed scan) nachweisen. Frische Herde zeigen sich auch in der Diffusionswichtung. Unter normalen Bedingungen zeigen sich kon trastangehobene frische Läsionen für 3-5 Wochen. In dieser Zeit werden sie zunächst größer, schrumpfen danach wieder und werden kleiner (⊡ Abb. 43.7). Nicht alle frischen Herde nehmen Gadolinium-DTPA auf. Am häufigsten reichern supraspinale Herde bei der primär schubförmigen und sekundär progredienten (80%), weniger bei der benignen (33%) und am wenigsten bei der primär chronischen Form (5%) an. Es sind besonders die kleinsten Herde, die kein Kontrastmittel aufnehmen. Entzündliche Läsionen können sich als hypointense Herde, sog. »black holes« auch in den T1-gewichteten Sequenzen darstellen. Das Ausmaß dieser Hypointensität scheint der Gewebezerstörung sowie dem Verlust von Axonen zu entsprechen. Dementsprechend wird ihnen auch eine fehlende Remission und eine schlechtere Prognose zugeschrieben. Manchmal können sie auch in den Untersu-chungen ohne Kontrastmittel einen primär hyperintensen Randsaum aufweisen, der sich nach Kontrastmittelgabe dann nicht verstärkt. Läsionsverteilungsmuster. Herdförmige Signalhyperintensitäten in der weißen Substanz werden besonders ventrikelnah gefunden, und hier wiederum in Höhe der Vorder-und Hinterhörner (⊡ Tabelle 43.13). Wie bereits aus den histopathologischen Untersuchungen bekannt, orientieren sich die periventrikulären Entmarkungszonen entsprechend der besonderen Angioarchitektur und der be- Die MS ist eine potenziell mit erheblichen Behinderungen einhergehende Erkrankung, die typischerweise junge Erwachsene befällt, zu einem Zeitpunkt, in dem die Lebensplanung in vollem Gange ist. Es herrscht nach wie vor Uneinigkeit unter den Ärzten, wann und ob überhaupt Patienten mit der Diagnose einer MS konfrontiert werden sollen. Bei zunehmender Möglichkeit, die Diagnose durch MRT und Liquoruntersuchungen abzusichern, ist das Verschweigen der Diagnose nicht mehr gerechtfertigt. Allerdings ist insbesondere bei einem ersten Schub, der eine sichere Abgrenzung von einer ADEM nicht immer zulässt, eine entsprechende Zurückhaltung möglich. Es gibt eine Reihe von überzeugenden systematischen Untersuchungen, in denen die überwiegende Mehrzahl der befragten MS-Patienten erklärte, der einzige richtige Weg sei die klare Eröffnung der Diagnose durch den zuständigen Arzt, am besten einen Neurologen, sobald die Diagnose feststehe (⊡ Abb. 43.9). Die Diagnose sollte individuell an die Verständnismöglichkeiten des Patienten angepasst werden, und falls vom Patienten gewünscht, können Familienangehörige gleichzeitig informiert werden. Das Informationsgespräch sollte Hinweise auf die Prognose beinhalten. Insbesondere bei einem vermutlich gutartigen Verlauf ist der Hinweis auf die gute Prognose wichtig. Ist keine Aussage über den konkreten Verlauf möglich, kann man darauf hinweisen, dass etwa ein Drittel aller Patienten einen gutartigen Verlauf haben. Es ist ausgesprochen wichtig, das Gespräch anschließend im Arztbrief zu erwähnen. Die Differenzialdiagnose der MS besteht im wesentlichen im Ausschluss anderer Erkrankungen, die eine MS imitieren können. Auch eine offensichtlich erwiesene MS darf von nachfolgenden Untersuchern nicht unkritisch übernommen werden. Die Rate der Fehldiagnosen beträgt auch bei Ausnutzung moderner diagnostischer Möglichkeiten etwa 10 % der Patienten, die in neurologische Kliniken überwiesen werden. Eine Überprüfung der Diagnose sollte erfolgen, wenn folgende Konstellation vorliegt: ▬ Es fehlen objektive neurologische Befunde, und der Patient hat Beschwerden wie Müdigkeit oder Schwäche. ▬ Es liegt keine räumliche oder zeitliche Dissemination vor, d.h., Symptome lassen sich mit einem Krankheitsherd erklären, oder es handelt sich um ein erstmaliges Auftreten neurologischer Symptome (eine ADEM nach Impfung oder Infektion lässt sich nicht ausschließen). ▬ Es fehlen Angaben von Sehstörungen, und die evozierten Potenziale sind normal. ▬ Es liegt ein völlig normaler Liquorbefund vor. ▬ Bereits frühzeitig herrschen schlaffe Paresen mit abgeschwächten Muskeleigenreflexen vor. ▬ Das Krankheitsbild ist von Anfang an progredient bei einem Patienten unter 35 Jahren. Der schubförmige Verlauf ist für die MS zwar charakteristisch, es gibt jedoch auch eine Reihe anderer Erkrankungen, die schubförmig auftreten und re mittieren können. Die folgende Übersicht zeigt die differenzialdiagnostisch wichtigen Erkrankungen. Krankheiten mit schubförmigem Verlauf, die differenzialdiagnostisch bedacht werden müssen Unter den ebenso hier anzusiedelnden Leukodystrophien spielt die sehr seltene adulte Form der metachromatischen Leukodystrophie eine Rolle sowie die X-chromosomal rezessive Adrenoleuko dystrophie, die durch den Nachweis vermehrt auf tretender überlangkettiger Fettsäuren im Serum gesichert werden kann. Eine Sonderform ist die Adrenomyeloleukodystrophie, die zusätzlich poly neuropathische Veränderungen aufweist. Spinale Tumoren, extradural und extramedullär oder auch zentromedullär gelegen, können eine chronisch-progrediente spinale Symptomatik hervorrufen. Schwierig wird die Differenzialdiagnose zwischen der chronischen zervikalen Myelopathie und einer chronischen spinalen Form der MS (⊡ Tabelle Es ist nicht verwunderlich, dass bei der Vielfalt der MS-Symptome psychogene Störungen als MS-spezifisch verkannt werden, andererseits MS-typische Symptome als psychogen fehlgedeutet werden. Zur ersten Gruppe gehören Symptome im Rahmen somatoformer Störungen oder gar einer symptomarmen Psychose mit Zoenästhesien. Zur zweiten Gruppe gehören Symptome, die im Rahmen der MS-Fatigue auftreten. Auch isolierte Sensibilitätsstörungen mit Parästhesien können, wenn sie jahrelang als einziges Symptom bestehen, irreleiten. Probleme machen ungewöhnliche par oxysmale Erscheinungen wie paroxysmale Schmerzen, paroxysmales Jucken. Im Umfeld der MS treten Insuffizienzgefühle auf, die durch eine inkompetente ärztliche Führung bei labilen Patienten fixiert werden. Verstärkt wird diese »iatrogen fixierte Insuffizienz« (Heckl 1994 ) durch mangelnde Aufklärung der meist besseren als gemeinhin angenommenen Prognose, durch zu lange Krankschreibung und ungerechtfertigte vorzeitige Berentung. Bislang nur ungenügend werden Depressionen beachtet, die mit einer Prävalenz von 25-55% angegeben werden. Sie treten häufig früh im Krankheitsverlauf auf. Die meisten Komplikationen der MS entstehen durch geringe körperliche Aktivität. Sie begünstigt die Entstehung von Thrombosen mit entsprechend verhängnisvollen embolischen Komplikationen. Dekubital ulzera und rezidivierende Harnwegsinfekte können zu septischen Prozessen und zu Niereninsuffizienz führen. Die inadäquat behandelte Spastik führt zu Kontrakturen und weiterer Bewegungsunfähigkeit. Folge ist eine zunehmende Osteoporose (⊡ Abb. 43.10). Die z.Zt. üblichen Therapiestrategien lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Zum einen ist dies die symptomatische Therapie, bei der nur einzelne Krankheitserscheinungen gemildert werden und die sich nicht nur gegen primäre Auswirkungen der MS, sondern auch gegen sekundäre Folgestörungen richtet. Die zweite Gruppe macht sich die zu- Die symptomatische medikamentöse Therapie orientiert sich an ganz speziellen Zielsymptomen wie Spastik, Blasenstörungen und deren Komplikationen, Schmerzen, epileptischen Anfällen und Depressionen. Sie wirkt einerseits direkt lindernd und ermöglicht andererseits den frühen Beginn einer mobilisierenden Therapie. Kesselring 1997) tieren, der zu einer verbesserten Reizleitung teilentmarkter Axone führt. Als Präparat kommt neben dem 3-4-Diaminopyridin das besser wirksame 4-Aminopyridin in Betracht. Modafinil wird aufgrund kleiner positiver Studien gegen die abnorme Tagesmüdigkeit eingesetzt (zugelassen ist es nur in der Behandlung der Narkolepsie). Es gibt allerdings auch negative kontrollierte Studien. Die medikamentöse Therapie der MS orientiert sich an dem aktuellen Stadium und der Verlaufsform der MS. Ziele der Therapie sind außer der Behandlung des akuten Schubes die Reduktion der Schubfrequenz und die Verzögerung der Progredienz sowie eine Verbesserung bestehender Behinderung. Voraussetzung aller prophylaktischen Behandlungen ist die Sicherheit in der Diagnose. Die Behandlung sollte dann aber frühzeitig beginnen, z.B. auch wenn sich in der MRT Hinweise für erhebliche subklinische Krankheitsaktivitäten finden. Die folgende Übersicht stellt die medikamentöse Behandlung der MS dar. Glukokortikosteroide werden seit Jahrzehnten zur Behandlung der MS eingesetzt. Eine Therapie mit 500-1000 mg Methylprednisolon über 3-5 Tage, evtl. mit Ausschleichen über eine kurzfristige orale Therapie, kann die Störung der Blut-Hirn-Schranke meist innerhalb von wenigen Stunden beseitigen. Die Gadoliniumanreicherungen in der MRT verschwinden. Vor allem wegen dieser überzeugenden Ergebnisse und der möglicherweise bestehenden vorübergehenden prophylaktischen Effekte bei der Optikusneuritis gilt die Glukokortikoidtherapie trotz vieler offener Fragen als Standardtherapie des akuten Schubes und der akuten Optikusneuritis (⊡ Tabelle Akute Psychosen sind selten. Eine Rarität ist das Auftreten aseptischer Hüftkopfnekrosen. Bei einem klinisch schweren Schub mit funktioneller Beeinträchtigung (motorische, zerebellare oder Hirnstammsymptomatik), der nicht ausreichend auf die einmalige Kortikoidtherapie anspricht, wird eine eskalierende Schubbehandlung vorgeschlagen. Innerhalb von 2 Wochen nach Beendigung der Kortikoidtherapie wird bei ungenügender Besserung eine erneute Kortikoidpulstherapie ggf. auch mit erhöhter Dosis von bis zu 5 × 2 g angeschlossen. Ergibt eine erneute quantitative neurologische Untersuchung nach 2 Wochen keine eindeutige Rückbil dungs tendenz, sollte eine Plasmapherese erwogen werden. Bei schweren, protrahiert verlaufenden Schüben und anhaltender subklinischer Krankheits aktivität kann auch frühzeitig mit einer immunsuppressiven Behandlung (z.B. Mitoxantron) begonnen werden (Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie). Die Entscheidung, ob eine schubförmig verlaufende MS eine zusätzliche prophylaktische Therapie erfordert, ist von der Häufigkeit und der Schwere der Schübe sowie der bereits bestehenden klinischen Behinderung abhängig. Der zu erwartende Nutzen und die Risiken und Nebenwirkungen müssen in einer vernünftigen Relation zueinander stehen. Voraussetzung für den Beginn einer immunmodulatorischen Therapie ist ein aktiver Krankheitsverlauf mit mindestens zwei relevanten Schüben in den vergangenen zwei Jahren oder das Auftreten eines schweren Schubes mit schlechter Remissionstendenz. Nach den Ergebnissen zweier Studien (CHAMPS, ETOMS), beides Plazebo-kontrollierte Multizenterstudien, mit frühzeitigem Einsatz von rekombinanten Interferonen bereits nach dem ersten Schub (CIS = clinically isolated symptom) können Interferone bei Hochrisikopatienten auch unmittelbar eingesetzt werden. Trend zur geringeren Verschlechterung ohne Signifikanz. In den MRT-Verlaufs untersuchungen bestand eine signifikant geringere Zunahme der Gesamtfläche aller Herde im T2-betonten Bild, in den ersten Jahren fand sich sogar eine geringe Reduktion der kumulativen Läsionen im MRT. Häufigste Nebenwirkungen von Interferon-β-1b sind systemische grippeähnliche Symptome (flu like symptoms) mit Fieber, Abgeschlagenheit und Muskelschmerzen, die inizial im Rahmen eines Uhthoff-Phänomens zu einer Symptomverschlechterung führen können. Lokale Reaktionen an der Einstichstelle finden sich häufig, selten entwickeln sich Nekrosen. Häufigste Nebenwirkung ist eine milde Lymphozytopenie. Da depressive Symptome bei vereinzelten Patienten zum Suizidversuch geführt haben, sollten depressive Patienten Interferon-β-1b nicht oder nur unter thymoleptischem Schutz erhalten. Aufgrund der antiproliferativen Wirkung des Interferon-β muss eine sichere Antikonzeption gewährleistet sein. Interferon-β-1a (Avonex, Rebif) wird gentechnisch in CHO (chinese hamster ovary)-Zellen hergestellt und ist mit dem natürlichen Interferon-β nahezu identisch. Die Substanz wurde in großen multizentrischen, doppelblinden und plazebokontrol lierten Studien untersucht. Die Substanz wird i.m. einmal (Avonex) oder s.c. dreimal (Rebif) wöchentlich mit je 22 µg oder 44 µg verabreicht. Es fanden sich eine Reduktion der Schub rate um etwa ein Drittel und eine signifikant verringerte klinische Verschlechterung gegenüber einer Plazebobehandlung. Es zeigte sich eine Reduktion der kontrastmittelanreichernden Herde im MRT, und hinsichtlich des Läsionsvolumens profitierten die Patienten signifikant von Interferon-β-1a. Die möglichen Nebenwirkungen der Interferon-β-1a-Therapie sind prinzipiell die gleichen wie bei Interferonβ-1b, insgesamt aber offenbar seltener. Ein Problem könnte die Entwicklung von neutralisierender Aktivität (Antikörper) sein, die bei Interferon-β-1b deutlich häufiger auftritt als bei Interferon-β-1a. Die neutralisierende Aktivität scheint die Wirkung zu beeinträchtigen. Bei Wirkungsverlust nach anfänglich guter Wirkung empfiehlt sich die Bestimmung der neutralisierenden Aktivität mit entsprechenden Konsequenzen. Eine andere Möglichkeit stellt die Behandlung mit dem Glatirameracetat (Glat, Copaxone) dar. Es handelt sich bei diesem Medikament um eine Mischung von zufällig synthetisierten Polypeptiden, die Ähnlichkeit mit dem basischen Myelinprotein haben und für einen Shift der TH1-zur TH2-Reaktion, vermutlich über die Induktion von protektiven T-Zellen von TH2-Typ verantwortlich sind. GLAT ist ein sehr gut verträgliches Medikament, das in einer Dosierung von 20 mg täglich subkutan injiziert werden muss. Lokale Reaktionen an der Einstichstelle sind häufig, aber gering ausgeprägt. Bei etwa 15% der Patienten treten sog. »systemische Postinjektionsreaktionen« auf, die an eine Hyperventilation erinnern und die nach spätestens 20 min folgenlos abklin-gen. Die mittlere Schubrate wird um knapp 30% gesenkt (erfasst nach 2 Jahren Behandlung), und der Score der Gesamtbehinderung ist nach Behandlung signifikant besser als nach Plazebo. Intravenös verabreichte Immunglobuline (IVIG) werden aufgrund ihrer immunologischen Wirkung auch bei der MS seit Jahren immer wieder eingesetzt, obwohl eine endgültig überzeugende Studie zur Effektivität und dementsprechend eine Zulassung in Deutschland bislang nicht vorliegt. Positive Studien gibt es zur schubförmig remittierenden MS, zur Protektion von postpartalen Schüben und beim Einsatz im frühen Krankheitsstadium (beim klinisch isolierten Symptom = CIS). Die IVIG werden allgemein gut vertragen. Manchmal auftretende Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Blutdruckanstieg, Schwindel und Übelkeit lassen sich bei konsequenter Überwachung rechtzeitig durch Reduktion der Infusionsgeschwindigkeit beherrschen. Schwere Komplikationen sind relativ selten, können aber lebensbedrohlich werden (anaphylaktische Reaktionen, akutes Nierenversagen, Thromboembolien, hämolytische Anämie). Mitoxantron ist ein synthetisches Antrazyklinderivat, das über die Hemmung der Nukleinsäuresynthese immunsuppressiv und zytostatisch wirkt. Mehrere kleine offene Studien haben bei schwerer schubförmig progredienter und chronisch-progredienter MS eine Wirkung nachgewiesen. Nach mehreren kleinen positiven Studien führten die Ergebnisse der Europäischen Dosisvergleichsstudie (12 mg vs. 5 mg/m 2 KO), der MIMS an Patienten mit hochaktiver, schubförmiger MS zur Zulassung von Mitoxantron bei hoher Schubfrequenz bzw. sekundär progredientem Verlauf. Nachgewiesen ist ein dosisabhängiger, signifikanter Effekt auf Schubrate, Krankheitsprogression und MRT-Aktivität.  Erstinfusion -EKG und Herzechokardiographie mit linksventrikulärer Auswurffraktion (LVEF) -1 h vor Infusion 8 mg Ondansetron (Zofran) oder anderes Antiemetikum -12 mg/m 2 Körperoberfläche (KOF) Mitoxantron als Kurzinfusion 30 min (Erstinfunsion) -zweite Gabe des Antiemetikums 8 h nach Infusion ad libitum -Chemotherapiepass mit Dosisangabe und LVEF. Leukozytennadir nach 9 -14 Tagen  Wiederholungsinfusion -Dosisanpassung: bei Leukozytennadir der letzten Infusion: -> 3000/µl 10 % Dosissteigerung -< 2000/µl 10 mg/m 2 Mitoxantron -< 1000/µl 8 mg/m 2 Mitoxantron Mitoxantron wird alle 3 Monate als Kurzinfusion mit 12 mg pro m 2 KOF verabreicht. Bei besonders hoher Krankheitsaktivität kann im Einzelfall eine Induktionstherapie mit monatlich einer Infusion über 3 Monate durchgeführt werden. Ab einer kumulativen Gesamtdosis von 100-140 mg pro m 2 KOF werden poten ziell irreversible Kardiomyopathien beobachtet, so dass vor Beginn der Therapie und nach einem Jahr eine Echokardiographie mit Bestimmung der linksventrikulären Auswurffraktion (LVEF) und ein EKG durchgeführt werden sollten. Daneben sind Blutbildkontrollen notwendig, da eine Knochenmarksdepression mit Granulozytopenie nach 10 -14 Tagen und eine milde Thrombozytopenie auftreten. Kontrollen von Leberenzymen und Retentionswerten gehören zur Rou tine. Seltenere weitere Nebenwirkungen sind Übelkeit, Erbrechen, sekundäre Amenorrhoe, Cholestase, Alopezie, Nierenversagen und Entzündungen der Schleimhäute. Schubförmig progredienter und sekundär progredienter Verlauf. Eine effiziente Wirkung von Interferon-β-1b ist auch bei den schubförmig pro gredienten und sekundär progredienten Verläufen in einer großen Studie belegt, und Betaferon ist für diese Indikation zugelassen. Bei schweren Verläufen bleibt mit der Eskalationstherapie weiterhin der Zugriff auf die chemotherapeutisch wirksamen Medikamente wie Mitoxantron und Cyclophosphamid. Durch Quervernetzung der DNA wirkt Cyclophosphamid als Alkylans sowohl zytotoxisch als auch immunsuppressiv. Nach anfänglich widersprüchlichen Ergebnissen weist eine randomisierte kontrollierte Studie bei schwerer progredienter MS darauf hin, dass die sonst in der Regel innerhalb von 1 1 / 2 Jahren nach Induktionsbehandlung auftretende erneute Progression durch eine intermittierende Cyclophosphamidbehandlung verhindert werden kann. Patienten mit häufigen oder schweren Schüben, die durch andere Immunsuppressiva oder Immunmodulatoren nicht zu beeinflussen sind, so dass kurzfristig ein kritisches Ausmaß der Behinderung zu befürchten wäre, sind Kandidaten für eine intermittierende Pulstherapie ( folgende Übersicht). Methotrexat ist in der Dosierung von 7,5 mg einmal pro Woche gut verträglich. Stomatitis, Haarausfall, Leukozytopenien und Leberwertveränderungen können auftreten, werden aber kaum beobachtet. Eine Tumorinduktion durch diese Applikation ist bisher nicht belegt. Cladribin ist ein in der Hämatologie häufig eingesetztes Purinanalogon mit relativ selektivem lymphozytotoxischem Effekt. In einer plazebokontrollierten Doppelblindstudie bei Patienten mit chronisch-progredientem Verlauf erhielten Patienten zwei Jahre 0,7 mg/kg KG/Monat als Dauerinfusion jeweils über eine Woche. Bis auf eine Knochenmarksdepression wurde die Behandlung gut vertragen und führte zu einer häufigeren Stabilisierung des Schweregrades und einer Abnahme des Läsionsvolumens im MRT. Wegen möglicherweise unter dieser Therapie vermehrt aufgetretener Herzinfarkte ist der weitere Einsatz sehr fragwürdig. Maligner Verlauf. In lebensbedrohlichen Situationen, z.B. bei einem schweren Schub mit Hirnstammsymptomen und fehlender Wirkung anderer Behandlungen ist eine Plasmaseparation gerechtfertigt. ▼ Es gibt eine Reihe von Therapieansätzen und Medikamenten, die sich in der Erprobung befinden, bislang aber noch nicht zur klinischen Reife gelangt sind. Dazu gehören Ansätze, die über eine gezielte Intervention bei Zytokinen, Chemokinen und Adhäsionsmolekülen Einfluß auf die Regulation der Zellinfiltration und Ausbreitung im ZNS nehmen sollen. Die selektive Blockade von Zielstrukturen kann mit gezielt hergestellten monoklonalen Antikörpern (z.B. Alemtuzumab = Campath-1H, Daclizumab = Zenapax, Natalizumab = Tysabri und Rituximab = Mabthera) effektiv gestaltet werden. Die Substanzen sind derzeit in Erprobung. Interessant ist die Frage, ob sich die immunmodulatorischen Wirkungen von Statinen in der Behandlung auch der MS nutzbar machen lassen. In einer kleinen Studie konnte mit Simvastatin bereits eine deutliche Reduktion KM-aufnehmender Herde im MRT nachgewiesen werden. Klinische Daten stehen noch aus.. Nach neueren Daten beträgt die mittlere Lebenserwartung nach Diagnosestellung 28 Jahre für Männer und 33 Jahre für Frauen. Damit verkürzte sich die Lebenszeit durch die MS bei Frauen um 16,4 Jahre, bei Männern um etwa 11,6 Jahre. Genauer lässt sich dies abschätzen, wenn man die Lebenserwartung in Bezug zur Verlaufsform setzt (⊡ Abb. 43.12). Ein wichtiger Zusammenhang besteht zwischen der Progressionsgeschwindigkeit (Progressionsindex = Behinderung nach EDSS geteilt durch Krankheitsdauer) und der Lebenserwartung. Auch die Länge des Intervalls zwischen dem ersten und zweiten Schub gilt als prognostischer Marker. Die Hälfte der Patienten, die 40 Jahre nach Krankheitsbeginn noch lebten, hatten ein mindestens 10jähriges Intervall zwischen dem 1. und 2. Schub. Zu einem gegebenen Zeitpunkt entscheidet der Behinderungsgrad über die Überlebenswahrscheinlichkeit: Von Patienten ohne Behinderung leben nach 10 Jahren noch 94 %, von denen mit leichter Behinderung noch 80 %, von denen mit mäßiggradiger Behinderung noch 69 %, und bei schwerer Behinderung erreichen nur noch 28 % 10 Jahre Überlebenszeit. MS-Patienten sterben selten unmittelbar an der MS, sondern zumeist an den MS-Komplikationen, am häufigsten an Bronchopneumonien, Pyelonephritiden oder einer Sepsis ( 2 / 3 der Patienten), 1 / 3 versterben an MS-unabhängigen Erkrankungen. Erkrankungsalter und Geschlecht. Ein frühes Erkrankungsalter vor dem 30. Lebensjahr ist im Vergleich zum späteren Beginn nach dem 40. Lebensjahr mit einer besseren Prognose verknüpft. Dies liegt an dem signifikant häufigeren primär chronischen Verlauf bei älteren Patienten. Die meisten Autoren finden keinen geschlechtsspezifischen Unterschied der Prognose. Verlaufsform. Die beste Prognose ist dem schubförmigen Verlauf, sowohl in bezug auf die Behinderung als auch auf die Lebenszeitverkürzung, zuzuschreiben. Der primär chronisch-progrediente Verlauf hat die schlechteste Prognose. Erstsymptome. Patienten, die zu Beginn eine Optikusneuritis und lediglich Sensibilitätsstörungen entwickeln, haben in der Regel eine günstige Prognose. Entwickeln Patienten bereits in den ersten 5 Jahren nach Krankheitsbeginn deutliche zerebellare und pyramidale Ausfälle, muss nach 15 Jahren in 90% der Fälle mit einer schweren Behinderung gerechnet werden. Zahl der Schübe. Die Zahl und Schwere der Schübe lässt keine eindeutige prognostische Beurteilung zu, da die bisherigen Literaturangaben widersprüchlich sind. Entwicklung des Behinderungsgrades. Hier gilt die »Fünf jahresregel nach Kurtzke«: Der Behinderungsgrad 5 Jahre nach Krankheitsbeginn entspricht durchschnittlich etwa Dreiviertel desjenigen nach 10 und 15 Jahren. Liegt ein gutartiger Verlauf in den ersten 5 Krankheitsjahren vor (0-2 Punkte auf der Kurtzke-Skala, 5 Jahre nach Krankheitsbeginn), so ergibt sich auch 15 Jahre nach Krankheitsbeginn in 2 / 3 der Fälle der gleiche Befund und nur bei 10% eine ausgeprägte Behinderung (mehr als 6 Punkte). Liegt dagegen bereits nach 5 Jahren eine ausgeprägte Behinderung vor, so kann nach 15 Jahren nur ganz ausnahmsweise mit einem besseren Befund gerechnet werden. MRT. Zumindest bei der Optikusneuritis lassen Zahl und Größe der Herde im MRT zu Beginn der Erkrankung eine prognostische Aussage zu. Bei Optikusneuritis und anderen monosymptomatischen Initialformen war der Nachweis mehrerer Herde im MRT häufiger in der Gruppe zu finden, die bald eine MS entwickelten. Comparison of MRI criteria at first presentation to predict conversion to clinically definite multiple sclerosis The diagnosis of multiple sclerosis Survival of patients with multiple sclerosis in Denmark: A nation-wide, longterm epidemiologic survey The spectrum of multiple sclerosis: new lessons from pathology Criteria for an increased specificity of MRI interpretation in elderly subjects with suspected multiple sclerosis Genetik der Multiplen Sklerose Mitoxantrone in progressive multiple sclerosis: a placebo-controlled, double-blind, randomised, mulitcentre trial Multiple Sklerose: Klinik, Differenzialdiagnose, Behandlung Multiple Sklerose Magnetic resonance imaging in multiple sclerosis -an atlas of diagnosis and differenzial diagnosis Epidemiology of multiple sclerosis Recommended diagnostic criteria for multiple sclerosis: Guidelines from the international panel on the diagnosis of multiple sclerosis The British isles survey of multiple sclerosis in twins Study Group and the IFNB Multiple Sclerosis Study Group (1993) Interferon beta-1b is effective in relapsing-remitting multiple sclerosis. II. MRI analysis results of a randomized, double-blind, placebo-controlled trial Clinical data and identification of special forms of multiple sclerosis in 1271 cases studied with a standardized documentation system New diagnostic criteria for multiple sclerosis: guidelines for research protocols The context and consequences of communicating the diagnosis of multiple sclerosis Multiple Sklerose: Multimodal evozierte Potenziale in der Diagnose Diagnostik und Therapie der multiplen Sklerose Axonal transection in the lesions of multiple sclerosis The natural history of multiple sclerosis: a geographically based study. I. Clinical course and disability Acute multiple sclerosis (Marburg type) is associated with developementally immature myelin basic protein Weiterführende Literatur Erectile dysfunction in multiple sclerosis; associated neurological and neurophysiological deficits, and treatment of the condition McAlpine's Multiple Sclerosis. Churchill Livingstone The immunopathogenesis of multiple sclerosis and Guillain-Barré syndrome Primary progressive multiple sclerosis: current and future treatment options McAlpine's Multiple Sclerosis Using gadolinium-enhanced magnetic resonance imaging lesions to monitor disease activity in multiple sclerosis Pain in multiple sclerosis Escalat ing immunotherapy of multiple sclerosis -New aspects and practical application Diagnose. In: Poser S (Hrsg) Taschenbuch Multiple Sklerose. Blackwell Multiple Sklerose -Symptomatische Thera pie und Rehabilitation Interferon beta-1b is effective in relapsing-remitting multiple sclerosis. I. Clinical results of a multicenter, randomized, double-blind, placebo-controlled trial Arbeits-und Gehfähigkeit. Trotz großer Unterschiede in den einzelnen Untersuchungen lassen sich folgende Aussagen machen: 30% der Patienten sind nach 15-bis 20-jähriger Krankheitsdauer zumindest noch teilweise gehfähig. Die Arbeitsfähigkeit wird in erster Linie durch spastische Paresen, Koordinations-und Blasenstörungen eingeschränkt.Zusammengefasst gelten als prognostische Indikatoren für einen günstigeren Verlauf: ▬ Gehfähigkeit, ▬ minimale pyramidale und zerebellare Ausfälle in den ersten 5 Krankheitsjahren, ▬ prompte Rückbildung der Initialsymptome, ▬ Alter zu Beginn unter 35 Jahren, ▬ monosymptomatischer Beginn, ▬ rasches Auftreten der Initialsymptome, ▬ kurze Dauer des letzten Schubes, ▬ Fehlen von zerebellaren Ausfällen zu Beginn der Krankheit. Zitierte Literatur