key: cord-0037646-8n2iaogb authors: Tenckhoff, Bernhard; Siegmann, Silvester title: Krisenmanagement date: 2019-05-24 journal: Vernetztes Betriebssicherheitsmanagement DOI: 10.1007/978-3-662-48441-8_10 sha: 834001999bad9b1cff3c8b3ff75d21a1075795f5 doc_id: 37646 cord_uid: 8n2iaogb Erfolgreiche Unternehmen und Organisationen entwickeln ein umfassendes Bewusstsein für mögliche Krisen, sie betreiben professionelle Krisenprävention. Das Rezept für eine dauerhafte und erfolgreiche Krisenprävention lautet: Jeden Tag nach vorne schauen, Risiken wahrnehmen, richtig abschätzen und möglichst neutralisieren. Systematische Verfahren zur Früherkennung von Warnsignalen spielen dabei eine wichtige Rolle. Krisenpotenziale erkennen und antizipieren, Infrastrukturen schaffen, Abläufe einüben und Mitarbeiter schulen sind gute Voraussetzungen, um in krisenhaften Situationen souverän zu agieren, statt in einen Schockzustand zu verfallen. Leider sind noch zu viele Unternehmen und Organisationen von diesem Ideal weit entfernt. Krisen gefährden außerdem immer das Image und die Reputation eines Unternehmens. In diesem Zusammenhang darf das mediale Interesse nicht unterschätzt werden. Die Mediengesellschaft, in der wir leben, liebt und produziert deswegen unentwegt große und kleine Krisen, indem sie schlicht jede Gelegenheit zur Berichterstattung nutzt. Schließlich ist die Krise – mehr noch als die bloß schlechte Nachricht – ein hervorragend verkäufliches Gut (Mörle 2004). Leider verfügen noch zu wenig Unternehmen über professionelle Konzepte, die auch den Aspekt der Krisenkommunikation hinreichend berücksichtigen. Auch ist einzelnen Studien zu entnehmen, dass das Bewusstsein in Deutschland für das Thema Krisenprävention und ‑bewältigung in einigen Branchen noch nicht hinreichend ausgeprägt ist. Veränderungskrise: Hierbei handelt es sich um Krisen, die durch schlecht gemanagte Veränderungen (z. B. Fusionen) hervorgerufen werden können. Ein gutes "Change-Management" gehört für jedes Unternehmen zum Pflichtprogramm In der Vergangenheit bzw. Gegenwart haben sich folgende Branchen als besonders krisenanfällig gezeigt: Gesundheit/Pharma Chemie Lebensmittel Energie Fleischerzeugung Versicherungen/Banken Luftfahrt Automobil Aufgrund der Globalisierung und Schnelllebigkeit unserer Industriegesellschaft kann eine Unternehmenskrise aber auch jede andere Branche jederzeit treffen. Die Ursachen und Wechselwirkungen, die zu einer Unternehmenskrise führen können, sind komplex und lassen sich in der Regel auf die Summe verschiedener interner und externer Ereignisse und Entwicklungen zurückführen. Unternehmenskrisen können entstehen durch: Zahlreiche Beispiele aus der Vergangenheit haben aufgezeigt, dass Ereignisse mit Krisenpotenzial erst durch die Medien zu Krisen gemacht wurden. Nur wenige Unternehmen verfügen jedoch über professionelle Pläne, die auch den Aspekt der Krisenkommunikation berücksichtigen. Fehler bei der Kommunikation können ein kritisches Ereignis drastisch verschlimmern. Primäres Ziel der Krisenkommunikation ist die Aufklärung der Öffentlichkeit und der Medien und der direkt betroffenen Gruppen bezüglich der Krise. Des Weiteren versucht das Unternehmen, der Öffentlichkeit und den Medien zu vermitteln, dass es alles Mögliche unternimmt, um größere Schäden abzuwenden und die Situation wieder unter Kontrolle zu bekommen (Abb. 10.4). Öffentlichkeitsarbeit während der Krise: Information wird sofort und ohne Verzögerung weitergeben innerhalb der ersten zwei Stunden eine Pressekonferenz einberufen und das sofort ankündigen Informationsstrom nicht abbrechen lassen ( Gerade die erste Information der Medien und somit der Öffentlichkeit innerhalb der ersten Stunde benötigt eine möglichst hohe Effizienz und Effektivität. Kommunikationsmaßnahmen bzw. -instrument müssen perfekt aufeinander abgestimmt eingesetzt werden. Alleine daraus ergibt sich, dass die Krisenkommunikation im Vorfeld proaktiv vorbereitet werden muss. Oft ist es sinnvoll, sich dafür mit Profis in Verbindung zu setzen. Eine Möglichkeit der optimalen Abstimmung der einzelnen Instrumente ist die Orientierung an den sechs Krisen-W's: Was ist passiert und was wird unternommen? Wer wird informiert bzw. einbezogen? Wie kann das Vertrauen erhalten bzw. wiedererlangt werden? Wann wird die Öffentlichkeit informiert? Warum kam es zur Krise? Wo wird Stellung genommen? I Tipp Eine effektive und effiziente Krisenkommunikation ist unbedingt erforderlich und sollte im Vorfeld von Profis vorbereitet werden! Leider reicht es nicht mehr aus, nur finanztechnische Kennzahlen zur Früherkennung von Unternehmenskrisen heranzuziehen. Immer mehr Unternehmen realisieren, dass die traditionelle Krisenprävention den gestiegenen Ansprüchen nicht mehr genügt, wie auch zahlreiche Studien belegen. Angesichts der härter werdenden Wettbewerbsbedingungen macht es Sinn, auch mehr Aktivitäten in die "technische" Krisenprävention zu investieren. Hierzu gehören insbesondere das Durchspielen von "worst-case"-Szenarien, das Aufzeigen von bottle necks in der Produktion, die kontinuierliche Durchführung angemessener Instandhaltungsmaßnahmen sowie die Einführung eines Issue Profiling für Arbeitsmittel. In diesem Zusammenhang muss das zentrale Präventionsinstrument "Gefährdungsbeurteilung" gemäß Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und weiterer Verordnungen besser von den Unternehmen angenommen und genutzt werden. Hier geht es noch um potenzielle Krisen. In dieser Phase befindet sich das Unternehmen noch im Normalzustand und es gibt noch keine in den unternehmensintern zu bestimmenden Kennzahlen wahrnehmbaren Krisensymptome. Die zentrale Aufgabe des antizipativen Krisenmanagements ist die gedankliche Vorbereitung auf mögliche Krisen. Man muss hier den Mut haben das undenkbare zu denken. Sehr häufig ist hier im Vorfeld ein geeignetes "Issues Management" hilfreich. Das präventive Krisenmanagement bezieht sich auf die zweite Phase des Krisenprozesses, der latenten Unternehmenskrise. Die Krisensymptome sind teilweise noch verdeckt, die Kennzahlen liefern aber bereits den erhärteten Verdacht, dass bereits eine Gefährdung der Erfolgspotenziale vorliegt. Die Krise ist bereits eingetreten und das Unternehmen ist sich dessen auch bewusst. Sie ist aber noch beherrschbar. Die zentrale Aufgabe ist die erfolgreiche Zurückschlagung und die daraus folgende Bewältigung der Unternehmenskrise. Dies ist die letzte Phase, die Krise nicht mehr beherrschbar und führt zur Katastrophe. Es kann zu einer möglichen Liquidation des Unternehmens kommen. Tipp Alle Organisationseinheiten eines Unternehmens haben die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Eintritt einer Krise zu verhindern (Krisenprävention) bzw. beim Eintreten einer Krise negative Auswirkungen für das Unternehmen so weit wie möglich einzugrenzen! Eines der Instrumente des antizipatives Krisenmanagements ist das "Issues Management" Dies ist bereits seit den 80er Jahren des vorherigen Jahrhunderts in den USA ein wichtiges Management-Thema und findet seit Ende der 90er Jahre im europäischen Raum ebenfalls Anwendung. Diese Bezeichnung "Issue" entstammt dem angelsächsischen Sprachraum. Eine wörtliche Übersetzung ins Deutsche wäre "Thema, Angelegenheit etc.", darunter versteht man in diesem Zusammenhang insbesondere ein Thema öffentlichen Interesses mit hohem Konfliktpotenzial. Issues Management dient als Früherkennungssystem für schwache Signale aus dem Unternehmensumfelds. Der "Vater" des Konzepts, der amerikanische PR-Berater William Howard Chase, definiert Issues-Management um 1976 herum wie folgt: Issues Management is the capacity to understand, mobilize, coordinate and direct all strategic and policy planning functions and all public affairs/public relations skills toward achievement of one objective: Meaningful participation in creation of public policy that affects personal and institutional destiny. Durch das "Issues Management" hat ein Unternehmen oder Organisation also die Möglichkeit, schnell, flexibel und vor allem sensibel auf jede Nachricht und Entwicklung zu reagieren, die für die Identität und Wahrnehmung der Unternehmensmarke wichtig ist und bei Nichtbeachtung Krisenpotenzial entwickeln kann. Das Issue Management lässt sich dabei in fünf Phasen unterteilen: "Scanning": Die Identifikation von Issues als grundlegende und somit fast schon wichtigste Phase "Issues Monitoring": Analyse und Beobachtung der öffentlichen Meinung und Medien "Strategic issue diagnosis": Die strategische Prüfung und Einstufung "Message Formating": Wahl der grundlegenden Reaktion/Antwort auf strategische Issues. Hierbei kann noch mal zwischen einem proaktivem und reaktivem Vorgehen unterschieden werden "Incorporation into strategic plan": Integration in die strategische Planung Issues durchlaufen im öffentliche Fokus einen Lebenszyklus: Je weiter das Issue in seinem Lebenszyklus voranschreitet, desto geringer wird gleichzeitig die Einflussmöglichkeit des betroffenen Unternehmens. In den USA gilt das Issues Management mittlerweile als Selbstverständlichkeit, in Deutschland hingegen hinkt man dieser Entwicklung noch hinterher. Über geeignete und im Notfall auch sofort zur Verfügung stehende Dokumentationen (Verfahrenanweisungen, Notfallpläne, Gefahren-Abwehr-Pläne (GAP)), einer entsprechend ausgelegten Infrastruktur, spezifischer Instrumente und auch mit Hilfe von personelle Ressourcen muss ein Notfallmanagementsystem in den das Krisenmanagement implementiert und manifestiert werden. Elektronische, softwaregesteuerte Notfallmanagementsysteme können den Mitarbeitern helfen schnell zu reagieren. Es muss aber unbedingt beachtet werden, das die IT von der Energieversorgung abhängig und diese im Notfall ausfallen kann! Das Notfallmanagement muss den Mitarbeitern also auch in ausgedruckter Version zur Verfügung stehen. Um auf Notfälle vorbereitet zu sein, empfehlen sich regelmäßige Notfallübungen und Räumungsübungen. Diese können neben dem Sicherstellen des prinzipiellen Funktionierens des Notfallmanagements auch Erkenntnisse liefern, welche Optimierungspotenziale noch ungenutzt sind. Dabei sollten die Übungsszenarien so realitätsnah wie möglich geplant und durchgeführt werden, um alle Parameter des Notfallplans zu überprüfen -die Funktionalität und Effektivität von organisatorischen, personellen und materiellen Vorkehrungen aber auch die Qualifikationen des Einsatz-und Hilfspersonals. Ein typisches Notfallszenario ist ein Großbrand im Betrieb. Anlagen und Gebäude können nach einem Brandschaden mit mehr oder weniger großem Aufwand instand gesetzt, zerstörte Betriebs-und Arbeitsmittel neu beschafft werden. Die Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar der Verlust von menschlichem Leben durch den Brand und seine Nebenwirkungen wiegen dagegen ungleich schwerer als der Sachschaden. Nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. ergibt sich für Großschäden in der industriellen Sachversicherung folgende Statistik der Brandschäden für die Jahre 1980 bis 2003 (Tab. 10.1). In der obigen Aufstellung wurden nur Schäden mit einem Schadenaufwand von mindestens 500.000 C (bis 2001 1 Mio. DM) berücksichtigt. Zwar ist die Anzahl der Großschadensereignisse tendenziell rückläufig, jedoch stieg im gleichen Zeitraum die durchschnittliche Schadenssumme deutlich an. Sachschäden durch Brände wurden in der Vergangenheit zwar seltener, dafür aber auch deutlich teurer. Aus praktischen Erwägungen sollten alle oben aufgeführten eventuell auftretenden Gefährdungen separat aufgelistet und bewertet werden. Die Anforderungen an die Struktur der Flucht-und Rettungswege sowie der dazugehörigen Pläne ergeben sich aus der Technischen Regel für Arbeitsstätten (ASR) A2.3 "Fluchtwege und Notausgänge, Flucht-und Rettungsplan" vom 16. August 2007 und sind meistens (sollten) bereits in der Planungsphase von Architekten und Genehmigungsbehörden berücksichtigt worden. Grundsätzlich ist immer dann eine Sicherheitsbeleuchtung vorzusehen, wenn das Arbeitsstättenrecht oder das Baurecht diese vorschreiben. Darüber hinaus kann die Gefährdungsbeurteilung weitere Anwendungsfälle sowohl für die Sicherheitsbeleuchtung als auch bodennahe Sicherheitsleitsysteme ergeben. Bei möglicher Verrauchung ist im Allgemeinen ein bodennahes Sicherheitsleitsystem erforderlich. Dieses kann grundsätzlich entweder elektrisch oder auch lang nachleuchtend ausgeführt werden. Die Gefährdungsermittlung kann auch ergeben, dass Kombinationen unterschiedlicher Sicherheitsleitsysteme erforderlich sind. Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass bei hoher Personenbelegungsdichte der Einsatz eines elektrisch betriebenen Systems vorteilhaft ist. Bei geringer Personenbelegungsdichte kann ein lang nachleuchtendes System ausreichen. Die Anforderungen an Sicherheitsleitsysteme ergeben sich für den Landbereich aus der Normenreihe DIN 67 510 (1-4) "Deutsche Industrie Norm für langnachleuchtende Pigmente und Produkte", BGV A 8 "Sicherheits-und Gesundheitsschutzkennzeichnung am Arbeitsplatz" und BGR 216 "Optische Sicherheitsleitsysteme". Folgende Anforderungen müssen von einem Sicherheitsleitsystem grundsätzlich erfüllt werden: zuverlässig -"funktioniert" auch bei Stromausfall sichtbar -auch bei starker Verqualmung deutlich erkennbar und auch nach vielen Stunden noch zu erkennen lückenlos -durchgehende Markierung bis zum nächstgelegenen Notausgang Insbesondere in Sonderbauten mit einer Vielzahl von Personen ist in der Regel ein zweiter baulicher Rettungsweg erforderlich. Die Rettung einer Vielzahl von Personen über das Rettungsgerät der Feuerwehr ist nicht in angemessener Zeit möglich. Um die sich im Gebäude befindlichen Personen in die Lage zu versetzen, sich schnell und sicher orientieren zu können, müssen Flucht-und Rettungspläne erstellt werden, die eine möglichst einfache Darstellung der baulichen Gegebenheiten sowie eine unproblematische Lesbarkeit aufweisen. Grundlage der Flucht-und Rettungspläne ist die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Auch wenn es derzeit nicht direkt gesetzlich vorgeschrieben ist, hat sich in der Praxis die Bestellung von Brandschutzbeauftragten bewährt. Der Brandschutzbeauftragte sollte eine mehrjährige Praxis im Vorbeugenden Brandschutz besitzen und/oder eine ausreichende Ausbildung im Vorbeugenden Brandschutz haben. Vergleichbar den Fachkräften für Arbeitssicherheit sollte der Brandschutzbeauftragte unmittelbar der Leitung des Werkes oder Betriebes unterstellt sein, für dessen Brandschutz er zuständig ist. Zu allen den Brandschutz betreffenden Fragen des Unternehmens -auch bei der Planung -sollte er gehört werden. Zu seinen Aufgaben und Pflichten gehört das Erkennen von Gefahren sowie ihre Beurteilung. Er hat dafür zu sorgen, dass sie beseitigt und Schäden möglichst gering gehalten werden. Unter den Bedingungen, die bei einem Brand herrschen, kann aus unbedenklichen Stoffen, gelagerten Gegenständen, Arbeitsmitteln (z. B. Kopierer) oder Bauteilen eine Vielfalt an Verbrennungsprodukten und Rückständen entstehen, deren Gefahrenpotenzial nur sehr schwierig einzuschätzen ist. Mit den daraus folgenden Anforderungen an den Umweltschutz, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Personen, die die Sanierungsarbeiten an den Brandstellen durchführen, befasst sich die GDV-Richtlinien zur Brandschadensanierung -VdS 2357 (05). Die VdS Schadenverhütung ist ein Unternehmen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Die Richtlinien VdS 2357 wurde im Oktober 2007 neu strukturiert und grundlegend überarbeitet. Sie berücksichtigen die Vorgehensweisen und Schutzkonzepte der Gefahrstoff-und Biostoffverordnung sowie der zugeordneten technischen Regeln zur Gefährdungsbeurteilung (TRGS 400 "Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen", TRBA 400 "Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und für die Unterrichtung der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen", etc.) und die Festlegung von Schutzmaßnahmen. Zusätzlich berücksichtigen die Richtlinien die Aufgaben und Verantwortlichkeiten, die sich aus der Baustellen-Verordnung und der BGR 128 "Arbeiten in kontaminierten Bereichen" ergeben. Demnach entspricht die Richtlinien VdS 2357 (05) Einer der ersten Schritte ist die unverzügliche Meldung des Schadenfalles an den zuständigen Versicherer. Insbesondere bei Bränden mit höherem Gefahrenpotenzial kann dies entscheidenden Einfluss auf die gesamte Schadenabwicklung haben. Diese frühzeitige Meldung des Schadenfalles versetzt den Versicherer in die Lage, rechtzeitig zu reagieren und dadurch u. a. sicherzustellen, dass eine rasche und qualifizierte Beurteilung der Schadensituation vor Ort durch den Versicherer veranlasst werden kann (Abb. 10.9). Vor Beginn der Sanierungsarbeiten sind unterschiedliche Bewertungen vorzunehmen und Entscheidungen zu treffen. In der Regel hat der Betroffene hierzu professionelle Hilfe wie etwa durch den Versicherer, durch Sachverständige oder Sanierungsunternehmen nötig. Nur mit dieser Hilfe kann das Unternehmen schnellstmöglich wieder die Produktion aufnehmen und den Verlust von Vertrauen und einen Imageschaden verhindern. Letztendlich könnte dies auch zum Verlust der Kunden und somit der wirtschaftlichen Grundlage führen. Auf Basis der Erstbegehung durch die o. a. Experten erfolgt die Einteilung der Brandstelle in die Gefahrenbereiche. In allen Betrieben und auf Baustellen muss Erste-Hilfe-Material bereitgehalten werden. Geeignetes Erste-Hilfe-Material ist z. B. im kleinen Verbandkasten nach DIN 13157 sowie im großen Verbandkasten nach DIN 13169 enthalten. In Abhängigkeit von der Betriebsart und Zahl der Versicherten gelten für die Ausstattung mit Verbandkästen die in der folgenden Tabelle aufgeführten Richtwerte. Die Verbandkästen sollen auf die Arbeitsstätten so verteilt sein, dass sie von ständigen Arbeitsplätzen höchstens 100 m Wegstrecke oder höchstens eine Geschosshöhe entfernt sind. Sie sollen überall dort aufbewahrt werden, wo die Arbeitsbedingungen dies erfordern. Im Zuge der Globalisierung verstärken immer mehr Unternehmen ihr Auslandsgeschäft. Die Zahl der Auslandseinsätze der Mitarbeiter nimmt ständig zu. Jedoch werden die Risiken, die damit verbunden sind, häufig einfach ausgeblendet. Es wird zu oft leichtfertig mit dem höchsten Gut eines Unternehmens, den Mitarbeitern, umgegangen, obwohl die Risiken ständig zunehmen. Unternehmen, die Mitarbeiter ins Ausland entsenden, müssen regionsabhängig stets mit Naturereignissen wie Erdbeben, Seuchen wie SARS, Vogelgrippe oder Dengue-Fieber, Terror und kriminellen Akten wie Bombenanschlägen oder Entführungen rechnen. Erstaunlich sei auch, dass Unternehmen sich häufig nur um das Visum und die Schutzimpfungen des Entsendungspersonals kümmern, nicht aber um eine umfassende Sicherheitsvorsorge. Dabei umfasst ein gutes Basis-Schutzpaket weitaus mehr Aspekte. Die richtige Personalauswahl vor der Entsendung, die arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung incl. reisemedizinischer Beratung, die Einweisung in das jeweilige Land und dessen landesspezifischen Gefahren, die Unterstützung bei der Unterkunftssuche, die Auswahl geeigneter Kontaktpersonen vor Ort und eine gesicherte Ansprechbarkeit der Unternehmens rund um die Uhr müssen unbedingt berücksichtigt werden. Für den Ernstfall sind jedoch noch zu wenig Unternehmen professionell vorbereitet. Sie verlassen sich offensichtlich nur auf die Geschicke des Außenministeriums. Die Pandemie-Planung hat inzwischen auch viele Betriebe erreicht. Für die Weltgesundheitsorganisation ist der Ausbruch einer Grippe-Pandemie nur eine Frage der Zeit. Experten rechnen damit, dass in diesem Fall rund 30 % der Arbeitnehmer ausfallen. Eine Pandemie ist eine weltumspannende Epidemie. Erste Pandemien sind bereits seit der Antoninischen Pest (ca. 165-167 n. Chr.) tatsächlich belegt. Neben einer durch Influenzaviren verursachten Pandemie zählt z. B. auch AIDS zu dieser Kategorie, das (seit 1980) bisher etwa 25 Mio. Todesopfer forderte. Im 20. Jahrhundert ereigneten sich drei Influenzapandemien: Die "Spanische Grippe" 1918-1920 (bis zu 50 Mio. Tote), die "Asiatische Grippe" 1957 (ca. 1 Mio. Tote) und die "Hong Kong Grippe" 1968 mit etwa 700.000 Toten. Basis einer rationalen Planung ist ein gutes Verständnis der saisonalen, aviären und pandemischen Influenza. Die Trennung dieser Entitäten ist wichtig, gerade weil sie in der Öffentlichkeit nicht immer klar vollzogen wird. Seit 1978 zirkulieren Viren zweier Influenza A Subtypen (H1 und H3) sowie des Typs B in der menschlichen Bevölkerung und rufen die saisonale Grippe hervor. Der Anteil der Virustypen bzw. Subtypen an den Influenza-Erkrankungen schwankt von Jahr zu Jahr, die Saison 2005/06 war z. B. von Influenza B-Viren dominiert und relativ schwach, während in der Saison 2004/05 Influenza A/H3N2-Viren vorherrschten und eine viel stärkere (und für das Gesundheitssystem folgenreichere) Grippewelle verursachten. Typischerweise baut sich eine saisonale Welle, häufig im Süden beginnend, in wenigen Wochen auf, bevor ganz Deutschland erfasst ist. Die Hierbei handele es sich um optimistische Schätzungen, da man hierbei von einer Pathogenität der "Honk Kong-Grippe" ausgegangen ist und nicht von der höheren Pathogenität der "Spanischen Grippe". Welcher Betrieb kann einen so hohen Ausfall im Bereich Human Ressources verkraften? Wie viele Betriebe haben sich darauf vorbereitet? Wer denkt auch an die angehörigen seiner Mitarbeiter? Kein Familienvater wird in dieser Situation mit seinen Gedanken im Betrieb sein wenn er überhaupt zur Arbeit kommt (siehe Anlage 2). Abb. 10.10 Chancenpotenziale bei Unternehmenskrisen. (Pachurka und Siegmann 2007) (BCP)) ist als "Geschäftsaufrechterhaltungs-und -fortsetzungsplanung" Bestandteil des Risikomanagements und indirekt aus dem KonTraG abzuleiten (Keitsch 2004) . Hiefür sind präventiv im Rahmen des BCM Betriebsaufrechterhaltungs-und -fortsetzungsprozeduren zu entwickeln und zu trainieren um die Unternehmenswerte proaktiv zu schützen. Im Bereich des BCM gibt es einen internationalen Standard, den ISO/PAS 22399:2007-12 "Societal security -Guideline for incident preparedness and operational continuity management" (Sicherheit und Schutz des Gemeinwesens -Leitfaden für Planung, Vorbereitung und operationelle Kontinuität), der einige Hilfestellungen bietet (Abb. 10.11). Viele der Betriebsprozesse erstrecken sich entlang der logistischen Wertschöpfungskette (Supply Chain): Die besonderen Eigenschaften des (Gesamt-)Systems "Supply Chain" ergeben sich dabei aus dem spezifischen dynamischen Zusammenwirken der Lieferkettenglieder. Der Begriff des "Supply Chain Management (SCM)" wurde Anfang der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts in den USA geprägt. Hier entstand der Gedanke der Integration von verschiedenen Unternehmensaktivitäten. In den 90er Jahren rückte der Begriff vermehrt in den Bereich der Logistik. Aus der Perspektive des SCM folgt die Logistik einem prozessorientierten Ansatz. Übersetzen lässt sich SCM mit dem Management von Versorgungsketten, Lieferketten bzw. Wertschöpfungsketten. Daran wird sofort erkennbar, welches Krisenpotenzial hier zu finden ist. Durch das "Issues Management" hat ein Unternehmen oder Organisation also die Möglichkeit, schnell, flexibel und vor allem sensibel auf jede Nachricht und Entwicklung zu reagieren, die für die Identität und Wahrnehmung der Unternehmensmarke wichtig ist und bei Nichtbeachtung Krisenpotenzial entwickeln kann. Das Issue Management lässt sich dabei in fünf Phasen unterteilen: "Scanning": Die Identifikation von Issues als grundlegende und somit fast schon wichtigste Phase "Issues Monitoring": Analyse und Beobachtung der öffentlichen Meinung und Medien (dazu zählen mittlerweile natürlich auch die "Social Media") "Strategic issue diagnosis": Die strategische Prüfung und Einstufung "Message Formating": Wahl der grundlegenden Reaktion/Antwort auf strategische Issues. Hierbei kann noch mal zwischen einem proaktivem und reaktivem Vorgehen unterschieden werden "Incorporation into strategic plan": Integration in die strategische Planung Issues durchlaufen im öffentliche Fokus einen Lebenszyklus: Je weiter das Issue in seinem Lebenszyklus voranschreitet, desto geringer wird gleichzeitig die Einflussmöglichkeit des betroffenen Unternehmens. In den USA gilt das Issues Management mittlerweile als Selbstverständlichkeit, in Deutschland hingegen hinkt man dieser Entwicklung noch hinterher. Im Zeitalter des Internets bieten spezialisierte Firmen z. T. bereits ein professionelles "Online-Monitoring" an. Sie durchsuchen dabei regelmäßig im Auftrag ihres Kunden das Internet nach bestimmten Begriffen und Begriffskombinationen, die in den Interessenbereich des Kunden fallen und können so frühzeitig auf Entwicklungen mit Krisenpotenzial hinweisen. Nach Angaben des PR-Trendmonitor September 2010 (Faktenkontor GmbH) führten 50 bis 60 % der Pressestellen bzw. Agenturen bereits ein regelmäßiges Webmonitoring für Ihre Unternehmen bzw. Kunden durch. Die gleiche Studie ergab, dass die Pressestellen und Agenturen die "Social media allgemein" als aktuelle Top-No.-1-Herausforderung auch für sich selbst ansahen. Auch kleine und mittlere Unternehmen sollten zumindest die regionalen Medien und Fachzeitschriften ihrer Branche regelmäßig beobachten. Es ist kein großer Aufwand sich von einem Mitarbeiter des Unternehmens einen wöchentlichen Pressespiegel zusammenzustellen zu lassen zu allen relevanten Themen, die das Unternehmen betreffen. Heutzutage hat fast jedes Unternehmen eine eigene Internetpräsenz (Abb. 10.13). Viele nutzen diese Präsenzen auch, um in Krisensituationen schnell reagieren zu können. Krisen laufen fast immer unter einem enormen Zeitdruck ab. Unternehmen sollten daher schon im "Normalzustand" im Rahmen ihrer Krisenprävention z. B. so genannte "Dark-Sites" vorbereiten (Abb. 10.14). Hierbei handelt es sich um Webseiten mit Hintergrundinformationen über das Unternehmen und seine Produkte, die im Krisenfall freigeschaltet werden. Der Wert solcher "Dark Sites" ergibt sich aus unterschiedlichen Aspekten. Einerseits können sich Journalisten, Anwohner und die Öffentlichkeit unmittelbar über die Ereignisse informieren, andererseits dokumentiert das Unternehmen durch die schnelle Reaktion im Internet, dass es die Ereignisse ernst nimmt. Der Verdacht, etwas würde verharmlost und vertuscht, kommt somit gar nicht erst auf. Auch bekommen die Journalisten "Futter", sie brauchen sich keine Informationen ausdenken, sondern können auf fertige Texte und Bilder zurückgreifen. "Klassiker" wie die Suchmaschine "Google" beschreiten in der Krisenkommunikation neue interaktive Wege: Nach dem verheerenden Erdbeben in Japan wurden etliche Menschen vermisst und mit dem "Person Finder" konnte vielen geholfen werden, Informationen über den Aufenthaltsort oder Gesundheitszustand der Vermissten in Erfahrung zu bringen (http://google.org/personfinder/global/home.html). Dieses Beispiel zeigt, welche innovativen Möglichkeiten sich auch im Katastrophenschutz durch die neuen Anwendungen bieten. Zwischenfälle, die Betriebsabläufe stören oder Unternehmen schädigen, treten häufig auf. Notfälle ereignen sich seltener, Katastrophen sind die Ausnahme. Außergewöhnliche Ereignisse können ein Unternehmen jederzeit treffen. Sie können plötzlich eintreten, oder sich langsam anbahnen. Man kann sich von ihnen überraschen lassen, oder man kann glauben, darauf vorbereitet zu sein. Die Auswirkungen können in beiden Fällen verheerend sein. Viele Unternehmen sind auf unerwartete Ereignisse nicht ausreichend vorbereitet. Beim Eintritt eines Ernstfalls sind nicht nur technische Anlagen und die Funktionsfähigkeit des Unternehmens bedroht sondern auch das Leben von Menschen. Zwischenfälle, Notfälle und Katastrophen wie zum Beispiel Naturereignisse, Sabotageakte oder Terroranschläge treten in unterschiedlicher Ausprägung, zu jeder Tages-und Nachtzeit sowie meist vollkommen unerwartet auf. Nicht immer kann man alle Ursachen vorhersehen, wohl aber deren Folgen für das Unternehmen. Die Auswirkungen von Notfällen und Katastrophen können für Unternehmen erheblich sein und im schlimmsten Fall zu einer existenzbedrohenden Krise führen. Ein Krisenmanagement ist optimal, um sich und seine Mitarbeiter bereits im Vorfeld auf solch außergewöhnliche Situationen vorzubereiten. Ziel ist es, Ausfallwahrscheinlichkeiten zu reduzieren und Handlungsfähigkeiten zu gewährleisten. Technische Krisenprävention" Verlag Technik und Information Krisen erkennen, bewältigen und vorbeugen -Unternehmenswerte proaktiv schützen Lexikon Risiko-Management Weiterführende Literatur Krisenmanagement -Strategien im Krisen-und Notfallmanagement Belfor international journal Information Security Management Gefährdungs-/Belastungsanalysen, In: arbeitsmedizin und arbeitsschutz aktuell Systematik zur Durchführung von Gefährdungsanalysen, Verlag für neue Wissenschaft GmbH Schutz von Unternehmenswerten durch Krisenmanagement Günter Schulz, Prof. Bernd Tenckhoff -Vernetztes Betriebssicherheitsmanagement als Teil der Unternehmensstrategie für die Zukunft -Sicherheitsingenieur Ganzheitliche Anforderungen erfordern ganzheitliche Systeme -DGUV Forum Gefährdungsbeurteilung und Risikomanagement. Ecomed sicherheit