key: cord-0037631-alhbqz01 authors: Salzberger, Bernd title: Intensivtherapie bei HIV-Infektion date: 2011-05-09 journal: Die Intensivmedizin DOI: 10.1007/978-3-642-16929-8_66 sha: 73589d0a856799d1a30d7e31c2d98589971812e8 doc_id: 37631 cord_uid: alhbqz01 In den ersten Jahren der AIDS-Epidemie war die Behandlung von HIV-assoziierten Komplikationen mit einer ICU-Mortalität von 80–90% verknüpft [6]. Mit der rascheren Diagnose und besseren Therapie zuerst der opportunistischen Erkrankungen und der HIVInfektion verbesserte sich die Prognose deutlich [9]. Heute ist die Langzeitprognose HIV-infizierter Patienten mit einer wirksamen antiretroviralen Therapie am ehesten vergleichbar mit der anderer chronischer Erkrankungen [1]. In den ersten Jahren der AIDS-Epidemie war die Behandlung von HIV-assoziierten Komplikationen mit einer ICU-Mortalität von 80-90% verknüpft [6] . Mit der rascheren Diagnose und besseren Therapie zuerst der opportunistischen Erkrankungen und der HIV-Infektion verbesserte sich die Prognose deutlich [9] . Heute ist die Langzeitprognose HIV-infizierter Patienten mit einer wirksamen antiretroviralen Therapie am ehesten vergleichbar mit der anderer chronischer Erkrankungen [1] . Damit hat sich auch das Spektrum der zum Intensivaufenthalt führenden Erkrankungen geändert: Opportunistische Erkrankungen sind seltener und nicht-HIV-assoziierte, wie z. B. kardiovaskuläre Erkrankungen, häufiger geworden. Da sich die intensivmedizinische Betreuung von HIV-infizierten Patienten bei diesen Erkrankungen nicht von denen anderer Patienten unterscheidet, werden hier nur die spezifisch HIV-assoziierten Erkrankungen behandelt. Opportunistische Erkrankungen sind durch die moderne antiretrovirale Therapie sehr viel seltener geworden, sie treten jedoch immer noch als Primärmanifestation der HIV-Infektion auf und führen dann auch häufig zu einem schweren und intensivpflichtigen Verlauf [12] . Patienten, deren HIV-Infektion erst durch schwere Komplikationen oder bei weit fortgeschrittenem Immundefekt entdeckt wird, machen einen Anteil von ca. 25% aller Erstdiagnosen der HIV-Infektion aus. Die Diagnose der HIV-Infektion kann durch Nachweis von Antikörpern oder Virusbestandteilen erfolgen. Sie wird in der Regel gestellt mittels eines ELISA-Tests, der HIV-1-und HIV-2-Antikörper sowie HIV-Antigen nachweisen kann. Die sehr hohe Sensitivität des ELISA bedingt eine niedrige Spezifität, deshalb ist eine Bestätigung im Immunfluoreszenz-bzw. Western-Blot-Test notwendig. Ein direkter Virusnachweis mittels PCR, besonders bei unklarer Serologie und Verdacht auf Primärinfektion, kann ebenfalls die Diagnose sichern. [11] . Bei schweren Komplikationen durch eine primäre HIV-Infektion kann eine antiretrovirale Therapie erwogen werden, eine Verbesserung der Langzeitprognose durch einen derart frühen Therapiebeginn ist bisher jedoch nicht nachgewiesen [4] . Antiretrovirale Therapie auf der Intensivstation Eine Therapie der HIV-Infektion ist mit dem Auftreten einer opportunistischen Erkrankung klar indiziert, ebenso beim Auftreten HIV-assoziierter Symptome. Eine weitere Indikation ist bei asymptomatischen Patienten beim Unterschreiten der Grenze von 350 CD4/mcl gegeben [4] . Kurz nach Einführung der antiretroviralen Kombinationstherapie wurden bei einigen Patienten unübliche klinische Verläufe von opportunistischen Erkrankungen unter einer eingeleiteten antiretroviralen Therapie beobachtet. Mittlerweile sind solche Verläufe für nahezu alle opportunistischen und sogar für Autoimmunerkrankungen beschrieben. Allen diesen Verläufen ist eine paradoxe klinische Verschlechterung nach Beginn einer antiretroviralen Therapie gemein, z. B. einer Verschlechterung einer Tuberkulose oder auch das Auftreten einer neuen opportunistischen Infektion bzw. einer Autoimmunerkrankung. Alle diese Verläufe werden unter dem Begriff des inflammatorischen Immunrekonstitutionssyndroms (IRIS) zusammengefasst. Das Risiko eines IRIS ist besonders hoch, wenn der initiale Immundefekt schwer war und der Zeitpunkt des Auftretens mit einem raschen Anstieg der CD4-Zellzahl im Blut korreliert. Nach dem Verlauf und den gemessenen Zytokinmustern muss am ehesten von einer Aktivierung des angeborenen Immunsystems ausgegangen werden. Welcher genaue Pathomechanismus diesem Syndrom zugrunde liegt, ist aber bisher ungeklärt. Am häufigsten ist eine solche paradoxe klinische Verschlechterung beim Vorliegen einer Tuberkulose, sie kann jedoch auch die Therapie einer PcP komplizieren [2] . Eine prophylaktische Therapie mit Glukokortikoiden reduziert das Risiko und den Schweregrad des IRIS bei gleichzeitiger Tuberkulose, kann aber nicht generell empfohlen werden. Bei einer Verschlechterung einer opportunistischen Infektion im zeitlichen Zusammenhang mit der Einleitung einer antiretroviralen Therapie muss neben einem Therapieversagen auch das Auftreten eines IRIS in Betracht gezogen werden. Die Standardtherapie ist hochdosiertes Cotrimoxazol, alternativ Pentamidin (. Tab. 66.4) . Bei schweren Verläufen verbessert eine adjuvante Therapie mit Glukokortikoiden die Prognose. Ob bei Nachweis von CMV in der BAL eine antivirale Therapie sinnvoll ist, ist nicht klar.Viele Experten sind jedoch der Ansicht, dass dies nicht notwendig und aufgrund der zusätzlichen Toxzität auch nicht sinnvoll ist. Generell sind genuine CMV-Pneumonien bei der HIV-Infektion eine extreme Rarität und auch deshalb der pathogenetische Wert eines Nachweises von CMV-Virus oder -DNA in der BAL in dieser Situation unklar. Als Komplikation sind bei der PcP häufig Pneumatozelen vorhanden, die für einen Pneumothorax prädisponieren. Obwohl hierfür keine speziellen Studien vorhanden sind, sollte eine Beatmung bei PcP nach den gängigen Standards des ARDS (mit niedrigen Tidalvolumina) erfolgen [3, 8] Die Häufigkeit von bakteriellen Pneumonien ist bei der HIV-Infektion deutlich erhöht. Die häufigsten Erreger sind S. pneumoniae und H. influenzae. Da hier P. aeruginosa und S. aureus häufige Pathogene sind, sollten diese Erreger bei der empirischen Therapie ebenfalls berücksichtigt werden [3, 8] . Andere spezifische Ursachen für ein respiratorisches Versagen bei HIV-infizierten Patienten können eine Infektion mit M. tuberculosis (7 Kap. 65), Pilzpneumonien, ein Non-Hodgkin-Lymphom, . Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie Eine wichtige adjuvante Therapiemaßnahme bei der Kryptokokkenmeningitis ist die Therapie des meist deutlich erhöhten Liquordrucks durch Punktion nach Druckmonitoring [3] . Virale Enzephalitiden können durch das assoziierte Koma oder andere schwere neurologische Störungen zur Aufnahme auf die Intensivstation führen. Hier sind v. a. Enzephalitiden mit JC-Virus, CMV, HSV und VZV zu nennen. Während die Enzephalitiden durch Herpesviren häufiger Anfälle und schwere Bewusstseinsstörungen verursachen, präsentiert sich die JC-Virusenzephalitis (auch progressive multifokale Leukenzephalopathie, PML) häufiger mit kognitiven und fokalen neurologischen Störungen. Der Nachweis der Erreger gelingt durch Liquorpunktion und PCR. In der Bildgebung zeigen sich bei den Enzephalitiden durch Herpesviren meist einzelne fokale Läsionen, während die ausgeprägten entzündlichen Veränderungen bei der PML fast pathognomonisch sind. Die Enzephalitiden mit HSV und VZV werden nach den bekannten Schemata behandelt, für die Therapie der CMV-Enzephalitis ist Ganciclovir die 1. Wahl, Foscarnet und Cidofovir sind Alternativen. Eine Therapie der PML ist nicht durch Studien etabliert, in vitro wirkt Cidofovir auf JC-Virus. Eine genuine HIV-Enzephalopathie ist v. a. durch schwerste kognitive Einbußen apparent. Im Liquor zeigt sich ein hoher Nachweis von HIV-RNA und in der Bildgebung eine ausgeprägte Erweiterung der äußeren und inneren Liquorräume. Die Therapie der Wahl ist die antiretrovirale Therapie, durch die oft eine fast vollständige Remission der Klinik erzielt werden kann [3] . Gastrointestinale Blutungen und seltener Perforationen können durch CMV-Ulzerationen im Ösophagus, Magen, Kolon und seltener Dünndarm auftreten. Endoskopisch zeigen sich ausgestanzte multiple Ulzerationen. Blutungen können ebenfalls durch Schleimhautbefall von Kaposi-Sarkomen entstehen. Eine Remission mukokutaner Kaposi-Sarkome kann durche eine antiretrovirale Therapie weitestgehend gelingen. Nur bei Progression bzw. Nichtansprechen sollte eine zytostatische Therapie angewandt werden. Hepatitiskoinfektionen v. a. mit HCV sind bei der HIV-Infektion häufig und mit einer rascheren Progression zum Leberversagen verbunden. Die Behandlung von hepatologischen Komplikationen unterscheidet sich jedoch nicht von der anderer Patienten, eingeschlossen die Lebertransplantation als Ultima ratio Andere Komplikationen Hämatoonkologische Manifestationen der HIV-Infektion können ebenfalls zum Intensivaufenthalt führen. Das Risiko für Non-Hodgkin-Lymphome ist für nicht antiretroviral behandelte HIV-infizierte Patienten ungefähr um das 200-Fache erhöht. Spezielle Formen, die bei der HIV-Infektion häufiger sind, beinhalten das primäre Pleura-bzw. peritoneale Lymphom, das mit HHV-8 assoziiert ist. Ebenso HHV-8-assoziiert ist das Kaposi-Sarkom, das neben Hautund Schleimhäuten auch innere Organe Life expectancy of individuals on combination antiretroviral therapy in high-income countries: a collaborative analysis of 14 cohort studies Immune reconstitution syndromes in human immuno-deficiency virus infection following effective antiretroviral therapy Treating Opportunistic Infections Among HIV Infected Adults and Adolescents Leitlinien zur antiretroviralen Therapie im Erwachsenenalter Postexpositionelle Prophylaxe der HIV-Infektion Severe pulmonary infections in AIDS patients Management of patients with HIV in the intensive care unit Improved survival with highly active antiretroviral therapy in HIV-infected patients with severe Pneumocystis carinii pneumonia Interactions among drugs for HIV and Opportunistic Infections Severe clinical manifestations of primary HIV infection Characteristics and outcomes of HIV-infected patients in the ICU: impact of the highly active antiretroviral treatment era Deutsche AIDS-Gesellschaft e. V. mit Therapieleitlinien und vielen weiteren Informationen Webbasiertes Lehrbuch zu HIV und Aids Expertensystem mit Informationen zu Resistenzen und Interaktionen bei HIV und Aids