key: cord-0037375-d3mamihs authors: Devrient, Uwe; Wilhelm, Wolfram title: Seltene Infektionen und Hygiene auf der Intensivstation date: 2013-04-04 journal: Praxis der Intensivmedizin DOI: 10.1007/978-3-642-34433-6_28 sha: 6f23cfa8e7ef716550e2e76006c0e05c10cc90c3 doc_id: 37375 cord_uid: d3mamihs Ein Patient wird seit 2 Wochen auf der Intensivstation aufgrund einer infektexazerbierten chronisch obstruktiven Lungenerkrankung beatmet. Der Verlauf wurde durch eine nosokomiale Pneumonie kompliziert. Bei der Morgenvisite wird berichtet, dass der Patient innerhalb der letzten 2 h 4-mal massiv wässrig abgeführt hat. Die Temperatur beträgt 38,7°C, die Leukozyten 16.000/μl. Der Intensivarzt und seine Oberärztin besprechen die möglichen Ursachen und überlegen, ob spezielle Hygienemaßnahmen erforderlich sind. Ein Patient wird seit 2 Wochen auf der Intensivstation aufgrund einer infektexazerbierten chronisch obstruktiven Lungenerkrankung beatmet. Der Verlauf wurde durch eine nosokomiale Pneumonie kompliziert. Bei der Morgenvisite wird berichtet, dass der Patient innerhalb der letzten 2 h 4-mal massiv wässrig abgeführt hat. Die Temperatur beträgt 38,7°C, die Leukozyten 16.000/μl. Der Intensivarzt und seine Oberärztin besprechen die möglichen Ursachen und überlegen, ob spezielle Hygienemaßnahmen erforderlich sind. Auch wenn auf der Intensivstation die Erhaltung vitaler Funktionen gegenüber der Ausschaltung von Infektionsgefahren Priorität hat, müssen die Grundregeln der Hygiene immer beachtet werden. Seltene Ausnahmen sind zu dokumentieren und dem übernehmenden Personal mitzuteilen. Für das Personal der Intensivstation soll eine Schulung und regelmäßige Nachschulung in Grundfragen der Infektionsprophylaxe durchgeführt werden. Eine wesentliche Bedeutung haben die sog. Standardhygiene und die allgemeinen Vorsichtsmaßnahmen. Hierunter werden alle Maßnahmen der Infektionskontrolle zusammengefasst, die im Umgang mit Patienten berücksichtigt werden sollen (unabhängig davon, ob eine Infektion bekannt ist oder nicht) und die gleichzeitig auch bei den meisten Infektionen einen ausreichenden Schutz bieten. j Dispositionsprophylaxe Alle Möglichkeiten der aktiven Immunisierung (Impfung) sollen ausgeschöpft werden, um prinzipiell vermeidbare Infektionsrisiken auszuschalten. Unter die Infektionskategorie C-II fallen alle Patienten, bei denen auch nur der bloße Verdacht auf eine Infektionskrankheit mit besonders gefährlichen Erregern besteht wie z. B. hämorrhagisches Fieber (Lassa, Ebola), Pocken, Pest, Lungenmilzbrand oder schweres akutes respiratorisches Syndrom (SARS). Bei Patienten der Infektionskategorie C-II sind neben den Standardhygiene-und Vorsichtsmaßnahmen weitere Hygienemaßnahmen erforderlich. Es wird nach Hygieneplan vorgegangen, alle Maßnahmen werden mit dem zuständigen Gesundheitsamt, dem Krankenhaushygieniker und der Krankenhausleitung abgesprochen. Erste Schutzmaßnahmen für das Personal sind: 4 Einmalschutzanzug Kategorie III, 4 Mund-Nasen-Schutz mindestens FFP 2, besser FFP 3, 4 Schutzbrille (für Brillenträger geeignet), 4 Handschuhe (nicht steril). Auch der Patient erhält möglich einen Mund-Nasen-Schutz der Klasse FFP 2. Diese Maske darf auf keinen Fall ein spezielles Ausatemventil besitzen, denn dann wäre die Schutzwirkung für die Umgebung nicht gegeben. Hierunter werden alle Patienten zusammengefasst, die in besonderem Maße infektionsgefährdet sind, z. B. durch Verbrennungen, Immunsuppression, Leukopenie, Neutropenie, Agranulozytose oder Organtransplantation. Während bei den Patienten der Infektionskategorie C-I und C-II Isolationsmaßnahmen erforderlich sind, um die anderen Patienten zu schützen, kann bei den Patienten der Infektionskategorie D eine sog. »Umkehrisolierung« erforderlich werden: Diese Patienten werden von der normalen Umgebung isoliert mit dem Ziel, Infektionserkrankungen zu vermeiden. Bei Nadelstichverletzungen können verschiedenste infektiöse Erreger übertragen werden; insbesondere sind dies die Hepatitisviren B (HBV) und C (HCV) sowie das humane Immundefizienzvirus (HIV). Das Risiko von Nadelstichverletzungen steigt in Notfallsituationen. Die wichtigste Verordnung zur Minimierung von Nadelstichverletzungen ist die TRBA 250 (Technische Regel für biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege). Maßnahmen nach Verletzung Als Sofortmaßnahme sollte der verletzte Mitarbeiter die Stichwunde »auspressen«, damit möglichst das Blut aus der Verletzungsstelle herausläuft und die potenzielle Viruslast reduziert wird. Gleichzeitig soll die Verletzungsstelle mehrfach desinfiziert werden, z. B. mit alkoholischer Hautdesinfektionslösung. Der verletzte Mitarbeiter stellt sich sofort beim D-Arzt des Krankenhauses (in der chirurgischen Ambulanz) vor, gleichzeitig wird sowohl dem verletzten Mitarbeiter als auch dem Patienten unverzüglich Blut entnommen und auf HIV, Hepatitis B und C untersucht. Dadurch werden der Impfstatus des Betroffenen und die Infektiosität des Patienten überprüft. Ist der Patient HIV-positiv, wird möglichst rasch eine medikamentöse Postexpositionsprophylaxe durchgeführt. Bei einer Hepatitis-B-Infektion wird bei nicht vorhandenem Impfschutz des Mitarbeiters simultan eine Impfung durchgeführt und Hepatitis-B-Immun-globulin verabreicht. Ist ein niedriger Impftiter vorhanden, genügt die Impfung; ist der Titer ausreichend, ist diese nicht notwendig. Gegen Hepatitis C existiert keine Impfung. Bei einer Inokulation von Hepatitis-Cpositivem Material wird keine sofortige Postexpositionsprophylaxe empfohlen, jedoch regelmäßige Laborkontrollen; ggf. wird dann eine antivirale Therapie eingeleitet. Staphylococcus aureus (MRSA) Details zu Infektionsrate, Screening, speziellen Hygienemaßnahmen u.v.a.m. kann man direkt der RKI-Empfehlung entnehmen (7 Literatur). Noroviren wurden früher als Norwalk-ähnliche Viren bezeichnet und sind weltweit verbreitete RNA-Viren, von denen es 5 Genotypgruppen und über 20 Subtypen gibt. Sie sind aufgrund ihrer Struktur sehr umweltresistent und verbreiten sich hauptsächlich im Winterhalbjahr. Infektionen können aber das ganze Jahr über auftreten. Die Namentlich ist bei folgenden Krankheitserregern, soweit nicht anders bestimmt, der direkte oder indirekte Nachweis zu melden, soweit die Nachweise auf eine akute Infektion hinweisen: 1. Adenoviren; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis im Konjunktivalabstrich Campylobacter sp., darmpathogen 6. Chlamydia psittaci Coxiella burnetii 10. Cryptosporidium parvum 11. Ebolavirus 12. Escherichia coli a. enterohämorrhagische Stämme (EHEC) b. sonstige darmpathogene Stämme 13. Francisella tularensis 14. FSME-Virus 15. Gelbfiebervirus 16. Giardia lamblia 17. Haemophilus influenzae; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Liquor oder Blut 18 Hepatitis-D-Virus 23. Hepatitis-E-Virus 24. Influenzaviren Liquor oder anderen normalerweise sterilen Substraten sowie aus Abstrichen von Neugeborenen 29. Marburgvirus 30. Masernvirus 31. Methicillinresistenten Staphylococcus aureus (MRSA) aus Blut und Liquor 32. Mycobacterium leprae 33. Mycobacterium tuberculosis/africanum, Mycobacterium bovis; Meldepflicht für den direkten Erregernachweis sowie nachfolgend für das Ergebnis der Resistenzbestimmung; vorab auch für den Nachweis säurefester Stäbchen im Sputum 34. Neisseria meningitidis; Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Liquor Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Stuhl 3 Satz 1 oder 3 zu erfolgen. 2. Namentlich sind in dieser Vorschrift nicht genannte Krankheitserreger zu melden, soweit deren örtliche und zeitliche Häufung auf eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit hinweist Nichtnamentlich ist bei folgenden Krankheitserregern der direkte oder indirekte Nachweis zu melden: 1. Treponema pallidum 2. HIV 3. Echinococcus sp Toxoplasma gondii; Meldepflicht nur bei konnatalen Infektionen Die Meldung nach Satz 1 hat gemäß § 8 Abs. 1 Nr Zur Meldung oder Mitteilung sind verpflichtet: 1. im Falle des § 6 der feststellende Arzt; in Krankenhäusern oder anderen Einrichtungen der stationären Pflege ist für die Einhaltung der Meldepflicht neben dem feststellenden Arzt auch der leitende Arzt, in Krankenhäusern mit mehreren selbständigen Abteilungen der leitende Abteilungsarzt im Falle des § 7 die Leiter von Medizinaluntersuchungsämtern und sonstigen privaten oder öffentlichen Untersuchungsstellen einschließlich der Krankenhauslaboratorien Nach jedem Patientenkontakt erfolgt -wie immer -eine Händedesinfektion, anschließend werden die Hände und Arme ausgiebig gewaschen. Der Intensivpatient wird in einem Einzelzimmer isoliert, und es werden frische Stuhlproben zur Analyse der Toxine A und B gekühlt ins Labor gesandt. Anschließend wird aufgrund des Risikoprofils des Patienten sofort mit einer Antibiotikatherapie mit Metronidazol 3×500 mg i.v. plus Vancomycin 4×250 mg enteral begonnen Krankenhaushygiene -Ausbruchmanagement bei nosokomialen Infektionen Medizinische Wirksamkeit und Kosteneffektivität von Präventions-und Kontrollmaßnahmen gegen Methicillin-resistente Staphylococcus aureaus (MRSA)-Infektionen im Krankenhaus. Schriftenreihe Health Technology Assessment (HTA) in der Bundesrepublik Deutschland Clostridium difficile infection Clostridium difficile -state of the art Prävention der Ausbreitung von multiresistenten gramnegativen Erregern. Vorschläge eines Experten-Workshops der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie Association between azithromycin therapy and duration of bacterial shedding among patients with Shiga toxin-producing enteroaggregative Escherichia coli O104:H4 Hygienemaßnahmen bei Infektionen oder Besiedlung mit multiresistenten gramnegativen Stäbchen. Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert-Koch-Institut (RKI) Clostridium difficile-assoziierte Diarrhö Das hämolytisch-urämische Syndrom Publikationsserver des Robert-Koch-Instituts mit vielfältigen Publikationen des RKI, u. a. auch der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention Internetauftritt des Verbunds für angewandte Hygiene e.V., bei dem u. a. die Desinfektionsmittelkommission angesiedelt ist Hier finden sich die Informationen zur Händehygiene und der Aktion »Saubere Hände« Internetlinks www.lzg.gc.nrw.de: Homepage des Landeszentrums Gesundheit Nordrhein-Westfalen. Hier findet man umfangreiche Informationen zu verschiedensten Gesundheitsthemen, u. a. zu MRSA, Norovirus, H1N1 u.v.a.m. www.nadelstichverletzung.de: Hier findet man vielfältige Informationen zum Thema »Nadelstichverletzung« Hier findet man die RKI-Empfehlungen zu Hygienemaßnahmen bei Besiedlung oder Infektion mit multiresistenten gramnegativen Stäbchen j Meldepflicht Da bei EHEC-Ausbrüchen eine schnelle Erkennung und Ausschaltung der Infektionsquelle erforderlich ist, muss das zuständige Gesundheitsamt bei Verdachts-, Krankheits-oder Todesfällen unverzüglich informiert werden. Auch ein HUS ist immer meldepflichtig, auch schon bei Verdacht. Gemäß Infektionsschutzgesetz muss dem Gesundheitsamt unverzüglich das gehäufte Auftreten nosokomialer Infektionen, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird, als Ausbruch gemeldet werden.