key: cord-0037211-j18kbkie authors: Steigerwald, Frank; Sitzer, Matthias title: Intensivmedizin bei neurologischen Erkrankungen date: 2013-04-04 journal: Praxis der Intensivmedizin DOI: 10.1007/978-3-642-34433-6_43 sha: b375e01df2d29ea960698a69ed0d22044fdb15cc doc_id: 37211 cord_uid: j18kbkie Eine 73-jährige Frau wird verwahrlost und wesensverändert im Treppenhaus ihres Wohnhauses vorgefunden. Die Notärztin stellt eine Temperatur von 39,5°C, eine deutliche Exsikkose und basale Rasselgeräusche beidseits fest. Die Patientin lehnt eine stationäre Krankenhausbehandlung vehement ab und muss daher mittels Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) eingewiesen werden. Bei Verdacht auf eine Pneumonie ruft die Pflegekraft in der Notaufnahme den diensthabenden Internisten hinzu. Nach Abschluss der Akutdiagnostik, die neben der neurologischen Untersuchung immer eine sofortige zerebrale Bildgebung zur Abgrenzung gegenüber einer Hirnblutung beinhalten muss, sollte ein akuter Hirn-infarkt heutzutage immer auf einer Schlaganfallstation behandelt werden. Je nach Ausstattung einer Schlaganfallstation sind jedoch Konstellationen denkbar, in denen die Aufnahme des Patienten in der Akutsituation auf eine Intensivstation erfolgen muss: 4 Der Patient musste wegen einer respiratorischen Insuffizienz im Rahmen des Schlaganfalls intubiert werden. Bei Vorliegen der oben genannten, teilweise relativen Kontraindikationen sollte in Abhängigkeit vom Ausmaß der neurologischen Ausfälle und der jeweiligen Kontraindikation im Einzelfall entschieden werden, ob nicht doch eine systemische oder lokale Lysebehandlung als individueller Heilversuch gerechtfertigt ist. Die Zulassung der neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) Dabigatran, Rivaroxaban u. a. zur Behandlung des Vorhofflimmerns hat die Lysebehandlung insofern kompliziert, als dass es aktuell noch keinen in der Notfallsituation praktikablen Schnelltest für deren Nachweis oder die Erfassung der Gerinnungssituation unter NOAK gibt. Lediglich unter Dabigatran kann eine verlängerte aPTT oder Thrombinzeit qualitativ auf dessen Einnahme hinweisen. Letztlich muss man sich möglichst auf anamnestische Angaben verlassen, da die Einnahme der NOAK wie Dabigatran oder Rivaroxaban innerhalb der letzte 48 h eine Kontraindikation darstellt. Liegt die letzte Einnahme länger als 48 h zurück und sind aPTT und Thrombinzeit normal, kann aufgrund der kurzen Halbwertszeiten der NOAK eine systemische Lyse erfolgen. Letztlich sind aber auch schon unter NOAK einzelne Patienten erfolgreich lysiert worden, sodass auch hier eine Einzelfallentscheidung erfolgen sollte. Ist die Entscheidung zur Lysetherapie gefallen und sind Kontraindikationen ausgeschlossen, sollte die Lyse unverzüglich beginnen, da die Erfolgsaussichten innerhalb des 4,5-h-Zeitfensters kontinuierlich, wenn nicht sogar exponentiell, fallen. Statistisch gesehen sind die Erfolgsaussichten doppelt so hoch, wenn die Lysebehandlung innerhalb von 90 min nach Symptombeginn startet. Der Patient sollte hierfür -wenn möglich -2 periphervenöse Verweilkanülen erhalten: Über eine wird das rt-PA verabreicht, die andere wird durch Flüssigkeitsinfusion offengehalten und dient als Zugang für weitere Medikamente, z. B. zur Blutdruck-und Blutzuckertherapie. j Systemische Lysetherapie Dosierung für rt-PA (in mg): Körpergewicht in Kilogramm × 0,9, wobei eine Maximaldosis von 90 mg nicht überschritten wird. 10% der errechneten Dosis werden als Bolus gespritzt, der Rest wird über 1 h mittels Perfusor verabreicht. j Endovaskuläre Therapie inkl. lokale Lyse Patienten, die eine Klinik nach Ablauf des 4,5-h-Zeitfensters erreichen, können in spezialisierten Zentren mit interventionell-neuroradiologischer Expertise bis zu 6 h nach Beginn der Symptomatik mit einer lokalen Lysetherapie über eine zerebrale Katheterangiographie behandelt werden. Alternativ können insbesondere bei proximalen Gefäßverschlüssen auch sog. Stent-Retriever-Systeme eingesetzt werden, bei denen der Thrombus mit einem expandierbaren Stentkäfig eingefangen und über den Katheter aus dem Gefäß zurückgezogen wird. Letztere Verfahren erscheinen vielversprechend, sind allerdings noch nicht evidenzbasiert geprüft. Weitere Indikationen für eine lokale Lyse können sein: 4 Der akute Karotis-T-Verschluss, also der Verschluss der Aufteilung der intrakraniellen A. carotis interna in die A. cerebri media und anterior, sowie Gefäßverschlüsse über mehr als 6 mm Länge. Hier ist aufgrund der schlechten Erfolgsaussichten der systemischen Lyse auch innerhalb des 4,5-h-Zeitfensters ein sofortiger lokaler Lyseoder Thrombektomieversuch zu diskutieren. Ist die ICB unter einer Marcumartherapie aufgetreten oder zeigt sich aus anderer Ursache ein Quickwert unter 70%, so ist unverzüglich eine Anhebung auf mindestens 70% anzustreben, wobei PPSB wegen des schnellen Wirkeintritts bevorzugt werden sollte. Etwa 30 min nach PPSB-Gabe erfolgt eine erneute Gerinnungskontrolle und ggf. eine weitere PPSB-Gabe. Da die Wirkung der PPSB-Präparate teilweise recht kurz sein kann, ist nach 6-12 h eine erneute Gerinnungskontrolle erforderlich. Aus diesem Grunde hat sich auch die i.v.-Gabe von Vitamin-K-Präparaten (z. B. 10 mg Konakion) am 1. und ggf. auch am 2. Tag zur langfristigen Stabilisierung der Gerinnungssituation bewährt. Weniger geeignet, aber ebenfalls möglich, ist die Gabe von FFP gemeinsam mit Vitamin K (7 Übersicht), wobei aber teilweise erhebliche Volumenmengen FFP gegeben werden müssen. Bezüglich der Gabe von rekombinantem Faktor VIIa (z. B. Novoseven) ist die aktuelle Datenlage weiterhin uneinheitlich, sodass die Gabe nicht empfohlen wird. Im Falle einer Blutung unter Heparin wird zur Antagonisierung Protaminsulfat verabreicht. Bei älteren Patienten kann insbesondere der Meningismus fehlen, auch ist er oft nur schwierig von einer degenerativen Verminderung der HWS-Beweglichkeit zu unterscheiden. Sind passive Drehbewegungen in der HWS ohne Probleme möglich, während die Nackenbeugung deutlich eingeschränkt ist, ist dies als Meningismus zu werten. Hirnnervenausfälle kommen in 10% der Fälle vor, wobei in absteigender Häufigkeit der N. oculomotorius, der N. abducens, der N. facialis und der N. vestibulocochlearis betroffen sind. Hörstörungen, meist durch eine begleitende eitrige Labyrinthitis bedingt, finden sich häufig bei Pneumokokkenmeningitis, während bei Meningokokken typi-scherweise makulopapulöse oder petechiale Exantheme, seltener auch eine Purpura fulminans mit Hautnekrosen auftreten können. Die genaue Inspektion der gesamten Haut gehört daher bei Meningitisverdacht unbedingt zur Erstuntersuchung. Ein Herpes labialis ist ebenfalls eine häufige Begleiterkrankungen bei bakterieller Meningitis. Eine Listerienmeningitis geht aufgrund der bevorzugten Manifestation als Rhombenzephalitis (also als Entzündung von Medulla oblongata, Pons und Kleinhirn) häufig mit komplexen Okulomotorikstörungen wie z. B. einem »Down-beat«-Nystagmus einher. Bei bis zu 50% der Betroffenen treten zerebrale und/ oder extrazerebrale Komplikationen auf, weshalb Patienten mit Meningitis, insbesondere in der Initialphase, auf einer Intensivstation behandelt werden sollten. Komplikationen treten bei bis zu 50% aller Patienten mit bakterieller Meningitis auf, wobei der Schweregrad deutlich variiert. Aus der Tatsache, dass schwerwiegende Komplikationen meist in den ersten Tagen auftreten, ergibt sich die Empfehlung, jeden Patienten zunächst (also bis zum Auftreten einer deutlichen klinischen Besserung) auf einer Intensiv-oder Wachstation zu überwachen, auch wenn initial keine lebensbedrohliche Situation besteht und alle Vitalparameter stabil sind. An extrazerebralen Komplikationen können insbesondere in der Akutphase und bei Beginn der Antibiotikatherapie ein septischer Schock und eine Verbrauchskoagulopathie auftreten. Bei Meningokokken und anderen gramnegativen Bakterien besteht die Gefahr eines Waterhouse-Friderichsen-Syndroms mit akutem Nebennierenausfall und Verbrauchskoagulopathie. Auch die pulmonale Situation kann sich im Sinne eines ARDS verschlechtern. Des Weiteren sind Arthritiden, Elektrolytstörungen mit Hyponatriämie als Ausdruck eines zerebralen Salzverlust-Syndroms oder eines Syndroms der inadäquaten ADH-Sekretion, Rhabdomyolysen oder eine Endophthalmitis 2 möglich. Die gefährlichste zerebrale Komplikation ist die Entwicklung eines Hirnödems bis hin zur Einklemmungsgefahr, wobei es sich um eine Kombination aus zytotoxischem und vasogenem Ödem handelt. Die Behandlung richtet sich nach den allgemeinen Richtlinien der Hirndrucktherapie. Bei Entwicklung eines Hydrozephalus ist die Anlage einer externen Liquordrainage angezeigt. Zur Behandlung einer zerebralen Vaskulitis oder von Gefäßspasmen bei Meningitis gibt es keine klaren Behandlungsempfehlungen. Bei Auftreten eines zerebralen Krampfanfalls ist die schnelle Einstellung auf ein Antiepileptikum, z. B. die intravenöse Aufsättigung mit Phenytoin, indiziert (7 Abschn. 43.4). Da Krampfanfälle aber eine seltene Komplikation (am ehesten noch bei Pneumokokken, Haemophilus influenzae, Streptokokken der Gruppe B) darstellen, ist eine generelle prophylaktische Gabe nicht angezeigt. Manche Autoren empfehlen die antiepileptische Einstellung aber auch schon vor Auftreten eines Anfalls durchzuführen, wenn im EEG epilepsietypische Potenziale, insbesondere sog. PLEDs (»periodic lateralized epileptic discharges«) nachweisbar sind. Bei fortgeleiteter Entzündung, z. B. aus dem Mittelohr oder Mastoid, sollte bei Auftreten einer zunehmenden Bewusstseinsstörung oder einer fehlenden Besserung unter der Antibiotikatherapie das Vorliegen einer Sinusvenenthrombose mittels venöser kontrastmittelverstärkter MR-Angiographie, CT-Angiographie oder ggf. konventioneller Angiographie ausgeschlossen werden. Trotz erhöhter Blutungsgefahr wird bei Vorliegen einer septischen Sinusvenenthrombose gewöhnlich eine intravenöse PTT-wirksame Heparinisierung empfohlen (7 Abschn. 43.3). An weiteren zerebralen Komplikationen können Hirnnervenläsionen als direkte Schädigung oder als Folge eines erhöhten intrakraniellen Drucks auftreten, des Weiteren Hörverlust und Taubheit (häufiger bei Haemophilus influenzae, Meningokokken und Streptokokken, aber auch als Nebenwirkung unter Aminoglykosiden). Ein Hydrocephalus malresorptivus kann durch Verklebung der Arachnoidalzotten im Rahmen der Entzündungsprozesse auch erst als Spätfolge einer Meningitis auftreten. Beim Hirnabszess unterscheidet man unterschiedliche Stadien, beginnend mit einer Zerebritis 3 , die letztlich einer noch nicht abgekapselten Hirnphlegmone entspricht, über eine beginnende Kapselbildung und zentralnekrotische Einschmelzung, bis hin zum eigentlichen Abszess mit dichter Kollagenkapsel, kleiner zentraler Nekrose und nur noch geringem Begleitödem. j Diagnostik und Operation Ein Hirnabszess kann nur mittels zerebraler Bildgebung gesichert oder ausgeschlossen werden. Die höchste Sensitivität besitzt das MRT mit Kontrastmittel, wobei zur Unterscheidung zwischen Hirnabszessen und anderen zystischen Hirnläsionen und Hirntumoren auch diffusionsgewichtete Sequenzen hilfreich sind. Zur Erregeridentifizierung ist neben der Entnahme von Blutkulturen die stereotaktische Punktion und Abszessdrainage bzw. -exzision vorrangig. Diese kann jedoch nur bei ausreichender Größe und geeigneter Lage durchgeführt werden. Bei tief liegenden Abszessen oder multiplen kleinen Abszessen bzw. bei noch fehlender Kapselbildung (fehlende Ringstruktur bei Kontrastmittelgabe) ist im Einzelfall auch eine alleinige Antibiotikabehandlung gerechtfertigt. In diesen Fällen dürfen aber keine Zweifel an der Diagnose eines Hirnabszesses vorliegen, der raumfordernde Effekt darf allenfalls gering sein und eine Okklusion von Liquorabflusswegen muss ausgeschlossen sein. Ansonsten erfolgt eine kombinierte Behandlung aus Operation und Antibiotikatherapie. Der Erregernachweis aus dem Liquor gelingt bei Hirnabszessen nur selten, insbesondere wenn sich der Abszess in der Bildgebung mit einer deutlichen Kapsel zeigt und kein Durchbruch in den Subarachnoidalraum erfolgt ist. Auch muss ausgeschlossen sein, dass kein raumfordernder Effekt durch einen Abszess vorliegt, der bei einer Lumbalpunktion zu einer Herniation führen könnte (Voraussetzungen für die Liquorpunktion 7 Abschn. 43.5.1). Gelingt die Erregerdiagnostik nur aus der Blutkultur, so ist zu bedenken, dass bei Hirnabszessen meist Mischinfektionen, häufig auch mit Anaerobiern, vorliegen, die nicht alle in der Blutkultur nachweisbar sein müssen. Die Behandlung sollte sich daher nicht allein gegen den in der Blutkultur nachgewiesenen Erreger richten und immer ein gut anaerobierwirksames Antibiotikum beinhalten, z. B. Metronidazol. Vor Durchführung eines neurochirurgischen Eingriffs sollte eine ausgiebige Fokussuche erfolgt sein, um im Falle von fortgeleiteten Entzündungen eine einzeitige operative Sanierung durchzuführen. Sind Nachbarschaftsprozesse mit direkter Fortleitung ausgeschlossen worden, sind Echokardiographie, Thoraxröntgenaufnahme und Thorax-CT zur erweiterten Fokussuche indiziert. j Antibiotika und Dexamethason Beim ambulant erworbenen Hirnabszess wird als empirische Initialtherapie die Kombination aus einem hochdosierten Cephalosporin der 3. Generation mit Metronidazol und einem gut gegen Staphylokokken wirksamen Antibiotikum (z. B. Vancomycin, Rifampicin oder Flucloxacillin) empfohlen. Bei multiresistenten Staphylokokken ist eine Kombination mit Fosfomycin (Dosierung 3×5 g/Tag) oder eine Therapie mit Linezolid (Dosierung 2×600 mg/ Tag) angezeigt. Bei Hirnabszessen, die nach einem neurochirurgischen Eingriff, posttraumatisch oder anderweitig im Krankenhaus erworben wurden, therapiert man vor Erregernachweis ebenfalls mit einem Cephalosporin der 3. Generation plus Metronidazol und Vancomycin (alternativ Meropenem und Vancomycin). Die Behandlungsdauer beträgt 4-8 Wochen, wobei in 1-bis 2-wöchigen Abständen CCT-bzw. MRT-Untersuchungen zur Verlaufskontrolle erfolgen sollten. Die begleitende Gabe von Dexamethason ist im Gegensatz zur Meningitis beim Hirnabszess weiterhin umstritten, da sie theoretisch die Antibiotikapenetration über die Blut-Hirn-Schranke und in den Abszess erschwert. Sie sollte aber erfolgen, wenn ein deutliches perifokales Ödem vorliegt, sowie bei Abszesslage im Kleinhirn oder anderen Lokalisation, wo eine Hirndruckerhöhung durch eine Verlegung von Liquorabflusswegen droht. Bei Hirnabszessen wird eine Initialdosis von 40 mg Dexamethason und anschließend die einmal tägliche Gabe von 12 mg empfohlen. Die Therapiedauer sollte sich nach der Entwicklung des Ödems in der Bildgebung orientieren. Als antikonvulsive Prophylaxe wird von neurochirurgischer Seite in der Akutphase häufig die Gabe eines Antiepileptikums, meist Phenytoin, empfohlen. Wenn in den ersten 2-3 Wochen keine Anfälle aufgetreten sind und auch das EEG keine epilepsieverdächtigen Veränderungen zeigt, kann das Antiepileptikum wieder ausgeschlichen werden. Typisch ist ein grippeähnliches Vorstadium mit Kopfschmerz und hohem Fieber, an das sich oft -aber nicht immer -eine kurzzeitige Besserung anschließt, bevor Sprachstörungen, Halbseitenlähmung oder psychotische Symptome auftreten können. Sehr hohes Fieber ist in dieser Phase üblich. Krampfanfälle, meist komplex-fokal eingeleitet, sowie quantitative Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma sind nicht selten. Im Liquor findet sich eine lymphozytäre Pleozytose (5-350/μl; initial normale Liquorzellzahl bei 5%) bei mäßiger bis deutlicher Eiweißerhöhung und allenfalls leichtem Laktatanstieg (max. 4,0 mmol/l). Gelegentlich kann der Liquor auch leicht blutig sein. Während das CCT in den ersten Tagen unauffällig ist und frühestens nach etwa 1 Woche temporal bzw. frontobasal gelegene Hypodensitäten sichtbar werden können, sind im MRT in der Diffusions-und FLAIR 5 -Wichtung von Anfang an Hyperintensitäten im Temporallappen, meist medial betont (. Abb. 43.1), zu identifizieren, die sich nicht an Gefäßterritorien halten. Auch Epstein-Barr-Virus (EBV)-Enzephalitiden kommen vorzugsweise bei immunsupprimierten Personen vor, wobei Organempfänger hier eine größere Rolle spielen. Klinisch stehen Allgemeinsymptome und Bewusstseinstrübungen im Vordergrund, Herdsymptome und Meningismus treten selten auf. Der Nachweis erfolgt auch hier über die Liquor-PCR. Für Ganciclovir (z. B. Cymeven 5 mg/kg alle 12 h i.v. über 3 Wochen, ggf. Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz) ist eine Wirksamkeit beschrieben worden. Die Infektion erfolgt durch einen Zeckenbiss, der aber den Betroffenen meist nicht aufgefallen ist, und mit einer Inkubationszeit von 1-3 Wochen. Üblich ist ein grippeähnliches Prodromalstadium von 3-8 Tagen oft mit Bauchschmerzen, bevor nach einem fieberfreien Intervall (8-20 Tage) die neurologische Symptomatik auftritt. In den meisten Fällen kommt es zu einer rein meningitischen Verlaufsform mit Kopfschmerzen, Fieber und Abgeschlagenheit. Bei 20-30% tritt eine Enzephalitis mit Bewusstseinsstörungen, Koordinationsstörungen und Paresen oder Hirnnervenausfällen auf; oft sind N. facialis oder N. oculomotorius betroffen. In etwa 10% wird eine spinale Verlaufsform mit schlaffen Paresen durch Befall der Vorderhornzellen bzw. bei Befall der Hirnnerven mit Schwäche der Gesichts-und Halsmuskulatur, evtl. bis zur Atemlähmung, beobachtet. Die Diagnosesicherung erfolgt über den Nachweis spezifischer Antikörper im Blut bzw. der lokalen Antikörpersynthese im Liquor im Verlauf. Zu Beginn findet sich im Liquor meist eine granulozytäre Pleozytose, die im Verlauf in ein lymphozytäres Zellbild übergeht. Im MRT findet sich nur in 20% der Fälle ein pathologischer Befund, häufig sind Hyperintensitäten im Bereich der Stammganglien. Eine kausale Therapiemöglichkeit besteht nicht, die Gabe von Hyperimmunglobulin, also die passive Impfung, wird nicht mehr empfohlen. Erreger der PML ist das JC-Virus. Es kommt ubiquitär vor, und etwa 90% aller gesunden Erwachsenen tragen den Virus in sich. Zum Ausbruch kommt die Erkrankung nur bei Immundefekten, neoplastischen Erkrankungen oder unter therapeutischer Immunsuppression, z. B. bei der Therapie einer multiplen Sklerose. Initial bestehen meist Kopfschmerzen, die häufig mit Gesichtsfelddefekten, kognitiven Einschränkungen und psychopathologischen Auffälligkeiten einhergehen. Im Verlauf treten oft Paresen, Visusstörungen, Sprach-und Sprechstörungen sowie Krampfanfälle auf. Im weiteren Verlauf entwickelt sich eine Demenz mit Ataxie, Tetraparesen und kortikaler Blindheit. Der Verdacht ergibt sich aus der Anamnese, dem neurologischen Status und insbesondere dem Nachweis einer Leukenzephalopathie im MRT. Die Diagnose wird über eine Liquor-PCR und ggf. eine Hirnbiopsie bestätigt. Eine zuverlässig wirksame Therapie ist nicht bekannt. Bei Auftreten unter medikamentöser Immunsuppression oder -modulation sollte diese sofort eingestellt werden. Je nach Ausmaß und Dauer der zerebralen Minderversorgung reichen die Symptome von leichten Aufmerksamkeits-und Gedächtnisstörungen und/ oder fokal-neurologischen Defiziten über ein delirantes Bild bis zum persistierenden vegetativen Status und Hirntod. Eine dauerhafte Schädigung des Gehirns ist ab einer Hypoxiezeit von 5 min zu erwarten. Die Frage nach einem hypoxischen Hirnschaden stellt sich auf der Intensivstation häufig -meistens nach einer erfolgreichen Reanimation, bei der der Patient intubiert und beatmet wurde, aber trotz fehlender Sedierung nach Stabilisierung der Vitalparameter nicht adäquat wach wird. Auch bei der Indikationsstellung für eine Hypothermiebehandlung, die in den aktuellen Leitlinien nach einer Reanimation empfohlen wird, ist das Wissen um einen schweren hypoxischen Hirnschaden relevant und aufgrund der fortgesetzten Sedierung klinisch nicht zu erfassen. j Risikofaktoren Bei reanimierten Patienten tragen Daten aus der Anamnese zur groben Abschätzung der weiteren Prognose bei: hohes Alter, eine Reanimation außerhalb des Krankenhauses, Dauer der Reanimationsbemühungen über mehr als 25 min, Vorliegen einer elektromechanischen Entkoppelung und eine kumulative Adrenalindosis >4 mg sind unabhängig voneinander mit einer schlechteren Prognose verbunden. Hinsichtlich der klinischen Befunde in der Aufnahmesituation sind ein systolischer Blutdruck <90 mmHg und insbesondere ein Blutzuckerwert bei Einlieferung ins Krankenhaus >300 mg/dl mit dem Risiko einer ausgeprägten zerebralen Hypoxie korreliert. Weite, nicht lichtreagible Pupillen in der neurologischen Aufnahmeuntersuchung sind mit einer über 90%igen Wahrscheinlichkeit mit einer schlechten Prognose behaftet. Kehrt die Lichtreaktion bis zum 3. Tag nicht wieder, ist die Prognose fast immer infaust. Ein fehlender Korneal-und Lidreflex am 1. Tag sind dagegen weniger aussagekräftig, da diese Hirnstammreflexe früh ausfallen, aber auch ein hohes Erholungspotenzial aufweisen. Zeigt sich bezüglich des Bewusstseinsgrads am 3. Tag weiterhin ein tiefes Koma, ohne dass sedierende Medikamente gegeben wurden, wird die Wahrscheinlichkeit für einen letalen Ausgang oder einen persistierenden vegetativen Status ebenfalls mit über 95% angegeben. j Diagnostik Bildgebung Soweit die Ursache, die zur Reanimation geführt hat, völlig unklar ist, also z. B. eine Reanima tion bei einem bisher herz-und lungengesunden Pa tienten, sollte bereits am Aufnahmetag eine zerebrale Bildgebung erfolgen, zumal ein Herzstillstand in seltenen Fällen auch als Folge einer Subarachnoidalblutung oder einer intrakraniellen Blutung beschrieben wurde. Bei klinischen Zeichen für eine zerebrale Einklemmung, wie Anisokorie oder Auftreten von Strecksynergismen, sollte sie in jedem Falle so schnell wie möglich erfolgen, um andere, ggf. operable oder behandelbare Ursachen für eine intrakranielle Druckerhöhung auszuschließen. Ein unauffälliges CCT am Tag der Reanimation schließt eine zerebrale Hypoxie nicht sicher aus, da sich die bildgebenden Zeichen eines Hirnödems als erste Stufe der hypoxischen Schädigungskaskade erst im Verlauf von einigen Stunden entwickeln können. Bei anderweitig gut erklärter Ursache für die Reanimation kann daher auf eine zerebrale Bildgebung am ersten Tag verzichtet werden. Biomarker Die Bestimmung der neuronenspezifischen Enolase (NSE) direkt am Aufnahmetag ist dagegen sinnvoll. Bei Werten >33 μg/l kann von einer schweren hypoxischen Hirnschädigung ausgegangen werden. Liegen die Werte darunter, sollte am 3. Tag eine Verlaufskontrolle erfolgen, um ein späteres Ansteigen nachzuweisen. Infectofos) 15 g/Tag verteilt auf 3 Einzelgaben (bei Ventrikulitis evtl Eremfat) 600 mg/Tag Vancomycin (diverse Generika) 2 g/Tag verteilt auf 2-4 Einzelgaben Ciprobay) 1,2 g/Tag verteilt auf 3 Einzelgaben Metronidazol (z. B. Clont) 1,5 g/Tag verteilt auf 3 Einzelgaben Linezolid (z. B. Zyvoxid) 1,2 g/Tag verteilt auf 2 Einzelgaben (Off-Label bei der Indikation Meningitis Enzephalopathie Der Fall zeigt, wie schwierig die Diagnose einer Meningitis sein kann, insbesondere, wenn sich bei der initialen Abklärung ein anderer Infektfokus zeigt. Die Wesensänderung konnte man initial auch durch das hohe Fieber bei Pneumonie hinlänglich erklären. Da allerdings eine neurologische Untersuchung aufgrund der schlechten Compliance nicht möglich war Aktuelle Diagnostik und Stroke-related early tracheostomy versus prolonged orotracheal intubation in neurocritical care trial (SETPOINT): a randomized pilot trial Guidelines for the management of spontaneous intracerebral hemorrhage in adults Status epilepticus Dekompressionskraniektomie bei ischämischen Hirninfarkten -Die chirurgische Perspektive Virale Enzephalitis/Meningitis. Intensivmedizin up2date Guidelines for the management of spontaneous intrace Pfeil: Abszess) a b rebral hemorrhage: a guideline for healthcare professionals from the Viral meningoencephalitis: A review of diagnostic methods and guidelines for management Beurteilung der Prognose nach kardiopulmonaler Reanimation und therapeutischer Hypothermie Die Bestimmung des S100-Proteins ist weniger sensitiv und kann insbesondere nach Herzdruckmassage oder bei schweren Traumen auch durch Freisetzung aus extrazerebralem Gewebe falsch positiv sein. Die Bestimmung wird daher von der DGN nicht mehr empfohlen. EEG