key: cord-0036412-h8kflh2w authors: Zepp, F.; Schmitt, H. -J.; Kreth, H. W.; Hufnagel, M. title: Impfungen date: 2007 journal: Pädiatrie DOI: 10.1007/978-3-540-76460-1_10 sha: 86967c833364a18ab3ac8b57bbaeb5b476c63077 doc_id: 36412 cord_uid: h8kflh2w Bedeutung. Impfungen sind die wichtigsten und kosteneffektivsten Präventivmaßnahmen der modernen Medizin. Mit der breiten Nutzung von Vakzinen hat die Inzidenz der impfpräventablen Infektionskrankheiten in den vergangenen Jahrzehnten weltweit dramatisch abgenommen. Trotz der nachgewiesenen Erfolge sind die Bedenken der Öffentlichkeit gegenüber potenziellen Risiken von Impfstoffen gewachsen und bestimmen heute in hohem Maße Akzeptanz und Nutzung von Impfungen. Öffentliche Impfempfehlungen stellen ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Risiken und Vorteilen von Impfungen dar. Unverändert sind Impfungen der sicherste und beste Weg, Gesundheitsvorsorge zu betreiben und Infektionskrankheiten zu kontrollieren. nahme von einigen Spezialnahrungen, mit Jodid angereichert sind, ist bei überwiegend mit Fertignahrung ernährten Säuglingen ebenfalls keine zusätzliche Jodsubstitution erforderlich. Bei der sich derzeit abzeichnenden allgemeinen Verbesserung der Jodsupplementierung von Nahrungsmitteln erscheint langfristig eine zusätzliche Jodsubstitution von Kindern und Jugendlichen nicht nötig. Eine Jodsubstitution sollte immer dann erfolgen, wenn eine familiäre Belastung mit Schilddrüsenvergrößerungen, eine genetische Störung der Jodaufnahme oder der Jodverwertung oder ein nachgewiesener regionaler Jodmangel besteht (. Tab. 9.2). Literatur Gärtner R (1990) Bedeutung. Impfungen sind die wichtigsten und kosteneffektivsten Präventivmaßnahmen der modernen Medizin. Mit der breiten Nutzung von Vakzinen hat die Inzidenz der impfpräventablen Infektionskrankheiten in den vergangenen Jahrzehnten weltweit dramatisch abgenommen. Trotz der nachgewiesenen Erfolge sind die Bedenken der Öff entlichkeit gegenüber potenziellen Risiken von Impfstoff en gewachsen und bestimmen heute in hohem Maße Akzeptanz und Nutzung von Impfungen. Öff entliche Impfempfehlungen stellen ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Risiken und Vorteilen von Impfungen dar. Unverändert sind Impfungen der sicherste und beste Weg, Gesundheitsvorsorge zu betreiben und Infektionskrankheiten zu kontrollieren. Immunologische Grundlagen. »Immunität« beschreibt die Eigenschaft des Organismus, Schutz gegenüber einer Infektion durch pathogene Mikroorganismen bzw. einer infektionsassoziierten Krankheit zu gewährleisten. Das Immunsystem des Menschen umfasst natürliche unspezifi sche und erworbene spezifi sche Abwehrmechanismen. Aufgrund der Eigenschaft des spezifi schen Immunsystems, eine immunologische Gedächtnisantwort aufzubauen, stellt dieser Aspekt des Immunsystems den primären Ansatzpunkt für eine Immunisierung durch Impfung dar. Die spezifi sche Immunität wird durch B-Lymphozyten und von diesen produzierten spezifi schen Antikörpern (humoral) sowie durch verschiedene Gruppen von T-Lymphozyten (zellulär) vermittelt. Die bedeutendste Eigenschaft der spezifi schen Immunität liegt in der Fähigkeit, nach der ersten Auseinandersetzung mit dem Pathogen eine »immunologische Gedächtnisantwort« auszubilden, um bei erneutem Kontakt sofort spezifi sch reagieren zu können. Das immunologische Gedächtnis ist die Grundlage von Infektionsschutz durch erworbene Immunität und stellt die Voraussetzung für die Infektionsprävention durch Impfungen dar. Um einen Krankheitserreger erkennen zu können, müssen die Zellen des spezifi schen Immunsystems zwischen körpereigenen Strukturen (»Selbst«) und körperfremden Substanzen, den sog. »Fremdantigenen« (z. B. Viren, Bakterien oder bakterielle Toxine), unterscheiden. B-oder T-Lymphozyten besitzen dafür spezielle Rezeptormoleküle, die mit Strukturelementen (Antigenen) von Mikroorganismen spezifi sch interagieren. In der Regel präsentieren Mikroorganismen und deren Stoffwechselprodukte eine Vielzahl von antigenen Strukturen, die abhängig von den immungenetischen Voraussetzungen eines Individuums nach Erkennung durch die Rezeptorstrukturen zur Aktivierung des spezifi schen Immunsystems führen. Das Ziel moderner Impfstoff entwicklung ist es, die Zahl der Antigene eines Impfstoff es auf die für die schützende Immunantwort bedeutenden Strukturen zu begrenzen und dadurch bei hoher Spezifi tät potenzielle Nebeneff ekte des Impfstoff es zu vermindern. Hierbei müssen stets die immungenetischen Rahmenbedingungen einer Population berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass durch Reduktion oder Strukturmodifi kationen von Impfantigenen die Immunogenität des Impfstoff es innerhalb der Zielpopulation nicht eingeschränkt wird. Die Rezeptoren von B-Lymphozyten sind die auf der Zelloberfl äche exprimierten Antikörpermoleküle. Die in der Zellmembran verankerten Immunglobulinmoleküle besitzen die gleiche Spezifi tät wie die nach Aktivierung von den diff erenzierten B-Zellen (Plasmazellen) sezernierten Antikörpermoleküle. Die Oberfl ächenantigenrezeptoren der B-Zellen erkennen Antigene als komplexe dreidimensionale Strukturen. Jede Veränderung der dreidimensionalen Struktur eines Antigens, wie z. B. bei Denaturierung eines Proteins, hat Folgen für die Antigenerkennung. Dies ist von besonderer Bedeutung für die Impfstoff entwicklung: Ausgeprägte Veränderungen eines Impfantigens können dazu führen, dass die induzierten Antikörper das ursprüngliche mikrobielle Antigen nicht oder nur noch ungenügend erkennen. Die aktivierte B-Zelle diff erenziert zu einer Immunglobulin-M-(IgM-)produzierenden Plasmazelle (Primärantwort). Um eine suffi zient schützende humorale Immunantwort und einen dauerhaft en Schutz zu gewährleisten, sind der Wechsel der Antikörperproduktion auf IgG (Klassenwechsel, Isotypen-Switch) und die Entwicklung von B-Gedächtniszellen erforderlich. Diese wichtigen Entwicklungsschritte werden durch T-Helferzellen kontrolliert. Der Prozess wird durch die Sekretion von Chemokinen begünstigt, die die Migration der aktivierten B-Zellen in Richtung von T-Zellen der parafollikulären Lymphknotenzonen stimulieren. Es gibt nur wenige natürliche Antigene, die B-Zellen unabhängig von T-Zellen aktivieren können. Dazu gehören Strukturen, die repetitive Sequenzen besitzen und dadurch mehrere Antigenrezeptormoleküle auf den B-Zellen direkt vernetzen können. Beispiele für T-Zellunabhängige Antigene sind Polysaccharide, wie sie als Kapselwandbestandteile bei Bakterien vorkommen. Das T-zelluläre Immunsystem umfasst verschiedene Zellsubpopulationen mit unterschiedlichen Regulator-und Eff ektorfunktionen. Zytotoxische T-Zellen erkennen und töten Zielzellen, die Fremdantigen auf ihrer Zelloberfl äche exprimieren (z. B. virusinfi zierte Körperzellen). T-Helferzellen kontrollieren die humorale Immunantwort gegenüber komplexen Antigenen bzw. steuern die zelluläre Immunantwort durch zytotoxische T-Zellen. Regulatorische T-Zellen sind an der Begrenzung einer Immunantwort gegenüber Fremdantigen beteiligt und sorgen für die Aufrechterhaltung der T-Zell-Toleranz gegenüber Selbstantigenen. Auch T-Zellen tragen auf ihrer Oberfl äche spezifi sche Antigenrezeptoren (TCR). Im Gegensatz zu B-Zellen erkennen T-Zellen Fremdantigene nicht nativ, sondern nur in Assoziation mit körpereigenen Histokompatibilitätsstrukturen (HLA-Moleküle) auf antigenpräsentierenden Zellen (APC). Damit eine T-Zelle das Antigen erkennen kann, muss dieses zunächst durch eine APC vorbereitet (prozessiert) und in einer Tasche auf der Oberfl äche des HLA-Moleküls präsentiert werden. T-Zell-Antigene sind in der Regel kleine Peptide aus etwa 8-15 Aminosäuren. Abhängig von den Eigenschaft en eines Antigens, der Prozessierung und Präsentation sowie Faktoren des umgebenden Milieus werden zytotoxische T-Zellen oder T-Helferzellen aktiviert. Letztere können sich zu T-Helfer-1-(TH 1 ) oder T-Helfer-2-Zellen (TH 2 ) weiterentwickeln. TH 1 -Zellen unterstützen zellvermittelte zytotoxische Abwehrreaktionen, z. B. bei Virusinfektionen, und steuern die IgG-1-Produktion. TH 2 -Zellen kontrollieren die B-Zell-Antwort und die des B-zellulären Gedächtnisses. Die T-Helfer-Subpopulationen können durch die Expression von Chemokinrezeptoren und ihr spezifi sches Zytokinproduktionsprofi l unterschieden werden: TH 1 -Zellen sind durch Interferon-γ (IFN-γ), Interleukin-2 (IL-2) und Tumornekrosefaktor-α (TNF-α), TH 2 -Zellen durch IL-4, IL-5, IL-6, IL-10, IL-13 und TGF-β charakterisiert. Die Stimulation von T-Zellen durch Antigenkontakt führt im Verlauf der Immunantwort ebenfalls zur Ausbildung von T-Gedächtniszellen. In den vergangenen Jahren wurden weitere T-Zell-Subpopulationen beschrieben, die regulativ in den Ablauf der Immunantwort eingreifen. Für die Kontrolle der humoralen Immunantwort sind wahrscheinlich spezifi sche follikuläre T-Helferzellen in den Lymphknoten von wesentlicher Bedeutung. Die protektive Immunantwort nach Impfung ist das Resultat einer komplexen Interaktion der verschiedenen Komponenten des spezifi schen Immunsystems. Idealerweise verfügen Impfstoff e über antigene Strukturen, die sowohl B-Zellen als auch T-Zellen stimulieren, um eine potente B-und T-Gedächtnisantwort sicherzustellen. Für virale Impfstoff e ist neben der Induktion von Antikörpern auch die Aktivierung spezifi scher zytotoxischer T-Zellen ein Ziel. Dies trifft insbesondere auf die viralen Lebendimpfstoff e zu. Der Nachweis spezifi scher Antikörper nach Impfung dient zum einen als Surrogatmarker für die Auseinandersetzung des Immunsystems mit den Impfantigenen. Die Höhe der nachgewiesenen Antikörpertiterkonzentrationen korreliert meist nur unzureichend mit der Qualität des Impfschutzes. Ausnahmen sind Antitoxinantikörper, wie bei Tetanus-und Diphtherieimpfung oder neutralisierende Antikörper nach Hepatitis-B-Impfung. Zukünft ige Impfstoff e werden mit dem Ziel der kontrollierten Aktivierung von B-und T-Zell-Subpopulationen zur optimalen Induktion einer protektiven Immunantwort und eines lang andauernden immunologischen Gedächtnisses entwickelt. Impfstoff e. Man unterscheidet Impfstoff e mit vermehrungsfähigen und nicht vermehrungsfähigen Erregern. Lebendimpfstoff e werden aus der »Wildform« des Krankheitserregers durch direkte Modifi kation oder durch Ausnutzung bestimmter Kulturbedingungen (Attenuierung) entwickelt. Die resultierenden abgeschwächten Erreger sind replikationsfähig und erzeugen im Impfl ing eine Infektion, ohne dass es zu einer Erkrankung kommt. Lebendimpfstoff e simulieren damit den Verlauf einer typischen Immunantwort vergleichbar mit einer »Wildinfektion«. Wegen der nahen Verwandtschaft des attenuierten Erregers mit der »Wildform« schützt die resultierende Immunantwort auch gegen das krankheitserzeugende Pathogen. Risiken bestehen v. a. bei Impfl ingen mit schwerwiegenden Störungen der spezifi schen Immunfunktionen. In diesen Fällen kann die Impfung mit attenuierten Erregern durch unkontrollierte Vermehrung zu schweren Komplikationen bis hin zum Tod führen. Heute werden Impfstoff e gegen Mumps, Masern, Röteln, Varizellen, Gelbfi eber, Typhus und Tuberkulose als Lebendvakzinen eingesetzt. Inaktivierte Impfstoff e (Totimpfstoff e) bestehen entweder aus vollständigen abgetöteten Erregern oder aus gereinigten, für die protektive Immunantwort relevanten Antigenstrukturen von Bakterien oder Viren (Komponentenimpfstoff e). Inaktivierte Impfstoff e sind nicht replikationsfähig; sie führen daher auch nicht zur Infektion oder Krankheit. Allerdings können die Inhaltsstoff e lokale Reizungen an der Injektionsstelle oder systemische Nebenwirkungen, wie Fieber, auslösen. Im Gegensatz zu den meisten Lebendimpfstoff en sind zum Errei-chen einer schützenden Immunantwort mit Totimpstoff en in der Regel mehrere Wiederholungsimpfungen erforderlich. Für Menschen mit Störungen der Immunfunktion stellen Totimpfstoff e kein Risiko dar. Im ungünstigsten Fall kann es bei eingeschränkter Immunfunktion zum Ausbleiben des erwarteten Impfschutzes kommen. Beispiele für inaktivierte Impfstoff e sind Polio, Rabies, Hepatitis A, Ganzkeim-Pertussis, Typhus und Cholera. Fraktionierte Komponentenvakzine begrenzen die Inhaltsstoff e auf die für die protektive Immunantwort relevanten Antigene. Zu dieser Gruppe gehören die azellulären Pertussis-und Infl uenza-Vakzinen sowie der Hepatitis-B-Impfstoff . Auch bei Antitoxinimpfstoff en, wie Diphtherie oder Tetanustoxoid, sowie Polysaccharidimpfstoff en handelt es sich um fraktionierte Vakzinen. Die wachsende Zahl wirksamer, gut verträglicher Impfstoff e für das Säuglings-und Kleinkindesalter ermöglicht es heute, Kinder schon sehr früh gegen eine große Zahl von Infektionen zu schützen. Um die Applikation der empfohlenen Impfungen auch im ersten Lebensjahr praktikabel und für Säuglinge und Eltern akzeptabel zu gestalten, wurden in den vergangenen Jahren multivalente Kombinationsimpfstoff e entwickelt. Die heute verfügbaren Kombinationen enthalten bis zu 7 verschiedene Einzelimpfstoff e (z. B. Diphtherietoxoid, Tetanustoxoid, azelluläre Pertussisvakzine, Hepatitis-B-Vakzine, inaktivierte Poliovakzine I-III und konjugierte Haemophilus-Typ-B-Vakzine oder 7-valente Pneumokokken-Konjugatimpfstoff e). Die Kombinationsimpfstoff e erlauben die sichere und einfache Applikation mehrerer Impfungen in einer Injektion und haben seit ihrer Zulassung zu einer deutlichen Steigerung der Durchimpfungsraten geführt. In keinem Fall besteht mit diesen Impfstoff en das Risiko einer Überlastung des kindlichen Immunsystems. Während die über viele Jahrzehnte eingesetzten Ganzkeimpertussisimpfstoff e mehr als 3000 verschiedene Impfantigene enthielten, liegt die Zahl der Impfantigene in den neuen, auf Komponentenvakzinen basierenden Kombinationsimpfstoff en unter 25. Die zukünft ige Entwicklung von Kombinationsimpfstoff en ist weniger durch das Reaktionsvermögen des kindlichen Immunsystems, sondern vielmehr durch die aufwendigen technischen Produktionsprozesse limitiert. Auch die neuen Pneumokokken-und Meningokokken-Konjugatimpfstoff e entsprechen Kombinationsimpfstoff en. Die moderne Impfstoff entwicklung nutzt in zunehmendem Umfang die Fortschritte der molekularen Medizin. Schon heute werden Komponentenvakzinen gentechnologisch als rekombinante Impfstoff e, wie z. B. die Hepatitis-B-Impfstoff e, hergestellt. Bei neuen Impfstoff en gegen Rotaviren und humane Papillomaviren handelt es sich teilweise um lebend rekombinante Vakzinen. Es wird erwartet, dass durch den Einsatz moderner Adjuvanzien (Impfstoff zusätze, die die Induktion der Immunantwort unterstützen) in Zukunft noch wirksamere und länger schützende Impfstoff e entwickelt werden können. Impfplan. Der Impfk alender für Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Erwachsene wird von der Ständigen Impfk ommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut in Berlin entsprechend den Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes laufend weiterentwickelt. Der Impfk alender umfasst Impfungen zum Schutz vor Diphtherie, Tetanus, Pertussis (azelluläre), Haemophilus infl uenzae Typ b, Hepatitis B, Poliomyelitis, Pneumokokken, Meningokokken, Masern, Mumps und Röteln sowie gegen Varizellen und für Erwachsene zusätzlich gegen Infl uenza. Die empfohlenen Standardimpfungen dienen dem Gesundheitsschutz des Einzelnen und der Allgemeinheit. Die aktuellen Empfehlungen können auf der Internetseite des Robert-Koch-Instituts abgerufen werden (www.rki.de). Im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen für Säuglinge und Kinder, Schuleingangsuntersuchung, Schuluntersuchungen sowie Jugendgesundheitsuntersuchungen sollte stets die Vollständigkeit des individuellen Impfschutzes überprüft werden. Sofern keine spezifi schen Kontraindikationen vorliegen, erhalten auch Personen mit chronischen Krankheiten die empfohlenen Standardimpfungen. Die zurzeit empfohlenen Standardimpfungen, das empfohlene Impfalter und die Mindestabstände zwischen den Impfungen sind in . Tab. 10.1 dargestellt. Neben den Standardimpfungen werden Indikationsimpfungen für Personen mit besonderen Infektionsrisiken empfohlen. Die Indikationsimpfungen fi nden sich ebenfalls in den aktuellen STIKO-Empfehlungen. Die Standardimpfungen sollten bei jedem gesunden Kind möglichst frühzeitig durchgeführt werden. Versäumte Impfungen werden unter Berücksichtigung der empfohlenen Zeitabstände und möglicher Kontraindikationen sobald wie möglich nachgeholt. Grundsätzlich gilt, dass jede früher verabreichte Impfung zählt und auch bei unvollständiger Grundimmunisierung nur die fehlenden Impfungen nachgeholt werden müssen. Bei unbekanntem Impfstatus muss im Zweifelsfall von fehlendem Impfschutz ausgegangen werden. In diesen Fällen empfi ehlt sich eine vollständige Grundimmunisierung. Zwischen der Applikation von Lebend-und Totimpfstoffen müssen keine Zeitabstände eingehalten werden. Auch Lebendimpfstoff e können gleichzeitig verabreicht werden. Ist dies nicht möglich, sollte bei Lebendimpfstoff en ein zeitlicher Abstand von 4 Wochen eingehalten werden, um den Impferfolg sicherzustellen. Alle Impfungen (Datum, Impfstoff , Dosis, Applikationsart, Hersteller, Chargennummer) sind durch den impfenden Arzt in einem Impfb uch (Deutsches Grünes Kreuz, 35037 Marburg) zu dokumentieren. H.-J. Schmitt Hierunter versteht man lokale Reaktionen, wie Schmerz, Schwellung oder Rötung am Ort der Injektion und allgemeine Reaktionen, wie Fieber, Unwohlsein, Appetitlosigkeit u. a. m. Je nach Defi nition der Nebenwirkung, Impfstoff , Zahl der vorangegangenen Injektionen, Alter des Patienten und Art der Erfassung -aktive Suche oder rein passives Registrieren von Meldungen über Nebenwirkungen -fi ndet man klinisch relevante lokale Reaktionen bei 1-2% (z. B. erste DTaP-Dosis beim Säugling) bzw. bei bis zu 70% (z. B. DTgP-Boosterdosis) der Impfl inge. Schwere lokale Reaktionen (≥2 cm) kommen bei den modernen Impfstoff en nur noch in einer Größenordnung von ≤2% vor. Hohes Fieber (Temperaturen >39,0°C) beobachtet man mit den heute empfohlenen Impfstoff en bei weniger als 2% aller Impfl inge. Lokale und allgemeine Reaktionen nach Gabe von Totimpfstoff en treten praktisch ausschließlich innerhalb von 48 h nach Applikation auf. Lebendimpfstoff e (MMR, Varizellen) induzieren Allge-meinreaktionen (Fieber, Hautausschlag) typischerweise zwischen dem 7. und 14. Tag p.v. Allergie. Eine Anaphylaxie gegen Bestandteile von Impfstoff en kann schon bei der ersten Injektion vorkommen. Sie tritt meist innerhalb von Minuten p.v. auf, selten aber auch noch innerhalb von 30-60 min. In einer deutschen Studie wurde die Häufi gkeit schwerer, interventionsbedürft iger Fälle mit 1:1.200.000 ermittelt. Von der Anaphylaxie zu unterscheiden ist die sofort nach Injektion auft retende anaphylaktoide Reaktion, die möglicherweise Folge einer versehentlichen intravasalen Injektion ist, ferner die vasovagale Reaktion (»Kollaps«). Es gibt epidemiologische Belege dafür, dass Impfungen generell vor »Allergien« (Asthma, Pollinose) schützen. Mangelhafte Impftechnik. Abszess, Blutung und Verletzung, z. B. eines Nervs, sind Folgen mangelhaft er Impft echnik. Auch sterile Abszesse, Granulome oder Zysten an der Impfstelle sind mit schlechter Technik assoziiert, wenn z. B. Adsorbatimpfstoff außen an der Impfnadel haft et und den Stichkanal benetzt. Oft resultieren über Wochen bis Monate tastbare Knötchen an der Injektionsstelle. Impfstoff typische Ereignisse. Von den oben genannten »allgemeinen Nebenwirkungen« abzugrenzen sind impfstofft ypische Komplikationen. Hierzu zählen die Lähmung nach Gabe von oralem Poliovirus-Lebendimpfstoff (OPV), in der Literatur bekannt als »vakzine-assoziierte paralytische Polio« (VAPP), die mit einer Häufi gkeit von rund 1:250.000 Dosen auft ritt, oder die Dissemination des Tuberkuloseimpfstammes (BCG) v. a. bei Kindern mit schwerem Immundefekt. Die beiden genannten Impfstoff e sind in Deutschland seit Ende des letzten Jahrhunderts nicht mehr empfohlen, und seither sind regelhaft auft retende »impfstofft ypische« Impfk omplikationen mit bleibenden Schäden beim Impfl ing eine Rarität. Andere Impfk omplikationen sind die transiente Th rombozytopenie nach Gabe von Mumpsimpfstoff (seltener als 1:30.000) und die akute, transiente Rötelnarthropathie, v. a. bei erwachsenen, weiblichen Impfl ingen. Unerwünschte Ereignisse versus Nebenwirkungen. Der erste Impfstoff (gegen Pocken) war nicht nur mit erheblicher Reaktogenität assoziiert, er führte auch regelhaft zu »impfstofftypischen Komplikationen« wie Sepsis, weil man im 18. Jahrhundert die Regeln einer hygienischen, sterilen Impfstoff produktion nach heutigen Vorstellungen noch gar nicht kennen konnte. Durch moderne Herstellungsverfahren sind Impfstoff e Quetsch-, Riss-, Biss-, Stich-, Schusswunden); schwere Verbrennungen und Erfrierungen; Gewebsnekrosen; septische Aborte. b Kinder unter 6 Jahren DT, ältere Personen Td (d. h. Tetanus-Diphtherie-Impfstoff mit gegenüber dem DT-Impfstoff verringertem Diphtherietoxoidgehalt. c TIG = Tetanusimmunglobulin; im Allgemeinen werden 250 IE verabreicht; die Dosis kann auf 500 IE erhöht werden; TIG wird simultan mit Td/DT-Impfstoff angewendet. d Ja, wenn die Verletzung länger als 24 h zurückliegt. e Ja, wenn seit der letzten Impfung mehr als 10 Jahre vergangen sind. f Ja, wenn seit der letzen Impfung mehr als 5 Jahre vergangen sind. Impfziele. Impfziel ist der Individualschutz vor Diphtherie. Es ist unbekannt, ob durch Immunisierung mit den verfügbaren Diphtherieimpfstoff en eine Herdenimmunität erreichbar ist. Impfplan. (7 Abschn. »Kombinationsimpfungen für Kinder«). Die Impfung gegen Diphtherie ist für alle Menschen empfohlen. Das Beispiel Rußlands belegt zum wiederholten Male, dass ein Aussetzen der Impfung zu einer Epidemie führt. Die Impfung gegen Diphtherie wird in aller Regel mit Kombinationsimpfstoff en durchgeführt (DTP, Td, Tdp, Tdp-IPV), für eine D-Monoimpfung gibt es außerhalb einer Epidemie praktisch keine Indikation mehr. Für die Grundimmunisierung im Kindesalter . Tab. 10.1. Beginnt die Grundimmunisierung gegen Diphtherie erst jenseits der Säuglingsperiode und ohne Pertussiskomponente (z. B. Immigranten), so werden zwei Injektionen innerhalb von 4 Wochen appliziert, eine dritte nach 6 (bis 12) Monaten. Anschließend sind 10-jährliche Auff rischimpfungen empfohlen. Ab etwa 5-6 Jahre sind Impfstoff e mit reduziertem Antigengehalt zu verwenden, um eine akzeptable Reaktogenität zu erhalten. H.-J. Schmitt Es gibt keine sicher wirksame Th erapie gegen Pertussis, daher ist die Prophylaxe in Form einer Impfung von besonderer Bedeutung. Impfstoff e Ganzkeimimpfstoff e. Diese bestehen aus »ganzen Bordetellapertussis-Keimen« und haben daher eine hohe Reaktogenität als Folge der großen Zahl von bakteriellen Begleitstoff en. Sie sind auch »unkontrollierbar«, weil ihre Zusammensetzung von Hersteller zu Hersteller und sogar von Charge zu Charge variabel ist. Es kann daher nicht verwundern, dass in neueren Wirksamkeitsstudien DTgP-Impfstoff e Wirksamkeitsraten zwischen 40 und >90% aufwiesen. Behauptungen über angebliche schwere Schäden durch DTgP-Impfstoff e v. a. in der Laienpresse fanden in den 70er Jahren großen Anklang, was in vielen Ländern der Erde zum Aussetzen der Impfempfehlung gegen Pertussis führte. Kontrollierte Untersuchungen konnten dann aber schlüssig zeigen, dass DTgP-Impfstoff e weder mit der Entstehung von Hirnschäden noch mit dem plötzlichen Kindstod assoziiert sind. Wegen ihres niedrigen Preises sind DTgP-Impfstoff e in den meisten Ländern der Erde daher unverändert der wichtigste Grundstein für Immunisierungsprogramme im Kindesalter. Nebenwirkungen. Die Inzidenz von lokalen Nebenwirkungen steigt mit der Anzahl der vorangegangenen Injektionen sprunghaft an und liegt nach der 4. Injektion (Boosterdosis) bei bis zu 50%. Nach etwa 1:1000 Boosterdosen wird zwischen dem 3. und 10. Tag p.v. eine nichtschmerzhaft e Schwellung des gesamten Oberschenkels beobachtet, die das Allgemeinbefi nden und die Aktivitäten des Kindes nicht beeinträchtigt und die sich ohne jede weitere Th erapie innerhalb weniger Tage spontan zurückbildet. Die Ursache ist unbekannt. Hohes Fieber (>39°C) wird bei etwa 1% der DTaP-Impfl inge beobachtet, hingegen bei bis zu 40% der Impfl inge nach DTgP. Hypotonhyporesponsive Reaktionen kommen bei Verwendung azellulärer Impfstoff e nur noch in einer Größenordnung von rund 1:60.000 Dosen vor. DTgP-Impfstoff e sind mit lang anhaltendem (>3 h), unstillbarem Schreien des Säuglings assoziiert. Kontraindikationen. Anaphylaxie gegen einen der Inhaltsstoff e, hypoton-hyporesponsive Reaktion oder unstillbares Schreien sind (relative) Kontraindikationen für die Gabe weiterer DTaP-Dosen. Die alte Empfehlung, Kinder mit progressiven neurologischen Krankheiten nicht gegen Pertussis zu immunisieren, basierte auf der Tatsache, dass man zu verhindern suchte, die Verschlechterung der Grundkrankheit (z. B. eines Krampfl eidens) dem Impfstoff zur Last zu legen. Nach heutigem Wissen gibt es keine Hirnschäden durch Pertussisimpfstoff e. Da Kinder mit ZNS-Krankheiten besonders durch Pertussis gefährdet sind, ist ihnen die DTaP-Impfung in beson- Da bis zu 1% aller Erwachsenen pro Jahr an Pertussis erkranken und dann meist länger als 3 Wochen an »atypischem Keuchhusten« leiden (7 Kap. 99.21), sollte ihnen grundsätzlich tdp-Impfstoff statt Td -auch ohne öff entliche Empfehlung -angeboten werden. So ließe es sich auch vermeiden, dass die Impfung mit Td-Impfstoff zum Berufsverbot für jene Personen führt, denen in den 5 vorangegangenen Jahren Td-Impfstoff gegeben wurde und denen man wegen der vorangegangenen Monoimpfung ohne Risiko für schwere Lokalreaktionen aktuell keine tdp-Dosis geben kann. Indikationen. Alle noch seronegativen Frauen mit Kinderwunsch (mit serologischer Erfolgskontrolle 8-10 Wochen nach Impfung). Die zu impfende Frau muss darüber informiert werden, dass sie in den nächsten 28 Tagen nach Impfung nicht schwanger werden darf. Die Hepatitis-B-Impfung schützt vor den Spätfolgen der chronischen Infektion, v. a. vor der Leberzirrhose und dem hepatozellulären Karzinom. Die generelle HB-Impfung wird seit 1995 für alle Kinder und Jugendlichen empfohlen. Impfstoff e. Die Impfstoff e enthalten hochgereinigtes Hepatitis-B-Oberfl ächenantigen (HBsAg), das in gentechnisch veränderten Hefezellen hergestellt wird, sowie zusätzlich Aluminiumhydroxyd als Adjuvans. Die Impfstoff e besitzen eine hohe Effi zienz und sind absolut infektionssicher. Über 95% aller gesunden, jüngeren Impfl inge sprechen auf die Grundimmunisierung mit Anti-HBs-Konzentrationen >10 IE/l an. Etwa 5% der Impfl inge antworten entweder nicht (Nonresponder) oder vermindert auf die Impfung. Durch weitere Impfungen (bis zu 3 Injektionen im Abstand von 3 Monaten) kann bei mehr als drei Viertel der Nonresponder eine positive Immunantwort ausgelöst werden. Nebenwirkungen. Die Verträglichkeit des HB-Impfstoff es ist sehr gut. Gelegentlich treten leichte lokale und systemische Reaktionen auf. Schwere Nebenwirkungen, die in eindeutigem kausalem Zusammenhang mit der Impfung stehen, wurden bisher nicht beobachtet. Kontraindikationen. Außer der sehr seltenen Überempfi ndlichkeit gegen Bestandteile des Impfstoff s gibt es keine Kontraindikation. Impfziele. Ziel der Impfung ist die Ausrottung der Hepatitis B. Impfplan. Für die Grundimmunisierung sind insgesamt 3 Dosen eines HB-Impfstoff es empfohlen. Die Grundimmunisierung wird bei Säuglingen ab der 8. Lebenswoche zusammen mit den DTPa-Hib-IPV-Impfungen durchgeführt. Die ersten beiden Impfstoff dosen werden im Abstand von 4-8 Wochen verabreicht, gefolgt von einer 3. Impfung nach 6-12 Monaten im 2. Lebensjahr. Erfolgt die HB-Impfung im Rahmen einer Sechsfach-Kombinationsimpfung erhalten die Säuglinge 3 Dosen im Abstand von 4 Wochen ab der vollendeten 8. Lebenswoche. Der Impfstoff wird i.m. verabreicht, bei Säuglingen in den lateralen Anteil des Oberschenkels, ansonsten in den Oberarm. Serologische Nachtestungen zur Kontrolle des Impferfolgs sind nach der Routineimpfung im Kindes-und Jugendalter nicht erforderlich. Ob regelmäßige Auff rischimpfungen notwendig sind, ist in Diskussion. Eine Titerbestimmung wird nur bei Risikopatienten durchgeführt. Indikationen. Neben der Impfung von Kindern und Jugendlichen sollte die selektive Impfung bei Erwachsenen mit erhöhtem Infektionsrisiko durchgeführt werden (z. B. bei medizinischem und zahnmedizinischem Personal, Beschäftigten in medizinischen Laboratorien, Personal in psychiatrischen Einrichtungen und Fürsorgeeinrichtungen für Zerebralgeschädigte oder Verhaltensgestörte, Dialysepatienten und Patienten mit häufi ger Übertragung von Blut oder Blutbestandteilen u. a.). Im Gegensatz zur Routineimpfung bei Kindern und Jugendlichen sollte nach selektiver Impfung eine Überprüfung der Impfantwort durchgeführt werden (1-2 Monate nach der 3. Dosis). Anhaltspunkte für den Zeitpunkt der Wiederimpfung: Anti-HBs-Titer <10 IE/l: sofort (und Kontrolle), Anti-HBs-Titer 10-100 IE/l: nach 6-12 Monaten, Anti-HBs-Titer >100 IE/l: nach 10 Jahren. Für immuninsuffi ziente und dialysepfl ichtige Patienten gibt es einen verstärkten Impfstoff mit 40 µg HBsAg pro Impfdosis. Bei Neugeborenen infektiöser Mütter sollte sofort die kombinierte aktive und passive Immunisierung durchgeführt werden [unmittelbar post partum, d. h. innerhalb von 12 h 1 ml spezifi sches Hepatitis-B-Immunglobulin (200 IE) + 0,5 ml Hepatitis-B-Impfstoff i.m.; Boosterimpfungen nach 1 und nach 6 Monaten]. Bei Neugeborenen von Müttern, deren HBsAg-Status nicht bekannt ist, wird ebenfalls post partum die Grundimmunisierung mit HB-Impfstoff begonnen. Bei nachträglicher Feststellung einer HBsAg-Positivität der Mutter kann beim Neugeborenen innerhalb von 7 Tagen postnatal die passive Immunisierung nachgeholt werden. Nach Abschluss der Grundimmunisierung ist die serologische Kontrolle erforderlich. Bei akzidenteller Inokulation mit infektiösem Material muss bei Personen mit keiner oder unvollständiger Grundimmunisierung sofort die simultane aktive und passive Immu-• • • nisierung durchgeführt werden (passive Immunisierung, . Tab. 10.5). Für geimpft e Personen gilt: Keine Maßnahmen notwendig, wenn bei exponierter Person der Anti-HBs-Wert nach Grundimmunisierung ≥100 IE/l betrug und die letzte Impfung nicht länger als 5 Jahre zurückliegt oder wenn innerhalb der letzten 12 Monate ein Anti-HBs-Wert von ≥100 IE/l gemessen wurde (unabhängig vom Zeitpunkt der Grundimmunisierung). Sofortige Verabreichung einer Dosis Hepatitis-B-Impfstoff (ohne weitere Maßnahmen), wenn der Anti-HBs-Wert nach Grundimmunisierung ≥100 IE/l betrug und die letzte Impfung 5-10 Jahre zurückliegt. Sofortige Testung des »Empfängers«, wenn Empfänger nicht bzw. nicht vollständig geimpft ist oder wenn Empfänger »Non-« oder »Low-Responder« ist (Anti-HBs nach Grundimmunisierung <100 EI/l) oder wenn der Impferfolg nie kontrolliert wurde oder wenn die letzte Impfung länger als 10 Jahre zurückliegt. Das weitere Vorgehen ist in diesem Fall vom Testergebnis abhängig und in . Tab. 10.3 dargestellt. Die aktive Impfung gegen Hepatitis A stellt die wirksamste Maßnahme zur Verhütung einer Infektion dar. Impfstoff . Der Impfstoff enthält inaktivierte, an Aluminiumhydroxid adsorbierte Hepatitis-A-Viren, die in humanen diploiden Zellen gezüchtet wurden. Hepatitis-A-Impfstoff ist für Kinder ab dem vollendeten 1. Lebensjahr zugelassen. Mittlerweile ist der HAV-Impfstoff auch in Kombination mit Hepatitis-B-Impfstoff verfügbar. Wirkmechanismus. Die Impfung erzeugt neutralisierende Antikörper. Protektion. Spätestens 2 Wochen nach der 1. Impfdosis sind 95-100% der Impfl inge geschützt (schützender Antikörpertiter ≥10 IE/l). Wahrscheinlich persistiert der Impfschutz nach 2 bzw. 3 Injektionen über >20 Jahre. Bei vollständiger Grundimmunisierung wird daher zurzeit keine Auff rischimpfung empfohlen. Impfstoff . Der Impfstoff enthält attenuierte Varizellaviren (Stamm OKA), die auf menschlichen diploiden Zellen vermehrt wurden. Der Impfstoff wird bei einer Kühlschranktemperatur von +2 bis +8°C gelagert und ist 2 Jahre lang haltbar. Der Impfstoff wird s.c. appliziert. Seit 2006 stehen auch MMR-VZV-Kombinationsimpfstoff e zur Verfügung. Wirkmechanismus. Der Impfstoff erzeugt eine VZV-spezifi sche zelluläre und humorale Immunität. Protektion. Die Serokonversionsrate bei gesunden Kindern beträgt >95% mit einer Persistenz spezifi scher Antikörper über den gesamten Beobachtungszeitraum (10-20 Jahre). Eine Impfung schützt immunkompetente Kinder zu mindestens 95% vor einer schweren Varizellenerkrankung. Milde verlaufende Durchbruchserkrankungen mit in der Regel <50 Effl oreszenzen kommen jährlich bei 1-4% der Geimpft en vor, insbesondere nach massiver Exposition im Haushalt. Dagegen liegen Serokonversionsrate, Dauer der Antikörperpersistenz und Schutzeff ekt bei älteren Jugendlichen, jungen Erwachsenen und immunsupprimierten Patienten nach einer Impfung deutlich niedriger. Deshalb werden für diese Personen zwei Impfungen empfohlen. Nebenwirkungen. Die Verträglichkeit bei gesunden Impfl ingen aller Altersgruppen ist ausgezeichnet. Gelegentlich treten Fieber und papulöse Exantheme auf (fast immer ohne Virusausscheidung). Dagegen ist der Impfstoff bei immunsupprimierten Kindern stärker reaktogen (in ca. 40% hohes Fieber mit makulopapulösen und papulovesikulären Exanthemen mit Virusausscheidung). Auch das Impfvirus ist potenziell in der Lage, latente Infektionen in den Spinal-und Hirnnervenganglien zu etablieren. Das Virus kann gelegentlich reaktiviert werden und einen Herpes zoster verursachen. Nach den bisherigen Erfahrungen hat die Impfung jedoch ein geringeres Zoster-Risiko als die Wildvirusinfektion. Kontraindikationen. Kontraindikationen sind Überempfi ndlichkeiten gegen Bestandteile des Impfstoff s (z. B. Framycetin, Neomycin oder Gelatine), akute hochfi eberhaft e Erkrankungen, Schwangerschaft , schwere angeborene oder erworbene Immuninsuffi zienz und Gabe von Blutprodukten, wie z. B. Immunglobuline, während der zurückliegenden 5 Monate. Impfziele. Ziele der generellen Kinderimpfung sind Verringerung der Morbität und Letalität der Varizellen, Herdenimmunität mit Verringung der Ansteckungsgefahr von Risikopatienten und letztlich die Elimination der Varizellen. Impfplan. Die Impfung wird in der Regel im Alter von 11-14 Monaten durchgeführt, entweder simultan mit der 1. MMR-Impfung oder frühestens 4 Wochen danach. Die STIKO empfi ehlt, auch ältere Kinder und Jugendliche ohne Varizellenanamnese zu impfen. Die Nachholimpfungen sollten jederzeit, spätestens im Alter von 9-17 Jahren erfolgen (Impfstoff dosen: Kinder vor dem vollendeten 13. Lebensjahr erhalten 1 Dosis, Jugendliche ab 13 Jahre und Erwachsene 2 Dosen im Abstand von 4-8 Wochen). Bei der Anwendung des neuen Kombinationsimpfstoff es MMRV sind immer 2 Impfstoff dosen erforderlich. Zwischen beiden Dosen sollten mindestens 4-6 Wochen liegen. Indikationen. Weiterhin wird die Varizellenimpfung für folgende medizinische und berufl iche Indikationen empfohlen: seronnegative Frauen mit Kinderwunsch; seronegative Patienten vor geplanter immunsuppressiver Th erapie oder Organtransplantation; seronegative Patienten mit onkologischen Erkrankungen (z. B. Leukämie) frühestens 6 Monate nach Beendigung der zytostatischen Th erapie; empfängliche Patienten mit schwerer Neurodermitis; empfängliche Kontaktpersonen zu den oben Genannten; sernonegatives Personal im Gesundheitsdienst, insbesondere in der Pädiatrie, Onkologie, Gynäkologie/Geburtshilfe, Intensivmedizin und Betreuung von Immundefi zienten. Die Varizellenimpfung kannn auch bei empfänglichen Patienten mit asymptomatischer HIV-Infektion erwogen werden, wenn die CD4-positive Lymphozytenzahl mindestens 25% des altersentsprechenden Normalwertes erreicht. Postexpositionelle Impfung. Bei empfänglichen Personen mit Kontakt zu Risikopersonen ist eine postexpostionelle Riegelungsimpfung innerhalb von 5 Tagen nach Exposition oder innerhalb von 3 Tagen nach Beginn des Exanthems beim Indexfall zu erwägen. Passive Immunisierung. Passive Immunisierung mit Varizella-Zoster-Immunglobulin . Tab. 10.5. Durch aktive Immunisierung gegen FSME kann eine Erkrankung mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert werden. Impfstoff e. Die Impfstoff e enthalten an Aluminiumhydroxyd adsorbierte, formalininaktivierte FSME-Viren, die auf embryonalen Hühnerfi broblasten angezüchtet wurden. Der FSME-Impfstoff ist für Kinder ab dem vollendeten 1. Lebensjahr zugelassen. Wirkmechanismus. Die Impfung erzeugt neutralisierende Antikörper. Protektion. Der Impfschutz beträgt -gemessen an der Antikörperkonversion -nach 2 Injektionen mindestens 90% und nach 3 Injektionen nahezu 100%. Die Dauer des Impfschutzes beträgt mindestens 3 Jahre. Die aktive Immunisierung gegen FSME schützt vor Erkrankungen sowohl durch den europäischen als auch durch den sibirischen und fernöstlichen Subtyp des Virus. Nebenwirkungen. Bei ca. 10-20% der Geimpft en treten -vorzugsweise nach der 1. Impfung -lokale Reaktionen (Rötung, Schwellung, Schmerzhaft igkeit an der Injektionsstelle) und »grippale« Allgemeinsymptome mit Fieber auf. Vereinzelt wurden Neuritiden beobachtet (Kausalität nicht nachgewiesen). Kontraindikationen. Kontraindikationen sind hochfi eberhaft e Erkrankungen und Überempfi ndlichkeitsreaktionen gegen Bestandteile des Impfstoff es. Impfplan. Das konventionelle Impfschema besteht aus zwei Injektionen im Abstand von 14 Tagen bis 3 Monaten und einer 3. Impfung nach 9-12 Monaten. Bei anhaltendem Expositionsrisiko sind weitere Auff rischimpfungen alle 3 Jahre erforderlich. Bei sehr kurzfristig geplanten Reisen in einem Risikogebiet kann ausnahmsweise auch ein Schnellimmunisierungsschema nach Angaben der Hersteller angewandt werden. Indikationen. Die FSME-Schutzimpfung ist für alle Personen zu empfehlen, die sich innerhalb und außerhalb Deutschlands in einem Risikogebiet aufh alten und für die ein Expositionsrisiko besteht. Für die Impfung besteht keine Altersbegrenzung (FSME-Risikogebiete 7 Kap. 205). Nach einer durchgemachten FSME besteht lebenslange Immunität. Passive Immunisierung. Spezifi sche Immunglobulinpräparate zur passiven Immunisierung stehen nicht mehr zur Verfügung. Die Infl uenza ist eine bedrohliche Infektionskrankheit, besonders für Patienten mit chronischen Grundleiden. Das gilt für alle Altersklassen. Impfstoff e. Die Impfstoff e enthalten gereinigte Oberfl ächenantigene von seuchenaktuellen Infl uenzaviren, die in Hühnerembryonen gezüchtet wurden. Das Ausgangsmaterial besteht zurzeit aus 2 Infl uenzavirus-A-Subtypen und Infl uenzavirus Typ B (trivalenter Impfstoff ). Der Impfstoff enthält Hühnereiweiß. Ein kälteadaptierter trivalenter Lebendimpfstoff und eine Zellkulturvakzine stehen in Deutschland zurzeit noch nicht zur Verfügung. Wirkmechanismus. Die Impfung erzeugt neutralisierende Antikörper. Protektion. Der Impfschutz beträgt 70-90% bei gesunden Personen <60 Jahren und guter Übereinstimmung von Impfviren und zirkulierenden Wildviren. Der frühestmögliche Schutz wird 10-14 Tage nach der Impfung erreicht. Bei zwischenzeitlichem Ausbruch einer Infl uenza-A-Epidemie kann die Zeit bis zum Erreichen eines Impfschutzes mit dem Virostatikum Amantadin oder dem Neuraminidasehemmer Oseltamivir überbrückt werden (Dosierung 7 Kap. 100.4). Nebenwirkungen. Mitunter werden leichte lokale und systemische Nebenwirkungen in den ersten 48 h nach der Impfung beobachtet. Kontraindikationen. Vorsicht bei Überempfi ndlichkeit gegen Hühnereiweiß! Impfziele. Die Impfung erzeugt einen Individualschutz. Impfplan. Erwachsene und Kinder ab 3 Jahren erhalten 0,5 ml, Kinder ab 6 Monate bis 3 Jahre 0,25 ml Impfstoff . Kinder, die zuvor nicht infi ziert oder geimpft waren, sollten nach mindestens 4 Wochen eine 2. Impfdosis erhalten. Bevorzugte Impfzeit ist Oktober/Anfang November. Die Impfantikörper fallen innerhalb eines Jahres rasch ab. Bei weiterbestehendem Gesundheitsrisiko sind deshalb jährliche Wiederimpfungen mit aktualisierten Vakzinen erforderlich. Indikationen. Die Impfstrategie in Deutschland ist zurzeit zielgruppenorientiert. Die Infl uenzaimpfung wird für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidens empfohlen (chronische Krankheiten der Atemwege, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Leber-und Nierenkrankheiten, Diabetes und andere Stoffwechselkrankheiten, multiple Sklerose mit durch Infektionen getriggerten Schüben, angeborene und erworbene Immundefekte mit T-und/oder B-zellulärer Restfunktion, HIV-Infektion). Darüber hinaus ist die Impfung indiziert für alle Per-sonen ab 60 Jahren, für Personen mit erhöhter Gefährdung (z. B. medizinisches Personal, Personen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr) sowie für Personen, die als mögliche Infektionsquelle für von ihnen betreute ungeimpft e Risikopersonen fungieren können. Die Morbidität und Letalität durch Pneumokokken-Infektionen ist hoch, besonders bei Kindern <2 Jahre und Personen >65 Jahre. Das Erkrankungsrisiko durch Pneumokokken wird durch bestimmte Grundkrankheiten wie z. B. funktionelle oder anatomische Asplenie drastisch erhöht. Ein weiteres Problem ist die zunehmende Resistenz der Pneumokokken gegenüber Makroliden und β-Laktam-Antibiotika. Impfstoff . Der klassische Polysaccharidimpfstoff enthält gereinigte Kapselpolysaccharide von 23 Serotypen, die für 85-90% der invasiven Pneumokokken-Infektionen verantwortlich sind. Es handelt sich um eine sog. T-Zell-unabhängige Vakzine (kein Aufb au eines immunologischen Gedächtnisses, kein Boostereff ekt). Reine Polysaccharidimpfstoff e sind unwirksam bei Säuglingen und Kleinkindern <2 Jahre. Seit dem Frühjahr 2001 steht auch in Deutschland ein neuer, besser immunogener Pneumokokken-Konjugatimpfstoff zur Verfügung, der bereits bei Säuglingen eine protektive Immunantwort induziert. Der Impfstoff enthält die an das Trägerprotein CRM 197 (atoxische Mutante des Diphtherietoxins) gekoppelten Poly-bzw. Oligosaccharide der Pneumokokken-Serotypen 4, 6B, 9V, 14, 18C, 19F und 23F. Dieser 7-valente Impfstoff deckt mindestens 70 % der in Deutschland für das Kleinkindalter bedeutsamen Serotypen ab. In Weiterentwicklung sind Konjugatimpfstoff e mit einem erweiterten Spektrum an Serotypen (9-und 11-valente Impfstoff e). Die Impfstoff e erzeugen opsonisierende Antikörper gegen die in der Vakzine enthaltenen Pneumokokken-Serotypen. Protektion. Nach Aussage von Studien, die vorwiegend bei Erwachsenen durchgeführt wurden, schützen reine Polysaccharidimpfstoff e in ca. 60% vor invasiven Infektionen. Gegen lokale Infektionen (Otitis media, Sinusitis) besteht kein Schutz. Die Wirksamkeit des 7-valenten Konjugatimpfstoff es ist in zahlreichen Untersuchungen gut belegt. In einer in Kalifornien durchgeführten Studie zeigte der 7-valente Impfstoff eine hohe Wirksamkeit gegen jene invasiven Pneumokokken-Infektionen (Meningitis, bakteriämische Verläufe), deren Serotypen im Impfstoff vorhanden waren. Deutlich geringere Wirksamkeiten wurden gegen lokalisierte Pneumokokken-Infektionen (Pneumonie, Otitis media) festgestellt. Zur Eff ektivität des Konjugatimpfstoff es bei Hochrisikogruppen gibt es zurzeit noch keine Daten. Nebenwirkungen. In den ersten Tagen p.v. können milde lokale (Schmerzen, Rötung, Schwellung) und mäßige systemische Reaktionen (Fieber, Schläfrigkeit, Myalgien) auft reten. Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden bisher nicht beobachtet. Kontraindikationen. Kontraindikationen sind akute hochfi eberhaft e Erkrankungen und Unverträglichkeitsreaktionen gegen Bestandteile der Impfstoff e. Impfplan Pneumokokken-Konjugatimpfstoff . Seit Juli 2006 wird die generelle Impfung gegen Pneumokokken mit Pneumokokken-Konjugatimpfstoff für alle Kinder bis 24 Monate empfohlen. Das Impfschema besteht aus 3 Impfungen im Abstand von jeweils 1 Monat ab dem vollendeten 2. Lebensmonat, gefolgt von einer 4. Impfung zu Beginn des 2. Lebensjahres. Der 7-valente Pneumokokken-Konjugatimpfstoff kann simultan mit den bisher verfügbaren hexavalenten Impfstoff en gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Poliomyelitis, Haemophilus infl uenza Typ b und Hepatitis B und mit MMR-Impfstoff und Varizellenimpfstoff verabreicht werden. Polysaccharidimpfstoff . Kinder (ab vollendetem 2. Lebensjahr), Jugendliche und Erwachsene erhalten 0,5 ml Polysaccaridimpfstoff entweder i.m. oder tief s.c. Bei fortdauerndem Risiko ist die Impfung im Abstand von frühestens 3 Jahren (bei Kindern unter 10 Jahren) bzw. 6 Jahren (bei Erwachsenen) zu wiederholen. Zuvor mit Konjugatimpfstoff geimpft e Kleinkinder sollten bei fortdauernder gesundheitlicher Gefährdung ab dem 3. Lebensjahr zusätzlich eine Impfung mit Polysaccharidimpfstoff erhalten (Mindestabstand von 2 Monaten nach der letzten Impfung mit Konjugatimpfstoff ). Für bisher ungeimpft e Kinder im Alter vom 3. bis vollendeten 5. Lebensjahr mit hohem Risiko wird zunächst eine Impfung mit dem 7-valenten Konjugatimpfstoff empfohlen, gefolgt von einer Impfung mit dem 23-valenten Polysaccharidimpfstoff im Abstand von mindestens 2 Monaten. Bei erhöhtem Expositionsrisiko ist auch die präexpositionelle Impfung angezeigt. Dazu genügen 3 Injektionen an den Tagen 0, 7 und 21 (oder 28), gefolgt von einer Boosterinjek-tion nach 1 Jahr, und ggf. weitere Auff rischimpfungen nach 3-5 Jahren (evtl. nach Titerkontrollen). Auch nach korrekt durchgeführter prophylaktischer Impfung sollten im Falle eines Viruskontaktes je eine Dosis Impfstoff sofort und 3 Tage später verabreicht werden. Insgesamt lässt sich aus den klinischen Studien die Vermutung ableiten, dass die BCG-Impfung bei erhöhtem Infektionsrisiko einen gewissen schwer abschätzbaren Schutzeff ekt besitzt, wobei hierfür in Gebieten mit niedriger Tuberkuloseinzidenz (wie zurzeit in Deutschland) noch kein Nachweis erbracht wurde. Am ehesten scheinen Säuglinge und Kleinkinder von der Impfung zu profi tieren (Verhinderung der generalisierten Verlaufsformen, die allerdings zurzeit in Deutschland sehr selten auft reten). Nebenwirkungen. Zu den häufi gen Nebenwirkungen der BCG-Impfung zählen Impfulzera, Abszesse und Lymphadenitiden (Häufi gkeit der suppurativen Lymphadenitis bei Kindern <2 Jahren ca. 0,3%). Osteomyelitiden treten nach BCG-Impfung in einer Häufi gkeit von etwa 1:100.000 auf. Bei Neugeborenen mit angeborenen T-Zell-Defekten besteht ein hohes Risiko einer lebensbedrohlichen, generalisierten BCGitis. Indikationen. Die nur ungenügend belegte Wirksamkeit des einzigen in Deutschland zugelassenen BCG-Impfstammes und die rückläufi ge Zahl der Tuberkulosefälle haben die Ständige Impfk ommission bewogen, eine neue Nutzen-Risiko-Bewertung vorzunehmen. Die STIKO erkannte, dass dem evtl. zu erwartenden Nutzen der Impfung ein ebenso großer möglicher Schaden gegenübersteht. Die Tuberkuloseschutzimpfung wird deshalb seit April 1998 nicht mehr allgemein empfohlen. Der Impfstoff darf in Deutschland auch auf Wunsch der Eltern (z. B. für den Fall, dass diese mit sehr jungen Kindern für längere Zeit in Hochendemieländer ausreisen wollen) nur dann noch verabreicht werden, wenn zuvor ein angeborener oder erworbener Immundefekt mit größtmöglicher Sicherheit ausgeschlossen wurde. H.-J. Schmitt, M. Hufnagel Die Vermeidung potenziell kontaminierter Speisen und Getränke (auch unter 7 Abschn. »Choleraschutzimpfung«) ist die beste Maßnahme zur Prophylaxe des Typhus. Weiterhin stehen oral oder parenteral zu applizierende Impfstoff e zur Verfügung. Parenteraler Impfstoff . Der Impfstoff enthält 25 µg gereinigtes Vi-Kapselpolysaccharid-Antigen von Salmonella Typhi, das nach einmaliger parenteraler Applikation die Bildung protektiver Antikörper gegen den Erreger induziert. Gegen Salmonellen, die nicht über das Vi-Antigen verfügen, besteht kein Schutz (z. B. S. Paratyphi A und B). Ab der 3. Woche besteht ein Schutzrate von 77% für wenigstens 12 Monate. Boosterdosen werden bei entsprechender Exposition alle 3 Jahre empfohlen. Über Lokalreaktionen berichten rund 20% der Impflinge, Allgemeinreaktionen werden bei 3% registriert. Akute fi eberhaft e Erkrankungen, schwere Reaktionen auf eine vorangegangene Dosis gelten als Kontraindikation. Die Impfstoff zulassung besteht ab einem Alter von 2 Jahren. Schwangerschaft ist eine relative Kontraindikation. Oraler Impfstoff . Der Impfstoff enthält mindestens 2 Milliarden lebende, lyophilisierte, attenuierte und 5 Milliarden inaktivierte S. Typhi-(StammTy21a) -Bakterien in einer magensaftresistenten Kapsel. An den Tagen 1, 3 und 5 wird unabhängig vom Alter jeweils 1 Kapsel 1 h vor einer Mahlzeit eingenommen. Bei Reisen in Endemiegebiete werden Boosterdosen jährlich, bei Aufenthalt in einem Endemiegebiet alle 3 Jahre empfohlen. 7-10 Tage nach der 3. Dosis beträgt die Schutzrate wenigstens 67%, nach 5-8 Dosen sogar 87%. Kontraindikationen sind Säuglingsalter, akute gastrointestinale Krankheiten (Diarrhö!), schwere Reaktionen auf eine vorangegangene Dosis, schwerer T-Zell-Defekt, wie z. B. bei symptomatischer HIV-Infektion (Lebendimpfstoff !), und Schwangerschaft . An möglichen Interaktionen sind zu berücksichtigen: Antibiotika (können Impfstamm inaktivieren), Laxanzien sowie Mittel zur Malariaprophyalxe (Chloroquin, Pyrimethamin/Sulfadoxin, Mefl oquin, Proguanil: jeweils 3 Tage Abstand). Kein Impfstoff gegen Typhus kann übliche Hygienemaßnahmen ersetzen. Die Wirksamkeit des oralen und des parenteralen Impfstoff es ist -in Kenntnis der verschiedenen Studiendetails -vergleichbar hoch, und es bleibt dem Arzt überlassen, nach Alter des Patienten und anderen Aspekten (s. oben) individuell zu entscheiden. H.-J. Schmitt Impfstoff . Es handelt sich um einen Lebendimpfstoff mit attenuierten Gelbfi eberviren (Stamm 17D), die in Hühnerembryonen gezüchtet wurden. Protektion. Die Dokumentation der Wirksamkeit erfolgte im Wesentlichen auf epidemiologischer Basis durch Vergleich Ungeimpft er mit großen Kohorten Geimpft er vor 1940-1953 (Rückgang der Inzidenz von 35 auf 2,7%). Gelegentlich werden Lokal-und Allgemeinreaktionen beobachtet. Sehr selten ist insbesondere bei jungen Säuglingen eine durch den Impfstamm bedingte Enzephalitis beobachtet worden. In einigen wenigen Fällen trat in kausalem Zusammenhang mit der Impfung ein Multiorganversagen auf. In Deutschland ist der Impfstoff (Handelsnamen: Stamaril) erst ab dem 6. Lebensmonat zugelassen. Der Impfstoff enthält Hühnereiweiß, weswegen bei entsprechender Allergie besondere Vorsicht geboten ist. Der Lebendimpfstoff sollte Schwangeren und Patienten mit relevantem Immundefekt nicht gegeben werden. Auf ausreichenden Abstand zu anderen Impfungen ist zu achten, sofern nicht zeitgleich geimpft wird. Nach Immunglobulingabe sollte -je nach Dosis -wenigstens 3 Monate mit der Gabe des Impfstoff es gewartet werden (Inaktivierung durch neutralisierende Antikörper). Impfziele. Der Impfstoff erzeugt einen Individualschutz vor Gelbfi eber für Reisende in Endemiegebiete. Impfplan. Einmalige Impfung (0,5 ml i.m. oder s.c.) in einer von den Gesundheitsbehörden zugelassenen Gelbfi eberimpfstelle. Boosterimpfungen werden alle 10 Jahre empfohlen. Indikationen. Der alte Ganzkeimimpfstoff ist nur noch indiziert, wenn ein Land auf der Impfung als Voraussetzung für eine Einreise besteht und neuere Impfstoff e nicht gegeben werden können. Kein Choleraimpfstoff hat eine Relevanz für Kurzzeitreisende in Endemiegebiete, da das Risiko, an Cholera zu erkranken, bei nur 1:100.000 liegt. Indiziert ist eine Impfung gegen Cholera ggf. für Personen, die sich häufi g oder langfristig in Endemiegebieten aufh alten. H.-J. Schmitt Impfstoff e. In Deutschland ist ein Polysaccharidimpfstoff gegen Meningokokken der serologischen Gruppen A und C sowie ein Impfstoff gegen die Gruppen A, C, W-135 und Y ab einem Alter von 24 Monaten zugelassen. Konjugatimpfstoff e gegen Meningokokken der Gruppe C sind bereits ab einem Alter von 2 Monaten anwendbar. Bald könnten auch A-, C-, W-135-, Y-Konjugatimpfstoff e sowie ein weiterer Impfstoff zur Verfügung stehen, auch an einem Impfstoff mit Komponenten gegen Typ B wird gearbeitet. Wirkmechanismen. Die Applikation von Kapselpolysacchariden führt zur Bildung opsonierender Antikörper gegen den entsprechenden Serotyp. Wie bei anderen Polysaccharidimpfstoff en hängt die Immunogenität vom Alter des Impfl ings ab. Kinder unter 2 Jahren entwickeln nur eine unzureichende Antikörperantwort. Auch bei älteren Kindern sind die erzielbaren Antikörperkonzentrationen niedriger als bei Erwachsenen. Konjugate bieten gegenüber den reinen Polysacchariden den Vorteil, dass sie eine bessere immunologische Gedächtnisantwort und klinisch eine ausgeprägte Herdenimmunität erzeugen. Protektion. Neben dem Alter des Impfl ings hängt die Wirksamkeit des Impfstoff s auch vom Kapseltyp ab. Eine fi nnische Studie zeigte überraschenderweise eine klinische Wirksamkeit der »Gruppe-A-Impfung« bereits ab einem Alter von 3 Monaten. Für die »Gruppe-C-Vakzine« konnte hingegen keine klinische Wirksamkeit bei Kindern bis zu einem Alter von 23 Monaten nachgewiesen werden. Unter epidemischen Bedingungen wurde bei Erwachsenen eine Wirksamkeit von 90% ermittelt. Die Gruppe-Y-und W-135-Polysaccharide zeigen bei Erwachsenen eine gute Immunogenität. Die Schutzdauer beträgt rund 3-5 Jahre. Die Konjugatimpfstoff e induzieren Protektionsraten weit über 90% schon im frühen Kindesalter. Nebenwirkungen. Wie für andere Totimpfstoff e liegt die Häufi gkeit relevanter lokaler Reaktionen unter 10%, systemische Reaktionen sind selten. Als unerwünschte Ereignisse sind selten vorübergehende Schwäche, Parästhesien und Kopfschmerzen beschrieben worden. Bleibende Schäden beim Impfl ing sind nicht bekannt. Kontraindikationen. Außer den sehr seltenen Unverträglichkeitsreaktionen bestehen keine Kontraindikationen gegen die verfügbaren Meningokokken-Impfstoff e. Daten über den Einsatz während der Schwangerschaft liegen derzeit nicht vor. Impfziele. Mit Polysaccharidimpfstoff en ist der Individualschutz vor Krankheit durch bestimmte Kapseltypen zu Zeiten erhöhten Risikos das einzig mögliche Impfziel. Indiziert sind Meningokokken-Polysaccharide daher für Reisende in Endemiegebiete, für möglicherweise exponiertes Laborpersonal, für Personen mit Immundefekten, sofern eine ausreichende immunologische Restfunktion besteht (Komplementdefekte; Properdindefekte; Hypogammaglobulinämie; Asplenie) sowie auf Empfehlung der Gesundheitsbehörden im Rahmen einer Epidemie, hervorgerufen durch einen Kapseltyp, der in einem der beiden Impfstoff e vertreten ist. Konjugatimpfstoff e können darüber hinaus eine ausgeprägte Herdenimmunität erzeugen. Eine einzelne Impfdosis im zweiten Lebensjahr ist bei Betrachtung über einige Jahre hinweg fast genauso eff ektiv, wie wenn man zusätzlich eine Grundimmunisierung im Säuglingsalter appliziert. Impfplan. Die Immunisierung mit Polysaccharidimpfstoff en erfolgt einmalig mit 0,5 ml Impfstoff streng s.c. Boosterdosen sind bei weiter bestehendem hohem Infektionsrisiko indiziert. Kapseltyp-C-Konjugatimpfstoff e können ab dem 2. Lebensjahr gegeben werden. Das jeweils zugelassene Impfschema ist der Fachinformation des Herstellers zu entnehmen. In jedem Fall ist eine Dosis im 2. Lebensjahr notwendig -als Booster nach Grundimmunisierung im Säuglingsalter oder als einzelne Impfdosis. In Deutschland ist die Gabe eines Meningokokken-C-Konjugatimpfstoff es ab dem frühen 2. Lebensjahr bis 18 Jahre empfohlen. H.-J. Schmitt Rotaviren sind weltweit die häufi gste Ursache von Diarrhö im frühen Kindesalter. Die Durchseuchung bis zum Alter von 5 Jahren liegt bei mehr als 95%. Die Letalität ist mit mehr als 600.000 Fällen pro Jahr in Entwicklungsländern ausgesprochen hoch, in Industrienationen ist sie gering, bei hoher Morbidität. Im Gegensatz zur Situation mit anderen Darmpathogenen haben Hygienemaßnahmen nur wenig Einfl uss auf die Erregerübertragung. Ein erster oraler Lebendimpfstoff wurde in den USA schon kurz nach seiner Zulassung wieder vom Markt genommen, weil in zeitlichem Zusammenhang mit seiner Anwendung in den ersten Tagen nach Impfung eine Häufung von Fällen mit Invagination beobachtet worden war. Zwei neue orale Rotavirus-Lebendimpfstoff e wurden kürzlich zugelassen. Für beide fand sich in klinischen Studien mit jeweils mehr als 60.000 Probanden kein Hinweis auf eine Invagination. Teilweise war die Fallzahl sogar signifi kant reduziert. Die Wirksamkeit lag in der Größenordnung von rund 90%, knapp die Hälft e aller Fälle von Diarrhö im frühen Kindesalter ließ sich verhindern. Nach aktuellem Verständnis ist eine Infektion mit humanen Papillomaviren (HPV) eine notwendige Voraussetzung für das Entstehen eines Zervixkarzinoms. In Deutschland treten davon -trotz Screeningprogramm -noch mehr als 7000 Fälle pro Jahr neu auf, 2000 Frauen sterben jedes Jahr an den Folgen des Karzinoms. Die HPV-Typen 16 und 18 sind weltweit die häufi gste Ursache. In klinischen Studien konnte gezeigt werden, dass zwei neue HPV-Impfstoff e eine Infektion mit HPV zu 70% reduzieren können. Es ist anzunehmen, dass dementsprechend auch die Rate der Karzinomfällle langfristig sinken wird -zeigen wird sich das frühestens in 10 Jahren. Die Impfung funktioniert optimal, wenn sie vor der ersten Infektion mit dem entsprechenden HPV-Typ appliziert wird, d. h. an Mädchen vor dem ersten Geschlechtsverkehr. Humane Immunglobulinpräparate werden entweder aus gepooltem Plasma von mindestens 1000 Blutspendern hergestellt (normales Immunglobulin, Standard-Ig) oder aus Plasma ausgesuchter Spender mit erhöhten spezifi schen Antikörpertitern (spezielle Immunglobuline). Diese Präparate enthalten überwiegend Antikörper der IgG-Klasse (Halbwertzeit ca. 21 Tage) und kleine Mengen an IgA. Viele handelsübliche Präparate liegen als 16%ige Lösung vor; sie sind nur für den intramuskulären Gebrauch bestimmt. Versehentliche intravenöse Applikation kann zu schwersten anaphylaktischen Reaktionen führen. Inzwischen stehen auch besonders behandelte Präparate zur intravenösen Anwendung zur Verfügung. Die Vor-und Nachteile intramuskulär und intravenös applizierbarer Präparate sind sorgsam gegeneinander abzuwägen. Intramuskulär applizierbare Immunglobuline sind billiger. Die Antikörper werden jedoch langsamer resorbiert; außerdem kommt es zu Verlusten durch proteolytischen Abbau in der Muskulatur. Die teuren intravenös applizierbaren Präparate sind überall dort indiziert, wo schnell hohe, intravenöse Antikörperspiegel notwendig sind. Einige Indikationen für die passive Immunprophylaxe mit humanen Immunglobulinen sind in . Tab. 10.5 zusammengestellt. Unwirksam war bisher die Prophylaxe gegen Mumps und Pertussis. Deshalb wurden die zur Verfügung stehenden Präparate inzwischen aus dem Handel gezogen. Rötelnimmunglobulin zur passiven Prophylaxe wird in Deutschland nicht mehr hergestellt, kann aber über Auslandsapotheken bezogen und eigenverantwortlich injiziert werden. Passive Immunprophylaxe mit »humanisierten« monoklonalen Antikörpern zur Verhinderung schwerer RSV-Infektionen bei Hochrisikopatienten 7 Kap. 100.6. Heterologe Antiseren, die Antikörper tierischen Ursprungs enthalten, werden heute nur noch selten eingesetzt, z. B. gegen Diphtherie, Botulismus, Gasbrand, Schlangengift e und Skor-piongift e. Bis auf Botulismusantitoxin sind die anderen heterologen Antiseren in Deutschland nicht mehr verfügbar. Sie müssen aus dem Ausland bezogen werden. Die Anwendung heterologer Antiseren darf nur nach strenger Indikationsstellung erfolgen, da die artfremden Proteine die große Gefahr der Sensibilisierung in sich bergen. So kann es 6-13 Tage nach Serumgabe zu serumkrankheitsartigen Symptomen kommen (Fieber, Urtikaria, Arthritis, Neuritis, Nephritis). Die wiederholte Gabe von Antiseren der gleichen Tierart kann einen lebensbedrohlichen, anaphylaktischen Schock auslösen. Advisory Committee on Immunization Practices (1998) Measles, mumps and rubella vaccine use and strategies for elimination of measles, rubella and congenital rubella syndrome and control of mumps Effi cacy, safety and immunogenicity of heptavalent pneumococcal conjugate vaccine in children Harmonisation in pharmacovigilance Effi cacy of a pneumococcal conjugate vaccine against acute otitis Recommendations for using MMR vaccine in children allergic too eggs Proportion of invasive pneumococcal infections in German children preventable by pneumococcal conjugate vaccines Th omas DL (1997) Vaccines to prevent viral hepatitis Inactivated polio vaccine: past and present experience Pertussis vaccines Kinderimpfung gegen Varizellen Hinweise für Ärzte zum Aufk lärungsbedarf bei Schutzimpfungen Hinweise zu Impfungen für Patienten mit Immundefi zienz Impfempfehlungen der Ständigen Impfk ommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut Adverse events associated with childhood vaccines. Evidence bearing on causality. Institute of Medicine A review of varicella vaccine Vaccine induced immunologic memory for hepatitis B surface antigen: implications for policy on booster vaccination Current issues with infl uenza vaccination in egg allergy Evidence for induction of polysaccharid specifi c B cell memory in the 1st year of life: plain Haemophilus infl uenzae type b -PRP (Hib) boosters children primed with a tetanus-conjugate Hib-DTPa-HBV combined vaccine Für Personen mit einer Grundkrankheit sind ggf. weitere Impfungen indiziert. Weitere Impfungen sind je nach Art der Reise (»Rucksacktourismus« mit Fahrten in entlegene ländliche Regionen oder Nobelhotel in der Hauptstadt) und Dauer (Langzeitaufenthalt aus berufl ichen Gründen Hinweise für Ärzte zum Aufk lärungsbedarf bei Schutzimpfungen. Stand: Januar Empfehlungen der Ständigen Impfk ommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut. Stand: Juli Hinweise zu Impfungen bei Patienten mit Immundefi zienz H.-J. Schmitt Die Grundimmunisierung im Säuglingsalter erfolgt heute in der Regel mit Sechsfach-Impfstoff (DTaP-Hib-IPV-HBV).Diese Impfstoff e haben eine exzellente Immunogenität, und die kombinierte Gabe reduziert die Zahl der Lokalreaktionen im Vergleich zu Einzelinjektionen um rund zwei Drittel, ohne dass die Häufi gkeit relevanter Allgemeinreaktionen zunimmt. Mit den zusammen 23 Komponenten in diesen Impfstoff en wird das Immunsystem eines Säuglings keinesfalls »überfordert« -der Pertussisganzkeimimpfstoff allein hatte rund 3000 Komponenten.Kombinationsimpfstoff e haben in Deutschland die Impfraten signifi kant gesteigert. Fünf Jahre nach der Empfehlung, alle Kinder gegen Hib zu impfen, lagen die Impfraten bei nur 60% (1996/1997) . Mit der Zulassung von Kombinationsimpfstoff en (DTaP-Hib: 1996; DTaP-Hib-IPV: 1998; DTaP-Hib-IPB-HBV: 2000) stiegen die Impfraten auf 84% (2002/2003 Um einen möglichst frühen Schutz zu gewährleisten, wird die erste Dosis DTaP-Kombinationsimpfstoff ab der vollendeten 8. Lebenswoche gegeben, 2 weitere Dosen folgen im Abstand von jeweils 4 Wochen. Eine vierte Dosis wird mit 11-14 Monaten gegeben. Damit ergibt sich das »deutsche Impfschema« für DTaP-Kombinationen mit 2, 3, 4 und mit 11-14 Monaten. Boosterdosen (tdp) erfolgen mit 5-6 Jahren, und mit 9-17 Jahren wird eine tdp-IPV-Dosis appliziert. Weitere Td-Dosen sollten danach im Abstand von 10 Jahren erfolgen (. Tab. 10.1). aufgrund der Anzahl der betroff enen Zähne, dem Schweregrad der Zerstörung, dem geringen Alter der Kinder und der daraus resultierenden geringen Kooperationsfähigkeit das größte kinderzahnheilkundliche Problem (. Abb. 11.2a), das häufi g nur durch eine zahnärztliche Sanierung in Narkose gelöst werden kann. Schmelz-oder Dentinbildungsstörungen sind demgegenüber vergleichsweise seltener (. Abb. 11.2b). Kariesätiologie und -diagnose. Die frühere Auff assung, dass Karies das »Loch« im Zahn ist und mit einer Füllung therapiert wird, ist überholt. Karies (. Abb. 11.3) ist ein chronisches Ungleichgewicht zwichen demineralisierenden und remineralisierenden Faktoren. Die Demineralisation erfolgt durch organische Säuren, die in der Mundhöhle durch bakterielle Verstoff wechselung aus insbesondere kurzkettigen Kohlenhydraten entstehen. Diese und andere ätiopathogenetische Faktoren lassen sich diagnostisch, präventiv und therapeutisch nutzen.