key: cord-0035600-2aub5dos authors: Dietze, Thomas; Anger, Friedrich; Bredenkötter, Daniel; Germer, Christoph-Thomas; Heinrich, Stefan; Höschel, Thea; Jänig, Christoph; Köhl, Maria; Krausbauer, Uwe; Sauer, Diana; Völker, Klaus; Wenzel, Julia; Wittstamm, Jan title: Relevante Nebenerkrankungen zu Notfallindikationen und Notfalloperationen in der Viszeral- und Allgemeinchirurgie date: 2019 journal: Notfälle in der Allgemein- und Viszeralchirurgie DOI: 10.1007/978-3-662-53557-8_28 sha: 12cce97a26341f090c47964d54d98e7e9e165640 doc_id: 35600 cord_uid: 2aub5dos Die Adipositas ist eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts und wird über den Body-Mass- Index (BMI = kg/m) bestimmt. Ab einem BMI von 30 kg/m liegt definitionsgemäß eine Adipositas vor. Der Krankheitswert ergibt sich aus der Assoziation von Folgeerkrankungen, deren Risiko mit der Prävalenzdauer und dem Schweregrad der Adipositas ansteigt (Tab. 28.1). Dabei korreliert das kardiovaskuläre Risiko besonders mit dem Vorliegen einer viszeralen Adipositas (>88/102 cm Taillenumfang bei Frauen/ Männern). Die Prävalenz der Adipositas steigt in Deutschland kontinuierlich an. Derzeit ist knapp ein Viertel der deutschen Bevölkerung als adipös einzustufen. Gerinnungsstörungen und Gerinnungsmanagement -401 28 Die Adipositas ist eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts und wird über den Body-Mass-Index (BMI = kg/m 2 ) bestimmt. Ab einem BMI von 30 kg/m 2 liegt definitionsgemäß eine Adipositas vor. Der Krankheitswert ergibt sich aus der Assoziation von Folgeerkrankungen, deren Risiko mit der Prävalenzdauer und dem Schweregrad der Adipositas ansteigt (. Tab. 28.1). Dabei korreliert das kardiovaskuläre Risiko besonders mit dem Vorliegen einer viszeralen Adipositas (>88/102 cm Taillenumfang bei Frauen/ Männern). Die Prävalenz der Adipositas steigt in Deutschland kontinuierlich an. Derzeit ist knapp ein Viertel der deutschen Bevölkerung als adipös einzustufen. Die pathophysiologischen Veränderungen sorgen für eine Beeinträchtigung der kardialen, pulmonalen und immunologischen Leistungsfähigkeit des Patienten. Damit scheint die Adipositas ein erheblicher Risikofaktor für die Entwicklung postoperativer Komplikationen nach allgemein-und viszeralchirurgischen Eingriffen zu sein. Dies muss jedoch differenziert betrachtet werden. Die Studienlage hinsichtlich postoperativer Komplikationen in der Allgemein-und Viszeralchirurgie bei Patienten mit Adipositas ist derzeit nicht eindeutig, prospektiv randomisierte Daten fehlen. So zeigt sich in großen Kohorten studien, dass die Rate an postoperativen Wundinfektionen im Kollektiv der adipösen Patienten erhöht ist. Allerdings stellt die Adipositas in der univariaten Analyse keinen unabhängigen Risikofaktor für die Entwicklung postoperativer Komplika tionen nach elektiven Eingriffen dar (Dindo et al. 2003) . Auch der Anteil schwerer Komplikationen (Grad III-V nach Clavien Dindo) bleibt in der Gruppe der adipösen Patienten unverändert zum normalgewichtigen Patientenkollektiv. Dies gilt sowohl für elektive als auch Notfalleingriffe, jedoch nicht bei übergewichtigen und adipösen Patienten in der onkologischen Chirurgie. Hier treten schwere postoperative Komplikationen signifikant häufiger auf (Collaborative 2016). Beide Studien berücksichtigen jedoch nicht in ausreichendem Maße den Grad der Adipositas (. Tab. 28.2). Die Ergebnisse sind in Anbetracht des geringen Patientenanteils nicht auf die Grad-III-Adipositas übertragbar. Unterschiede in der Morbidität und Mortalität der elektiven kolorektalen Chirurgie hängen maßgeblich von der durchgeführten Operation ab. So scheint es keine Unterschiede zwischen adipösen und normalgewichtigen Patienten nach onkologischer Hemikolektomie rechts zu geben. Auch die Rate der Anastomoseninsuffizienzen bleibt gleich. Im Falle der Hemikolektomie links treten bei adipösen Patienten deutlich mehr intraabdominelle Verhaltformationen auf. Nach Rektumresektion ist nicht nur eine höhere Morbidität, sondern auch eine höhere Mortalität beschrieben. Neben einer erhöhten Rate an Wundinfektionen traten zudem signifikant häufiger Anastomoseninsuffizienzen auf (Benoist et al. 2000) . Ähnliche Daten zur Notfallversorgung liegen nicht vor. Hinsichtlich des Operationsverfahrens kann keine generelle Empfehlung ausgesprochen werden. In der bariatrischen Chirurgie ist die Laparoskopie der offenen Operation hinsichtlich Morbidität und Mortalität überlegen. So scheint ein primär minimalinvasives Vorgehen, bei entsprechender Indikation und mit zunehmendem Grad der Adipositas, sinnvoll. Bereits die Medianlaparotomie, als häufigster abdomineller Zugang im Notfall, weist eine deutlich höhere Inzidenz an Narbenhernien gegenüber anderen Laparotomieformen auf. Die Adipositas gilt als zusätzlicher Risikofaktor für die Entwicklung inzisionaler Hernien. Zur Prophylaxe von Narbenhernien bei adipösen Patienten eignen sich nicht resorbierbare Netze. Deren Implantation ist auch bei Patienten, die eine Notfalllaparotomie aufgrund einer Peritonitis erhalten haben, als sicher und effektiv beschrieben. Die Rate an Narbenhernien konnte dadurch signifikant reduziert werden (Kurmann et al. 2013) . Eine generelle Empfehlung, insbesondere in der Notfallsituation, kann derzeit mangels randomisierter Studien noch nicht ausgesprochen werden. Die Anzahl bariatrischer Operationen deutschlandweit steigt stetig, und in Anbetracht der guten Ergebnisse auch im Hinblick auf Diabetes mellitus und arterieller Hypertonie ist von einer enormen Zunahme auszugehen. Dabei werden Patienten mit frühen postoperativen Komplikationen durch die Adipositaszentren selbst versorgt. Patienten, bei denen die Komplikationen mit einer gewissen Latenz auftreten, werden hingegen zunehmend die chirurgische Notaufnahme von Krankenhäusern der Grund-und Regelversorgung aufsuchen. In der . Tab. 28.3 sind mögliche Komplikationen, deren klinische Symptome und mögliche Therapiestrategien nach bariatrischen Operationen aufgeführt. Die periphere arterielle Verschlusskrankheit ist in der Regel Teil einer generalisierten Gefäßerkrankung unter Beteiligung der Koronararterien sowie der großen Halsgefäße. Die Inzidenz dieser Erkrankung nimmt mit steigendem Lebensalter der Patienten deutlich zu, auch wenn ein Teil der peripheren Gefäßstenosierungen häufig unbemerkt bleibt oder initial nur eine geringe Einschränkung der Lebensqualität der Betroffenen zur Folge hat. Die peripheren Gefäßerkrankungen führen zu Durchblutungsstörungen, insbesondere der unteren Extremitäten. Auch die oberen Extremitäten können betroffen sein, in der Regel aber weit seltener. Am häufigsten handelt es sich hier um eine Arteriosklerose, die im Rahmen der peripheren Gefäßerkrankung über ein thrombotisches Geschehen zu einem akuten Verschluss einer Arterie führt. Die Risikofaktoren der peripheren Gefäßstenosierungen sind nahezu identisch mit den Risikofaktoren der Stenosierung anderer Gefäßregionen und umfassen u. a.: 5 Höheres Lebensalter 5 Männliches Geschlecht 5 Arterielle Hypertension 5 Nikotinabusus 5 Hyperlipidämie 5 Diabetes mellitus Der Zusammenhang zwischen peripherer arterieller Verschlusskrankheit und einem deutlich erhöhten Risiko kardiovaskulärer Mortalität ist in Studien gut belegt (Criqui et al.1992) . Das deutlich erhöhte kardiovaskuläre Risiko ist nicht ausschließlich der Arteriosklerose zuzuschreiben; auch über ein erhöhtes prothrombotisches Risiko, bedingt durch eine gesteigerte thrombozytäre Aktivierung (Cassar et al. 2003) , kann es zum Gefäßverschluss kommen. Die klinischen Zeichen eines akuten arteriellen Gefäßverschlusses sind abhängig von seiner Lokalisation und der Ausprägung von Kollateralkreisläufen. Patienten mit einer akuten arteriellen Ischämie einer Extremität besitzen oft wenig ausgeprägte präexistierende Kollateralkreisläufe (Ouriel 2001) . Zeichen eines akuten arteriellen Gefäßverschlusses sind eine im Seitenvergleich auffallende Blässe, Zyanose, Kälte und ein Pulsverlust der betroffenen Seite. Blässe und Pulslosigkeit sind in der Regel Frühzeichen. Ein plötzlich einsetzender, progredienter Schmerz ist sehr häufig und eine Reflexabschwächung, das Einsetzen von Dysästhesien und eine motorische Schwäche sind eher in der Folge zu bemerken. Der akute ischämische Gefäßverschluss stellt einen Notfall dar, der einer schnellen Diagnostik und einer Revaskularisation zugänglich gemacht werden muss. Die Therapie kann aus einer chirurgischen oder radiologisch-interventionellen Embolektomie, einer intraarteriellen Thrombolyse oder einer nicht chirurgischen Vasodilatation bestehen. Eine systemische Antikoagulation ist obligat. > Eine isolierte artheriosklerotische Stenosierung von peripheren Gefäßen ist eher unwahrscheinlich. Bei Vorhandensein entsprechender klinischer Symptome (z. B. Claudicatio intermittens, Durchblutungsstörungen) ist bis zum Beweis des Gegenteils immer von der Präsenz arteriosklerotischer Wandveränderungen der zerebralen und/oder hirnversorgenden Gefäße sowie der kardialen Gefäße und vice versa auszugehen. Auf die präoperativen Voruntersuchungen sowie die Optimierung der kardiovaskulären Begleiterkrankungen wird ausführlich in 7 Abschn. 28.8 eingegangen. Besondere Beachtung findet auch hier die Fortführung der kardialen Medikation der Patienten präoperativ. Insbesondere findet die . Tab. 28.11 zur Stratifizierung der präoperativen Diagnostik (7 Abschn. 28.8.1) auch beim AVK-Patienten ihre Gültigkeit. Als Erweiterung des intraoperatives Monitoring bei einer Revaskularisation wird die Anlage einer kontinuierlichen, arteriellen Blutdruckmessung sowie ein Blasendauerkatheter empfohlen. Auf einen zentralen Venenkatheter kann bei Fehlen weiterer relevanter kardialer Einschränkungen in der Regel verzichtet werden. Eine postoperative Überwachungsmöglichkeit sollte dem Vorerkrankungsprofil, sowie dem operativen Vorgehen angepasst, zur Verfügung gestellt werden (Richter et al. 2010 ). Seit Jahrzehnten werden Argumente für und wider des einen oder des anderen bestimmten Anästhesieverfahrens gegeneinander ausgetauscht. Die Studienlage hier ist sehr uneinheitlich und lässt derzeit keine Empfehlung für oder gegen ein Anästhesieverfahren zu. Ein Argument für die Durchführung von rückenmarknahen Regionalanästhesieverfahren ist die bessere postoperative Perfusion aufgrund reduzierter Symphatikusaktivierung. Oft sind die Patienten präoperativ jedoch antikoaguliert oder thrombolytisch vorbehandelt, sodass ein rückenmarknahes Anästhesieverfahren nicht angezeigt ist. Auch die Durchführung von rückenmarknahen oder auch peripheren Regionalanästhesien mit Ultraschallunterstützung kann mit einer erhöhten Inzidenz von relevanten Blutungskomplikationen vergesellschaftet sein. Thomas Dietze et al. Neben einem Gefäßverschluss auf dem Boden einer arteriosklerotischen Grunderkrankung können auch systemische Entzündungsreaktionen der Gefäße eine Ursache für Durchblutungsstörungen der Extremitäten sein (Knobelsdorf 2011). Das vor allem bei weiblichen Patienten auftretende Raynaud-Syndrom ist eine der häufigsten Vaskulitiden und ist durch einen Vasospasmus vor allem der Finger gekennzeichnet. Es wird eine primäre von einer sekundären Form unterschieden. Die sekundäre Form ist mit anderen immunologischen Erkrankungen vergesellschaftet. Die Therapie besteht vor allem in einer Vermeidung von Kälteexposition sowie der intravenösen Gabe von Kalziumkanalinhibitoren und Symphatikusantagonisten. Die Wegner-Granulomatose ist gekennzeichnet von einer nekrotisierenden Entzündungsreaktion, die sowohl arterielle als auch venöse Gefäße betrifft und die namensgebenden Granulome verursacht. Als Therapiemöglichkeit werden Immunsuppressiva eingesetzt. Betroffen sind ausschließlich die großen Gefäße (Aorta, Halsarterien, Extremitätenarterien), aber auch die Pulmonalarterien. Eine Häufung besteht beim weiblichen Geschlecht (85 %) und im mittleren . Die Takayasu-Arteriitis wird antiinflammatorisch mit der Gabe von Kortikosteroiden therapiert. Eine operative Behandlung ist nur bei akuten, vital bedrohlichen Gefäßverschlüssen indiziert. Bei der Thrombangitis obliterans sind hauptsächlich die mittleren und kleinen Arterien, aber auch die venösen Gefäße betroffen. Eine medikamentöse Therapie kann mit Kortikosteroiden und Vasodilatanzien versucht werden. Friedrich Anger, Christoph-Thomas Germer Der Morbus Crohn ist eine schubweise verlaufende, chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED), die durch eine transmurale Entzündungsausbreitung charakterisiert ist und bei diskontinuierlichem Ausbreitungsmuster den gesamten Gastrointestinaltrakt befallen kann. Die chronische Entzündung kann zu diversen Komplikationen führen, wovon die Striktur, der Abszess, die Fistel oder die maligne Transformation zu den Hauptindikationen für chirurgische Eingriffe zählen. Trotz Fortschritten in der konservativen Therapie wird geschätzt, dass 60-70 % der Patienten mit Morbus Crohn innerhalb von 10 Jahren ab Diagnosezeitpunkt eines operativen Eingriffes bedürfen (Bernell et al. 2000) . Ebenso hoch ist der Prozentsatz an Patienten, die nach einer durchgeführten Operation ein klinisches Rezidiv erleiden, und wiederum die Hälfte dieser Patienten bedarf einer erneuten Operation. Dieser häufig komplizierte Verlauf der Grunderkrankungen macht die chirurgische Therapie des Morbus Crohn daher besonders anspruchsvoll. sollte bei Patienten mit CED und erhöhtem CRP grundsätzlich eine weitere Abklärung erfolgen. Der Umkehrschluss funktioniert jedoch nicht, ein negatives CRP sollte mit Vorsicht interpretiert werden. Auch für die postoperative Überwachung der CED eignet sich das CRP nicht (Chang et al. 2015) . Patienten mit einer länger bestehenden CED weisen nicht selten Mangelzustände im Vitamin-und Eisenhaushalt auf, resultierend in Veränderungen des Blutbildes. Bei einer Ileussituation können die Serumelektrolyte Natrium und Kalium verändert sein. Goldstandard in der Diagnosesicherung des Morbus Crohn ist die Endoskopie mit Biopsie. Vor einer Operation sollte gegebenenfalls eine Ileokoloskopie (und ggf. Ösophagogas troduodenoskopie) zur Beurteilung der Entzündungsaktivität durchgeführt bzw. wiederholt werden. In der Notfallsituation besitzt die Endoskopie, abgesehen von der gastrointestinalen Blutung, jedoch keinen Stellenwert. Die Sonographie kann lediglich verdickte Darmschlingen oder einen (Konglomerat-) Tumor darstellen und ist damit relativ unspezifisch. Außerdem sind große Teile des Gastrointestinaltrakts sonographisch nicht oder nur schwer einsehbar, weshalb die (Schnitt-)Bildgebung eine zentrale Rolle im diagnostischen Algorithmus einnimmt. Sowohl mit der Computertomographie als auch mit der Magnetresonanztomographie (als MR-Enterographie) lässt sich der gesamte Gastrointestinaltrakt beurteilen. Dieses bezieht insbesondere die Darstellung von verschiedenen extra-und intraluminalen Crohn-typischen Komplikationen wie Abszessen, interenterischen Fisteln, Abszedierungen und Strikturen ein. Dabei scheint die diagnostische Genauigkeit der MR-Enterographie und der Computertomographie insgesamt bei Morbus Crohn und seinen Komplikationen vergleichbar. Die MR-Enterographie hat neben der fehlenden Strahlenbelastung vor allem aufgrund des besseren Weichteilkontrastes gegenüber der Computertomographie gewisse Vorteile. So zeigen Studien, dass mit der MR-Enterographie Stenosen, Abszesse und Fisteln mit einer Genauigkeit von über 85 % diagnostiziert können und folglich die chirurgische Strategie in über 90 % der Fälle korrekt vorhergesagt werden kann (Spinelli et al. 2014) . Die Computertomographie steht dagegen nahezu flächendeckend auch als Notfalluntersuchung zur Verfügung. Da die intraoperative Exploration des Gastrointestinaltrakts unter Umständen eingeschränkt sein kann, sollten präoperativ die Möglichkeiten der (Schnitt-)Bildgebung ausgeschöpft werden. Eine präoperative Reduktion der immunsuppressiven Therapie wird häufig sehr kontrovers diskutiert. Ein Problem ist, dass einerseits eine immunsuppressive Therapie zu einer Erhöhung der perioperativen Komplikationsraten führen kann, ein Absetzen ggf. jedoch zu einer Zunahme der Krankheitsaktivität führt, die ebenfalls negative Einflüsse auf den Operationsverlauf haben kann. Generell besteht eine Empfehlung für die präoperative Reduktion der Immunsuppression. Für den akuten Notfall ist dieses Konzept irrelevant, sollte für die frühelektiven Eingriffe jedoch grundsätzlich angewandt werden. Im Folgenden wird kurz auf die häufigsten Medikamente eingegangen; (Kedia et al. 2014) . Die Sonographie bietet im Notfall keine ausreichende Beurteilbarkeit des Dickdarms. Sollte also der klinische oder laborchemische Zustand des Patienten eine weitere Abklärung erforderlich machen, ist die Computertomographie zu favorisieren. Am häufigsten ist die Indikation zur Operation bei Versagen der medikamentösen Therapie gegeben. So können Unverträglichkeiten oder schwere Nebenwirkungen der Medikamente, schwere Komplikationen wie Blutung, Perforation oder das toxische Megakolon auftreten. Weiterhin stellen intraepitheliale Neoplasien oder das kolorektale Karzinom eine Operationsindikation dar. Die Indikationen zur Operation lassen sich folgender Triage unterziehen: Eine Notfallindikation besteht bei schweren Komplikationen der Colitis ulcerosa wie einer therapierefraktären Blutung, dem toxischen Megakolon und einer gedeckten oder freien Perforation. Patienten mit einer Perforation präsentieren oft spät ein entsprechendes klinisches Bild. In Anbetracht der hohen Mortalität muss eine Operation umgehend erfolgen. Geht die Kolonblutung mit einem anhaltenden Transfusionsbedarf einher, sollte auch hier operiert werden. Eine dringliche Operationsindikation besteht bei Patienten mit einem schweren therapierefraktären Schub. Dieser ist durch einen ausbleibenden Erfolg der maximalen konservativen und intensivmedizinischen Therapie über den Zeitraum von 72 Stunden definiert. Vorab sollten die Optionen einer Steigerung der konservativen Therapie gegenüber der Operation interdisziplinär abgewogen werden. Bei Nachweis eines Kolonkarzinoms oder dessen Vorstufe, den hochgradigen intraepithelialen Neoplasien, einer unklaren Kolonstenose oder einem therapierefraktärem Verlauf trotz Immunsuppressiva und Biologika liegt eine absolute Operationsindikation vor. Kommt es trotz maximaler medi-kamentöser Therapie zu mehr als 2 Schüben pro Jahr, gilt die Colitis ulcerosa als therapierefraktär. Als Standardoperation der Colitis ulcerosa ist die Koloproktomukosektomie anzusehen. Diese sollte in Abhängigkeit der laufenden Immunsuppression und des Gesamtzustands des Patienten in einem zwei-oder dreizeitigen Verfahren ausgeführt werden. Befindet sich der Patient in gutem Allgemeinund Ernährungszustand bei niedriger oder keiner immunsuppressiven Therapie, erfolgt die Kol-und Proktektomie unter Rekonstruktion der enteralen Passage mittels ileoanalem J-Pouch. Diese Anastomose wird durch Anlage eines Loop-Ileostomas protektiert, das in einem zweiten Eingriff mit geringem Aufwand zurückverlagert werden kann. Ist der Patient jedoch malnutriniert oder steht er unter einer Hochdosistherapie, z. B. beim schweren therapierefraktären Verlauf oder einer Prednisolon-Dauermedikation von >20 mg über 6 Wochen, muss ein dreizeitiges Verfahren zur Reduktion von Morbidität und Mortalität erfolgen. Zunächst sollte das erkrankte Kolon im Sinne einer subtotalen Kolektomie mit Ausleitung eines endständigen Ileostomas und einer Sigmaschleimfistel erfolgen. Diese bietet die Möglichkeit einer topischen Therapie des noch im Patienten befindlichen Restkolons und Rektum. Nach entsprechender Rekonvaleszenzphase, in der die immunsuppressive Therapie meist drastisch reduziert oder sogar ausgeschlichen werden kann, erfolgt dann die Bildung des ileoanalen Pouches unter Ileostomaprotektion. Das Risiko für die Entwicklung früher postoperativer Komplikationen korreliert mit dem Ausmaß der immunsuppressiven Therapie zum Operationszeitpunkt. Je nach initialer Dringlichkeit können diese Operationen auch laparoskopisch ausgeführt werden, mit den daraus resultierenden Patientenvorteilen (Chung et al. 2009; Fajardo et al. 2010) . Christoph Jänig, Thea Höschel, Thomas Dietze † Nach aktuellen epidemiologischen Daten liegt die Inzidenz der COPD zwischen 8-15 %. 10-20 % der Raucher entwickeln eine COPD. Nikotinkonsum ist somit auch der Hauptrisikofaktor für die Entwicklung einer COPD. Die Bei der COPD handelt es sich sowohl um einen Symptomenkomplex sowie eine funktionelle Schädigung der Lunge. Sie ist charakterisiert durch chronischen Husten mit gesteigerter Sputumproduktion einhergehend mit Atemwegsobstruktion, Atemnot und einem eingeschränkten Gasaustausch. Die Atemwegsobstruktion ist progredient und durch Bronchodilatatoren und Glukokortikoide nicht vollständig reversibel. Die beiden maßgeblichen pathologischen Komponenten der COPD sind die chronisch-obstruktive Bronchitis und das Die Bronchokonstriktion ist regional unterschiedlich stark ausgeprägt und auch zeitlich variabel. Man nennt diesen Prozess daher auch dynamische Bronchokonstriktion. Durch sie entstehen stets verschiedene Areale einer Minderbelüftung. Diese sind nicht nur Grund für die nahezu durchgehende (Belastungs-)Dyspnoe, sondern auch Grundlage für weitere Entzündungsprozesse. Daraus resultiert letztlich auch die stete Gefahr einer akuten infektbedingten Exazerba-tion, die mit einer erhöhten Krankenhaussterblichkeit von 3-10 % einhergeht. Eine weitere Folge der endgradigen COPD kann das chronische Cor pulmonale sein. Durch die Minderbelüftung einiger Lungenareale kommt es durch die Aktivierung des Euler-Liljestrand-Reflexes (hypoxische pulmonale Vasokonstriktion, HPV) zu einer Erhöhung des intrapulmonalen Gefäßwiderstands durch Verringerung des Gefäßquerschnitts. In gleicher Weise steigert der erhöhte intrathorakale Druck, der durch die Überblähung der Lunge bei chronischer Ausatembehinderung entsteht, sowie die Gefäßrarefizierung im Rahmen des zunehmenden Lungenemphysems den pulmonalarteriellen Druck. Diese durchgehende Nachlasterhöhung für den rechten Ventrikel führt letztlich zur Rechtsherzhypertrophie und im Verlauf zur Rechtsherzinsuffizienz mit möglicher Pulmonalklappeninsuffizienz (Striebel 2013) . Die COPD wird entsprechend der Kriterien der Global Initative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) eingeteilt. In einem aktuellen Update von 2015 erfolgt die Einteilung nicht mehr nur nach der Schwere der Atemflusslimitierung entsprechend der Schweregrade I-IV (Decreamer 2015 In der perioperativen Phase zielen die zu treffenden Maßnahmen daraufhin ab, den Einfluss des operativen Eingriffs und der dafür notwendigen Narkose auf die respiratorische Funktion des Patienten so gering wie möglich zu halten. Im Rahmen der Prämedikation sollten daher kurzwirksame Substanzen verwendet werden, die nicht atemdepressiv wirken und postoperativ keinen Wirkungsüberhang aufweisen. Hier haben sich kurzwirksame Benzodiazepine (z. B. Midazolam) als Monotherapie bewährt. Sollte zeitgleich ein obstruktives Schlafapnoesyndrom (OSAS) vorliegen, eignen sich Neuro- Allerdings hat die Auswahl der verwendeten Narkosemedikamente (Inhalationsanästhetika vs. intravenöse Anästhetika) keinen nachweisbaren Effekt auf die pulmonalen Komplikationen. Bei größeren Oberbauch-und Thoraxeingriffen sollte neben der notwendigen Intubationsnarkose eine thorakale Epiduralanästhesie durchgeführt werden. Diese ermöglicht postoperativ schnell ein schmerzfreies, tiefes Durchatmen und Abhusten von Sekreten. Ziel der postoperativen multimodalen Therapie ist es, durch engmaschige Überwachung, Atemtraining und Mobilisation pulmonale Komplikationen zu vermeiden und speziell bei hochgradiger COPD eine akute respiratorische Insuffizienz zu verhindern. Neben den vorgenannten Maßnahmen zählen ein intermittierendes CPAP-Atemtraining (CPAP = continuous positive airway pressure) sowie die inhalative Anwendung von Bronchodilatatoren zu sinnvollen adjuvanten Therapieoptionen. Eine enge Zusammenarbeit mit dem Akutschmerzdienst zur Ermöglichung von Mobilisation und Atemtraining ist unbedingt notwendig. Bei hochgradiger COPD ist daher auch die postoperative Übernahme der Patienten auf eine Intermediate-Care-Station gerechtfertigt. Jan Wittstamm, Thomas Dietze † Diabetes mellitus gehört mit einer Erkrankungsrate von 7,2 %, was etwa 4,6 Millionen Patienten entspricht, zu einer der am häufigsten verbreiteten Erkrankungen in Deutschland (Kurth 2012 Diabetes mellitus ist eine Erkrankungsgruppe mit dem gemeinsamen Merkmal der chronischen Hyperglykämie. Als Ursache liegt entweder eine Störung der Insulinsekretion (Typ I) oder Störung der Insulinwirkung (Typ II) oder eine Kombination aus beiden Faktoren (meist Typ II) zugrunde. Da der Typ I meist in jungen Jahren auftritt, wird er auch als juveniler Diabetes bezeichnet, während der Typ II auch als Erwachsenen-oder Altersdiabetes bezeichnet wird. Typ-I-Diabetes tritt meist in jungen Jahren als Folge einer autoimmunologischen β-Zelldestruktion auf, die einen absoluten Insulinmangel bedingt. Die Diagnose erfolgt meist erst im Rahmen eines erstmaligen hyperglykämischen Komas. Aufgrund des absoluten Insulinmangels bleibt als alleinige Therapieoption die Insulinsubstitution. Eine Sonderform des Typ-I-Diabetes bildet der LADA (latent autoimmune diabetes (with onset) in adults), bei dem es ca. ab dem 25. Lebensjahr zu einer schleichenden Destruktion der β-Zellen kommt, sodass zu Anfang keine Insulinpflicht besteht. Im Gegensatz zum Typ-I-Diabetes tritt der Typ-II-Diabetes meist erst im fortgeschrittenen Alter auf, wobei die meisten Patienten über 60 Jahre alt sind. Ursächlich ist hier eine Kombination aus mehreren Störungen: eine gestörte Insulinund Glukagonsekretion, eine Apoptose der β-Zellen und eine Insulinresistenz. Dementsprechend besteht hier die Therapie aus einem multimodalen Konzept, wie Ernährungsumstellung, Gabe von oralen Antidiabetika und, wenn nötig, einer Insulinsubstitution. Eine Erkrankung an Typ-II-Diabetes ist in über 80 % der Fälle mit einer Adipositas vergesellschaftet (Herold 2016) . Aufgrund der gestörten Stoffwechsellage kommt es beim Diabetes gehäuft zu Begleiterkrankungen, die ein zusätzliches perioperatives Risiko darstellen. Diabetische Gefäßschäden werden in eine unspezifische Makroangiopathie mit Früh-arteriosklerose und eine diabetesspezifische Mikroangiopathie unterteilt. Bei der Makroangiopathie kann es einerseits zu einer koronaren Herzkrankheit (KHK) kommen. Andererseits kann auch eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) oder eine arterielle Verschlusskrankheit der hirnversorgenden Gefäße und damit konsekutiv ein Hirninfarkt auftreten. Da zusätzlich auch eine diabetische Neuropathie auftreten kann, fehlen typische Warnzeichen wie Angina pectoris oder Claudicatio intermittens. > Diabetiker, die gleichzeitig an einer Hypertonie leiden, haben eine Wahrscheinlichkeit von 20-30 %, innerhalb der nächsten 10 Jahre ein kardiovaskuläres Ereignis zu erleiden (Herold 2016 Die Therapie des Diabetes mellitus Typ II lässt sich in 2 Gruppen einteilen: nicht insulinpflichtiger (non-insulin-dependent) Diabetes mellitus (NIDDM) mit einer Therapie ausschließlich durch Diät und/oder orale Antidiabetika und insulinpflichtiger (insulin-dependent) Diabetes mellitus (IDDM), bei der die Therapie durch orale Antidiabetika mit Insulininjektionen kombiniert wird. Beim Diabetes mellitus Typ I wird aufgrund des absoluten Insulinmangels eine reine Insulinsubstitution betrieben. Wenn nach der Operation eine Nahrungsaufnahme möglich ist, sollte die häusliche Medikation abends wie üblich fortgesetzt werden, jedoch wird auch hier eine Wiederaufnahme der Metformintherapie erst nach 48 Stunden empfohlen. Ist eine Nahrungsaufnahme am Abend der Operation nicht möglich, so erfolgt eine Fortführung der BZ-Kontrollen und ggf. die Korrektur des BZ. Die Therapie wird am nächsten Tag nach erfolgter Nahrungsaufnahme wie üblich fortgesetzt. Eine Basalinsulintherapie sollte fortgesetzt werden. Beim Diabetes mellitus Typ I wird folgendes Vorgehen empfohlen: Fortsetzung der Therapie bis zum Vorabend der Operation wie üblich. Vor, während und nach der Operation sollte, unter engmaschiger BZ-Kontrolle, eine Infusion mit Glukose 5 % erfolgen. Elektrolyte müssen unbedingt substituiert werden. Die übliche Therapie wird sobald wie möglich nach der ersten Nahrungsaufnahme fortgesetzt (Böhm et al. 2011). Sowohl beim NIDDM als auch beim IDDM wird bei großen oder langandauernden Eingriffen mit postoperativer Nüchternheit eine ausschließliche i.v. Insulintherapie unter intensivmedizinischer Überwachung empfohlen. Die Hypoglykämie zählt zu einem der häufigsten Notfälle bei Diabetikern. Hierbei wird zwischen der asymptomatischen Hypoglykämie, bei der der niedrige Blutzucker ausschließlich labortechnisch und ohne Begleitsymptome festgestellt wird, und der symptomatischen Hypoglykämie, bei der der niedrige Blutzucker mit Begleitsymptomen einhergeht, unterschieden. Als unterer Grenzwert des Blutzuckers wird 50 mg/dl angesehen. Klinisch wird zwischen der leichten Hypoglykämie, bei der noch eine Selbsthilfe durch den Patienten, z. B. durch zuckerhaltige Getränke, möglich ist, und der schweren Hypoglykämie, bei der Fremdhilfe und eine Glukosesubstitution, meist i.v., notwendig ist, unterschieden. Je häufiger ein Patient eine Hypoglykämie erleidet und je älter er ist, desto unsensibler wird er -durch eine Gewöhnung -für die Symptome. Die Erkennung der Hypoglykämie erfolgt zwar definitiv durch eine Laboranalyse, jedoch kann die Hypoglykämie eine ganze Bandbreite an Symptomen, insbesondere neurologischer Natur, bieten. In der medizinischen Praxis wird der Begriff "geriatrisch" uneinheitlich verwendet, in der Regel für Patienten, die chronologisch als "alt" zu betrachten und aufgrund ihrer Vorerkrankungen und multidimensionalen Einschränkungen "gebrechlich" (engl.: frail) sowie in ihrer Unabhängigkeit zumindest bedroht sind. Insofern kann ein relativ gesunder 80-Jähriger weniger geriatrisch sein als ein sehr kranker und pflegebedürftiger 70-Jähriger. Die Relevanz der Thematik ergibt sich nicht allein aus der Quantität geriatrischer Patienten im chirurgischen Alltag, sondern vielmehr aus deren in verschiedenen Dimensionen komplikationsträchtigerem Verlauf. Im Rahmen abdominalchirurgischer Notfälle beträgt die Mortalität altersabhängig zwischen 5-31 % (je nach Alter und Art der Prozedur). Komplikationen ereignen sich in 17,2 % (65-96 Jahre) bis zu 24,2 % (>90 Jahre) der Fälle (Massarweh et al. 2009 Hypovolämie und die damit einhergehende Minderperfusion des Gewebes generieren zwangsläufig eine Azidose. Eine Azidose von pH <7,2 beeinflusst einmal die primäre Hämostase und führt zu einer signifikanten Reduktion der thrombozytären Adhäsions-und Aggregationsfähigkeit. Gleichzeitig wird auch die Geschwindigkeit der Thrombinbildung reduziert. Bei einem Base Excess (BE) von -15 mmol/l liegt die Aktivität der Gerinnungsfaktoren nur noch bei 50 %. Auch Transfusionen erhöhen die Belastung mit sauren Valenzen (der BE von frischen Erythrozytenkonzentrat [EK] liegt bei -20 mmol/l, der von EK nahe dem Verfalldatum bei -50 mmol/l). Der BE ist ein prognostischer Parameter für die Mortalität. Da die gestörte Mikroperfusion die Ursache der Azidose ist, wird diese bis zur Wiederherstellung einer suffizienten Gewebedurchblutung anhalten. Eine Pufferung führt als Einzelmaßnahme zu keiner Gerinnungsverbesserung, ist aber bei Gabe von Gerinnungsfaktoren sinnvoll, da diese in ihrer Wirkung pH-abhängig sind (Spahn et al. 2013 ). Kalzium ist als Cofaktor essenziell für die Gerinnung. Die Reduktion des ionisierten Kalziums nach Transfusionen ist durch das als Antikoagulans genutzte Zitrat bedingt. Sie tritt bei Frischplasmen eher und massiver auf als bei Erythrozytenkonzentraten. Dabei ist die Abnahme umso deutlicher, je schneller die Plasmen transfundiert werden (>50 ml/min). Die Plasmakonzentration des ionisierten Kalziums sollte über >1,0 mmol/l gehalten werden. Die wichtigste Funktion der Erythrozyten liegt in der Aufrechterhaltung eines adäquaten globalen Sauerstoffangebots. Darüber hinaus beeinflussen Erythrozyten jedoch auch die Thomas Dietze et al. Gerinnung, sodass für eine suffiziente Gerinnung auch ein ausreichender Hämatokrit notwendig ist. Dieser Einfluss ist multifaktorieller Natur. Erythrozyten drängen die Thrombozyten an den Randstrom des Gefäßsystems und damit näher an den Ort der Verletzung (Marginalisation). Darüber hinaus haben Erythrozyten einen direkt stimulierenden Effekt auf Thrombozyten: ADP-Freisetzung und Aktivierung von Faktor IX. Ab einem Hämatokrit von <20 ist immer mit einer klinisch relevanten Beeinträchtigung der Hämostase zu rechnen. Besteht gleichzeitig eine Thrombozytopenie, wird dieser Effekt noch verstärkt (Spahn et al. 2013 Gerinnungsstörungen können angeboren, erworben, iatrogen oder durch Eigenmedikation verursacht sein. Die häufigsten Störungen der Gerinnung betreffen die primäre Hämostase -nämlich die Thrombozytenfunktion (medikamentös erworbene Thrombopathien) bzw. den von-Willebrand-Faktor (vWF) (angeborenes, erworbenes von-Willebrand-Syndrom -vWS). Es ist mit einer Häufigkeit von bis zu 1 % in der Bevölkerung die häufigste angeborene Gerinnungsstörung. Ihm liegt eine quantitative bzw. qualitative Verminderung der Aktivität des von-Willebrand-Faktors zugrunde. Am häufigsten ist dabei die quantitative Verminderung, bei der Desmopressin i.v. therapeutisch repetitiv verabreicht werden kann. Ein von- Fibrinogen (Faktor I) stellt die Endstrecke der Gerinnungskaskade dar, ermöglicht die Gerinnselbildung und gewährt dessen Stabilität. Hohe Fibrinogenspiegel haben eine protektive Wirkung auf das Ausmaß des Blutverlusts. Obwohl 90 % der Gesamtmasse der plasmatischen Gerinnungsfaktoren auf Fibrinogen entfallen, erreicht es im Rahmen einer Blutung oder Dilution seine kritische Konzentration früher als alle anderen Faktoren. Daher sollte frühzeitig mit der Substitution begonnen werden. Grundsätzlich kann Fibrinogen durch Frischplasmen wie auch durch Fibrinogenkonzentrat substituiert werden. Mit dem Konzentrat gelingt dies effektiver und schneller. Bei Verdacht auf eine Hyperfibrinolyse sollte die Gabe von Fibrinogen erst nach der Gabe von Tranexamsäure erfolgen (Heim et al. 2013 ). Als Mehrfaktorenpräparat steht in Deutschland der Prothrombinkomplex (PPSB) zur Verfügung. Es enthält die Vitamin-K-abhängigen Faktoren II, VII, IX und X. Zusätzlich werden Gerinnungsinhibitoren wie Protein C, S, Z und Antithrombin (AT) zugesetzt. Es fehlen die Faktoren V, VIII, XIII sowie Fibrinogen und von-Willebrand-Faktor. Der prokoagulatorische Effekt überwiegt eindeutig, daher muss beim Einsatz von PPSB die Gefahr von späteren thrombembolischen Komplikationen bedacht werden. Ein wesentlicher Vorteil ist die rasche Verfügbarkeit und vergleichsweise gute Standardisierung des Produkts. Mit PPSB kann die Marcumarwirkung reversiert werden. (Heim et al. 2013 ). Faktor XIII stabilisiert das Gerinnsel durch Quervernetzung der Fibrinfäden. Er wird durch die klassischen Gerinnungstests wie Quick und PTT nicht erfasst. Faktor XIII lasst sich durch FXIII-Konzentrat substituieren. Thrombozyten müssen bei Massivblutungen erst spät substituiert werden. Sie können aus Milz, Leber und Knochenmark zusätzlich freigesetzt werden. Die Verfügbarkeit von Thrombozytenpräparaten ist begrenzt. Angesichts der kurzen Haltbarkeit von 4 Tagen sind in vielen Blutbanken keine Thrombozytenkonzentrate (Pool oder Apherese) vorrätig, sondern müssen erst zeitintensiv beim zuständigen Blutspendedienst angefordert werden. Faktor VIIa (FVIIa) macht im Plasma nur etwa 1 % der Gesamtmenge an Faktor VII aus. Wird er in supraphysiologisch hohen Dosierungen zugeführt, bindet er tissue factor auf Oberflächen aktivierter Thrombozyten, also dort wo eine Gewebeverletzung vorliegt. Über diesen Aktivierungsweg können große Mengen an Thrombin gebildet werden. Außerdem wird eine vorzeitige Lyse des Gerinnsels verhindert. Der Einsatz von rFVIIa stellt im koagulopathischen Kontext einen off-label use dar, kann aber in begründeten Einzelfällen lebensrettend sein. Bei Blutungen, die konventionell, chirurgisch oder interventionell radiologisch nicht behandelbar sind, und/oder bei Versagen einer umfassend durchgeführten Gerinnungstherapie kann rFVIIa in Erwägung gezogen werden. Für eine erfolgreiche Therapie mit rFVIIa müssen allerdings einige Voraussetzungen erfüllt sein: Hämoglobin >7 g%, Fibrinogen >1 g/dl, pH >7,2, Thrombo- Idarucizumab antagonisiert den Effekt von Dabigatran innerhalb von Minuten. Es wird als Kurzinfusion in der Dosierung 2,5 g bzw. 5 g eingesetzt. Weitere Antagonisten gegen die direkten oralen Antikoagulanzien stehen vor der Zulassung (Heymann et al. 2014 ). . Tab Eine Notfalloperation erhöht also bereits per se das Risiko perioperativer kardiovaskulärer Ereignisse um den Faktor 2 bis 5 (Mangano 1990) . Die vorhandenen Leitlinien beziehen sich allerdings sämtlich auf elektive Eingriffe. Nach den Empfehlungen der verschiedenen Fachgesellschaften erfolgt die Entscheidung bezüglich erweiterter präoperativer Diagnostik auf dem Boden folgender Fragen: (Kristensen et al. 2014) . Einen weiteren Hinweis auf ein erhöhtes perioperatives kardiales Risiko stellen pathologische kardiale Biomarker dar. Hier sind insbesondere das hoch sensitive Troponin und das N-terminal pro-BNP zu nennen. Die vorliegenden Daten sind noch nicht ausreichend, um eine generelle Empfehlung hierzu abzugeben, bei kardialen Hochrisikopatienten sollte eine Bestimmung jedoch erwogen werden (Kristensen et al. 2014 ). Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen sind häufig medikamentös vorbehandelt. Diese Dauermedikation muss perioperativ weiter appliziert werden, dieses gilt insbesondere für antianginöse und antiarrhythmische Medikamente (v. a. Betablocker, Nitrate). Die einzige Ausnahme bilden Diuretika sowie ACE-Hemmer/AT1-Blocker. Letztere können in Verbindung mit einer Narkose und Blutverlust zu erheblicher Hypotension führen. Einen wesentlichen Einfluss auf das perioperative Vorgehen hat neben der -trotz dringlicher Indikation zur Operation -möglichst optimalen Einstellung der kardialen Grunderkrankung auch das Gerinnungsmanagement, z. B. bei (dualer) Thrombozytenaggregationshemmung und/oder orale Antikoagulanzien in der Dauermedikation. Hier muss grundsätzlich das operative Blutungsrisiko und das indivi- In diesen Fällen sollte eine kritische Indikationsstellung zur sofortigen Operation erfolgen. Nach Möglichkeit muss eine präoperative Optimierung, z. B. mittels medikamentöser Einstellung oder Kardioversion, erfolgen. Bei Vorliegen einer neu aufgetretenen oder sich akut verschlechterten Herzinsuffizienz sowie Insuffizienzzeichen in Ruhe (NYHA IV) sollte eine Operation ebenfalls nur bei vitaler Indikation -ohne weitere Diagnostik und Optimierung des präoperativen Patientenstatus -erfolgen (. Tab. 28.11). Insbesondere Patienten mit hochgradigen Stenosen der Aorten-oder Mitralklappe mit entsprechender klinischer Symptomatik müssen als Hochrisikopatienten betrachtet werden (. Tab. 28.11). Hier ist ähnlich wie bei Patienten mit instabiler Angina pectoris eine individuelle Entscheidungsfindung im interdisziplinären Konsens empfehlenswert. . Ursache einer Leberzirrhose ist eine chronische Schädigung der Leber durch unterschiedliche Noxen, wobei übermäßiger Alkoholkonsum und eine Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus derzeit zu den häufigsten Ursachen zählen. Aber auch eine Fettleberhepatitis (Steatohepatitis), eine chronische Cholestase oder Herzinsuffizienz können neben vielen anderen Ursachen zu einer Leberzirrhose führen. Als Reaktion auf die chronische Leberschädigung entwickelt sich zunächst eine Fibrose, die sich im weiteren Verlauf zur Zirrhose entwickelt. Unabhängig von ihrer Genese ist die Zirrhose mit verschiedenen Komplikationen assoziiert, die durch diese Parenchymvernarbung verursacht sind und im Rahmen von elektiven oder Notfalleingriffen relevant werden können: Die Leberzirrhose ist prinzipiell mit einer Funktionseinschränkung verbunden, die durch die Child-Pugh Klassifikation oder den MELD-Score (MELD = Model of End Stage Liver Disease; der MELD-Score dient der Einschätzung der Dringlichkeit einer Lebertransplantation und wird für die Organzuteilung verwendet) quantifiziert werden kann, wobei der MELD-Score der Child-Pugh-Klassifikation überlegen erscheint (Teh et al. 2008; Srikureja et al. 2005) . Auch eine unter Normalbedingungen normal erscheinende Leberfunktion kann unter Stressbedingungen (akute Erkrankung, Narkose, Operation, Sepsis etc.) dekompensieren. Sind bereits laborchemische Veränderungen oder bildgebende Hinweise für diese Zirrhosekomplikationen (z. B. Aszites) vorhanden, besteht eine fortgeschrittene Einschränkung der Leberfunktion, sodass das Risiko einer weiteren Dekompensation sehr hoch ist. Eine Dekompensation der Leberfunktion kann sich unterschiedlich äußern und muss nicht immer alle Facetten der Leberfunktion gleich betreffen. Laborchemisch können Störungen der Syntheseleistung (Quick-Wert) und der Entgiftungsfunktion (Bilirubin) auftreten. Zudem ist bei Vorliegen einer Zirrhose der portalvenöse Druck aufgrund der Widerstandserhöhung durch die verhärtete Leber erhöht. Diese kann zu Ösophagusvarizenblutungen oder Aszitesbildung führen. Folge der Aszitesbildung wiederum können ein weiterer Proteinverlust und eine prärenale Nierenfunktionsstörung sein. Schlussendlich kann sich eine Störung der Leberfunktion auch in einer Enzephalopathie zeigen, wenn die Entgiftungsfunktion der Leber gestört ist. Die Leberzirrhose kann aber auch zu pulmonalen Shunts und hepato-pulmonalem Syndrom führen, sodass eine Narkoseführung je nach Ausprägung der pulmonalen Hypertonie sehr anspruchsvoll sein kann. Andererseits kommen einige klassische abdominelle Erkrankungen bei Patienten mit einer Leberzirrhose deutlich häufiger vor, sodass auch deren Komplikationen häufiger behandelt werden müssen. So haben diese Patienten z. B. häufiger ein Magenulkus und Gallensteine als die Normalbevölkerung (Bhangui et al. 2012) . Auch Bauchwandhernien sind bei Patienten mit Aszites häufig anzutreffen. Entsprechend kommen Magenperforationen, Cholezystitiden und Inkarzerationen von Hernien bei Patienten mit Leberzirrhose häufiger vor (Bhangui et al. 2012 ). Eine Störung der Syntheseleistung äußert sich meist in erniedrigten Quick-oder Albuminwerten, wobei eine Hypalbuminämie im Gegensatz zu einer gestörten Blutgerinnung das Operationsrisiko nicht direkt akut beeinflusst. Beide Werte können durch entsprechende Substitution normalisiert werden, sodass ein Eingriff dadurch unbeeinflusst bleibt. Allerdings sind erniedrigte Albumin-und Quickwerte primär Ausdruck einer fortgeschrittenen Leberfunktionsstörung, sodass das postoperative Risiko deutlich erhöht ist (siehe unten). Neben einem erhöhten Nachblutungsrisiko müssen bei einer Hypalbuminämie insbesondere die Aszitesproduktion mit konsekutiver Nierenfunktionsstörung und möglicher spontan bakterieller Peritonitis berücksichtigt werden. Die portale Hypertonie ist an einer vergrößerten Milz, an Ösophagusvarizen oder einer rekanalisierten Umbilikalvene sonographisch oder computertomographisch erkennbar (. Abb. 28.4). Diese korreliert nicht zwangsläufig mit der Syntheseleistung der Leber. Aszites kann ein Indiz für eine portale Hypertonie, aber auch für eine schlechte Syntheseleistung (Hypalbuminämie) sein. Das alleinige Vorliegen einer portalen Hypertonie kann abdominal-chirurgische Eingriffe akut komplizieren. Verletzungen von Umgehungskreisläufen (z. B. im Nabel) oder lebernaher Venen (z. B. Cholezystektomie) können zu relevanten Blutungen führen. Zudem kann eine portale Hypertonie in der perioperativen Phase dekompensieren und zu akuten Blutungen aus Ösophagusvarizen führen oder auch zur Entstehung von Varizen beitragen. Generell muss zwischen Operationen an der Leber und extrahepatischen Eingriffen hinsichtlich des perioperativen Risikos bei Patienten mit Leberzirrhose unterschieden werden, da bei einer Leberresektion zusätzlich zur Belastung durch Narkose und perioperativen Stress das funktionstüchtige Parenchym vermindert wird. Dabei scheint die Art der Operation (intraabdominell, kardiovaskulär, orthopädisch etc.) keinen signifikanten Unterschied hinsichtlich der Thomas Dietze et al. Komplikationsrate oder Mortalität auszumachen (Teh et al. 2007; Kadry et al. 2016) . Als unabhängige Risikofaktoren für die perioperative Mortalität gelten ein erhöhter MELD-Score, ein ASA-Stadium III-IV sowie das Patientenalter (Teh et al. 2007; Kadry et al. 2016) . Die Mortalität scheint mit steigendem MELD-Score und Patientenalter kontinuierlich zu steigen, wobei insbesondere beim MELD-Score eine annähernd lineare Korrelation mit der Mortalität besteht: In einer Analyse von >700 Patienten mit Zirrhose betrug die 30 Tage-Mortalität bei einem MELD-Score ≤7 nur 5,7 %, während sie bei einem MELD-Score von ≥26 immerhin 90 % betrug (Teh et al. 2007 ). Weitere Risikofaktoren sind eine portale Hypertonie, die die 30-Tage-Mortalität nach allgemeinchirurgischen Eingriffen auf 15,7 % im Vergleich zu einer nicht zirrhotischen Kontrollgruppe (4,1 %) steigert, sowie generell Notfalleingriffe (Teh et al. 2007 ). Eine Analyse des Nationwide Inpatient Sample (NIS) von 1998-2005 zeigt unter 4042 Patienten mit Zirrhose, die sich einer kolorektalen Operation unterziehen mussten, eine signifikant höhere Mortalität bei Patienten mit Notfalloperation (9,2 %) als bei elektiv operierten Patienten (1,8 %). In diesem Kollektiv hatten Patienten mit einer portalen Hypertonie zudem eine signifikant höhere Mortalität als Patienten mit einer Zirrhose ohne Nachweis einer portalen Hypertonie (18,6 % vs. 7,2 %) ). Patienten mit einer Leberzirrhose haben eine höhere Inzidenz an Gallensteinen, sodass diese auch häufiger eine Indikation für eine Cholezystektomie aufweisen. Eine Literaturzusammenfassung von 25 Publikationen, die über 400 Cholezystektomien bei Patienten mit Leberzirrhose beinhalten, zeigte eine signifikant höhere Morbidität und Mortalität (0,59 % vs. 0,13 %) bei Patienten mit Zirrhose auf (Puggioni u. Wong 2003) . Allerdings hatte der größte Teil der Patienten (n=264) eine Child-A-Zirrhose, während 73 Patienten eine Child-Bund 1 Patient eine Child-C-Zirrhose hatten. Patienten mit einer Leberzirrhose wurden zudem signifikant häufiger wegen einer akuten Cholezystitis operiert (47 % vs. 15 %). Zur Notfallchirurgie des oberen Gastrointestinaltrakts liegen keine aktuellen Studien vor. Gemäß einer Analyse von Patienten, die zwischen 1972 und 1991 notfallmäßig wegen eines Ulkus operiert werden mussten, lag die Mortalität nach einer Notfalloperation bei Perforation bei 35 %, während elektiv operierte Patienten eine Mortalität von 29 % auf wiesen (Lehnert u. Herfarth 1993 (Bhangui et al. 2012) . Durch diese Maßnahme können Patienten ggf. aus einem höheren in ein Child-A-Stadium überführt werden. Allerdings ist die TIPSS-Einlage im Rahmen einer abdominellen Notfallsituation nicht erfolgsversprechend, da die notwendige Zeit für dessen Einlage und Wirkungsentfaltung fehlt. Entsprechend sollten in Abhängigkeit von der aktuellen Leberfunktion und der zu erwartenden Größe des Eingriffes (nicht chirurgische) Therapiealternativen gesucht werden. Die Therapie der akuten Cholezystitis kann in einem solchen Fall durch eine perkutane Cholezystostomie in Kombination mit einer antibiotischen Therapie erfolgen. Intestinale Blutungen (z. B. Duodenalulkus, Divertikelblutung etc.) sollten interventionell angegangen werden, sofern sie endoskopisch nicht zu kontrollieren sind. Auch eine hämostyptische Bestrahlung kann in einer solchen Situation erfolgreich sein. Existiert keine Alternative zu einer Operation, sollte diese unter optimierten Bedingungen erfolgen. In jedem Fall sollten für die perioperative Phase eine 24-Stunden-Endoskopie und interventionelle Radiologie zur Verfügung stehen, um eine mögliche Dekompensation der portalen Hypertonie adäquat behandeln zu können. Diese könnte im Fall einer frustranen endoskopischen Blutstillung die notfallmäßige Implantation eines TIPSS notwendig machen. Ein vorbestehender oder postoperativ auftretender Aszites kann durch die abdominelle Druckerhöhung die Heilung der Laparotomie verzögern oder zu einer spontan bakteriellen Peritonitis führen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, die Bauchhöhle zunächst adäquat zu drainieren und eine großzügige verlängerte antibiotische Prophylaxe durchzuführen. Der Aszitesbildung muss zudem durch Volumenrestriktion und vorsichtige Diuretikagabe entgegengewirkt und Flüssigkeitsverluste über die einliegenden Drainagen mittels Albuminsubstitution behandelt werden. Eine alleinige Flüssigkeitssubstitution zur Bilanzkontrolle steigert in den meisten Fällen die Aszitesproduktion. Durch die Flüssigkeitsverschiebungen und mögliche Druckänderungen im portalvenösen System können auch Perfusionsänderungen im mesenterialen Stromgebiet auftreten, die ihrerseits zu einer kompensatorischen Minderperfusion der Nieren mir sekundärem Nierenversagen (hepato-renales Syndrom) oder der Leber mit konsekutiver Verschlechterung der Leberfunktion führen können. Als letzte Therapiealternative steht eine Lebertransplantation zur Verfügung, die bei Versagen aller Maßnahmen eine Dekompensation einer Leberzirrhose im Einzelfall abfangen kann. Eine Leberzirrhose stellt in der chirurgischen Notfallversorgung eine besondere Herausforderung dar, da sie einen Eingriff direkt komplizieren und zu einer hepatischen Dekompensation führen kann. Die Therapie dieser Patienten sollte daher an Kliniken mit entsprechender Expertise erfolgen, und ggf. sollte frühzeitig mit einem Transplantationszentrum Kontakt aufgenommen werden. Maria Köhl, Thomas Dietze † Aus der breiten Palette neurologischer Erkrankungen, von denen sehr viele eher selten auftreten, sollen im Folgenden einzelne relevante Beispiele dargestellt werden, die im operativen Patientengut vorliegen können und beachtet werden müssen. In chirurgischen Kliniken ist bei jedem 5. Patienten ein chronischer Alkoholabusus wahrscheinlich. Die Alkoholkrankheit ist eine prognostisch entscheidende Begleiterkrankung. Bei einer täglichen Trinkmenge von mehr als 60 g reinen Alkohols spricht man von einem klinisch relevanten erhöhten Benzodiazepine wirken sedierend, anxiolytisch, amnestisch, antikonvulsiv und muskelrelaxierend. Abusus kann zu einer Reduzierung der Hirnmasse und Veränderungen bei der Informationsübertragung und -verarbeitung führen sowie demenzielle Störungen verursachen. Außerdem besteht eine hohe Sturzgefahr. Ein Entzug nach Langzeiteinnahme kann mit vielfältiger Symptomatik in Erscheinung treten (. Tab. 28.13) . Eine bestehende Dauermedikation darf perioperativ nicht abgesetzt werden. Postoperativ ist mit einer erhöhten Schmerzempfindlichkeit zu rechnen. Hier ist auf eine ausreichende Analgesie zu achten. Häufig tritt postoperativ ein Delir auf, und es besteht Betreuungsbedarf auf einer Intensivüberwachungseinheit. Das Auftreten von postoperativer Übelkeit und Erbrechen können einen beginnenden Entzug ankündigen. Vorhandene Medikamenteninteraktionen müssen beachtet werden. Abhängig von der Dauer der klinischen Symptomatik unterscheidet man die transitorisch ischämische Attacke (TIA), bei der sich die Symptome innerhalb von 24 Stunden zurückbilden, das prolongierte reversible neurologische Defizit (PRIND), bei dem die Symptome wenige Tage anhalten, und den manifesten Schlaganfall mit bleibendem neurologischen Defizit. In etwa 85 % der Fälle handelt es sich um eine Ischämie, bei ca.15 % der Patienten liegt eine Hirnblutung vor (Wappler et al. 2006 Risikofaktoren für das Auftreten einer Epilepsie sind Infektionen des Gehirns, Schlaganfall, Hirntrauma, Alkoholismus, Hirntumoren, degenerative ZNS-Erkrankungen oder Gefäßmalformationen, aber auch eine genetische Disposition (Wappler et al. 2006 Die Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche ZNS-Erkrankung mit Demyelinisierungen und axonalen Schäden und tritt im jungen Erwachsenenalter auf (Wappler et al. 2006) . Die Symptomatik ist vielfältig und in der folgenden Übersicht aufgelistet: Die Patienten stehen meist unter einer Dauertherapie mit Interferon, Azathioprin, Zytostatika oder Antikörpern. Akute Schübe werden mit Kortikosteroiden behandelt. Eine frühzeitige Vorstellung beim Anästhesisten wird empfohlen und eine postoperative Überwachungsmöglichkeit sollte organisiert werden. Neurologische Befunde des Patienten sollten präoperativ dokumentiert werden. Eine laufende Kortisonsubstitution muss perioperativ erhöht werden, um eine Nebennierenrindenproblematik zu vermeiden. Perioperativer Stress ist möglichst zu vermeiden, da hierdurch ein akuter Schub ausgelöst werden kann. Ebenfalls kann eine Hyperthermie schubauslösend sein. Der Morbus Parkinson ist eine Erkrankung, die überwiegend im höheren Lebensalter auftritt und ab dem 65. Lebensjahr deutlich zunimmt. In 75 % der Fälle ist die Ursache idiopathisch, wahrscheinlich bedingt durch eine genetische Disposition sowie Umweltfaktoren. 25 % treten sekundär auf durch Infektionen, Medikamente, Toxine, metabolisch bedingt, vaskulär verursacht oder posttraumatisch. Die Leitsymptome sind eine erhöhte Muskelrigidität, eine Akinesie oder Bradykinesie (typisch kleinschrittiger Gang) und ein Ruhetremor. Es sind aber viele fakultative Begleitsymptome möglich wie Depressionen, zunehmende Demenz, Schlafstörungen, Schmerzen oder Dysästhesien oder auch eine autonome Dysregulation mit Dysphagie, Magen-Darm-Atonie, olfaktorischer Dysfunktion, orthostatischer Hypotension, Blasenstörungen und gestörter Temperaturregulation (Wappler et al. 2006 Orale Eiweißaufnahme auf 0,8 g/kg KG/Tag kann empfohlen werden. Auf eine ausreichende Kalorienzufuhr >2000 kcal/ Tag sollte geachtet werden. Die Einstellung des Blutzuckers sollte auf einen Ziel-HbA1c-Wert von <6,5 g/dl erfolgen, bei langjährigen Diabetikern etwas darüber. Die renale Anämie ist einerseits Folge, andererseits aber auch Progressionsfaktor einer chronischen Niereninsuffizienz. Der Zielhämoglobinwert sollte nicht <11 g/dl gewählt werden. Therapie mit Erythropoetin. Diätetische Phosphatrestriktion; orale Gabe von aluminiumfreien Phosphatbindern, bevorzugte Gabe von calciumfreien Phosphatbindern wie Sevelamer oder Lanthanumcarbonat. Gabe von Cholecalciferol (Vitamin D3) oder ggf. Cinacalcet unter regelmäßiger Kontrolle von Serumcalcium-und -phosphatwerten sowie Parathormon-(PTH-)Spiegeln. . Eine tägliche Flüssigkeitszufuhr von 2-2,5 l/Tag bei ausgeglichenem Wasserhaushalt mit einer Diurese von 2-2,5 l/Tag wird empfohlen, bei fortschreitender Niereninsuffizienz unter Einsatz von Schleifendiuretika bzw. Thiaziddiuretika; hierbei sind regelmäßige Kontrollen der Serumelektrolyte notwendig. Kaliumarme Kost, Schleifendiuretika. Gabe von Bikarbonat senkt die Morbidität und Mortalität bei chronischer Niereninsuffizienz; Gabe von Natriumbikarbonat, Tris-Puffer. Bestehen eine terminale Niereninsuffizienz (GFR <15 ml/ min/1,73 m 2 KOF), Symptome einer Urämie (gastrointestinale Symptome, Perikarditis, Enzephalopathie), therapierefraktäre Hypertonie, Hyperhydratation oder massive Störungen des Elektrolyt-(Hyperkaliämie) oder Säure-Basen-Haushalts (metabolische Azidose), sollte der Patient einer Nierenersatzbehandlung zugeführt werden. Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz haben ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer akuten Nierenschädigung. Die akute Nierenschädigung (akute kidney injury, AKI) wird nach KDIGO in 3 Stadien eingeteilt (. Tab. 28.18): Insbesondere unter den Umständen einer akuten Erkrankung, Verletzung oder eines chirurgischen Notfallgeschehens ist dieses Risiko deutlich erhöht. Für die Risikoevaluation eines zu operierenden Patienten mit bekannter Niereninsuffizienz sind im Vorfeld einige Fragen zu klären: Die Schwere der Niereninsuffizienz sollte anhand der aktuellen Serumkreatininkonzentration und der errechneten GFR (CKD-EPI oder MDRD) beurteilt werden. Die Serumkreatininkonzentration hängt stark von Muskelmasse und körperlicher Aktivität des Patienten ab und steigt erst ab einer GFR <50ml/min/1,73m 2 KOF signifikant an. Darüber hinaus sollten Informationen bezüglich des Volumenhaushalts des Patienten (Hydratationszustand, Restdiurese, Trinkmengenbegrenzung) eingeholt werden. Neben der Anamneseerhebung, v. a. kardiovaskulärer Erkrankungen, sollte der neurologische Status (Enzephalopathie, Neuropathie), die respiratorische Situation (Lungenödem, pulmonale Stauung, respiratorischer Ausgleich einer metabolischen Azidose) und der aktuelle Elektrolyt-bzw. Säure-Basen-Haushalt des Patienten erhoben werden. Präoperative Diagnostik: 5 Routinelabor (Blutbild, Elektrolyte, Retentionswerte, Gesamteiweiß, Albumin, Gerinnungsstatus) 5 EKG 5 Röntgenbild des Thorax Bei der Gabe von Medikamenten ist auf die veränderte Pharmakokinetik zu achten. Vor allem Medikamente mit hoher Plasmaeiweißbindung haben bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz und reduzierten Plasmaeiweißspiegeln einen erhöhten ungebundenen Anteil im Plasma und müssen dementsprechend reduziert werden. Medikamente, die vorwiegend renal eliminiert werden, benötigen aufgrund der verzögerten Elimination meist deutlich reduzierte Erhaltungsdosen. Eine Dosisanpassung sollte besonders bei Patienten mit einer GFR <50 ml/min/kg KG/1,73m 2 KOF und bei Medikamenten mit einem extrarenalen Ausscheidungsanteil (Q 0 -Wert) von <0,5 erfolgen. Für eine optimale Dosisanpassung von Medikamenten bei Niereninsuffizienz stehen für diesen Zweck bestimmte Hilfsmittel wie beispielsweise die Wiener Liste (Antibiotikatherapie) oder Internetseiten wie z. B. www.dosing.de zur Verfügung. Wichtig für die präoperative Risikoevaluation und Narkoseplanung ist auch die Tatsache, dass bei chronisch niereninsuffizienten Patienten trotz normal erscheinender globaler Gerinnungstests (Quick, aPTT) und normaler Thrombozytenzahlen, aufgrund einer urämisch bedingten Thrombozytopathie, ein erhöhtes Blutungsrisiko vorliegen kann. Daher sollten im Vorfeld von Operationen mit erwartetem erhöhten Blutverlust Vorbereitungen zur Stabilisierung der Blutgerinnung getroffen werden (ggf. Bereitstellung von Thrombozyten, präoperative Gabe von Desmopressin. Eine Allgemeinanästhesie führt in der Regel durch eine systemische Vasodilatation und Sympathikolyse zu einer reduzierten Nierenperfusion mit der Gefahr der hierdurch bedingten Nierenfunktionsverschlechterung. Deswegen sollten -immer unter Berücksichtigung der möglicherweise pathologischen Gerinnungssituation -wenn möglich lokale oder regionale Anästhesieverfahren bevorzugt werden. Falls dennoch eine Allgemeinanästhesie durchgeführt werden muss, sind Medikamente zu verwenden, deren Pharmakokinetik durch die Niereninsuffizienz nicht maßgeblich verändert ist, bzw. die Dosierungsintervalle der Anästhetika sind entsprechend anzupassen. Auf depolarisierende Muskelrelaxanzien sollte, wegen der damit verbundenen Gefahr der intrazellulären Kaliumfreisetzung, generell verzichtet werden. Für Gefäßpunktionen niereninsuffizienter Patienten gilt, dass Lokalisationen künftiger potenzieller Shunts oder Dialysekatheter geschont werden müssen, da diese für terminal niereninsuffiziente Patienten überlebenswichtig sein können. Daher sollten an Unterarmen keine arteriellen Kanülen zur Blutdruckmessung gelegt werden. Venen verweilkanülen sollten nur am Handrücken angelegt werden. Für die Anlage temporärer Dialyseshaldonkatheter bei Patienten mit akuter Niereninsuffizienz sollte aus o. a. Gründen die Punktion der V. subclavia unterbleiben. Präferiert werden die Punktionen der V. jugularis interna rechts, in zweiter Linie V. femoralis beidseits, schließlich V. jugularis interna links und nur bei Versagen die V. subclavia der dominanten Seite. Postoperativ sind bei niereninsuffizienten Patienten Kontrollen der Serumelektrolyte (v. a. Kalium) wichtig. Die Nierenfunktion sollte engmaschig überwacht werden. Bei bedrohlichen Veränderungen des Flüssigkeits-, Elektrolytund Säure-Base-Haushalts sollte eine Nierenersatztherapie frühzeitig eingeleitet werden. Das weitere postoperative Management niereninsuffizienter Patienten erfolgt nach den üblichen klinischen Kriterien. Obesity in general elective surgery Morbid obesity predisposes trauma patients to worse outcomes: a National Trauma Data Bank analysis Complications of bariatric surgery -What the general surgeon needs to know Implantation of prophylactic nonabsorbable intraperitoneal mesh in patients with peritonitis is safe and feasible Obese trauma patients are at increased risk of early hypovolemic shock: a retrospective cohort analysis of 1,084 severely injured patients Platelet activation is increased in peripheral arterial desease Mortality over a period of 10 years in patients with peripheral arterial desease Erkrankungen der Aorta und der peripheren Gefäße Gemeinsame Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin, der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und der Deutschen Gesellschaft für Präoperatives kardiales Risiko und perioperatives kardiales Management bei nichtkardialer Chirurgie Risk factors for surgery and postoperative recurrence in Crohn's disease Disease monitoring in inflammatory bowel disease Laparoscopic vs. open total abdominal colectomy for severe colitis: impact on recovery and subsequent completion restorative proctectomy Laparoscopic versus open 2-stage ileal pouch: laparoscopic approach allows for faster restoration of intestinal continuity Management of acute severe ulcerative colitis Thiopurine therapy is associated with postoperative intra-abdominal septic complications in abdominal surgery for Crohn's disease Surgical management of Crohn's disease Toward an integrated clinical, molecular and serological classification of inflammatory bowel disease: report of a Working Party of the 2005 Montreal World Congress of Gastroenterology Preoperative magnetic resonance enterography in predicting findings and optimizing surgical approach in Crohn's disease Preoperative steroid use and risk of postoperative complications in patients with inflammatory bowel disease undergoing abdominal surgery Risk factors for complications after bowel surgery in Korean patients with Crohn's disease Preoperative infliximab use and postoperative complications in Crohn's disease: a systematic review and meta-analysis Global strategy for the diagnosis, management and prevention of COPD Larsen R (Hrsg) Anästhesie und Intensivmedizin in Herz-, Thorax-und Gefäßchirurgie, 8. Aufl Hrsg) Die Intensivmedizin, 11 Erkrankungen von Lunge und Atemwegen Chronisch obstruktive Lungenerkrankung Diabetes mellitus S3-Leitlinie Therapie des Typ-1-Diabetes -Version 1.0 Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) (2014) Nationale VersorgungsLeitlinie Therapie des Typ-2-Diabetes -Langfassung, 1. Aufl. Ver 4. 2013, zuletzt geändert Präoperative Evaluation erwachsener Patienten vor elektiven, nichtkardiochirurgischen Eingriffen Recent metformin ingestion does not increase in-hospital morbidity or mortality after cardiac surgery Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland" (DEGS) Geriatrische Problematiken Meta-analysis of laparoscopic vs open cholecystectomy in elderly patients Anäshtesie bei geriatrischen Patienten Bedeutung der demographischen Entwicklung für die Notfallmedizin Impact of Advancing Age on Abdominal Surgical Outcomes Operationen im hohen Alter: Klinische, ethische und juristische Aspekte. Allgemein-und Viszeralchirurgie up2date Management of bleeding and coagulopathy following major trauma: an updated European guideline Wie viel Blut und welche seiner Bestandteile benötigt der Mensch intra-und perioperativ? Differenzierte Therapie der akuten Blutung Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) (2011) S3-Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung Management of bleeding and coagulopathy following major trauma: an updated European guideline Präoperative Evaluation erwachsener Patienten vor elektiven, nichtkardiochirurgischen Eingriffen ACC/AHA 2007 Guidelines on Perioperative Cardiovascular Evaluation and Care for Noncardiac Surgery ACC/AHA Guideline on Perioperative Cardiovascular Evaluation and Management of Patients Undergoing Noncardiac Surgery: Executive Summary Prävalenz von Herzinfarkt und koronarer Herzkrankheit im Alter von 40 bis 79 Jahren in Deutschland ESC/ESA Guidelines on non-cardiac surgery: cardiovascular assessment and management Perioperative cardiac morbidity Anästhesie bei Erkrankungen von Herz und Kreislauf Assessment of risk for non-hepatic surgery in cirrhotic patients Poor outcomes in cirrhosisassociated hernia repair: a nationwide cohort study of 32,033 patients Nationwide volume and mortality after elective surgery in cirrhotic patients Portal Hypertension: An Underestimated Entity? Peptic ulcer surgery in patients with liver cirrhosis The impact of cirrhosis and portal hypertension on mortality following colorectal surgery: a nationwide, population-based study A metaanalysis of laparoscopic cholecystectomy in patients with cirrhosis MELD score is a better prognostic model than Child-Turcotte-Pugh score or Discriminant Function score in patients with alcoholic hepatitis Risk factors for mortality after surgery in patients with cirrhosis Neurologische Nebenerkrankungen Klinikleitfaden Neurologie, 4. Aufl. München: Urban u Taschenatlas Anästhesie, 5. Aufl. Stuttgart: Thieme Rundshagen J (2010) Der Suchtkranke in der Anästhesie Der suchtkranke Patient in der Anästhesie AINS 6 Chronic Kidney Disease and the Risks of Death, Cardio-vascular Events, and Hospitalization Deaths & Mortality; deaths: final data for Kidney Disease Improving Global Outcomes (KDIGO) (2012) KDIGO Clinical Practice Guideline for the Evaluation and Management of Chronic Kidney Disease KDIGO Clinical Practice Guideline for Acute Kidney Injury United States Renal Data System