key: cord-0035449-p6qgj2dt authors: nan title: Traumatologie und gewaltsamer Tod date: 2007 journal: Praxis Rechtsmedizin DOI: 10.1007/978-3-540-33720-1_3 sha: 438952be25f1e8ab1711da2ab8f400cfbe3bea8f doc_id: 35449 cord_uid: p6qgj2dt Vorgeschichte: Eine 39 Jahre alt gewordene, alkoholabhängige Frau habe von ihrem Hausarzt eine Packung Distraneurinkapseln (25 Stück) verschrieben bekommen; sie solle morgens und mittags je 1, abends 2 Kapseln einnehmen. Aus der Apotheke zurück gekehrt, begann sie zu Hause, mit ihrem Ehemann Alkohol zu trinken. Es sei zu einem Streit gekommen, in dessen Verlauf die Frau die Polizei angerufen habe. Der Ehemann sei daraufhin gegen 17.00 Uhr in Gewahrsam genommen und zur Wache verbracht worden. Ein Atemalkoholtest habe einen Atemalkoholwert von 1,29 mg/l ergeben. Gegen 04.00 Uhr morgens sei der Ehemann wieder entlassen worden (!). Er selbst habe angegeben, seine Ehefrau schlafend auf dem Sofa angetroffen zu haben; er habe sie geweckt, sie habe u.a. zu ihm gesagt, dass sie die Distraneurintabletten eingenommen habe. Ihr Zustand habe sich deutlich von dem bei sonstiger Alkoholisierung unterschieden. Gegen 05.30 Uhr habe er den Notarzt verständigt, der nur noch den Tod feststellen konnte. Sektionsergebnis: Die Obduktion erbrachte folgende Befunde: von der Halsvorderseite symmetrisch zum Nacken ansteigende und dort auslaufende Strangmarke, korrespondierende Einblutung des Unterhautfettgewebes über dem rechten M. sternocleidomastoideus und flächenhafte subperiostale Zerrungsblutungen des rechten Schlüsselbeins, flächenhafte Unterblutungen der Vorderflächen der Zwischenwirbelscheiben im tiefen Brustwirbelsäulen-und Lenden wirbelsäulen bereich. Petechien der Haut hinter den Ohren, in der Haut der Augenlider, in den Bindehäuten der Augenlider und Augäpfel, der Mundvorhofschleimhaut sowie der Haut von Mundboden und Hals oberhalb der Strangmarke. Zahlreiche doppelt konturierte Hämatome mit einer Breite von 2-4 mm und zum Teil bogenförmigem Verlauf, Lokalisationsschwerpunkt an Rücken, Gesäß, Streckseiten der Arme sowie Vorderseiten der Beine. Todesursache war eine komprimierende Gewalteinwirkung gegen den Hals, wobei Erscheinungsbild und Verlauf der Strangmarke differentialdiagnostisch an erster Stelle einem Erhängen zuzuordnen waren. Die multiplen konturierten Hämatome mit charakteristischer »Doppelstriemenstruktur« sprachen nach Art und anatomischer Verteilung für eine Züchtigung. Mit den Schlussfolgerungen aus dem Sektionsbefund konfrontiert, räumten Mutter und Familie ein, dass die Mutter das Kind wegen eines Gelddiebstahls in der Verwandtschaft zur Rede gestellt und im Rahmen eines eskalierenden Streits mit Schlägen gezüchtigt habe. Als Werkzeug habe sie ein zu einer Schlaufe zusammengelegtes Computerkabel verwendet. Am späteren Abend habe sie das Kind mit einem Bademantelgürtel erhängt auf dem Dachboden aufgefunden. Aus einem kurzen Abschiedsbrief habe sich als Suizidmotiv Reue über den Gelddiebstahl ergeben. Aus Angst vor der Reaktion des Ehemannes habe die Mutter gemeinsam mit ihrer Verwandtschaft beschlossen, gegenüber der Polizei ein Tötungsdelikt vorzutäuschen. Bei den anschließenden polizeilichen Ermittlungen habe sich auf dem Speicher an der Oberfläche eines giebelfernen Dachbalkens eine schmalstreifige Aussparung der bedeckenden Staubschicht gefunden, die als Aufhängestelle des Strangwerkzeugs in Betracht gekommen sei. Darüber habe auf dem Fußboden ein Koffer gestanden, der als Steighilfe habe genutzt werden können, so dass der Balken für das Kind erreichbar gewesen sei. Durch ein graphologisches Gutachten sei das Schriftbild des Abschiedsschreibens im Vergleich mit Schulheften dem verstorbenen Mädchen zugeordnet worden. 7 Die stringente Deutung charakteristischer Obduktionsbefunde (hier Differentialdiagnose Strangmarke -Drosselfurche) ermöglicht in enger Kooperation mit den Ermittlungsbehörden eine frühzeitige richtungsweisende Fokussierung der Untersuchungen. In einer ersten gutachterlichen Stellungnahme oder im vorläufigen Gutachten kann nach dem Prinzip der befundnahen Interpretation über die Befundbeschreibung hinaus nur zu eindeutigen Verletzungsmustern Stellung genommen werden. Der Vorbehalt einer ausführlichen Bewertung bei Vorliegen detaillierter Kenntnisse eines Ereignisablaufes sollte deutlich ausgeführt werden. Weitergehende Interpretationen eines Verletzungsmusters mit Versionsbildungen zu einer Tathandlung oder einem Ereignisablauf sowie die Stellungnahmen zur Kausalität erfolgen erst in einem zweiten Schritt. Sie werden durch den Untersuchungsauftrag bestimmt oder bleiben der gerichtlichen Hauptverhandlung vorbehalten. Befunde können durchaus auch zur Entlastung von Beschuldigten führen. ä Fallbeispiel Ein 15-jähriger Jugendlicher wird in einem Abrissgebäude von einem Bauarbeiter angetroffen. Bei einer sich entwi ckelnden Rangelei zieht der Beschuldigte ein Messer und versetzt dem 50jährigen Geschädigten einen Thoraxstich mit der Folge einer letalen Massivblutung. Bei der körperlichen Untersuchung durch den Rechtsmediziner stellte sich an der rechten Halsseite eine parallelstreifige Hautverfärbung mit drei in Reihe angeordneten randständigen Oberhautdefekten dar. In der Verhandlung sagte der Angeklagte aus, dass er einen von schräg hinten geführten Angriff des Bauarbeiters abwehren wollte. Der Geschädigte habe ihn »am Hals ge packt«. Daraufhin habe er das Messer gezogen und aus einer ausholenden Drehbewegung heraus den Angreifer abwehren wollen. Dabei sei es zur tödlichen Stichverletzung ge-kommen. Der Vorwurf einer Körperverletzung mit Todesfolge konnte nicht aufrecht erhalten werden. Der Angeklagte wurde nach Anhörung des Sachverständigen aufgrund einer Notwehrlage freigesprochen (. Abb. 3.1). Im strafrechtlichen Kontext ( § 323c StGB -Unterlassene Hilfeleistung) wird der Begriff Unglücksfall wesentlich weiter gefasst, weil es bei der Hilfspflicht in einer Notsituation nicht auf die Ursache einer hilflosen Lage ankommt. Danach kann auch eine sich plötzlich verschlimmernde Krankheit oder ein Suizidversuch (7 Kap. 11) ein Unglücksfall sein. Ein einheitliches deutsches Strafgesetzbuch liegt seit 1871 vor, nachdem das erste deutsche Strafgesetz, die Peinliche Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V. aus dem Jahre 1532, in zahlreiche Partikulargesetze übergegangen war. Mit den 1933 vorgenommenen Änderungen des StGB wurde der Weg frei für die Einführung eines dualistischen Systems des Strafrechtes: Strafe und/oder Maßregel (. Abb. 3.2) . Das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechtes aus dem Jahre 1998 hat dem StGB -insbesondere für jene Tatbestände, die für die rechtsmedizinische Begutachtung von Bedeutung sind -das heutige Nummerierungssystem gegeben (Fischer 2006) . In dem Allgemeinen Teil des StGB sind die Vorschriften enthalten, die die gemeinsamen Wesenszüge von strafbaren Handlungen umfassen (Geltungsbereich, Sprachgebrauch, Grundlagen der Strafbarkeit, Begehungsformen und Rechtsfolgen): 4 Bindung des Strafrechts an geschriebene Gesetzekeine Strafe ohne Gesetz, zeitliche Geltung, Verbot der Anwendung des Rechtes nach dem Zeitpunkt der Begehung ( § § 1, 2 StGB) 4 Jugendgerichtsgesetz (JGG) als eigenständiges Gesetz für Jugendliche und Heranwachsende i Vorgeschichte der Kriminologie Die wechselvolle Geschichte der Kriminologie beginnt mit einer 1764 von Cesare di Beccaria vorgelegten Schrift mit dem Titel »Über Verbrechen und Strafen«. Die Publikation des Strafrechtsreformers Beccaria setzt sich unter dem Einfluss der Aufklärung für ein faires Strafprozessrecht, gegen die Willkür der Polizei und für das Primat einer vorbeugenden Kriminalpolitik ein. Weitere Impulse kamen durch Cesare Lombroso, der mit seinen Hypothesen zur Erkennung des Verbrechers an äußeren Merkmalen (stigmata) in seinem Werk »Der Verbrecher« (1878) großes Aufsehen erregte. Die verkürzte Interpretation seiner Untersuchungen unter dem Schlagwort des »geborenen Verbrechers« (il nato delinquente) förderte eine Kriminalpolitik, die letztendlich die Unschädlichkeitmachung des Straftäters anstrebte. Obwohl Lombroso frühzeitig widerlegt wurde, ist der damalige Erfolg seiner italienischen kriminal-anthropologischen Schule durch die weite Verbreitung des Sozialdarwinismus erklärbar. Wortführer der französisch geprägten kriminal-soziologischen Schule wurde der Mediziner Alexander Lacassagne , der übrigens mit seinen forensisch-osteologischen Untersuchungen auch einen Meilenstein der Gerichtsmedizin gesetzt hat. Der soziologische Ansatz versteht den Täter als Spielball seiner Umwelt. Der deutsche Jurist Franz von Liszt hat den Versuch unternommen, die Kriminalhypothesen der Französischen und Deutschen Schule zu vereinigen, indem er sowohl die Eigenart des Täters als auch die äußeren Tatumstände als kriminogene Faktoren anerkannte (Marburger Schule: Vereini gungstheorie). Er hat die Zusammenhänge von Sozial-und Kriminalpolitik erkannt und mit seiner Forderung nach spezialpräventiver Ausrichtung des Strafrech-tes neben der Prävention auch das Ziel der Besserung (Resozialisierung) verfolgt. Ausgehend von den kriminologischen Schulen entwickelten sich zahlreiche Kriminalitätstheorien, in denen biologisch-genetische, psychologischsozialpsychologische oder soziologische Erklärungsansätze favorisiert wurden. Die vom Bundeskriminalamt Wiesbaden jährlich herausgegebene Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) registriert alle der Polizei bekannt gewordenen Straftaten einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche. Erfasst wird in der PKS nur das aufgeklärte Hellfeld. Da in Deutschland eine statis tikbegleitende Dunkelfeldforschung nicht stattfindet, ist unklar, wie Hell-und Dunkelfeld miteinander korreliert sind. Veröffentlichte Zahlen der PKS können nur unter der Annahme annähernd konstanter Verhältnisse in definierten geographischen Räumen, bei vergleichbaren politischen und sozialen Rahmenbedingungen sowie bei Betrachtung über lange Zeiträume interpretiert werden. Relevante Einflussgrößen auf die Ergebnisse der PKS sind u.a. 4 erhöhte Verfolgungsintensität durch die Po lizei, 4 Änderungen der Erfassungsstrategie der sta tistik führenden Institutionen, 4 verstärkte Anzeigebereitschaft bei einem anwachsenden Gefühl des Bedrohtseins (fear of crime), 4 wandelnde Auffassungen der Rechtsprechung und 4 veränderte demographische Datenlage (Altersstruktur, Zuwanderung). Trotz ihrer Fehlerquellen ist die PKS das beste Instrument zur Abschätzung von Daten zur Kriminalität. Sie ist dem delinquenten Verhalten sachlich und zeitlich am nächsten. Die Strafverfolgungsstatistik (SVS) wird jährlich durch das Statistische Bundesamt Wiesbaden vorgelegt. Sie bezieht sich auf die von den Gerichten abgeurteilten Personen und liegt um Dimensionen unter den Tatverdächtigenzahlen. Von mehr als 50 Millionen begangenen Straftaten, die jährlich in Deutschland vermutet werden, kommen etwa 1 Million zur Aburteilung. Nur etwa 25 Prozent der wegen Mord und Totschlag polizeilich registrierten Tatverdächtigen werden verurteilt (. Tabelle 3.2). Das Dunkelfeld der Delikte vorsätzlicher Tötung wird sehr kontrovers diskutiert und aus kriminologischer Sicht eher gering veranschlagt (Eisenberg 2005) . Nach Schätzungen rechtsmedizinischer Fachvertreter wird eine Dunkelzifferrelation von etwa 1:1 angenommen. Die Statistiken zur Gewaltkriminalität der vergangenen Jahrzehnte erlauben die Aussage, dass die Frequenz der regis trierten Tötungsverbrechen, insbesondere nach sexueller Gewalt, nicht zugenommen hat. Hingegen zeigen die Häufigkeitszahlen -Anzahl der bekannt gewordenen Fälle auf 100.000 Einwohner -einen deutlichen Anstieg der Gewaltkriminalität. Überproportional beteiligt sind durch jugendliche und heranwachsende Täter begangene Raubtaten sowie Delikte der Körperverletzung bei vergleichsweise hoher Kriminalitätsbelas tung in den neuen Bundesländern. i Gewalt -Ursachen und Erscheinungsformen Gewalt entsteht in dynamischen Wechselwirkungsprozessen zwischen Täter, Opfer und Gesellschaft. Eine Handlung wird dann als »gewaltsam« interpretiert, wenn sie als zielgerichtet und sozial inadäquat wahrgenommen wird. Die große Medienpräsenz weniger spektakulärer Gewalttaten vermittelt den falschen Eindruck, dass Gewalt in der Öffentlichkeit stattfindet. 5 Alltägliche Gewalt findet bevorzugt in der Familie, am Arbeitsplatz und im Bekanntenkreis statt. Aggres sive Verhaltensmuster werden im sozialen Nahbereich erlernt und erprobt. 5 Institutionelle Gewalt wird durch die Institutionen selbst verursacht (Strafanstalten, Polizei, Schulen, Krankenhäuser und Seniorenheime). 5 Strukturelle Gewalt ergibt sich aus ungleich verteilten Ressourcen, ungleichen Machtverhältnissen, Lebens-und Bildungschancen. Das Konzept der strukturellen Gewalt ist umstritten, da es die individuelle Komponente einer Gewalthandlung stark relativiert. Eine Auswahl viel diskutierter Gewalttheorien zeigt, dass monokausale Erklärungsansätze der Komplexität von Gewalt nicht gerecht werden. Sie können allerdings einander ergänzen: 5 Das psychoanalytische Konzept sieht nach Sigmund Freud die Aggression als Ausdruck des Todestriebes (Thanatos), der durch das Freisetzen von aggressiven Gefühlen (Katharsis) die Aggressivität vermindern kann. Das Konzept ist widerlegt, weil das Ausüben von Aggressionen die Aggressivität verstärkt. 5 Die ethologische Aggressionstheorie kommt zu dem Ergebnis, dass der angeborene Aggressionstrieb des Menschen in der modernen, entwickelten Gesellschaft nicht entladen werden könne und das biosoziale Wesen »Mensch« keinen Hemm-Mechanismus für die Nichtanwendung von Aggressionen besitze. Die von Konrad Lorenz im Ergebnis von Tierversuchen entwick elte Instinkttheorie ist nicht auf den Menschen übertragbar. 5 Die Frustrations-Aggressions-Theorie versteht Frus tration als Verhinderung eines Handlungsentwurfes, wodurch Aggressionen ausgelöst werden können. 5 Die soziostrukturellen Theorien gehen davon aus, dass gesellschaftlich-politische Verhältnisse und Wertvorstellungen die Gewaltentstehung begünstigen können. In Zeiten eines starken gesellschaftlichen Wandels kann es bei benachteiligten Bevölkerungsgruppen zu Orientierungslosigkeit kommen (Kulturkonflikttheorie, Anomietheorie). Der beobachtete starke Anstieg der Gewalt in den neuen Bundesländern in den ersten Jahren nach der Wende scheint das Konzept zu stützen. 5 Das Subkultur-Modell aggressiven Verhaltens macht sich die Erkenntnis zunutze, dass in Umgebungen, bei denen Ag- Die rechtsmedizinische Befunderhebung am Tatort und bei der Obduktion ist eine kriminalistische Aufgabe, wenn es um die Identifizierung von Personen und um die Individualisierung von Spuren geht. Kann ein Täter jedoch nicht zeitnah zur Tat und/ oder Auffindung einer Leiche ermittelt werden, ist eine umfassende Überschau erforderlich, um den Kriminalfall aus kriminalistischer und kriminologischer Sicht zu verstehen (Hoffmann und Musolff 2002 In einem Kontinuum ist jedes Volumenelement gegenüber seinem Nachbarvolumenelement inneren Spannungen ausgesetzt (Man denke sich als Beispiel eine dreidimensionale Sprungfedermatratze). Für ein würfelförmiges Volumenelement der Kantenlänge Eins (. Abb. 3.5a) könnten diese Spannungen für jede der sechs Flächen in solche Komponenten zerlegt werden, deren Richtung senkrecht zur Flächenebene liegen (sog. Normal-spannungen), und in solche, deren Richtung tangential zur Fläche liegen (sog. Tangentialspannungen). In der . Abbildung 3.5a sind die Spannungen für die Grenzflächen eines Schnittes durch den Würfel eingezeichnet. Sie heben sich sowohl in den tangentialen Richtungen als auch in orthogonaler Richtung paarweise auf. Es ist hier ein Vertikalschnitt gewählt. Die Überlegungen gelten jedoch für jede andere Schnittrichtung in derselben Weise. Sind die Summen der Spannungen Null, findet weder eine Deformation noch eine Bewegung der Grenzflächen gegeneinander statt. Sind die Summen der Spannungen durch Einleitung äußerer Kräfte nicht Null, so vermögen sich die Schwerpunkte der Volumenelemente gegeneinander zu bewegen; gleichzeitig werden die Volumenelemente selbst deformiert. Sind derartig eingeleitete Spannungen in ihrer Resultierenden in Richtung der Normalspannungen wirksam, so heißen sie Zug(spannungen); wirken sie hingegen den Normalspannungen entgegen, werden sie Druck genannt. Wirken die von außen eingeleiteten Kräfte in Richtung der Tangentialspannungen, so spricht man von Schubspannungen. Wie im Folgenden beispielhaft gezeigt wird, kann jede traumatomechanische Zusammenhangstrennung plausibel durch die Einwirkung von Zug, Druck und Schub erklärt werden. Überschreitet die Zugspannung die Festigkeitsgrenze eines Materials, so kommt es zu einer Zusammenhangstrennung, die vorwiegend senkrecht zur Zugrichtung gerichtet ist, nämlich zu einem Riss (. Abb. 3.5b). Derartige Risse findet man bei Überbe-. Abb. 3.5a-d. Prinzip der durch Normalund Tangentialkräfte bewirkten Zusammenhangstrennungen. a Gleichgewicht von Normal-und Tangentialspannungen; b Zusammenhangstrennung durch Zug; c Zusammenhangstrennung durch Schub, c1 Grenzfall: Exkoriation, c2 Grenzfall: parallele Kratzer-und Schürfbildung (entsprechend der Struktur der verletzenden Oberfläche des Werk zeuges); d Zusammenhangstrennung durch die Kombination von Schub (Ablösung von der Unterlage) und Zug (Rissbildung). Zugbedingte Dehnungsstreifen bewirkt durch oberflächliche Rissbildungen, die quer zur Dehnungsrichtung verlaufen anspruchung durch Längendehnung z.B. von Bändern, Sehnen, Nerven, Gefäßen etc. Durch Gefäßrisse ergießt sich das Blut in das umgebende Gewebe oder in die Körperhöhlen (Hämatom). Die sich nach Gefäßzerreißung einstellende rein blutdruckbedingte Einspülung von Blut in umgebendes Gewebe (Suffusion, Sugillation) und damit die Form des Hämatoms hängt in erster Linie von der Beschaffenheit der Gewebedichte ab, sodass nach gefäßrisserzeugender Gewalteinwirkung aus der Hämatomform nicht oder nur sehr vage auf die Form des gewaltbringenden Schlagzeuges geschlossen werden kann. Erzeugt jedoch das Werkzeug den das Blut treibenden Druckgradienten aufgrund seiner Form und Profilierung selbst, so schlägt sich seine prägende Wirkung in der Form bzw. Textur des Hämatoms nieder. Beispiele hierfür sind die Hämatombildung nach Stock-und Peitschenschlag, das Reifenprofilhämatom (. Abb. 8.31a), aber auch die Textilabdruckspur. Ist unter der Zugwirkung lediglich die Intima eines Gefäßes gerissen, so liegt ein gedeck ter Riss vor, der nicht selten zu einem Aneurysma führen kann. Zugbedingte Zusammenhangstrennungen treten auch bei Überlastung von knöchernen Strukturen auf. Man spricht dann seltener von einem Rissphänomen, sondern eher von Frakturen oder Berstungsphänomenen. Wird ein langer Röhrenknochen, der physikalisch idealisiert als Stab (Charakteristikum: Querschnitt klein gegenüber der dritten Dimension der Länge) angesehen werden kann (. Abb. 3.6a-d), durch eine quer zur Längsachse einwirkende Kraft (z.B. Stoßstange eines Personenkraftwagens) verbogen, so entwickelt sich auf der konvexen, also der der Krafteinwirkung fernen Seite, aufgrund der hier stattfindenden Dehnung eine vorwiegend achsenparallele Spannung, die bei Überdehnung zu einem infinitesimalen »Anfangsriss« führt. Dieser infinitesimale »Anfangsriss« durchsetzt nicht sofort den gesamten Querschnitt, denn er verändert im Kontinuum abrupt die anfänglichen vor der Rissentstehung herrschenden lokalen inneren Spannungsverhältnisse und setzt somit für die weitere infinitesimale Rissausbreitung eine erneute Anfangsbedingung, unter der sich das nächste infinitesimale Rissstück entwick elt und wiederum eine erneute Anfangsbedingung setzt. Die Aneinanderreihung dieser infinitesimalen Risse ergibt schließlich den Riss in seiner Gesamtheit. Man beobachtet, dass die rissbedingte Gefügetrennung auf zwei Flächen vonstatten geht, sodass letzt-. . Abb. 3.12), 4 Phänomene der kurzen Überlebenszeit (30 Minuten-24 Stunden) und 4 Phänomene der längeren Überlebenszeit (über 24 Stunden). In . Tabelle 3.12 sind die den jeweiligen Zeitphasen zuzuordnenden Befunde zusammengefasst. Die Darstellung der genannten Marker erfolgt überwiegend immunhistochemisch. Im Gegensatz dazu sind in . Tabelle 3.13 die Befunde einzelner Marker in Bezug auf die früheste (entspricht der minimalen Überlebenszeit), regelmäßige und längste Nachweisbarkeit wiedergegeben, was die großen Spannbreiten aufzeigt. Die Beurteilung erhobener Befunde hat entsprechend vorsichtig zu erfolgen und muss sämtliche Erkenntnisse zu dem konkreten Fall einschließen. Bei der Verletzungsbeurteilung sind Kenntnisse biomechanischer Belastungsgrenzen und physikalischer Gesetzmäßigkeiten unerlässlich, wie sie im 7 Kapitel 3.3 beschrieben worden sind. Unter stumpfer Gewalt versteht man die mechanische Einwirkung einer mehr oder minder begrenzten Fläche gegen den menschlichen Körper, wobei jedes Körperteil (Kopf, Rumpf, Gliedmaßen) gleichermaßen betroffen sein kann. Stumpfe Gewalteinwirkungen führen in Abhängigkeit von Art, Ort und Intensität sowie von fakultativen Faktoren (z.B. Bekleidung) meist zu äußerlich wahrnehmbaren Spuren an der Körperoberfläche (Haut), die aber trotz schwerster innerer Verletzungen auch fehlen können. In der Regel trifft man auf Abschürfungen oder Blutunterlaufungen (wenig präzise als »Prellmarken« bezeichnet). Bei Wunden ist zwischen Risswunden, Quetschwunden und Quetsch-Risswunden zu unterscheiden (nicht ganz korrekt als »Platzwunden« bezeichnet). Am häufigsten treten Quetsch-Risswunden auf, wenn Gewebe durch einen von außen kommenden Druck zusammengepresst und nach maximaler Kompression durch Zugkräfte auseinander gerissen wird. An der Kontaktstelle entstehen Abschürfungen der Oberhaut, die nach dem Tode vertrock nen. Vom Maximum der Gewalteinwirkung aus ziehen einzelne Haut risse in das Gewebe hinein, z.T. auch sternförmig, und werden mit zunehmender Entfernung seichter (. Abb. 3.14). Dadurch erklären sich die Gewebsbrücken am Wundgrund, vor allem aber in den Wundwinkeln, die zur Unterscheidung gegenüber Stich-und Schnittwunden dienen (. Abb. 3.15). Isolierte Risswunden sind selten, sie treten vor allem bei Überstreckungen von Gliedmaßen und Körperteilen auf (z.B. bei Pkw-Fußgänger-Unfällen mit hohen Anprallgeschwindigkeiten; . Abb. 3.16). Umschriebene Flächen (z.B. Hammer) führen zu scharf begrenzten Vertrocknungen, die je nach Auftreffwinkel zu unterschiedlichen Bildern führen können (Quadrat, Rechteck, Raute). Lappenförmige Wunden lassen auf die Richtung der tangentialen Gewalteinwirkung schließen, der Hautlappen lässt sich in Richtung der einwirkenden Gewalt aufklappen. Breitflächige stumpfe Gewalteinwirkungen auf den Kopf führen wegen dessen Rundung meist zu rundlichen Vertrocknungen mit teils gradlinigen, teils sternförmigen Quetsch-Risswunden (. Abb. 3.14). Bei mechanischen Einwirkungen können Blutungen auch isoliert in den tieferen Hautschichten auftreten, vor allem wenn es sich um geformte Gegenstände handelt und Relativverschiebungen zwischen den Hautschichten auftreten. So kommt nicht selten eine »innere Gurtmarke« erst nach Fettgewebspräparation Bei Gewalteinwirkungen gegen den Kopf kommt es bei schwersten offenen Verletzungen mit teilweiser oder vollständiger Enthirnung zum sofortigen Zusammenbruch der Regelsysteme mit Erlöschen der Handlungsfähigkeit. Bei intrakraniellen Raumforderungen bricht das Regulationssystem durch Hirnstammeinklemmung oder sekundäre Hirnstammblutungen zusammen. Zerreißungen der Gefäße an der Schädelbasis oder des Sinus cavernosus führen zur Verblutung nach außen oder zur tödlichen Bluteinatmung. Rupturen parenchymatöser Organe führen zur inneren Verblutung, wenn beim erwachsenen, gesunden Menschen eine Blutmenge von ca. 1,5 Liter erreicht ist (bei Kindern und kranken Menschen bedeutend weniger, 0,5-1 Liter!). Traumatische Amputationen von Gliedmaßen führen zur Verblutung aus zerrissenen Arterien und Venen, Gefäßrupturen zur inneren und äußeren Verblutung. Als Todesursache kommen auch eine Lungenfett-und Knochenmarks-sowie eine Luftembolie in Frage, die gleichzeitig ein Vitalitätszeichen darstellen können (. Abb. 3.21a, b). Bei der Fettembolie wird bei ausgedehnteren Weichteilquetschungen aus dem zermalmtem Fettgewebe durch die eröffneten Venen Fett aufgenommen, das in den Lungenkapillaren stecken bleibt und durch Rechtsherzüberlastung sowie Verminderung der Diffusionsfläche in der Lunge zum Tode führt. Knochenmarksembolien treten bei Frakturen der Röhrenknochen, aber auch nach Rippen(serien)frakturen gehäuft auf. Durch intensivmedizinische Maßnahmen (Schockbekämpfung) hat die Lungenfettembolie als Todesursache an Bedeutung verloren. Bei jedem sonst nicht erklärbaren Todesfall ist aber daran zu denken und durch Fettfärbung der Lungen der Nachweis zu führen. Die Hirnfettembolie (»Purpura cerebri«) wird kaum mehr beobachtet. Extremitätenfrakturen, vor allem aber die Immobilisation, führen zu Bein-und Beckenvenenthrombosen, die bei herzkranken Menschen auch durch adäquate Thromboseprophylaxe nicht immer verhindert werden können. Bei Todesfällen nach äußeren Gewalteinwirkungen (Sturz, Verkehrsunfall u.a.) handelt es sich ungeachtet der Vorerkrankungen und des Alters um einen nichtnatürlichen Tod. Pneumonien sind dank moderner Antibiotikatherapie selten geworden, häufiger werden mit Kreislaufschock und Beatmung verbundene Schäden der Lunge gesehen (»Schocklunge« oder Adult Respiratory Distress Syndrom = ARDS). Wundinfektionen mit tödlicher Blutvergiftung werden im forensischen Bereich kaum mehr beobachtet, bei auffallend schnell eintretender Leichenfäulnis, Hautknistern sowie »Schaumorganen« ist eine Gasbrandinfektion durch histologische und bakteriologische Untersuchungen auszuschließen. Stumpfe Gewalteinwirkungen gegen den Brustkorb können zu Herzkontusionen mit Herzrhythmusstörungen führen (Commotio bzw. Contusio cordis). Ausgedehnte Lazerationen (z.B. beim Fußgängeranstoß) gehen mit nicht unerheblichen Blutungen einher (bis zu einem Liter!), Weichteilquetschungen führen zur Lungenfettembolie. Leichte Gewalteinwirkungen gegen den Kopf (Bagatelltraumen) bleiben meist folgenlos und werden als »Kopfprellung« bezeichnet. An der Kontaktstelle kann es zu Blutunterlaufungen oder Wunden kommen, wobei Kopfschwartenwunden mitunter außerordentlich stark bluten (in seltenen Fällen bis hin zur tödlichen Verblutung). Die Einwirkungen gehen mit erheblichen, aber vorübergehenden Schmerzen in der mit Nerven gut versorgten Kopfschwarte, bisweilen auch mit leichten vegetativen Störungen (Kopfschmerzen) einher, haben aber keine Folgen für das Bewusstsein. Die folgenlose »Kopfprellung« ist (auch wegen der rechtlichen Aspekte) von dem leichtesten Grad einer Hirnschädigung, der »Commotio«, abzugrenzen. Diese ist in der Regel durch kurze Bewusstseinsstörungen bzw. Bewusstlosigkeit gekennzeichnet, die dem Betreffenden nicht immer bekannt ist. In der Folgezeit treten Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen auf, die Erinnerung an die Zeit kurz vor dem Ereignis und danach ist gestört (retro-und anterograde Amnesie). In sehr seltenen Fällen kommt es zu posttraumatischen Dämmerzuständen, die an zusätzliche Bedingungen geknüpft sind (z.B. situationsinadäquates Verhalten, finale Schlafphase). Am Gehirn selbst zeigen sich keinerlei Verletzungsspuren, es handelt sich um zentralnervöse Störungen. Gewalteinwirkungen mit fassbaren Schädigungen am Gehirn (Subarachnoidalblutung, Rindenprellung, Gewebs-oder Gefäßschäden), die klinisch mit z.T. längerdauernder Bewusstlosigkeit einhergehen und nicht folgenlos abheilen, bezeichnet man als »Contusio cerebri« (Hirnprellung). Bei der »Compressio cerebri« kommt es sekundär durch Blutung und Ödem zur intrakraniellen Volumenzunahme mit Einklemmung der Medulla oblongata in das Foramen magnum und letztlich zum Versagen der zentralen Regulationen (Atmung, Kreislauf, Temperatur, Endokrinium) mit Eintritt des Hirntodes. Bei Kindern beobachtet man häufig ein massives, therapieresistentes traumatisches Hirnödem ohne größere Blutungen. Neben dieser morphologisch orientierten Einteilung, die trotz aller Unzulänglichkeiten immer noch bei der Einteilung der Schweregrade eines Schädelhirntraumas (SHT) benutzt wird, sollten aus klinischer Sicht andere Bewertungsschemata herangezogen werden. So kann je nach Dauer oder Ausmaß der posttraumatischen Bewusstseinsstörung zwischen einem leichten, mittelschweren und schweren SHT unterschieden werden. Die Differenzierung zwischen einem offenen/penetrierendem SHT (bei Verletzung der harten Hirnhaut) zum geschlossenen SHT ist wegen der Infektionsgefahr von Bedeutung (Liquorrhoe, posttraumatische Meningitis). Die modernste Einteilung orientiert sich an der Glasgow coma scale (GCS) (. Tabelle Beim Contrecoup handelt es sich um das Phänomen, dass bei okzipitalen und parietalen (nicht aber bei frontalen) Gewalteinwirkungen die der Einwirkung diametral gegenüberliegende Seite bedeutend massivere Hirnschädigungen aufweist als die Einwirkungsstelle selbst. Nach Sellier und Unterharnscheid sind die Gegenstoßprellungsherde durch innere Kavitation (»Unterdruck«) mit Herausreißen der kuppenständigen Gefäße zu erklären. Gegen Druck reagiert das Gehirn viel unempfindlicher (. Abb. 3.25a, b). Von den Rindenprellungsherden aus kann es (gerade bei älteren Menschen) auch zu massiven Blutungen in das Marklager kommen, die klinisch nicht mit intrazerebralen Blutungen aus natürlicher Ursache verwechselt werden dürfen. Kommt es unterhalb des Schädelbruchs zu einer Zerreißung der Dura und rinnenförmiger Einklemmung der Hirnoberfläche, können auch im Anstoßbereich ausgedehnte Schädigungen (meist hämorrhagische Infarzierungen, Nekrosen) auftreten. Eine Besonderheit stellen subdurale Blutungen ohne Schädelbruch dar, die meist auf Rotationstraumen (z.B. heftiger Faustschlag) zurückzuführen sind und durch Abscherungen von Gefäßen (Schlagadern, Brückenvenen) an der Hirnoberfläche bedingt sind (Krauland) . Eine Primäre Hirnstammblutungen müssen nicht unmittelbar tödlich sein, werden aber in der Regel nicht überlebt. Zerreißungen des Hirnstammes (Hirnstammruptur) führen unmittelbar zum Tod; sie sind meist indirekt durch Zug (bei Kopfluxation oder Halswirbelsäulenfraktur) bedingt oder Folge massiver direkter Gewalteinwirkung auf den Schädel mit Frakturen. Schädelfraktur. Schädelfrakturen haben für den tödlichen Ausgang keine eigenständige Bedeutung, auch wenn in der Internationalen Klassifikation der Todesursachen (ICD 10: S 02) ein »Schädelbruch« als mögliche Todesursache angegeben ist. Die Ausprägung unterliegt Gesetzmäßigkeiten, wobei zwischen Berstungs-und Biegungsbrüchen sowie Impressionsfrakturen (Spezialfall: Loch-oder Terrassenbrüche, bei Kindern: Zelluloid-oder »Pingpongballfraktur«) unterschieden wird. Berstungsbrüche (. Abb. 3.27) kommen durch Verkürzung des Schädeldurchmessers in Richtung der Gewalteinwirkung bei gleichzeitiger Verbreiterung im Querdurchmesser durch Zugspannungen zustande, sie folgen in ihrer Ausprägung den Trajektorien des Schädels. In der Regel ziehen sie auch in die Schädelbasis, wo es bei Beteiligung der vorderen und mittleren Schädelgruben zu Gefäßzerreißungen mit tödlichen Verblutungen kommen kann (unter dem Kopf des Verunglückten findet man eine große Blutlache mit Blutaustritt aus Mund, Nase und auch Ohren). Die Schlagadern am Hirngrund können unterhalb von Schädelbrüchen ein-oder zerreißen und zu tödlichen intrakraniellen Blutungen (meist subarachnoidal) führen. Bei massiver Einwirkung auf das Hinterhaupt kann es neben dem Berstungsbruch an der Einwirkungsstelle durch die Stauchung der Schädelbasis zu Impressionsfrakturen in den Orbitadächern, nachfol-gend mit Ausprägung eines Monokel-oder Brillenhämatoms, führen. Scharnierbrüche der Schädelbasis (. Abb. 3.28) stellen eine Sonderform der Berstungsbrüche dar, die in der Regel bei beidseitiger Einwirkung gegen den Kopf auftreten (z.B. Einklemmen des Kopfes zwischen Ladebord eines rückwärts fahrenden LKWs und der Wand oder Überrollen durch ein Kraftfahrzeug beim auf dem Boden liegenden Kopf). Unvollständige Scharnierbrüche sind bei massiver einseitiger Belastung zu beobachten. Biegungsbrüche entstehen kreisförmig um die Einwirkungsstelle herum, sie gehen nahezu immer mit Berstungsbrüchen einher (»Globusbruch«) und setzen höhere Gewaltintensitäten als ein Berstungsbruch voraus (. Abb. 3.29). Bei mehreren hintereinander folgenden, massiven Gewalteinwirkungen kann aus dem Abbruch der Bruchlinien an der vorausgegangenen Einwirkungsstelle auf die Reihenfolge geschlossen werden (»Puppe'sche Regel«). Loch-oder Terrassenbrüche entstehen bei senkrechtem bzw. schrägem Auftreffen von geformten, kleinen Flächen (z.B. Hammerbahn), wobei die maximale Kantenlänge bei 4×4 cm liegt. Ringbrüche der Schädelbasis kommen selten vor. Sie sind entweder auf eine Stauchung des Kopfes in die Wirbelsäule zurückzuführen (z.B. Motorradunfall mit Aufprall des helmgeschützten Kopfes gegen eine Fläche) oder durch Traktion bedingt (Festhalten des Kopfes bei kaudaler Bewegung des Körpers). Meist kommt es dabei zur Hirnstammruptur und massiven Blutungen aus den intrakraniellen Schlagadern (Carotiden) mit schnellem Todeseintritt. Wunden und Schädelbrüche im oberen Stirn-, Scheitel-und Hinterhauptsbereich, oberhalb der »Hutkrempenlinie« (= größter Kopfumfang), sprechen eher für von oben kommende Gewalteinwirkungen (z.B. Schlag mit einem Gegenstand auf den Kopf), während bei Sturz zu ebener Erde oder Anstoß in der Regel die prominenten Kopfpartien (Hinterhauptshöcker, Nase-Stirn-Partie) betroffen sind. Ist die harte Hirnhaut eingerissen, spricht man von einem offenen Schädelhirntrauma mit der Gefahr von posttraumatischen Infektionen (vor allem bei frontobasalen Verletzungen!). Klinisch kennzeichnend (und bei Persistieren unbedingt therapiebedürftig!) ist eine Liquorrhoe aus Ohr oder Nase. Kommt es bei Gewalteinwirkungen zur unvollständigen Zerreißung intrazerebraler Gefäße, kann sich ein traumatisches Pseudoaneurysma ausbilden, das auch noch nach längerer Zeit rupturieren kann. Selten werden traumatische Sinus-cavernosus-Fisteln beobachtet. Stumpfe Gewalteinwirkungen gegen das Gesicht gehen häufig mit Nasenbeinfrakturen einher oder mit Gesichtsschädelbrüchen (Einteilung nach Le Fort I-III; . Tabelle 3.16 + . Abb. 3.30). Bei Einwirkungen auf die Augen (z.B. durch Faustschlag, Tennisball) kann es zu Verletzungen des Augapfels und der Orbita kommen (Blow-out-Fraktur). Nach Schlägen auf den Mund sind Verletzungen häufig nur an der Schleimhautinnenseite erkennbar (Widerlagerverletzungen durch die Zähne). Als Sonderfall ist das HWS-«Schleudertrauma« (Whiplash) zu betrachten, das vor allem bei Fahrzeuginsassen beim Heck-aufprall auftritt und häufig keine morphologischen Korrelate aufweist. Eine gutachterliche Befassung mit diesem Bereich empfiehlt sich nur bei intensiver Kenntnis der umfangreichen wissenschaftlich z.T. umstrittenen Materie. Wenig Beachtung finden allgemein Verletzungen der Aa. vertebrales, die in den Querfortsatzlöchern der Halswirbelsäule (meist ab C7) über die Atlasschleife (C1/C2) in das Schädelinnere führen, wo sie sich zur A. basilaris vereinigen. Durch inkomplette Zerreißungen kann es zur Thrombose mit Gefäßverschluss, aber auch zur Embolisation in die intrazerebralen Arterien kommen, wobei häufig Gefäße des Hirnstammes betroffen sind (Ausprägung eines »Wallenberg-Syndroms«). Bei stumpfen Gewalteinwirkungen gegen den Rumpf sind neben den Hautdecken knöcherne Strukturen betroffen (Rippen, Wirbelsäule, Becken, Extremitäten), aber auch innere Organe, die durch Druck und Zugspannung rupturieren. Thorax. Die Brustorgane (Herz, Lungen, Aorta) sind zwar durch den Brustkorb und die Wirbelsäule vor direkten Gewalteinwirkungen weitgehend geschützt, doch kommt es nach Überschreiten der Belastungsfähigkeit zu Rippenserienbrüchen und (beim juvenilen elastischen Thorax auch ohne knöcherne Verletzungen) durch massive Brustkorbkompression zu Prellungen und Quetschungen von Herz und Lungen. Das Herz rupturiert bei ausreichender Gewalt vor allem im Bereich der rechten Kammer, massive Kräfte führen zu Zerfetzung und Abriss des Herzens mit schnellem Todeseintritt. Indirekte Verletzungen sind bei Beschleunigungstraumen zu erwarten (Liftunfall, Sturz aus der Höhe, Verkehrsunfall, Sturz auf den Rücken), wobei durch vertikalen bzw. horizontalen Zug des Herzens Aortenrupturen entstehen, typischerweise am Ende des Bogens in Höhe des Aortenisthmus (»Botalli-Narbe«) oder (viel seltener) über den Aortenklappen. In den Lungen kommt es bei massiven Kontusionen zu Gewebszerreißungen, ebenso auch durch Anspießung zur Ausbildung eines Hämatothorax und/oder Pneumothorax. Der instabile Thorax bei Rippenserienfrakturen geht vor allem beim älteren Menschen mit schweren, bisweilen tödlichen Atemstörungen einher. Bei Einklemmung des Thorax (z.B. Verschüttung, Verkehrsunfall mit Kompression der Fahrgastzelle) kommt es zur Einflussstauung vor dem rechten Herzen mit zumeist massiven petechialen Blutaustritten in der Haut oberhalb der Kompressionsebene (»Perthes' Druckstauung«). Einflussstauung und Behinderung der Atemexkursion führen letztlich zum Tode. Bei sog. »Tottreten« als Folge schwerster Misshandlungen (»Stiefeln«) oder bei überstürzter Massenflucht (Panik) führt die Kombination von Kompression, Rippenbrüchen mit instabilem Thorax sowie Lungenfett-und Knochenmarksembolie zum Tode. Abdomen. Bei Gewalteinwirkungen gegen den Bauch kommt es vor allem zu Milz-, Leber-und Darmrupturen, seltener sind . Abb. 3.31. Karotisthrombose Pankreas, Zwerchfell und Harnblase betroffen, bei rück wärtigen Einwirkungen auch die Nieren. Klinisch bedeutsam sind zweizeitige Rupturen (Milz!), die durch frühzeitige Ultraschalluntersuchungen und Lavage erkannt werden können. Außerordentlich selten kommt es zur traumatischen Ruptur der Bauchaorta, meist bei arteriosklerotischer Vorschädigung. Bei Schwangeren können massive stumpfe Gewalteinwirkungen zu einem Abort führen, der auf Loslösung der Plazenta beruhen kann, in seinen Ursachen aber nicht immer zu klären ist. Bei Unglücksfällen (z.B. Autounfall) handelt es sich strafrechtlich um eine straffreie fahrlässige Abtreibung (geahndet wird die Körperverletzung). Tritte in den Bauch bei Kenntnis der Schwangerschaft können neben der Körperverletzung auch zu einer Verurteilung wegen Abtreibung führen ( § 218 StGB). Becken. Knöcherne Verletzungen des Beckenringes treten meist als Folge von Verkehrsunfällen (Fußgänger/PKW), Stürzen aus der Höhe oder auch Treppenstürzen auf. Klinisch gehört die Untersuchung des Beckenringes (»Krepitation«) zu den unerlässlichen Grundmaßnahmen. Autoptisch lässt sich aus der Lokalisation und Art der Brüche die Anstoßstelle näher eingrenzen. Genitale. Bei Beckenfrakturen (Symphysensprengung, Bruch der Schambeinäste) können Verletzungen der Urethra beim Mann auftreten, selten sind Verletzungen der Hoden durch direkte Gewalteinwirkung. Sehr selten sind auch bei Frauen Pfählungsverletzungen oder traumatische Uterusrupturen. Extremitäten. Gewalteinwirkungen gegen die langen Röhrenknochen führen durch Kompression und Biegung zu Frakturen, die je nach Einwirkung zu unterschiedlichen Frakturmustern führen. Eine der häufigsten Verletzungen ist die Schenkelhalsfraktur des älteren Menschen durch Sturz auf die Hüfte. Unbeachtet der Ursachen eines solchen Sturzes (z.B. Bewusstseinsstörung durch zerebrale Durchblutungsstörungen) handelt es sich im Todesfall (meist durch Pneumonie, Lungen embolie) um einen (meldepflichtigen) »nichtnatürlichen Tod«, da dieser nicht allein aus innerer krankhafter Ursache erfolgte. Eine andere Zuordnung wäre nur bei einem pathologischen Bruch (z.B. durch eine Knochenmetastase) zu vertreten. Eine Sonderform stellt der Keilbruch (»Messererbruch«) nach umschriebener Gewalteinwirkung vor allem gegen den Unterschenkel dar, der früher bei Fußgänger-PKW-Kollisionen zu beobachten war (»Stoßstangenverletzung«). Bei dem Keil stellt die Basis den Ort der Gewalteinwirkung dar, die Keilspitze weist in Richtung der Gewalteinwirkung (. Abb. 3.32). Bei Gefäßverletzungen (Aorta!) kommt es nicht selten erst mit einer gewissen Latenz zur vollständigen Ruptur (zweizeitige Rupturen), die mit erheblicher klinischer und gutachterlicher Problematik einhergehen (Frage der Erkennbarkeit, Unterlassung ausreichender Diagnostik und Therapie, kausaler Zusammenhang mit dem längere Zeit zurückliegenden Unfall ereignis). Die gewissenhafte Begutachtung erfordert die Beiziehung sämtlicher ärztlicher Befunde, die Erhebung der Fremd-und Eigenanamnese (»Brückensymptome«) sowie im Todesfall der subtilen feingeweblichen Untersuchung der Rupturstelle zum Ausschluss einer Vorerkrankung (z.B. Medianecrosis Erdheim-Gsell; . Abb. Ein 50 Jahre alter Chemiearbeiter hatte bei einer Verpuffung am Arbeitsplatz Verbrennungen im Gesicht davongetragen, die ambulant ärztlich versorgt wurden. Zu Hause wurde er ca. 7 Stunden später auf der Toilette bewusstlos aufgefunden und verstarb kurz danach im Krankenhaus. Todesursächlich war eine 3,5 cm breite Ruptur oberhalb der Aortenklappen mit disseziierendem retround anterogradem Aneurysma und Herzbeuteltamponade. Nebenbefunde: Herzhypertrophie (500 g), weite Aortenklappen (8,5 cm). Zweitgradige Gesichtsverbrennungen. Kein Inhalationstrauma, keine knöchernen Verletzungen. Histologie: Medianecrosis Erdheim-Gsell. Gutachterlich war kein direkter oder indirekter Zusammenhang erkennbar, die psychophysische Belastung mit Blutdrucksteigerung zwar denkbar, aber nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit zu belegen. Für den klinisch tätigen Arzt und bei der Leichenschau ist besonders zu bedenken, dass bei stumpfen Gewalteinwirkungen zwischen äußerlich sichtbaren Verletzungen und dem Ausmaß der inneren Verletzungen keinerlei Zusammenhang bestehen muss. Besonders bei Kindern kommt es zu Leber-, Pankreas-, Darmund Milzrupturen, ohne dass äußerlich oder bei der Präparation der Hautschichten auch nur die geringste Verletzung erkennbar wäre. ä Fallbeispiel Ein 10 Monate alter Säugling wird nach Angabe der Mutter während des Badens plötzlich leblos, der alarmierte Notarzt führt vergebliche Wiederbelebungsversuche durch und attes tiert schließlich eine ungeklärte Todesart mit Hinweis auf plötzlichen Kindstod (SIDS). Äußerlich waren keinerlei Verletzungsspuren festzustellen. Zur Vorgeschichte gab die Mutter an, dass das Kind in den Tagen vorher einen Darminfekt gehabt habe. Nachdem bei der Sektion drei verschieden alte Schädelbrüche festgestellt worden waren (aber keine akute Hirnschädigung), erfolgte eine sorgsame Präparation sämtlicher Hautdecken, wobei sich auch hier nirgendwo Verletzungsspuren nachweisen ließen. Bei der Eröffnung der Bauchhöhle fanden sich ca. 500 ml Blut, eine Leber-und subtotale Pankreasruptur sowie subtotale Mesenterial-und Darmeinrisse. In einem späteren Geständnis gab die Mutter an, dem auf dem Boden liegenden Kind mit dem nackten Fuß den Bauch mit kreisenden Bewegungen tief eingepresst zu haben, wobei es dann durch die Quetschungen gegen die Wirbelsäule (Widerlager) zu den Rupturen kam (. Abb. 3.34a, b). Die Verteilung und Lokalisation von Blutunterlaufungen, Schwellungen, Schürfungen und Wunden können Hinweise für eine Fremdeinwirkung liefern. So sprechen, wie bereits oben dargestellt, Verletzungen oberhalb der »Hutkrempenlinie« des Kopfes Einwirkungsspuren an den Streckseiten der Unterarme lassen an die aktive Abwehr der Einwirkungen denken (»Parierverletzungen«), ebenso auch Verletzungen an der Oberfläche der Hand, wenn diese schützend vor den eigenen Körper gehalten werden (insbesondere bei Einwirkungen gegen den Kopf und auf das Gesäß). Verletzungen wie ein Monokelhämatom, Nasenbeinbruch oder Blutunterlaufungen der Lippen weisen bei gleichzeitigen sturzbedingten Verletzungen auf Schlag oder Schläge in das Gesicht hin, wobei die Möglichkeit einer sturz-oder anstoßbedingten Verletzung gerade bei stärkergradiger Alkoholisierung, Drogeneinfluss oder krankheitsbedingten Bewusstseinsstörungen in Erwägung zu ziehen ist. Beim festen Anpacken an den Armen im Verlaufe einer tätlichen Auseinandersetzung sieht man nicht selten Blutunterlaufungen an deren Innen-und Außenseiten (»Griffspuren«), die sich aber (im Überlebensfall) bisweilen erst mit einiger Latenz zeigen. Im Todesfall kommen sie bisweilen erst bei der Präparation der Hautschichten zum Vorschein. Liegt Der Wundrand von Stichverletzungen ist in der Regel geradlinig und glattrandig, ohne Riffelung und Zähnelung; bei Messern mit Wellenschliff oder Scharten können hingegen charakteristische Zähnelungen auftreten. In der Regel fehlt bei Stichverletzungen angrenzend an die Kontinuitätsdurchtrennung ein Vertrocknungs-, Schürf-oder Quetschsaum, der allerdings bei homizidalen Stichverletzungen (Einstich der Messerschneide bis ans Heft) ein wichtiges differentialdiagnostisches Kriterium der Fremdtötung darstellen kann. Der Wundwinkel ist abhängig von der Art des Werkzeuges und lässt sich bei Stichverletzungen in der Haut (nach Adaptation der Wunde) meist annähernd sicher erfassen: spitz zulaufend, korrespondierend zur Schneideseite der Klinge; dementsprechend zeigen sich bei zweischneidigen Werkzeugen zwei spitz zulaufende Wundwinkel. Bei einem einschneidigen Werkzeug kann der dem Messerrücken entsprechende Wundwinkel kantig, rund oder klein-schwalbenschwanzförmig konfiguriert sein (. Abb. 3.37). Insbesondere wenn die Kanten des Messerrückens sehr scharf sind, zeigt sich der zum Messerrücken korrespondierende Wundwinkel schwalbenschwanzförmig aufgegabelt. Der spitz zulaufende Wundwinkel ist häufig zusätzlich gekennzeichnet durch einen so genannten Auszieher, eine seicht auslaufende Oberhautanritzung, die bei nicht ganz senkrechtem Herausziehen des Tatwerkzeuges an der Hautoberfläche entsteht und die der Schneideseite des Messers entspricht. Schließlich können durch Drehung -Drehen des Messers in der Wunde oder Ausweichbewegung des Opfers nach Erhalt der Stichverletzung -mehrachsige Wundformen entstehen, weil die Lage des Messers sich im Stichkanal beim Herausziehen geändert hat -bei Vergleich mit dem Einstechen (. Abb. 3.38). Häufig wird bei Einstich das Messer nicht nur senkrecht durch die Haut gestochen, sondern es kommt gleichzeitig zu einer Bewegung des Messers in Richtung Schneide, wodurch die Einstichwunde größer wird, als es der Klingenbreite entsprechen würde (. Abb. 3.39a). In vielen Fällen lässt sich bei derartigen kombinierten Stich-Schnitt-Verletzungen bei genauer Inspektion des Wundrandes auf der einen Seite eine Stufen-oder Zipfelbildung, auf der anderen Seite eine Einkerbung feststellen, die bei Adaptation der Wundränder miteinander korrespondieren. Stichkanallänge: Wird mit einem Messer heftig bis zum Heft eingestochen, kann es durch Kompression der Weichteile (zum Beispiel der Bauchdecken) zu einem Stichkanal kommen, der länger ist, als die Messerklinge (. Abb. 3.39b). Weisen Messerrücken oder auch Schneide über der Klingenlänge eine unterschiedliche Konfiguration auf, kann dementsprechend -korrespondierend zur Einstichtiefe -auch die Morphologie der Stichverletzung variieren (. Abb. 3.40). Ein Stich in das Genick oder den Nacken mit Verletzung des Halsmarks kann akut zu einem zentralen Atem-und Kreislaufstillstand führen. Ein Stich in den Schädel, besonders die Eröffnung des Sinus sagittalis, kann im Einzelfall eine akute intrakranielle Blutung mit Raumverdrängung zur Folge haben. Bei überlebten Stichverletzungen ist mit Spätfolgen zu rechnen, wozu unter anderem Entzündungen, Verwachsungen, Querschnittslähmungen, Ausbildung einer Pneumonie oder Thrombembolie usw. gehören (7 Kap. 3.4). Entstehungsart: Stichverletzungen können durch fremde Hand willkürlich oder auch unwillkürlich (Unfall/Fahrlässigkeit) beigebracht werden bzw. durch eigene Hand entstehen (Selbstbeibringung bei Selbstverstümmelung, Suizid oder als Unfall). In der Regel sind die tödlichen Stichverletzungen von fremder Hand beigebracht. Unter den suizidalen Einstichlokalisationen prävaliert eindeutig die Herzgegend. Suizidtypische Befundmuster sind: 4 mehrere dicht nebeneinander liegende, topographisch eng begrenzte Stichverletzungen, 4 Herzgegend, 4 Entkleidung der Einstichlokalisation, Stichverletzungen ergibt sich neben der Verteilung am Körper, der Intensität auch aus dem Vorliegen von aktiven und passiven Abwehrverletzungen: Definition 5 Aktive Abwehrverletzung: Stich-und Schnittverletzungen lokalisiert an den Beugeseiten der Finger und den Hohlhänden durch Hineingreifen in die Messerschneide. 5 Passive Abwehrverletzung: Stich-und Schnittverletzungen lokalisiert an der Außenseite der Oberarme bzw. Streckseite/Kleinfingerseite der Unterarme und Streckseite der Hände, die schützend vor das Gesicht gehalten werden. Bei den Abwehrverletzungen kann es zu Durchstichen von Armen und Händen kommen. Einlassungen Schnittverletzungen werden durch ähnliche Werkzeuge verursacht wie Stichverletzungen. Sie können von ganz dezenten Oberhautanritzungen bis zu tiefen Weichteilwunden variieren. Morphologie/Wundrand. Wirkt das schneidende Werkzeug nicht senkrecht auf die Haut ein, sondern schräg, ist wie bei Stichverletzungen ein Wundrand abgeschrägt, der andere unterminiert. In der Regel sind die Wundränder geradlinig glattrandig, naturgemäß fehlen Gewebsbrücken im Wundgrund. Bei stumpfen Schnittwerkzeugen, Wellenschliff oder Scharten der Schneide finden sich Variationen des Wundrandes wie bereits bei den Stichverletzungen beschrieben. Akzidentelle Schnittverletzungen werden durch Scherben, Blechkanten oder Ähnliches verursacht. Teilweise sind beide Wundwinkel seicht auslaufend, wobei die Schnittwunde in dezenten Oberhautanritzungen beginnt und endet. Sowohl bei Suiziden als auch bei Homiziden findet man korrespondierend zu einem kräftigen Zuschneiden auch gleich tiefe Weichteildurchtrennungen. Entstehen beim Schneiden in Schnitt-und damit auch Zugrichtung Hautfalten, wird die Haut nur auf den Faltenkämmen und nicht in den Faltentälern durchtrennt: Es resultiert eine mehrfach unterbrochene, jedoch einer Schnittbeibringung zuzuordnende Hautdurchtrennung. Schnittverletzungen enden meistens nicht tödlich, sondern werden klinisch behandelt. Lokalisation der Verletzungen bei Suiziden: Schnittverletzungen werden häufig in suizidaler Absicht beigebracht. Typische Prädilektionsstellen sind die Handgelenksbeugen, die Ellenbeugen und der Hals, jeweils an der der Gebrauchshand kontralateralen Seite lokalisiert (. Abb. 3.44). Hier sollen größere Blutgefäße eröffnet werden. Typischerweise finden sich zahlreiche -etwa an der Handgelenksbeuge -quer zur Armlängsachse beigebrach-te, unterschiedlich tiefe Haut-Unterhautfettgewebsdurchtrennungen, in der Regel neben zahlreichen nur ganz oberflächlichen oder allenfalls bis in die Dermis reichenden Hautanritzungen. In Armlängsachse verlaufende Probierschnitte und Schnittverletzungen kommen seltener vor. Selbst bei Verletzung arterieller Gefäße kommt es durch Einrollung der Gefäßintima zur spontanen Blutstillung. Suizidanleitungen folgend begeben sich Suizidenten daher in mit heißem Wasser gefüllte Badewannen, um eine gute Durchblutung der Verletzung zu gewährleisten. Am Hals ist die für den Rechtshänder typische Verlaufsrichtung selbst beigebrachter Schnittverletzungen von links oben nach rechts unten (. Tabelle Über dem Zündsatz ist die Hülse mit dem Treibsatz (»Pulver«) gefüllt. Das seit Jahrhunderten bekannte Schwarzpulverein Gemisch aus 75% Kaliumnitrat, 15% Kohlenstoff und 10% Schwefel -wird heute nur noch sehr selten als Treibmittel benutzt (für historische oder nachgebaute Vorderladerwaffen oder in manchen Knallkartuschen). Die Rauchbildung ist bei Schwarzpulver wegen des hohen Anteils fester Verbrennungsrückstände sehr stark. Die heute ganz überwiegend verwendeten Treibmittel sind rauchschwache Pulver: entweder aus Nitrozellulose (NC) alleine (»single base powder«) oder aus Nitrozellulose, die in Nitroglycerin gelöst wurde (»double base powder«). Die blassgrünlichen Pulverteilchen haben die Form dünner Plättchen (flake, disk powder), kleiner Kügelchen (ball powder) oder kurzer Röhrchen (tubular powder). Die Durchmesser der einzelnen Pulverpartikel variieren von einigen Zehntelmillimetern bis >1 mm. Bei Flobert-Patronen (Kaliber 6 mm oder 9 mm) fungiert der Zündsatz zugleich als Treibmittel. Durch den Abbrand der Treibladung bilden sich reichlich Gase (CO 2 , CO, H 2 , N 2 , nitrose Gase, Wasserdampf). Diese stehen unter hohem Druck und erteilen dem Geschoss eine entsprechende Beschleunigung. Die Vorgänge innerhalb der Waffe werden als »Innenballistik« bezeichnet. Die Mündungsgeschwindigkeit liegt bei Patronen für Faustfeuerwaffen in der Größenordnung von 300-400 m/s, bei Jagdund Militärwaffen wesentlich höher (ca. 700-1.000 m/s). Aus Pistolen und Militärgewehren werden meist Patronen mit Vollmantelgeschossen verfeuert. Mantelgeschosse haben in der Regel einen Bleikern, der vorne und seitlich (also unter Aussparung des Geschossbodens) mit einem Mantel aus Stahl oder aus einer Kupferlegierung umhüllt ist. Bei Jagdmunition sind Teilmantelgeschosse üblich: Das im Spitzenbereich nicht ummantelte Projektil besitzt eine höhere Deformationsbereitschaft und gibt daher mehr Energie an den Tierkörper ab. Standard-Kleinkaliberpatronen haben normalerweise mantellose Vollbleigeschosse. Aus Revolvern werden überwiegend Patronen mit Vollblei-, aber auch solche mit Teilmantelgeschossen verfeuert. Nach der Form des Geschosskopfes unterscheidet man Rundkopf-, Flachkopf-, Spitz-, Zylinder-und Kegelstumpfgeschosse; nach dem Geschossaufbau wird zwischen Voll-, Vollmantel-, Teilmantel-und Hohlspitzgeschossen differenziert. Die meisten Teilmantel-und Hohlspitzgeschosse deformieren sich bereits nach Zurücklegung einer kurzen Eindringstrecke. Für das Wirkungspotential sind neben Form und Art des Projektils vor allem dessen Masse und Geschwindigkeit von Bedeutung. Aus der Masse m und der Geschwindigkeit v errechnet sich die Geschossenergie E (E = m/2 · v 2 ); sie wird in Joule (J) angegeben. Exemplarisch seien die Massen eines 22 L.R.-Geschosses (2,55 g) und eines 9 mm Parabellum-Geschosses (8,0 g) genannt; die Geschossenergie liegt im ersten Fall (22 L.R.) bei etwa 140 J, im zweiten Fall (9 mm Para) bei etwa 430 J. Die Geschossenergie von Militär-und Jagdpatronen ist etwa 10-mal so hoch. Beim Durchdringen des Gewebes wird dieses vom Projektil nach seitlich (radiär) -also im rechten Winkel zum Schusskanal -verdrängt und zentrifugal beschleunigt, so dass kurzzeitig eine »temporäre Wundhöhle« entsteht, deren Durchmesser um ein Vielfaches größer sein kann als jener des Geschosses. Sobald die Bewegungsenergie des radiär verlagerten Gewebes vollständig umgesetzt ist, erfolgt eine gegenläufige (zentripetale) Rückverlagerung zum geometrischen Schusskanal hin. Der dabei neuerlich entstehende Überdruck führt wieder zu einer (reibungsbedingt geringeren) Zentrifugalbewegung, so dass die Höhle noch »pulsieren« kann, wenn das Geschoss den Körper bereits verlassen hat. Der skizzierte Vorgang ist bei Geschossen mit hoher Energie, wie sie aus Militär-und Jagdwaffen verschossen werden, besonders ausgeprägt. An flüssigkeitsgefüllten Organen (Herz, Harnblase) oder im Bereich des Gehirnschädels kann die radiäre Expansion sogar zu einer »hydrodynamischen Sprengwirkung« mit Berstung der Hüllstrukturen führen. Wenn in solchen Fällen das Gehirn in toto aus der Schädelkapsel herausgeschleudert wird, spricht man von einem (nach dem Erstbeschreiber so benannten) Krönlein-Schuss. Auch bei geringerer Energieabgabe können -abseits des eigentlichen Wundkanals -indirekte Verletzungen, z.B. Schussbrüche der Schädelkapsel, Hirnkontusionen und Dehnungsrisse der Gesichtsweichteile entstehen. Der »bleibende« Schusskanal, also die eingeblutete Zerstörungszone im Verlauf der Geschossbahn, ist von einer mehr oder weniger breiten Zone umgeben, in der das Gewebe temporär gedehnt und dadurch (ultra)strukturell geschädigt wurde (»Zone der Extravasation«). Durch den Beschuss von »Simulanzien« wie Gelatine oder Glyzerinseife kann die Energieabgabe in biologischen Weichge-weben modellhaft dargestellt werden, da die Dichte der genannten Materialien gut mit jener von Muskulatur übereinstimmt. Im Gegensatz zur elastischen Gelatine verformt sich Seife nahezu plastisch. Der nach dem Beschuss in der Seife zurückbleibende Schusskanal bzw. das Volumen der Kavitation ist proportional zur abgegebenen Energie (. Abb. 3.49a-d). Ein stabiles Geschoss mit geringer Deformationsbereitschaft (Vollmantelgeschoss) erzeugt im Simulanzmedium zunächst einen relativ engen Schusskanal (»narrow channel«), der sich abrupt -bei Querstellung des Geschosses -durch verstärkte Energieabgabe zur temporären Höhle vergrößert (. Abb. 3.49c); auch eine hinzutretende Geschossverformung führt zur Volumenzunahme der Kavitation. Bei Deformationsgeschossen (z.B. Teilmantel-Hohlspitzgeschoss) beginnt die Höhlenbildung unmittelbar nach dem Eindringen (. Abb. 3.49b, d). Wenn Geschosse von gleicher Bauart, Kopfform und Masse verschossen werden, dann hängt die Energieabgabe in einem dichten Medium und damit auch die Größe der temporären Höhlenbildung im Wesentlichen von der Geschossgeschwindigkeit ab. Dieser Zusammenhang lässt ich durch experimentellen Beschuss von Simulanzien gut demonstrieren (. Abb. 3.50). Nach statistischen Untersuchungen verlaufen etwa 20% der Schussverletzungen »primär tödlich«; d.h. diese Opfer versterben, noch bevor sie einer ärztlichen Versorgung zugeführt werden können. Grundsätzlich muss mit tödlichen Folgen einer Schussverletzung auch dann gerechnet werden, wenn Waffen zum Einsatz kommen, die in Laienkreisen als wenig gefährlich angesehen werden (z.B. Luftdruck-, Flobert-, Schreckschuss-und Kleinkaliberwaffen). So können übliche Luftgewehrkugeln eine dünne Schläfenbeinschuppe perforieren oder durch die Orbita in die Schädelhöhle eindringen. Der Gasstrahl von Schreck schusswaffen hat bei Schüssen aus unmittelbarer Nähe wiederholt zu penetrierenden Verletzungen der Haut, zu Knochenfrakturen und tödlichen Gefäß-/Organläsionen geführt. Sofern wichtige Organe oder große Gefäße im Verlauf des Schusskanals liegen, können selbstverständlich auch energiearme Geschosse aus Kleinkaliber-oder Flobert-Waffen tödliche Verletzungen erzeugen. Bei letal verlaufenden Schussverletzungen kann die unmittelbar tödliche Funktionsstörung auf verschiedenen Ursachen beruhen. Ein Sonderfall ist die schussbedingte »Exenteration« des Gehirns aus der Schädelkapsel, der bereits erwähnte Krönlein-Schuss. Eine direkte Zerstörung von lebenswichtigen Zentren des Hirnstamms ist u.a. bei Genickschüssen zu erwarten. Häufiger führt nicht die zerebrale Läsion als solche, sondern die nachfolgende intrakranielle Drucksteigerung (durch intrazerebrale, subarachnoidale und subdurale Blutung, evtl. in Verbindung mit einem Hirnödem) zum Tode. Schussfrakturen der knöchernen Schädelbasis gehen oft mit einer Blutung in den Nasenrachenraum einher, woraus im Zustand der Bewusstlosigkeit eine tödliche Blutaspiration resultieren kann. Schussbedingte Zerreißungen der Sinus durae matris kommen als Eintrittspforte einer venösen Luftembolie in Betracht. Verletzungen des Herzens, großer Gefäße oder parenchymatöser Organe sind Quellen massiver innerer Blutverluste mit konsekutivem Blutungsschock. Lungenschüsse mit traumatischem Pneumothorax stellen -besonders bei bilateralen Verletzungen -wegen der damit verbundenen Atmungsbehinderung eine akute Bedrohung dar. Entzündliche Komplikationen, wie sie besonders nach Bauchschüssen und nach Kopfschüssen mit Viehbetäubungsapparaten auftreten können, sind mögliche Ursachen von Spättodesfällen. Bei medizinischen Laien besteht häufig die irrige Vorstellung, dass eine Schussverletzung des Kopfes oder Rumpfes zwingend eine sofortige Aktionsunfähigkeit nach sich ziehe. Dieser Auffassung stehen reale Fälle gegenüber, in denen Schussverletzte, trotz schwerster Traumatisierung lebenswichtiger Organe, noch überraschend differenzierte Handlungen verrichtet haben. Handlungsunfähigkeit beruht in aller Regel auf einer Funktionsstörung des zentralen Nervensystems, die entweder durch direkte Gewebsläsionen oder indirekt durch unzureichende Sauerstoffversorgung verursacht sein kann. Unmittelbare Aktionsunfähigkeit ist jedenfalls dann zu erwarten, wenn die für physische Aktivität essentiellen Hirnteile durch die Schusswirkung zerstört wurden -im Extremfall durch Exenteration des ganzen Organs. Zu den »targets of immediate incapacitation« zählen das obere Halsmark, der Hirnstamm, das Kleinhirn sowie große Teile des Zwischen-und Mittelhirns einschließlich der Basalganglien, die motorischen Hirnrindenareale und die großen motorischen Nervenbahnen. Dabei muss das Geschoss nicht notwendigerweise die genannten Regionen des Zentralnervensystems direkt passieren, da die hohen Drucksteigerungen innerhalb der knöchernen Schädelkapsel auch schusskanalferne Nervengewebsbezirke strukturell und funktionell schädigen können. Eine zerebrale Hypoxie mit konsekutiver Bewusstlosigkeit ist im Zusammenhang mit Brustschüssen meist durch massiven Blutverlust bedingt. Allerdings tritt auch bei Treffern des Herzens, der Aorta oder anderer großer Arterien kaum jemals ein unmittelbarer Kreislaufstillstand ein und selbst in einem solchen Fall kann die Sauerstoffreserve des Gehirns ausreichen, noch einfache/kurze Handlungen auszuführen. Dementsprechend ist bei Schussverletzungen des Herzens, der Aorta und der Pulmonalarterie zwar mit einer raschen, nicht aber mit einer sofortigen Aktionsunfähigkeit zu rechnen. Aus den skizzierten pathophysiologischen Überlegungen ergeben sich wichtige Implikationen für die forensische Beurteilung von Suizidfällen mit wiederholter Schussbeibringung. Gründe für das Erhaltenbleiben der Handlungsfähigkeit nach einer Gehirnschussverletzung sind vor allem die Verwendung energiearmer Munition und/oder ein Schusskanalverlauf, der die o.g. Strukturen (oberes Halsmark, Hirnstamm, Mittel-und Zwischenhirn, motorische Rindenregionen, große motorische Leitungsbahnen) verschont. Meist ist in solchen Fällen entweder nur das Stirnhirn oder nur einer der Schläfenlappen betroffen. Wesentlich häufiger als multiple suizidale Gehirnschädelschüsse sind eigenhändige Mehrfachschussverletzungen der Herzregion. Der Ausdruck »Stopping Power« (sog. Aufhaltekraft) soll das bio logische Wirkungspotential eines Geschosses charakterisieren, speziell seine Fähigkeit, eine Person an der Fortbewegung oder an einem Angriff zu hindern. Die durch Kino-und Fernsehfilme suggerierte Vorstellung, dass ein Geschoss beim Auftreffen auf den menschlichen Körper diesen aufhalten (»stoppen«) oder gar umwerfen würde, ist jedoch aus physikalischer Sicht unzutreffend. Tatsächlich resultiert die Geschosswirksamkeit aus der an den Körper abgegebenen Energie mit der Folge einer lokalen Gewebsverlagerung und -zerstörung. Außerdem hängt die Wirksamkeit wesentlich von der Form des Projektils ab: Bei »stumpfem« Geschosskopf sind Verzögerung und Energieübertragung größer. Die tatsächliche Wirkung eines Geschosses ergibt sich aber nicht nur aus dessen Wirkungspotential, sondern ganz entscheidend aus der Treffpunktlage, also aus der verletzten Region und den dort gelegenen anatomischen Strukturen. Die selten vorkommende Verschleppung von eingedrungenen Projektilen oder Schrotkörnern innerhalb des Blutgefäßsystems wird als Geschossembolie bezeichnet. Meist handelt es sich um Geschosse mit kleinem Durchmesser und geringer Restenergie: Diese reicht nur noch zum Eindringen in die Arterie oder Vene, nicht aber zum Verlassen des Gefäßes aus, so dass der nun intravasale Fremdkörper in eine Körperregion abseits des Schusskanals embolisiert werden kann, wo er sich radiologisch leicht darstellen lässt. Geschossembolien werden mehrheitlich im arteriellen System beobachtet (Eintritt des Projektils durch das Herz oder die Aorta, Verschleppung z.B. in die Beinarterien). Seltener gelangen die Geschosse in Venen des Körperkreislaufes und von dort in das (rechte) Herz oder in die Pulmonalarterienäste. Vereinzelt wurden auch paradoxe (gekreuzte) Embolien beschrieben. Bei überlebten Schussverletzungen mit Verbleib von Geschossen/ Schrotkörnern im Körper stellt sich die Frage nach der Möglichkeit einer chronischen Bleivergiftung. Im Allgemeinen ist die Wahrscheinlichkeit als sehr gering einzuschätzen. Die meisten Fälle, die in der Literatur beschrieben wurden, betrafen Patienten, bei denen die Geschosse in Gelenken oder Knochen steckten. Die Latenzzeit bis zum Manifestwerden einer Intoxikation variiert zwischen wenigen Monaten bis zu einigen Jahrzehnten. Der Abstreifring bedeckt bei primären Hauteinschüssen (. Abb. 3.53) die epidermisfreie Zone des Kontusionsringes (Schürfsaumes). Wird eine bekleidete Körperregion getroffen, dann findet sich der Abstreifring auf der obersten Textillage (. Abb. 3.54), aber nicht (oder nur angedeutet) am Rand der Einschusswunde. Bei Schrägschüssen ist der Abstreifring schützenseitig exzentrisch verbreitert. Der Abstreifring ist kein Nahschusszeichen. Manche Autoren erwähnen als weiteres, allerdings nicht konstant auftretendes und nicht für einen Einschuss beweisendes Zeichen den so genannten Dehnungssaum, der durch die kurzzeitige Radialverlagerung des einschussnahen Gewebes infolge zirkulärer Überdehnung (mit konsekutiver Gefäßzerreißung) auftreten kann. Er manifestiert sich als mehr oder weniger breite, rotviolette Unterblutung, deren Durchmesser meist deutlich größer ist als jener des Kontusionsringes (Schürfsaumes). Als weiteres fakultatives und nicht verlässliches Einschusszeichen wird von manchen Autoren die Anwesenheit von Textilfasern in der Tiefe der Schusswunde genannt (bei Treffern in bekleideten Körperregionen); durch den Unterdruck in der tem porären Wundhöhle können Fasern auch retrograd in den Ausschuss verlagert werden. Der Ausschuss stellt sich als schlitzförmige oder mehrstrahlige Zusammenhangstrennung dar. In typischen Fällen ist -anders als beim Einschuss -keine echte Lückenbildung, also kein Gewebsdefekt vorhanden, d.h. die Wunde kann durch Aneinanderlegen der Ränder völlig verschlossen werden (»Adaptierbarkeit«; . Abb. 3.55). Bei absoluten Nahschüssen gegen den Gehirnschädel (Stirn-, Schläfen-, Scheitel-und Hinterhauptregion) finden sich Schmauchantragungen auch im Randbereich der Knocheneinschusslücke (ringförmig an der Tabula ext. und an der Unterseite des abgehobenen Periosts, oft sogar an der knochenseitigen Oberfläche der Dura mater). Häufig gehen von den Ein-und Ausschusslücken radiäre Schussbrüche aus. Nach der Puppe'schen Regel enden sekundär entstandene Bruchlinien an vorbestehenden Frakturen, woraus in manchen Fällen eine Aussage über die Priorität der einen oder anderen Verletzung abgeleitet werden kann. In den Weichgeweben ist der Wundkanal nicht röhrenförmig, sondern kollabiert und/oder blutgefüllt. Da sich die Gewebsschichten kulissenartig gegeneinander verschieben können, ist eine postmortale Sondierung des Schusskanals mit der Gefahr von Artefaktbildungen verbunden und sollte daher unterbleiben. Parenchymatöse Bauchorgane wie die Leber und die Milz können an den Geschossdurchtrittsstellen große sternförmige Wunden zeigen (. Abb. 3.64). Chirurgisch oder autoptisch aus dem Körper entfernte Geschosse oder Geschossteile müssen für spätere kriminaltechnische Untersuchungen sichergestellt werden. Ein verfeuertes Tat Kapitel 3 · Traumatologie und gewaltsamer Tod 3 152 nen. Zu deren Entwicklung bedarf es aber einer gewissen Dauer des O 2 -Mangels, sodass sie bei akuten Todesfällen meist noch nicht gefunden werden können. Insgesamt ist die Diagnose des Erstickungstodes ein schwieriges Unterfangen, das mitunter nur per exclusionem gelingt. Seit langem gilt auch in der gerichtlichen Medizin der Leitsatz, dass in solchen Fällen -wenn schon die tatsächlichen Auswirkungen nicht zuverlässig diagnostizierbar sind -das »erstickende Agens« sichtbar oder wenigstens hinlänglich plausibel gemacht werden muss, wozu es oft entscheidend auf die Umstände bzw. das Ermittlungsergebnis ankommt. Verlegung der Atemöffnungen. Bei Tathandlungen mit unmittelbarem Kontakt zwischen Opfer und Täter kommt es nicht selten zu einem Angriff gegen die Atemöffnungen (Zuhalten des Mundes oder von Mund und Nase), um das Opfer am Schreien zu hindern. Folgen können am Mittelgesicht kleinfle ckige Abschürfungen oder Fingernagelkratzer sein, weiterhin Blutunterlaufungen, insbesondere an der Innenseite der Lippen (. Abb. 3.69). Todesfälle durch isolierten Verschluss der äußeren Atemöffnungen sind bei Erwachsenen sehr selten, was an der lange erhaltenen Handlungsfähigkeit und intensiven Gegenwehr liegen dürfte -soweit der Betroffene hierzu fähig ist. Wir beobachteten allerdings massives Erbrechen unter einem solchen Fremdan-griff, das infolge des anhaltenden Druckes auf das Gesicht zur tödlichen Aspiration führte. Bei schwer kranken, abwehrgeschwächten oder bewusstlosen Patienten dürfte ein »reines« Ersticken auch ohne das Hinterlassen relevanter Verletzungen möglich sein. Die Gefahr eines Übersehens im Rahmen der klinischen Leichenschau ist daher gegeben, und angesichts bekannter Erkrankungen mag die Attestierung eines natürlichen Todes nahe liegen; man wird daher mit einem gewissen Dunkelfeld zu rechnen haben. Bei Säuglingen ist ein Tod durch Verschluss der Atemöffnungen ohne weiteres möglich und muss keine hierauf hinweisenden Verletzungen hinterlassen, da der erforderliche Kraftaufwand gering ist. Tötungen durch Aufdrücken der Hand oder Bedeckung mit dichten Materialien sind lange bekannt. Nach Auffassung einiger Autoren kann auch allein das Gewicht des Kopfes bei auf einer ungünstigen (z.B. durchfeuchteten) Unterlage aufliegendem Gesicht ausreichen (weiteres hierzu 7 Kap. 4.16). Die Auffassungen in der Literatur zur Häufigkeit von Erstickungstodesfällen bei Säuglingen differieren sehr, was nicht verwundert, da man einen solchen Vorgang im konkreten Fall oft weder beweisen noch widerlegen kann. Wenn sich eine Person (absichtlich oder bei Kindern versehentlich) eine Plastiktüte über den Kopf zieht, sodass ein ausreichender Gasaustausch zwischen dem in dem Beutel befindlichen Gasvolumen und der Umgebungsluft nicht möglich ist, kann ein tödlicher Sauerstoffmangel resultieren; eine feste Abdichtung am Hals ist dazu nicht unbedingt notwendig. Aufgrund der anfangs noch möglichen CO 2 -Abatmung kommt es nicht zu einer dramatischen Erstickungssymptomatik; entsprechend gering bis fehlend sind die Befunde. Solche Fälle wurden vor Jahren immer wieder einmal als Unfallereignisse im Zusammenhang mit einer Inhalation von Lösungsmitteln (zum Ziele einer Berauschung) beobachtet, sind zumindest bei uns inzwischen aber sehr selten geworden. Suizide durch Ersticken unter einer Plastiktüte kommen gelegentlich zur Beobachtung. Der Nachweis einer solchen Todesursache ist extrem schwierig bis unmöglich, wenn die ursprüngliche Situation durch Wegnahme des Beutels verändert wurde. (Maxeiner 1996) . Ein innerer Atemwegsverschluss kann dann durch den Knebel selbst oder die durch ihn verdrängte Zunge erfolgen. Eine zusätzliche Behinderung der Nasenatmung (durch Aufliegen, durch Umschnürung oder Klebeband) macht eine Knebelung rasch unmittelbar lebensbedrohlich. Nicht selten wurden nach Tathandlungen Knebelungen wieder entfernt. Kommt eine solche den Umständen oder Schleimhautverletzungen im Mund nach in Betracht, empfiehlt es sich, Ausstriche aus der Mundhöhle auf Fasern zu untersuchen. In der Literatur finden sich zahlreiche Fallbeschreibungen selbst beigebrachter Knebelungen, meist im Zusammenhang mit Suiziden oder autoerotischen Praktiken. Selbstknebelungen bei simulierten Verbrechen (etwa um eine Mitwirkung des angeblichen Opfers zu verschleiern) wurden ebenfalls beschrieben. Bolustod. Gelegentlich kommt es vor, dass in den Mund aufgenommene, unzerkaute Nahrungsbrocken (beobachtet wurden allerdings auch schon die absonderlichsten anderen Materialien wie z.B. eine Maus) aufgrund ihrer Größe nicht he runtergeschluckt -und auch nicht wieder herausgewürgt -werden können und im Schlundbereich stecken bleiben. Der Großteil solcher Fälle ereignet sich bei hastiger Nahrungsaufnahme, also unfallmäßig; sehr selten wird man auch ein absichtliches Einstopfen eines Bolus zu diskutieren haben (wie . Abbildung 3.70 in einem Suizidfall zeigt). Auch Todesfälle infolge eines Verrutschens schlecht fixier-ter Zahnprothesen im Schlaf, mit Einklemmung der Prothese im Schlundbereich wurden als Unfallereignisse beobachtet; wir sahen auch bei Tötungsdelikten Prothesen infolge eines äußeren Druckes gegen den Mund tief in den Schlund eingepresst. Beim »typischen« Bolustod sind die Betroffenen entweder (meist hochgradig) alkoholisiert oder weisen eine sonstige zentralnervöse Störung auf. Anwesende Zeugen berichten z.T., die Betroffenen seien reaktionslos und ohne Erstickungssymptomatik kollabiert und alsbald verstorben. Dies führte schon vor langer Zeit zu der Annahme, es würde sich nicht um einen Erstickungs-, sondern um einen Reflextod handeln: Infolge der akuten Überdehnung des mit vegetativen Nervenfasern reich versorgten Schlund-und Kehl kopfbereiches komme es zur fehlerhaften Stimulierung des parasympathischen Nervensystems (Vagus), was infolge der Verbindungen dieses Systems mit der Steuerung der Herztätigkeit einen unmittelbaren Herzstillstand auslösen könne. Der »Vagustodtheorie« wurde aber verschiedentlich widersprochen (Mallach und Oehmichen 1982 , Bratzke et al. 1990 ), da auch Fälle mit einer Erstickungssymptomatik beobachtet werden. In manchen Fällen kommt es neben einer Zyanose auch zu Petechien im Gesicht oder einem beträchtlichen Lungenödem. Befunde, die bei einem reflektorischen Herzstillstand kaum zu erwarten wären. Diskutiert wird auch das Hinzutreten einer Verkrampfung der Kehlkopf-oder Bronchialmuskulatur (Laryngospasmus, Bronchospasmus) -insgesamt also eine tödliche Atemstörung. Soweit es auf eine solche Differenzierung in einem konkreten Fall praktisch ankommt (was gutachtlich die Ausnahme ist), wird man die Umstände und die Obduktionsbefunde jeweils kritisch bewerten müssen. Erwürgen. Unter Erwürgen versteht man die Kompression der vorderen Halsweichteile mittels einer oder beider Hände, die gegen den Hals gedrückt werden. Bei Drossel-und mehr noch bei Würgeangriffen kommt es zwangsläufig zu einem intensiven körperlichen Kontakt zwischen Opfer und Täter. Bei Tätern, die früh nach dem Geschehen rechtsmedizinisch untersucht werden, sind oft körperliche Spuren nachweisbar, insbesondere Kratzer und/ oder Abschürfungen an den Handrücken, Unterarmen, im Gesicht und am oberen Rücken (Härm und Rajs 1981) . Soweit es die Situation ermöglicht, sollte also nicht nur eine Besichtigung des Opfers, ggf. des Tatortes, sondern auch eine körperliche Untersuchung eines Tatverdächtigen erfolgen. induzierten Vaguseffekte verstärken. Da die Ertrinkungsbefunde in diesen Fällen nicht oder nur gering ausgebildet sind, wurde von manchen Autoren dafür der Begriff des atypischen Ertrinkens verwendet. Die Ertrinkungsbefunde fehlen oder haben nur geringe Intensität. Manchmal existieren vorbestehende körperlichen Leiden, z.B. Virusinfektionen (kardiale Infektion bis hin zur dezenten Myokarditis), die für sich allein den Tod keineswegs erklären würden, aber die reflexbedingte Asystolie begünstigen können. Insofern ist bei derartigen Fällen neben der histologischen auch eine virologische Diagnostik am Leichengewebe durchzuführen. Je nach Bedingungen spielen sehr unterschiedliche Mechanismen eine Rolle. Zwei praktisch häufigere Situationen sind: Apnoe-Tauchen. Beim Tauchen ohne Hilfsmittel wird vorbereitend hyperventiliert, um die Apnoezeit zu verlängern. Die vermehrte Abatmung von CO 2 führt zur Verminderung des CO 2 -Partialdruckes im Blut. Damit ist der Reiz auf das Atemzentrum herabgesetzt und eine einsetzende Hypoxie kann unbemerkt zu plötzlicher Bewusstlosigkeit führen (Schwimmbad-Blackout), sodass unter Wasser ein Ertrinken resultieren kann. Tauchen mit Pressluft. Dabei sind beim Auftauchen die Dekompressionszeiten und -tiefen einzuhalten, da es sonst zur zu schnellen Stickstoffentsättigung mit Gasblasenbildung in den Kapillaren und den fettreichen Geweben kommt (Caisson-Krankheit). Die häufigste Folge bei Überlebenden sind Osteoarthropathien. Bei den seltenen Todesfällen sind immer Untersuchungen auf kardiale, pulmonale bzw. zerebrale Gasembolien durchzuführen. Allerdings sind die meisten tödlichen Unfälle beim Tauchen mit Pressluft durch Ertrinken bedingt, vor allem weil in Panik (z.B. Klaustrophobie) der Atemregler nicht mehr in den Mund genommen wird. Plötzlicher krankheitsbedingter Tod, zu dem es nur zufälligerweise beim Schwimmen oder Baden kommt. Diese Todesfälle sind vor allem durch Erkrankungen des Herzkreislaufsystems bedingt, die den plötzlichen Todeseintritt zwanglos auch außerhalb des Wassers erklären könnten. Bei Kindern können angeborene, nicht erkannte Herzfehler oder Aortenisthmusstenosen eine Rolle spielen. Bei Erwachsenen kommen Myokardinfarkte oder rupturierte Aortenaneurysmen vor. In allen Altersgruppen ist an epileptische Anfälle zu denken. Bei der Obduktion können neben dem zum Tode führenden Leiden in der Regel auch Ertrinkungsbefunde unterschiedlicher Intensität beobachtet werden, die sich agonal ausgebildet haben. Es handelt sich vor allem um Suizide, die in der mit Wasser gefüllten Badewanne realisiert werden, z.B. Tablettenintoxikationen, Pulsaderschnitte oder Einwirkung von Elektrizität (Haartrockner). Abhängigkeit von der aktuellen Wassertemperatur (zu messen 0,5-1 m unter dem Wasserspiegel) berücksichtigt. Die vermutliche maximale Liegezeit ergibt sich unter Berücksichtigung der noch nicht vorliegenden Leichenerscheinungen. Weitere Oberhautablösungen. Außer an Händen und Füßen kommt es in allen anderen Körperregionen ebenfalls zu Ober-Checkliste hautablösungen, die allerdings keine weißliche Verfärbung aufweisen. Auch dieser Befund ist stark von der Wassertemperatur abhängig. Es kann vor allem bei noch frischen Leichen beobachtet werden, die in sehr warmem Wasser (ca. ab 45°C) gelegen haben, z.B. in der Badewanne. Das Phänomen sollte nicht mit der später einsetzenden allgemeinen Autolyse, die ebenfalls zu Oberhautablösungen führt, verwechselt werden. Skelettmuskelverfärbungen. Durch die Einwirkung von heißem Wasser, mindestens ca. 50°C, beginnt sich die Skelettmuskulatur zu verfärben. Sie zeigt eine blassbraune Farbe und wirkt hitzedenaturiert. Die Veränderung kann zugleich mit den erwähnten Oberhautablösungen beobachtet werden. Algenrasen. Bei Leichen in Gewässern kann es schon nach wenigen Tagen zu einem Algenrasen auf der Haut kommen (. Abb. 3.88). Nach vorsichtiger Entfernung der Anhaftungen mit dem Messerrücken ist die Körperoberfläche oft gut beurteilbar. Fettwachsbildung. Wasser begünstigt das Auftreten dieser Leichenerscheinung. Postmortale Verletzungen. Treibverletzungen, bedingt durch Schleifen auf dem Gewässergrund, finden sich besonders an Hand-und Fußrücken sowie an den prominenten Gesichtspartien als avital imponierende Hautdefekte. Dabei können abgeschliffene Knochen freiliegen. Durch Anschlagen an Steine und Uferbefestigungen können sogar Schädelbrüche auftreten. Im Gegensatz zu Verbrennungen sind bei Verbrühungen die Haare nicht thermisch geschädigt. Charakteristische Verletzungsbefunde entstehen bei chemischen Verbrennungen, Stromunfällen und -von herausragender forensischer Bedeutung -Kontaktverbrennungen (. Tabelle 3.24). Dies sind 4 der Unfalltod im Brandherd, 4 der Tod anlässlich einer Brandstiftung, 4 die suizidale Selbstverbrennung, 4 Leichenbeseitigung, 4 Mordbrand und 4 Brandmord. Bei Verbrühungen sind Misshandlungen durch Übergießen mit beziehungsweise Eintauchen in heiße Flüssigkeiten von rechtsmedizinischer Relevanz, wie Verbrühungen pflegebedürftiger Patienten durch Verletzung von Obhuts-und Aufsichtspflichten. Die Entstehung lokaler Hitzeschäden an Haut und Schleimhäuten wird maßgeblich durch zwei Faktoren bestimmt: 5 die einwirkende Temperatur und 5 die Einwirkungsdauer. Für die Schädigungsfolgen ist dabei nicht nur die von außen einwirkende Wärme, sondern vielmehr die tatsächlich im Gewebe in der Tiefe erreichte Temperatur ausschlaggebend. Diese hängt wiederum von der Wärmekapazität und Leitfähigkeit der unterschiedlichen Gewebsschichten ab. Die im Gewebe erreichte Temperatur sinkt dabei mit zunehmender radialer Eindringtiefe sehr schnell ab (. Abb. 3.90). Umfangreiche tierexperimentelle Untersuchungen und Versuche an freiwilligen Probanden zur Beziehung zwischen Einwirkungsdauer, Höhe der einwirkenden Temperatur und Ausmaß der thermischen Schädigung der Haut mit systematischer Variation von Expositionsdauer und Temperatur liegen vor und führten zu der in . Abb. 3.91 gezeigten Temperatur-Zeit-Kurve im Bereich der Schädigungsschwelle bei einwirkenden Temperaturen zwischen 44 und 70°C (Verbrühung). Die niedrigste Wassertemperatur, die zur Verbrühung führte, lag bei 44°C, die Entstehung irreversibler Schädigungen erforderte dabei jedoch eine Einwirkungsdauer von 6 Stunden. Am oberen Rand der Skala wurden zwei Beobachtungen einer Exposition mit 60°C heißem Wasser mitgeteilt. Bei einer Expositionsdauer von 3 Sekunden resultierte eine transiente Hyperämie, also eine erstgradige Schädigung. Bei einer Expositionsdauer von 5 Sekunden entstand hingegen bereits eine komplette Nekrose der Epidermis. Gleichartige Schwellenwerte der Hitzeschädigung wurden auch für die Einwirkung trockener Hitze ermittelt. Sie liegen deutlich höher als Ausdruck der unterschiedlichen Wärmeleitfähigkeit der einwirkenden Medien. In . Abb. 3.91 sind die Temperaturen zusammengestellt, die bei Einwirkung von heißer Luft oder Dämpfen auf die Atemöffnungen im Tracheobronchialsystem entstehen. Experimentell wurden bei Einwirken von trockener Luft mit einer Temperatur von 350°C auf die Atemöffnungen im Larynx Temperaturen von 159-182°C gemessen, an der Bifurkation war keine Temperaturerhöhung mehr festzustellen. Bei Einwirkung von trockener Luft von 550 °C auf die Respirationsöffnungen wurden im Larynx Temperaturen von 267-327 °C festgestellt, an der Bifurkation von 50 °C. Ferner sind in . Abb. 3.92 die bei Einwirkung von Feuer auf die Atemöffnungen im Larynx und an der Bifurkation erzielten Temperaturen dargestellt. Es lässt sich ablesen, dass Dampf aufgrund seiner größeren Wärmeleitfähigkeit bereits bei deutlich niedrigeren Temperaturen zu schädigenden Temperaturerhöhungen führt. Hierin liegt die physikalische Grundlage dafür, dass die Gefährlichkeit einer Dampf-kesselexplosion nicht nur aus einer Schädigung des Integuments, sondern insbesondere der Schleimhaut der Respirationswege resultiert. Verbrennungen werden eingeteilt in 1., 2., 3. oder 4. Grades bzw. superficial, partial thickness und full thickness burns oder in eine Kombination beider Nomenklaturen (. Abb. 3.93 + 3.94, . Tabelle 3.25). Die Ausdehnung der Verbrennung wird nach der »Neuner-Regel« errechnet (. Abb. 3.95). Beim Kleinkind ist zu berücksichtigen, dass der Kopf einen größeren Anteil an der Gesamtoberfläche einnimmt als beim Erwachsenen. Forensisch ist neben der Flächenausdehnung auch die Verteilung der Verbrennungen von Bedeutung, da sie wertvolle Hinweise für die Rekonstruktion von Geschehensabläufen geben kann. ä Fallbeispiel Hat zum Beispiel bei einer Frau ein locker sitzender Rock Feuer gefangen, so zeigt die Verbrennung eine »Gangart von unten nach aufwärts«. Die Verbrennungen sind schwerpunktmäßig schwimmhosenartig an den Oberschenkeln, in der Bauch-und Gesäßgegend lokalisiert und können den oberen Teil von Brust, Kopf, Hals und Armen aussparen. Die Prognose thermischer Hautschäden ist abhängig von der verbrannten Körperoberfläche (Flächenausdehnung), dem Grad der Verbrennung (Verbrennungstiefe) sowie dem Lebensalter. Mit zunehmendem Lebensalter (ab dem 40. Lebensjahr) sinkt die Prognose, aber auch Neugeborene und Kleinkinder sind besonders gefährdet. Entsprechend klinischer Faustregeln gilt nach wie vor: Addieren sich Lebensalter und Ausdehnung der 2.-und 3.-gradigen Verbrennungen (Verbrennungsindex) zu 100, beträgt die Überlebenschance auch bei optimaler Therapie maximal 50 %. Nach klinischen Erfahrungen besteht bei einem Verbrennungsindex <80 geringe Lebensgefahr, einem Index von 80-120 akute Lebensgefahr, bei einem Index >120 ist das Überleben unwahrscheinlich. Auch heute haben erwachsene Patienten mit tiefen Verbrennungen von über 30 % Körperoberfläche eine ernste Prognose, Verbrennungen von mehr als 50 % der Körperoberfläche werden nur in Ausnahmefällen überlebt. Bei zusätzlich vorliegendem Inhalationstrauma, auf das Verbrennungen des Gesichts und der Perioralregion bereits hinweisen, wird die Prognose schlechter. Brandhämatom. Bei direkter Flammeneinwirkung auf den Schädel kommt es schließlich zu einer zwischen Schädelknochen und Dura, also epidural, gelegenen Ansammlung von ziegel rotem oder bräunlichem, bröckeligem, trockenem oder lehmartigen Blut, das im Randbereich auch von flüssiger oder halbflüssiger Beschaffenheit sein kann. Diese postmortalen epiduralen Extravasate entstehen einerseits durch Verdrängung des im Schädelknochen vorhandenen Blutes, das von der Hitze nach innen gegen die harte Hirnhaut gepresst wird, zum anderen durch Schrumpfung und Ablösung der harten Hirnhaut von der Schädelinnenfläche, wobei kleine, aus dem Sichelblutleiter zum Knochen führende Venen rupturieren (. Abb. 3.97). Bei Bergung einer Leiche aus einem Brandherd besteht neben der Klärung von Identität, Grundleiden und Todesursache eine wesentliche Aufgabe in der Feststellung, ob der nunmehr Verstorbene lebend ins Feuer geriet oder zum Zeitpunkt der Hitzeeinwirkung bereits verstorben war. Auch bei weitgehender Verkohlung von Weichteilen und Muskulatur können diese Fragen in der Regel eindeutig geklärt werden, da aufgrund des radial zum Körperkern gerichteten Temperaturabfalles die inneren Organe in der Regel relativ gut erhalten sind (Hitzefixierung durch Flüssigkeitsverlust). Rußaspiration. Die Einatmung von Rußbestandteilen bis in die tieferen Luftröhrenverzweigungen innerhalb der Lungen ist eine eindeutige vitale Reaktion. Autoptisch findet sich eine Verrußung der Respirationswege bis in die feinsten Bronchien mit reichlicher Schleimabsonderung (. Abb. 3.98). Rußverschlucken. Parallel kann auch Ruß verschluckt werden, sodass Rußpartikel im Magen oder oberen Dünndarm nachweisbar sind. Rauchgasinhalation. In der Regel finden sich bei Lebendverbrennungen positive CO-Befunde. Doch zeigen sich Abhängig- Hitzekrämpfe betreffen vor allem Personen, die strahlender Hitze ausgesetzt sind und gleichzeitig schwer körperlich arbeiten müssen. Pathogenetisch entscheidende Faktoren sind die Dehydratation und der Natriumchloridverlust. Beim Vollbild bestehen neben tetanischen Krämpfen auch eine starke Gefäßerweiterung und eine Erhöhung der Pulsfrequenz. Eine vitale Gefährdung kann durch eine Störung der Erregungsleitung des Herzens gegeben sein. Beim Hitzekollaps kommt es zum Zusammenbruch der Kreislaufregulation bei zunächst erhaltener Temperaturregelung. Man unterscheidet einen primären Kreislaufkollaps infolge stark erhöhter Hautdurchblutung (heat exhaustion) und einen sekundären Hitzekollaps aufgrund der Abnahme der zirkulierenden Blutmenge bei Wasserverlust (dehydration exhaustion). Prädisponierend wirken schwüle Witterung, schwere körperliche Arbeit und unzweckmäßige Kleidung (»Heizerohnmacht«, »Marschohnmacht«). Die gefährlichste Form der Hitzeschädigung ist der Hitzschlag, gekennzeichnet durch einen Zusammenbruch der zentralen thermoregulatorischen Funktion infolge Zunahme der Körperkerntemperatur, insbesondere auch der Hirntemperatur. Örtliche Erfrierungen betreffen die Gefäßendstrombahn. So sind die Akren Finger, Zehen, Hände und Füße und am Kopf Nase und Ohren am meisten betroffen. Der Grad der Gewebeschädigung hängt von der Dauer der Kälteexposition ab, die zu einer Gefäßkonstriktion führt und eine Ischämie der nachgeschalteten Gewebe bewirkt. Die Ausschüttung histaminartiger Substanzen unterhält einen exsudativ-entzündlichen Prozess, der später zu einer Vasodilatation mit einer erhöhten kapillären Durchlässigkeit, Schmerzreaktionen und letztlich zu Nekrosen führt. Disponierend wirken bei der örtlichen Kältewirkung auch enge Kleidung, Hand-und Fußschweiß und ein reduzierter Allgemeinzustand. Die lokale Erfrierung (Congelatio) wird in Stadien eingeteilt: 5 Dermatitis congelationis erythematosa: Die betroffene Körperstelle wird infolge der anfänglichen Gefäßkonstriktion weiß, gefühllos oder schmerzhaft, später deutlich gerötet und geschwollen, häufig stark juckend. 5 Dermatitis congelationis bullosa: Nach Wiedererwärmung einer länger und tiefer kälteexponierten Region bilden sich subepidermal seröse oder hämorrhagische Blasen. 5 Dermatitis congelationis gangraenosa (escharotica): Die betroffene Extremität verfärbt sich blauschwarz als Ausdruck des Gewebstodes. Im günstigen Falle entwickelt sich ein trockener Gewebsbrand. Die Gliedmaße wirkt wie mumifiziert. Bei bakterieller Besiedlung entsteht eine feuchte Gangrän. In jedem Falle wird das betroffene Gewebe gegenüber dem gesunden auffällig demarkiert. Folgeschäden. Nach prolongierter und progressiver Kälteschädigung treten häufig thrombotische und obliterierende Gefäßwandschäden in Venen und Arterien oder nur in Arterien (Buerger'sche Erkrankung) auf. Man spricht auch von invisiblen Kälteschäden, die Neuritiden und Neuralgien im Gefolge haben. Frostbeulen. Sie stellen ein eigenes Krankheitsbild dar. Definition Als Frostbeulen (Perniones) werden blaurote, ödematöse, unscharf begrenzte, knötchen-oder kissenartig umschriebene Schwellungen beschrieben, die schon gelegentlich unterhalb normaler Zimmertemperaturen auftreten können. Bevorzugt treten sie an Streckseiten von Fingern und Zehen auf. Sie setzen eine konstitutionelle Gefäßfunktionsstörung vo raus und kommen meist bei jungen Menschen in den kühleren Jahreszeiten vor. Nässe, enge Kleidung und enges Schuhwerk disponieren. In der forensischen Pathologie werden als Nebenbefund -gelegentlich auch bei Kältearbeitern -schwielige Verdickungen des Ohrmuschelrandes nach lokalen Erfrierungen gesehen (Chondrodermatitis helicis), die ggf. Identifizierungswert haben könnte. Einreden und Schutzbehauptungen Sturzgeburt. Am häufigsten wird angegeben, dass eine Sturzgeburt mit plötzlichem Stuhldrang und dann völlig überraschender Geburt des Kindes in die Toilettenschüssel stattgefunden habe. Eine Sturzgeburt als solche führt jedoch nicht zum Tode, da bei üblichen Stürzen von Kleinkindern bis zu einer Höhe von 150 cm in der Regel keine relevanten Verletzungen auftreten. Nabelschnurzerreißung und Verblutungstod. Die durch eine Sturzgeburt eventuell hervorgerufene »Nabelschnurzerreißung« führt in der Regel deshalb nicht zum Tode des Kindes, da die Blutungen in Kürze spontan zum Stillstand kommen (Kontraktion der Umbilikalarterie, Blutumverteilung in den kleinen Kreislauf durch Entfaltung der Lungen, geringer Blutdruck der Nabelarterie). Allenfalls bei asphyktischen Kindern kann ein Verblutungstod diskutiert werden. Ein Zerreißen der Nabelschnur ist darüber hinaus nur in Ausnahmefällen anzunehmen, da bei den Presswehen reflexartig eine Hockstellung eingenommen wird, die die Höhe zwischen Geburtskanal und Boden vermindert. Handlungsunfähigkeit der Kindesmutter. Eine echte Ohnmacht unter der Geburt wird nur nach erheblichem Blutverlust der Mutter (Hämoglobinmessung) bei der Geburt oder im Rahmen einer Eklampsie beziehungsweise Epilepsie be obachtet. Bei normalem Geburtsverlauf kommt es nicht zur Bewusstlosigkeit. Zur Beurteilung, ob eine Ohnmacht vorgelegen hat, ist auf die Art der Durchtrennung der Nabelschnur zu achten (glattrandig durchtrennt, durchgerissen). Der plötzliche oder unerwartete Tod in der (Früh-)Schwangerschaft erweckt zunächst aus forensischer Sicht stets den Verdacht auf eine Abtreibung. Das jedenfalls war die Maxime bis in die 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Eine moderne Gesetzgebung, die vor allem der Selbstbestimmung der Frau Rechnung trägt, hat zu einer vollständigen Veränderung der peripartalen Sterblichkeit geführt, diese weitgehend auf die natürlichen Risiken der Gravidität, der Entbindung und des Wochenbettes reduziert und die artifizielle (kriminelle) Abortsterblichkeit aus dem Todesursachengefüge gebärfähiger Frauen ausgerottet. Abbrechen der Schwangerschaft ist (im strafrechtlichen Sinne) jede nicht auf bloße Nidationshemmung angelegte Einwirkung auf die Schwangere oder die Frucht, die final darauf gerichtet ist, das Absterben der noch lebenden Frucht im Mutterleib oder den Abgang der Frucht in nichtlebensfähigem Zustand herbeizuführen, und die diesen Erfolg erreicht. Der illegal induzierte Abort (syn.: Abtreibung) ist (im forensischen Sinne) die Herbeiführung einer nicht erlaubten, entgegen rechtlichen Bestimmungen durchgeführten Schwangerschaftsunterbrechung. Der legal induzierte Abort ist ein artifizieller Abort, der im Rahmen bestehender Gesetze erlaubt ist und medizinisch kontrolliert durchgeführt wird. Die Ausstoßung bzw. Entfernung eines Feten aus der Gebärmutter bis zu einem Gewicht von 500 g wird als Fehlgeburt (Abort) bezeichnet. Die Ausstoßung eines lebenden oder toten Feten mit einem Gewicht über 500 g wird gemäß Personenstandsgesetz als Geburt oder Totgeburt bezeichnet. Eine durch legalen Schwangerschaftsabbruch entfernte Frucht wird unabhängig vom Gewicht in den Personenstandsbüchern nicht beurkundet. Wegen der zahlreichen medizinischen Ursachen darf eine vorzeitige Beendigung einer Gravidität nicht a priori kriminalisiert werden. Das Leitsymptom der Fehlgeburt ist die uterine Blutung, die mit Unterleibsschmerzen einhergehen kann. Einige Erscheinungsformen des Abortes haben praktisch nur klinische Bedeutung. Beim Abortus imminens (drohender Abort) bestehen leichte Blutungen, beim beginnenden Abort (Abortus incipiens) ist der Gebärmutterhals geöffnet und Teile der Fruchtanlage können sichtbar sein. Beim vollständigen bzw. unvollständigen Abort (Abortus completus/incompletus) bestehen stärkere Blutungen, und es wird ein Abgang von Gewebe nachgewiesen oder berich- Das Grundgesetz verpflichtet den Staat in Art. 1, 2 II GG, das menschliche Leben, auch das ungeborene, zu schützen. Der Schutz der § § 218 ff. StGB umfasst den Zeitraum von der Einnistung des befruchteten Eies (Nidation) bis zum Beginn der Geburt. Alle Fristen werden post conceptionem (p.c.) angegeben! Nimmt man die letzte Menstruation zur Grundlage, wird also die Zeit post menstruationem (p.m.) angegeben, sind maximal 14 Tage zusätzlich zu berechnen. Der Gesetzgeber verbietet zum Schutze des ungeborenen Lebens grundsätzlich einen Schwangerschaftsabbruch ( § 218 StGB), benennt aber Ausnahmetatbestände für den Fall, dass von der Frau die Austragung der Schwangerschaft nicht erwartet werden kann. Im einzelnen ist das die 4 medizinische Indikation (Gefahr für Leben oder Gesundheit der Mutter), 4 kriminologische Indikation (Schwangerschaft als Folge eines Sexualdeliktes), 4 Notlagenindikation (psychisch-sozialer Konflikt, der die Unzumutbarkeit der Schwangerschaftsbeendigung ernsthaft begründet und nunmehr auch die sog. embryopathische Indikation umfassen soll). Ein Schwangerschaftsabbruch ( § 218) ist weiterhin ein Straftatbestand. Als besonders schwerer Fall gilt die Handlung gegen den Willen der Schwangeren und die leichtfertige Herbeiführung einer Gesundheitsschädigung oder der Todesgefahr für die Schwangere. Der Schwangerschaftsabbruch ist indes nicht strafbar, wenn er unter bestimmten Bedingungen ( § 218a, Abs. 1 -auf Verlangen und mit Einwilligung der Schwangeren, Nachweis einer Beratung, Einhaltung einer Frist von maximal 12 Wochen, Durchführung des Eingriffs durch einen Arzt) erfolgt. Der Abbruch der Schwangerschaft ist nicht rechtswidrig, wenn ( § 218a, Abs. 2) durch die Schwangerschaft eine Gefahr für das Leben oder eine schwerwiegende Beeinträchtigung des körperlichen und seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren gegeben ist. Eine derart indizierte Unterbrechung, die auch die »embryopathische Indikation« umfasst, ist zeitlich nicht limitiert; einer Pflichtberatung bedarf es nicht. Ein Abbruch ohne schriftlich fixierte ärztliche Feststellung der gegebenen Voraussetzungen ist strafbar ( § 218b). Das ist auch so, wenn wider besseres Wissen unrichtige Feststellungen über die Voraussetzungen gem. § 218a Abs. 2+3 getroffen werden. Ebenso ist es strafbar, ohne Anhörung der Schwangeren, ohne umfangreiche medizinische Aufklärung und ohne erneute Untersuchung zur Feststellung der Schwangerschaftsdauer den Eingriff durchzuführen ( § 218c). . Tabelle 3.38 fasst die rechtlichen Grundlagen, die Voraussetzungen und die ärztlichen Pflichten zusammen. Die Beratung der Schwangeren ( § 219 StGB) dient dem Schutz des ungeborenen Lebens und wird von einer anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle ergebnisoffen geführt und bescheinigt. Die Strafbestimmungen ( § 218 ff StGB) zum Schwangerschaftsabbruch wurden nach jahrzehntelangem Ringen 1995 bundeseinheitlich geändert. Die Gesetzgebung hat einen Kompromiss gefunden, nach dem der Abbruch in der Frühphase der Schwangerschaft unter definierten Bedingungen nicht mehr (alte Bundesländer) bzw. nicht wieder (neue Bundesländer) unter Strafe gestellt ist, grundsätzlich aber eine rechtswidrige (nicht poenalisierte) Handlung ist. Grundsätzlich ist ein Schwangerschaftsabbruch eine Tötungshandlung am Embryo und nicht Heilbehandlung an der Schwangeren. Abtreibungen haben über Jahrzehnte die peripartale mütterliche Sterblichkeit beherrscht und das forensische Sektionsgut geprägt. So wurden in Berlin (Charité) in 40 Jahren 243 mütterliche Sterbefälle untersucht, von denen 153 (63 %) auf kriminelle Aborte zurückzuführen waren (. Abb. 3.116). 6,5 % aller obduzierten Frauen bzw. 14 % aller obduzierten Frauen im gebärfähigen Alter waren peripartale Sterbefälle. Die gesetzliche Regelung der Schwangerschaftsunterbrechung hatte einen unverkennbar segensreichen Einfluss auf die mütterliche Sterblichkeit und führte zu einem Panoramawandel der peripartalen Mortalität, wie er nur selten in der Medizingeschichte vorgekommen ist. Die peripartalen Sterbefälle sanken innerhalb des Gesamtsektionsgutes von 2,5 % (1950) auf 0,1 % (1989). Diese Häufigkeitsabnahme mütterlicher Sterbefälle nach »Freigabe« (Legalisierung) der Schwangerschaftsunterbrechung war im Berliner Sektionsgut signifikant. Die legalisierte Schwangerschaftsunterbrechung wird je nach Schwangerschaftsdauer einzeitig (bis zur 12. Woche nach der Empfängnis!) oder zweizeitig (nach der 12. Woche) vorgenommen. Die Fruchtentfernung erfolgt medikamentös oder instrumentell vorzugsweise durch Saugkürettage. Letztere gilt als weniger riskant. Nach der 12. Woche wird eine Spontanausstoßung Spezialfragen bei der Begutachtung nichtnatürlicher Todesfälle Im Zusammenhang mit der Untersuchung von Leichen ergeben sich regelmäßig besondere Fragestellungen, die je nach Ausgangslage und Ermittlungsergebnis bei der Abwägung der Bedeutung verschiedener pathomorphologischer Befunde für den Todeseintritt im Gutachten besprochen werden müssen. Teilweise sind spezielle Sektionstechniken erforderlich, sodass bereits vor Beginn der Sektion der Umfang der Fragen definiert beziehungsweise der Umfang der Untersuchungen eindeutig konzipiert sein muss. Zur Feststellung vitaler Reaktionen wird auf das 7 Kapitel 3.5 verwiesen. Zusammenfassend ist zu achten auf: 4 Aspirationen (Einatmung von Fremdkörpern, Blut, Gewebe), 4 Verschlucken (Fremdmaterialien: Ruß, Blut), 4 Embolien (arteriell oder venös, Thromben, Gewebe, Luft) und 4 Schockzeichen. Die Unterscheidung von vitalen und postmortalen Verletzungen ist praktisch nur im Rahmen einer Obduktion oder durch histologische Untersuchungen möglich. Der Sonderfall der Wundaltersbestimmung wird ebenfalls in 7 Kapitel 3.5 dargestellt. Nach Todeseintritt beigebrachte Verletzungen weisen im frühpostmortalen Intervall Befunde auf, die von vitaler Gewalteinwirkung kaum zu unterscheiden sind. Auf die Vermeidung derartiger Artefakte im Rahmen postmortaler Untersuchungen ist zu achten. Vertrocknungen. Bei längerer Leichenliegezeit entstehen durch Flüssigkeitsverluste Hauteintrocknungen. Sie sind meist flächen-haft ausgebildet (z.B. am Skrotum). Hautvertrocknungen entstehen dort, wo Haut geschürft wurde. Vital entstandene Epithelverluste sind dabei mit Wundschorfen bedeckt. Umschriebene Hautschürfungen durch postmortale Einflüsse vertrock nen nach einiger Zeit ohne Schorfbildung. Bei der Präparation der tieferen Weichteilschichten sind keine weiteren Vitalitätshinweise wie z.B. Blutungen nachweisbar. Selbst vital gesetzte Würgemale oder Strangmarken sind gelegentlich einige Stunden nach dem Tode durch die Eintrocknung besser zu erkennen als unmittelbar nach dem Tode. Allein durch äußere Besichtigung ist jedoch insbesondere bei Strangmarken nicht zu entscheiden, ob sie vital oder postmortal entstanden sind. Wurden Oberhautabschürfungen durch Werkzeugeinwirkung im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Todeseintritt gesetzt, können deren Formmerkmale am Vertrocknungsbild identifiziert werden. Treten zu einer vorbestehenden Erkrankung Verletzungen hinzu, so muss im Einzelfall entschieden werden, ob diesen eine (mit)todesursächliche Bedeutung zukommt oder ob die vorbestehende Erkrankung allein den Todeseintritt zur Folge hatte (7 Kap. Diese Beurteilung einer partialen-oder kumulativen Kausalität ist ohne Obduktion und eventuelle weitergehende Untersuchungen nicht möglich. Es handelt sich jeweils um Einzelfallentscheidungen unter Berücksichtigung aller Untersuchungsergebnisse einschließlich des Ermittlungsergebnisses. Die unterschiedliche Gewichtung gleichartiger Teilbefunde sei am Beispiel hoher Blutalkoholkonzentrationen erläutert. Ist bei dem Opfer eines Gewaltdeliktes eine Blutalkoholkonzentration von 3‰ oder mehr nachweisbar, so ist diese bei gleichzeitigem Vorliegen schwerer Verletzungen (z.B. eines vital entstandenen Schädelhirntraumas) ein nichttodesursächlich relevanter Nebenbefund, während bei einer unverletzten Person die todesursächliche Relevanz anders zu beurteilen ist. Bei geringerem Verletzungsausmaß sollte eine abschließende Beurteilung nicht ohne histologische und chemisch-toxikologische Untersuchungen erfolgen. Gerade bei älteren Menschen ist das gleichzeitige Bestehen zweier oder mehrerer Krankheiten häufig. Die Entscheidung über die letztendlich dominierende todesursächliche Erkrankung ist hier zuweilen schwierig bis unmöglich. Gerade diese Kumulation pathologischer Organbefunde kann auch die kausale Beurteilung eventuell geringer Fremdeinwirkung erschweren. Eine 86-jährige Frau, die mit einer Bluthochdruckkrankheit, mehrfachen »Herzattacken« sowie transitorischen zerebralen Ischämien bereits verwirrt aufgefallen war, wurde tot auf dem Bett liegend aufgefunden. Das Gesicht ist mit einem Kissen bedeckt, ein Haarnetz leicht verschoben. Bei der gerichtlichen Leichenschau zeigen sich keinerlei gravierende Gewalteinwirkungen, jedoch wenige kleine Lid-und Bindehautblutungen. Bei der Sektion sind geringe oberflächliche Halsmuskelblutungen zu sehen. Trotz nachgewiesener zerebraler Insulte und hochgradiger Koronar arteriensklerose mit kleineren Herzmuskelschwielen wurde angesichts der Auffindesituation der Verdacht des Erstickens unter weicher Bedeckung geäußert. Die Ermittlung der Polizei führt zu einem Jugendlichen aus dem Wohnhaus, der immer wieder Geld von der alten Frau borgte. Diesmal hatte er einen neuen Betrag vor Rück zahlung der alten Schulden verlangt. Die alte Frau lehnte das ab. Daraufhin drückte er die Frau auf ihr Bett und hielt bis zu ihrer körperlichen Erschlaffung das Kopfkissen fest auf ihr Gesicht. Als er keine Lebenszeichen mehr bemerkte, nahm er das Geld und verließ die Wohnung. Ohne sachkundige Leichenschau und vor allem ohne Sektion wäre der nichtnatürliche Tod unerkannt geblieben. Wegen der schwierigen Unterscheidung von Koinzidenz und Konkurrenz von Erkrankung und Verletzung sollte der Leichenschauarzt im Zweifel bei der Leichenschau von einer ungeklärten Todesart ausgehen. Mehrfachverletzungen. Liegen mehrere Verletzungen vor, kann die zeitliche Reihenfolge und die Wertigkeit in Bezug auf die Todesursache eine große Rolle spielen. Bei Beteiligung mehrerer Täter wird von diesen Feststellungen die rechtliche Bewertung im Strafverfahren abhängen. Falls keine einzelne per se tödlich wirkende Verletzung vorliegt, sondern viele, von denen jede für sich nicht als unmittelbar tödlich angesehen wird, und andere konkurrierende Todesursachen ebenfalls nicht vorliegen, so ist man berechtigt anzunehmen, dass die Summe der Verletzungen den Tod herbeigeführt hat. Das spielt insbesondere bei Tötungsdelikten durch Schlagen und Treten eine große Rolle. Keine Probleme bestehen, wenn Verletzungsfolgen einer Gewaltart zeitlich weit auseinander liegend zugefügt wurden (z.B. bei Kindesmisshandlung). Verkehrsunfälle. Wurde ein Fußgänger, Rad-oder Motorradfahrer bei einem Verkehrsunfall getötet, sind verschiedene Fragestellungen zu beachten. Zur abschließenden Beurteilung ist in jedem Fall die Einbeziehung sämtlicher Ermittlungsergebnisse einschließlich eines technischen Gutachtens erforderlich. Hohe Priorität hat die Identifizierung der primären Kontaktstelle mit dem Unfallfahrzeug (7 Kap. 3.3), da es rechtlich eine große Rolle spielen kann, ob eine stehende Person angefahren oder eine liegende Person überrollt wurde. Schädelbrüche. Die Biomechanik der Schädelbrüche wird in Kapitel 3.3 ausführlich dargestellt. Die Bruchreihenfolge kann anhand der Puppe'schen Regel festgestellt werden (7 dort). Schussverletzungen. Je nach Schnelligkeit der Schussabgabe kann es schwierig bis unmöglich sein, eine Schussreihenfolge festzulegen. Bei primärer Verletzung größerer Gefäße können spätere Schüsse -auch bei relativ zeitnaher Verletzung -durch eine schwächer ausgeprägte Einblutung erkennbar sein. Penetrierende Verletzungen. Das gilt auch für eine Vielzahl von Stichverletzungen. Allerdings hilft die histologische Untersuchung zur Wundaltersbestimmung dann weiter, wenn gleichartige Verletzungen mit einer Differenz von Stunden beigebracht worden sein sollten. Findet sich bei einer Strangulation ein deutliches Stauungssyndrom des Kopfes, so werden etwaige Platzwunden oder Schnitt-und Stichwunden am Kopf erst später gesetzt worden sein (z.B. durch so genannte Sicherheitsstiche). Sind sie zuerst entstanden und besteht somit am Kopf eine sog. Blutaustrittspforte, kann zwar tödlich stranguliert werden, sich jedoch keine intensive Stauung entwickeln, weil das Blut abfließen kann. Bei einer Dislokation von Tat-und Fundort oder bei offensichtlicher Diskrepanz zwischen Aussagen von Täter und Opfer über den Ablauf einer tätlichen Auseinandersetzung taucht regelmäßig die Frage nach der Handlungsfähigkeit verletzter Personen auf. Der Gutachter wird die realistischen Handlungsmöglichkeiten eines Verletzen nach dem vorliegenden Verletzungsmus ter und den ableitbaren Folgen einschätzen müssen. Im Gegensatz zur juristischen Definition meint Handlungsfähigkeit hier die Fähigkeit zur bewussten, sinnvollen und zielgerichteten psychophysischen Reaktion eines Menschen nach einer Verletzung durch äußere Gewalt. Das ist vollkommen unabhängig vom Ausgang der erlittenen Schädigung. Der handlungsfähige Verletzte muss dabei nicht seine frühere geistige und körperliche Reaktionsfähigkeit voll entfalten können. Als sinn-und zielgerichtet gelten Hilferufe, Fluchtbewegungen, Ab-und Gegenwehr. Reflexartige Bewegungen zählen nicht dazu, auch wenn sie zu Positionsänderungen der verletzten Person geführt haben. Das Bagatellisieren der erwarteten Verletzungsschwere mit der Begründung, dass lediglich mit Turnschuhen getreten worden sei und nicht mit Stahlkappenschuhen (sog. Springerstiefel), ist aufgrund der Kraftentfaltung, die durch das Treten und nicht durch den Schuh bedingt wird, widerlegt. In Experimenten wurden durch Faustschläge Werte von 350-850 N, durch Tritte von 500-1200 N durch Männer und Frauen erreicht. Diese Ergebnisse wurden von den Autoren in einem Satz zusammengefasst: »Die kleinsten Messwerte für Tritt und die größten für den Faustschlag überschneiden sich bei beiden Geschlechtern …« (. Abb. 3.123). Die Ergebnisse der Auswertung von »Tritt-Todesfällen«, bei denen Täter festgenommen wurden, machten deutlich, dass häufig mit Turnschuhen getreten wurde. In einem Fall waren sogar Tritte mit »nackten« Füßen tödlich. i Infobox Juristisch können sowohl Springerstiefel als auch Turnschuhe als gefährliches Werkzeug gelten. Die Bewertung ist dabei abhängig von der Begehungsart des Deliktes. Bei einem Tritt mit dem Springerstiefel auf den Zeh eines Geschädigten ist nicht vom Einsatz eines gefährlichen Werkzeuges auszugehen, wohingegen der Tritt mit dem Turnschuh gegen den Kopf eines Opfers diesen Tatbestand erfüllt (7 Kap. 5.5.1). Die äußeren Verletzungsmuster sind je nach betroffener Körperregion und abhängig von der Richtung der einwirkenden Gewalt sehr unterschiedlich ausgeprägt. Bei orthograder stumpfer Gewalteinwirkung auf ungepolsterte Körperregionen (z.B. Stirn) wird das Tatwerkzeug durch Hautblutungen oft als »Negativabdruck« 1 : 1 abgebildet. Hierbei kommt der vom Schlag mit einem Stock oder einem stockähnlichen Gegenstand bekannte Mechanismus, der zu einer doppelt konturierten Verletzung führt, zum Tragen (7 Kap. 5.2.1). Bei Bedeckung einer Körperregion durch dünnschichtige Bekleidung kann innerhalb des Tatwerkzeugabdruckes das Muster der getragenen Textile erkennbar sein. Bei größerer Schichtdicke oder Wattierung der Kleidung tritt ein sog. Knautschzoneneffekt auf, der an der Haut oftmals nur undeut liche oder keine Spuren der äußeren Gewalteinwirkung erkennen lässt. Ein »endogener« Knautschzoneneffekt tritt bei Polsterung durch Unterhautfettgewebe auf, sodass an durch Kleidung bedeckten und an fettreichen Körperpartien die am wenigsten richtungsweisenden Befunde zu erwarten sind (. Abb. 3.124). Die inneren Verletzungen werden durch verschiedene Mechanismen bedingt. Zum einen ist es die direkte Gewalteinwirkung, die z.B. zu Unterhautfettgewebsblutungen, Knochenbrü-3.16 · Spezialfragen bei der Begutachtung nichtnatürlicher Todesfälle Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und anderen Nebengesetzen. 63. neubearb. Aufl Strafgesetzbuch und Nebengesetze. 53. neubearb. Aufl Nebengesetze und ergänzende Bestimmungen. 48. neubearb. Aufl. Beck, München zu Kap Eisenberg U (2005) Kriminologie. 6. neubearb. Aufl. Heymanns, Köln Fallanalyse und Täterprofil. BKA Forschungsreihe Bd Täterprofile bei Gewaltverbrechen Hrsg) (1993) Kleines kriminologisches Wörterbuch. UTB 1.274, 3. neubearb. Aufl. 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Befunde zu Krieg, Folter und Verbrechen Die Biomechanik stumpfer Brustverletzungen besonders von Thorax, Aorta und Herz Scientific foundations of trauma Forensic pathology Zur Differenzierung zwischen Selbstund Fremdbeibringung von Halsschnittverletzungen Thoraxstich durch einen Grillspieß mit Verformung des Werkzeuges Tiefgreifende Halsschnittverletzung durch ein elektrisches Messer Spurentechnischer Vergleich realer und fingierter Überfälle Schädelverletzungen durch Schlag mit Glasflaschen Über ungewöhnliche suizidale Stichverletzungen Der Stellenwert der Luftembolie in der modernen Medizin Befundmuster bei suizidalen Stichverletzungen des Halses Zur Frage der Handlungsfähigkeit bei penetrierender und stumpfer Bauchverletzung Hrsg) (1996) Selbstbeschädigung, Forensische Bewertung und Therapiemöglichkeiten Stabbing and other incisional wounds. 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Rechtsmedizin The Essentials of Forensic Medicine Acute Arrest of Cerebral Circulation in Man Die Verletzungen von Halswirbelsäule und Halsweichteilen Ertrinken, Badetod und andere Zwischenfälle beim Schwimmsport Drowning -New Perspectives on Intervention and Prevention Beinaheertrinken: Epidemiologie -Pathophysiologie -Therapie Forensic diatomology and drowning Hydrocution in a case of coxsackie virus infection Ertrinken und Tod im Wasser Diagnostik des Ertrinkungstodes und Bestimmung der Wasserzeit Homicide in the bathtub Branddauer und Verkohlungsgrad einer Brandleiche Oehmichen M (Hrsg) Hyperthermie, Brand und Kohlenmonoxid. Research in Legal Medicine / Rechtsmedizinische Forschungsergebnisse Tötung durch Verbrennen Umstände und Befunde bei 202 Brandtodesfällen Studies of thermal Injury III. The Pathology and Pathogenesis of Cutaneous Burns. An Experimental Study Studies of thermal injury II. The relative importance of time and surface temperature in the causation of cutaneous burns The effects of inhaled heat on the air passages and lungs Pathology of thermal injury: a practical approach Dermatologie und Venerologie Hrsg) (1993) Akute Notfälle Ungewöhnliche Befunde in einem Fall von Unterkühlung Unterkühlung: Umstände, Morphologische Befunde und ihre Pathogenese Morphological findings in fatal hypothermia and their pathogenetics Hypothermia -clinical, pathomorphological and forensic features Physiologie des Menschen Hrsg) (1982) Der Elektrounfall Forensic histopathology Brinkmann B, Madea B (Hrsg) Handbuch gerichtliche Medizin 1 Pathomorphologische Befundkonstellationen beim Tod durch hochgespannten elektrischen Strom Atlas of forensic medicine (CD-ROM) Zur Pathomorphologie tödlicher Blitzunfälle Keraunopathology -an analysis of 45 fatalities Allgemeine Pathologie des exogenen quantitativen Nahrungsmangels Malnurition in infancy and childhood with special reference to Kwashiokor Survival during fasting may depend on fat as well as protein stores Death as a result of starvation -diagnostic criteria Verhungern infolge Kindesvernachlässigung Infanticide by starvation: calculation of caloric deficit to determine degree of deprivation Tod durch Hypoglykämie nach Hungerzustand -Pathophysiologie versus Morphologie Classification and definition of protein-caloric malnutrition Note on the assessment and classification of proteinenergy malnutrition in children The presentation and use of height and weight data for comparing the nutritional status of groups of children under the age of 10 years Über Mangelerkrankungen auf Grund von Beobachtungen im Konzentrationslager Theresienstadt Frauen vor Gericht. Kindsmord in der Frühen Neuzeit Gerichtsärztliche Geburtshilfe. Enke, Stuttgart Gerchow J (1957) Die ärztlich-forensische Beurteilung von Kindesmörderinnen. Ein Beitrag zum Problem der abartigen Erlebnisreaktion 217 StGB -Kindestötung, ein nicht mehr zeitgemäßer Paragraph? Forensische Aspekte zur geplanten Reform des § 217 StGB Microscopy of human fetal lung and the diagnosis of postnatal respration. In: Wecht C (ed) Legal medicine annual 1976 Zur Kindestötung unter der Geburt. Eine Verbundstudie über die Jahre Gerichtsmedizinische Untersuchungen zum Verhalten der Nabelschnur bei gewaltsamer Zerreißung Entwicklung peripartaler Sterbefälle unter dem Einfluss der Legalisierung des Schwangerschaftsabbruches in der DDR Mueller B (Hrsg) Gerichtliche Medizin, 2. Bd Analyse der Müttersterblichkeit in Berlin (Ost) im Zeitraum 1969-1987. Eine kritische Bestandsaufnahme aus der Retrospektive Forensische Medizin, 3. Aufl. Volk und Gesundheit A comparison of typical death scene features in cases of fatal male and female autoerotic asphyxia with a review of the literature Sudden deaths in custody Tödliche autoerotische Unfälle. Verlag Versicherungswirtschaft Hrsg) (2002) Fixierung erregter Personen. Todesfälle in Klinik und Gewahrsam Review: Autoerotic asphyxiation in the United States Tödliche Unglücksfälle bei autoerotischer Betätigung Die Passion Jesu Christi in der Sicht des Chirurgen Der Archäologie und der Tod. Archäologie und Gerichtsmedizin. Bucher, München Luzern Madea B (1993) Death in a head-down-position Die Todesursache beim frei hängenden, am Rumpf suspendierten Menschen Positional asphyxia during law enforcement transportation Effects of positional restraint on oxygen saturation and heart rate following exercise Autoerotische Unfälle Tödliche Unglücksfälle bei autorerotischer Betätigung. In: Atlas der gerichtlichen Medizin. Volk und Gesundheit Gerichtsmedizinische Untersuchungen bei Verkehrsunfällen Pathologie des Trauma. Bergmann, München Janssen W (1984) Forensic Histopathology Handlungsfähigkeit. In: Brinkmann B, Madea B (Hrsg) Handbuch gerichtliche Medizin 1 Forensische Medizin, 3. Aufl. Volk und Gesundheit Tool marks in bones and cartilage Criminal mutilation of the human body in Sweden -a thirty year medico-legal and forensic psychiatric study Droemer-Knauer Über die kriminelle Zerstückelung von Leichen und die Sicherstellung ihrer Identität Footwear impression evidence Zur Morphologie und Biomechanik von Trittverletzungen Kriminelle und kinetische Energie bei Tötungshandlungen durch stumpfe Gewalt Photogrammetrische Auswertung von Haut-und Weichteilwunden sowie Knochenverletzungen zur Bestimmung des Tatwerkzeuges -grundlegende Aspekte. Rechtsmedizin Zur Phänomenologie des Tretens und Tottretens Zur Morphologie und Phänomenologie des Tottretens Zur Morphologie und Phänomenologie des Tottretens, Teil 2 Zur Traumatologie des Tottretens Wunde und Werkzeug. Tödliche Schädelverletzung durch Fußtritte Kicking to death -forensic and criminological aspects Strafgesetzbuch und Nebentexte. 50. neubearb. Aufl. Beck Ertrinken ist eine Form des Erstickens aufgrund einer Flüssigkeitsaspiration, zumeist der Aspiration von Wasser, wobei das Individuum während der Aspiration zumindest mit dem Gesicht in die Flüssigkeit eingetaucht war.Bei industriellen Unfällen kann es zum Ertrinken außer in Wasser auch in anderen Flüssigkeiten kommen (z.B. Benzin, Milch). Bewusstlosen kann Wasser in Mund und Nase eingebracht werden, sodass sie an der Flüssigkeitsaspiration sterben. In diesen seltenen Fällen handelt es sich per definitionem nicht um Ertrinken.Pathophysiologie. Es sind theoretisch folgende Stadien abgegrenzt worden: Allen Todesfällen in abnormer Körperposition ist gemeinsam, dass nach Ausschluss einer todesursächlichen Erkrankung, Verletzung oder Intoxikation aus Todesumständen und Auffindungssituation pathophysiologisch eine mechanische Erstickung oder ein Kreislaufkollaps abgeleitet werden. Diese Todesfälle stellen ein Paradebeispiel dafür dar, dass die rechtsmedizinische Todesursachenklärung nicht in der isolierten Erhebung von morphologischen oder toxikologischen Befunden besteht, sondern vielmehr in der integrativen Zusammenschau medizinisch-naturwissenschaftlicher Untersuchungsbefunde mit dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen und der Auffindesituation. Extremitätenverletzungen. Auch die Lokalisation von Verletzungen an Gelenken und Gliedmaßen entscheidet z.B. über Bewegungs-und Ausweichfähigkeit sowie Fluchtmöglichkeit. Mit eingekeilten Hüftgelenkfrakturen ist Laufen noch möglich, pertrochantere Frakturen gestatten das nicht. Aktives Gehen ist bei Patellafrakturen und Quadrizepssehnenrissen unmöglich. Tibiakopffrakturen und verschiedene Fußwurzelknochenbrüche und -luxationen beheben jegliche statische Stabilität. Halsverletzungen. Beim Erhängen wird Handlungsfähigkeit nicht in Betracht kommen. Es ist jedoch ein Fall berichtet worden, in dem nach Reißen der Schnur der Betroffene noch 200 m lief, leise sprechen konnte und erst nach 10-20 Minuten starb. Bei der Sektion fanden sich Intimaverletzungen beider Halsschlagadern und ein Abriss der Trachea.Bei Stich-und Schnittverletzungen des Halses hängt der Ausgang und damit die zeitliche Begrenzung einer Handlungsfähigkeit von den Verletzungsfolgen ab. Bei Verletzungen großer Arterien ist kaum von einer wesentlichen Handlungsmöglichkeit zu sprechen. Andererseits sind bei einseitigen Arterienverletzungen immer wieder längere Überlebenszeiten und damit auch Handlungsmöglichkeiten berichtet worden, wenn infolge einer Kontraktion der Gefäßstümpfe die Blutung zunächst einmal sistiert.Brustkorbverletzungen. Verletzungen der Aorta sind im Allgemeinen sofort oder zumindest sehr schnell tödlich. Kleinere Herzperforationen sind es dagegen nicht immer, besonders nicht, wenn das austretende Blut aus dem Herzbeutel in den Brustraum abfließen kann. Einseitige Schuss-und Stichverletzungen der Lun-ge bedeuten keineswegs sofortige Handlungsunfähigkeit. Nach vielfacher Beobachtung sind etwa 25% der Stichverletzten sofort handlungsunfähig, ca. 50% nach 5 Minuten und 25% brachen erst nach mehr als 5 Minuten handlungsunfähig zusammen.Schussverletzungen. Auch von schussverletzten Personen sind erhebliche posttraumatische Leistungen berichtet worden. Anhand der anatomischen Lage des jeweiligen Schusskanals ist zu prüfen, ob eine Handlungsfähigkeit möglich war. Auch die Energieübertragung muss konkret nach Art von Waffe und Munition in Betracht gezogen werden. Schussverletzungen der Brücke und des verlängerten Markes bedeuten sofortigen Verlust von Bewusstsein und Handlungsfähigkeit. Eine Zerstörung des Halsmarkes bedeutet sofortige schlaffe Lähmung und würde eine Schussauslösung selbst dann verhindern, wenn der Finger schon am Ab zug ist. Handlungsfähigkeit bei Verletzung anderweitiger le benswichtiger Hirnzentren ist nicht anzunehmen. Bei Schussver letzungen von Gefäßen begrenzen die Schnelligkeit und das Ausmaß des Blutverlustes die Handlungsfähigkeit. Bei unkomplizierten Lungenschüssen bleibt die Handlungsfähigkeit lange erhalten.Es gilt die Regel, dass die mechanische Wirksamkeit von Schussverletzungen mit der resultierenden totalen Wirksamkeit nicht identisch ist (s. unten: »Psychische Komponenten«). Auch die »umwerfende« Wirkung von Geschosstreffern geht mehr auf die Schmerzwirkung zurück als auf eine physikalisch definierte Aufhaltekraft. Von zwei Geschossen gilt aus Sicht der Polizei das als wirkungsvoller, das die größere Wundfläche und damit den größeren Schmerz auslöst. Von »militärischen« Geschossen ist unter dem Begriff des »Casualty Criterion« ein kinetischer Energiebetrag bekannt, der einen Soldaten außer Gefecht setzt. Sachkundige sehen die »Kugelfestigkeit« von Teilnehmern an kriegerischen Handlungen als eine Funktion der psychischen Verfassung an. Diese wird, falls keine lebenswichtigen Zentren sofort durch Schuss zerstört werden, die Handlungsfähigkeit des Getroffenen wesentlich bestimmen. Bei Polizeiaktionen, die eine Aufgabe des Gegners mittels Schusswaffengebrauch zum Ziel haben, ist zu beachten, dass der Gegner handlungsfähig und damit potentiell gefährlich bleibt. In einer Silvesternacht kam es zwischen einem Mann und einer Frau, die sich erst Stunden zuvor in einer Kneipe kennen gelernt hatten, bei fortschreitender Alkoholisierung und offensichtlich im Zustand einer gewissen sexuellen Geneigtheit zu einer Tätlichkeit, bei der beide erhebliche Stichverletzungen erlitten. Während der Mann eine tiefe mediastinale Stichwunde tagelang überlebte und aussagefähig war, bis er an einer Mediastinitis starb, floh die Frau mit einer spritzenden arteriellen Blutung viele Meter aus der Wohnung. Der Fluchtweg war durch arkadenartige (blutdruckabhängige) Blutspritzspuren an den Wänden des Etagenflures gekennzeichnet. Die verletzte Frau klingelte schließlich an einer fremden Wohnung. Als geöffnet wurde, fiel sie vornüber, eine Hand an den blutenden Halswunden, äußerte gurgelnd Hilferufe und verstarb nach Eintreffen eines Notarztes. Die Willensstärke und die emotionale Situation des Verletzten beeinflusst die Handlungsfähigkeit bei nicht sofort tödlichen Verletzungen entscheidend mit. In der besonderen psychischen Anspannung (Ausnahmesituation) eines Kampfgeschehens wird eine Verletzung oft nicht einmal bemerkt, was relativ häufig bei perforierenden Verletzungen des Bauchraumes auftritt. Handlungsfähigkeit nach Verletzungen der verschiedensten Art ist eine Tatsache und muss bei entsprechender Fragestellung oder bei objektiv gegebenen Fakten in Erwägung gezogen werden. Dogmatische Zeitbegrenzungen sind nicht angebracht. Es wird die sachkundige Beurteilung unter Beiziehung von bildgebenden diagnostischen Verfahren in der Klinik bzw. die neuropathologische Untersuchung in der Rechtsmedizin zur Beweismittelsicherung empfohlen, ggf. ergänzt durch die Konsultation von Neurologen und Neurochirurgen. Leichenzerstückelungen sind typische postdeliktische Handlungen zur Verschleierung einer Tat. Leichenbeseitigungen dienen dem Verbergen des Opfers und Leichenverstümmelungen der Unkenntlichmachung eines Tatopfers.Die Tathandlungen gehen meist Hand in Hand und verfolgen vorzugsweise die Absicht, ein Tötungsdelikt zu verbergen und eine Identifizierung zu erschweren. Gelegentlich sollen Individualmerkmale beseitigt werden. Leichenzerstückelungen sind seltene Ereignisse mit Häufungen in großstädtischen Ballungsgebieten. Gelegentlich gehören sie zur spezifischen Verbrechensausführung bei Serientätern. In der Bundesrepublik Deutschland ist mit ca. 10 Fällen im Jahr zu rechnen. Natürliche Leichenzersetzungen und akzidentelle Zerstückelungen werden ca. 10-mal häufiger beobachtet. Wegen des Ideenreichtums bei der Leichenbeseitigung ist ein gewisses Dunkelfeld anzunehmen. Kriminalistisch werden Tötungsdelikte mit Opferbeseitigung anfangs meist als Vermisstenmeldungen polizeibekannt. Täter sind überwiegend Männer. Wesentlich seltener treten Frauen als Täterinnen oder Helferinnen in Erscheinung. Bei den Opfern handelt es sich überwiegend um Frauen (etwa 2,5:1). Bei den aufgeklärten Fällen bestand überwiegend eine enge Täter-Opfer-Beziehung. Intrathorakale Organverletzungen füllen das Spektrum von beispielsweise geringfügigen Lungenkontusionen bis zu Herzrupturen aus. Die Breite der intraabdominellen Verletzungen reicht von Einrissen der relativ ungeschützten Leberkapsel über zentrale Leberzertrümmerungen bis hin zu Kontusionen und Rupturen der relativ geschützt liegenden Nieren.Vorbestehende Erkrankungen können durch Folgeschäden den Todeseintritt maßgeblich begünstigen wie z.B. ein Verbluten aus Riss-Quetsch-Wunden bei vorbestehenden Blutgerinnungsstörungen infolge alkoholtoxischer Leberzirrhose.Auch bei höheren Blutalkoholkonzentrationen (insbesondere bei Werten über 3,50‰) ist zu überlegen, ob eine Alkoholintoxi-kation maßgeblich zum Todeseintritt beigetragen hat oder sogar konkurrierend als Todesursache in Betracht kommt. Eine Alkoholintoxikation als Todesursache ist aber immer dann zu negieren, wenn allein die Verletzungen den Todeseintritt -unabhängig von einer Alkoholisierung des Opfers -erklären können. Orthograde Treffer auf ungepolsterte Körperregionen werden am einfachsten dokumentiert, indem man das Befundmuster auf Folie »durchzeichnet«. Hierdurch erhält man ein 1 : 1-Abbild des Befundes. Weiterhin sollte eine fotographische Dokumentation ohne und mit Maßstab erfolgen.Bei gepolsterten Körperregionen erübrigt sich ein »Durchzeichnen« meist aufgrund fehlender oder nur schemenhafter Befunde. Eine Fotodokumentation sollte dennoch immer erfolgen. Bei Untersuchung Lebender sollten selbst bei äußerlich unauffälligem Bild an die Möglichkeit von inneren Organverletzungen gedacht werden! Bei Untersuchung Lebender kann eine Ultraschalluntersuchung der betroffenen Körperregionen hilfreich sein, um äußerlich nicht erkennbare Hämatome nachzuweisen. Die Befunde sind allerdings mit Zurückhaltung zu interpretieren, da das Alter der Hämatome mittels dieser Methode für enge Zeiträume nicht konkretisiert werden kann. Auch Verletzungen innerer Organe sollten bei äußerlich unauffälligem Bild auf jeden Fall in Betracht gezogen und per Sonographie abgeklärt werden.Bei Sektion der Verstorbenen sind Haut-und Unterhautfettgewebe schichtweise zu präparieren, um möglicherweise nur diskret ausgebildete Fettgewebsblutungen, die aber durchaus Hinweis auf ein Tatwerkzeug geben können, zu erkennen (. Abb. 3.125) . Oft lassen erst die akribisch dokumentierten einzelnen Verletzungen sowie ihr Gesamtbild einen Unfall wie im eingangs genannten Fallbeispiel als Todesursache ausschließen.