key: cord-0035379-i7nf54hm authors: Schulz-Stübner, S. title: Spezielle Erreger und Infektionen date: 2017-04-01 journal: Repetitorium Krankenhaushygiene, hygienebeauftragter Arzt und ABS-beauftragter Arzt DOI: 10.1007/978-3-662-54000-8_16 sha: 635d231b5365f51e41dc23a6d12e830fafb6c399 doc_id: 35379 cord_uid: i7nf54hm Durch das konsequente Einhalten und Anwenden der Standardhygienemaßnahmen lassen sich die meisten Transmissionen zwischen Patienten, aber auch Übertragungen auf das Personal vermeiden. Das folgende Kapitel widmet sich den Besonderheiten einzelner Erreger und Infektionskrankheiten und den ggf. erforderlichen zusätzlichen Schutzmaßnahmen. Es hilft bei der individuellen Risikoanalyse hinsichtlich Erregertyp, Übertragungsweg, Streupotenzial und exponierter Personen. Eine erregerspezifische Übersicht zum Nachschlagen ermöglicht eine schnelle Orientierung. Für die sehr spezielle Risikopopulation neonatologischer Patienten wurde darüber hinaus die Definition von 2-MRGN NeoPäd von der KRINKO eingeführt, da Chinolone in dieser Altersgruppe nicht eingesetzt werden können. Dabei werden für Enterobacteriaceae, Pseudomonas aeruginosa und Acinetobacter species bei intermediär oder resistent getesteten Markerpenicillinen und Cephalosporinen diese Erreger bei sensibel getesteten Chinolonen und Carbapenemen als 2-MRGN NeoPäd bezeichnet. Aus dieser Definition werden dann spezielle Hygienemaßnahmen in Analogie zu den 3-MRGN abgeleitet. Es zeigen sich ausgeprägte regionale Prävalenzunterschiede, jedoch eine bundesweit zu beobachtende Zunahme mit einer fraglichen Plateauentwicklung. Aus den Daten der Antibiotika-Resistenz-Surveillance (ARS) beim Robert Koch-Institut ergibt sich für Einsendungen aus dem stationären Versorgungsbereich das in . Tab. 16.3 dargestellte Bild. International wird eine Zunahme der Carbapenemresistenzen bei gramnegativen Erregern beschrieben. Dies gilt vor allem für Carbapenemresistente Klebsiellen, wobei Hotspots in Griechenland, Israel, Teilen Chinas und der Ostküste der USA liegen. In China wurde 2015 zusätzlich in größerem Umfang bei Tieren und in Fleischproben von Geflügel die dazu dienen, die Beschäftigten zu schützen und den Erreger innerhalb der Einrichtung nicht weiter zu verbreiten. Diese Maßnahmen müssen anhand individueller Risikoanalysen festgelegt werden. Ist ein Kontakt zu den Schleimhäuten von Nase oder Mund ausgeschlossen, ist ein Mund-Nasen-Schutz als Berührungsschutz im Allgemeinen entbehrlich." Acinetobacterspp. Die klinische Bedeutung einer In-vitro-Sensibilität der getesteten Carbapeneme ist ebenfalls unklar. Das Gleiche gilt für die Interpretation sogenannter Synergietestungen. Insofern sollte bei Vorliegen einer Carbapenemase bei multiresistenten Erregern einer sicher wirksamen Therapie (z. B. mit Colistin) bei schweren Krankheitsbildern der Vorzug gegeben werden. Bei klinischen Problemfällen (z. B. mit Colistinresistenz oder Therapieversagen) sind jedoch die tatsächlichen MHK-Werte hilfreich, und Kombinationstherapien, teilweise auch mit erhöhter Dosis, haben sich in der Praxis als wirksam erwiesen. International wurde eine abweichende Nomenklatur publiziert, die auch grampositive Erreger einschließt (Magiorakos et al. 2012 ). Sie verwendet die Begriffe multiresistent (MDR), extrem resistent (XDR) und panresistent (PDR), wie man sie ähnlich von der Einteilung der Resistenzlage bei Mycobacterium tuberculosis kennt (. Tab. 16.4) . Trotz leicht abweichender Nomenklatur und Definition, insbesondere der einbezogenen Antibiotikaklassen, ist die Grundidee der Klassifikation vergleichbar, und die Ableitung von krankenhaushygienischen Schutzmaßnahmen könnte auch bei Verwendung dieser Einteilung nach Streupotenzial, individueller und epidemiologischer Risikoanalyse erfolgen (wobei MDR den 3-MRGN und XDR und PDR den 4-MRGN entsprechen würden). Auch Burkholderia cepacia weist eine Reihe intrinsischer Antibiotikaresistenzen auf und wird überwiegend selektioniert und selten exogen übertragen. Besonders häufig treten Burkholderia cepacia bei Patienten mit zystischer Fibrose und Bronchiektasen in Erscheinung. Sie werden nicht als MRGN klassifiziert. Die Hygienemaßnahmen werden abgestuft je nach Erreger und Streupotenzial durchgeführt. Je nach lokaler endemischer Situation kann es sinnvoll sein, alle ESBL-Nachweise mindestens wie 3-MRGN zu behandeln, auch wenn noch mehrere andere Antibiotikaklassen wirksam sind (. Tab. 16.5). Hierbei spielt vor allem die Gefahr der plasmidkodierten Weitergabe des Resistenzgens eine Rolle. Noroviren (früher Norwalk-like-Viren) sind "small round structured viruses" (SRSV) aus der Familie Caliciviridae. Es sind nicht umhüllte RNA-Viren mit ausgeprägter Genomvariabilität. Es werden 5 Genotypgruppen (GGI bis V) unterschieden. GGI, GGII und GGIV sind humanpathogen und werden wiederum in verschiedene Subtypen aufgeschlüsselt, die mit unterschiedlichen Ausbruchscharakteristika vergesellschaftet sind (Matthews 2012 In manchen Ländern, z. B. in den USA (www.cdc. gov), gibt es eine allgemeine Impfempfehlung für alle Personen, die älter als 6 Monate sind, wobei insbesondere durch die Einbeziehung von Kindern durch eine verbreiterte Herdenimmunität die Ausbreitungskette der Influenza unterbrochen zu werden scheint. Ebenfalls gelistet sind die erregerspezifischen Risikogruppeneinteilungen nach den einschlägigen Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA), soweit anwendbar. Zu beachten ist, dass sich davon abgeleitete Schutzmaßnahmen der Arbeitssicherheit beim gezielten Umgang mit diesen Erregern, beispielsweise im Labor von den krankenhaushygienischen Maßnahmen in der klinischen Patientenversorgung zur Verhinderung einer Ausbreitung unterscheiden können. Gemäß § 3 Biostoffverordnung werden biologische Arbeitsstoffe nach ihrem Infektionsrisiko in 4 Risikogruppen (RG) eingeordnet: C "contact precautions", D "droplet precautions", KW Krankheitswochen, NS1 "non-structural protein 1", S "standard precautions" . Tab S (auch bei Lungenmilzbrand keine Übertragung von Person zu Person), RG 3 Z → "airborne precautions Arthropodenübertragene Virusenzephalitis (eastern, western, Venezuelan equine encephalomyelitis west nile virus) und virales Fieber (Dengue, Gelbfieber, Colorado tick fever): S, 3 Z 4 Askariose: S Aspergillose: S (C und/oder A bei massiver Weichteilinfektion mit starker Sekretbildung und Notwendigkeit zur Irrigation Brucellose: S (Antibiotikaprophylaxe für exponiertes Laborpersonal) Lyme-Krankheit: Borrelia burgdorferi;Läuserückfallfieber: Borrellia recurrentis Cellulitis (Epidermophyton floccosum, Erysipelothrix rhusiopathiae): S Chlamydia trachomatis (Konjunktivitis, genital, Pneumonie): S, RG 2 Clostridium botulinum: S, RG Clostridium difficile: C (bis 2 Tage nach Sistieren der Symptome, Händewaschen zusätzlich zur alkoholischen Händedesinfektion und Sauerstoffabspalter zur Flächendesinfektion Clostridum perfringens (Lebensmittelvergiftung und Gasbrand): S, RG 2 4 CMV: S (keine Zusatzmaßnahmen auch bei schwangerem Pflegepersonal Coccidiomycose (Coccidioides immitis Diphtherie (kutan): C (bis 2 Kulturen im Abstand von 24 h negativ Abszess mit unkontrollierter Drainage und Streupotenzial: C 4 AIDS: S (doppelte Handschuhe bei Stich-und Schnittverletzungsrisiko) Ebola: S. Virales hämorrhagisches Fieber Echinokokkeninfektion (Echinococcus multilocularis S (C bei inkontinenten Patienten und bei Ausbrüchen Epiglottitis durch Haemophilus influenzae Typ B: D (für 24 h nach Therapiebeginn) Campylobacter spp Enteropathogene Helminthen (Ascaris lumbricoides, Oxyuren, Trichuris spp Hinweis auf prolongierte Händedesinfektion durch Patienten bis 14 Tage nach Symptomende, viruzides Desinfektionsmittel einsetzen Rotavirus: C (bis 2 Tage nach Ende der Symptome, viruzides Desinfektionsmittel einsetzen Adenoviren: C (bis 2 Tage nach Ende der Symptome, viruzides Desinfektionsmittel einsetzen Salmonella spp.: S*, RG 2 4 Shigellen: S* S* Erythema infectiosum (Parvovirus B 19): D (bis zum Auftreten des Exanthems Gasbrand (siehe C. perfringens): S, RG 2 S, RG 2 4 Granuloma venerum Europa meist Puumala-Virus oder Dobrava-Belgrad-Virus): S, RG 3 Z Helicobacter pylori: S, RG 2 Herpes neonatorum: C (bis Läsionen verkrustet Herpes simplex (schwere Hautaffektionen, disseminiert): C (bis Läsionen verkrustet Impetigo contagiosa (meist Streptococcus pyogenes Influenza: D, 7 Tage (bei immunkompromittierten Patienten für die Dauer des Aufenthaltes) Kongenitale Röteln: C (bis zum 1. Lebensjahr, S wenn nasopharyngeale Abstriche und Urinkultur negativ nach 3 Lebensmonaten Keratoconjunktivitis epidemica: C (meist Adenovirus, hochinfektiös, viruzides Desinfektionsmittel einsetzen Krätze: C (bis 24 h nach Therapiebeginn, bei Scabies crustosa Aufhebung der speziellen Hygienemaßnahmen nach dermatologischer Kontrolluntersuchung Kryptokokkeninfektion (Cryptococcus neoformans oder Cryptococcus gattii): S, RG 2 Läuse: C (bei ausgedehntem Befall und fehlender Hygienecompliance bis 24 h nach 4 Nocardiose: S, RG 2 4 Parainfluenzavirus: C, RG Erythema infectiosum): D, RG Pertussis (Keuchhusten): D (bis 5 Tage nach Beginn einer effektiven antibiotischen Therapie bzw. 3 Wochen nach Beginn der Hustensymptomatik RG 3 4 Bubonenpest: S 4 Lungenpest: D (bis 48 h nach Therapiebeginn Pneumonie: 4 Adenoviren: D, RG 2 4 Burkholderia cepacia: C, RG Haemophilus influenzae Typ B bei Kindern: D (bis 24 h nach Therapiebeginn Meningokokken: D (bis 24 h nach Therapiebeginn) S, RG 3 Z 4 Poliomyelitis: C, RG Prionen (s. CJK) Roseola infantum (Exanthema subitum durch Humanes Herpesvirus 6): S, RG Röteln: D (für 7 Tage nach Auftreten des Exanthems) Impfung innerhalb von 3 Tagen nach Exposition bei nicht schwangeren Exponierten, Beschäftigungsverbot für Personal im Gesundheitswesen bis zum 21. Tag nach Exposition louse-borne relapsing fever Masern: A, C (bis 4 Tage nach Beginn des Exanthems, für den gesamten Aufenthalt bei Immunsuppression S 4 Meningitis: 4 Viral, fungal, Listeria monocytogenes, Streptococcus pneumoniae, Mycobacterium tuberculosis, gramnegative Bakterien: S 4 Neisseria meningitis (Meningokokken), Haemophilus influenzae Typ B: D (bis 24 h nach Therapiebeginn Meningokokkensepsis oder -pneumonie: D (bis 24 h nach Therapiebeginn, Postexpositionsprophylaxe bei engem Kontakt Milzbrand: s. Anthrax 4 Mucormykose: S, RG 2 4 MERS: A, C (bis 48 h nach Sistieren der Symptomatik C/D je nach Nachweislokalisation, S in ausgewählten Fällen bei isoliertem Nachweis, z. B. in Wunden oder im Urin, und bei fehlendem Streupotenzial und guter Hygienecompliance des Patienten Molluscum contagiosum (Dellwarzen): S 4 Mumps: D (für 9 Tage Mukormykose: S Mycoplasma pneumoniae: D, RG 2 Nekrotisierende Enterocolitis (NEC): S (bei ausbruchsähnlicher Situation: C) European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases: update of the treatment guidance document for Clostridium difficile infection Incidence of Clostridium difficile infection in patients receiving high-risk antibiotics with or without a proton pump inhibitor Frozen vs Fresh Fecal Microbiota Transplantation and Clinical Resolution of Diarrhea in Patients With Recurrent Clostridium difficile Infection: A Randomized Clinical Trial Colonoscopic versus nasogastric fecal transplantation for treatment of clostridium difficile infection: a review and pooled analysis Surveillance nosokomialer Infektionen sowie Erfassung von Krankheitserregern mit speziellen Resistenzen und Multiresistenzen A Comprehensive Assessment Across the Healthcare Continuum: Risk of Hospital-Associated Clostridium difficile Infection Due to Outpatient and Inpatient Antibiotic Exposure Duodenal infusion of donor feces for recurrent clostridium difficile A review of nosocomial norovirus outbreaks: infection control interventions found effective The epidemiology of published norovirus outbreaks: a review of risk factors associated with attack rate and genogroup Hinweise zum Schutz vor Norovirus-Infektionen Was können wir verbessern? Erste Ergebnisse eines Qualitätssicherungsprojektes mit Ausbruchsregister beim Deutschen Beratungszentrum für Hygiene Mask use, hand hygiene, and seasonal influenza-like illness among young adults: a randomized intervention trial Arbeitsschutz beim Auftreten von nicht impfpräventabler Influenza auf Maßnahmen zur Vermeidung der Weiterverbreitung Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) (2012) Hygienemaßnahmen bei Infektionen oder Besiedlung mit multiresistenten gramnegativen Stäbchen Multidrug-resistant, extensively drug-resistant and pandrug-resistant bacteria: an international expert proposal for interim standard definitions for acquired resistance Prävention der Ausbreitung von multiresistenten gramnegativen Erregern The real threat of Klebsiella pneumoniae carbapenmase-producing bacteria Surveillance nosokomialer Infektionen sowie Erfassung von Krankheitserregern mit speziellen Resistenzen und Multiresistenzen Enterobacteriaceae mit Breitspektrum Beta-Laktamasen (ESBL) im Spital: Neue Empfehlungen der Swissnoso Empfehlungen zur Prävention und Kontrolle von Methicillinresistenten Staphylococcus aureus-Stämmen (MRSA) in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen Staphylokokken MRSA: RKI-Ratgeber für Ärzte (Stand: September Auftreten und Verbreitung von MRSA in Deutschland Eigenschaften, Häufigkeit und Verbreitung Vancomycinresistenter Enterokokken (VRE) in Deutschland Update Duration of colonization and risk factors of vancomycin-resistant enterococci after discharge from the hospital Vancomycin-resistente Enterokokken -Epidemiologie Adverse events in faecal microbitoa transplant: a review of the literature Literatur zu 7 Abschn Krätzmilbenbefall (Skabies) Infektionsprävention im Rahmen der Pflege und Behandlung von Patienten mit übertragbaren Krankheiten Schutz vor lebensbedrohenden importierten Infektionskrankheiten. Strukturelle Erfordernisse bei der Behandlung von Patienten und anti-epidemische Maßnamen Importierte Virusinfektionen: Was muss ein niedergelassener Arzt wissen Healthcare Infection Control Practices Advisory Committee (HICPAC) (2007) Guideline for Isolation Precautions: Preventing Transmission of Infectious Agents in Healthcare Settings Empfehlung spezieller Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Infektionen durch hochpathogene aviäre Influenzaviren (Klassische Geflügelpest, Vogelgrippe) Shedding and transmission of novel influenza virus A/H1N1 infection in households in Germany Interantional Standards of Tuberculosis Care (ISTC) -Kommentierung aus deutscher Sicht Tuberkulose in Deutschland: Ende des rückläufigen Trends? Empfehlungen zur Therapie, Chemoprävention und Chemoprophylaxe der Tuberkulose im Erwachsenenund Kindesalter Infektionsprävention bei Tuberkulose -Empfehlungen des DZK Literatur zu 7 Abschn RKI (2015) Meningokokken-Erkrankungen. RKI-Ratgeber für Ärzte, aktualisierte Fassung vom Juni 2015. Erstveröffentlichung im Epidemiologischen Bulletin Keratoconjunctivitis epidemica und andere Konjunktivitiden durch Adenoviren. RKI-Ratgeber für Ärzte, aktualisierte Fassung vom März Epidemiologie und Schutzmaßnahmen gegen eine Übertragung von RKI-Ratgeber für Ärzte, aktualisierte Fassung vom Oktober Die folgenden Hygienemaßnahmen gelten sowohl im Verdachtsfall als auch bei Nachweis einer offenen Lungentuberkulose.