key: cord-0034064-l8r322la authors: nan title: Kardiopulmonale Reanimation „oben ohne“. Mode oder Wissenschaft date: 2005-03-18 journal: Notf Rett Med DOI: 10.1007/s10049-005-0717-7 sha: f6ed5e132152b66f8420e1df20214036056f5a0b doc_id: 34064 cord_uid: l8r322la nan Im Jahr 1999 wurde unter dem Leitthema "Kardiopulmonale Reanimation ‚oben ohne'?" in dieser Zeitschrift der damalige Stand des Wissens zum Stellenwert der Initialbeatmung bei Reanimation referiert und kommentiert [20] . Die Diskussion der offensichtlich unkonventionell und innovativ erscheinenden "Airway, circulation, breathing" -ACB-oder gar "Circulation, airway, breathing" -CAB-Varianten des altehrwürdigen Ersthilfeakronyms wurde auch international recht enthusiastisch geführt. Sie fand im Vorfeld der Ausarbeitung der Leitlinien des International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR) statt, die dann im Jahr 2000 gemeinsam von der American Heart Association (AHA), dem European Resuscitation Council (ERC) und ihren internationalen Partnerorganisationen publiziert wurden [1, 47] . Der Leitartikel des "Anästhesisten" kam seinerzeit zu dem Schluss, dass die Evidenz für eine definitive Empfehlung zur Unterlassung der Beatmung im Rahmen von Erstmaßnahmen beim Herzkreislaufstillstand nicht ausreiche. Als unmittelbare Konsequenz der damaligen Datenlage zur Beatmung bei kardiopulmonaler Reanimation (CPR) ging dabei in die ILCOR-Leitlinien ein, dass bei einer F I O 2 von mehr als 0,4 das Tidalvolumen von 1.000 ml auf 500 ml reduziert werden könne. Im Falle einer Ablehnung oder Unkenntnis der Mund-zu-Mund-Beatmung wurden alleinige Thoraxkompressionen bereits zu diesem Zeitpunkt als Al-ternative zur Standardreanimation aufgenommen. Wie haben sich nach mittlerweile 5 Jahren Daten und Diskussion zu diesem Thema weiterentwickelt? In der folgenden Übersicht gehen wir dieser Frage nach. Bis 1999 gab es mehrere Publikationen, die ein Unterlassen der Beatmung bei Herzkreislaufstillstand und CPR propagierten. Hauptargument war eine einfachere Instruktion der Laienhelfer, sei es im Rahmen der sog. Telefonreanimation oder von Trainingskursen [9, 10, 11] . Kern geht in einem Review von der Annahme aus, dass im Blut zumindest während der ersten 10 min nach Kreislaufstillstand ausreichend Sauerstoff zur Verfügung stünde, der lediglich verteilt werden müsse [31] . Dem standen Bedenken anderer Autoren entgegen, dass die bereits im Prodromalstadium eines Kreislaufstillstands (z. B. Stenokardie, hämodynamisch wirksame Arrythmie, Dyspnoe) klinisch manifest reduzierte Sauerstoffversorgung der vitalen Organe noch weiter beeinträchtigt werden könnte, mit Konsequenzen für das ohnehin schlechte Outcome bei CPR [20, 41] . In der Analyse der damaligen wie der seither publizierten Informationen wird sehr schnell deutlich, dass es möglicherweise keine simple Ja-/Nein-Antwort auf die Fra-ge nach dem Stellenwert einer initialen Beatmung bei Herzkreislaufstillstand und CPR gibt. Randbedingungen, wie Pathophysiologie des Kreislaufstillstandes, Ausbildung des Ersthelfers, Charakteristik des lokalen Rettungssystems, Methoden der Atemwegssicherung, Technik von Ventilation und Kompression etc., spielen offenbar bislang unterschätzte Rollen. Der Diskussion um die initiale Atemspende liegt die Beobachtung zugrunde, dass nur ein viel zu geringer Prozentsatz der Bevölkerung bereit zu sein scheint, bei einem beobachteten Kreislaufstillstand erste Hilfe zu leisten [16] . Insbesondere die Angst vor einer "Human-immunodeficiency-virus-(HIV-)Infektion" durch Mund-zu-Mund-Beatmung unbekannter Kollaps-opfer wurde zunächst hierfür verantwortlich gemacht. Dass schon diese Annahme nicht unbedingt der Realität entspricht, zeigt eine Untersuchung aus Boston, die eine weit höhere Ersthilferate fand, wenn sich Helfer und Opfer nicht persönlich kannten (46%), als wenn Freunde oder Familienangehörige Zeuge des Kollapsereignisses waren (16%) [17] . Nichtsdestoweniger wurde in den vergangenen Jahren die Infektionsangst als gewichtiges Argument dafür ins Feld geführt, auf eine Beatmung während der ersten Minuten einer CPR gänzlich zu verzichten und Laien lediglich in der Durchführung der Thoraxkompression zu unterrichten [3, 4] . Andere Vorteile dieses Vorgehens lassen sich allerdings nicht einfach von der Hand weisen: Die Laienausbil- Eine Dekade nach Beginn der Diskussion, ob die Beatmung durch Laienreanimation in den ersten Minuten verzichtbar sei, wird der Informationsstand zum Thema aktualisiert und kommentiert. Tierexperimente und eine prospektive randomisierte Patientenstudie hatten zunächst nahe gelegt, dass eine Beatmung unter diesen Umständen ohne Folgen für das individuelle Outcome unterbleiben könne. Die Analyse der neueren Literatur jedoch zeigt, dass Thoraxkompressionen ohne Beatmung der standardmäßigen kardiopulmonalen Reanimation ("cardiopulmonary resuscitation", CPR) in keinem Fall überlegen sind, und nur in sehr speziellen Szenarien gleichwertig sein könnten. Anstatt bewährte Bausteine der "Basic-life-support-" (BLS-) Ausbildung und -Praxis in Frage zu stellen, sollte eine weitere Verbesserung der Ausbildung von Laien und professionellen Rettern angestrebt werden, sowie die durch Leitstellenpersonal geführte Telefon-CPR evaluiert und, bei Nachweis einer Verbesserung des Outcomes, diese auch forciert eingesetzt werden. Zukünftige Studien sollten sich weniger auf die Abschaffung als auf die Optimierung der Beatmung unter den spezifischen Bedingungen der CPR konzentrieren. Kardiopulmonale Reanimation · Basic-life-support · Beatmung · Laienreanimation Abstract A decade after the onset of a discussion whether ventilation could be omitted from bystander basic life support (BLS) algorithms, the state of the evidence is reevaluated. Initial animal studies and a prospective randomized patient trial had suggested that omission of ventilation during the first minutes of lay cardiopulmonary resuscitation (CPR) did not impair patient outcomes. More recent studies demonstrate, however, that this may hold true only in very specific scenarios, and that the chest compression-only technique was never superior to standard BLS. Instead of calling basics of BLS training and practice in-to question, more and better training of lay persons and professionals appears mandatory, and targeted use of dispatcher-guided telephone CPR should be evaluated and, if it improves outcome, it should be encouraged. Future studies should focus much less on the omission but on the optimization of ventilation under the specific conditions of CPR. Cardiopulmonary resuscitation · Basic life support · Mechanical ventilation · Bystander "Topless" cardiopulmonary resuscitation. Fashion or science? dung mit einer alleinigen Thoraxkompression ließe sich wesentlich vereinfachen [3], und die Zeit bis zum Wiedereinsetzen eines myokardialen und zerebralen Minimalkreislaufs könnte verkürzt werden. So hatte die Belgian Cerebral Resuscitation Study Group bereits 1989 bei Analyse der Daten ihres Registers bei Laienersthilfe im Sinne einer kompletten CPR 16% Überlebende gefunden, aber immerhin auch 15% nach alleiniger Thoraxkompression [15] . Vier Jahre danach aktualisierte die belgische Gruppe allerdings diese Beobachtung noch einmal [28] und beschrieb nun 885 Patienten ihres Registers mit Laienreanimation nach außerklinischem Kreislaufstillstand. Von diesen hatten 52% korrekte und komplette Erstmaßnahmen erhalten, 31% hingegen nur Thoraxkompressionen. Trotz vergleichbarer Häufigkeit von Kammerflimmern (45% vs. 43%) im initialen Elektrokardiogramm (EKG) dieser beiden Kollektive fand sich nun eine Langzeitüberlebensrate (wach 14 Tage nach CPR) in der Gruppe mit korrekter und kompletter Ersthelferreanimation von 16%, in der Gruppe mit alleiniger Thoraxkompression jedoch nur von 10%. Trotz der neueren, 1993 publizierten Ergebnisse referiert Kern in seinem Review [31] nur die älteren Daten des belgischen CPR-Registers, um eine Äquivalenz der beiden Vorgehensweisen zu postulieren. Bis 2000 hatten allerdings auch tierexperimentelle Studien stattgefunden, die die Folgen einer "Nichtbeatmung" für das Reanimationsergebnis an Schweinen mit induziertem Kammerflimmern untersuchten. Dabei zeigte sich zunächst kein Unterschied hinsichtlich des Wiedereinsetzens eines spontanen Kreislaufs, ob nun die Tiere in den ersten Minuten der CPR ventiliert wurden oder nicht [10, 11] . Vergleichbare Experimente derselben Gruppe in einem Schweinemodell mit primär asphyktisch induziertem Kreislaufstillstand hingegen konnten dies nicht mehr reproduzieren: Überlebensrate und neurologische Erholung waren eindeutig schlechter bei den zunächst 8 min lang ohne Beatmung reanimierten Tieren als bei den sofort mit Thoraxkompressionen und Beatmung behandelten Tieren [13] . Solche Ergebnisse aus ein-und derselben Arbeitsgruppe machten bereits deutlich, dass die Unterlassung der Beatmung H i e r s t e h t e i n e A n z e i g e T h i s i s a n a d v e r t i s e m e n t durch den Ersthelfer je nach Ätiologie des Kreislaufstillstands entweder gleichwertig ist (Kammerflimmern) oder aber ein schlechteres Outcome nach sich zieht (Asphyxie) [8, 12, 13] . Doch selbst im Modell des Kammerflimmerns zeigen spätere Untersuchungen dann eine schlechtere Defibrillierbarkeit bei Tieren, die gar nicht ventiliert wurden, wenn sie (als Simulation von Ersthelfermaßnahmen) inspiratorische Gaskonzentrationen erhielten, wie sie bei Mund-zu-Mund-Beatmung zu erwarten sind (17% Sauerstoff, 4% Kohlendioxid) [23] . Bereits gleichzeitig mit der tierexperimentellen Evaluation der neuen Idee wurde eine prospektiv randomisierte Studie an Patienten im Emergency Medical System von Seattle, Washington, initiiert [25] . Sie untersuchte das Outcome nach Laienreanimationen, die per Telefonanweisung aus der Rettungsleitstelle randomisiert entweder mit oder ohne Beatmung durchgeführt worden waren. Die Ergebnisse ließen den Schluss zu, dass die Unterlassung der Beatmung unter diesen Umständen zumindest keine negativen Auswirkungen auf das Überleben hatte (Entlassungsraten: 14,6% nach Laienreanimation ohne Beatmung, 10,4% nach Standard-CPR; p=0,18; . Tabelle 1). Bemerkenswert an der Seattle-Studie waren folgende Tatsachen: Die Instruktion zur Standard-CPR dauerte durchschnittlich 1,4 min länger als die Instruktion zur alleinigen Thoraxkompressionen. [32] . Tiere mit abgeklemmtem Tubus hatten zwar niedrigere p a O 2 -und erhöhte pCO 2 -Werte als unter Standard-CPR, andererseits hatten sie dafür höhere Koronarperfusionsdrücke. Die Überlebensraten der Gruppen in Kerns Studie unterschieden sich dementsprechend auch nicht. Bei Thoraxkompressionen mit abgeklemmtem Tubus wird nicht nur Einund Ausstrom von Atemgas verhindert, es kommt dabei auch zu hohen intrapulmonalen Drücken. An sich ist das Prinzip bereits seit den Publikationen zur "Hustenreanimation" bekannt: Während Kammerflimmerns kann durch Hustenstöße eine Minimalzirkulation über ca. 100 s aufrechterhalten werden [19, 26] . Auch ein durch zyklische externe Thoraxkompressionen erzeugter positiver Atemwegsdruck kann so einen antegraden Blutfluss von den pulmonalen Gefäßen durch das linke Herz in die Aorta unterstützen [43] . Kerns Modell der Thoraxkompression mit abgeklemmtem Tubus [32] ist mit der Situation eines nichtintubierten Patienten während einer Ersthelferreanimation in keiner Weise vergleichbar. Realitätsnäher als dieses Protokoll ist ein Ersthelferszenario von Thoraxkompressionen ohne Ventilation, aber mit unbehinderten Atemwegen. Hier belegen einige neuere Arbeiten die direkten, keineswegs nur günstigen Effekte der Thoraxkompressionen auf die Lungen: Eine Untersuchung am Rattenmodell zeigte, dass Tiere, die ohne Ventilation reanimiert wurden, nach einer 20-minütigen CPR einen signifikant höheren Lungenwassergehalt aufwiesen als Tiere, bei denen die Bewegung von Atemgas ermöglicht wurde [30] . Mit einer neuen radiologischen Technik, der dynamischen Computertomographie, konnte ferner die Entstehung von Atelektasen während Herzkreislaufstillstand und CPR unter verschiedenen Beatmungstechniken nicht nur nachgewiesen, sondern auch quantifiziert werden [37, 38] . Bei Tieren, die während BLS-Maßnahmen nicht ventiliert wurden, ließ sich eine rasche und dramatische Zunahme von Atelektasen nachweisen. Nach 3-min-Thoraxkompression ohne Ventilation betrug der Anteil atelektatischer Alveolarfläche am gesamten Lungenquerschnitt 48% [38] . Den Zustand nach etwa 8 min zeigt . Abb. 1a (Atelektaseanteil: 73%) [37] . Die entsprechenden Atelektaseanteile waren in einer volumenkonstant beatmeten Kontrollgruppe (Standard-CPR) signifikant geringer (nach 3-min-BLS 18%; nach 8 min 39%; . Abb. 1b). Die Atelektasenzunahme bei Unterlassen der volumenkonstanten Beatmung wirkte sich nicht nur nachteilig auf den pulmonalen Gasaustausch aus; der reduzierte intrapulmonale Druck beinträchtigte auch den koronaren Perfusionsdruck der nichtventilierten Tiere unter Reanimation [38] . Wesentliche Studien zum "idealen" Tidalvolumen sind bereits in die neuen internationalen Leitlinien im Jahr 2000 eingegangen [1]. Demnach wird ein reduziertes Tidalvolumen von 6-7 ml/kg KG (entsprechend 500 ml beim Erwachsenen) im Vergleich zu 10 ml/kg KG (entsprechend 1.000 ml beim Erwachsenen) empfohlen, sofern eine F I O 2 >0,4 gewährleistet werden kann. Diese Modifikation beruht v. a. auf der Überlegung, dass bei ungesicherten Atemwegen ein zu hohes Tidalvolumen leichter zu wiederholter gastraler Luftinsufflation führen kann, was wiederum die Ventilation behindern und damit einen Circulus Vitiosus einleiten kann [46] . Ein reduziertes Tidalvolumen generierte im Tierversuch bei einer F I O 2 von 1,0 physiologische arterielle Blutgaswerte [48] . In einer prospektiven Patientenstudie zeigte sich bei Reduktion des Tidalvolumens von 1,0 auf 0,5 l (F I O 2 =1,0) ebenfalls kein signifikanter Unterschied in der Oxygenierung während erweiterter lebensrettender Maßnahmen [35] . Bei Mund-zu-Mund-Beatmung hingegen, die nur eine verringerte inspiratorische Sauerstoffkonzentration gewährleisten kann, wird nach wie vor das höhere Tidalvolumen (1.000 ml für Erwachsene, entsprechend ca. 10 ml/kg KG) empfohlen (. Abb. 3) [44] Im Rahmen des formalen BLS-Trainings erscheint es daher nicht schlüssig, einem Ersthelfer zu vermitteln, dass einerseits eine Mund-zu-Mund-Beatmung mit einem Tidalvolumen von 500 ml beim Erwachsenen im Rahmen der CPR keine ausreichende Oxygenierung gewährleistet, andererseits alleinige Thoraxkompressionen völlig ohne Beatmung eine Alternative darstellen. Letztere wird auch von AHA/ILCOR lediglich als Notlösung im Fall einer telefonisch instruierten Laienreanimation oder bei Ablehnung bzw. Unvermögen des Ersthelfers zur Mund-zu-Mund-Beatmung akzeptiert [1]. Auch die Aussage "adequate oxygen exists within the blood during at least the first 10 min of cardiac arrest" ist, nüchtern betrachtet, nicht durch valide Daten belegt [31] . Weder initiale Höhe noch Zeitverlauf des Abfalles des arteriellen Sau-erstoffgehaltes sind unter den klinischen Bedingungen von Kreislaufstillstand und Reanimation vorhersagbar oder gar Konstanten. Sie hängen auch in diesem Szenario von inspiratorischer Sauerstoffkonzentration (z. B. 100%, Raumluft oder 17%), Hämoglobinkonzentration und O 2 -Bindungskurve, von alveolärer Ventilation und Hämodynamik, Ventilations-Perfusions-Verteilung in der Lunge, von Sauerstoffverbrauch, Temperatur etc. ab. Die Physiologie ist auch unter Reanimationsbedingungen nicht außer Kraft. Zwar konnten Chandra et al. bei Hunden allein mithilfe von Thoraxkompressionen unter Raumluft eine aortale Sättigung von >90% über >4 min aufrechterhalten. Sie dokumentierten aber auch, dass die Thoraxkompressionen per se bei dieser Spezies bereits zu einer "Begleitventilation" von >5 l/min führten [18] . Im Schweinemodell führten ferner Thoraxkompressionen ohne Beatmung, aber mit O 2 -Insufflation via Endotrachealtubus in der Tat zu vergleichbaren Reanimationsergebnissen wie Standard-CPR [40] . Beide Arbeiten können jedoch nicht ernsthaft als Beleg dafür herangezogen werden, man könne in der außerklinischen Laienreanimation generell die Beatmung unterlassen, im Vertrauen darauf, die Atemwege obstruierten nicht und der Effekt supplementären Sauerstoffs wäre irrelevant. Tatsächlich kommt es unter effektiver Thoraxkompression ohne Beatmung (okkludierte Inspiration, d. h. wirklich nur "oxygen within the blood") in weniger als 60 s zu einem Abfall der arteriellen Sauerstoffsättigung auf <25% (. Abb. 4) [23] Ein sicherlich nicht zu vernachlässigendes Problem bei der Übertragung gelehrter Leitlinien auf die reale Notfallsituation stellt ihre praktische Umsetzung durch Laien oder professionelles Personal dar. Selbst bei professionellen Rettungsdienstangehörigen wiesen Liberman et al. eine nur sehr unzureichende Durchführung der CPR-Techniken nach. So wurde z. B. in 49% der Fälle ein geringeres Tidalvolumen appliziert, als zu dieser Zeit nach internationalen Leitlinien gefordert war [36] . In einer aktuelleren Studie zeigte sich im Gegensatz zu den Leitlinienvor-gaben eine signifikante Hyperventilation der Reanimationspatienten durch professionelle Reanimationsteams; dies dürfte -zumindest nach tierexperimentellen Ergebnissen -das Risiko eines schlechteren Outcome mit sich bringen [5] . Die unzureichende praktische Umsetzung von Reanimationsleitlinien, insbesondere der technisch schwierigeren Beatmungsmaßnahmen, mag daher nicht unwesentlich daran beteiligt sein, dass der Nutzen der Beatmung im Rahmen von Ersthelfermaßnahmen zunehmend in Frage gestellt wird. Statt aber die Ausbildung in der Ersthelferbeatmung zu verlassen, sollte stattdessen das Ausbildungskonzept für interessierte Laien und den professionellen Rettungsdienst weiter verbessert werden. Im Bereich der Intensivmedizin hat sich die Beatmungstherapie in den letzten 10 Jahren wesentlich weiterentwickelt. [29] . Unter CPR mit IPPV kommt es zu zyklischem Alveolarkollaps und -rekruitment innerhalb jedes Beatmungszyklus [37, 38] . Daraus lässt sich schließen, dass dabei die intrapulmonale Shuntfraktion und pulmonalvaskuläre Widerstandsverhältnisse ebenfalls zyklisch variieren. Folgerichtig liess sich mithilfe der Multiplen-Inertgas-Eliminationstechnik zeigen, dass eine Kombination aus CPAP und druckunterstützter Beatmung (PSV) während der Thoraxdekompressionsphasen ein besseres Ventilation/Perfusions-Verhältnis im Vergleich zu alleinigem CPAP oder konventioneller volumenkonstanter Beatmung gewährleistete [34] . Zu diesem Themenkomplex sind zweifelsohne weitere Studien notwendig, die die Auswirkung der verschiedenen Einflussfaktoren (z. B. optimale Beatmungsmuster und -drücke) auf Oxygenierung und Perfusion vitaler Organe eingehend untersuchen. Auch 5 Jahre nach der letzten Standortbestimmung findet sich keine Tier-oder Humanstudie, die schlüssig nachweisen könnte, dass in einem Ersthelferszenario alleinige Thoraxkompressionen ohne Beatmung Überlebensvorteile bieten gegenüber dem konventionellen Vorgehen nach aktuellen internationalen BLS-Richtlinien. Vielmehr lassen sich für durchaus häufige Szenarien (asphyktischer Kreislaufstillstand, niedrige F I O 2 ) sogar eindeutig schlechtere Reanimationsergebnisse belegen, wenn nicht auch beatmet wird. Damit gibt es bislang keine Evidenz, die ein Abweichen von den bisherigen Empfehlungen in der BLS-Ausbildung und in der BLS-Praxis ausgebildeter Ersthelfer nahe legt. Unbestritten bleibt lediglich, dass für den nichtausgebildeten Ersthelfer alleinige Thoraxkompressionen immer noch eine bessere Erste-Hilfe-Alternative darstellen als gar nichts zu tun. Für den in BLS ausgebildeten Ersthelfer hingegen ist diese Alternative nachweislich nicht besser und häufig schlechter als der derzeit gültige BLS-Standard. Die Reanimation durch untrainierte, vom Disponenten über Telefon instruierte Ersthelfer kann dagegen ein sinnvolles, ganz spezifisches Einsatzgebiet der Technik "Thoraxkompressionen ohne Beatmung" darstellen, wenngleich der Nutzen der Methode noch nicht signifikant, zweifelsfrei und reproduzierbar nachge-wiesen ist [1]. Die Instruktion nicht ausgebildeter Hilfswilliger via Telefon sollte dabei gerade nicht im Kontext der BLS-Ausbildung gesehen werden. Vielmehr sollte die Kurzinstruktion per Telefon als Baustein in das "Advanced-life-support-(ALS-)Repertoire" der Leitstellen-Disponenten/Dispatcher integriert werden: Das (Video-)Telefon wäre dann ein technisches ALS-Hilfsmittel, das die Delegation eines unmittelbar lebensrettenden Therapieschrittes an den untrainierten Laien ermöglicht, nicht anders als der halbautomatische Defibrillator. Die Diskussion um das Thema "Beatmung in der CPR" hat also eigentlich erst begonnen. Klinik und Poliklink für Anästhesiologie, Inselspital, Universität Bern, 3010 Bern, Schweiz E-Mail: klaus.markstaller@insel.ch Optimum compression to ventilation ratios in CPR under realistic, practical conditions: a physiological and mathematical analysis Role of mouth-to-mouth rescue breathing in bystander cardiopulmonary resuscitation for asphyxial cardiac arrest Bystander cardiopulmonary resuscitation. Is ventilation necessary? Assisted ventilation during "bystander" CPR in a swine acute myocardial infarction model does not improve outcome Assisted ventilation does not improve outcome in a porcine model of singlerescuer bystander cardiopulmonary resuscitation Simulated mouth-to-mouth ventilation and chest compressions (bystander cardiopulmonary resuscitation) improves outcome in a swine model of prehospital pediatric asphyxial cardiac arrest Bystander" chest compressions and assisted ventilation independently improve outcome from piglet asphyxial pulseless "cardiac arrest Adverse hemodynamic effects of interrupting chest compressions for rescue breathing during cardiopulmonary resuscitation for ventricular fibrillation cardiac arrest Evaluation of cardiopulmonary resuscitation (CPR) techniques. The Cerebral Resuscitation Study Group Determinants of physician reluctance to perform mouth-to-mouth resuscitation A comparison of cardiopulmonary resuscitation rates of strangers versus known bystanders Observations of ventilation during resuscitation in a canine model Modifications of cardiopulmonary resuscitation based on the cough Kardiopulmonale Reanimation "oben ohne Effectiveness of ventilation-compression ratios 1:5 and 2:15 in simulated single rescuer paediatric resuscitation Quality of CPR with three different ventilation: compression ratios Oxygen delivery and return of spontaneous circulation with ventilation: compression ratio 2:30 versus chest compressions only CPR in pigs Quality of cardiac massage with ratio compression-ventilation 5/1 and 15/2 Cardiopulmonary resuscitation by chest compression alone or with mouth-to-mouth ventilation Self-administered hyperventilation cardiopulmonary resuscitation for 100 s of cardiac arrest during Holter monitoring Cardiopulmonary resuscitation: effect of CPAP on gas exchange during chest compressions Quality and efficiency of bystander CPR Aspiration in transtracheal oxygen insufflation with different insufflation flow rates during cardiopulmonary resuscitation in dogs Precordial compression without airway management induces lung injury in the rodent cardiac arrest model with central apnea Cardiopulmonary resuscitation without ventilation Efficacy of chest compression-only BLS CPR in the presence of an occluded airway An analysis of the efficacy of bag-valve-mask ventilation and chest compression during different compression-ventilation ratios in manikin-simulated paediatric resuscitation Decompression-triggered positive-pressure ventilation during cardiopulmonary resuscitation improves pulmonary gas exchange and oxygen uptake Arterial blood-gases with 500-versus 1000-ml tidal volumes during out-of-hospital CPR Cardiopulmonary resuscitation: errors made by pre-hospital emergency medical personnel Dynamic computed tomography: a novel technique to study lung aeration and atelectasis formation during experimental CPR Vergleich unterschiedlicher Beatmungsstrategien während experimenteller kardiopulmonaler Reanimation mittels ultraschneller p a O 2 Messung und dynamischer Lung density distribution in dynamic CT correlates with oxygenation in ventilated pigs with lavage ARDS Mechanical ventilation may not be essential for initial cardiopulmonary resuscitation Reappraisal of mouth-to-mouth ventilation during bystander-initiated CPR Survival and neurologic outcome after cardiopulmonary resuscitation with four different chest compression-ventilation ratios The mechanism of blood flow in cardiopulmonary resuscitation -introducing the lung pump The effects of different mouth-to-mouth ventilation tidal volumes on gas exchange during simulated rescue breathing Does the compression to ventilation ratio affect the quality of CPR: a simulation study Effects of smaller tidal volumes during basic life support ventilation in patients with respiratory arrest: good ventilation, less risk Die neuen internationalen Richtlinien zur kardiopulmonalen Reanimation. Eine Analyse und Kommentierung der wichtigsten Änderungen Effects of half the tidal volume during cardiopulmonary resuscitation on acid-base balance and haemodynamics in pigs