key: cord-0033925-x10908wi authors: Graul, Annette; Keller-Stanislawski, Brigitte title: Hämovigilanz von Blutkomponenten Meldungen an das Paul-Ehrlich-Institut vom 1.1.1995 bis zum 15.11.1998: Meldungen an das Paul-Ehrlich-Institut vom 1.1.1995 bis zum 15.11.1998 date: 1999 journal: Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz DOI: 10.1007/s001030050075 sha: df2f7db6cfa99b3ebbf36b974eccd1d6e033ed66 doc_id: 33925 cord_uid: x10908wi In Germany cellular blood products are a licensed medicinal product. In the following we would like to present the reporting procedure, analysis and evaluation of suspected cases from spontaneously recorded data. During the time period from 1.1.95 until 1.1. 98 a total of 1488 suspected adverse events were reported in connection with cellular blood products and fresh plasma. In 1270 (85.34%) of these case reports viral transmissions were implicated, in 187 (12.56%) immunological transfusion reactions and in 31 (2.06%) bacterial infections. The case reports concerning viral transmission were further evaluated in a look-back-procedure according to the guidelines of the „Arbeitskreis Blut”, a working party on acute issues arising in the transfusion medicine area. In 864 (68%) of the 1270 cases the causality of the blood product could be excluded by re-testing the donor. In 118 cases (9.3%) infectious donors were subsequently identified; 21 were HIV-, 81 HCV- and 16 HBV transmissions. The reports were decoded according to year of treatment to differentiate those cases that occurred before the introduction of mandatory donor screening from those that occurred afterwards. 51 transmissions arose from the time prior to screening for viral antibodies. A total of 67 cases (3 HIV, 48 HCV, 16 HBV) can be traced back to the diagnostic window of each infection. In Germany transfusion reactions are most likely to be underreported compared to France or theUnited Kingdom. The frequency of infections that arose from cellular blood products is comparable to the remaining risk described in scientific literature. nach hat der Zulassungsinhaber nichtschwerwiegende Verdachtsfälle in Abständen von fünf Jahren mitzuteilen. Für Arzneimittel, die gemäß den Übergangsbestimmungen des AMG als zugelassen gelten (sogenannte fiktiv zugelassene Arzneimittel), gilt das Datum der Nachzulassung als Fristenbeginn für die fünfjährige Berichtspflicht. Da die Dunkelziffer hinsichtlich der Meldungen von Verdachtsfällen unerwünschter Arzneimittelwirkungen im Rahmen der Spontanerfassung bekanntermaßen hochselbst lebensbedrohliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen werden im Mittel nur von jedem fünften Arzt gemeldet -stellt die Zusammenstellung der dem PEI gemeldeten Verdachtsfälle aus den Jahren 1995-1998 (Stand 15.11.1998) nur einen Ausschnitt der realen Häufigkeiten von UAW dar (Abb. 2). Seit 1.7.1998 sind die Ärzte nach dem Transfusionsgesetz gesetzlich verpflichtet,Verdachtsfälle schwerwiegender unerwünschter Arzneimittelwirkungen der Bundesoberbehörde unverzüglich direkt zu melden, so daß zu erwarten ist, daß die Grauzone der aufgetretenen und nicht Zelluläre Blutprodukte und Frischplasma zu Therapiezwecken sind in Deutschland zulassungspflichtige Arzneimittel. Daher gelten auch für die labilen Blutprodukt die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes (AMG). Alle Verdachtsfälle schwerwiegender unerwünschter Arzneimittelwirkungen (Übersicht 1) und Wechselwirkungen mit anderen Mitteln (UAW) sind nach § 29 AMG innerhalb von 15 Tagen nach Bekanntwerden durch den pharmazeutischen Unternehmer (PU) dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) anzuzeigen (Abb. 1). Verdachtsfälle nicht-schwerwiegender UAW sind in periodischen Zeitabständen, zunächst halbjährlich in den ersten beiden Jahren nach der Zulassung und jährlich in den folgenden drei Jahren, vorzulegen. Da-Bundesgesundheitsbl -Gesundheitsforsch -Gesundheitsschutz 2·99 | 143 In Germany cellular blood products are a licensed medicinal product.In the following we would like to present the reporting procedure, analysis and evaluation of suspected cases from spontaneously recorded data.During the time period from 1.1.95 until 1.1.98 a total of 1488 suspected adverse events were reported in connection with cellular blood products and fresh plasma.In 1270 (85.34%) of these case reports viral transmissions were implicated, in 187 (12.56%) immunological transfusion reactions and in 31 (2.06%) bacterial infections.The case reports concerning viral transmission were further evaluated in a look-back-procedure according to the guidelines of the "Arbeitskreis Blut", a working party on acute issues arising in the transfusion medicine area.In 864 (68%) of the 1270 cases the causality of the blood product could be excluded by re-testing the donor.In 118 cases (9.3%) infectious donors were subsequently identified; 21 were HIV-, 81 HCV-and 16 HBV transmissions.The reports were decoded according to year of treatment to differentiate those cases that occurred before the introduction of mandatory donor screening from those that occurred afterwards.51 transmissions arose from the time prior to screening for viral antibodies.A total of 67 cases (3 HIV, 48 HCV, 16 HBV) can be traced back to the diagnostic window of each infection.In Germany transfusion reactions are most likely to be underreported compared to France or theUnited Kingdom.The frequency of infections that arose from cellular blood products is comparable to the remaining risk described in scientific literature. Zur Feststellung der möglichen Infektion beim Spender wird der Spender nicht auf Antikörper, sondern auf HBs-Antigen untersucht. Grund hierfür ist, daß die Antikörper in der Regel jahrelang erhalten bleiben, auch wenn eine Virämie nicht mehr besteht. Daher darf ein Spender nach derzeit geltenden nationalen Kausalitätsbewertung der wichtigsten Infektionen ist in Tabelle 1 dargestellt. Ein Restrisiko bei der Übertragung von Blutkomponenten besteht insbesondere für die Infektionen, die mit einer Virämie langfristig persistieren, ohne daß klinische Symptome beim Spender auftreten und die aufgrund der Zeitspanne zwischen Virämie und dem Auftreten von Antikörpern (diagnostisches Fenster) nicht durch Antikörpertestung des Spenders erkannt werden. Die Infektion mit HIV wird durch den Antikörpertest bei der Blutspende festgestellt. Das diagnostische Fenster konnte auf Grund der Weiterentwicklung der Antikörpertests der 3. Generation in den letzten Jahren immer mehr verkürzt werden. So wurde es bei Tests der 1. Generation noch mit durchschnittlich 45 Tagen angegeben [1] Die Diagnose der HCV-Infektion ist durch den Nachweis von Anti-HCV in der späten akuten Phase der Infektion und in der persistierenden Phase möglich. gemeldet worden. In 81 Fällen (12,08%) wurde der Spender nachträglich als Anti-HCV positiv getestet. In 33 Fällen lag die Spende vor Einführung der Anti-HCV-Testung. In 48 der 670 berichteten Übertragungen (7,16%) erfolgte die Infektion wahrscheinlich auf Grund des diagnostischen Fensters. Weitere transfusionsmedizinisch relevante Viren sind Hepatitis A, Humanes Parvovirus B19, Cytomegalie-Virus, das Epstein-Barr-Virus, Humane Herpes-Viren 6-8, Humanes T-Zell-Leukämie-Virus Typ I und II, Hepatitis-D-Virus, Hepatitis-G-Virus, Hepatitis-E-Virus. Im folgenden werden nur noch die Infektionen beschrieben, zu denen dem Paul-Ehrlich-Institut Verdachtsfälle von Übertragungen durch zelluläre Blutprodukte berichtet wurden. Das Virus wurde 1995 identifiziert und zeigt eine enge Verwandtschaft zu dem Hepatitis-C-Virus [8] . Die klinische Relevanz dieses Virus ist noch nicht bekannt. 1-2% der Bevölkerung und der Blutspender trägt dieses Virus, ohne die Zeichen einer Erkrankung zu zeigen [9] . Dem PEI sind in den Jahren 1995-1998 drei Verdachtsfälle einer HGV-Infektion bekannt geworden. In keinem Fall konnten beim Spender Antikörper gegen tiert, ob bei der Übertragung von zellulären Blutprodukten an gefährdete Personen nur die NAT-PCR-Testung der Spender sinnvoll ist. Der Anteil virämischer Blutspenden wird mit 1 : 2400 bis 1 : 10 000 angegeben [12] . Dem PEI sind insgesamt fünf Verdachtsfälle von Parvovirus-B19-Infektionen berichtet worden. In allen Fällen konnte auch hier der Kausalzusammenhang zu den applizierten Blutprodukten als unwahrscheinlich bewertet werden, da bei den Spendern keine Antikörper gefunden wurden. Auch die Cytomegalieinfektion stellt hauptsächlich ein Risiko für Schwangere und Immungeschwächte ein Risiko dar. Beim Immunkompententen verläuft die Primärinfektion meist unbemerkt. Cytomegalie-Viren persistieren lebenslang in Leukozyten. Dennoch ist Antikörper-positives Spenderblut nicht in allen Fällen infektiös. Die Durchseuchung in der Gesamtbevölkerung wird mit 40-100% angegeben [13] . Das Risiko einer CMV-Infektion durch nicht getestetes Spenderblut wird unter 2,7% angegeben [14] . Dem Die Übertragung einer Hepatitis A durch zelluläre Blutprodukte wurde zwar schon beschrieben [10] , ist aber ein seltenes Ereignis, da die Inkubationszeit mit nur einigen Tagen kurz ist und Antikörper neutralisierende Wirkung haben. Von 1995 bis 1998 wurden dem PEI elf Verdachtsfälle einer HAV-Infektion gemeldet. Bei allen Spendern konnten keine HAV-Antikörper nachgewiesen werden, so daß der Kausalzusammenhang als unwahrscheinlich zu bewerten ist. Das Vorhandensein dieses Virus in der Blutspende ist insbesondere für Schwangere und immungeschwächte Empfänger von Blutprodukten von Bedeutung. 40-60% der Erwachsenen haben Antikörper und sind immun [11] . Da erst ab etwa dem 12. Tag nach Infektion Antikörper nachweisbar sind, wird disku- Weniger häufig sind andere, bereits vor der Transfusion vorhandene Alloantikörper. Die Reaktion tritt während der Transfusion bzw. kurz danach auf. Die Therapie: Sofortige Beendigung der Transfusion und Schockprophylaxe. Verzögerte hämolytische Reaktionen treten im Laufe von Tagen nach der Transfusion auf [17] . Symptome sind zumeist leicht mit Fieber, Hb-Abfall, Ikterus. Schwerere Reaktionen mit akutem Nierenversagen oder ein tödlicher Ausgang sind Raritäten.Auslösend sind erythrozytäre Alloantikörper z.B. Kell, Rh, Kidd, Duffy, die zum Zeitpunkt der Transfusion nur in einer geringen Konzentration vorlagen (nicht meßbar, negative Kreuzprobe), sind also unvermeidbar. In den meisten Fällen ist eine Therapie nicht erforderlich (bei schweren Reaktionen Therapie wie bei der hämolytischen Sofortreaktion). Dem PEI sind 1995-98 insgesamt 51/187 hämolytische Transfusionsreaktionen (27,27%) gemeldet worden. Graft-versus-host-Krankheit (sehr selten) wird bei Immunsupprimierten und Blutsverwandten nach Übertragung von proliferationsfähigen Lymphozyten beobachtet. Es kommt zu einer massiven Produktion von Zytokinen. Symptome sind Exanthem, Fieber, Diarrhö, Hepatitis und Markdepression mit hoher Letalität. GVHD läßt sich durch Bestrahlung der Blutprodukte mit 30 Gy verhindern. Sie sind insgesamt sehr selten. Dem PEI wurde bisher ein Fall gemeldet. Urtikarielle Hautreaktion und milde allergische Reaktionen kommen bei bis zu 1-3% der Transfusionen vor. Gerenalsierungen werden selten beobachtet. Posttransfusionspurpura sieben bis zehn Tage nach der Transfusion durch plättchenspezifische Alloantikörper mit isolierter Thrombozytopenie, Petechien und Blutungsneigung werden Häufigkeit der Parvovirus B 19 Infektionen. Seroepidemiologische Untersuchungen Durch Blut übertragene Infektionskrankheiten Complement-fixing antibodies against CMV in different parts of the world The risk of cytomegalovirus infection in seronegative transfusion recipients not receiving exogenous immunosuppression Transfusion-associated bacterial sepsis ed) Sem Immunemediated cell destruction Nichtinfektiöse unerwünschte Wirkungen Manchester Blood Center selten beobachtet. Berichte über urtikarielle Hautreaktionen und Posttransfusionspurpura sind dem PEI bisher nicht mitgeteilt worden. Anaphylaktische Reaktionen sind äußerst selten. Ursächlich sind zumeist Antikörper gegen IgA und Plasmaproteine Sie tritt fast ausschließlich nach Plasma auf, das granulozytenspezifische Alloantikörper enthält. In den meisten Fällen kommen die Antikörper vom Spender und reagieren mit den Granulozyten des Empfängers, seltener findet sich eine Reaktion von Antikörpern des Empfängers mit Granulozyten des Spenders.Als Pathomechanismus wird diskutiert: die Transmigration aktivierter Granulozyten (antikörperbeladene Granulozyten) in der Lunge, Kapillarschädigung und Generalisierung durch Freisetzung von Proteasen, Zytokinen und/oder Superoxide, Kapillarwandschädigung und Hyperpermeabilität, die zu einer respiratorischen Insuffizienz führen Präparate ein TRALI ausgelöst haben und leukozytäre Antikörper aufweisen, sind zu sperren. Dem PEI sind 1995-1997 insgesamt 15 Verdachtsfälle einer TRALI Duration of time from onset of human immunodeficiency virus type 1 infectiousness to developement of detectable antibody.The HIV sero conversion Study Group Time course of detection of viral and serologic markers preceding human immunodeficiency virus type 1 seroconversion: implications for screening of blood and tissue donors The risk of transfusion-transmitted viral infections Seroconversion of HIV, HCV and HBV in blood donors in 1996 -risk of virus transmission by blood products in Germany Posttransfusion hepatitis B Effect of concurrent acute infection with hepatitis C virus on acute hepatitis B virus infection Declining value of alanineaminotransferase in screening of blood donors to prevent posttransfusion hepatitis B and C virus infection Isolation of novel virus-like sequences associated with human hepatitis The cloning and clinical implications of HGV and HGBV-C Transmission of hepatitis A by transfusion of blood products Das Look-back-Verfahren, wie es vom Arbeitskreis Blut empfohlen wird, stellt ein bewährtes Verfahren mit einer hohen Compliance dar. Im Bereich der immunvermittelten unerwünschten Transfusionsreaktionen und der bakteriologisch parasitären Infektionen ist auf Grund von Daten aus der Literatur und einem Vergleich von Meldungen aus Großbritannien und Frankreich von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Konzepte zur Verbesserung der Meldepraxis sollten zwischen den Beteiligten,Vertretern der behandelnden Ärzte, pharmazeutischen Unternehmern und der Behörde entwickelt werden.