key: cord-0032178-ndo2219w authors: Novosel, Suncana; Prangenberg, Christian; Wirtz, Dieter C.; Burger, Christof; Welle, Kristian; Kabir, Koroush title: Klimawandel: Wie die Chirurgie zur Erderwärmung beiträgt date: 2022-02-09 journal: Chirurgie DOI: 10.1007/s00104-021-01551-1 sha: 5e44edf340d03713c210c75f23311d220f043dfc doc_id: 32178 cord_uid: ndo2219w BACKGROUND: Surgery as an important part of the healthcare sector contributes to environmental pollution and therefore to the climate crisis. The aim of this review is to create an overview of the current data situation and possibilities for improvement. METHODS: A literature search was performed in PubMed/MEDLINE using the following five terms: “carbon footprint and surgery”, “climate change and surgery”, “waste and surgery” and “greening the operating room” focusing on energy, waste, water and anesthesia. RESULTS: The greatest part of emissions in surgery is generated by the use of energy. The operating rooms (OR) need 3–6 times more energy than the other hospital rooms. Of the total hospital waste 20–30% is produced during operations, which is particularly due to the increasing use of disposable articles and 50–90% of waste classified as hazardous is incorrectly sorted. The disposal of this waste is not only more environmentally harmful but also much more expensive. The processing of surgical items by autoclaving consumes large amounts of water. Modern sterilization methods, for example using plasma could be future alternatives. Up to 20% of volatile nonmetabolized anesthetic agents are vented into the stratosphere and destroy the ozone layer. Intravenous anesthetic drugs should be used whenever possible instead. The choice of operating method can also contribute to the environmental impact of an operation. CONCLUSION: The surgical disciplines are a relevant producer of environmental pollutants. Through diverse interdisciplinary approaches surgery can also contribute to protecting the environment. Es erfolgte eine strukturierte Literaturrecherche mit dem Versuch, den Einfluss der Chirurgie auf das Klima unter unterschiedlichen gesamtökologischen Aspekten zu beleuchten. In PubMed/MEDLINE wurden die Begriffe "carbon footprint and surgery", "climate change and surgery", "waste and surgery" sowie "greening the operating room" eingegeben. Insgesamt wurden 433 Publikationen aus den Jahren 2000 bis 10/2020 gefunden. Nach Sichtung von Titelnund Abstracts wurden51 reinenglischund deutschsprachige Veröffentlichungen für die Analyse herangezogen (. Abb. 1). Schwerpunkt wurde auf die Themenkomplexe Energie, Abfall, Wasser, Anästhesie und Operationsmethoden gelegt. Zusätzlich wurden Referenzen aus den primär ermittelten Artikeln verwendet. Ziel ist es, ein Bewusstsein für das Thema im Gesundheitssektor zu schaffen. Krankenhäuser in den westlichen Staaten sind mit einer dauerhaften Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger Medizin sehr energieaufwendig. In den USA und Australien sind sie diejenigen öffentlichen Gebäude mit dem zweithöchsten Stromverbrauch nach Lebensmittelgeschäften [6] . Energie in jedweder Form macht ca. 50 % des ökologischen Fußabdruckes des Gesundheitssektors aus. 13 % entstehen dabei unmittelbar in den Krankenhäusern, der Rest wird durch die Zufuhr von Gütern generiert ( [2] ; . Abb. 2). Mit 90-99 % ist der Energieverbrauch die größte CO2-Quelle im Operationssaal, was insbesondere daran liegt, dass Operationssäle 3-bis 6-mal so viel Energie wie die restlichen Krankenhausräume benötigen [4] . Widersinnigerweise sind Operationssäle im Durchschnitt 40 % der Zeit unbesetzt. In Washington, USA, versuchte das St. Peter Krankenhaus, vor allen Dingen während der unbesetzten Zeiten Energie einzusparen, indem es u. a. das Belüftungssystem in dieser Zeit ausschaltete und so den Energieverbrauch um bis zu 60 % reduzieren konnte. Ein Unterschied in der Keimlast zeigte sich dadurch nicht. Ein Temperaturanstieg um 1°im Sommer und Reduktion im Winter führte zu einer Energieeinsparung von 5 %. Weitere Einsparungen ließen sich durch den Austausch von Halogen-durch LED-Lampen erzielen mit einer Energiereduktion bis zu 49 %. Diese geben deutlich weniger Wärme ab und führen dazu, dass Klimaanlagen weniger kühlen müssen [6] . Ein weiterer brandaktueller Punkt, der auch in Deutschland eine große Rolle spielt, ist die Energiequelle. Der Gesundheitssektor der USA nutzt 25 % der gesamten fossilen Brennstoffe des Landes. Lediglich 5 % der Energie stammte Anfang der 2000er-Jahre dabei aus erneuerbaren Energien. Der Wechsel zu nachhaltigeren Energiequellen ist initial mit hohen Umstellungskosten verbunden, rentiert sich jedoch nach 20 bis 30 Jahren und das nicht nur finanziell [1] . So sollte beispielsweise der Ausbau der Solarenergie an dieser Stelle vornehmlich vorangetrieben werden. Abfall trägt neben Energie in einem hohen Maße zum Ausstoß von Emissionen bei. In den USA war der Gesundheitssektor 2007 mit 2 bis 4 Mio. Tonnen Müll der zweitgrößte Müllproduzent nach dem Ernährungssektor [7] . Die Abfallmenge im Gesundheitssystem steigt jährlich um 15 % und trägt mit über 85 % zur Vergiftung des Ökosystems bei [8] . 20-70 % des gesamten Krankenhausmülls entfallen hierbei auf den Operationssaal, wobei erstaunlicherweise 80 % bereits entstehen, bevor der Patient den Saal betritt. Eine einzelne Operation produziert durchschnittlich so viel Müll wie eine vierköpfige Familie in einer Woche [6] . Neben regulärem Hausmüll, Kunststoffen und jährlich zunehmendem Elektroabfall wird auch giftiger Biomüll im Operationssaal generiert. In den USA ist die Verbrennung speziellen medizinischen Mülls unter den Top 5 der Quecksilberquellen und Erzeugern von Dioxin [9] . Nicht nur Chirurgen, sondern auch Anästhesisten sind mit bis zu 25 % daran beteiligt [7] . Die Anästhesie im Opera- Giftiger Biomüll und toxischer Abfall Die Entsorgung giftigen Biomülls ist 10bis 25-fach teurer als die regulären Abfalls, sie ist energieaufwendig und führt, wie bereits erwähnt, zur Entstehung von toxischen Abgasen und Schwermetallen [13] . Genaue Daten bezüglich infektiösen Abfalls bei operativen Eingriffen sind konträr. Während eine Hüftarthroskopie im Durchschnitt 9,4 kg Abfall produziert, wovon mit 45,7 % der größte Anteil auf infektiösen Müll entfällt, sind es bei Kniegelenksersatzeingriffen mit durchschnittlich 13,3 kg lediglich 19,2 %. Hier fiel mit 64,5 % der größte Anteil auf normalen Hausmüll [14, 15] [26] . Länger dauernde orthopädische oder kardiologische Eingriffe können 50-100 kg Müll generieren. Eine Korrelation zwischen der Dauer der Operation und der Abfallmenge besteht nicht. Die operative Technik beeinflusst erheblich die Umweltbelastung. Modernere minimal-invasive Verfahren scheinen gegenüber offenen mehr Abfall zu generieren, wobei letztlich unklar bleibt, inwieweit dort perioperative Komplikationen und Verläufe berücksichtigt wurden [27] . Einsparmöglichkeiten bestehen un-ter anderem im Wechsel zu regionalen/ lokalen Verfahren und der Prozessoptimierung. Manchmal sind operative Verfahren gegenüber konservativen abfalltechnisch günstiger (Fundoplikation bei Reflux 30 kg CO2e vs. Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren 100 kg CO2e pro Patienten pro Jahr; [28] ). Vergleicht man unterschiedliche Therapiemöglichkeiten kann bei gleichen klinischen Ergebnissen die Produktion von Treibhausgasen als Entscheidungshilfe dienen. Reisen spielt ebenso im Gesundheitssektor eine entscheidende Rolle. In Großbritannien macht es 17% des CO2-Fußabdruckes aus, der Patiententransport sogar 50 % der direkten Emissionen. Eine Lösung hierfür, dieauchinder aktuellenPandemie genutzt wird, ist die Digitalisierung. In einer 2019 veröffentlichen Studie zeigte eine urologische Klinik, dass durch Telesprechstunden 1,04-4,04 t CO2 pro Jahr eingespart werden konnten. Als weiterer finanzieller Vorteil wurden ebenfalls 56.232  eingespart [29] . Im gesamten Krankenhaus und insbesondere in der Chirurgie ist das Thema Klimaschutz angekommen. Für die chirurgischen Disziplinen gelten wie für alle wirtschaftlichen Unternehmen die Abb. 4 8 Die 5 Rs als allgemeine Richtlinie für nachhaltigeres Handeln (eigene Darstellung). Primär sollte Abfall reduziert werden ("reduce"). Wenn dies nicht möglich ist, sollten Produkte recycelt ("recycle") oder wiederverwertet werden ("reuse"). Weitere Forschung ("research") ist ebenso eine tragende Säule, um zukünftig ökologisch freundlichere Prozesse zu implementieren. Prozessoptimierung und das Überdenken ("rethink") von Abläufen tragen weiter dazu bei gleichen nachhaltigen Konzepte, die Patientensicherheit und Hygienestandards müssen jedoch stets oberste Priorität haben. Der Gesundheitssektor unterliegt im Gegensatz zur Industrie in ökologischen Angelegenheiten noch deutlich geringeren Kontrollen [30] . Die Chirurgie steht vor enormen Herausforderungen, für die diverse Konzepte entwickelt wurden (. Tab. 1). Manche Vorschläge wie die Mitarbeiterschulungen bezüglich der richtigen Abfalltrennung können mit großer Wirkung einfach und schnell umgesetzt werden, während sich andere wie die Installation von Solarzellen auf Dächern, finanziell und strukturell aufwendiger gestalten. Organisationen wie die Health Care Without Harm, Greening the Operating Room, Practice Greenhealth oder Operating Green liefern bereits dezidierte Vorschläge. Generell kann man sich an 5 Rs orientieren (. Abb. 4). Primär sollte beispielsweise Abfall reduziert werden ("reduce"). Wenn dies nicht möglich ist, sollten Produkte recycelt ("recycle") oder wiederverwertet werden ("reuse"). Weitere Forschung ("research") ist ebenso eine tragende Säule, um zukünftig ökologisch freundlichere Prozesse wie die Plasmasterilisation zu implementieren. Prozessoptimierung und das Überdenken ("rethink") von Abläufen (s. Operationsmethoden) tragen weiter dazu bei. Die Theenergy burden and environmental impact of health services Health care's climate footprint: how the health sector contributes to the global climate crisis and opportunities for action, care without harm, arup Environmental impacts of surgical procedures: life cycle assessment of hysterectomy in the United States People, planet and profits: the case for greening operating rooms Operating room greening initiatives-the old, the new, and the way forward: a narrative review Environmental impacts of the U.S. Health care system and effects on public health Considerations for environmentally sustainable head and neck surgical oncology practice Reducing medical waste Carbon footprint in flexible ureteroscopy: a comparative study on the environmental impact of reusable and single-use ureteroscopes A life cycle assessment of reusable and singleuse central venous catheter insertion kits Reducing the carbon footprint of the operating theatre: a multicentre quality improvement report The direct environmental impact of hip arthroscopy for femoroacetabular impingement: a surgical waste audit of five cases Surgical waste audit of 5 total knee arthroplasties Should cities own and operate recycling programmes? Auditing operating room recycling: a management case report Safe options for suction canister waste Lean and green hand surgery Reducing disposableequipmentwastefortonsillectomyand adenotonsillectomy cases Verbrauchskennwerte für Gebäude -Verbrauchskennwerte für Heizenergie The green operating room: simple changes to reduce cost and our carbon footprint Workplace sustainability Strategies to reduce greenhouse gas emissions from laparoscopic surgery Environmental impact of minimally invasive surgery in the United States: an estimate of the carbon dioxide footprint Carbon footprint of robotically-assisted laparoscopy, laparoscopy and laparotomy: a comparison Modelling the carbon footprint of reflux control A prospective clinical, cost and environmental analysis of a clinician-led virtual urology clinic Environmental safety in minimal access surgery and its bio-economics Climate change: how surgery contributes to global warming Background: Surgery as an important part of the healthcare sector contributes to environmental pollution and therefore to the climate crisis. The aim of this review is to create an overview of the current data situation and possibilities for improvement. Methods: A literature search was performed in PubMed/MEDLINE using the following five terms: "carbon footprint and surgery", "climate change and surgery", "waste and surgery" and "greening the operating room" focusing on energy, waste, water and anesthesia. Results: The greatest part of emissions in surgery is generated by the use of energy. The operating rooms (OR) need 3-6 times more energy than the other hospital rooms. Of the total hospital waste 20-30% is produced during operations, which is particularly due to the increasing use of disposable articles and 50-90% of waste classified as hazardous is incorrectly sorted. The disposal of this waste is not only more environmentally harmful but also much more expensive. The processing of surgical items by autoclaving consumes large amounts of water. Modern sterilization methods, for example using plasma could be future alternatives. Up to 20% of volatile nonmetabolized anesthetic agents are vented into the stratosphere and destroy the ozone layer. Intravenous anesthetic drugs should be used whenever possible instead. The choice of operating method can also contribute to the environmental impact of an operation. The surgical disciplines are a relevant producer of environmental pollutants. Through diverse interdisciplinary approaches surgery can also contribute to protecting the environment. Greening operating rooms · Carbon footprint · Sustainability · Sterilization · Anesthesia