key: cord-0029759-q5bt4pbn authors: Heckelmann, Jan; Dafotakis, Manuel; Schulz, Jörg B. title: Sinus- und Hirnvenenthrombose: Ein Überblick über Ursachen, Diagnostik und Therapie date: 2022-04-12 journal: Nervenarzt DOI: 10.1007/s00115-022-01283-5 sha: 0989a754656badeadd580a6769885ff4d1225f94 doc_id: 29759 cord_uid: q5bt4pbn In some cases, cerebral venous sinus thrombosis shows a fulminant progress but with an incidence of 1.32 cases per 100,000 person-years it is relatively rare. Nevertheless, the disease is responsible for around 0.5–1% of all stroke cases. The neurological examination often reveals nonspecific findings but especially in younger patients with acute to subacute position-dependent headaches, this differential diagnosis should definitely be considered. This article presents the most common causes, including a digression on vaccine-induced immune thrombotic thrombocytopenia (VITT) as well as recommendations for clinical, laboratory testing and imaging diagnostics. In addition, relevant complications with particular reference to epileptic seizures within the framework of the disease entity and guideline-based acute treatment and secondary prophylaxis are presented. Bei einer notfallmäßigen Vorstellung einer 25-jährigen Patientin aufgrund progredienter Kopfschmerzen über mehrere Tage und psychomotorischer Auffälligkeiten zeigten sich im Rahmen der klinischen Untersuchung keine sonstigen relevanten Auffälligkeiten. In der kraniellen Magnetresonanztomographie (cMRT) mit MR-Venographie erfolgt der Nachweis einer ausgedehnten tiefen Hirnvenenthrombose mit supratentoriellem Liquoraufstau (Abb. 1a,b) . Trotz sofortigem Beginn einer i.v. Heparinisierung kam es zu einer progredienten Bewusstseinsstörung mit der Notwendigkeit einer Schutzintubation. Bei zunehmendem Liquoraufstau (Abb. 2a) erfolgte die Anlage einer externen Ventrikeldrainage (EVD) und, aufgrund des fulminanten Verlaufs unter suffizienter Antikoagulation, die Entscheidung zur intraartieriellen Lyse im Rahmen einer digitalen Subtraktionsangiographie (DSA). Trotz konsekutiver partieller Wiedereröffnung der venösen Blutleiter entwickelte sich in rascher Folge eine konservativ nicht beherrschbare Hirndruckerhöhung mit bildmorphologisch beginnender Einklemmung (Abb. 2b). Daher erfolgte die Entscheidung zur Hemikraniektomie, hierbei jedoch mors in tabula durch vegetative Entgleisung. Abb. 1 8 a Magnetresonanzvenographie: Verschluss Sinus rectus und innere tiefe Hirnvenen, b Magnetresonanztomographie-T2-FLAIR("T2-weighted-fluid-attenuated inversion recovery"; koronar): Schwellung/Ödem Basalganglien a b Abb. 2 In some cases, cerebral venous sinus thrombosis shows a fulminant progress but with an incidence of 1.32 cases per 100,000 personyears it is relatively rare. Nevertheless, the disease is responsible for around 0.5-1% of all stroke cases. The neurological examination often reveals nonspecific findings but especially in younger patients with acute to subacute position-dependent headaches, this differential diagnosis should definitely be considered. This article presents the most common causes, including a digression on vaccine-induced immune thrombotic thrombocytopenia (VITT) as well as recommendations for clinical, laboratory testing and imaging diagnostics. In addition, relevant complications with particular reference to epileptic seizures within the framework of the disease entity and guideline-based acute treatment and secondary prophylaxis are presented. Stroke · Vaccine-induced immune thrombotic thrombocytopenia · Anticoagulation · Epileptic seizures · Secondary prophylaxis es sich um eine eher seltene Erkrankung handelt und im Rahmen der neurologischen Untersuchung oftmals keine relevanten Auffälligkeiten nachweisbar sind. Aufgrund der guten Prognose bei adäquater Behandlung muss das Erkrankungsbild jedoch unbedingt rechtzeitig erkannt werden. Die Diskussion der Erkrankung im Rahmen der COVID("corona virus disease")-Pandemie, sowohl als Folge einer Sars-CoV2("severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2")-Erkrankung als auch als potenzielle Impfnebenwirkung, hat zur diesbezüglichen Wachsamkeit maßgeblich beigetragen. [5] . Bei aseptischen Sinus-/Hirnvenenthrombosen gilt es eine Vielzahl nachweisbarer angeborener oder sekundär erworbener auslösender Faktoren zu beachten, idiopathische Fälle rücken durch die stetige Verbesserung der diagnostischen Möglichkeiten zunehmend in den Hintergrund (etwa 10-20 % aller aseptischen Sinus-/ Hirnvenenthrombosen), hierzu tragen insbesondere die in den letzten Jahren relevant bessere Auflösung bildgebender Untersuchungen, z. B. bei tumorbedingter Genese, und die Verbesserungen der genetischen Panel-Diagnostik bei. Bei Betrachtung aller Fälle mit gesicherter Ursache, konnte in der Literatur zumeist ein alleiniger oder additiver Zusammenhang mit einem prothrombotischen Zustand nachgewiesen werden (Tab. 1). Bei nichtgenetischen Ursachen ist hierbei die Steroidtherapie als wichtigster Risikofaktor zu nennen (18-fache Risikoerhöhung), bei genetischen Ursachen die Protein-C-Defizienz (11-fache Risikoerhöhung; [6] ). Analog zur bekannten Virchow-Trias sind zudem Veränderungen der korpuskulären Blutanteile im Sinne einer hämatologischen Grunderkrankungen sowie von Änderungen der Flusseigenschaften des Blutes durch ausgeprägte Dehydratation, insbesondere bei Kindern und geriatrischen Patienten, als mögliche Auslöser zu nennen. Auch Nikotinabusus und die Einnahme einer oralen Kontrazeption sorgen für eine relevante Risikoerhöhung, sowohl solitär als auch in Kombination. Weitere, eher seltene, Ursachen sind rheumatologische Erkrankungenoder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, wohl auch wegen der oft notwendigen Steroidtherapie, sowie traumatische und iatrogene Ursachen im Sinne von Operationskomplikationen sowie durch die Anlage zentraler Venenkatheter oder externer Ventrikel-oder Lumbaldrainagen [4, 5, 6, 7] . Nach Etablierung von COVID-19-Impfungen wurde über das gehäufte Auftreten von Sinus-und Hirnvenenthrombosen innerhalb der ersten 30 Tage nach der (meist ersten) Impfung berichtet, die mit einer ausgeprägten Thrombozytopenie einhergeht. Dieses Erkrankungsbild wird inzwischen als vakzininduzierte immunologische thrombotische Thrombozytopenie (VITT) bezeichnet. Es kommt durch ursächlich ungeklärte Plättchenfaktor(PF)-4-Antikörperbildung zu einer Aktivierung von Thrombozyten mit nachfolgender Thrombozytopenie. Zur Diagnose führen die für eine Sinus-und Hirnvenenthrombose typischen Symptome, meist eine Erhöhung von D-Dimeren, der CT-oder MR-venographische Nachweis der Thrombose und der Nachweis einer Thrombozytopenie, positiver PF4-Antikörper und ein pathologischer Thrombozytenfunktionstest [8, 9] . Dieses Erkrankungsbild tritt ausschließlich nach Verwendung der Vektorimpfstoffe von AstraZeneca und Johnson&Johnson auf, aber nicht nach Impfung mit den mRNA-Präparaten von BioNTech oder Moderna [10] . Die Prognose der Sinus-/Hirnvenenthrombose im Rahmen einer VITT ist, auf Basis der aktuellen Datenlage, im Vergleich zur Gesamtprognose der Erkrankung verschlechtert [11] . 7 Merke VITT ist nicht mit mRNA-Impfstoffen assoziiert. Häufigstes Symptom einer Sinus-bzw. Hirnvenenthrombose ist der subakute bzw. akute, meist lageabhängige Kopfschmerz (etwa 70 % aller Fälle; [12] ). Chronische Zephalgien oder ein "thunderclap headache" sind selten, schließen die Diagnose jedoch nicht aus. Da die Schmerzsymptomatik zumeist durch einen erhöhten Hirndruck ausgelöst wird, entweder aufgrund eines z. T. generalisierten CME Hirnödems oder durch eine Einblutung, gelingt fundoskopisch oft der Nachweis eines Papillenödems, teils auch die Objektivierung von Gesichtsfelddefekten durch Druckschädigung der N. opticus. Bei Thrombosen des Sinus cavernosus, in den meisten Fällen durch eine septische Sinusthrombose, werden oft Augenmuskelparesen oder eine faziale Hypästhesie beobachtet, was durch die räumliche Nähe der entsprechenden Hirnnerven zum Sinus zu erklären ist. Auch eine Bulbusprotrusion ist bei ausgeprägter Thrombosierung theoretisch möglich, jedoch eher mit einer Karotis-Sinuscavernosus-Fistel vergesellschaftet. Ein weiteres typisches Zeichen einer Sinusthrombose ist das sog. Griesinger-Zeichen [13] , eine schmerzhafte, oftmals retroaurikuläre ödematöse Schwellung durch einen Aufstau im Bereich der Venae emissariae bei septischer Sinusthrombose im Bereich des Ohres bzw. Mastoiditis. Fokalneurologische Defizite beim Verschluss einer oberflächlichen Hirnvene entstehen meist durch Ausbildung stauungsbedingter bzw. zytotoxischer Ödeme mit konsekutiver lokalisierter Parenchymschwellung und Verminderung der zerebralen Perfusion im betroffenen Areal [5] und der hierdurch verursachten Entwicklung ischämischer oder hämorrhagischer Stauungsinfarkte. Da es sich um venös bedingte Infarkte handelt, können hierbei klinische Befundkonstellationen auftreten, die sich nicht an "klassische" Gefäßterritorien halten. Bei ausgeprägten Sinus-oder Hirnvenenthrombosen mit generalisiertem Hirnödem oder bei Affektion der unpaaren V. cerebri magna Galeni mit konsekutiver Stauung im Bereich beider Thalami ("innere Hirnvenenthrombose"), wie im o. g. Fallbeispiel, kann es zu ausgeprägten Bewusstseinsstörungen mit Notwendigkeit einer Schutzintubation kommen [14] . Ein epileptischer Anfall tritt in etwa 20-40 % aller Erkrankungsfälle auf [4, 7, 15] , das Auftreten eines Status epilepticus ist eher selten, aber mit einer verschlechterten Prognose assoziiert [16] . Statistisch treten iktale Ereignisse primär in der Frühphase, d. h. als Initialsymptom bzw. innerhalb der ersten 2 Wochen, auf. Bemerkenswert ist zudem eine vergleichsweise hohe Rate an postiktalen Todd-Paresen [16] . Risikofaktoren für einen epileptischen Anfall sind das Bestehen einer Hirnvenenthrombose, die Affektion des Sinus sagittalis superior sowie ischämische supratentorielle Läsionen bzw. Hämorrhagien. Darüber hinaus scheinen Schwangerschaft bzw. Wochenbett, weibliches Geschlecht sowie die Faktor-V-Leiden-Mutation ein relevant erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Krampfanfällen darzustellen [15, 17] . Bei Patienten, die im Rahmen einer Sinus-bzw. Hirnvenenthrombose einen Krampfanfall erlitten haben, besteht ein verschlechtertes Outcome innerhalb des ersten Monats nach Erkrankungsbeginn, meist durch die Entwicklung eines Status epilepticus. Im Anschluss konnten in den bisherigen Studien keine Unterschiede im Vergleich zu Patienten ohne iktales Ereignis nachgewiesen werden [17] . Trotz der recht hohen Rate an epileptischen Anfällen im Rahmen einer Sinus-/Hirnvenenthrombose wird eine prophylaktische Gabe eines Antikonvulsivums in den derzeitigen Leitlinien nicht empfohlen. Auch eine rezente Studie aus dem Jahr 2020 zeigte unterstützend kein signifikant erhöhtes Risiko für epileptische Anfälle im Rahmen einer Sinus-/Hirnvenenthrombose, falls es nicht bereits vor der Diagnose zu einem solchen Ereignis im Sinne eines Frühanfalls gekommen war [18] . Sollte es jedoch im Rahmen der Erkrankung zu einem epileptischen Anfall kommen, wird eine umgehende antikonvulsive Behandlung zur Prophylaxe weiterer Anfälle bzw. eines Status epilepticus empfohlen, auch wenn formal noch keine Epilepsie vorliegen sollte [19, 20] . Die Dauer der antikonvulsiven Therapie muss individuell evaluiert werden. Sollten sich in der Verlaufsbildgebung keine relevanten, v. a. kortikalen, strukturellen Defekte zeigen und somit ein akut-symptomatischer Anfall vorliegen, kann die medikamentöse Therapie wieder beendet werden. Im Falle des Nachweises einer solchen persistierenden strukturellen Läsion und somit formalem Bestehen einer läsionellen Epilepsie, empfehlen sich eine längerfristige antikonvulsive Behandlung und die Evaluation eines Absetzversuches. Basis der Diagnose einer Sinus-bzw. Hirnvenenthrombose ist eine zielgerichtete Anamnese. Typischerweise berichten Patienten über akut bis subakut aufgetretene, im Verlauf eher zunehmende Kopfschmerzen mit Lageabhängigkeit. Im Rahmen des Anamnesegesprächs sollte außerdem eine zeitliche Assoziation zu einer hormonellen Umstellung (Beginn/Umstellung einer hormonellen Kontrazeption, Schwangerschaft, Stillzeit) bzw. zu Infektionen oder Operationen im Kopfbereich erfolgen. Mögliche klinische Auffälligkeiten sind, wie im Vorabschnitt dargestellt, vielfältig und primär von Lokalisation und Ausmaß der Thrombose abhängig. Im Rahmen der laborchemischen Untersuchungen sollten, gerade bei Anhalt für die septische Form der Erkrankung, die üblichen Inflammationsparameter (Leukozyten, C-reaktives Protein, Prokalzitonin) bestimmt werden. Die europäische Leitlinie rät zudem bei Symptomatik seit weniger als 7 Tagen zur Bestimmung der D-Dimere. Diese stellen jedoch bei Sinus-/Hirnvenenthrombosen kein sicheres Ausschlusskriterium dar, sodass bei dringendem klinischem Verdacht auch bei negativen D-Dimeren eine Bildgebung erfolgen sollte [18, 20] . Zur bildgebenden Abklärung muss eine Kontrastmittel(KM)gestützte Untersuchung durchgeführt werden, da mittels nativer Darstellung ein ausreichend sicherer Ausschluss der Krankheitsentität nicht möglich ist. Die Magnetresonanztomographie (MRT) mit MR-Venographie ist hierbei die primäre Modalität der Wahl, insbesondere bei jungen Patienten und im Rahmen der Schwangerschaft. Neben der fehlenden Strahlenbelastung gelingen mittels MRT der Nachweis eines konsekutiven Ödems und der frühzeitige Nachweis von Stauungsinfarkten in der Diffusionsbildgebung deutlich vor einer Demarkation in der Computertomographie (CT). Sollte es bereits zu Einblutungen gekommen sein, ist zudem durch Vergleich mehrerer Wichtungen eine grobe Schätzung der Erkrankungsdauer unter Berücksichtigung der jeweils typischen Intensitäten des Blutes möglich [21] . Aufgrund der rascheren Verfügbarkeit und kürzeren Untersuchungsdauer wird derzeit in der Praxis jedoch noch oft zunächst eine kraniale Computertomographie (CT) mit venöser CT-Angiographie durchgeführt. Hierbei kann bei ausgeprägten Befunden bereits im nativen Bild ein hyperdenser Sinus (Abb. 3a) als Hinweis auf eine Sinusthrombose nachgewiesen werden, darüber hinaus sind im Nativbild etwaige Stauungsblutungen bzw. -infarkte nachweisbar. In der CT-Venographie lässt sich beim Bestehen einer Sinus-oder Hirnvenenthrombose eine konsekutive KM-Aussparung nachweisen, pathognomonisch ist hierbei das "empty triangle sign" (Abb. 3b), ein noch gering KM-umflossener randständiger Thrombus, der ansonsten das Lumen des Sinus komplett ausfüllt [22, 23] . Da es im Verlauf der Erkrankung zu einer relevanten Schwellung des Parenchyms kommen kann, sollten, sofern der Patient nicht ausreichend klinisch beurteilbar ist, regelmäßige bildgebende Verlaufskontrollen erfolgen. Eine digitale Subtraktionsangiographie ist den o. g. Methoden zwar bei der Darstellung von Gefäßabbrüchen oder Thrombosierungen kortikaler Venen überlegen, unter Berücksichtigung des Interventionsrisikos besteht für die Durchführung dieser Untersuchung nur dann eine Evidenz, wenn, z. B. bei Thrombosierung mehrerer Sinus oder bereits starker Hirnparenchymschwellung, der gleichzeitige Versuch einer interventionellen Therapie als Ultima Ratio nötig erscheint. Eine erweiterte Ursachenabklärung (z. B. Thrombophilie-/ Vaskultisscreening oder Positronenemissionstomographie-CT zur Malignomsuche) wird in den aktuellen Leitlinien nur bei klinischem oder (familien-)anamnestischem Anhalt für eine entsprechende Erkrankung empfohlen. Erscheint eine Thrombophilieabklärung indiziert, muss beachtet werden, dass eine Antikoagulation, sowohl mit Heparin als auch mit Cumarinen oder direkten oralen Antikoagulanzien (DOAKs), die Ergebnisse der Diagnostik verfälschen kann. Konsekutiv sollte die Blutentnahme idealerweise noch vor der Etablierung einer solchen Therapie erfolgen. Des Weiteren ist zu beachten, dass zur Diagnose eines Antiphospholipidsyndroms nach aktueller Leitlinie ein Bestätigungstest mindestens 12 Wochen nach initialer Bestimmung erfolgen muss. Auch hier kann die Diagnostik, insbesondere die Bestimmung des Lupus-Antikoagulans, durch eine Antikoagulation gestört sein [24, 25] . Basierend auf dem Gendiagnostik-Gesetz muss zudem vor einer genetischen Testung, z. B. auf Faktor-V-Leiden-Mutation oder Prothrombinmutation, eine umfassende Aufklärung des Patienten durch einen entsprechend qualifizierten Arzt und eine schriftliche Einverständniserklärung erfolgen. In der Akutphase besteht die Therapie in einer umgehenden therapeutischen Antikoagulation. Mittel der Wahl ist hierbei eine Heparinisierung, bei unkomplizierten Verläufen ist nach den aktuellen Leitlinien ein niedermolekulares Heparin in gewichtsadaptierter therapeutischer Dosierung zu bevorzugen. Bei Verwendung eines unfraktionierten Heparins, z. B. zur besseren Steuerbarkeit im Falle einer zu erwartenden Operation (Fokussanierung, Dekompression), sollte eine Verlängerung der Ausgangs-aPTT("activated partial thromboplastin time") um das 2-bis 3-Fache angestrebt werden (üblicherweise 60-80s). Ziel der Therapie ist nicht die Auflösung des Thrombusmaterials, sondern die Verhinderung eines Fortschreitens der Thrombosierung und somit Aufrechterhaltung möglichst großer Anteile des venösen Blutabflusses. Im Gegensatz zu Hirnblutungen anderer Ätiologie muss auch beim Nachweis von Stauungsblutungen unbedingt eine Antikoagulation erfolgen. Eine systemische i.v. Lyse ist zur Behandlung der Sinus-/ Venenthrombose nicht indiziert, bezüglich i.a. Lysetherapien oder mechanischen Thrombektomien besteht nur eine schwache Evidenz, insbesondere in puncto Lysetherapie auch der Nachweis eines negativen Outcomes [26, 27] , sodass es sich hier um Einzelfallentscheidungen als Ultima Ratio handelt. Grundsätzlich sollte, zumindest zu Beginn der stationären Behandlung, eine engmaschige Überwachung der Patienten auf einer Überwachungsstation (Stroke-Unit) erfolgen, um eine klinische Verschlechterung unmittelbar zu bemerken und mögliche Sekundärkomplikationen umfassend behandeln zu können. Bei Anhalt für eine relevante Hirndruckerhöhung sollte eine maximal-konservative Hirndrucktherapie (im Sinne einer tiefen Sedierung bei intubierten Patienten, 30°-Oberkörperhochlagerung, Normothermie, hochnormaler Natriumwert, niedrig-normaler pCO2-Wert) erfolgen. Ergänzend ist eine kontinuierliche Überwachung des intrakraniellen Drucks (ICP) sinnvoll, sofern nicht kontraindiziert über eine Ventrikel-oder Lumbaldrainage zur gleichzeitigen Möglichkeit der Entlastung, ansonsten mittels Parenchymsonde. Als lebensrettende Intervention bei nichtkonservativ beherrschbarem Hirndruck oder drohender Einklemmung sollte, unter Berücksichtigung des jeweiligen klinischen Vorzustands, dem Ausmaß etwaiger Infarzierungen und individueller gewünschter Therapielimitationen, eine Hemikraniektomie durchgeführt werden. Aufgrund der hierfür nötigen Pausierung der Antikoagulation mit Gefahr einer weiteren Thrombosierung und hohem peri-und postoperativem Blutungsrisiko, wie auch in der obigen Fallvorstellung CME angesprochen, muss dies jedoch jeweils als Einzelfallentscheidung evaluiert werden [28] . Die Sekundärprophylaxe besteht in einer oralen Antikoagulation mit einem Vitamin-K-Antagonisten (z. B. Phenprocoumon), Studien mit DOAKs legen eine Nichtunterlegenheit nahe, eine entsprechende Zulassung besteht jedoch derzeit nicht [29] . Im Falle eines Antiphospholipidsyndroms als Ursache der Erkrankung sollte Phenprocoumon in Kombination mit Acetylsalicylsäure (ASS) 100 mg eingesetzt werden. Die Dauer der Antikoagulation ist grundsätzlich von der Ätiologie der Erkrankung abhängig und nicht einheitlich festgelegt. Insgesamt wird nach aktueller Leitlinie bei erstmaligem Ereignis eine Antikoagulation über zunächst 3 bis 12 Monate empfohlen. Zur individuellen Evaluation der Dauer der Antikoagulation sollte nach 3 Monaten eine MRT mit MR-Venographie erfolgen. Zeigt sich hier ein rekanalisierter Sinus, kann bei ansonsten fehlenden negativen Kontextfaktoren eine Beendigung der Therapie bereits zu diesem Zeitpunkt erfolgen. Ansonsten sollte die Antikoagulation spätestens nach 12 Monate beendet werden, auch wenn der Sinus zu diesem Zeitpunkt weiter verschlossen ist, es sei denn es besteht ein erhöhtes Wiederholungsrisiko, z. B. durch Thrombophilieneigung oder Tumorerkrankung [20] . Im Falle einer Sinus-/ Hirnvenenthrombose im Rahmen einer Schwangerschaft wird eine Thromboseprophylaxe mittels niedermolekularen Heparins bei erneuter Schwangerschaft empfohlen. Bei dem Verdacht auf eine VITT sollen auf eine Antikoagulation mit Heparinen verzichtet und heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT-)kompatible Präparate (z. B. Argatroban, Bivalirudin oder DOAKs) verwendet werden. Bei gesicherter VITT wird die Gabe intravenöser Immunglobuline (2 g/kg, aufgeteilt auf 2 oder 5 aufeinanderfolgende Tage) empfohlen. Auf die Gabe von Thrombozytenkonzentraten soll verzichtet werden. Mit einer Restitutio ad integrum bei ungefähr 80 % aller Krankheitsfälle und einer Mortalität von -nach aktueller Literaturnur 2 % ist die Prognose der Erkrankung vergleichsweise gut [7] . Analog zum am Anfang des Übersichtsartikels dargestellten Fallbeispiel stellt eine Thrombose der inneren Hirnvenen einen negativen Kontextfaktor dar. Weitere negative Prognosefaktoren sind eine ausgeprägte Bewusstseinsstörung schon bei Aufnahme sowie eine septische Genese der Thrombose bzw. ein Auftreten im Rahmen einer VITT [11] . Bezüglich der Auswirkung einer rekanalisierenden Therapie, also i.a. Lyse oder Thrombektomie, auf das Outcome zeigt sich in der aktuellen Literatur ein inkonklusives Bild, insbesondere bezüg-lich der i.a. Lyse, da es, wie in unserem Fallbeispiel, auch durchaus zu Sekundärkomplikationen, wie z. B. intrazerebralen Blutungen, kommen kann. Insgesamt kann somit derzeit keine sichere bzw. signifikante Prognoseverbesserung konstatiert werden. Sollte aufgrund einer relevanten Hirndruckerhöhung eine Dekompressionsoperation indiziert sein, behalten etwa 20 % der Patienten schwerste Einschränkungen zurück oder versterben [30] . Wie im vorherigen Abschnitt dargestellt, sollte nach etwa 3 Monaten eine bildgebende Verlaufskontrolle mittels MRT und MRV erfolgen, um eine eventuell nicht mehr nötige Antikoagulation mit möglichen konsekutiven Sekundärkomplikationen frühzeitig beenden zu können. Ribes F (1825) Exposé succinct des recherches faites sur la phlébite The incidence of cerebral venous thrombosis Cerebral venous thrombosis: an update Diagnosis and treatment of cerebral venous thrombosis Thrombosis of the cerebral veins and sinuses Non-genetic and genetic risk factors for adult cerebral venous thrombosis Cerebral venous thrombosis: an update Thrombotic thrombocytopenia after ChAdox1 nCov-19 vaccination Thrombosis and thrombocytopenia after ChAdox1 ncoV-19 vaccination COVID-19 vaccine-associated cerebral venous thrombosis in Germany Characteristics and outcomes of patients with cerebral venous sinus thrombosis in SARS-coV-2 vaccine-induced immune thrombotic thrombocytopenia Cerebral venous thrombosis-a review of 38 cases Neurological stamp: Wilhelm Griesinger (1817-68) Thrombosis of the vein of Galen: pitfalls, metamorphosis, and paroxysmal sympathetic hyperactivity Early seizures in cerebral vein and dural sinus thrombosis Risk and predictors of early epileptic seizures in acutecerebral venous and sinus thrombosis Epileptic seizures in cerebral venous sinus thrombosis: subgroup analysis of VENOSTstudy Acute symptomatic seizures in cerebral venous thrombosis European stroke organization guideline for the diagnosis and treatment of cerebral venous thrombosis-endorsed by the European Academy of Neurology Cerebral venous and sinus thrombosis : S2k guidelines Imaging of cerebral venous thrombosis The empty delta sign Appearanceanddisappearanceofempty delta sign in superior sagittal sinus thrombosis Clinical guidelines for testing for heritable thrombophilia International consensus statement on an update of the classification criteria for definite antiphospholipid syndrome (APS) Effect of endovascular treatment with medical management vs standard care on severe cerebral venous thrombosis: the TO-ACT randomized clinical trial Endovascular mechanical thrombectomy for cerebral venous sinus thrombosis: a systematic review Should decompressive surgery be performed in malignant cerebral venous thrombosis?: a series of 12 patients Safety and efficacy of dabigatran etexilate vs dose-adjusted warfarin in patients with cerebral venous thrombosis: a randomized clinical trial Decompressive surgery in cerebrovenous thrombosis