key: cord-0020644-5bvls4tv authors: Sinner, Barbara; Schweiger, Stephan title: Rolle des Transplantationsbeauftragten date: 2021-09-03 journal: Anaesthesist DOI: 10.1007/s00101-021-01023-5 sha: f94ee98194ec43330781d9e6f933f149838bbedc doc_id: 20644 cord_uid: 5bvls4tv All hospitals that are defined as organ donation hospitals according to the Social Act V (SGB V), are legally bound to employ a transplant coordinator (TxB). The field of activities of the TxB includes not only the identification of donors, the diagnosis of irreversible loss of brain function, donor evaluation and organ protection but also the support of the complete organ donation process. The TxB is responsible for the establishment of in-house hospital standards as well as the organization of advanced and continuing education and is the contact person for all aspects of organ donation. Furthermore, the TxB acts as a link between the coordination center (German Organ Procurement Organization) and the allocation organisation (Eurotransplant). The activities are subject to the Transplantation Act and its implementation statutes; however, the TxB also needs corresponding knowledge of the various guidelines on organ donation and transplantation. Finally, the TxB is also responsible for the quality assurance of the organ donation process. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter. Alle Krankenhäuser, die nach dem Sozialgesetzbuch V als Entnahmekrankenhäuser definiert sind, sind verpflichtet, einen Transplantationsbeauftragten (TxB) zu stellen. Das Aufgabenfeld des TxB beinhaltet nicht nur die Spendererkennung, die Diagnose eines irreversiblen Hirnfunktionsausfalls sowie die Spenderevaluation und Organprotektion, sondern er begleitet den gesamten Organspendeprozess. Er verantwortet die Festlegung von innerklinischen Standards sowie die Organisation von Fort-und Weiterbildungen und ist Ansprechpartner rund um das Thema Organspende. Darüber hinaus fungiert er als Bindeglied zwischen der Koordinierungs-(Deutsche Stiftung Organtransplantation) und der Vermittlungsstelle (Eurotransplant). Seine Tätigkeit unterliegt dem Transplantationsgesetz und dessen Ausführungsgesetzen; er benötigt aber auch entsprechende Kenntnisse der verschiedenen Richtlinien zu Organspende bzw. -transplantation. Letztendlich ist der TxB auch für die Qualitätssicherung des Organspendeprozesses verantwortlich. Irreversibler Hirnfunktionsausfall · Organspende · Angehörigenbetreuung · Qualitätssicherung in der Gesundheitsversorgung · Rechtliche Aspekte Einführung Im europäischen Vergleich ist in Deutschland die Zahl der realisierten Organspenden vergleichsweise niedrig. So wurden vor Beginn der COVID-19-Pandemie im Jahr 2019 in Spanien beispielsweise 48,9 Organspenden pro 1 Mio. Einwohner durchgeführt, wohingegen in Deutschland im selben Jahr lediglich 11,2 Spenden realisiert werden konnten [1] . Verschiedene Anstrengungen werden und wurden unternommen, um die Zahl der Organspenden zu erhöhen, so u. a. im Januar 2020 der Versuch der gesetzlichen Einführung der Widerspruchslösung, die letztlich gegenüber der sog. Entscheidungslösung -eine im Wesentlichen erweiterte Zustimmungslösung -gescheitert ist. In zahlreichen Ländern konnte die Organspendebereitschaft durch die Einführung eines "Inhouse"-Koordinators oder Transplantationsbeauftragten (TxB) deutlich gesteigert werden [2] . Dabei reicht das Aufgabenfeld des TxB von der Spende-rerkennung, der Betreuung potenzieller Organspender, einschließlich der Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls (IHA), und der Organisation der erforderlichen Diagnostik bis zur Planung der Organentnahme, zusammen mit der Koordinierungsstelle Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) und der Vermittlungsorganisation Eurotransplant (ET). Nicht zuletzt begleitet der TxB die Angehörigengespräche und kümmert sich im Anschluss an die Organspende um die Angehörigenbetreuung. Er unterstützt bzw. entlastet damit die behandelnden Ärzte und verbessert die Kommunikation zwischen den involvierten Einrichtungen. Er evaluiert und optimiert alle Prozesse mit Bezug auf die Organspende, für die das Entnahmekrankenhaus Verantwortung trägt. Darüber hinaus trägt er durch Information sowie regelmäßige Fort-und Weiterbildung zur höheren Akzeptanz der Organspende und damit zur Förderung derselben bei [3] . [7] noch im TPG [4] eine Inkompatibilitätsregelung [4, 7] . Das Landesrecht des jeweiligen Bundeslandes (AGTPG) regelt die fachspezifischen Fort-und Weiterbildungen des TxB, der hierfür freigestellt werden muss. Die anfallenden Fortbildungskosten müssen durch den Krankenhausträger übernommen werden. Der TxB ist im Gegenzug für die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen des Entnahmekrankenhauses verantwortlich [4] . Auch ist er neben anderen zur un-verzüglichenMeldungjedes "severeadverse event" (SAE) und jeder "severe adverse reaction" (SAR) an die Koordinierungsstelle verpflichtet. Außerdem hat er eine Pflicht zur fachspezifischen Fort-und Weiterbildung (in den AGTPG geregelt). Zu den zentralen Tätigkeiten des TxB zählt die Identifikation potenzieller Organspender, mit anderen Worten die Erkennung, Bewertung und Prognoseabschätzung von Patienten mit primärer und sekundärer Hirnschädigung. Dies impliziert die Verantwortung für die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen -ärztliche Beurteilung und Feststellung des IHA potenzieller Organspender sowie Mitteilung an die DSO -des Entnahmekrankenhauses. Organspender müssen erkannt werden, um den Willen des Verstorbenen bezüglich einer evtl. Organspende umzusetzen. Hierzu muss der TxB bei allen Patienten mit schwerer oder infauster primärer oder sekundärer Hirnschädigung, die nach ärztlicher Beurteilung als Organspender in Betracht kommen, hinzugezogen werden [6] . Der TxB erstellt Verfahrensanweisungen für die krankenhausinterne Festlegung der Zuständigkeiten und für die Koordinierung der Handlungs-bzw. Organisationsabläufe im Bereich Organspende und Organentnahme [4] . Diese Leitlinien und Dienstanweisungen dienen zur Absicherung der Prozessqualität der Gemeinschaftsaufgabe Organspende. Er führt regelmäßige Analysen der Todesfälle mit primärer und sekundärer Hirnschädigung (Einzelfallanalyse) unter An- Gesetzlich ist das jeweilige Entnahmekrankenhaus für die Sicherstellung der Qualifikation des TxB verantwortlich. Von der BÄK liegt seit 2015 ein 40-stündiges, 2-teiliges Fortbildungscurriculum vor (Teile A und B, [8] ). Darüber hinaus ist der Nachweis einer begleitenden realen/virtuellen Organentnahme zu erbringen (Teil C). Voraussetzung für die Qualifikation zum TxB ist ein Facharztstatus mit ausreichender Erfahrunginder Intensivmedizin. Jedes Krankenhaus muss mindestens einen ärztlichen TxB stellen. Weitere TxB können dann auch aus Pflegekräften rekrutiert werden (in den AGTPG geregelt). Zur Wahrnehmung seiner Aufgaben muss der TxB allerdings zusätzlich besondere Kenntnisse und Fertigkeiten der Medizin, Administration bzw. Organisation, Qualitätssicherung und Kommunikation sowie zu assoziierten juristischen und ethischen Themenbereichen erlangen [9] . Hierzu zählen die rechtlichen Grundlagen und Rahmenbedingungen, besonders das TPG und die AGTPG, sowie Leitlinien, Richtlinien oder Empfehlungen der BÄK. Ebenso muss er mit den Ausführungsbestimmungen der Vermittlungsstelle ET, den Richtlinien für die Aufnahme in die Warteliste, den Allokationsregeln und den rechtlichen Vorgaben für die Lebendspende oder Gewebespende vertraut sein [10] . Daneben Eine besondere Rolle spielt die Angehörigenbetreuung von Organspendern, weshalb diesem Aspekt ein eigener Abschnitt gewidmet wird. Im Kontext des Sterbens und des Todes sind Ängste, Sorgen und Hoffnungen gleichsam omnipräsent. Die Belastungen des gesamten Personals einer Intensivstation sind daher sehr hoch, nicht zuletzt, da der Prozess einer Organspende, einschließlich der IHA-Diagnostik, keinealltäglicheRoutinedarstelltund auch niemals darstellen wird [12, 13] . Ein organspendebezogener Kontakt mit der DSO ist indiziert, wenn bei einem Patienten mit akuter primärer oder sekundärer Hirnschädigung ein unbeeinflussbar fortschreitender Verlust der Hirnstammfunktionen beobachtet wird [4] . Im Normalfall finden die Gespräche zur IHA-Diagnostik und zur potenziellen Organspende des Verstorbenen mit dem behandelnden Arzt, ggf. unter Beteiligung des Pflegepersonals, statt. Dies fällt laut TPG somit in den Verantwortungsbereich des Entnahmekrankenhauses [4] . Die behandelnden Ärzte können sich jedoch auf Wunsch vom TxB und/oder vom DSO-Koordinator unterstützen lassen [14], insbesondere bei der Eruierung des mutmaßlichen Willens des Patienten [11] . Ein Gespräch mit den Angehörigen findet auch dann statt, wenn eine Zustim- Komplexer Fall einer Organspendeevaluation Um die Rolle des TxB bei der Organspenderdetektion, -evaluation und -selektion anschaulicher darzustellen, wird im Folgenden über einen realen, sehr außergewöhnlichen Fall aus dem UKR berichtet. Dieser Fall ist ausreichend komplex, um verschiedenste Aspekte im Prozess der Ermittlung potenzieller Organspender herauszuarbeiten sowie die sich daraus ergebenden Aufgaben und die nötigen Kompetenzen vonseiten des TxB aufzuzeigen. Es handelt sich um einen 39-jährigen Patienten, der sich zur Evaluation einer Herztransplantationslistung aufgrund erneuter kardialer Dekompensation bei ischämischer Kardiomyopathie mit mehrfachen Koronarinterventionen und residueller Mitralklappeninsuffizienz nach bereits 2-maliger interventionellen Mitralklappenreparatur (sog. Mi-traClip) im Hause befand. Im Anschluss an einen frustranen Versuch, einen ZVK in der rechten V. subclavia anzulegen, der aufgrund der Zustandsverschlechterung des Patienten nötig wurde, kam es zur respiratorischen Verschlechterung mit passageren Hämoptysen und peripheren Sauerstoffsättigungseinbrüchen. Bei V. a. einen rechtsseitigen Hämatopneumothorax im Thoraxröntgenbild erfolgte umgehend eine Thoraxdrainagenanlage, aus der sich Blut entleerte, sodass die Indikation zur notfallmäßigen Thorakotomie gestellt wurde. Noch vor Beginn der Operation wurde der Patient jedoch aufgrund einer elektromechanischen Entkopplung reanimationspflichtig, sodass eine venoarterielle extrakorporale Membranoxygenierung (va-ECMO) unter kardiopulmonalen Reanimationsbedingungen angelegt werden musste. Danach wurden das intrathorakale Hämatom unter Massivtransfusion ausgeräumt und der Thorax bei nichtidentifizierbarer Lokalisation der Blutungsquelle vorerst austamponiert. Auf der Intensivstation wurde wegen der zunehmend unzureichenden Oxygenierung, bestätigt durch Blutgasanalysen und zerebrales NIRS-Monitoring, auf eine vva-ECMO eskaliert. Darunter besserte sich der Gasaustausch deutlich. Der anfänglich laminare arterielle Blutfluss mit konsekutiv nötigen intermittierenden manuellen Thoraxkompressionen zur Vermeidung intrakardialer Thromben ging unter differenzierter Volumen-sowie positiv-inotroper Therapie rasch wieder in einen pulsatilen Blutfluss über. Die kardiopulmonale Situation ließ sich zunehmend stabilisieren, sodass der Patient zuletzt keiner medikamentösen hämodynamischen Unterstützung mehr bedurfte und der vva-ECMO-Support reduziert werden konnte. Unter der hypothetischen Annahme, es würde unter va-ECMO weiterhin ein kardiogener Schock bestehen, wären eine IHA-Diagnostik und insbesondere der Apnoetest kaum durchführbar gewesen, da eine der Voraussetzungen (Ausschluss eines Kreislaufschocks) für die klinische IHA-Diagnostik nicht gegeben und der Apnoetest bei vollständiger Abhängigkeit von der va-ECMO nicht durchführbar gewesen wäre. Anstelle des nichtdurchführbaren Apnoetests hätte der obligate Nachweis eines zerebralen Zirkulationsstillstandes mithilfe der Perfusionsszintigraphie erbracht werden müssen, da eine CT-Angiographie und Doppler-/Duplexsonographie bei laminarem Blutfluss undurchführbar sind. Insgesamt gilt jedoch eine valide IHA-Diagnostik bei va-ECMO mit laminarem Flussprofil in der Fachliteratur als strittig, Der Anaesthesist 7 sodass aufgrund des momentanen Wissensstandes eher davon abgeraten wird [16] . Anders verhält es sich, wenn, wie bei dem oben beschriebenen Fall, der Patient unter va-ECMO eine kardiale Restfunktion mit pulsatilem Fluss aufweist. Hierbei kann die IHA-Diagnostik unter Berücksichtigung bestimmter Regeln und unter Beachtung eines "Harlekin-Syndroms" mit variabler Mischzone ("Wasserscheide") und konsekutiv ungleicher CO2-Spannung am rechten und am linken Glomus caroticum relativ unproblematisch durchgeführt werden. Post The role of the the transplant coordinator All hospitals that are defined as organ donation hospitals according to the Social Act V (SGB V), are legally bound to employ a transplant coordinator (TxB). The field of activities of the TxB includes not only the identification of donors, the diagnosis of irreversible loss of brain function, donor evaluation and organ protection but also the support of the complete organ donation process. The TxB is responsible for the establishment of in-house hospital standards as well as the organization of advanced and continuing education and is the contact person for all aspects of organ donation. Furthermore, the TxB acts as a link between the coordination center (German Organ Procurement Organization) and the allocation organisation (Eurotransplant). The activities are subject to the Transplantation Act and its implementation statutes; however, the TxB also needs corresponding knowledge of the various guidelines on organ donation and transplantation. Finally, the TxB is also responsible for the quality assurance of the organ donation process. Irreversible loss of brain function · Organ donation · Family support · Health care quality assurance · Legal aspects Er koordiniert sämtliche im Organspendeprozess notwenigen Schritte von der Spendererkennung über die Diagnostik des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls (IHA) bis zur Spenderevaluation Er ist für die Fort-und Weiterbildung bezüglich der Organspende innerhalb des Krankenhauses verantwortlich Er legt Verfahrensanweisungen für die Spendererkennung und den gesamten Organspendeprozess fest und ist für die Qualitätssicherung des gesamten Spendeprozesses, u.a. mittels retrospektiver Todesfallanalysen verantwortlich Er ist für die Mitbetreuung der An-bzw. Zugehörigen in Zusammenarbeit mit dem Intensivteam und der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) zuständig An in-house coordinator program to increase organ donation in public trauma hospitals Optimizing organ donation: expert opinion from Austria Transplantationsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 4 Absatz 3 des Gesetzes vom 4. Mai 2021 (Bundesgesetzblatt. I S. 882) geändert worden ist. Stand: Neugefasst durch Bek. v. 4 Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), zuletzt durch Artikel 15 Absatz 30 des Gesetzes vom 4 Richtlinie gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 TPG zur ärztlichen Beurteilung nach § 9a Abs. 2 Nr. 1 TPG (RL BÄK Spendererkennung) Deutsches Ärzteblatt Richtlinie gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 TPG für die Regeln zur Feststellung des Todes nach § 3 1 Nr. 2 TPG und die Verfahrensregeln zur Feststellung des endgültigen Fortschreibung Dtsch Ärztebl | 30 Fortbildungscurriculum Organspende in Deutschland -wann und wie? Entscheidung bei potentiellen Organspendern. Gemeinsames Positionspapier der Sektion Ethik und der Sektion Organspende und -transplantation der DIVI Hirntod und Organspende: Einstellung und psychische Belastung des Personals von Intensivstationen The use of apnea test and brain death determination in patients on extracorporeal membrane oxygenation: A systematic review