key: cord-0018869-g7qqmnm6 authors: Mehlan, J.; Thormählen, H.; Casagrande, M. K.; Lachmann, E. S.; Druchkiv, V.; Bittersohl, D.; Spitzer, M.; Schüttauf, F. title: Vergleichende Analyse der Refraktions- und Topographieveränderungen nach Augenmuskeloperationen date: 2021-07-08 journal: Ophthalmologe DOI: 10.1007/s00347-021-01456-8 sha: 8248b813e56eaca089a46e331b61e336ac61b9b4 doc_id: 18869 cord_uid: g7qqmnm6 BACKGROUND: The question of whether refractive or topographic changes are to be expected after eye muscle surgery is largely unanswered. MATERIALS AND METHODS: Results of pre- and postoperative objective refraction, Pentacam (Oculus, Menlo Park, CA, USA), and visual acuity tests of 229 eyes are included in the present analysis. The examinations took place preoperatively, on the first postoperative day, and after 3 months. RESULTS: After surgery on one or two extraocular recti muscle, there are significant changes in the cylinder (p < 0.001) on the first postoperative day, although values returned to normal after 3 months. Similar changes also appeared in combined operations of extraocular and oblique muscles. CONCLUSION: The authors postulate that extensive patient education with regard to temporary changes in the cylinder is necessary, particularly when the extraocular muscles are involved, and that additional refraction and topography control can be useful postoperatively if visual rehabilitation is inadequate. Kurvatur und Topographie der Hornhaut werden durch zahlreiche Faktoren beeinflusst. Nachfolgend wirken sich diese auf die Refraktion, insbesondere auf den Astigmatismus, aus. Muskuläre Einflüsse, wie beispielsweise vom M. orbicularis oculi ausgehend [2] , oder die Position der Lider können die Topographie beeinflussen [5] , aber auch dellende Maßnahmen der Sklera spielen eine Rolle [6] . Durch die Desinsertion bzw. Reintegration von Ausgenmuskeln im Zuge der Operation und durch die veränderten Auflagepunkte auf der Sklera kann es zu Veränderungen der Refraktion kommen. Ebenso kann der ggf. postoperativ entstehenden Narbenzug die Refraktion verändern. Es herrscht unter den Fachkollegen nach wie vor keine Einigkeit, ob es durch Augenmuskeloperationen zu einer Veränderung der Refraktion oder der kornealen Topographie kommt. Auch inwiefern diese Änderungen von Dauer sind, ist noch nicht abschließend geklärt [1, 3] . Klar ist, dass es direkt postoperativ durch die aus der Operation resultierende Schwellung und auch durch die medikamentösen Versorgung, v. a. bei Salbenapplikation, zu Visusschwankungen oder auch -reduktionen kommen kann [7] . Mit diesen Untersuchungen wollten wir evaluieren, ob es durch die operative Korrektur der Schielstellung zu Veränderungen von Refraktion, Visus oder kornealer Topographie kommt und ob es Unterschie-Der Ophthalmologe 1 de hinsichtlich des zu operierenden Muskels gibt. Im Studienzeitraum von Oktober 2019 bis März 2020 wurden 305 Patienten an den Augenmuskeln operiert. Ausgenommen wurden von dieser Evaluation mit nichtstrabologischen Bereichen kombinierte Operationen (beispielsweise mit lidchirurgischen Eingriffen) oder auch Reoperationen der Augen (im Zeitraum von 3 Jahren rückwirkend zum Operationszeitpunkt). Alle Eingriffe wurden von 2 erfahrenen Operateuren in gleicher Technik durchgeführt. So Die Bindehauteröffnung erfolgte bei allen Operationen sehr schonend und bei den geraden Augenmuskeln oder bei der Operation von geraden und schrägen Augenmuskeln mit einem Türflügelschnitt. Die Operation eines reinen schrägen Augenmuskels erfolgte über eine radiäre Bindehauteröffnung. In allen Fällen wurde minimal-invasiv gearbeitet, und der Wundverschluss erfolgte vom Limbus ausgehend. In unserem Patientengut wurden lediglich Rücklagerungen oder Resektionen der geraden Muskeln sowie Rücklagerungen oder Faltungen der schrägen Augenmuskeln vorgenommen. Für die Rücklagerungen wurden 2 Ecknähte am Muskel vorgelegt und mithilfe dieser der Muskel nach dem Abtrennen und Abmessen der Strecke mit dem Zirkel exakt wieder an der Sklera fixiert. Im Fall einer Resektion wurde die Strecke abgemessen, eine Muskelklemme positioniert und der Muskel nach dem Abtrennnen mittels U-Naht nach Harms in der Muskelansatzleiste wieder fixiert. Überstehende Muskelteile wurden entfernt. Die Faltungen der schrägen Augenmuskeln erfolgten nach Aufnehmen auf den Schielhaken mithilfe zweier fixierender Vicrylnähte. Für die Rücklagerungen bzw. Transpositionen wurden im Bereich der Muskelansatzleiste Ecknähte vorgelegt, der Muskel abgetrennt und nach Abmessen der entsprechenden Strecke skleral fixiert. Um die Änderung der Messungen bei jeder Variablen zu analysieren, wurde die gemischte Regression geschätzt. Der Vorteil der gemischten Regression besteht u. a. darin, dass alle Messungen aller Augen verwendet werden können und nicht nur die Messungen von den Augen mit kompletten Daten (wie in klassischer Varianzanalyse [englisch analysis of variance, abgekürzt ANOVA]). Insbesondere ist es in unserem Fall sehr nützlich, weil wir eine starke Reduktion der Daten zu 3 Monaten nach der Operation beobachten. Die gemischte Regression mit dem Auge-Effekt als Zufallseffekt macht 2 Annahmen [4] . Annahme 1 -Die Fehler innerhalb der Gruppen sind unabhängig, identisch normalverteilt, mit mittlerer Varianz gleich null, und sie sind unabhängig von Zufallseffekten. Annahme 2 -Die Zufallseffekte sind normalverteilt, mit mittlerer Varianz gleich null. Diese Annahmen wurden mittels der Beurteilung der Residuen-Grafiken geprüft. Im Fall der Probleme wurde alternativ eine robuste gemischte Regression geschätzt, wo die ausreißenden Fälle nach Huber-Methode gewichtet werden. Die Refraktion wurde in Power-Vektoren [9] umgerechnet, und die Änderung der 3 Komponente (sphärisches Äquivalent, J0 und J45) wurde wiederum mittels gemischter Regression statistisch geprüft. Alle Berechnungen wurden mit R Core Team (2019) durchgeführt. Zu beachten ist, dass unser Studiendesign die Unterschiede zwischen gebundenen Stichproben analysiert. Hierbei ist es möglich, dass sich die Konfidenzintervalle der geschätzten Mittelwerte zu den zu vergleichenden Zeitpunkten überlappen können, während der Unterschied signifikant ist. In diese Gruppe konnten 80 Augen eingeschlossen werden, an denen eine Augenmuskeloperation im Sinne einer Ein-Muskel-Chirurgie durchgeführt wurde. Das vollständige Follow-up lag, aufgrund der geschilderten Situation, bei 10 untersuchten Augen vor. In dieser Patientengruppe zeigte sich keine signifikante Veränderung der Sphäre zwischen den jeweiligen Zeitpunkten. Je-doch änderte sich der Zylinder (. Abb. 1) signifikant beim Vergleich der präoperativen Daten mit den Werten am ersten postoperativen Tag (p < 0,001). Nach 3 Monaten bewegte sich dieser Wert wieder auf das ursprüngliche Niveau, sodass kein signifikanter Unterschied mehr zu den präoperativen Daten bestand (p = 0,932). Ebenso zeigte sich eine signifikante Reduktion des Visus zwischen der präoperativen und der ersten postoperativen Messung (p < 0,001). Im Vergleich zur Messung nach 3 Monaten war der Visus jedoch wieder auf das ursprüngliche Niveau angestiegen (p = 0,836). In diese Gruppe konnten 65 Operationen eingeschlossen werden, jedoch konnten nur 6 Patienten das Follow-up vollständig absolvieren. Bei der Analyse der Sphäre gab es keine signifikanten Veränderungen zwischen den 3 Zeitpunkten. Zur Analyse des Zylinders ist zunächst zu konstatieren, dass es im Vergleich von der präoperativen Kontrolle zur ersten postoperativen Kontrolle eine signifikante Veränderung des Zylinders gab (p < 0,001). Der Unterschied hingegen zur Kontrolle nach 3 Monaten war statistisch nicht signifikant (p = 0,947). Diese Entwicklung ist in . Abb. 2 dargestellt. Auch in dieser Gruppe war die Reduktion des Visus zwischen der präoperativen Testung im Vergleich zum Visustest nach der Op. statistisch signifikant (p = 0,002). Nach 3 Monaten war dieser Wert jedoch wieder auf dem Ursprungsniveau und der Unterschied nicht mehr als signifikant zu belegen (p = 0,978). Die zentrale Pachymetrie, welche mit der Pentacam ermittelt wurde, wies von der präoperativen Messung zur Messung am ersten postoperativen Tag eine signifikante Erhöhung auf (p < 0,001), und nach 3 Monaten hatte sich dieser Wert auf das Ausgangsniveau stabilisiert (p = 0,955). Im Studienzeitraum erhielten 41 Augen lediglich eine Korrektur an einem schrägen Der Ophthalmologe 3 Abb. 3 8 a Veränderung des Zylinders im zeitlichen Verlauf bei der Operation eines schrägen Augenmuskels. Es besteht kein signifikanter Unterschied zwischen den einzelnen Zeitpunkten. b Darstellung der Visusentwicklung im zeitlichen Verlauf. Auch hier zeigen sich keine statistisch signifikanten Unterschiede Augenmuskel. Von diesen absolvierten 10 das Follow-up vollständig. In dieser Patientengruppe zeigte sich keine signifikante Veränderung der Sphäre zwischen den jeweiligen Zeitpunkten. Auch der Zylinder wies keine statistisch signifikanten Veränderungen zwischen den jeweiligen Zeitpunkten auf (p > 0,05) (. Abb. 3a). Ebenso zeigte sich eine signifikante Reduktion des Visus zwischen der präoperativen und der ersten postoperativen Messung (p < 0,013). Im Vergleich zur Messung nach 3 Monaten ist der Visus jedoch wieder auf das ursprüngliche Niveau angestiegen (p = 0,631). Dies ist in . Abb. 3b im Boxplot aufgetragen. Auch die zentrale Pachymetrie konnte hier keine signifikanten Veränderungen durch die operative Prozedur belegen. In diese Gruppe konnten 38 Operationen eingeschlossen werden, jedoch konnte nur bei 8 untersuchten Augen das Follow-up vollständig absolviert werden. Bei der Analyse der Sphäre gab es keine signifikanten Veränderungen zwischen den 3 Zeitpunkten. Zur Analyse des Zylinders ist zunächst zu konstatieren, dass es im Vergleich von der präoperativen Kontrolle zur ersten postoperativen Kontrolle eine signifikante Veränderung des Zylinders gab (p < 0,001). Der Unterschied hingegen zur Kontrolle nach 3 Monaten war statistisch nicht signifikant (p = 0,118). In . Abb. 4 sind die Daten im zeitlichen Verlauf dargestellt. Auch in dieser Gruppe war die Reduktion des Visus zwischen der präoperativen Testung im Vergleich zum Visustest nach der Op. statistisch signifikant (p < 0,001). Nach 3 Monaten waren die Differenzen nicht mehr als signifikant zu belegen (p = 0,3). Die zentrale Pachymetrie, welche mit der Pentacam ermittelt wurde, wies von der präoperativen Messung zur Messung am ersten postoperativen Tag eine signifikante Erhöhung auf (p < 0,001), und nach 3 Monaten hatte sich dieser Wert auf das Ausgangsniveau stabilisiert (p = 0,651). In diese Gruppe konnten 5 Augen eingeschlossen werden. Lediglich ein Patient konnte aufgrund der geschilderten Situation auch die Kontrolle nach 3 Monaten absolvieren. In dieser Patientengruppe zeigte sich keine signifikante Veränderung der Sphäre zwischen den jeweiligen Zeitpunkten. Auch der Zylinder (. Abb. 5) wies keine signifikanten Veränderungen beim Vergleich der präoperativen Daten mit den Werten zum ersten postoperativen Tag oder zur Kontrolle nach 3 Monaten auf. Der Visus ist statistisch nicht signifikant verändert. Lediglich die Pachymetrie zeigte beim Vergleich der Werte zwischen der präoperativen Kontrolle und dem ersten postoperativen Tag eine signifikante Veränderung (p = 0,035) und normalisierte sich im Verlauf wieder, sodass zur Kontrolle nach 3 Monaten im Vergleich zum Ausgangsniveau keine signifikante Veränderung mehr zu belegen war (p = 0,116). Ziel der vorgelegten Arbeit ist die Klärung der Fragestellung, ob und inwiefern Operationen an den extraokularen Augenmuskeln einen Effekt auf die Refraktion bzw. die Hornhauttopographie haben. [3] . Sie konstatierten, dass der korneale Astigmatismus am ersten Tag signifikant verändert war. Vor allem in der optischen Zone waren die Veränderungen nach einem Monat wieder rückläufig [3] . Vergleicht man die Daten mit unseren Ergebnissen, so konnten wir, aufgrund unseres Studiendesigns, die signifikante Veränderung des Zylinders sowohl für Operationen an einem als auch an 2 geraden Augenmuskeln nachweisen und zudem noch belegen, dass, auch wenn im Rahmen der Chirurgie an einem schrägen äußeren Augenmuskel ein gerader Muskel mit operiert wird, sich der Zylinder signifikantzumindest temporär verändert. Wir haben im Gegensatz zur Arbeitsgruppe um Nardi et al. eine postoperative Nachbeobachtungzeit von 3 Monaten gewählt, um denEffektnachabgeschlossener Wundheilung abbilden zu können. Snir et al. fanden 1989 eine leichte Tendenz zur postoperativen Myopie in der Population von 23 Kindern, welche an den horizontalen Augenmuskeln operiert wurden [8] . Dies lässt sich mit unseren Analysen nicht abbilden. Es besteht demnach auch in der großen Patientengruppe kein Hinweis auf eine signifikante Veränderung der Sphäre. In einer Studie der Arbeitsgruppe um Schworm wurden 77 Patienten 1996 vergleichend untersucht. Diese Zahl Patienten umfasste sowohl die Operation gerader als auch einiger schräger Augenmuskeln (Obl.-inferior-Korrekturen n = 10; andere, z. B. Obl.-superior-Operationen n = 6). Im Unterschied zu dieser angeführten Arbeit wurden unsere Patienten alle im gleichen operativen Setting (z. B. auch identische Narkoseform) versorgt, um Bias wie hier beispielsweise durch Operation eines Teils der Patienten in Retrobulbäranästhesie auszuschließen. Des Weiteren zeigt unsere klinische Praxis, dass es auch gehäuft Indikationen mit einer Kombination aus schrägen und geraden Augenmuskeln gibt, sodass wir diese Gruppe zusätzlich betrachten wollten. Nichtsdestotrotz stimmen wir mit den Kernaussagen der Autoren überein. Diese konstatieren ebenso, dass es sich meist um eine vorübergehende Refraktionsänderung handelt. Im Fall persistierender Visusbeeinträchtigungen sollte auch eine längerfristig anhaltende Refraktionsänderung in Erwägung gezogen werden [7] . Als deutlichste Limitation unserer Studie ist die Reduktion der Patientenzahl zur Kontrolle nach 3 Monaten zu sehen. Hier war es uns aufgrund der derzeitigen Situation und dem Erfordernis, die Patientenkonsultationen auf ein notwendiges Minimum zu begrenzen, nicht möglich gewesen, einen vollständigen Datensatz zu erheben. Wir planen jedoch, diesen Zeitpunkt im Sinne einer Folgestudie mit weiteren Patienten erneut zu betrachten. Des Weiteren muss erwähnt werden, dass die Aussagen lediglich für die hier durchgeführten Prozeduren anzuwenden sind. Des Weiteren ist anzumerken, dass zum Kontrollzeitpunkt am ersten postoperativen Tag das Vorhandensein einer Bindehautschwellung und deren Ausmaß einen Einfluss auf die Ergebnisse hat. Wir haben uns dennoch für diesen Kontrollzeitpunkt entschieden, um den Patienten, welche zumeist große Anfahrtswege haben, eine weitere Anfahrt zu ersparen. Die Vorteile unserer Studie liegen unseres Erachtens darin, dass verschiedene Operationsverfahren bzw. Indikationen im gleichen Setting betreut und verglichen werden können. Hierfür konnten wir jeweils eine ausreichend große Patientengruppe rekrutieren. So konnten wir aus unserer Sicht trotz der Erschwernisse der derzeitigen Pandemiesituation die eingangs gestellte Frage hinreichend beantworten. So lässt sich anhand unserer Daten konstatieren, dass die Augenmuskeloperation nachweislich einen Einfluss auf die Hornhauttopographie und die Refraktion hat. Jedoch stellt sich dieser Effekt bislang als vorübergehend dar. Nach 3 Monaten konnten wir keinen signifikanten Unterschied zum Ausgangsniveau mehr feststellen. Zudem empfiehlt es sich unserer Ansicht nach, die vorgelegten Daten inso-Abstract Comparative analysis of refractive and topographic changes after eye muscle surgery Background: The question of whether refractive or topographic changes are to be expected after eye muscle surgery is largely unanswered. Materials and methods: Results of pre-and postoperative objective refraction, Pentacam (Oculus, Menlo Park, CA, USA), and visual acuity tests of 229 eyes are included in the present analysis. The examinations took place preoperatively, on the first postoperative day, and after 3 months. Results: After surgery on one or two extraocular recti muscle, there are significant changes in the cylinder (p < 0.001) on the first postoperative day, although values returned to normal after 3 months. Similar changes also appeared in combined operations of extraocular and oblique muscles. Conclusion: The authors postulate that extensive patient education with regard to temporary changes in the cylinder is necessary, particularly when the extraocular muscles are involved, and that additional refraction and topography control can be useful postoperatively if visual rehabilitation is inadequate. A paired comparison study on refractive changes after strabismus surgery Les variations physiologices de Ia courbure de Ia cornée pendant Ia vie. Leur importance dans la refraction oculaire Effects of strabismus surgery on corneal topography Mixed-effects models in SandS-Plus Corneal topographic changes after eyelid ptosis surgery Refractive changes after scleral buckling surgery Boer-genKP(1996)EinflussderStrabismusoperationauf die Hornhautwölbung Postoperativerefractivechanges inchildrenwithcongenitalesotropia: apreliminary study Powervectoranalysisof theopticaloutcomeofrefractivesurgery