key: cord-0018567-e5wj1ltm authors: Bohlender, Jörg E. title: Ambulante Phonochirurgie date: 2021-06-30 journal: HNO DOI: 10.1007/s00106-021-01081-6 sha: 286fc3a9b7590b171b5694ab599b9f5833b7f948 doc_id: 18567 cord_uid: e5wj1ltm Significant and new impulses regarding the treatment concept for outpatient phonosurgery on unsedated patients are currently coming from various Anglo-American authors. These “office-based procedures” have been propagated as an alternative to many conventional surgical interventions under anesthesia. The main reason for this remarkable development is the use of new endoscopic techniques in combination with photoangiolytic laser (KTP and blue laser), which allow safe and efficient phonosurgical procedures. Patient acceptance is high since outpatient procedures are considered to have a lower surgical risk. Despite the widespread euphoria, there is a lack of studies evaluating the medical decision criteria and safety management of office-based laryngeal surgery. Als medizinhistorischer Meilenstein in der Laryngologie gilt die erstmals 1861 von Victor von Bruns (1812-1883) durchgeführte transorale Exstirpation eines Kehlkopfpolypen. So schreibt der in Tübingen an der Universität lehrende Chirurg von Bruns im Kapitel Allgemeine Bemerkungen über laryngoskopische Operationen und Instrumente in seiner 1862 erschienenen Publikation "Die erste Ausrottung eines Polypen in der Kehlkopfshöhle durch Zerschneiden ohne blutige Eröffnung der Luftwege nebst einer kurzen Anleitung zur Laryngoskopie" [1] , dass "an den operi(e)renden Arzt, wie an den zu operi(e)renden Kran-QR-Code scannen & Beitrag online lesen ken eigent(h)ümliche Anforderungen" gestellt werden und dass "Operationen an solcher Stelle ohne allen Widerspruch zu den schwierigsten in dem ganzen grossen Gebiete der Chirurgie" zählen (. Abb. 1). Mit Eine prä-und posttherapeutische Stimmfunktionsdiagnostik, vorzugsweise nach dem ELS(European Laryngological Society)-Protokoll, erfasst den funktionalen Anteil einer benignen Stimmlippenpathologie und trägt zur Qualitätssicherung und Beurteilung des Outcomes von phonochirurgischen Maßnahmen bei [3] . Eine differenzierte Befunderhebung und Dokumentation der Stimmstörungen wird jedoch in der gängigen internationalen Literatur bedauerlicherweise häufig nur rudimentär reflektiert, obgleich die Chirurgie als "phonochirurgisch" gelabelt wird. Laryngeale Eingriffe im Stuhl sollten zunächst unabhängig von den geplanten Interventionen und der Dauer nie alleine durchgeführt werden. Aus eigener Erfahrunghatsicheine Tandemsituation(Operateur und Assistenz) im klinischen Alltag bewährt. Vor jedem Eingriff muss eine kritische Prüfung der Technik, der Endoskope, des Saugers und vor allem des Instrumentariums (Laser oder mikrochirurgische Instrumente) erfolgen. Bei Lasereingriffen im Behandlungsstuhl sollten die empfohlenen allgemeinen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Die gegenwärtige SARS-CoV-2("severe acute respiratory syndrome coronavirus 2")-Pandemie stellt auch für den operativ tätigen Laryngologen eine immense Herausforderung dar. Gerade bei den transoralen und transnasalen aerosolgenerierenden Eingriffen ist ein Höchstmaß an Selbst-, Mitarbeiter-und Patientenschutz erforderlich, sie hat höchste Priorität bei der Planung von Operationen. Die Teamarbeit bewährt sich bei der gegenseitigen Kontrolle der Schutzkleidung und Ausrüstung sowie beim Einhalten der Hygienemaßnahmen. Vor "office-based" Eingriffen ist ein negativer COVID("coronavirus disease")19-Test des Patienten unabdingbar. Der Patient darf erwarten, dass er grundsätzlich in einer ruhigen und professionellen Atmosphäre behandelt wird. Die präoperative Aufklärung sollte idealerweise einige Tage Office-based phonosurgery Abstract Significant and new impulses regarding the treatment concept for outpatient phonosurgery on unsedated patients are currently coming from various Anglo-American authors. These "office-based procedures" have been propagated as an alternative to many conventional surgical interventions under anesthesia. The main reason for this remarkable development is the use of new endoscopic techniques in combination with photoangiolytic laser (KTP and blue laser), which allow safe and efficient phonosurgical procedures. Patient acceptance is high since outpatient procedures are considered to have a lower surgical risk. Despite the widespread euphoria, there is a lack of studies evaluating the medical decision criteria and safety management of office-based laryngeal surgery. Ambulatory surgical procedures · Endoscopy · Laser therapy · Larynx · Patient safety integriert werden. Ein innovatives und vielversprechendes Laserverfahren stellt die selektive Photoangiolyse (SPA) dar. Hierbei interagiert selektives photoangiolytisches Laserlicht mit dem roten Blutfarbstoff (Hämoglobin) und führt zu einer selektiven Verödung von kleinsten Mikrogefäßen in der Stimmlippe. Mit dieser kontaktfreien Lasertechnik können beispielsweise laryngeale Papillome unter Schonung der empfindlichen Stimmlippenarchitektur gezielt und effizient endoskopisch behandelt werden (. Abb. 3) . Selektives photoangiolytisches Laserlicht wie Kalium-Titanyl-Phosphat (KTP; 532 nm) oder der "blaue Laser" (445 nm) erweitern damit die bisherigen therapeutischen Optionen bei Eingriffen im Behandlungsstuhl [11] . Bei allen Vorteilen, welche die photoangio-lytische Lasertechnik im "office-based" Setting mit sich bringt, müssen potenzielle Risiken schwankender Laserenergieabgaben bei mobilen Stimmlippen und gleichzeitig veränderbarer Position der Laserspitze weiterhin geklärt werden. Die Anwendungsmöglichkeiten des nun auch in der flexiblen Endoskopie kommerziell zur Verfügung stehenden CO2(Kohlenstoffdioxid)-Lasers bleiben noch zu evaluieren [18] . Eine Vielzahl an gutartigen Läsionen lässt sich sicher und effizient ohne Narkose im Wachzustand behandeln (. Tab. 1) . Im Folgenden werden einzelne Befunde und Behandlungsstrategien diskutiert. (. Abb. 4) . Die vergleichbaren postoperativen funktionellen Ergebnisse bei einem ambulanten Vorgehen bestätigen sich in einem aktuellen Review und einer systematischen Metaanalyse [5] . In Kombination mit dem Laser lassen sich auch intraläsionale Cidofovir-oder Bevacizumabinjektionen durchführen. Die ambulante photoangiolytische Laserbehandlung von Stimmlippenpolypen wird mehr und mehr als eine vielversprechende Alternative zu einem Eingriff in Vollnarkose propagiert. Wie auch bei allen anderen "office-based" Eingriffen in Lokalanästhesie ist die Operationszeit begrenzt. Bei bis zu 10 % der Patienten, beispielsweise mit größeren Polypen oder intraoperativen Beschwerden, kann der Eingriff nicht wie geplant beendet werden [13] . Einige Autoren empfehlen daher, die Laserkoagulation mit einer anschließenden endoskopischen Polypektomie des koagulierten Polypen zu verbinden. Diese Kombination soll weitere Behandlungssitzungen bei alleiniger Anwendung des photoangiolytischen Lasers vermeiden [17] . Auch wenn unter Schonung des Perichondriums eine sorgfältige ambulante mikrochirurgische Abtragung in Kombination mit einer KTP-Lasertechnik erfolgt [8] , muss mit einem Rezidiv des Kontaktgranuloms gerechnet werden. Nur bei einem suspekten Befund oder bei Verlegung des Glottisspalts empfiehlt sich die Chirurgie. Weiterhin ergänzen intraläsionale Injektionen von entzündungshemmenden Kortikosteroiden oder Botulinumtoxininjektionen zur Schwächung des schädigenden und verursachenden Hammer-Amboss-Prinzips das Therapieregime. Ungeachtet dieser diskussionswürdigen therapeutischen Maßnahmen sollte eine potenzielle Glottisschlussinsuffizienz als zugrundeliegende Ursache ausgeschlossen werden [4] . Die makroskopisch teilweise schwer voneinander zu unterscheidenden bzw. zu klassifizierenden benignen Stimmlippenveränderungen wie Reinke-Ödeme, Stimmlippenpolypen und seröse Pseudozysten zeigen eine histopathologische Gemeinsamkeit, die sich durch charakteristische exsudativen Läsionen im Reinke-Raum auszeichnet [10] . Neben einer ambulanten Abtragung mit kalten mikrochirurgischen Instrumenten (v. a. transoral indirekt; . Abb. 5) werden transnasale Laserverfahren eingesetzt. Alternativ zu diesen genannten Verfahren werden bei "office-based" Eingriffen Kortikosteroidinjektionen bei der Behandlung von sogenannten exsudativen Läsionen des Reinke-Raums empfohlen [6] . Teilweise gehen diese volumenreduzierenden Injektionen einem späteren phonochirurgischen Eingriff voraus. In den unterschiedlichen Studien werden sowohl Triamcinolon als auch Dexamethason monotherapeutisch oder in Kombination appliziert. Die Dosierung und die Behandlungsfrequenz unterscheiden sich hierbei deutlich von Studie zu Studie [6] . Idealerweise werden bei der Dissektion von Zysten Mikroflap-Techniken angewandt. Mit Hilfe der transnasal endoskopischen KTP-Laser-Technik wird eine Drainage und Marsupialisation von HNO Abb. 6 9 Glottisschlussinsuffizienz, subepitheliale Narbensprengung der rechten vernarbten Stimmlippe Retentionszysten empfohlen. Kritisch wird vermerkt, dass die angewandte Lasertechnik weniger präzise in der Anwendung sei und dass ein potenzielles Risiko zusätzlicher Narbenbildung bestehe [9] . Hier stellt sich die Frage, inwieweit dieses laserassistierte Vorgehen grundsätzlich mit dem phonochirurgischen Konzept einer funktionell orientierenden und gewebeschichtrespektierenden Chirurgie in Einklang zu bringen ist. Die photoangiolytische Behandlung stellt bei mikrovaskulären Malformationen ebenfalls eine ideale Therapieoption dar. Der Operateur sollte dennoch bei der Therapieplanung sorgfältig in Betracht ziehen, dass bei fehlender Dokumentation einer Hämorrhagie in der Krankengeschichte, eine Laserbehandlung möglicherweise einen unnötigen Eingriff darstellt [16] . Die Ablation der vaskulären Malformationen erfolgt direkt oder indirekt an das umgebende Gebiet des Gefäßes. Die Laserbehandlung von kleinsten Stimmlippengefäßen beim wachen Patienten stellt für den Operateur eine Herausforderung dar, da eine Einblutung in das umliegende Stimmlippengewebe dringlichst vermieden werden sollte. In laryngologischen Zentren werden zunehmend leukoplakische Alterationen, Erythroplakien und hyperkeratotische Veränderungen im Bereich der Stimmlippen trotz histopathologisch unterschiedlicher Dysplasiegrade pho-toangiolytisch erfolgreich therapiert [14] . Jenseits der Diskussionen um Zeit-und Kosteneffizienz besteht Diskussionsbedarf, inwieweit das ambulante Laserverfahren ohne vorangegangene Biopsie mit den onkologischen Kriterien einer zuverlässigen und sicheren Therapie vereinbar ist. Ambulant kann mit Hilfe von intraläsionalen Steroidinjektionen eine Verbesserung der Stimmlippenbeweglichkeit und eine Verbesserung des Glottisschlusses verfolgt werden [7] . Bei kleineren überschaubaren Defekten kann eine ambulante subepitheliale Narbensprengung versucht werden (. Abb. 6). So kann nach einer erfolgreichen Expansion des narbigen Defekts eine Folgeinjektion beispielsweise mit Hyaluronsäure, falls notwendig, geplant werden. Mittlerweile werden auch angiolytische Laseranwendungen bei narbigen Veränderungen diskutiert. Experimenteller Natur ist die gezielte ambulante Injektion von basischen Fibroblastenwachstumsfaktoren (bFGF) in die Stimmlippennarben [15] . Johns MM 3rd (2015) Safety and efficacy of multiuse botulinum toxin vials for intralaryngeal injection Diagnostic and therapeutic pitfalls in benign vocal fold diseases Vocal process granuloma and glottal insufficiency: an overlooked etiology? 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