key: cord-0010469-fn4vtjq2 authors: Steinkamp, Sven title: Nachfrageorientierte Klimapolitik — Evidenz aus der Corona-Krise date: 2020-04-22 journal: Wirtschaftsdienst DOI: 10.1007/s10273-020-2636-0 sha: ffc83ac199b68cf37ef5a82a1fc43de3fc8bf73a doc_id: 10469 cord_uid: fn4vtjq2 nan Doch woher weiß der Rest der Welt, dass in Deutschland fossile Brennstoffe gespart werden und sie nun im Gegenzug mehr konsumieren können? Kein zentrales Gremium koordiniert den Ölmarkt. Nein, es ist die berühmte unsichtbare Hand von Adam Smith. Der Preis koordiniert Anbieter und Nachfrager und räumt den Markt. Der Verzicht Deutschlands lässt die globalen Preise fallen und koordiniert das fi xe globale Angebot mit der gesunkenen regionalen Nachfrage. Die Ersparnis in Deutschland wirkt wie eine Subvention auf den Ölverbrauch anderer Länder. Abbildung 2 zeigt hingegen, dass dies offenbar nicht der Fall ist. Die Produktionsmengen haben einen leichten, nahezu linearen Trend nach oben. Vergleicht man die mittelwertbereinigte Reihe des Ölpreises mit der Produktionsmenge, wird klar, dass die Variation des Ölpreises deutlich ausgeprägter ist. Während dessen Variationskoeffi zient 0,70 beträgt, ist er bei der globalen Produktionsmenge lediglich 0,11. Dies ist prima facie Evidenz für die kurzfristige Inelastizität des Öl-Angebotes. Wenn regionale Nachfrageschocks die Fördermenge unberührt lassen, stellt sich die Frage, was dessen Auf-Nicht viel anders war die Marktreaktion nach den Anschlägen am 11. September 2001 in den USA (vgl. Abbildung 1b) oder auch bei der SARS-Epidemie von 2003 (vgl. Abbildung 1c), als beide Male ebenfalls der Flugverkehr regional eingebrochen ist. Der statistische Vorteil dieser Ereignisse ist, dass auch Daten über den direktbetroffenen Zeitraum hinaus vorliegen. Erneut sieht man: Kurz nach den Ereignissen fi elen die Erdölpreise um mehr als 20 %, aber die globale Fördermenge blieb davon fast unbeeinträchtigt. Vergleicht man alle drei Fälle oder betrachtet die mittlere Reaktion (vgl. Abbildung 1d), ist es erstaunlich, wie stabil das Ölangebot ist. Natürlich hat ein narrativer Analyseansatz wie dieser Grenzen. Es könnte beispielsweise sein, dass einmalige und kurzfristige Änderungen in der Nachfrage keine Wirkung auf die Fördermenge haben, viele kleine Einsparungen über einen längeren Zeitraum hingegen schon. Aber auch hier besteht kein Grund zu Optimismus. Bereits vor zehn Jahren zeigte Ressourcenökonom Lutz Kilian überzeugend, dass die von 1976 bis 2009 identifi zierten Ölnachfrageschocks keinen nennenswerten Einfl uss auf die Produktionsmenge hatten, wohl aber auf die Preise (Kilian, 2009) . Ein Ergebnis, das nun durch die Corona-Krise -mit viel weniger ökonometrischem Aufwand -bestätigt wird. Tabelle 1 zeigt, dass es keine nennenswerte Korrelation zwischen den Schwankungen der realen Wirtschaftstätigkeit und der Ölförderung gibt. Schwankungen des Ölpreises hingegen gehen deutlich mit Änderungen der globalen Produktionstätigkeit einher. Der Korrelationskoeffi zient beider (stationärer) Zeitreihen beträgt 0,55 und ist statistisch signifi kant. Anders sieht es bei dem langfristigen Trend der Reihen aus. Hier gibt es erwartungsgemäß hohe, statistisch-signifi kante Korrelationen zwischen dem Ölpreis, der Fördermenge und der Wirtschaftstätigkeit. Angebot, Nachfrage und Preis stehen in einer stabilen Langfristbeziehung zueinander. 2 Die Schlussfolgerung ist daher explizit nicht, dass eine globale, langfristige Nachfragereduktion nach fossilen A New Monthly Indicator of Global Real Economic Activity Federal Reserve Bank of St. Louis; US Energy Information Administration; OPEC Federal Coal Program Reform, the Clean Power Plan, and the Interaction of Upstream and Downstream Climate Policies Not All Oil Price Shocks Are Alike: Disentangling Demand and Supply Shocks in the Crude Oil Market, American Economic Review A New Monthly Indicator of Global Real Economic Activity The green paradox: a supply-side approach to global warming