key: cord-0007532-oi5guqid authors: Wendt, Sebastian; Trawinski, Henning; von Braun, Amrei; Lübbert, Christoph title: Durch Zecken übertragbare Erkrankungen: Von der Lyme-Borreliose über das Q-Fieber bis zur FSME date: 2019-05-06 journal: CME (Berl) DOI: 10.1007/s11298-019-6903-6 sha: ff7f1cd604186c8d89090319305ebf85673a1da5 doc_id: 7532 cord_uid: oi5guqid Zecken sind Überträger einer Vielzahl humanpathogener Krankheitserreger mit einer großen Bandbreite klinischer Symptome. Das Verbreitungsgebiet der einzelnen Erreger ist vom Vorkommen der Vektoren und Wirte abhängig. Aufgrund verschiedener Faktoren ist es in den letzten Jahren zum Teil zu einer Ausdehnung der Endemiegebiete gekommen. Am weitesten verbreitet sind Zecken-übertragene Rickettsiosen, welche v.a. in der Reisemedizin eine Rolle spielen. Die häufigsten Zecken-übertragbaren Erkrankungen in Deutschland und Europa sind Lyme-Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Meist verlaufen die Infektionen mild oder sind — im Falle bakterieller Infektionen — gut behandelbar. Die wichtigsten präventiven Maßnahmen bei Aufenthalten in einem Risikogebiet sind der Schutz vor Zeckenstichen und im Falle der FSME die sehr gut wirksame Impfung. Zahlreiche Krankheitserreger können durch Zecken auf den Menschen übertragen werden. Einige dieser Erkrankungen sind an bestimmte geogra sche und klimatische Bedingungen gebunden. Durch intensiven Reiseverkehr und globale Klimaveränderungen müssen sich Ärzte schon heute mit dem gesamten Spektrum der "tick-borne diseases" (TBD) auseinandersetzen. Die kürzlich erfolgte Sichtung "tropischer" Zeckenarten auch in Deutschland unterstreicht diesen Anspruch. Systematisch gehören Zecken (Ixodida) zu den Gliederfüßern (Arthropoda) und zur Klasse der Spinnentiere (Arachnida) bzw. zur Unterklasse der Milben (Acari). Sie sind stationäre bzw. temporäre Ektoparasiten: Sie saugen Blut am äußeren Körper von Wirbeltieren, darunter auch beim Menschen. Etwa 900 Arten sind bisher bekannt, darunter einige Überträger humanmedizinisch relevanter Zoonosen. Alle Zeckenarten bestehen aus einem gegliederten Körper mit Cephalothorax und Abdomen sowie vier Beinpaaren. Sie besitzen ein chitinhaltiges Exoskelett ohne Innenskelett und müssen sich häuten, wenn sie wachsen. Die Entwicklung zur adulten Zecke verläu über die Zwischenstadien von Larve (drei Beinpaare) (Abb. 1a) und Nymphe (vier Beinpaare) (Abb. 1b). Die Jungtiere haben ein ähnliches Aussehen und eine vergleichbare parasitische Lebensweise wie die Adulten. Einige Krankheitserreger wie beispielsweise Arboviren (Akronym für engl. arthropod-borne viruses) können vertikal (transovariell) an die nächste Generation weitergegeben werden, sodass die Zecke selbst zum Infektionsreservoir wird. Die Übertragung des Erregers geschieht in den allermeisten Fällen durch den Stechrüssel (Regurgitation, Inokulation) oder wie im Falle des Q-Fiebers durch den Kot der Tiere bzw. spezielle Ausscheidungen (Coxal üssigkeit). Zecken unterschieden sich von den Milben durch die obligat parasitische Lebensweise, durch ihre Körpergröße, die vollgesogen mehr als 3 cm betragen kann, sowie durch den typischen Au au des Köpfchens (Capitulum) (Abb. 2) mit Tastern (Pedipalpen), Kieferklauen (Chelizeren) und einem Stechrüssel mit Widerhaken (Hypostom). Entomologisch gesehen handelt es sich beim Zeckensaugakt daher um einen Stich -und nicht etwa um einen Biss, obwohl in der Fachliteratur und im Alltag o der falsche Begri gebraucht wird (z. B. "Zeckenbiss eber"). Zur Wirts ndung dienen an den Vorderbeinen bendliche spezi sche und sehr sensible Chemorezeptoren, die in ihrer Gesamtheit das so genannte Hallersche Organ ("Geruchsorgan") bilden. Bei Anwesenheit von Kohlensto dioxid, Ammoniak, Milchsäure oder Phenolen kann die Zecke so auf einen potentiellen Wirt schließen und reagieren. Grundsätzlich lassen sich morphologisch zwei distinkte Familien unterscheiden: die Lederzecken (Argasidae, "so ticks", Saumzecken) und die Schildzecken (Ixodidae, "hard ticks"). Die etwa 190 Arten umfassenden Lederzecken haben eine weiche, "ledrige" Kutikula und im Adultstadium ein unter dem Körper gelegenes Capitulum. Die meisten Arten leben in Höhlen oder Tierbauten bzw. haben ein menschennahes Umfeld. Lederzecken saugen etwa alle sechs 1 a Rhipicephalus-Zecke (Larve), b Schildzecke (Nymphe) a b Wochen Blut, können aber auch sehr lange Hungerperioden (experimentell bis elf Jahre) überstehen. Medizinisch bedeutsam sind hier die Rückfall eberzecken, z.B. Ornithodorus moubata. Diese sind "Kurzzeitsauger" -ihr Stich wird meistens nicht bemerkt. Die größte und am weitesten verbreitete Gruppe sind die Schildzecken, die über 700 Arten umfassen und meist als Freilandtiere leben. Sie haben eine harte Kutikula und tragen ein Rückenschild (Scutum). Die Wirte werden durch "Lauern" ("questing", z.B. bei Ixodes ricinus) oder durch Verfolgung des Wirtes ("hunter ticks", z.B. Amblyomma spp. oder Hyalomma spp.) gefunden. Andere medizinisch wichtige Arten sind die Buntzecken wie z. B. die Auwaldzecke (Dermacentor reticulatus) als Überträger von Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) und Hasenpest -sowie die Braune Hundezecke (Rhipicephalus sanguineus) als Überträger von Babesiose, Ehrlichiose und Anaplasmose. Die Diagnosestellung basiert auf der typischen Symptomatik. Bei einem klassischen Erythema migrans erübrigt sich weitere Diagnostik. Bei anderen Formen wird eine serologische Diagnostik zum Nachweis spezi scher IgG-und IgM-Antikörper empfohlen. Spätstadien können bei negativer Serologie ausgeschlossen werden. Die Borrelienserologie ist eine Stufendiagnostik: Nach einem Suchtest (Enzymimmunoassay) mit hoher Sensitivität (abhängig von der Infektionsdauer) wird bei positivem Befund ein Bestätigungstest (Immunoblot) mit hoher Spezi tät angeschlossen. Ein wiederholt alleiniger IgM-Nachweis ohne IgG-Serokonversion spricht für einen falsch-positiven Befund, z.B. bei einer Kreuzreaktion mit Rheumafaktoren oder antinukleären Faktoren (ANA). Auch können Kreuzreaktionen zu anderen Spirochätosen (Syphilis) au reten. Bei Verdacht auf Neuroborreliose müssen zeitgleich Serum und Liquor gewonnen werden. Mittels Bestimmung der spezi schen Antikörper in Serum und Liquor kann der Borrelien-spezi sche Antikörperindex (AI) zum Nachweis einer spezi schen intrathekalen Antikörpersynthese berechnet werden. In Kombination mit einem entzündlichen Liquorsyndrom kann so eine Neuroborreliose bestätigt bzw. ausgeschlossen werden. Ein direkter Erregernachweis mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR) oder Kultur ist aus der Hautbiopsie, Gelenkpunktat, Synovialbiopsie oder Liquor möglich, allerdings mit eingeschränkter Sensitivität (je nach Ort der Materialgewinnung 10-70%). Eine serologische Verlaufskontrolle nach leitliniengerechter erapie wird aufgrund von über Monate bis Jahre persistierenden IgG-und IgM-Antikörpern nicht empfohlen ("Seronarbe"). Frühstadien (Erythema migrans, Lymphozytom, Allgemeinsymtome) werden mit Doxycyclin (200 mg/d) oder alternativ mit Amoxicillin (3 × 1 g/d) über 14-21 Tage oral behandelt [13] . Zur [6] . Am bedeutsamsten sind in der täglichen Praxis ATBF und MSF, da sie erfahrungsgemäß regelmäßig bei Reiserückkehrern diagnostiziert werden. Sie gehören zu den "Top-Ten" der eberha en Erkrankungen bei Reiserückkehrern aus Afrika bzw. aus den Mittelmeerländern [3, 14] . RMSF ist für Campingurlauber in den USA relevant, wird aber sehr viel seltener importiert. Die anderen Rickettsiosen haben nur eine geringe Bedeutung. Die Zeit bis zum Erscheinen erster Symptome nach Zeckenstich schwankt zwischen 1-14 Tagen (im Mittel 5-7 Tage) [17] . Alle Rickettsiosen sind während der ersten fünf Tage akute eberha e Erkrankungen mit Kopf-und Gliederschmerzen. Ab dem 6. Krankheitstag können weitere (spezi schere) Symptome hinzukommen: Typisch sind eine oder mehrere (insbesondere bei ATBF) nekrotische Papeln mit zentraler Verschorfung (Eschar, tâche noire) (Abb. 5) am Ort der Primärläsion, die pathognomonisch sind. Bei passender Anamnese und der Trias Fieber, Eschar und Exanthem ist daher zwingend an eine Rickettsiose zu denken. Hinzu kommen meist eine schmerzha e regionale Lymphadenitis und gegebenenfalls ein Exanthem. Im Verlauf kann sich eine Splenomegalie ausbilden. Nicht selten berichten die Patienten von leichteren psychischen Alterationen und Verwirrtheitszuständen [11] . Im Frühstadium bietet sich eine PCR aus Escharmaterial oder EDTA-Blut an. Konventionelle Blutkulturen sind nicht geeignet, da sich die Rickettsien im normalen Labor nicht anzüchten lassen. Am gebräuchlichsten ist daher der Nachweis rickettsienspezi scher Antikörper aus dem Serum ab dem 7. Krankheitstag. Eine genaue Unterscheidung der einzelnen Spezies ist aufgrund von Kreuzreaktionen nicht möglich, kann aber epidemiologisch und klinisch (Ausprägung des Eschars) erfolgen. Häu g sind die Transaminasen als Zeichen einer Begleithepatitis erhöht. Eine rombozytopenie ist ein Hinweis auf einen komplizierten Verlauf und sollte eine stationäre Überwachung nach sich ziehen. Mittel der Wahl ist Doxycyclin (200 mg/d) für 5-10 Tage [21] . Ebenfalls wirksam sind Tetrazyklin, Chloramphenicol, Cipro oxacin und Makrolide (bei Schwangeren). Penicilline sind unwirksam, Sulfonamide aufgrund wachstumsfördernder Eigenschaften kontraindiziert [18] . Randomisierte Studien zur optimalen erapie fehlen. Zecken-Expositionsprophylaxe mit geeigneten Repellentien, z.B. Diethyltoluamid (DEET) in höherer Konzentration, geschlossene Kleidung sowie die Bekämpfung von Nagetieren sind mögliche Präventionsmaßnahmen. Eine Impfung ist nicht verfügbar. Es gibt Hinweise, dass eine Malaria-Chemoprophylaxe mit Doxycyclin Infektionen verhindern kann [28] . Die Behandlung des chronischen Q-Fiebers ist eine Herausforderung. Doxycyclin in Kombination mit einem höherwertigen Chinolon bzw. Rifampicin oder Chloroquin über mindestens 1 Jahr wird in der Literatur empfohlen [17] . Eine frühzeitige kardiochirurgische Mitbeurteilung sollte erfolgen. Die erapie des Q-Fiebers ist insgesamt wenig evidenzbasiert. Eine Infektionseindämmung ist wegen der Umweltpersistenz schwierig. Die Expositionsprophylaxe steht im Vordergrund. Das Scheren von Schafen und eine Akarizidbehandlung ("Zeckenbad") kann die Staubbelastung durch getrockneten Zeckenkot minimieren. In bestimmten Regionen der USA ist die HGA nach der Borreliose die zweithäu gste Erkrankung nach einem Zeckenstich (58 Fälle pro 100.000/Jahr) [2] . In Europa ist die Zahl dokumentierter Fälle gering (Einzelfallberichte). Gründe sind möglicherweise die fehlende Vertrautheit mit dem Krankheitsbild und das Unterlassen einer gezielten Diagnostik. Dafür spricht auch, dass die Prävalenz des Erregers in den Zecken mit 3-4% sowohl in den USA als auch in Europa vergleichbar ist [26] . Die HME ist im Wesentlichen auf die USA beschränkt (bisher mehrere Tausend Fälle gemeldet), kommt wahrscheinlich aber auch in Südamerika vor. HGA und HME werden etwa 4-8 Tage nach Zeckenstich manifest. Die meisten Infektionen mit Anaplasmataceae scheinen asymptomatisch oder subklinisch zu verlaufen. Initial kommt es gegebenenfalls zu einer eberhaften Allgemeinerkrankung. Bei Älteren und Immunsupprimierten sind auch Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS), Myokarditis, Nierenversagen und Gerinnungsstörungen möglich. Die Sterblichkeit liegt zwischen 0,5-3%, wobei besonders Immunkompromittierte letal gefährdet sind. HME verläu i.d.R. schwerer als HGA. Da es keinen Impfsto gibt, steht nur die Zecken-Expositionsprophylaxe zur Verfügung. Das endemische Zecken-Rückfall eber (recurrent fever; spirillium fever; Tick-Borne Relapsing Fever [TBRF]) gehört zu den Borreliosen und wird durch gramnegative schraubenförmige Bakterien der Gattung Borrelia (z. B. B. duttonii, Tab. 1) ausgelöst. Das TBRF wird durch Lederzecken der Gattung Ornithodorus mit dem Speichel übertragen, die in tropischen und subtropischen Gebieten Afrikas, Asiens, Amerikas und Europas vorkommen. B. duttonii kann auch transovariell übertragen werden, sodass die Zeckenpopulation -neben wildlebenden Nagetieren -selbst ein relevantes Erregerreservoir darstellt. Die Erkrankung kommt in Deutschland nicht endemisch vor. Allerdings spielt sie als mögliche Di erenzialdiagnose beim rezidivierenden Fieber unklarer Ursache in der Reise-und Migrationsmedizin eine Rolle. Das RKI berichtet von einem Anstieg der gemeldeten Läuse-Rückfall eber-Erkrankungszahlen in den letzten Jahren (2005-2014: 0 Fälle; 2015: 45 Fälle, 2016: 5 Fälle) mit den höchsten Inzidenzraten bei asylsuchenden, jungen männlichen Erwachsenen aus Äthiopien, Eritrea, Somalia und dem Sudan [27] . Möglicherweise ist diese Tendenz aufgrund einer ähnlichen epidemiologischen Verbreitung auch auf TBRF übertragbar. Die Inkubationszeit kann zwischen 4-18 Tagen nach Zeckenstich betragen [11, 18] . [18] . Spätrezidive sind nach Ausheilung nicht bekannt. Malaria, Typhus abdominalis, Leptospirose, Rickettsiosen, Amöbenleberabszess, Pest, Hantavirus-Infektionen sowie andere virale hämorrhagische Fieber sind di erenuialdiagnostisch zu bedenken. Labordiagnostisch fallen Leukozytose, rombozytopenie und erhöhte Transaminasen sowie Albuminurie auf. Im fortgeschrittenen Stadium sind die Erkrankten leukopen und hypoglykämisch. Da Rückfall eber-Borrelien während der Fieberanfälle regelha im peripheren Blut (und ggf. im Liquor) vorkommen, ist der Direktnachweis des schraubenförmigen Erregers mittels Giemsa-Färbung im dicken Tropfen bzw. im EDTA-Blutausstrich möglich [4] . Diagnostisches Material sollte bevorzugt während des Fieberanstiegs gewonnen werden. In Speziallaboratorien stehen Fluoreszenzmikroskopie und molekularbiologische Methoden zur Verfügung [10] . Trotz fehlender klinischer Studien ist Doxycyclin (200 mg/d) nach Literaturlage das Mittel der Wahl [18] . Ferner sind Tetrazyklin, Penicillin und Erythromycin (in der Schwangerscha und bei Kindern < 8 Jahren) sowie Chloramphenicol mögliche Alternativen. Eine siebentägige Tetrazyklintherapie unter stationären Bedingungen kann die Rückfälle meistens komplett unterbinden [8] . Wesentlich ist die Zeckenexpositionsprophylaxe. Eine zugelassene Impfung ist nicht verfügbar. Bei der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) handelt es sich um eine Infektion mit dem zu den Fla- [7] . Bei der FSME, auch tick-borne encephalitis (TBE) genannt, werden drei virale Subtypen unterschieden: TBEV-Eu (European), TBEV-Sib (Siberian) und TBEV-FE (Far-Eastern). Das geogra sche Vorkommen der drei Subtypen überlappt sich. TBEV-FE ist mit der höchsten Rate an Langzeitschäden und tödlichen Verläufen assoziiert [23] . Die FSME wird in der Regel durch Zeckenstiche von Ixodes-Arten übertragen, selten auch durch den Verzehr unpasteurisierter Milch bzw. Milchprodukte. Insgesamt sind elf Zeckenarten für die Übertragung der FSME bekannt, die meisten Fälle werden durch Ixodes ricinus und I. persulcatus übertragen. Diese Zeckenarten nden sich hauptsächlich in Wäldern und ländlichen Gebieten Mittel-und Ost-Europas unterhalb von 1500 m, wobei ihr Vorkommen auch in städtischen Parks beschrieben wurde. Die Inkubationszeit beträgt 4-28 Tage. Etwa ein Drittel der Infektionen verläu symptomatisch. Dabei kommt es zunächst zu Fieber, Muskelschmerzen und Abgeschlagenheit. In dieser ersten Phase, welche ca. 2-7 Tage andauert, bleibt die FSME-Infektion in der Regel unerkannt, da Zeichen der Meningoenzephalitis fehlen und die spezi sche Erregerdiagnostik -insbesondere die Serologienoch negativ ist. Es schließt sich eine afebrile, symptomarme Phase von bis zu zehn Tagen an, auf die letztlich die zweite febrile Phase folgt, welche durch hohe Temperaturen gekennzeichnet ist (biphasischer Verlauf). In dieser Phase zeigt sich das Vollbild der Infektion des zentralen Nervensystems mit Meningitis (50% der Fälle), Meningoenzephalitis (40%) und Meningoenzephalomyeltis. Patienten mit Meningoenzephalomyelitis, der schwersten Form der FSME, weisen klinisch zusätzlich zu starken Kopfschmerzen und Bewusstseinstrübung erhebliche Schmerzen der Extremitäten und des Rückens auf. Es kann zu Hirnnervenausfällen kommen sowie zu schla en Lähmungen. Eine Beteiligung des Hirnstamms ist mit einer schlechten Prognose assoziiert [16] . Der Tod ist zumeist Folge eines di usen Hirnödems. Je nach viralem Subtyp beträgt die Mortalitätsrate 0,5-3% (TBEV-Eu, TBEV-Sib) bis 40% (TBEV-FE). Erkrankungen durch den sibirischen Subtyp wurden früher als Russian Spring Summer Encephalitis (RSSE) bezeichnet. Nahezu die Häl e aller symptomatischen Patienten entwickelt neurologische Langzeitkomplikationen wie chronische Kopfschmerzen, Hörverlust, neuropsychiatrische Beschwerden und Konzentrationsstörungen [12] . Anfangs sind im Blut nur unspezi sche Entzündungzeichen sowie leicht erhöhte Transaminasen au ällig. In dieser Phase lässt sich das Virus im Blut mittels PCR nachweisen. In der Regel wird die Diagnose jedoch nicht direkt, sondern mittels Serologie in der zweiten febrilen Phase gestellt, nachdem sich anhand der Anamnese mit Aufenthalt in einem Risikogebiet und fakultativ erinnerlichem Zeckenstich, sowie passender Klinik ein entsprechender Verdacht ergibt. FSME-spezi sche IgM-Antikörper aus Blut und Liquor treten 2-4 Wochen nach Zeckenstich auf, IgG-Antikörper folgen ca. 1-2 Wochen später. Kreuzreaktionen mit anderen Flaviviren erschweren die Diagnostik. Es gibt keine antivirale erapie gegen FSME. Zur Prävention der FSME steht eine e ektive, gut verträgliche Impfung zur Verfügung. Die Ständige Imp ommission (STIKO) emp ehlt die Impfung allen Kindern und Erwachsenen, welche in Deutschland oder auf Reisen in Risikogebiete gegenüber Zecken exponiert sind. In Deutschland stehen derzeit zwei Impfsto e zur Verfügung (FSME-IMMUN/FSME-IMMUN Junior und Encepur/Encepur Kinder). Die Grundimmunisierung besteht aus drei Dosen, eine Au rischung sollte bei anhaltendem Risiko alle drei Jahre erfolgen. Beide Impfsto e für Kinder sind ab einem Alter von einem Jahr zugelassen. Erreger Das Krim-Kongo-Hämorrhagische-Fieber-Virus (CCHFV) gehört zur Familie der Bunyaviridae, Genus Nairovirus. Es ist das geogra sch am weitesten durch Zecken übertragene Virus. Die Pathogenese ist weitgehend unklar. Schwere Verläufe gehen mit einer hohen Menge proin ammatorischer Zytokine sowie einer Störung des Gerinnungssystems einher. Innerhalb eines enzootischen Zyklus zirkuliert CCHFV zwischen Zecken und verschiedenen Vertebratenwirten, die trotz hoher Virämie nicht erkranken. Für die Transmission ist der Speichel von Hyalomma-Laufzecken (Abb. 6) bedeutsam. Eine transovarielle Weitergabe des Virus an die nächste Zeckengeneration ist möglich. Infektionen nden hauptsächlich im Verbreitungsgebiet der Hyalomma-Zecken statt (Afrika, Asien, Südeuropa, naher Osten). Die in Deutschland registrierten Erkrankungen waren bisher sämtlich importiert. Die Inkubationszeit liegt zwischen 3-7 Tagen. Das typische CCHF verläu dreiphasig: Prähämorrhagisch treten Schüttelfrost, Fieber, Kopf-und Gliederschmerzen sowie ggf. eine Konjunktivitis und Nackenstei gkeit auf. Auch sind Magen-Darm-Beschwerden und psychische Störungen beschrieben worden. Nach einigen Tagen entwickelt sich eine Hepatomegalie. In 25% der Fälle kommt es zu schweren Hämorrhagien mit petechialen Blutungen der Haut, Ekchymosen, Nasen-, Zahn eisch-sowie Harnwegsblutungen und Kreislaufschock. Die Letalität liegt zwischen 10-50%. In der Rekonvaleszenzphase können sich Haarausfall, Polyneuritis, Seh-und Hörstörungen sowie Gedächtnisstörungen manifestieren. Infrage kommen andere virale hämorrhagische Fieber (VHF) wie Dengue-, Ebola-, Lassa-, Chikungunya-und Gelb eber sowie Hantavirus-und Marburgvirus-Infektionen. Laborchemisch fällt eine schwere rombozytopenie auf. Aspartat-Aminotransferase (ASAT), Alanin-Aminotransferase (ALAT), Laktat-Dehydrogenase (LDH) und Kreatin-Kinase (CK) sind o erhöht; im Verlauf kommt es zur Urämie. Die diagnostische Methode der Wahl ist die PCR aus dem Blut. Wenn der Direktnachweis nicht ge-lingt, ist eine Serodiagnostik anzustreben. Die Anzucht mittels Zellkulturverfahren muss in einem Sicherheitslabor der Stufe S4 erfolgen. Die Behandlung ist primär supportiv. Ribavirin war in einigen Fällen wirksam [19] . Patienten müssen in einem Kompetenz-und Behandlungszentrum für hoch kontagiöse, lebensbedrohliche Infektionskrankheiten untergebracht werden, da CCHFV auch von Mensch-zu-Mensch weitergegeben werden kann. Schon der Verdacht auf CCHF zieht weitreichende Maßnahmen nach sich (Absprache mit dem Gesundheitsamt, Isolation, "barrier nursing"). Eine Impfung steht nicht zur Verfügung. Das Colorado-Zecken eber-Virus (Colorado-Tick-Fever-Virus, CTFV) ist ein unbehülltes Virus mit doppelsträngiger RNA und gehört zur Familie Reoviridae, Gattung Coltivirus. Zwei Serotypen CTFV-Ca und CTFV-FI sind unterscheidbar, wobei letzterer als Eyach-Virus (benannt nach der Ortscha des Erstnachweises) in europäischen Zecken vorkommt und möglicherweise auch humanpathogen ist [5] . Eine spezi sche erapie existiert nicht. In zierte sollten über längere Zeit von der Blutspende ausgeschlossen werden, da ein potenzielles Übertragungsrisiko besteht. Eine zugelassene Impfung existiert nicht. Der Auslöser des Kyasanur-Wald ebers (Kyasanur Forest Disease, KFD) ist das behüllte Flavivirus "Kyasanur-Forest-Disease-Virus" (KFDV). Das nur in Saudi-Arabien vorkommende Al-Khurma-Hämorrhagische-Fieber-Virus (AHFV), welches eine ähnliche Erkrankung beim Menschen auslöst (Al-Khurma-Hämorrhagisches-Fieber, AHF) ist eng mit KFDV verwandt. Es wird ebenfalls durch Zecken übertragen. Schildzecken der Gattung Haemaphysalis gelten als Hauptvektoren. Reservoire sind Nagetiere, Vögel und Fledermäuse sowie ggf. verschiedene A enarten und der in zierte Mensch. Schafe und Kamele gelten als Hauptreservoir für das AHFV. KFD ist geogra sch strikt auf Süd-Indien und Nord-Ost-Pakistan begrenzt. Betro en sind vorwiegend Waldarbeiter, aber auch Touristen abseits städtischer Regionen. Jährlich werden mehrere hundert Erkrankungen bekannt [20] . Die Dunkelzi er ist wahrscheinlich sehr viel höher. Die Anzahl aller bisher gemeldeter Fälle von AHF ist sehr gering (< 20). Nach dem Zeckenstich vergehen 3-7 Tage bis zur ersten Symptomatik. KFD beginnt mit unspezi schen Beschwerden wie Kopf-, Glieder-und Muskelschmerzen; manchmal ist ein Exanthem sichtbar. Relativ häu g ndet sich eine Konjunktivitis und Lymphadenitis. Typisch ist ein biphasischer Verlauf: Nach einer langen virämischen Fieberphase von bis zu zehn Tagen sind die Patienten für 1-3 Wochen eberfrei. Anschließend kehrt das Fieber zurück. Bei einigen In zierten kommt es dann zu meningoenzephalen A ektionen, die in der Klinik der FSME ähneln. Die Letalität beträgt 3-5%. Todesursache ist meistens ein hämorrhagisches Lungenödem. Dengue-, Hanta-, Zika-, Chikungunya-sowie das Japanische Enzephalitis-Virus können vergleichbare Symptome hervorrufen. Gelb eber hat eine ähnliche Klinik -der Erreger kommt allerdings (bisher) nicht in Asien vor. Bei der Laboruntersuchung nden sich meist eine Leukopenie und eine Erhöhung der Leberenzyme. Eine zuverlässige Virusdiagnostik ist nur in wenigen Speziallaboratorien mittels Antikörper-Detektion (ELISA) oder PCR möglich. Serologische Kreuzreaktionen mit anderen Flaviviren sind zu berücksichtien. Es steht keine spezi sche erapie zur Verfügung. Ein inaktivierter Impfsto steht in Indien zur Verfügung. Beim Aufsuchen von Waldgebieten ist die Zeckenexpositionsprophylaxe essenziell. Die ersten Symptome sind unspezi sch; manchmal tritt eine zervikale Lymphadenopathie auf. Die Fieberphase kann bis zu zwei Wochen dauern. In einigen Fällen ist der Verlauf jedoch biphasisch mit einem Fieberrezidiv und meist intensivierter Begleitsymptomatik (Muskelschmerzen, Husten, Gastroenteritis, Meningoenzephalitis). Auch ein hämorrhagischer Verlauf ist möglich. Die Letalität liegt bei 0,5-3%. Die wesentliche infektiologische Di erenzialdiagnose ist FSME. Beim hämorrhagischen Verlauf zeigt sich eine ausgeprägte rombozytopenie, Anämie und Leukopenie. Die Patienten sind o hypoton. Eine gezielte Diagnostik (ELISA, PCR) ist nur in wenigen spezialisierten Laboren verfügbar. Kreuzreaktionen mit anderen Flaviviren sind zu beachten. Eine kausale erapie existiert nicht. Eine Impfung ist nicht verfügbar. In zierte müssen von der Blutspende ausgeschlossen werden. Toxine Einige Zeckenarten sind in der Lage, ähnlich wie Skorpione oder Spinnen, neurotoxische Speichelto-xine zu injizieren. Diese werden in den Speicheldrüsen produziert. Meistens handelt es sich um sekretorische Proteinstrukturen ("Speicheltoxine") mit neurotoxischem Charakter. Etwa 8% (ca. 40 Spezies) [22] Das Krankheitsbild beginnt 4-7 Tage nach dem Zeckenstich. Die Zeckenparalyse ist ein neurologisches Krankheitsbild ("Neurotoxidrom"). Typisch ist eine Prodromalphase mit Parästhesien am Ort des Einstiches. Im Verlauf kann es zu Diplopie, Dysphagie, Dysarthrie, Lähmung der Extremitäten und Ataxie kommen. In schweren Fällen ist eine Ateminsu zienz möglich, die zum Tod führen kann. In der Regel ist der Verlauf aber mild und selbstlimitierend. Neben allergischen Reaktionen müssen Guillain-Barré-Syndrom, Botulismus, Diphtherie und Organophosphatvergi ungen di erenzialdiagnostisch berücksichtigt werden. Die Zeckenparalyse ist eine klinische Diagnose (Anamnese, Inspektion, Klinik). Die Zecke sollte komplett entfernt und die Einstichstelle gut desin ziert werden. Die Behandlung der neurologischen Erscheinungen ist rein symptomatisch. Es steht nur die Expositionsprophylaxe zur Verfügung. www.bit.ly/InterdisziplinärCME CME-Fortbildung -fundiert, praktisch und mobil Diagnosis and treatment of Lyme arthritis Rickettsiaceae (Rickettsia, Orientia), Anaplasmataceae (Anaplasma, Ehrlichia, Neorickettsia) und Coxiellaceae Etiology and outcome of fever after a stay in the tropics Colorado Tick Fever (CTF) Typhus and other rickettsioses: emerging infections in Germany Tick-borne encephalitis in Europe Tick-borne relapsing fever Incidence of notified Lyme borreliosis in Germany Laboratory Diagnosis of Tick-Borne African Relapsing Fevers: Latest Developments Tropenkrankheiten. Johann Ambrosius Tick-borne encephalitis--pathogenesis, clinical course and long-term follow-up Cutaneous Lyme borreliosis: Guideline of the German Dermatology Society Acute and potentially life-threatening tropical diseases in western travelers -a GeoSentinel multicenter study Seroprevalence of Babesia microti in blood donors from Babesia-endemic areas of the northeastern United States Langzeitprognose bei primär myelitischer Manifestation der FSME : Eine Verlaufsanalyse über 10 Jahre Rickettsiosen. In: Löscher T Rückfallfieber. In: Löscher T, Burchard G D, Lang W, Bendick C (Hrsg.) Tropenmedizin in Klinik und Praxis, 4. Aufl. THIEME The efficacy of oral ribavirin in the treatment of crimean-congo hemorrhagic fever in Iran On the transmission pattern of Kyasanur Forest disease (KFD) in India Update on tick-borne rickettsioses around the world: a geographic approach Tick Paralysis: Solving an Enigma Tick-Borne Encephalitis Virus: A Structural View Neuroborreliose. www.dgn.org/leitlinien. Zugriff am 16 Infektionen von durch Zecken übertragenen Infektionserregern Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für Prophylaxis of malaria Ständiger Arbeitskreis der Kompetenz-und Behandlungszentren für Krankheiten durch hochpathogene Erreger (STAKOB) (2016) Hinweise zur Therapie der Tularämie Lyme borreliosis Die Autoren erklären, dass sie sich bei der Erstellung des Beitrags von keinen wirtschaftlichen Interessen leiten ließen und keine potenziellen Interessenskonflikte vorliegen. Der Verlag erklärt, dass die inhaltliche Qualität des Beitrags von zwei unabhängigen Gutachtern geprüft wurde. 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