key: cord-0006878-yz507b0n authors: Meyer, F.J.; Katus, H.A.; Borst, M.M. title: Pulmonale Hypertonie und Rechtsherzversagen auf der Intensivstation date: 2008-04-23 journal: Pneumologe (Berl) DOI: 10.1007/s10405-008-0232-x sha: a959e4087236860f58277d3dcd3f6118251b59d7 doc_id: 6878 cord_uid: yz507b0n The management of pulmonary hypertension and right ventricular failure in hemodynamically unstable patients is one of the most challenging situations in critical care medicine. Inadequate therapy, e.g. aggressive fluid resuscitation or invasive ventilation, may even harm patients with pulmonary hypertension. Identifying the underlying etiology therefore remains the primary focus for initiating successful management of patients with decompensated pulmonary hypertension and right ventricular failure. Pulmonary embolism requires immediate restoration of pulmonary vascular patency. The body of evidence from studies is scarce and favors dobutamine, NO inhalation, and intravenous prostacyclin. However, the use of other vasoactive substances, inotropes, and supportive measures has been successful in individual patients; it should be guided by the expected effects on the pulmonary vasculature or right ventricle, and should be adapted to the patient’s concomitant diseases. Patienten mit bis dahin noch leicht-bis mittelgradiger pulmonaler Hypertonie können sich im Rahmen einer akuten Erkrankung rasch verschlechtern. Sie haben bei kardiopulmonaler Reanimationen eine schlechte Prognose [1] . Um eine adäquate Therapie einleiten zu können, müssen die zugrunde liegende Ursache und hämodynamischen Effekte der pulmonalen Hypertonie identifiziert werden. Die Venedig-Klassifikation der pulmonalen Hypertonie der World Health Organisation (WHO) berücksichtigt die unterschiedlichen pathophysiologischen Mechanismen (. Tab. 1; [2] ). Die Überarbeitung dieser Klassifikation erfolgt im Rahmen der WHO-Konferenz in Da-na Point im Februar 2008. Pulmonale Hypertonie ist definiert als eine Erhöhung des systolischen pulmonalarteriellen Drucks (PAP) >35 mmHg bzw. des mittleren PAP >25 mmHg in Ruhe oder >30 mmHg unter Belastung [2] . Die pulmonale Hypertonie hat ein breites ätiologisches Spektrum, das sich bezüglich der befallenen Lungengefäße nach anatomischen Gesichtspunkten einteilen lässt: präkapilläre Arterien und Arteriolen, postkapilläre Lungenvenen und -venolen. Die idiopathische Form der pulmonalarteriellen Hypertonie ist im We-sentlichen Folge einer vermehrten pulmonalen Vasokonstriktion, eines Remodelings und von In-situ-Thrombosen, die durch endotheliale Dysfunktion, Proliferation der glatten Gefäßmuskelzellen und Ausbildung einer Neointima in präkapillären Lungenarterien und -arteriolen hervorgerufen werden [3] . Das Ungleichgewicht zwischen pulmonaler Vasodilatation und -konstriktion bzw. Apoptose und Proliferation wird unter anderem durch eine Dysfunktion der Signalwege für NO, Prostazyklin, und Endothelin-1 verursacht. Diese pathologisch veränderten zellulären und molekularen Signalwege führen zu einem erhöhten pulmonalvaskulären Widerstand (PVR) mit Flussbehinderung. E Akute Infekte können den PVR bei pulmonalarterieller Hypertonie weiter steigern und so zur kritischen Dekompensation führen. Experimentell wurde z. B. gezeigt, dass bakterielle Toxine (Lipopolysaccharide) zu einer akuten Störung der pulmonalen NO-Synthese führen können [4] . Neben der akuten Verlegung des Gefäßquerschnitts durch Thrombemboli bei der akuten Lungenembolie ist insbesondere das akute Lungenversagen (ARDS) oder die akute Exazerbation einer präexistenten schweren Lungen-, Atemwegsoder Thoraxerkrankung zu nennen; hierzu zählen z. B. eine akute Infektexazerbation, aber auch eine protrahierte Hyperkapnie in Verbindung mit einer schweren Hypoxämie etwa im Rahmen eines ventilatorischen Pumpversagens. Auch postkapilläre Formen der pulmonalen Hypertonie im Rahmen eines akuten Linksherz-versagens führen zu einem kritischen Anstieg des PAP. In allen Formen der schweren, insbesondere der akuten pulmonalen Hypertonie führen die Volumen-und Druckbelastung des rechten Ventrikels (RV) zu einer RV-Dilatation und einer von der Dauer der Druckbelastung abhängigen RV-Hypertrophie. Die akute rechtsventrikuläre Dysfunktion hat signifikante Effekte auf den linken Ventrikel (. Aufgrund der deutlich gesteigerten Empfindlichkeit gegenüber Änderungen der Nachlast sinkt das Schlagvolumen des RV proportional zu akuten Steigerungen der Nachlast. Ein bis dahin normaler RV ist akut nicht in der Lage einen systolischen PAP >40 mmHg zu generieren [6] . Zum erniedrigten Herzzeitvolumen bei pulmonaler Hypertonie tragen neben der systolischen RV-Dysfunktion auch die hochgradige Trikuspidalinsuffizienz, Arrhythmien und die linksventrikuläre Dysfunktion infolge der Interaktion zwischen beiden Ventrikeln ("ventricular interdependence") bei. Das Konzept der "ventricular interdependence" beschreibt die Beeinflussung der Größe, Thoraxröntgenaufnahme. Die Thoraxröntgenaufnahme ist zwar zur Diagnosestellung einer pulmonalen Hypertonie auf der Intensivstation wenig hilfreich, da die typischen radiologischen Zeichen einer Rechtsherzhypertrophie auf der Liegendaufnahme oft nicht abgrenzbar sind: großer rechter Vorhof, Überlagerung des aortopulmonalen Fensters durch prominente Pulmonalarterien. Dennoch kann die radiologische Diagnostik die Ätiologie der pulmonalen Hypertonie klären, z. B. Lungenarterienembolie in der Spiralcomputertomographie. Elektrokardiogramm. Das Elektrokardiogramm (EKG) ist nicht sensitiv zur Erfassung der rechtsventrikulären Hypertrophie. Lediglich das Auftreten eines Rechtslagetyps, ein Quotient R/S >1 in Ableitung V1 mit einer R-Zacke >0,5 mV und ein P-pulmonale weisen eine Spezifität >90% auf [12] . Demgegenüber weisen die EKG-Kriterien einer rechtsventrikulären Hypertrophie auf eine fortgeschrittene pulmonale Hypertonie hin und sind mit einer ungünstigen Prognose assoziiert [13]. Echokardiographie. Die Echokardiographie ist eine wichtige und geradezu ideale Basisuntersuchung bei Intensivpatienten mit Verdacht auf pulmonale Hypertonie trotz häufig eingeschränkter Schallbedingungen. Es lassen sich nichtinvasiv der rechtsatriale und systolische pulmonalarterielle Druck und das Ausmaß der rechtsventrikulären Dysfunktion abschätzen. Wichtige echokardiographische Merkmale der pulmonalen Hypertonie sind: RV-Dilatation bzw. Hypertrophie, frühsystolische Septumverlagerung zulasten des linken Ventrikels ("septal bowing") mit Verformung des linken Ventrikels ("D-shape"), Trikuspidalinsuffizienz, Erweiterung von rechtem Vorhof und V. cava inferior [14] . Zudem gibt die Echokardiographie Aufschluss über die linksventrikuläre systolische und diastolische Funktion, Mitralstenose oder -insuffizienz, intrakardiale Shuntvitien. Hypoxämie/Lungenparenchymerkrankung Pulmonary hypertension · Right ventricular failure · Pulmonary embolism · Intensive care medicine · Therapy Der Intensivmediziner sollte bei Patienten mit hämodynamischen Problemen neben der Echokardiographie des linken Herzens immer eine Analyse des rechten Herzens nach genannten echokardiographischen Kriterien durchführen. Katheteruntersuchung. Die Rechtsherzkatheteruntersuchung ist bis heute der diagnostische Goldstandard bei pulmonaler Hypertonie [15] . Die Bestimmung der venösen Sauerstoffsättigungen während der Passage erlaubt das Identifizieren von intrakardialen Shunts. Ein pulmonalkapillärer Verschlussdruck <15 mmHg schließt eine Linksherzinsuffizienz oder die seltenere "pulmonary veno-occlusive disease" aus [15] . Die Beobachtung von mittlerem PAP, Herzzeitvolumen bzw. pulmonalvaskulärem Widerstand informiert direkt über das Ansprechen auf Vasodilatatoren, wobei eine Reduktion des mittleren PAP um ≥10 mmHg auf <40 mm-Hg bei gleichem oder gesteigertem Herzzeitvolumen Kandidaten für eine Therapie mit hoch dosierten Kalziumantagonisten charakterisiert und eine günstigere Prognose anzeigt [16] . Bei pulmonaler Hypertonie liefert der PA-Katheter entscheidende Informationen, die gerade in der intensivmedizinischen Diagnostik sonst nicht erlangt werden können: Die meisten der Vasopressoren und positiv inotropen Substanzen eignen sich nur suboptimal zur Senkung des PVR und sind nicht hinreichend in klinischen Studien untersucht. Deren Einsatz richtet sich daher nach pathophysiologischen Überlegungen, d. h. den Effekten auf die Lungenstrombahn und auf den rechten Ventrikel. Häufig ist eine kombinierte Therapie erforderlich. Dobutamin. Dobutamin wirkt primär durch Stimulation der β 1 -adrenergen Rezeptoren positiv inotrop, indem es die myokardiale Kontraktilität steigert und die linksventrikuläre Nachlast reduziert. In Tiermodellen mit akuter pulmonaler Hypertonie senkte Dobutamin in einer Dosierung von 5 μg/kg/min den pulmonalvaskulären Widerstand und steigerte das Herzzeitvolumen geringfügig. Durch Dosiserhöhung des Dobutamins auf 5-10 μg/ kg/min traten signifikant mehr Tachykar Die inhalative Sauerstoffsubstitution führte bei Patienten mit pulmonaler Hypertonie unterschiedlicher Ursache zur Reduktion des PVR und Steigerung des Herzzeitvolumens. Das Ziel bei dekompensierter pulmonaler Hypertonie ist es, durch gezielte Diuretikagabe den volumenüberladenen insuffizienten und dilatierten rechten Ventrikel optimal zu entlasten (. Abb. 1; [8] ). Für die Antikoagulation, eine Komponente der Standardtherapie der idiopathischen bzw. chronisch-thromboembolischen pulmonalen Hypertonie [8] , fehlen Studien bei Intensivpatienten mit akuter oder chronischer pulmonaler Hypertonie außerhalb der Lungenarterienembolie. Der Nutzen von Digitalis bei pulmonaler Hypertonie wird sehr kontrovers diskutiert. Kurzfristige Effekte von Digoxin bei Intensivpatienten mit schwerer pulmonaler Hypertonie waren geringe Verbesserung von Herzzeitvolumen bei Anstieg von PAP [38] . Generell sollten bei dekompensiertem Cor pulmonale andere Substanzen als Digitalis oder negativ inotrope Kalziumantagonisten zur Kontrolle von supraventrikulären Tachykardien eingesetzt werden. Seit der ersten palliativen atrialen Septostomie bei Patienten mit pulmonaler Hypertonie 1983 wird das Verfahren in der Notfallsituation wegen der hohen Letalität, auch als "bridging-to-transplant", weiterhin kontrovers diskutiert. Es sollten Patienten mit rechtsatrialem Druck >20 mmHg, schwerer Hypoxämie und PVR >4400 dyn/s/cm -5 in Betracht gezogen werden [39] . Für die Akuttherapie von Patienten mit dekompensierter pulmonaler Hypertonie sowohl infolge einer Lungenfibrose als auch infolge einer schweren COPD liegen insbesondere für die pulmonalen Vasodilatatoren keine ausreichenden Daten vor. Die Intensivtherapie richtet sich daher nach pathophysiologischen Prinzipien, z. B. Korrektur einer Azidose oder Vermeiden einer Theophyllin-induzierten Tachykardie (s. oben). Eine ausführliche Darstellung der Diagnostik und Therapie der Lungenarterienembolie ist kürzlich in dieser Zeitschrift erschienen [40] . Bei massiver akuter Lungenarterienembolie ist die rasche Therapie entscheidend, da bei hämodynamisch instabilen Der Vorteil einer Thrombolyse bei hämodynamisch stabilen Patienten mit submassiver Lungenarterienembolie und RV-Dysfunktion ist nicht eindeutig geklärt [43] . Pulmonale Hypertonie ist zwar selten Folge eines akuten Leberversagens, umgekehrt kommt es durch die Trikuspidalinsuffizienz häufig zur Leberstauung mit erhöhten Transaminasen. Typischerweise sind bei portopulmonalem Syndrom, das bei bis zu 31% der Lebertransplantierten beschrieben wurde, die Patienten oligosymptomatisch bei erhöhtem Herzzeitvolumen und niedrigem systemischen Widerstand [44] . Die perioperative Mortalität bei Lebertransplantation beträgt 36% und mehr. In Einzelfallberichten wurde perioperativ mit NO-Inhalation bzw. intravenösem Epoprostenol erfolgreich therapiert [45]. Nach herz-und thoraxchirurgischen Eingriffen, z. B. aortokoronarem Bypass, Outcome after cardiopulmonary resuscitation in patients with pulmonary arterial hypertension Clinical classification of pulmonary hypertension The right ventricle in pulmonary hypertension Diagnostik und Therapie der chronischen pulmonalen Hypertonie N-terminal pro-brain natriuretic peptide and renal insufficiency as predictors of mortality in pulmonary hypertension Reevaluation of electrocardiographic criteria for left, right, and combined cardiac ventricular hypertrophy Echo-Doppler demonstration of acute cor pulmonale at the bedside in the medical intensive care unit Haemodynamic evaluation of pulmonary arterial hypertension Medical therapy for pulmonary arterial hypertension: updated ACCP evidence-based clinical practice guidelines Right ventricular function and positive pressure ventilation in clinical practice: from hemodynamic subsets to respirator settings Therapies for pulmonary arterial hypertension Comparison of the effects of nitric oxide, nitroprusside, and nifedipine on hemodynamics and right ventricular contractility in patients with chronic pulmonary hypertension Selective pulmonary vasodilation in acute respiratory distress syndrome Inhaled nitric oxide in 2003: a review of its mechanisms of action Inhaled prostacyclin is safe, and affordable in patients with pulmonary hypertension, right heart dysfunction, and refractory hypoxemia after cardiothoracic surgery Comparison of the acute hemodynamic effects of inhaled nitric oxide and aerolized Iloprost in primary pulmonary hypertension The short-term effects of digoxin in patients with right ventricular dysfunction from pulmonary hypertension Surgical and interventional therapies for pulmonary hypertension Effectiveness and cost-effectiveness of thrombolysis in submassive pulmonary embolism Clinical indications for use and outcomes after iNO therapy finden Sie in der htmlVersion dieses Beitrags im OnlineArchiv auf der Zeitschriftenhomepage www Herz-oder Lungentransplantation, Pneumonektomie, kann eine pulmonale Hypertonie als Komplikation auftreten und ist ein signifikanter perioperativer Risikofaktor. Als Ursache werden eine Lungenparenchym-oder Endothelschädigung durch die Herz-Lungen-Maschine bzw. ein Ischämie-Reperfusions-Schaden diskutiert.In kleinen Fallserien und einer großen retrospektiven Studie wurden unter anderem für Prostanoide (intravenös und inhalativ), NO-Inhalation und Milrinon ggf. in Kombination mit Dobutamin positive hämodynamische Effekte, rascheres Entwöhnen von der Herz-Lungen-Maschine bzw. von Cardiac-Assist-Device und Prognoseverbesserung gezeigt [46, 47] .In