key: cord-0006465-kbstdktc authors: Behr, Jürgen title: Interstitielle Lungenerkrankungen: Was muss der Hausarzt wissen? date: 2018-02-20 journal: MMW Fortschr Med DOI: 10.1007/s15006-018-0198-5 sha: 78c6d15bb13a8b9e8710e22a6d81642f36962693 doc_id: 6465 cord_uid: kbstdktc Kurzatmigkeit, Atemnot, trockener Husten — bei diesen Symptomen sollten Sie auch eine interstitielle Lungenerkrankung in Betracht ziehen und abklären. Dies gilt insbesondere, wenn bei der Auskultation beidseitig basal Knisterrasseln zu hören ist. Bei der Sarkoidose ist die Serumaktivität des "angiotensin converting enzymes (ACE)" oder der lösliche Interleukin-2-Rezeptor in etwa 60% der Fälle erhöht. Beide Parameter sind jedoch weder spezi sch noch erlauben sie einen Ausschluss bei negativem Testergebnis. Vielmehr repräsentieren sie die "Granulomlast" des Organismus und dienen in erster Linie als Verlaufs parameter. Auch spezi sche IgG-Antikörper (AK) gegen Antigene der EAA (s. o.) zeigen im positiven Fall nur die immunologische Reaktion der exponierten Person an, nicht jedoch die Erkrankung. So haben auch gesunde Landwirte häu g positive spezi sche IgG-AK, z. B. gegen Aspergillus fumigatus oder thermophile Actinomyceten. Umgekehrt haben ca. 5-10% der mit einer EAA diagnostizierten Patienten keinen Nachweis spezischer IgG-AK gegen ein entsprechendes Antigen. Als Faustregel gilt daher, dass eine laborchemische Umfelddiagnostik unter Einschluss von Markern für Sarkoidose, EAA und Kollagenosen erst erfolgen sollte, wenn eine ILE zumindest CT-morphologisch gesichert ist. Der Röntgen-orax in zwei Ebenen in Hartstrahltechnik ist eine unverzichtbare Basisdiagnostik für pulmonale und kardiopulmonale Erkrankungen. Er kann zur Di erenzialdiagnose der ILE beitragen: einerseits z. B. eine Herzinsu zienz, Pleuraerguss, Tumoren oder entzündliche In ltrate ausschließen, andererseits granulomatöse oder auch retikuläre Zeichnungen des Lungenparenchyms nachweisen. Ein normaler Röntgen-orax in zwei Ebenen schließt eine ILE aber keinesfalls aus. Das Beispiel einer Nitrofurantoin-induzierten ILE mit Konsoldierungen zeigt Abb. 3. Das wichtigste Instrument für den Nachweis und die Di erenzialdia gnose einer ILE ist die hochau ösende Computertomogra e in Dünnschichttechnik (High-resolution CT, HRCT) mit einer Schichtdicke von max. 2 mm, besser 1 mm oder darunter. Bei der Erstdiagnose einer ILE sollte diese CT möglichst nativ erfolgen. Kontrastmittelgaben können durch inhomogene Perfusionsmuster milchglasartige Trübungen des Lungengewebes vortäuschen, die nicht der Realität im Lungenparenchym entsprechen. In der HRCT wird insbesondere das Muster der gewöhnlichen Lungen brose (usual interstitial pneumonia, UIP) von dem der nicht-spezi schen interstitiellen Pneumonie (NSIP) und dem der chronischen EAA unterschieden. Die weitere Abklärung sollte in einem quali zierten Zentrum statt nden. Als invasive Maßnahmen kommen die Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage (BAL), transbronchiale Zangenbiopsien oder transbronchiale Kryobiopsie in Betracht. Insbesondere Letztere hat sich in erfahrener Hand als sicher und dia gnostisch wegweisend erwiesen [7] . In speziellen Fällen muss die Indikation zur chirurgischen Lungenbiopsie i. d. R. in videoassistierter thorakoskopischer (VATS-) Technik gestellt werden [8] . Vor einer pharmakologischen erapie ist immer zu prüfen, ob ein auslösendes Agens der Erkrankung ursächlich zu Grunde liegt. Die entsprechende Karenzmaßnahme hat absoluten Vorrang. Einen Überblick über die erapiestrategie bei non-IPF-ILE zeigt Abb. 4. Erkrankungen mit hoher entzündlicher Aktivität · werden antientzündlich behandelt. Prednisolon in moderaten Dosen (0,5 mg/kg KG/Tag) ist initial zu bevorzugen. Bei unzureichendem Ansprechen oder Progress der Erkrankung unter erapie bzw. unter Reduktion der Prednisolondosis nach vier bis sechs Wochen sollte eine kombinierte immunsuppressive erapie erwogen werden. Azathioprin, Mycophenolat-Mofetil, Cyclophosphamid oder auch Rituximab stellen je nach Grunderkrankung geeignete Kombinationspartner dar [9] . Bei kombinierter immunsuppressiver erapien sollte eine Pneumocystisprophylaxe mit Trimethoprim-Sulfamethoxazol erfolgen, da das Risiko einer potenziell lebensgefährlichen Infektion mit Pneumocystis jirovecii signi kant ist. Erkrankungen mit überwiegend fibrosierendem Charakter · Die zur Verfügung stehenden anti brotischen Medikamente sind bisher nur für die IPF zugelassen (Pirfenidon und Nintedanib). Der Einsatz bei allen anderen brosierenden Lungenerkrankungen ist "o label" und sollte nur im Rahmen klinischer Stu dien erfolgen [10] . Einzelfallentscheidungen können an erfahrenen Zentren für ILE (Suche beim Deutschen Zentrum für Lungenforschung unter www.dzl.de) im Rahmen von interdisiziplinären Fallkonferenzen getro en werden [4, 11] . Während bei einigen ILE, z. B. der Sarkoidose oder Sklerodermie-assoziierten ILE (meist NSIP-Muster) in milden Stadien, ein abwartendes Verhalten angezeigt ist, muss bei der IPF frühzeitig therapiert werden. Einmal Verlorenes, d. h. brotisch umgewandeltes und vernarbtes Lungengewebe, kann nicht wieder zurückgewonnen werden, und die Prognose verschlechtert sich mit fortschreitender Erkrankung deutlich [4, 11] . Die Leitlinie zur erapie der IPF empehlt bei symptomatischen Patienten die Behandlung ab Dia gnosestellung [4, 11] . Eine anti brotische erapie kann selbst dann noch einen Vorteil für den individuellen Krankheitsverlauf darstellen, wenn es unter erapie zu einem Fortschreiten der Fibrose kommt. Dementsprechend sollte eine anti brotische erapie nur unterbrochen werden oder ein Wechsel des Medikamentes nur erfolgen, wenn Krankheitsprogression und/oder Nebenwirkungsbelastung einen solchen Schritt in Abstimmung mit dem Patienten rechtfertigen [4, 11] . Das Management der IPF erfordert Spezialwissen. Eine enge Zusammenarbeit mit einem quali zierten Zentrum für ILE ist für diese Patienten dringend geboten [4] . Eine weitere Säule der erapie ist die pneumologische Rehabilita tion mit aktivierendem Ansatz. Nach Dia gnose und Einleitung der Behandlung ist die physikalische Trainingstherapie gemeinsam mit Schulung und Informa tion sowie Ernährungsberatung und psychologischer Betreuung in der Lage, die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität der Patienten zu verbessern [12, 13] . Besonders zu achten ist auf akute Exazerbationen der ILE (AE-ILD) [14] . Sie sind de niert als respiratorische Verschlechterung einer ILE innerhalb von 30 Tagen mit radiologisch neuen pulmonalen Inltraten [14, 15] . Sie treten in 10-15% der IPF-Patienten pro Jahr auf, bei non-IPF ILE eher in 5% pro Jahr. Unabhängig von der Grunderkrankung ist eine akute Exazerbation ein gravierendes, die Prognose stark beeinträchtigendes Ereignis. Das mediane Überleben von IPF-Patienten nach akuter Exazerbation beträgt nur etwa 6 Monate [14, 15] . Der di use Alveolarschaden (di use alveolar damage, DAD) stellt meist das pathophysiologische Korrelat der akuten Exazerbation dar. Ähnlich wie beim Akuten Atemnotsyndrom (ARDS) gibt es zahlreiche Auslöser, u. a. Infektionen (viral oder bakteriell), Mikroaspiration, mechanischer Stress (z. B. bei Beatmung i. R. von Operationen), Umweltschadsto e. Es gibt aber auch akute Exazerbationen, die idiopathisch au reten [14, 15] . Abzugrenzen sind Di erenzialdiagnosen wie Lungenembolie und kardia-le Stauung, die einer entsprechenden erapie zugeführt werden müssen. Die akute Exazerba tion wird mit Sauer sto und einem Breitspektrumantibiotikum therapiert. Daneben verabreichen viele Zentren Kortikosteroide in hoher Dosierung (500-1.000 mg/Tag) für drei bis fünf Tage, gefolgt von einer stufenweise Dosisreduktion über zwei bis vier Wochen, je nach Ansprechen der Oxygenierung. Diese ist häu g stark beeinträchtigt und kann sich unter Kortikosteroiden bessern. Die klinische Erfahrung spricht dafür, dass eine akute Exazerbation umso eher therapeutisch positiv beein usst werden kann, je früher die Intervention einsetzt -auch wenn dies noch nicht gesichert ist. Wünschenswert wären max. zwei bis drei Tage bis zur Vorstellung in einem entsprechenden Zentrum. Überbrückungsmaßnahmen mit Beatmung (nicht-invasiv oder invasiv) und/ oder extrakorporaler Membranoxygenierung (ECMO) sind Einzelfällen vorbehalten, insbesondere bei aktiver Listung zur Lungentransplantation. Da akute Exazerba tionen in jedem Krankheitsstadium au reten können, sollten die vorbereitenden Untersuchungen in einem Lungentransplantationszentrum frühzeitig erfolgen [14, 15] ATS/ERS/JRS/ALAT Committee on Idiopathic Pulmonary Fibrosis. An o cial ATS/ERS/JRS/ALAT statement: idiopathic pulmonary brosis: evidence-based guidelines for diagnosis and management S2K-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der idiopathischen Lungen brose An O cial ATS/ERS/ JRS/ALAT Clinical Practice Guideline: Treatment of Idiopathic Pulmonary Fibrosis. An Update of the 2011 Clinical Practice Guideline Guideline for Idiopathic Pulmonary Fibrosis -Update on Pharmacological Therapies 2017 An o cial American Thoracic Society/European Respiratory Society statement: Update of the international multidisciplinary classi cation of the idiopathic interstitial pneumonias Management of patients with idiopathic pulmonary brosis in clinical practice: the INSIGHTS-IPF registry Diagnostic Yield and Complications of Transbronchial Lung Cryobiopsy for Interstitial Lung Disease. A Systematic Review and Metaanalysis Surgical lung biopsy for the diagnosis of interstitial lung disease in England: 1997-2008 Diagnosis and therapy of interstitial lung diseases Exploring e cacy and safety of oral Pirfenidone for progressive, non-IPF lung brosis (RELIEF) -a randomized, double-blind, placebo-controlled, parallel group, multi-center, phase II trial Au age, Interstitielle Lungenerkrankungen E ects of inpatient pulmonary rehabilitation in patients with interstitial lung disease Pulmonary rehabilitation in patients with idiopathic pulmonary brosis--a review Acute Exacerbation in Interstitial Lung Disease Acute Exacerbation of Idiopathic Pulmonary Fibrosis. An International Working Group Report