key: cord-0006121-7y9lq46c authors: Faridi, A.; Rath, W. title: Fieber im Wochenbett date: 2000 journal: Gynakologe DOI: 10.1007/s001290050661 sha: b605a5e51e9bee2a817e7c4412e29832da7e6e9d doc_id: 6121 cord_uid: 7y9lq46c nan Die Beiträge der Rubrik "Weiterbildung" sollen dem Stand des zur Facharztprüfung für Gynäkologen entsprechen und zugleich dem Facharzt als Repetitorium dienen. Die Rubrik beschränkt sich auf klinisch gesicherte Aussagen zum Thema. Genitale Ursachen -Lochialstau -Endo(myo)metritis -Wundheilungsstörungen (Laparotomiewunde, Episiotomie, Damm-/Scheidenriss) Extragenitale Ursachen -Mastitis puerperalis -Thrombophlebitis -Pyelonephritis -Pneumonie Sepsis und septischer Schock -Puerperalsepsis Der häufigste Grund für Fieber im Wochenbett ist eine Infektion des Uterus [Endo(myo)metritis], der meist eine ᭤ Subinvolutio uteri oder ein ᭤ Lochialstau vorausgeht. Die Endo(myo)metritis entwickelt sich in 50% der Fälle in Folge einer Sectio caesarea und ist eine ᭤ polymikrobielle Infektion (Tabelle 2), die gewöhnlich die Dezidua und das Myometrium befällt und sich über die Lymphabflusswege bis in das Parametrium ausbreiten kann. Am häufigsten finden sich Peptostreptokokken, Peptokokken sp., Bacteroides sp., Enterokokken, Gruppe-B-Streptokokken und Escherichia coli. Neben der Clostridieninfektion (s. Exkurs Gasbrand) wird in letzter Zeit gehäuft von Infektionen mit Chlamydia trachomatis, Gardnerella vaginalis, Mykoplasmen und Ureaplasma urealytikum und Gruppe A b-hämolysierenden Streptokokken (Streptokokken-Schock-Syndrom) berichtet, deren Verläufe sehr daramtisch sind. In seltenen Fällen wird eine unerkannte oder unzureichend behandelte Endomyometritis durch eine Adnexitis, einen pelvinen Abszess, eine parametrane Phlegmone, eine Peritonitis, einen septischen Schock oder eine septische Ovarialvenenthrombose kompliziert. Prädisponierende Faktoren sind der länger zurückliegende vorzeitige Blasensprung, der protrahierte Geburtsverlauf, das Amnioninfektionsyndrom, häufige vaginale Untersuchungen unter der Geburt sowie Blutungen und Gewebetraumatisierung durch operative Eingriffe. In der Literatur wird auch auf das höhere Infektionsrisiko bei jugendlichen Schwangeren hingewiesen. Fieber ist das charakteristische Symptome der Endomyometritis; bei der beginnenden Endo(myo)metrits können zunächst subfebrile Temperaturen bestehen. Weitere Symptome sind: Unterbauchschmerzen (Diarrhö, Blähungen), übel riechende (stinkende) Lochien, Subinvolutio, Uteruskantenschmerz, Palpationsschmerz bei der vaginalen Untersuchung, eine Leukozytose (10.000-30.000/µl) sowie eine CRP-Erhöhung (>5 mg/dl). Nach Ausschluss anderer möglicher Ursachen (Pneumonie, Pyelonephritis, Mastitis, Thrombophlebitis), sollte bei Verdacht auf eine Endomyometritis eine weitere Abklärung erfolgen. Neben der sorgfältigen klinischen Untersuchung (z. B. Inspektion von Episiotomie, Damm-/Scheidenverletzung und Operationswunde) müssen mikrobiologische Abstriche (Kultur anlegen!) aus den entsprechenden Wunden und dem Zervikalkanal entnommen werden. Weitere ergänzende Untersuchungen sind die Abnahme von Blutkulturen, die Blutgasanalyse, die Kontrolle der üblichen Laborparametern, die Messung der Temperatur und die Sonographie des Uterus (Plazentarest?). Eine prophylaktische ᭤ Low-dose-Heparinisierung (z. B. 3-mal 5000 Calciparin/Tag oder die Eimalgabe eines niedermolekularen Heparins) empfiehlt sich grundsätzlich bei persistierenden Fieberzuständen im Wochenbett, bei Zeichen einer Sepsis oder perioperativ (Gerinnungsstörung bei der Sepsis). Wegen der Gefahr einer ᭤ Puerperalsepsis (s. unten) sollte bereits bei der Verdachtsdiagnose bzw. bei Fieber über 2 Tage nach der Geburt mit einer hochdosierten Breitbandantibiose in Verbindung mit kontraktionsfördernden Mitteln (meist mit gleichzeitigem Lochialstau) begonnen werden. Da heute mit resistenten Staphylokokken und häufiger mit Anaerobiern zu rechnen ist, tritt die Behandlung mit Penicillin G in den Hintergrund. Es bieten sich folgende Therapiemöglichkeiten an: ◗ Monotherapie über mindestens 7-10 Tage: ◗ Imipenem 1,5-2 g/Tag i.v. in 3-4 Einzeldosen oder ◗ Cefoxitin 3-bis 4-mal 2 g/Tag i.v. oder ◗ Ceftizoxim 2-bis 3-mal 1-2 g/Tag i.v. oder ◗ Kombinationstherapie über mindestens 7-10 Tage: ◗ Clindamycin 3-mal 600 mg/Tag i.v. + Cefotaxim 2-bis 3-mal 1-2 g/ Tag Der typische Gasbrand entwickelt sich einige Tage nach einer Operation oder infolge einer postpartalen Endomyometritis, einer Placenta accreta und eines septischen Abortes in devitalisiertem nicht oder wenig durchblutetem Gewebe. Die meisten Fälle werden verursacht durch Clostridium perfringens (a-Toxin), aber auch andere Clostridien-Arten kommen in Frage. In vielen Fällen liegt eine Mischinfektion mit anderen Anaerobiern vor. Clostridium perfringens kommt in der natürlichen Darmflora vor. Die klassischen Zeichen eines Gasbrandes sind krepitierende Geräusche im Bereich einer Operationswunde mit Gewebenekrosen und Hautblasen und ggf. der röntgenologischen Nachweis von Gas im Uterus. Die allgemeinen klinischen Symptome sind Fieber, Tachykardie und eine vermehrte Schweißbildung und ggf. eine Hypotension. Komplikationen in Form einer Hämolyse, einer DIG oder eines Nierenversagens können sich entwickeln (septischer Schock). Die Diagnostik erfolgt über den Nachweis der Erreger aus Wundabstrichen. Die Therapie besteht bei leichten Fällen in der hochdosierten antibiotischen Therapie mit Penicillin G 20-40 Mio. IE/Tag in 3-4 Kurzinfusionen oder, wegen der möglichen Penicillinresistenz, in Kombination mit Clindamycin (maximal 1,8 g/Tag). Bei Penicillinallergie bieten sich Metronidazol, Imipenem oder ein Cephalosporin an. In allen anderen Fällen erfolgt parallel die großzügige chirurgische Ausschneidung der infizierten Wunde oder auch des infizierten Uterus (intraoperativer Schnellschnitt). Anaerobe gasbildende Bakterien erfordern eine Therapie mit Metronidazol und Cefotaxim. Bei kontaminierten Wunden wird eine Prophylaxe mit 10-20 Mio. IE Penicillin G/Tag dringend empfohlen. Die Inzidenz von Entzündungen der Brustdrüse in der Laktationsphase wird in der Literatur mit 0,5-9% angegeben; die Mehrzahl der Erkrankungen tritt in der 2. bis 3. Woche post partum auf. Bei Das Abstillen gehört heute nicht mehr zur primären Therapie der Mastitis puerperalis; auch auf der erkrankten Seite kann gestillt werden. Im Vordergrund der Behandlung stehen: ◗ Entleeren der Brust: Fortsetzung des Stillens, Abpumpen der Brust, ◗ physikalische Maßnahmen: Hochbinden der Brust, Kühlung, Bettruhe, Bei leichten Formen der Mastitis puerperalis kann zunächst auf die Gabe von Antibiotika verzichtet werden. Tritt unter niedrig dosierten Prolaktinhemmern und physikalischen Maßnahmen innerhalb von 24 h keine Besserung der Symptomatik ein, sollte die antibiotische Therapie begonnen werden. Trotz einer adäquaten Antibiotikatherapie kommt es in etwa 10% der Fälle zu einer Abszessbildung, mit gespannter, bläulich schimmernde Haut unter der ein fluktuierender Bezirk zu tasten ist. Eine Ultraschalluntersuchung sollte durchgeführt werden, um die Ausdehnung und die Anzahl der Abszesskammern zu beurteilen. Grundsätzlich empfiehlt sich die chirurgische ᭤ Inzision und Gegeninzision mit Einlage einer Drainge. Eine primärer Verschluss der Wunde ist in Einzelfällen möglich. Kleine Abszesshöhlen können unter sonographischer Kontrolle und engmaschiger Nachbeobachtung punktiert werden. Die septische Ovarialvenenthrombose (SOVT) tritt in der Regel im Wochenbett als Folge einer Endomyometritis (45-67%) auf und wird deshalb auch ᭤ puerperale Ovarialvenenthrombophlebitis (POVT) genannt. Sie ist mit einer Inzidenz von 0,02-0,2% eine seltene, jedoch mit einer hohen Letalität (6-12%) verbundene Erkrankung, wobei die Lungenembolie (13,2%) und nicht beherrschbare septische Verläufe die entscheidenden Ursachen sind. Die SOVT ist meist einseitig und überwiegend rechts lokalisiert, da im Wochenbett der venöse Abfluss des Uterus hauptsächlich über die rechte Ovarialvene erfolgt. Durch die Geburt kommt es zu einer plötzlichen Veränderung der Hämodynamik und der Gerinnungsphysiologie. Zahlreiche Risikofaktoren fördern die Entstehung einer Ovarialvenenthrombose im Sinne der Virchow-Trias (Endothelzellschaden, Hyperkoagulabilität, verändertes Stromzeitvolumen): ◗ abrupte Verkleinerung des mütterlichen Gefäßbettes, ◗ gesteigerte Thrombozytenadhäsivität durch einen verlangsamten Blutfluss und Blutstau im venösen Plexus des kleinen Beckens, ◗ unterschiedlich schnelle Aktivitätsänderungen der einzelnen Gerinnungs-und Fibrinolysefaktoren, ◗ vaskuläre Läsionen, ◗ Einschwemmung von Thromboplastin unter der Geburt und ◗ Immobilisation. Die Mastitis puerperalis ist primär keine Indikation zum Abstillen. Bei leichten Formen der Mastitis puerperalis müssen zunächst keine Antibiotika gegeben werden. In ca. 10% kommt es zur Abszessbildung. Hämodynamik und Gerinnungsphysiologie ändern sich durch die Geburt schlagartig. Bevorzugt betroffen sind Patientinnen nach vorausgegangenem Kaiserschnitt, da es neben den beschriebenen Gerinnungsveränderungen zu einer kontraktionsbedingten uterinen Minderperfusion mit Stase in den noch erweiterten periuterinen Venen kommt, in Verbindung mit der operationsbedingten Gefäß-und Gewebetraumatisierung und einer vermehrten Einschwemmung thromboplastischen Materials in die Zirkulation. Septische Ovarialvenenthrombosen wurden aber auch nach komplizierten vaginalen Entbindungen und nach komplikationslosen Spontangeburten beschrieben. Eine bakterielle Infektion der plazentaren Haftfläche kann zu einer Thrombosierung der myometrialen Venen führen, wodurch wiederum das Wachstum der anaeroben Bakterien gefördert wird. Im Falle einer Endomyometritis kann es zu einer Keimverschleppung in die Venen des kleinen Beckens oder in die Ovarialvenen kommen, da vielfältigge Gefäßverbindungen zu den venösen Geflechten des Uterus und der Vagina bestehen. Die am häufigsten isolierten Keime sind: Streptokokken, Staphylokokken, Proteus mirabilis, Escherichia coli, Klebsiella, Bacteroides und andere Anaerobier. Auch Ureaplasma urealyticum und Mycoplasma hominis konnten als auslösende Erreger nachgewiesen werden. Durch kanalikuläre Ausbreitung können so die ovariellen Venen als Abflussgebiet des Fundus uteri involviert werden. Es bildet sich um den thrombosierten Bezirk eine ᭤ Phlegmone aus, sodass der gesamte Prozess eine Ausdehnung von 10 cm und mehr erreichen kann. Eine Ausbreitung über die V. cava auf die V. renalis sinistra (ausgehend von einer linksseitigen SOVT), die iliofemoralen Venen (septische pelvine Thrombophlebitis) oder bis in die Lebervenen und das Zwerchfell wurden beschrieben. Die klinischen Symptome treten häufig am 2. bis 7. Tag post partum auf und ähneln denen der Endomyometritis und der Pyelonephritis. Leitsymptom ist das Fieber (Temperaturschübe über 39°C und Schüttelfrost) begleitet von Schmerzen im Bauch und/oder in den Flanken. Der ᭤ Uteruskantenschmerz und die ᭤ walzenförmige Resistenz zu den Flanken hin reichend weisen zusätzlich auf eine septische Ovarialvenenthrombose hin. Auch unspezifische Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Blasenund Darmentleerungsstörungen sowie ein geblähter Bauch (paralytischer Ileus) werden von den Patientinnen angegeben. Bei jeder Wöchnerin mit der (Verdachts-)Diagnose Endomyometritis oder Pyelonephritis, die nach 24-48 h nicht auf eine antibiotische Therapie anspricht, sollte möglichst umgehend eine Abklärung zum Ausschluss einer septischen Ovarialvenenthrombose durch ein CT oder MRT erfolgen, die der Sonographie überlegen sind. Als weitere diagnostische Maßnahmen neben der sorgfältigen klinischen Untersuchung (inklusive mikrobiologischer Abstriche aus dem Cavum uteri) muss bei einem septischen Verlauf die komplette Labordiagnostik inkl. Blutkulturen und arterieller Blutgasanalyse durchgeführt werden. Differentialdiagnostisch kommen auch extrauterine Ursachen in Frage: akute Appendizitis, Hämatom der Parametrien, Stieldrehung des Ovars, Abszess der Adnexe, (Sub)Ileus, Sigmadivertikulitis, Pneumonie, Harnstauungsniere (z. B. nach Sectio caesarea) oder Mastitis. Die initiale Therapie der septische Ovarialvenenthrombose ist heute zunächst konservativ und besteht in der therapeutischen i.v.-᭤ Gabe von Heparin, die mit einem Bolus von 5.000 IE begonnen und dann mit 25.000-30.000 IE/24 h fortgesetzt wird. Die Heparindosierung muss so angepasst werden, dass eine 1,5-bis 2fache Verlängerung der PTT erreicht wird. Ob bei der Behandlung der Ovarialvenenthrombose eine ausreichende Antikoagulation auch mit niedermolekularem Heparin erreicht werden kann, muss abgewartet werden. Parallel dazu erfolgt eine ᭤ Breitspektrumantibiose mit z. B.: ◗ Cefotaxim 3-mal 2 g/Tag + Piperacillin 3-bis 4-mal 2-4 g/Tag + Metronidazol 2mal 500 mg/Tag oder Die Thrombophlebitis entsteht duch eine akute Thrombose oberflächlicher (epifaszialer) Venen mit entzündlicher Reaktion der Gefäßwand und tritt am häufigsten im Bereich einer vorbestehenden Varikosis auf (90% der Fälle an den Beinen). An den Armen können Thrombophlebitiden Folge vorausgegangener intravenöser Injektionen oder infizierter Venenverweilkatheter sein. Eine Thrombophlebitis ist durch die typische Symptomatik leicht zu diagnostizieren. Im Vordergrund stehen die ᭤ Rötung und die Überwärmung der Haut im Bereich der betroffenen Vene, die als derber druckempfindlicher Strang zu tasten ist. Im Gegensatz zur tiefen Beinvenenthrombose besteht keine Schwellung der Extremität, da der venöse Abfluss über die tiefen Venen erfolgt. Bei einer bis zum Oberschenkel reichenden Thrombophlebitis der V. saphena magna oder einer bis zur Kniekehle reichenden Thrombophlebitis der V. saphena parva ist die ᭤ Doppleruntersuchung zur Beurteilung der Ausdehnung und zum Ausschluss einer tiefen Beinvenenthrombose erforderlich. Die unkomplizierte Thrombophlebitis wird mit heparinhaltigen Salben, Antiphlogistika und Alkoholumschlägen behandelt. Kompressionsstrümpfe sollten angepasst werden; eine Immobilisation ist kontraindiziert. Bei ausgedehnten Befunden wird zusätzlich zur Kompressionsbehandlung eine prophylaktische Heparingabe vorzugsweise mit einem niedermolekularen Heparin empfohlen. Eine akute Pyelonephritis im Wochenbett ist häufig das Rezidiv einer nicht ausgeheilten oder nicht ausreichend behandelten akuten Pyelitis gravidarum, die bei etwa 2% aller Schwangerschaften auftritt. Neben der reichlichen Flüssigkeitszufuhr und körperlicher Schonung steht die Gabe eines Breitspektumantibiotikums (Amoxicillin oder Cephalosporin) im Vordergrund. Das Fieber ist zumeist innerhalb von 48-72 h rückläufig. Bei insuffizienter Therapie oder wesentlicher Verzögerung des Behandlungsbeginns besteht neben der seltenen Gefahr eines Endotoxinschocks das Risiko des Übergangs in eine chronische Pyelonephritis (Schrumpfniere). Die Kontrolle des Therapieeffekts durch eine Urinkultur ist zwingend erforderlich. Septische Geschehen in Schwangerschaft und Wochenbett (Puerperium) zählen mit einem Anteil von etwa 19% neben Blutungen und Thromboembolien zu den Hauptursachen der mütterlichen Letalität. Die Sepsis bzw. der septische Schock ereignen sich in der Geburtshilfe in über 80% der Fälle im Wochenbett (syn. ᭤ Wochenbettoder Kindbettfieber oder ᭤ Puerperalsepsis). Bei annähernd 20% der Wöchnerinnen lässt sich nach einem Kaiserschnitt eine transitorische Bakteriämie nachweisen; dennoch hat der septische Schock in der Geburtshife ein vergleichsweise niedrige Inzidenz. Diese Tatsache erklärt sich durch den i. Allg. guten Gesundheitszustand der überwiegend jungen Frauen. Die Hauptursachen für eine Sepsis bzw. einen septischen Schock in der Geburtshilfe sind septische Aborte, antepartale Pyelonephritiden und die puerperale Sepsis (Tabelle 3). Die meisten Infektionen im kleinen Becken und auch der septische Schock werden durch eine ᭤ Kombination von verschiedenen Keimen hervorgerufen. Gramnegative Bakterien sind für 30-80% aller Fälle septischer Schockzustände verantwortlich, während 6-24% durch grampositive Bakterien verursacht werden. Pilze und möglicherweise auch Viren müssen in die differentialgiagnostischen Überlegungen mit einbezogen werden, spielen aber eine untergeordnete Rolle, da es sich im allgemeinen um immunkompetente Frauen handelt. Das "American College of Chest Physicians/Society of Critical Care Medicine" (ACCP/SCCM) hat 1991 die Sepsis definiert als systemische entzündliche Reaktion auf eine Infektion (Tabelle 4). Eine Sepsis liegt dann vor, wenn mindestens 2 der folgenden Symptome vorliegen: ◗ Temperatur >38°C oder <36°C, ◗ Herzfrequenz >90 SpM, ◗ Atemfrequenz >20/min oder PaCO 2 <32 mmHg., ◗ Leukozyten >12.000 mm 3 bzw. <4.000 mm 3 oder >10% unreife Formen (Stabkernige) im Blutausstrich. ᭤ "systemic inflammatory response syndrome (SIRS)" ᭤ "multiple organ dysfunction syndrome (MODS)" ᭤ "toxic shock syndrome" Der septische Schock wurde durch die ACCP/SCCM definiert als Sepsis und Hypotonie trotz adäquater Flüssigkeitszufuhr bei Vorliegen von Perfusionsstörungen, die mit Laktatazidose, einer Oligurie oder einer (akuten) Bewusstseinseintrübung einhergehen können. Patientinnen, die inotrope oder vasopressorische Medikamente erhalten, müssen zum Zeitpunkt der diagnostizierten Perfusionsstörung nicht unbedingt hypoton sein. Der septische Schock ist in Abhängigkeit von den vorliegenden Organschäden mit einer hohen Letalität von 20% bis 80% (bei Vorliegen eines ARDS) behaftet. Als Folge kann es zu bleibenden Organschäden kommen (z. B. Nierenfunktionsstörungen). Die am häufigsten isolierten Keime beim septischen Schock gehören zu der Gruppe der Endotoxin-bildenden Enterobacteriaceaefamilie (in 50% der Fälle Escherichia coli). Auch Exotoxin-bildende Bakterien können einen Schock verursachen. Staphylococcus aureus und Pseudomonas aeruginosa sind die auslösenden Keime für das ᭤ "toxic shock syndrome". Das sog. "toxic shock like syndrome" wird durch Streptokokken der Gruppe A (s. oben) hervorgerufen. Die Puerperalsepsis ist die schwerste Form der Infektion im Wochenbett, die meist durch Streptokken der Gruppe A ausgelöst wird (s. auch "Pathogenese der Sepsis"). Die Inzidenz beträgt mindestens 1 auf 100.000 Geburten; die Letalität der Sepsis liegt zwischen 20 und 60%. Die Streptokokken stammen meist aus dem Vaginalbereich der Patientinnen; die ersten Infektionsstationen sind daher häufig die Dammverletzung, die Episiotomie und das Endometrium. Die Freisetzung von Toxinen oder die direkte Invasion der Mikroorganismen in den Blutkreislauf ist das initiale Ereignis in der Sepsis-Kaskade. Bei den Bakterien unterscheidet man die ᭤ Exotoxine, die von lebenden Bakterien freigesetzt werden (TSST-1 von Staphylococcus aureus, Exotoxin A von Gruppe-A-Streptokokken oder Pseudomonas aeruginosa) und die ᭤ Endotoxine, die beim Zerfall von gramnegativen Bakterien freiwerden. Das Endotoxin entspricht dem Lipopolysaccharid (LPS), das integraler Bestandteil der äußeren gramnegativen Zellwand ist und aus 3 Regionen besteht, dem O-Antigen, R-core-Antigen und dem Lipoid A. Träger der Toxizität ist v. a. das ᭤ Lipoid A, das in ähnlicher Weise wie das Peptidoglykan und die Lipoteichonsäure der grampositiven Bakterien in der Lage ist, Zellen zu stimulieren und zahlreiche Mediatoren freizusetzen (u. a. Zytokine). Für die Zellaktivierung und damit für die inflammatorische Reaktion ist TNF-a bereits frühzeitig von entscheidender Bedeutung. Insbesondere bei schweren Fällen einer A-Streptokokken-Sepsis kann aufgrund der schnellen Erregerausbreitung anfänglich kein oder nur geringes Fieber bestehen. Neben den typischen Symptomen der Endomyometritis wird die klinische Symptomatik geprägt durch Schmerzen im Abdomen, Obstipation oder auch Diarrhö, Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit. Laborchemisch kann ein >20fach erhöhter CRP-Wert bei noch normalen Leukozyten bereits frühzeitig auf ein septisches Geschehen hinweisen. Endotoxin kann über eine Aktivierung des Komplementsystems zu einer Leukozytose mit Linksverschiebung führen, die das häufigste hämatologische Symptom der Sepsis darstellt. Die Neutropenie (Neutrophilenwerte unter 1800/µl) im Spätstadium des Schocks wird als prognostisch ungünstig gewertet. ᭤ Gerinnungsstörungen sind von entscheidender Bedeutung für den weiteren Verlauf, da sie bereits in der Frühphase eines septischen Geschehens auftreten können. Dabei kommt es zu einer frühzeitigen Thrombozytenaggregation mit nachfolgendem Thrombozytenabfall, der Ausdruck der Schwere der Infektion ist und das Ausmaß der Endotoxinfreisetzung widerspiegeln soll. Die Störung der Hämostase ist eine Folge des Endothelzellschadens, der durch die Endotoxin-Wirkung und die daraus resultierende Freisetzung von zahlreichen Mediatoren, insbesondere von TNF-a, verursacht wird. Die ᭤ Aktivierung der Gerinnungskaskade führt zur intravaskulären Thrombinbildung, Verbrauch an Thrombozyten und plasmatischen Gerinnungsfaktoren, Fibrinablagerungen in kleinen Gefäßen und zur Fibrinolyse. Es entsteht also eine ᭤ disseminierte intravasale Gerinnung (DIG) mit der Folge einer Verbrauchskoagulopathie. Mit der Indikation zur Hysterektomie sollte bei der Puerperalsepsis nicht gezögert werden, wenn die septische Temperaturverläufe trotz begonnener Antibiose über 6-12 h persistieren oder bereits initial eine diffuse puerperale Peritonitis besteht. In der neueren Literatur ist die Hysterektomie bei der Puerperalsepsis durch A-Streptokokken allerdings umstritten, da es sich bei der A-Streptokokken-Sepsis um einen massiven Befall nahezu aller Organe handelt und somit der Uterus nur ein potentieller Streuherd ist. Eine prophylaktische Low-dose-Heparinisierung (z. B. 3-mal 5000 Calciparin/Tag oder die Eimalgabe eines niedermolekularen Heparins) ist obligat (Gerinnungsstörung bei der Sepsis). Die Patientinnen sollten im Anschluss an eine chirurgische Intervention oder bei einem septischen Schock in jedem Fall auf einer Intensivstation weiterbetreut werden. Die Sonographie, das CT und die MRT sind geeignete bildgebende Verfahren zur Fokussuche und zur Beurteilung von Art und Ausdehnung eines Prozesses. Bei zunächst unerklärlichen septischen Zuständen (Tabelle 7) stellen die von Summers [12] empfohlenen Richtlinien (Tabelle 8) eine geeignete Vorgehensweise für den klinischen Alltag dar. Bei anhaltenden septischen Temperaturen trotz Antibiotika ist die Indikation zur Hysterektomie gegeben. Septischer Schock Definitions for sepsis and organ failure and guidelines for the use of innovative therapies in sepsis Postpartum vein thrombophlebitis: A review Der Schock in der operativen Gynäkologie Lebensbedrohliche Infektionen in der Frauenheilkunde Management of septic shock: Present and future Pathogenetic mechanisms of septic shock Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten in der Geburtshilfe Sepsis und SIRS (systemic inflammatory response syndrome) im Wochenbett-Pathogenese und klinisches Vorgehen Summers PR (1994) Surgical aspects of peripartal infection