key: cord-0006102-svduyjif authors: Diederich, S. title: Hochauflösende Computertomographie der Lunge: Milchglas und seine Differenzialdiagnosen date: 2010-10-28 journal: Radiologe DOI: 10.1007/s00117-010-2070-1 sha: 1535550459b65ceebe52a98c88fd028f67636c59 doc_id: 6102 cord_uid: svduyjif Ground glass opacity (GGO) is defined as diffuse pulmonary infiltration which does not obscure vessels and bronchial walls and is due to intra-alveolar or interstitial processes of pulmonary parenchyma which only partially replace air. The etiology is variable including edema, airspace and interstitial pneumonia due to different organisms, non-infectious pneumonitis as well as tumor manifestations. Physiological processes, such as poor ventilation of dependent lung areas and effects of expiration can also present as ground glass opacity. This review describes the physiology and pathophysiology of GGO, illustrates different examples of common diseases presenting with GGO and reviews how GGO may be used for diagnosis and differential diagnosis of pulmonary disease. Unter 7 Milchglastrübung ("ground glass opacity", GGO) versteht man Verdichtungen des Lungenparenchyms, die aufgrund ihrer im Vergleich zu Gefäßen oder Bronchialwänden geringeren Absorption von Röntgenstrahlen nicht zu deren Maskierung führen [2] . Demgegenüber werden dichtere Veränderungen, in denen Gefäße und Bronchuswände nicht mehr abgrenzbar sind, als Konsolidierungen ("consolidation") bezeichnet. Der Begriff 7 "Milchglasinfiltrat" bezieht sich dabei auf diffuse Veränderungen, die oft entzündliche Prozesse widerspiegeln. Milchglasartige fokale Läsionen, deren Ätiologie meist im neoplastischen oder inflammatorischen Formenkreis liegt, werden dagegen als 7 nichtsolide Rundherde oder Milchglasknoten ("non-solid nodules" oder "ground glass nodules") bezeichnet. Sind fokale Läsionen teils milchglasartig und teils weichteildicht, werden sie als 7 teilsolide Rundherde ("part-solid nodules") bezeichnet. Der Begriff "Milchglasinfiltrat" ist für Befunde in der MRT unüblich. Wird die Luft im Lungenparenchym komplett verdrängt, entweder durch raumforderndes neoplastisches Wachstum (weichteildichter Rundherd, "solid nodule") oder durch eine komplette Ausfüllung der Alveolen durch entzündliches Sekret (Pneumonie, Pneumonitis), Blut (Hämorrhagie), Tumorzellen (bronchioloalveoläres Karzinom) oder Transsudat (alveoläres Lungeödem), erscheint das betroffene Lungenareal weichteildicht. Allenfalls sind lufthaltige Bronchiallumina als so genanntes 7 Luftbronchogramm (Synonyme: Pneumobronchogramm, Air-Bronchogramm; bei fokalen Herden: Zeichen des offenen Bronchus, "open bronchus sign" oder "bubble lucencies") innerhalb der Verdichtung abgrenzbar. Wenn jedoch die Luft inkomplett verdrängt wird, trägt sie im Rahmen von Teilvolumeneffekten ("partial volume effects") zur durchschnittlichen Dichte des betroffenen Areals bei, das damit zwar dichter als normale Lunge erscheint, jedoch weniger dicht als die Weichteilstrukturen (Gefäße, Bronchuswände). Dabei ist auch unter Verwendung dünnster Schichtdicken (<1 mm) und hoch auflösender Rekonstruktionsalgorithmen die Ortsauflösung der CT nicht ausreichend, um Alveolarwände und Alveolarräume zu differenzieren. Daher lässt sich aus dem Vorliegen von Milchglasinfiltraten auch nicht ableiten, ob die Pathologie intraalveolär oder interstitiell lokalisiert ist. . Abb. 1 zeigt schematisch die Mikromorphologie von Normalbefund und von durch intraalveoläre bzw. interstitielle Strukturvermehrung sowie durch partiellen Alveolarkollaps bedingten Milchglasinfiltraten (. Abb. 1a,b,c,d) . Milchglasartige Dichteänderungen sind aufgrund von Überlagerungseffekten und Belichtungsunterschieden in Projektionsaufnahmen des Thorax (Röntgenthoraxübersichtsaufnahmen) nur schwer erkennbar. Am ehesten sind sie nachweisbar, wenn sie fokal auftreten und dadurch von der normalen Lunge abgrenzbar werden. In der CT sind sie bei geeigneter Fenstereinstellung (s. u.) empfindlich nachweisbar. Je nach Verteilung und Größe können sie in Dünnschicht-CT-Untersuchungen ("highresolution computed tomography", HRCT) aufgrund der hier optimalen Ortsauflösung, aber auch bei ausreichender Größe in einer CT mit höheren Schichtdicken gut dargestellt werden. In der MRT sind radiologisch milchglasartige Veränderungen dann gut detektierbar, wenn Flüssigkeit oder Zellen mit ihrem hohen Protonengehalt zur Bildgebung beitragen. Zell-und flüssigkeitsarme fibrotische Veränderungen können dagegen weniger deutlich nachweisbar sein. Diese Übersicht setzt die Weiterbildungsartikel der Reihe "Mini-Kurs HRCT der Lunge" fort und baut auf den vorangehenden Beiträgen auf: F "Mustererkennung im HRCT der Lunge" von M. Reuter und J. Biederer [6] F "Das retikuläre Muster in der Dünnschicht-CT" von K. Marten [4] F "Noduläre Muster: Anatomie und Differenzialdiagnose" von J. Biederer und M. Reuter [1] Die Fensterweite ("window width", WW; . Abb. 2a,b,c) sollte prinzipiell für die Beurteilung von Thorax-CTs wie auch bei der Befundung von anderen computertomographischen Untersuchungen immer identisch gewählt werden (s. u. Zur Absorption von Röntgenstrahlen in Übersichtsaufnahmen oder CTs des Lungenparenchyms trägt neben den Strukturen der Alveolarwände, des zentralen Interstitiums und der Lymphgefäße auch entscheidend das Blut in Arteriolen, Kapillaren und Venolen bei. Daher führt eine Zunahme oder Abnahme der Lungenperfusion unweigerlich zu Änderungen der Dichte des Lungenparenchyms. Bei einer diffusen Minderperfusion (kardialer Rechts-Links-Shunt, pulmonale Hypertension) äußert sich dies in einer ganz diffusen Dichteabnahme des Lungenparenchyms. Eine fokale Minderperfusion einzelner Lungenabschnitte (chronisch-rezidivierende Lungenembolie, Vaskulitis, reflektorisch bei fokaler Minderventilation) führt zu einem Nebeneinander von Lungenarealen mit verminderter Lungendichte (die von verschlossenen oder vermindert perfundierten Arteriolen versorgt werden) und vermehrter Lungedichte (die bei unverändertem Herz-Zeit-Volumen zwangsläufig kompensatorisch vermehrt perfundiert werden, da ja das gesamte Blutvolumen des großen Kreislaufs auch die Lunge passieren muss). Wenn vor allem die peripheren kleineren Lungenarterien und -arteriolen von der reduzierten Perfusion betroffen sind, liegen innerhalb eines Lungenlappens oft scharfe Grenzen zwischen vermindert und vermehrt perfundierten Arealen vor ("geographische Dichteunterschiede"), die als 7 Mosaikperfusion beschrieben werden (. Abb. 6). In dieser Situation stellen die vermehrt transparenten, minder perfundierten Bereiche die pathologisch veränderten Lungenareale dar. Tipp. Die dichteren, kompensatorisch vermehrt perfundierten Bereiche entsprechen normalem Parenchym. Insofern dürfen diese nicht fälschlich als Milchglasareale interpretiert werden. Hinweisend auf eine Mosaikperfusion ist, dass in den transparenzvermehrten Arealen die Blutgefäße ausgesprochen schmächtig zur Darstellung kommen, während in den hyperdensen Arealen kompensatorisch deutlich weitere Gefäße erkennbar sind. Im Unterschied zum Air-Trapping (s. u.) nehmen die Dichteunterschiede in Exspirationsaufnahmen nicht auffällig zu. Eine Zu- oder Abnahme der Lungenperfusion führt zu Änderungen der Dichte des Lungenparenchyms 7 Mosaikperfusion Abb. 6 9 Mosaikperfusionpatient mit chronischer Lungenembolie: geographische Areale unterschiedlicher Dichte. Die dichteren Areale entsprechen vermehrt perfundiertem normalem Lungenparenchym. Beachte die eng gestellten pulmonalen Gefäße in den pathologisch minder perfundierten transparenten Arealen Unter "Air-Trapping" ("Luftfangen") versteht man eine exspiratorische Überblähung einzelner Lungenareale aufgrund eines exspiratorischen Verschlusses in der Regel kleiner Atemwege ("small airways"). Aufgrund der intrathorakalen Druckschwankungen während der Atmung kommt es bereits unter normalen Bedingen aufgrund des negativen intrathorakalen Drucks in Inspiration zu einer Distension der nicht durch Knorpelspangen stabilisierten peripheren Bronchien und Bronchiolen. In Exspiration nimmt der Durchmesser des Lumens der kleinen Atemwege bereits physiologischerweise ab. Ist das Lumen durch Schleimhautschwellung oder Sekretablagerungen bereits reduziert, kommt es in Exspiration zu einem vollständigen Kollaps, sodass eine Entlüftung der peripher des betroffenen Bronchiolus gelegenen sekundären pulmonalen Lobuli nicht stattfindet. Entsprechend bleibt das jeweilige Lungenareal unvermindert transparent. Gegenüber den physiologisch bei Exspiration an Dichte zunehmenden nicht betroffenen Arealen ergibt sich so ebenfalls ein Muster geographisch konfigurierter Dichteunterschiede. In Inspiration stellen sich diese erheblich geringer oder gar nicht dar (. Abb. 4a, b) . Air-Trapping ist keine eigenständige Erkrankung, sondern lediglich ein Befund unterschiedlicher Relevanz. So lässt sich Air-Trapping in geringem Ausmaß (wenige sekundäre Lobuli betroffen) bei jedem Gesunden nachweisen. Bei asymptomatischen Rauchern sind mehr sekundäre Lobuli betroffen als bei Nichtrauchern, und bei den meisten interstitiellen Lungenerkrankungen findet sich ein mehr oder weniger ausgeprägtes Air-Trapping. Besonders deutlich ist es bei Erkrankungen, die mit einer Bronchiolitis einhergehen (exogen allergische Alveolitis, EAA; Hypersensitivitätspneumonitis; obliterative Bronchiolitis; Panbronchiolitis; respiratorische Bronchiolitis etc.) aber auch bei der Sarkoidose, vermutlich aufgrund einer Einengung kleiner Atemwege durch peribronchioläre Granulome im zentralen Interstitium. Bei verschiedenen pulmonalen Erkrankungen treten Milchglasinfiltrate als vorherrschendes oder koexistierendes, differenzialdiagnostisch wichtiges Muster auf. Im Folgenden werden einige häufige Entitäten exemplarisch vorgestellt. Eine vollständige Darstellung aller Krankheitsbilder, die radiologisch mit Milchglasinfiltraten einhergehen (können), ist nicht beabsichtigt und auch nicht möglich. Bei verschiedenen Krankheitsbildern aus dem Formenkreis der interstitiellen Pneumonien ("usual interstitial pneumonia", UIP; "non-specific interstitial pneumonia", NSIP; Lungenbeteiligung bei verschiedenen Kollagenosen, z. B. progressive Systemsklerose: Sklerodermie) findet sich häufig ein Nebeneinander von Milchglasinfiltraten einerseits und fibrotischen Veränderungen wie z. B. honigwabenartigem Umbau des Lungenparenchyms ("honey-combing") andererseits. Histologisch entspricht das 7 Honey-Combing einem irreversiblen und therapeutisch daher nicht mehr beeinflussbaren Endstadium, während das Milchglasinfiltrat oft einer floriden Alveolitis entspricht, die unter geeigneter Therapie prinzipiell reversibel ist (. Abb. 7a, b) . Verlaufskontrollen zeigen oft, dass milchglasartige Veränderungen späteren fibrotischen Veränderungen im gleichen Lungenareal vorausgehen. Insofern wird die Klassifikation der Aktivität solcher Erkrankungen oft aus dem Verhältnis zwischen Milchglasinfiltrat und Honey-Combing abgeleitet. Bei der exogen-allergischen Alveolitis (EAA, Hypersensitivitätspneumonitis) werden sowohl klinisch als auch radiologisch verschiedene Phasen unterschieden. In der akuten Phase innerhalb der ersten Stunden nach Exposition gegen das inhalierte Allergen kommt es zu ganz diffusen Milchglasinfiltraten, deren sichere Erkennung und Unterscheidung von lediglich zu hell gefensterten Aufnahmen problematisch sein kann (. Abb. 3) . In der subakuten Phase finden sich dann zusätzlich charakteristische zentrilobuläre Knötchen und Air-Trapping (. Abb. 8) . In der chronischen Phase dominieren dann fibrotische Veränderungen sowie ein oft ausgeprägtes Air-Trapping, das Milchglasinfiltrate durch die verminderte Dichte der vom Air-Trapping betroffenen Areale vortäuschen kann (. Abb. 9). Bei der exogen-allergischen Alveolitis werden klinisch wie radiologisch verschiedene Phasen unterschieden Wird bei einer Strahlentherapie Lungenparenchym in das Strahlenfeld einbezogen, kommt es nach Überschreiten einer Schwellendosis von 30 Gy gelegentlich und von 40 Gy regelhaft zum Auftreten einer so genannten 7 Strahlenpneumonitis. Unterhalb von 30 Gy tritt diese praktisch nicht auf. Typischerweise folgen die auftretenden Veränderungen in ihrer Lokalisation exakt dem Strahlenfeld und überschreiten dabei anatomische Grenzen (z. B. Interlobärspalten). Die Beziehung zwischen dem Lungenareal, in dem die Schwellendosis überschritten wurde, und der Lokalisation der Pneumonitis ist allerdings bei modernen Therapieformen wie der intensitätsmodulierten Strahlentherapie (IMRT) nicht immer offensichtlich. Die Pneumonitis folgt in ihrem Ablauf einem relativ strengen zeitlichen Schema: So kommt es wenige Wochen nach Überschreiten der Schwellendosis (nicht nach Beendigung der Strahlentherapie!) zunächst zu einer Alveolitis, die sich als Milchglasinfiltrat darstellt. Innerhalb einiger Wochen geht diese in dichte Konsolidierungen über. Nach etwa 6 Monaten folgt eine Fibrosephase mit Traktionsbronchiektasen und Parenchymdystorsion; diese ist dann irreversibel. Das Krankheitsbild kann je nach Ausmaß der betroffenen Lunge asymptomatisch bleiben oder mit Dyspnoe und unproduktivem Husten sowie leichtem Fieber einhergehen. Eine simultan verabreichte Chemotherapie kann die Ausprägung verstärken, eine später verabreichte Chemotherapie kann erst zu diesem Zeitpunkt die Pneumonitis auslösen oder reaktivieren (7 Rebound-Pneumonitis). HRCT der Lunge. Noduläre Muster: Anatomie und Differenzialdiagnose Fleischner society: Glossary of terms for thoracic imaging Systematik der Bildanalyse/Bildmuster Das retikuläre Muster in der Dünnschicht-CT Computed tomography and magnetic resonance of the thorax Mustererkennung im hochauflösenden Computertomogramm (HRCT) der Lunge High resolution CT of the lung Pilzes in Pulmonalarterien entspricht: Nekrotische konsolidierte Areale werden von einem Halo aus Milchglasinfiltraten umgeben (. Abb. 14). Bei den verschiedensten pulmonalen Infektionen kommen Milchglasinfiltrate vor; in der Regel in frühen Phasen, wenn die Exsudation von entzündlichem Sekret noch nicht zur kompletten Verdrängung von Luft aus den Alveolarräumen geführt hat. Darüber hinaus gibt es relativ charakteristische Befunde für bestimmte Erreger, bei deren Vorliegen Milchglasinfiltrate auch differenzialdiagnostisch hilfreich sein können. Neben der angioinvasiven pulmonalen Aspergillose (s. o.) werden zwei weitere Krankheitsbilder hier beispielhaft vorgestellt. Etwas vereinfacht dargestellt, besteht die typische Befundkonstellation der verschiedenen Viruspneumonien aus einer variablen Kombination nodulärer Veränderungen mit verdickten Interlobulärsepten, Milchglasinfiltraten und Konsolidierungen (. Abb. 15). Dabei lassen sich die zugrunde liegenden Viren -Zytomegalievirus (CMV), Varizella-zoster-Virus (VZV), Herpes-simplex-Virus (HSV) etc. -anhand der radiologischen Morphologie nicht differenzieren.