key: cord-0006085-rmhxl20g authors: Gaggl, M.; Aigner, C.; Sunder-Plassmann, G.; Schmidt, A. title: Thrombotische Mikroangiopathien: Relevante Neuigkeiten für den Intensivmediziner date: 2016-06-02 journal: Med Klin Intensivmed Notfmed DOI: 10.1007/s00063-016-0176-6 sha: e638b958fd1f9b0535188542a9f2cd735f6770f7 doc_id: 6085 cord_uid: rmhxl20g Thrombotic microangiopathy (TMA) is a clinical syndrome that is characterized by hemolysis, thrombocytopenia, and acute kidney injury, known as atypical hemolytic syndrome (aHUS), thrombotic thrombocytopenic purpura (TTP), and shigatoxin-associated HUS (STEC-HUS) among others. Several diseases, like malignoma, infections, malignant hypertension, or autoimmune disease can result in secondary TMAs. aHUS is caused by a hyperactivated complement system. Identification of the underlying causes of the TMA is the most important issue and directly associated with treatment success. In case of secondary TMAs, treatment of the actual disease is the most important step, while in case of complement-mediated HUS treatment of choice is plasma exchange or anticomplement agents. For the treatment of TTP, rapid initiation of plasma exchange or plasma infusion is the treatment of choice. Patients with STEC-HUS should solely receive supportive treatment. Der Morbus Moschcowitz (thrombotisch-thrombozytopenische Purpura, TTP; [3, 4] ) kommt durch eine AD-AMTS13-Defizienz zustande und ist antikörpervermittelt erworben oder durch eine Mutation im ADAMTS13-Gen angeboren. Ob die angeborene Störung bereits im Kindes-oder erst im Erwachsenenalter klinisch manifest wird, hängt vermutlich von der funktionellen Änderung des Proteins durch die Mutation ab. Die erworbene TTP ist eine Autoimmunerkrankung. Die Antikörper gegen ADAMTS13 können direkt nachgewiesen werden. Pathophysiologisch ist in beiden Fällen die Spaltung des von-Willebrand-Faktors gestört, wodurch es zum klinischen Bild einer TMA kommt. Im Gegensatz zu anderen TMA-Syndromen entwickeln sich hier jedoch vorrangig neurologische Symptome und nur in Ausnahmefällen ein akutes Nierenversagen. Das Shiga-Toxin-vermittelte hämolytisch-urämische Syndrom (STEC-HUS; [5, 6] ) entsteht durch Escherichia-coli-Bakterien, die Shiga-Toxin produzieren und am häufigsten über O157:H7-konta- Mögliche Primärerkrankungen oder Trigger einer sekundären TMA [2] sind Autoimmunerkrankungen (systemischer Lupus erythematodes, Antiphospholipidsyndrom, systemische Sklerose), Schwangerschaft (Präeklampsie, Eklampsie, HELLP-Syndrom: "hemolysis, elevated liver enzyme levels, low platelet levels"), Infektionen (Zytomegalie, Influenza-A-Virus H1N1, HIV, Aspergillus, Pneumokokken), hypertensive Entgleisungen und Malignome. Ferner kann eine TMA nach Stammzelloder solider Organtransplantationen auslöst werden (. Tab. 1). Klinisch sind die diversen Formen der sekundären TMA nicht von den primären TMA abzugrenzen, da die gleichen Symptome (akutes Nierenversagen, Thrombopenie, arterielle Hypertension, mechanische Hämolyse) auftreten. Besteht in der Anamnese bereits eine der genannten Grunderkrankungen, ist eine erste Zuordnung der Erkrankung möglich. Relativ neu ist die Erkenntnis, dass auch genetische Veränderungen in Thrombomodulin, Plasminogen und Diacylglycerolkinase E (DGKE) zu klinischen Bildern der TMA führen können [7] [8] [9] . Loss-of-function-Mutationen im DG-KE-Gen führen zu einer Aktivierung der Proteinkinase C. Diese aktiviert prothrombotische Faktoren (von-Willebrand-Faktor, "tissue faktor", Plasminogenaktivator-1-Inhibitor). Eine Cobalamin-C(Vitamin-B12)-Defizienz tritt primär im frühen Kindesalter auf, wurde aber auch schon bei Erwachsenen beschrieben. Sie führt zu einer stoffwechselvermittelten TMA [10] . Ursache dieser Erkrankung sind homozygote oder compound-heterozygote Mutationen im Gen für das Methylmalonic-aciduriaand-homocysteinuria-type-C-Protein (MMACHC). Messbar sind ein erhöhter Plasmahomozysteinspiegel und ein verminderter Methioninspiegel. Diese führen zur Aktivierung der Thrombozyten und des Gerinnungssystems und zur endothelialen Dysfunktion. Es gibt die immunologisch vermittelte medikamentös-toxische TMA und die dosisabhängige medikamentös-toxische TMA. [4, [11] [12] [13] [14] . Bei einer Therapie mit Quinin, Gemcitabin oder Quetiapin können sich Antikörper bilden, die mit einer Reihe von körpereigenen Strukturen kreuzreagieren. Im Gegensatz dazu kommt es bei einer Therapie mit beispielsweise Kalzineurininhibitoren zu einer dosisabhängigen Endothelaktivierung und so zum klinischen Bild einer TMA. Bei einer Therapie mit Vascularendothelial-growth-factor(VEGF)-Inhibitoren führt der gewünschte Wirkungsmechanismus zu einer unerwünschten Inhibition von VEGEF an den Podozyten und am renalen Endothel. Das führt zu einer glomerulären TMA mit ausgeprägter Proteinurie. Eine 27-jährige Patientin wurde 6 Tage nach der Geburt ihres 2. Kinds in der Notfallaufnahme eines peripheren Krankenhauses vorstellig. Die Geburt war problemlos verlaufen und die Patientin konnte am ersten Tag post partum entlassen werden. Nach rezidivierenden Synkopen während der folgenden Tage wurde sie schließlich wieder stationär aufgenommen. Im Aufnahmelabor fielen eine ausgeprägte Anämie (Hämoglobin: 5,3 mg/dl), eine Thrombopenie (Thrombozyten: 14 G/l) und ein akutes Nierenversagen (Kreatinin: 8,1 mg/dl) auf. Die LDH war mit 2913 I.E./l stark erhöht. Differenzialdiagnostisch wurde bereits an eine TMA gedacht und das C3c im Serum bestimmt (0,67 g/l; Normalwerte 0,9-1,8 g/l), jedoch keine Plasmapheresen durchgeführt. Aufgrund der zunehmenden Verschlechterung des neurologischen Zustands der Patientin wurde diese schließlich intubiert und auf eine Intensivstation verlegt, wo schließlich die Plasmapherese initiiert wurde. Es stellte sich eine rasche Besserung des Allgemeinzustands der Patientin ein, die jedoch weiterhin hämodialysepflichtig war. Bei ADAMTS13-Werten im Normalbereich Hämolytisch-urämisches Syndrom · Hämolyse · Thrombopenie · Komplementproteine · Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura Thrombotic microangiopathy (TMA) is a clinical syndrome that is characterized by hemolysis, thrombocytopenia, and acute kidney injury, known as atypical hemolytic syndrome (aHUS), thrombotic thrombocytopenic purpura (TTP), and shigatoxinassociated HUS (STEC-HUS) among others. Several diseases, like malignoma, infections, malignant hypertension, or autoimmune disease can result in secondary TMAs. aHUS is caused by a hyperactivated complement system. Identification of the underlying causes of the TMA is the most important issue and directly associated with treatment success. In case of secondary TMAs, treatment of the actual disease is the most important step, while in case of complement-mediated HUS treatment of choice is plasma exchange or anticomplement agents. For the treatment of TTP, rapid initiation of plasma exchange or plasma infusion is the treatment of choice. Patients with STEC-HUS should solely receive supportive treatment. Hemolytic-uremic syndrome · Hemolysis · Thrombocytopenia · Complement proteins · Thrombotic thrombocytopenic purpura wurde eine thrombotisch-thrombozytopenische Purpura ausgeschlossen. Patientin stabilisierte sich langsam, jedoch wurde sie in den darauffolgenden Tagen respiratorisch instabil und musste schließlich wieder auf die Intensivstation transferiert werden. Differenzialdiagnostisch kamen ein "acute respiratory distress syndrome" (ARDS), eine transfusionsassoziierte Lungeninsuffizienz (TRALI), aber auch eine Lungenbeteiligung im Rahmen der systemischen thrombotischen Mikroangiopathie infrage. Die Patientin zeigte außerdem eine ausgeprägte schwer zu behandelnde Hypertonie, die schließlich nur mit parenteralen Antihypertensiva einzustellen war, sowie ischämietypische Veränderungen im Elektrokardiogramm (EKG) ohne Korrelat im Serum. Insgesamt stabilisierte sich das Zustandsbild der Patientin, allerdings blieb sie dialysepflichtig. Nachmehrerendurch Insulte und schwere hypertensive Entgleisungen bedingte Intensivaufenthalten konnte die Patientin stabilisiert und nach 2 Jahren erfolgreich nierentransplantiert werden. Nach der Transplantation kam es erneut zu schweren TMA-Episoden, weshalb eine Therapie mit Eculizumab mit gutem Erfolg initiiert wurde. Die genetische Analyse der Komplementfaktoren wurde erst nach der Transplantation durchgeführt und zeigte eine heterozygote Deletion im Komplementfaktor H, die zu einem Stoppcodon führt, sowie eine krankheitsassoziierte hetero-zygote Mutation in MCP und eine homozygote Mutation im ADAMTS13-Gen. Aufgrund des meistens akuten und dramatischen Krankheitsbeginns und der Unmöglichkeit einer prompten exakten Diagnose ist es essenziell, sich an ein striktes diagnostisches Schema zu halten (. Abb. 4) . Die Diagnostik ist vor einer etwaigen Therapieeinleitung durchzuführen, da beispielsweise ein Plasmaaustausch wichtige Parameter verfälscht. Primär können durch die Bestimmung der ADAMTS13-Aktivität und von Antikörpern sowie durch den direkten Nachweis des Shiga-Toxins eine TTP oder ein STEC-HUS ausgeschlossen bzw. bestätigt werden. Sollte keine der beiden Krankheiten nachgewiesen werden, müssen die anderen TMA-Formen differenzialdiagnostisch bedacht werden: Falls nicht schon anamnestisch bekannt müssen Autoimmun-, Tumor-und Infektionserkrankungen ausgeschlossen werden. Trotz des seltenen Auftretens der stoffwechselvermittelten TMA müssen Vitamin B12, Homozystein und Folsäure bestimmt werden. Eine Analyse des Komplementsystems (C3, C4, CH50, falls verfügbar Faktor-H-Antigen, Faktor-I-Antigen, Faktor-B-Antigen, C1q-Autoantikörper) sowie eine Genanalyse der entsprechenden Gene (CFH, CFI, MCP, C3, falls verfügbar CFB, THBD, ADMTS13, CFHR1, -2, -3, -5) ist obligat. Ferner sollte, falls sicher durchführbar, eine Nierenbiopsie zur histologischen Diagnosesicherung angestrebt werden. Eine erfolgversprechende Therapie ist von der Krankheitsursache abhängig [2] . Ist die TMA durch eine sekundäre Aktivierung des alternativen Wegs des Komplementsystems vermittelt, ist die Behandlung der Grunderkrankung essenziell. Eine suffiziente Einstellung Atypical aHUS: State of the art Syndromes of thrombotic microangiopathy Hyaline thrombosis of the terminal arterioles and capillaries: a hitherto undescribed disease Thrombotic thrombocytopenic purpura associated with quetiapine Hemolytic-uremic syndrome: bilateral necrosis of the renal cortex in acute acquired hemolytic anemia HUS and the case for complement Thrombomodulin mutations in atypical hemolytic-uremic syndrome Comprehensive genetic analysis of complement and coagulation genes in atypical hemolytic uremic syndrome Recessive mutations in DGKE cause atypical hemolyticuremic syndrome Cobalamin C defect associated with hemolyticuremic syndrome Sirolimus-induced thrombotic microangiopathy is associated with decreased expression of vascular endothelial growth factor in kidneys VEGF inhibition and renal thrombotic microangiopathy Thrombotic microangiopathy associated with gemcitabine: rare but real Acute intravascular haemolysis due to quinine Current and future pharmacologic complement inhibitors Complement regulators and inhibitory proteins An update for atypical haemolytic uraemic syndrome: diagnosis and treatment. A consensus document STEC-HUS, atypical HUS and TTP are all diseases of complement activation