key: cord-0006038-440v8m35 authors: Pfister, H. W.; Eichenlaub, D. title: Infektiöse entzündliche Erkrankungen des Zentralnervensystems aus neurologischer und internistischer Sicht date: 2001 journal: Internist (Berl) DOI: 10.1007/s001080170106 sha: bcc67174155295335312ed111b61c048d50c3a2b doc_id: 6038 cord_uid: 440v8m35 Kopfschmerzen und Fieber sind Kardinalsymptome der eitrigen (bakteriellen) Meningitis, der Herpes-simplex-Virus-Enzephalitis und des Hirnabszesses. Diese 3 Krankheitsbilder gehören zu den wichtigsten behandelbaren Infektionskrankheiten des Zentralnervensystems. Der ärztliche Erstkontakt mit diesen Patienten betrifft sowohl den Neurologen als auch den Internisten. In allen 3 Fällen ist eine rasche Diagnostik und der sofortige Beginn einer adäquaten Behandlung (mit Antibiotika bzw. Aciclovir) erforderlich. Zu den wichtigsten diagnostischen Maßnahmen, die eine Differenzierung dieser Krankheitsbilder erlauben, gehören insbesondere die lumbale Liquoruntersuchung und bildgebende Verfahren wie CT oder MRT. Der vorliegende Beitrag beschreibt ausführlich die klinische Symptomatik, Diagnostik und Therapie dieser 3 wichtigen Krankheitsbilder. Kopfschmerzen und Fieber sind Kardinalsymptome der eitrigen (bakteriellen) Meningitis, der Herpes-simplex-Virus-Enzephalitis und des Hirnabszesses.Diese 3 Krankheitsbilder gehören zu den wichtigsten behandelbaren Infektionskrankheiten des Zentralnervensystems.Der ärztliche Erstkontakt mit diesen Patienten betrifft sowohl den Neurologen als auch den Internisten.In allen 3 Fällen ist eine rasche Diagnostik und der sofortige Beginn einer adäquaten Behandlung (mit Antibiotika bzw.Aciclovir) erforderlich. Zu den wichtigsten diagnostischen Maßnahmen, die eine Differenzierung dieser Krankheitsbilder erlauben, gehören insbesondere die lumbale Liquoruntersuchung und bildgebende Verfahren wie CT oder MRT.Der vorliegende Beitrag beschreibt ausführlich die klinische Symptomatik, Diagnostik und Therapie dieser 3 wichtigen Krankheitsbilder. Die Herpes-simplex-Enzephalitis ist durch die Trias einer akuten fieberhaften ZNS-Erkrankung, eines entzündlichen Liquorsyndroms und eines temporalen Herdbefundes charakterisiert. Bei der Herpes-simplex-Enzephalitis handelt es sich um eine hämorrhagisch nekrotisierende Erkrankung, die zu einem Befall des mediobasalen Temporallappens führt und sich unbehandelt auf den gesamten Temporallappen, Stirnlappen und auf die kontralaterale Hemisphäre ausbreitet. Wichtige Hinweise auf eine temporale Lokalisation der Enzephalitis geben das klinische Bild (z. B. fokaler epileptischer Anfall, Wernicke-Aphasie), ein temporaler Fokus im EEG (Verlangsamungsherd oder epileptogener Fokus) oder temporale Läsionen im Kernspintomogramm. Im Liquor zeigt sich eine lymphozytäre Pleozytose mit Zellzahlen bis 1000/µl (initial auch granulozytäre Pleozytose), eine gering-bis mäßiggradige Eiweißerhöhung (meist unter 100 mg/dl) und in der Regel eine normale Liquorglukose. Klinisch stehen bei der Herpes-simplex-Enzephalitis im Vordergrund: Fieber,Wernicke-Aphasie, fokale oder sekundär generalisierte epileptische Anfälle,Vigilanzstörung,Verwirrtheitssyndrom und Hemiparese [28] . Entscheidend für die schnelle Diagnose dieser Erkrankung sind die Kernspintomographie (Abb. 1) und die Polymerasekettenreaktion (PCR) im Liquor. In der Literatur wurde eine sehr hohe Sensitivität (98%) und Spezifität (94%) der PCR zum Nachweis von Herpes-simplex-DNA im Liquor mitgeteilt [14] . Serologische Untersuchungen haben ergeben, dass bei etwa 85% der Patienten mit einer Herpes-Enzephalitis nach etwa 10-14 Tagen eine virusspezifische intrathekale Antikörperproduktion nachweisbar ist: hiermit ist eine retrospektive Diagnosensicherung möglich. In der Akutphase der Erkrankung ist jedoch die Antikörperbestimmung in der Regel nicht hilfreich. Mit der Therapie (Aciclovir -Zovirax ® -3-mal 10 Die bakterielle Meningitis ist klinisch durch Kopfschmerzen, Meningismus und Fieber charakterisiert. Ferner finden sich oft Übelkeit, Erbrechen, Lichtscheu, Verwirrtheitssyndrome (selten akute Psychose),Vigilanzstörungen und epileptische Anfälle [5] . Bei 75% der Patienten mit einer Meningokokkenmeningitis ist ein makulöses oder petechiales Exanthem nachweisbar [1, 11] . Etwa 5-10% der Meningokokkenerkrankungen haben einen fulminanten Verlauf mit Entwicklung eines Waterhouse-Friderichsen-Syndroms, das klinisch vor allem durch große petechiale Blutungen der Haut und Schleimhäute, eine Verbrauchskoagulopathie und ein Kreislaufversagen gekennzeichnet ist. Osler-Knötchen (Osler spots) an Fingern oder Zehen ergeben den dringenden Verdacht auf eine zugrundeliegende septische Endokarditis. Bei etwa 10-15% der Patienten mit einer eitrigen Meningitis können fokale zerebrale Symptome in Form von Hemioder Tetraparesen,Aphasien und Hemianopsien nachgewiesen werden [27] . Sie sind meist Folge einer Zerebritis (fokalen Meningoenzephalitis) oder einer zerebralen Ischämie bei Arteriitis oder Venenthrombose.Epileptische Anfälle kommen in der Akutphase der Erkrankung bei etwa 20-30% der Patienten vor (Tabelle 1; [22] ). Etwa 10% der Patienten haben eine Hirnnervenbeteiligung, insbesondere des III.,VI.,VII.und VIII.Hirnnerven. Ein Papillenödem ist nur sehr selten nachweisbar. Bleibende Hörstörungen lassen sich bei etwa 10-15% der Patienten nachweisen, bei Patienten mit Pneumokokkenmeningitis sogar bei bis zu 30%. Im Blut findet sich regelhaft (Ausnahme: immunsupprimierte Patienten) eine Leukozytose und eine Erhöhung des C-reaktiven Proteins (CRP). Bei etwa der Hälfte der Patienten mit bakterieller Meningitis sind die Blutkulturen positiv. Der Liquor zeigt bei der bakteriellen Meningitis typischerweise eine granulozytäre Pleozytose über 1000 Zellen/µl, eine Eiweißerhöhung (meist über 100 mg/dl) und eine Glukoseerniedrigung (meist unter 30 mg/dl). Bei Patienten mit extrem niedrigen Liquorglukosekonzentrationen (<5 mg/dl) findet sich in der Regel im Liquor eine sehr große Zahl von Bakterien (Bakterienrasen im Grampräparat). An einzelnen Zentren wird die Bestimmung von Liquorlaktat (>4,5 mmol/l) der Glukosebestimmung vorgezogen. Niedrige Liquorzellzahlen (<1000 Zellen/µl) bei der bakteriellen Meningitis können insbesondere in frühen Krankheitsstadien, bei antibiotisch anbehandelten und abwehrgeschwächten (z. B. leukopenischen) Patienten vorkommen. Die Diagnose der bakteriellen Meningitis basiert auf dem mikroskopischen (Gramfärbung) und kulturellen Erregernachweis im Liquor; ferner besteht die Möglichkeit des Antigennachweises von N. meningitidis, S. pneumoniae, H. influenzae und Gruppe-B-Streptokokken (S. agalactiae) mit der Latexagglutinationsmethode. Differentialdiagnostisch sind vor allem folgende Erkrankungen abzugrenzen: Virusmeningitis/Enzephalitis (z. B. Herpes-simplex-Enzephalitis), tuberkulöse Meningitis, Pilzmeningitis (insbesondere Kryptokokkenmeningitis), Amöbenmeningoenzephalitis, Meningealkarzinose, Mollaret-Meningitis, parameningeale Eiterherde (Hirnabszess, epiduraler Abszess, subdurales Empyem), Subarachnoidalblutung und Sinus-bzw.Venenthrombose. In der Akutphase der Erkrankung können verschiedene zerebrale oder systemische Komplikationen auftreten ( Ta Die Empfindlichkeit der verursachenden Erreger gegen Antibiotika muss in vitro getestet werden, nach Wirkungsprofil wird die Antibiotikatherapie entsprechend angepasst. In bestimmten Regionen wurden innerhalb der letzten Jahre zunehmende Penicillinresistenzraten von Streptococcus pneumoniae berichtet, insbesondere in Frankreich, Spanien, Ungarn und in einzelnen Gebieten in Amerika. Aktuelle Daten in Deutschland zeigen eine intermediäre Empfindlichkeit der Pneumokokken gegen Penicillin (minimale Hemmkonzentrationen zwischen 0,1 und 1 mg/l) bei et-wa 3% der Stämme; resistente Pneumokokkenstämme mit minimalen Hemmkonzentrationen >2 mg/l fanden sich nicht [13] . Für penicillinresistente Pneumokokken kommen Cephalosporine der Gruppe 3,Vancomycin oder Rifampicin (je nach Resistenzspektrum) in Betracht. Die Behandlungsdauer der bakteriellen Meningitis richtet sich nach dem Ansprechen auf die Therapie und nach der Erregerart. In der Behandlung der Pneumokokken-, H.-influenzae-und Gruppe-B-Streptokokken-Meningitis wird bei Erwachsenen meist eine intravenöse Therapie über 10-14 Tage, bei Meningokokkenmeningitiden über 7-10 Tage empfohlen. In der Behandlung der Listerienmeningitis und der durch gramnegative Enterobakterien verursachten Meningitis wird meist über 3 Wochen therapiert. Nach Verschiedene antiinflammatorische Substanzen z. B. Antioxidanzien, Caspase-Inhibitoren, zeigten in Tiermodellen der bakteriellen Meningitis (insbesondere bei der Ratte und beim Kaninchen) günstige Effekte. Mit Ausnahme von Dexamethason wurden diese Substanzen bisher bei Menschen mit bakterieller Meningitis nicht eingesetzt.Weitere experimentelle Studien, insbesondere Untersuchungen in fortgeschrittenen Meningitisstadien, sind erforderlich, um zu klären, welche dieser Therapieformen Eingang in die klinische Praxis finden kann. Bereits bei begründetem Verdacht auf eine Meningokokkenmeningitis muss eine Meldung an die zuständigen Gesundheitsbehörden erfolgen, damit eine lokale Häufung von Erkrankungsfällen rechtzeitig erkannt werden kann. Enge Kontaktpersonen sollten ausfindig gemacht, über das erhöhte Risiko und mögliche Symptome einer Meningokokkenerkrankung (z. B. Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen) aufgeklärt und ihnen eine Chemoprophylaxe empfohlen werden [12] . Die Schleimhäute des Nasen-Rachen-Raums enger Kontaktpersonen sind in etwa 3-4% der Fälle mit dem pathogenen Keim des Indexpatienten besiedelt. Diese Personen sind daher nicht nur besonders gefährdet zu erkranken, sondern spielen auch eine entscheiden- Heutzutage gilt als operative Methode der Wahl eine CT (oder MRT) -gesteuerte stereotaktische Punktion. Damit ist es möglich, die Diagnose zu bestätigen, den Erregernachweis zu erbringen und den intrakraniellen Druck zu senken. Über einen eingelegten dicken Ventrikelkatheter wird die Abszesshöhle täglich mit 10 ml NaCl-Lösung gespült, bis das Aspirat klar ist, meist 5 Tage lang [26] . Eine Bei Nachweis eines deutlichen, raumfordernden perifokalen Ödems im CT wird von vielen Autoren zur Senkung des intrakraniellen Drucks Dexamethason (z. B. 3-mal 2 mg/Tag i.v.; [26] ) empfohlen. Die Dauer der Kortikosteroidtherapie (in absteigender Dosierung) wird uneinheitlich angegeben und liegt zwischen wenigen Tagen bis zu 2 Wochen. Bei klinischen Zeichen des erhöhten intrakraniellen Drucks sollten zusätzlich osmotisch wirksame Substanzen (z. B. Mannit) gegeben werden. Beim Auftreten eines epileptischen Anfalls oder epilepsietypischer Muster im EEG wird mit einer antiepileptischen Therapie (z. B. Phenytoin) begonnen. Die antikonvulsive Therapie sollte für 1 Jahr fortgeführt werden. Wenn der Patient anfallsfrei ist und das EEG keine epilepsietypischen Muster zeigt, können die Antiepileptika ausschleichend abgesetzt werden. Wird ein primärer Fokus nachgewiesen (wie z. B. eine Otitis, Sinusitis oder Bronchiektasen), ist in Absprache mit den HNO-Ärzten und Chirurgen eine rasche operative Sanierung anzustreben. Bei zunehmendem neurologischen Defizit wird in der Regel primär die operative Behandlung des Hirnabszesses erfolgen. Ungünstige Prädiktoren sind ein höheres Lebensalter, eine Bewusstseinsstörung bei Aufnahme, multiple Abszesse, Pilze als Erreger und ein Einbruch des Abszesses in die Ventrikel. Die Letalität von Hirnabszessen liegt bei unter 10% [10, 30] . Häufigste Todesursachen sind erhöhter intrakranieller Druck mit Einklemmung und Durchbruch des Abszesses mit Entwicklung eines Pyozephalus oder einer eitrigen Meningitis. Rezidive werden trotz adäquater operativer und antibiotischer Therapie des Hirnabszesses in 5% der Fälle beobachtet. Etwa 70% der Überlebenden zeigen eine Restitutio ad integrum. Rund 30% haben Residualsymptome (z. B. Psychosyndrom, Epilepsie, Hemiparese). Zu den wichtigsten akuten, fieberhaften meningoenzephalitischen Krankheitsbildern gehören die bakterielle (eitrige) Meningitis und die Herpes-simplex-Enzephalitis. Diese Erkrankungen erfordern eine rasche Diagnosestellung und einen sofortigen Therapiebeginn. Manchmal ist es nicht möglich, in der Initialphase eine beginnende eitrige Meningitis von einer Herpes-simplex-Enzephalitis zu unterscheiden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Liquorerstpunktion eine granulozytäre Liquorpleozytose mit Zellzahlen unter 1000/µl zeigt. Bis zur eindeutigen diagnostischen Einordnung muss dann initial eine Kombination aus Antibiotika und Aciclovir verabreicht werden. Zu den subakuten infektiösen bakteriologischen Krankheitsbildern des zentralen Nervensystems gehört der Hirnabszess. Von entscheidender diagnostischer Bedeutung sind hier bildgebende Verfahren wie CT und MRT. Eine Antibiotikatherapie in Kombination mit der häufig erforderlichen neurochirurgischen Intervention führt bei den meisten Patienten zu einer klinischen Ausheilung. Analysis of features of the disease according to the age of 255 patients Melde -und Aufzeichnungspflicht für Krankheiten und Krankheitserreger Consultation with the specialist.Brain abscess Bacterial meningitis in adults: demonstration of inner ear involvement using high-resolution MRI Acute bacterial meningitis.A review of 493 episodes Brain abscess.In: Roos RL (ed) Central nervous system infectious diseases and therapy Time course of cerebral blood flow velocity in central nervous system infections A 71-year old women with confusion, hemianopia, and an occipital mass Emergency management of meningitis Intra-axial cerebral infectious processes Clinical presentations, diagnosis, and prognostic factors of bacterial meningitis Proportion of invasive pneumococcal infections in German children preventable by pneumococcal conjugate vaccines the National Institute of Allergy and Infectious Diseases Diagnosis of herpes simplex encephalitis: application of polymerase chain reaction to cerebrospinal fluid from brain-biopsied patients and correlation with disease Dexamethasone as adjunctive therapy in bacterial meningitis: a meta-analysis of randomized clinical trials since 1988 Relationship between short-term outcome and occurence of cerebral artery stenosis in survivors of bacterial meningitis The spectrum of complications during bacterial meningitis in adults: Results of a prospective clinical study Acute meningitis Cerebrovascular involvement in the acute phase of bacterial meningitis Meningokokken als Krankheitserreger in Deutschland Bacterial meningitis.In: Roos KL (ed) Central nervous infectious diseases and therapy Bacterial meningitis in the United States in 1996 Septic thrombophlebitis of major dural venous sinuses Bacterial meningitis: more involved than just the meninges Herpes simplex encephalitis. Clinical assessment Imaging of central nervous system infections Review of 140 patients with brain abscess