key: cord-0006005-6kk5qrwl authors: Kulier, A.; Gombotz, H. title: Perioperative Anämie date: 2001 journal: Anaesthesist DOI: 10.1007/s001010050968 sha: b8ce506bdf368ff1ad9e889737713961addbc5bd doc_id: 6005 cord_uid: 6kk5qrwl Anemia is a frequent finding, particularly in the elderly population, and usually indicative of a serious disease. The main causes of preoperative anemia are acute or chronic hemorrhage, iron deficiency, renal insufficiency, inflammatory and neoplastic diseases. A preexisting mild anemia may be enhanced or unmasked by surgically induced bleeding or repeated diagnostic phlebotomies, and by a postoperative erythropoietic dysfunction caused by the surgical trauma, irrespective of any hemorrhage. Low hemoglobin values are associated with a distinct increase of mortality and morbidity, both in the normal population and perioperatively and in the critically ill patients. The anemia-associated risk is exacerbated by preexisting cardiovascular disease, important intraoperative blood loss and advanced age. In contradiction to established therapeutical concepts, the administration of allogeneic blood beyond hemoglobin levels of 8–10 g/dl has not been found to decrease perioperative or intensive care morbidity or mortality. Rather, in addition to the inherent long-term risks of transfusions, a liberal transfusion strategy seems to increase the incidence of postoperative complications. Thus, current transfusion guidelines tend to be interpreted in an increasingly restrictive manner. Depending on the urgency of the clinical situation, the primary goal should be to diagnose and treat the underlying disease, rather than to focus on the symptom anemia. Time permitting, the patient's cardiovascular and pulmonary status should be optimized preoperatively. Furthermore, iron should be substituted to treat and prevent deficiency. Recombinant human erythropoietin has successfully been used to treat anemia of chronic renal failure and chronic disease, as well as in the perioperative and intensive care setting, and to support the efficiency of autologous programs. Anämie ist speziell bei der älteren Bevölkerung ein häufiger Befund und weist meist auf eine ernste Grunderkrankung hin.Hauptursachen einer präoperativen Anämie sind akute oder chronische Blutungen, Eisenmangel, Niereninsuffizienz sowie entzündliche und neoplastische Prozesse.Chirurgisch induzierte Blutungen, häufige diagnostische Blutabnahmen sowie eine Störung der Erythropoese durch das Operationstrauma können präoperativ bestehende milde Anämien weiter verstärken.Nicht nur bei der Normalbevölkerung, sondern v.a.bei chirurgischen Patienten und Intensivpatienten ist das Auftreten niedriger Hämoglobinwerte mit einem deutlichen Anstieg der Morbidität und Mortalität verbunden.Dieses Anämieassoziierte Risiko wird durch das Vorbestehen kardiovaskulärer Erkrankungen, großen intraoperativen Blutverlust sowie ein hohes Lebensalter zusätzlich erhöht. Im Gegensatz zu etablierten therapeutischen Vorstellungen zeigte sich, dass durch Transfusion von Erythrozyten über Hämoglobinwerte von 8-10 g/dl hinaus weder beim chirurgischen Patienten noch Intensivpatienten ein positiver Einfluss auf Morbidität oder Mortalität nachweisbar ist.Abgesehen von den dabei nicht erfassten Langzeitrisiken der Fremdbluttransfusion, scheint hingegen die großzügige Verabreichung von allogenen Blutprodukten die postoperative Komplikationsrate eher noch zu erhöhen. Daher geht der Trend hinsichtlich der anzuwendenden Transfusiontrigger zu einer eher restriktiveren Auslegung derzeit gültiger Transfusionsrichtlinien. Erlaubt die Dringlichkeit der Situation eine genauere diagnostische Abklärung, so sollte zur Minimierung des Risikos statt einer symptomatischen Behandlung die Ursache der Anämie korrigiert und der kardiovaskuläre und pulmonale Status des Patienten therapeutisch optimiert werden.Bei Eisen- Anämie ist nach WHO-Kriterien durch einen Hämoglobinwert von <12 g/dl bei Frauen und <13 g/dl bei Männern definiert. Diese Definition bezieht sich auf Personen, die älter als 14 Jahre sind und auf Höhe des Meeresspiegels leben [2] . Eine weitere altersspezifische Anpassung dieser Grenzwerte scheint nicht gerechtfertigt [4 1 , 47] . Funktionell liegt eine Anämie dann vor, wenn nicht genügend Erythrozyten vorhanden sind, um eine ausreichende Gewebsoxygenierung ohne Inanspruchnahme von Kompensationsmechanismen aufrechtzuerhalten. Die akute Anämie wird normalerweise durch Blutungen unterschiedlich-ster Genese hervorgerufen. Das Hauptrisiko dieser Anämieform liegt in den unmittelbar lebensbedrohlichen Folgen des hämorrhagischen Schocks mit Minderdurchblutung wichtiger Organsysteme. Die Tätigkeit des behandelnden Teams beschränkt sich dabei vorerst nur auf lebensrettende Sofortmaßnahmen. Wichtigste Therapieziele sind die Stabilisierung der Vitalfunktionen durch Behebung der Blutung,Volumenersatz zur Wiederherstellung der Normovolämie sowie Transfusion allogener, aber auch autologer Blutprodukte. In dieser Situation bleibt zumindest am Beginn meist wenig Zeit für differenzierte therapeutische Überlegungen. Chronische Anämien beginnen schleichend und bestehen schon längere Zeit vor der eigentlichen Diagnosestellung.Abgesehen von den Funktionsstörungen hämatopoietischer oder hämolytischer Art, treten chronische Anämien präoperativ oft als Folge schwerer metabolischer, neoplastischer oder entzündlicher Erkrankungen in Erscheinung und gehören damit zum Formenkreis der "Anemia of Chronic Disease" (ACD). Perioperative Anämien sind allerdings nicht nur durch die Grunderkrankung alleine, sondern v. a. auch durch den chirurgisch induzierten Blutverlust gekennzeichnet. Anämie ist -insbesondere bei älteren Menschen -ein häufiger Befund und fast immer ein Symptom einer zugrun- Anemia is a frequent finding, particularly in the elderly population, and usually indicative of a serious disease.The main causes of preoperative anemia are acute or chronic hemorrhage, iron deficiency, renal insufficiency, inflammatory and neoplastic diseases.A preexisting mild anemia may be enhanced or unmasked by surgically induced bleeding or repeated diagnostic phlebotomies, and by a postoperative erythropoietic dysfunction caused by the surgical trauma, irrespective of any hemorrhage.Low hemoglobin values are associated with a distinct increase of mortality and morbidity, both in the normal population and perioperatively and in the critically ill patients.The anemia-associated risk is exacerbated by preexisting cardiovascular disease, important intraoperative blood loss and advanced age. In contradiction to established therapeutical concepts, the administration of allogeneic blood beyond hemoglobin levels of 8-10 g/dl has not been found to decrease perioperative or intensive care morbidity or mortality.Rather, in addition to the inherent long-term risks of transfusions, a liberal transfusion strategy seems to increase the incidence of postoperative complications. Thus, current transfusion guidelines tend to be interpreted in an increasingly restrictive manner. Depending on the urgency of the clinical situation, the primary goal should be to diagnose and treat the underlying disease, rather than to focus on the symptom anemia.Time permitting, the patient's cardiovascular and pulmonary status should be optimized preoperatively.Furthermore, iron should be substituted to treat and prevent deficiency.Recombinant human erythropoietin has successfully been used to treat anemia of chronic renal failure and chronic disease, as well as in the perioperative and intensive care setting, and to support the efficiency of autologous programs. Anemia, perioperative · Mortality · Erythropoietin · Iron deficiency · Allogeneic transfusion de liegenden Erkrankung [4, 27 2 , 47] . Von vielen Patienten werden die für Anämie typischen Symptome (Schwäche, Müdigkeit, Dyspnoe, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Angina pectoris etc.) nicht als spezifische Gefahrensignale wahrgenommen, da sie sich nur allmählich entwickeln. Die Diagnose Anämie wird daher bei etwa drei Viertel aller anämischen Patienten erstmals bei der Aufnahme in ein Krankenhaus gestellt, obwohl die Anämie selbst meist nicht der primäre Zuweisungsgrund und dem Patienten auch oft nicht bekannt ist [4] . Das Ausmaß der Anämie ist zum Zeitpunkt der Spitalsaufnahme oft nur milde, im weiteren Verlauf kommt es jedoch fast immer zu einer Verschlechterung des Krankheitsbilds [4] . Die Gesamtinzidenz der Anämie wird in der westlichen Bevölkerung auf etwa 10-18 pro 1000 Personen und Jahr geschätzt [4, 26, 60] . In der Normalbevölkerung ist der Hämatokrit im Durchschnitt bei Männern aller Altersstufen höher als bei Frauen (Abb. 1). Mit zunehmendem Alter verringert sich jedoch dieser Unterschied und verliert sich letztlich ganz [4, 27, 47] . Beiden Geschlechtern gemeinsam ist ein deutli-cher Abfall des Hämatokrits jenseits des 70. Lebensjahrs [27] . Daher erhöht sich der prozentuelle Anteil an anämischen Patienten kontinuierlich mit steigendem Lebensalter und erreicht bei über 85-jährigen Frauen 13-17% und bei über 85-jährigen Männern eine Häufigkeit von 14-28% [4, 47] . Diese in der Normalbevölkerung auftretende Häufigkeitsverteilung der Anämie findet sich in vergleichbarer Ausprägung ebenso in einem Kollektiv präoperativer Patienten vor elektiven chirurgischen Eingriffen (Abb. 2). Bei einem rein orthopädischen Patientengut ist die Anämie ein noch häufigeres Begleitsymptom: Etwa 18% aller Patienten (gemittelt über alle Altersabschnitte) sind präoperativ als anämisch einzustufen, und immerhin bis zu 46% der Patienten weisen einen Hämatokrit von 34-40% auf [62] . Diese niedrigen Ausgangswerte erhöhen nicht nur die Wahrscheinlichkeit für eine perioperative Bluttransfusion und die damit verbundenen Risiken, sondern schränken auch die Anwendung autologer Verfahren drastisch ein [62] . Die in o. a. Untersuchungen festgestellte Inzidenz der Anämie hat allerdings nur für ein Kollektiv mit guter medizinischer Versorgung und hoher Compliance der Bevölkerung Gültigkeit, und ist daher mit anderen Teilen der Welt, insbesondere den Entwicklungsländern, nur bedingt vergleichbar [4] . Der hohe westliche Lebensstandard reduziert zwar einerseits die Anämieinzidenz, andererseits können jedoch häufig durchgeführte operative Eingriffe, wie sie in solchen Ländern üblich sind, den Anteil blutungsbedingter perioperativer Anämien wieder erhöhen [4] . Hauptursachen sind Eisenmangel, Entzündungen und Tumoren, akute Blutungen, Hämolyse und Markverdrängung. In einer großen epidemiologischen Studie an Patienten über 65 Jahren wurden Inzidenz und Ursachen von im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung diagnostizierten Anämie nach Häufigkeit aufgeschlüsselt (Tabelle 1) [4] . Dabei zeigte sich, dass bei einem solchen Patientengut die Anämie in nahezu der Hälfte aller Fälle auf einen akuten oder chronischen Blutverlust zurückzuführen ist, und dies oftmals im Gefolge operativer Eingriffe. Häufig findet man die Anämie auch als Begleitsymptom von Infektionen, Neoplasien und Entzündungen, und in manchen Fällen bleibt die Ursache unklar [4] . Außer der chirurgisch induzierten Blutung sind iatrogene Blutverluste durch diagnostische Eingriffe sowie oftmalige Laborkontrollen ein häufiger Grund für das Entstehen einer perioperativen An-ämie [94] (Tabelle 2). Davon abgesehen wird die Erythropoese auch durch den chirurgischen Eingriff an sich gestört. Das Operationstrauma führt zu einer entzündungsähnlichen Reaktion mit Ausschüttung von Akutphaseproteinen (IL-6, C-reaktives Protein, TNF-α). Dies resultiert in einer unzureichenden postoperativen Erythropoietin-und Retikulozytenproduktion sowie einer massiven Störung des Eisenstoffwechsels trotz adäquater Eisenspeicher [6 3 , 91] . Daher bleibt eine Eisensubstitution in dieser Phase normalerweise wirkungslos [6] . Dieser Effekt korreliert mit der Größe des Eingriffs und kann bis zu 4-6 Wochen postoperativ anhalten. Selbst bei kleinen Eingriffen kann es daher zu einem postoperativen Hämoglobinabfall kommen. Die Rolle der inflammatorischen Mediatoren als Störfaktoren der Erythropoese wird ebenso bei Intensivpatienten deutlich, bei welchen, speziell im Rahmen einer Sepsis, die adäquate Produktion von endogenem Erythropoietin und damit eine ausreichende erythropoietische Antwort drastisch eingeschränkt sein kann [21 4 , 74, 94] . Wiederholte diagnostische Blutabnahmen, okkulte gastrointestinale Blutverluste sowie die Auswirkungen von Nierenersatztherapien tragen dazu bei, dass bis zu 77% der Patienten auf einer Intensivstation als anämisch einzustufen sind [94] und daher einen hohen Transfusionsbedarf aufweisen. [98] . Ein Absinken auf unter 12 µg/ml bedeutet ein nahezu völliges Fehlen von Speichereisen [91] . Transferrin ist ein Glykoprotein, das v. a. für den Transport und die Verteilung des aus dem Gastrointestinaltrakt resorbierten freien Eisens an die blutbildenden Organe verantwortlich ist [91, 98] . Bei Eisenmangel sinkt die Transfer-rinsättigung, während kompensatorisch die Konzentration von Serumtransferrin steigt. Als Reaktion auf die mangelnde Versorgung mit Eisen kommt es an der Zelle zu einer erhöhten Dichte an Transferrinrezeptoren (v. a. an Erythroblasten, Plazenta) sowie zu einem Ansteigen der totalen Eisenbindungskapazität (TEBK= Gesamtheit aller Bindungsorte für Transferrin) [98] . Durch den Mangel an Eisen ist auch der letzte Schritt in der Entwicklung des Erythrozyten, nämlich die Chelierung des Eisenatoms durch Protoporphyrin, gestört, wodurch es stattdessen zur Bildung von Zink-Protoporphyrin kommt [91] . Erhöhte Werte weisen auf einen intrazellulären Eisenmangel hin, können aber auch bei Bleivergiftung, Myelodysplasie oder bei Anämien im Gefolge chronischer Entzündungen vorhanden sein [36, 37, 91] . Die Diagnose Eisenmangelanämie ist perioperativ nicht einfach zu stellen, da die meisten der dafür notwendigen laborchemischen Bestimmungen nicht zum Routinemonitoring gehören und die entsprechenden Parameter als Akutphasenproteine auch durch eine Reihe anderer Erkrankungen verändert sein können. Auch die einfachere Bestimmung von Zink-Protoporphyrin mittels Fluorometrie ist als klinisch einsetzbare Alternative noch umstritten [36, 72] . Die Anämien, die mit chronisch-infektiösen, entzündlichen oder neoplastischen Erkrankungen einhergehen, sind mild bis mittelgradig, normochrom und normozytär und entwickeln sich meist eher langsam. Das Auftreten einer solchen Anämie verschlechtert grundsätzlich die Prognose der Grunderkrankung. Trotz der ätiologischen Vielfalt der ACD gibt es gemeinsame Charakteristika: ACD ist gekennzeichnet durch niedrige Serumeisenspiegel bei intakten oder erhöhten Eisenspeichern (Tabelle 3), aber unzureichend erhöhten Retikulozytenzahlen [61 5 ]. Die reaktive Produktion von endogenem Erythropoietin als Antwort auf den Mangel an Sauerstoffträgern ist zwar erhöht, aber nicht in dem Maße, wie es zu einer ausreichenden Aufhebung der Anämie notwendig wäre [18 6 [44, 91] ). Da Erythropoietin zu etwa 85% im peritubulären Kortex und in den äußeren Medullarzellen der Niere gebildet wird (10-15% in der Leber), führt chronische Niereninsuffizienz zu einer eingeschränkten Produktion und in Folge zu einem absoluten Mangel an endogenem Erythropoietin.Außerdem kommt es zu gravierenden Störungen des Eisenstoffwechsels, die durch einen erhöhten Verlust an Eisen (Dialyse, wiederholte Blutabnahmen, erhöhte Blutungsbereitschaft), durch eingeschränkte Verfügbarkeit des Speichereisens oder durch eine oftmals unzureichende diätetische Zufuhr entstehen können. Eisensubstitution ist daher oft nötig, kann aber speziell bei Dialysepatienten sehr leicht zur Überladung führen [3] . Eine reduzierte Überlebenszeit der Erythrozyten, Knochenmarkfibrose, hämolytische Episoden sowie Aluminiumintoxikation können zu einer weiteren Schwächung der Erythropoese beitragen [91] . Der Grad dieser normozytären, normochromen Anämie ist ungefähr proportional dem der Azotämie und kann in manchen Fällen sehr starke Ausmaße annehmen. Durch den schleichenden Verlauf der renalen Anämie sind die Patienten selbst bei sehr niedrigen Hämoglobinspiegeln hämodynamisch noch ausreichend kompensiert. Die langandau-ernde Kompensation der reduzierten Sauerstofftransportkapazität des Bluts führt allerdings zu einer chronisch erhöhten kardialen Belastung. Da die mit chronischer Niereninsuffizienz assoziierten Erkrankungen (Diabetes,Hypertonus etc.) oft zu schweren kardiovaskulären Einschränkungen führen, stellen ischämische Herzerkrankungen auch die häufigste Todesursache bei dieser Patientengruppe dar [5 7 , 56, 69] . Durch die gestörte Sauerstoffutilisation und veränderte anaerobe Leistungsschwelle leiden diese Patienten auch unter einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität durch geringere körperliche Leistungsfähigkeit, Energiemangel sowie eingeschränkte kognitive und sexuelle Funktionen [56] . Das Gesamtrisiko der Anämie setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen: Mehrere epidemiologische Langzeitstudien zeigen klar, dass das Bestehen einer Anämie mit signifikant erhöhten Mortalitätsraten assoziiert ist [4, 27, 47] . In der Normalbevölkerung ist das Sterblichkeitsrisiko bereits ab Hämatokritwerten unter 42% in allen Altersgruppen erhöht, wobei bei Männern eine zusätzliche Gefährdung durch kardiovaskuläre Komplikationen hinzukommt [27] . Das Anämierisiko wird mit steigendem Alter immer ausgeprägter [4, 47] . In einer Studie der Mayo-Klinik hatten nach einem Beobachtungszeitraum von 8 Jahren anämische Patienten eine um 80% höhere Mortalität als aus epidemiologischen Standardwerten erwartet [4] . Die schlechtere Überlebensrate manifestiert sich v. a. im ersten Jahr nach Diagnosestellung, wobei die Prognose bei den Patienten mit Blutungen generell etwas besser ist als bei Patienten mit einer Anämie anderer Genese. Bei über 85-jährigen anämischen Patienten haben Männer außerdem ein höheres Risiko als Frauen (Faktor 2,3 vs. 1,6). Der epidemiologische Zusammenhang zwischen niedrigem Hämatokrit und erhöhter Mortalität kann jedoch nicht ausschließlich durch eine höhere Inzidenz typischer Vorerkrankungen erklärt werden [47] . Obwohl einzelne Untersuchungen die Anämie per se als unabhängigen Risikofaktor definieren konnten [65] , bleibt es nach wie vor unklar, in welchem Ausmaß das Symptom Anämie in Relation zur Grunderkrankung für die erhöhte Mortalität verantwortlich ist. Große prospektiv angelegte,kontrollierte Studien zum Anämierisiko im perioperativen Bereich fehlen bisher wegen der notwendigen hohen Patientenzahlen. Deshalb muss derzeit vorwiegend auf Ergebnisse retrospektiver Untersuchungen zurückgegriffen werden, die an verschiedenen Patientenkollektiven und in unterschiedlicher Qualität durchgeführt wurden [12 10 , 13 11 , 22, 23, 46, 57, 66, 73, 82, 83 12 ]. Allen bisher publizierten Studien gemeinsam ist allerdings, dass im perioperativen Verlauf auftretende -unterschiedlich genau definiert -erniedrigte Hämoglobinwerte eine deutliche Erhöhung der Mortalität zur Folge haben.Aufgrund mangelnder Kontrolle aller Kovariablen und Risikofaktoren müssen allerdings die einzelnen Ergebnisse mit Vorsicht bewertet werden. Relativ aussagekräftig sind dabei Beobachtungen an Patienten, die -meist aus religiösen Gründen -Fremdblut verweigern, da das Fehlen therapeutischer Interventionen den natürlichen Verlauf der perioperativen Anämie besser erkennen lässt [13, 82] . Der Einfluss eines erniedrigten präoperativen Blutbilds auf das postoperative Überleben wurde in mehreren Publikationen beschrieben. So konnte etwa eine große retrospektive Kohortenstudie an 8.787 orthopädischen Patienten (mittleres Alter 80,3 Jahre) eindeutig den präoperativen Hämatokrit -ebenso wie hohes Alter sowie kardiovaskuläre oder zerebrovaskuläre Insuffizienz -als unab-hängigen Riskofaktor für postoperative Mortalität und Morbidität identifizieren [12] . An einem Kollektiv von fast 2.000 nichtkardio-chirurgischen Patienten, die Transfusionen ablehnten, wurde -ebenfalls retrospektiv -festgestellt, dass eine präoperativ bestehende Anämie ab einem Hämoglobinwert unter 10 g/dl die postoperative Mortalität und Morbidität signifikant erhöht [13] . Dieses Risiko wird umso größer, je niedriger der Ausgangshämatokrit und je größer der intraoperative Blutverlust ist (Abb. 3), und wird durch das gleichzeitige Bestehen einer kardiovaskulären Erkrankung (Angina pectoris, Herzinsuffizienz, periphere Gefäßerkrankung) um ein Vielfaches zusätzlich erhöht (Abb. 3, 4) [13] . Die besondere Bedeutung ausreichend vorhandener Sauerstoffträger bei Patienten mit eingeschränkter Koronarreserve wird durch zwei Untersuchungen im herzchirurgischen Bereich verdeutlicht, in denen präoperativ erniedrigte Hämatokritwerte die postoperative Morbidität [23] und Mortalität [57] erhöhten. Präoperative Anämie wurde dabei als einer der wichtigsten Risikofaktoren identifiziert, insbesondere wenn diese in Verbindung mit hohem Alter und geringem Körpergewicht auftritt [23, 57] . Andererseits ist bei herzgesunden Patienten -unabhängig vom Ausmaß der präoperativen Anämie -keine wesentliche Risikoerhöhung zu erwarten, solange der intraoperative Blutverlust weniger als 2 g/dl Hämoglobin beträgt (Abb. 3) [13] . Bei kleineren operativen Eingriffen mit geringem Blutverlust kommt daher dem Ausgangshämatokrit bei dieser Patientengruppe als Risikofaktor nur geringe Bedeutung zu [10, 13, 82] . lation -also in einer Phase, wo die Herz-Lungenmaschine den Kreislauf ersetztsowie postoperativ, wenn sie über den 2. Tag hinaus anhalten, einen negativen Einfluss auf die Überlebensrate [22, 73] . Die tatsächlichen Gründe für die erhöhte Mortalität anämischer Herzpatienten sind jedoch nicht alleine durch ein häufigeres Vorkommen kardialer Komplikationen zu erklären: In einer großen prospektiven multizentrischen Beobachtungssstudie an herzchirurgischen Patienten führte zwar ebenso ein postoperativ erniedrigter Hämatokrit (<24%) zu einer erhöhten Mortalität, andererseits hatten auch Werte >34% eine deutlich erhöhte Inzidenz von postoperativen Myokardinfarkten und schwerer Linksherzinsuffizienz zur Folge [83] . Auch bei kritisch kranken Intensivpatienten spielt die Anämie eine wichtige Rolle als Risikofaktor für die Mortalität [41 13 ]. In einer Untersuchung an 4.470 Intensiv-patienten zeigte sich nach Berücksichtigung aller anderen Variablen (Alter,APA-CHE II, Schwere der Grunderkrankung etc.),dass verstorbene Patienten niedrigere Hämoglobinwerte und mehr Bluttransfusionen aufwiesen als Überlebende. Die Mortalität der Intensivpatienten stieg deutlich an, sobald ein Limit von 10 g/dl unterschritten wurde,und war wiederum zusätzlich erhöht bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen [41] . Obwohl diese Studie retrospektiv und daher nicht ausreichend kontrolliert war [41] , unterstreicht sie doch den Stellenwert des Anämierisikos bei einem Patientenkollektiv mit besonders hohen und komplexen kardiovaskulären, respiratorischen und metabolischen Anforderungen. Unter allen identifizierbaren Risikofaktoren, die eine Erhöhung der perioperativen Mortalität zur Folge haben können, zählt ein niedriger Hämatokrit zu jenen, die am ehesten korrigierbar sind. Daher stellt sich die Frage, wie das durch die Anämie erzeugte Risiko durch präventive und therapeutische Strategien reduziert werden kann bzw. ob die Beseitigung des Symptoms "Anämie" per se die perioperative Morbidität und Mortalität beeinflusst. Gestattet die Natur des bevorstehenden chirurgischen Eingriffs eine Abklärung der die Anämie auslösenden Grunderkrankung, so muss das therapeutische Vorgehen auch auf die Behandlung dieser Erkrankung abzielen. Gerade im Falle von Eisendefiziten oder metabolisch bzw. entzündlich ausgelösten Anämien kann so die Ausgangssituation des Patienten bereits präoperativ entscheidend verbessert werden. Da die Anämie zu einer erhöhten Beanspruchung des kardiovaskulären Systems führt, manifestiert sich das perioperative Risiko der Anämie v. a. in Form kardialer Komplikationen. Daher sollte vor elektiven Eingriffen möglichst eine präoperative Optimierung der kardiovaskulären Situation angestrebt wer- den, um das zusätzlich erhöhte Risiko herzkranker Patienten zu reduzieren. Im Vordergrund stehen dabei die Stabilisierung der Hämodynamik sowie eine aggressive antianginöse Therapie, auch die Anwendung von β-Blockern verschlechtert im Gegensatz zu früheren Ansichten [10] die Anämietoleranz nicht [81] . Der effizienteste Weg, das Risiko durch perioperative Anämie auf ein Minimum zu reduzieren, ist es, ihr Entstehen zu verhindern. Dies kann v. a. durch eine maximale Reduktion des Blutverlusts mittels exakter chirurgischer Technik sowie sorgfältige Blutstillung erzielt werden [30] . Von großer Wichtigkeit ist außerdem ein optimales perioperatives Gerinnungsmanagement, welches neben dem Einsatz pharmakologischer Methoden auch auf eine möglichst strikte Wahrung normothermer Bedingungen abzielen soll, um v. a. bei kardialen Risikopatienten die bestmögliche Balance zwischen Blutungsneigung und Thrombosegefahr herzustellen [53, 75] . Auch die Limitierung von unnotwendig häufigen diagnostischen Blutabnahmen auf ein klinisch vertretbares Maß kann über längere Zeitspannen hinweg den Blutverlust verringern [29 14 , 30, 94] . Niedrige Hämatokrit-Ausgangswerte machen die Notwendigkeit einer Verabreichung von Fremdblut wahrscheinlich [62] . Da das durch Verabreichung allogener Blutprodukte entstehende Risiko zum Gesamtrisiko der Anämie additiv beiträgt, sollte ein umfassendes perioperatives Management auch die Reduktion unnötiger Transfusionen miteinbeziehen.Eine solche Minimierung des allogenen Blutbedarfs kann in erster Linie durch das Anwenden patientenindividueller Blutsparkonzepte erzielt werden [63] .Die Anwendung autologer Verfahren (präoperative Eigenblutspende, normovoläme Hämodilution,maschinelle Autotransfusion) zur Reduktion des Fremdblutverbrauchs gehört zum Standard des perioperativen Managements [29] .Aller-dings kann eine unkritische Anwendung autologer Methoden selbst anämische Zustandsbilder erzeugen,und daher statt zu einer Reduktion zu einer iatrogenen Verstärkung des perioperativen Risikos führen [49] .Allerdings muss die "permissive" Anämie,die unter optimalen Bedingungen (Normovolämie, stabile Hämodynamik, engmaschiges intraoperatives Monitoring) stattfindet, hinsichtlich der postoperativen Mortalität und Morbidität von den anderen Anämieformen strikt unterschieden werden. Der Wert der Fremdbluttransfusion im Falle einer akuten Blutung bleibt nach wie vor unbestritten. Im Notfall muss rasch und rechtzeitig transfundiert werden, um -gemeinsam mit anderen lebenserhaltenden Sofortmaßnahmendie ausreichende Versorgung vitaler Organsysteme mit Sauerstoff zu gewährleisten. Schwerpunkt dieses Artikels soll allerdings nicht die vital bedrohliche Blutungssituation sein, sondern jene Anämieformen, die Zeit zu differenzierteren diagnostischen und therapeutischen Überlegungen bieten. Die klare Beziehung zwischen präoperativ erniedrigtem Hämatokrit und einem erhöhten Risiko postoperativer Komplikationen legt den Schluss nahe, dieses Risiko durch Gabe von Erythrozyten zu reduzieren. Jedoch verursacht die allogene Transfusion andererseits auch beträchtliche Kosten und eine Reihe potenzieller Gefahren: Verwechslungen bei der Verabreichung, virale oder bakterielle Infektionen, Hämolysereaktionen, nicht-hämolytische Transfusionszwischenfälle (ABO-Inkompatibilität), Lungenschäden sowie immunosuppressive Effekte [1 15 , 31 16 , 42 17 , 80 18 ].Während die Risiken relativ gut beschrieben sind, gibt es hingegen erstaunlich wenig Daten, die den tatsächlichen Nutzen der Fremdbluttransfusion dokumentieren. Perioperativ. Abgesehen von akuten Blutungen, ist es in keiner der bis jetzt publizierten Studien gelungen, einen vorteilhaften Einfluss der Fremdbluttransfusion auf die postoperative Mortalität anämischer Patienten nachzuweisen (Tabelle 4) [7, 9, 11 19 , 12, 14 20 , 25, 38 21 , 48, 93, 96] . Ebenso konnte auch keine Verbesserung hinsichtlich kardiovaskulärer Komplikationen, Sauerstoffaufnahme, Organversagen, Wundheilung, Mobilisierung oder Krankenhausaufenthaltsdauer gefunden werden. Andererseits konnten mehrere Untersuchungen, abgesehen vom Vorteil geringerer Fremdblutexposition, sogar eine tendenzielle Verringerung postoperativer Komplikationen durch restriktive Handhabung allogener Blutprodukte beobachten [7, 11, 12, 38, 93] . Ältere Untersuchungen über die perioperativen Auswirkungen allogener | Der Anaesthesist 2•2001 80 14 Weiterbildungsartikel, der gängige Blutsparmethoden, ihre Vor-und Nachteile sowie deren Anwendung zusammenfasst. 15 Richtlinien der ASA zum Gebrauch und klinischen Einsatz von Blut und Blutkomponenten. 16 Zweiteilige Übersichtsarbeit über allogene Bluttransfusion: Trends, virale Transmission und andere Risiken, Plättchenkontamination, hämolytische Reaktionen, Immunomodulation. Indikationen der Fremdbluttransfusion mit angeschlossenen Richtlinien und extensiver Literaturliste. Zweiter Teil: Blood conservation in: N Engl J Med 340: 525-533. 17 Übersicht über die Risiken der allogenen Blutprodukte mit Schwerpunkt auf immunomodulatorische Effekte. 18 Rezente und gültige Übersicht über den derzeitigen Stand der Fremdbluttransfusion. Pathophysiologie des Hämoglobinabfalls, Monitoring von Organischämien, Art der verfügbaren Blutprodukte sowie Kriterien zur perioperativen Verabreichung von allogenen Transfusionen im Allgemeinen und in Spezialsituationen werden beschrieben. 19 Retrospektive Kohortenstudie an 8.787 Hüftpatienten. Liberale Verabreichung von allogenen Transfusionen führt zu deutlicher Erhöhung postoperativer bakterieller Infektionen. 20 Pilotstudie mit prospektiv randomisiertem Design zur Auswirkung von Fremdbluttransfusionen auf postoperative Mortalität nach Hüftoperationen. Kein Unterschied durch höhere Transfusionsraten. 21 Dies ist die erste prospektiv randomiserte Studie über Nutzen bzw. Risiko der Fremdbluttransfusion bei Intensivpatienten. Zwei Gruppen von etwa 400 Patienten wurden entweder bis zu einem Hämoglobin von 7-9 g/dl oder bis 10-12 g/dl transfundiert. Die restriktive Transfusionsstrategie hatte weder gesamt noch bei kardiovaskulär vorgeschädigten Patienten nachteilige Wirkungen auf die Gesamtmortalität, sondern tendenziell sogar eher Vorteile. Bei Patienten unter 55 Jahren oder einem APACHE-II-Score = 20 hatte die geringere Transfusionsmenge nahezu eine Halbierung der Mortalität zur Folge. Transfusionen waren z. T. schlecht kontrolliert und hatten geringe Fallzahlen [7, 25, 39, 48, 96] . Carson et al. untersuchten retrospektiv das Transfusionsverhalten bei fast 9.000 sehr alten orthopädischen Patienten [12] . Bei Hämoglobinwerten von unter 8 g/dl erhielten nahezu alle Patienten Erythrozytenkonzentrate, bei über 10 g/dl sehr wenige und bei 8-10 g/dl etwa die Hälfte. Gerade in diesem hinsichtlich der Transfusionskriterien kontroversiellen "Graubereich" [1] konnte die Gesamtmortalität weder durch prä-noch durch postoperative Transfusionen verbessert werden, sondern wurde tendenziell sogar etwas erhöht. Am selben Patientenkollektiv wurde außerdem eine deutliche postoperative Zunahme von schweren bakteriellen Infektionen sowie der Krankenhausaufenthaltsdauer in Abhängigkeit von der Transfusionsmenge nachgewiesen [11] . Eine prospektive Pilotstudie derselben Gruppe verglich den Effekt von Transfusionen bei Schwellenwerten von Hämoglobin 10 g/dl mit dem von symptomatisch getriggerten Transfusionen (bis zu Hb 8 g/dl) und konnte ebenso keine Unterschiede hinsichtlich postoperativer Mortalität oder Morbidität feststellen. Die Untersuchung ist aber noch zu wenig weit gediehen, um diesbezüglich endgültige Aussagen treffen zu können [14] . In einer weiteren prospektiv randomisierten Studie wurden Patienten nach großen Gefäßeingriffen Transfusionen bis zu einem Hämoglobin-Schwellenwert von entweder 9 g/dl oder 10 g/dl verabreicht [9] . Die höhere Transfusionsrate bewirkte keine Unterschiede hinsichtlich der Mortalität, kardiovaskulärer Komplikationen oder Aufenthaltsdauer. Der stärkere Hämoglobinabfall wurde nicht durch ein Ansteigen der myokardialen Belastung, sondern v. a. durch eine erhöhte Sauerstoffextraktion aus dem peripheren Gewebe kompensiert [9] . Bei Patienten mit Sichelzellanämie bewirkte eine aggressive Transfusion von Fremdblut zur präoperativen Senkung des HbS-Anteils im Vergleich zu einer konservativeren Vorgangsweise ebenfalls keine Senkung postoperativer Komplikationen, jedoch eine deutliche Erhöhung der transfusionsbedingten Zwischenfälle [93] . Transfusionen auf die Mortalität von Intensivpatienten wurde in einer großen, prospektiv randomisierten kanadischen Studie untersucht [38] : bei Patienten mit perioperativer Anämie brachte eine Anhebung des Hämoglobingehalts auf 10-12 g/dl im Vergleich zu 7-9 g/dl keinerlei Senkung, sondern tendenziell sogar eine Steigerung der Gesamtmortalität.Andererseits konnten durch Reduzierung der Fremdblutgabe um mehr als die [38] . Diese Ergebnisse widersprechen z. T. denen einer früheren Studie derselben Autoren, die allerdings retrospektiv angelegt und daher nur ungenügend kontrolliert war [41] . Die Ursache dieses Phänomens ist unklar.Einerseits kann man das Anämierisiko bei kritisch Kranken als höher annehmen, da höhere Anforderungen an das kardiovaskuläre System bestehen,die adaptiven Reaktionen auf Anämie stark eingeschränkt sein können, und gerade bei Sepsis oder ARDS sehr früh eine pathologische Abhängigkeit vom Sauerstoffangebot entsteht. Das Konzept einer Maximierung des Sauerstofftransportes u. a. durch Verabreichung allogener Erythrozyten hat sich jedoch dabei als ineffektiv erwiesen [45 22 , 55, 59] . Vielmehr kann die Störung der Mikrozirkulation in der Sepsis durch die Verabreichung "alter", schlecht deformierbarer Erythrozyten mit eingeschränkter Fähigkeit zur Sauerstoffabgabe noch weiter verschlechtert werden. Die Lagerungsschäden von Erythrozyten könnten daher für das Fehlen eines therapeutischen Effekts von Fremdblut sowie für eine Zunahme von Ischämien im Splanchnikusbereich und anderen lebenswichtigen Organsystemen mitverantwortlich sein [24, 38, 59] .Vorteile einer liberalen Verabreichung allogener Erythrozyten konnten lediglich bei kritisch kranken anämischen Patienten mit schwerer COPD nachgewiesen werden, bei denen durch Anhebung des Hämoglobin auf 11-12 g/dl mittels Fremdblutgabe eine Reduktion der Atemarbeit erzielt wurde [77] . Dies kann zu einer Entlastung der Atemmuskulatur führen und die Entwöhnung vom Respirator erleichtern [76] . Der Stellenwert des immunsuppressiven Effekts von Fremdblut kommt sowohl beim Intensivpatienten, aber auch bei Patienten mit Karzinomen oder Infektion mit HIV zum Tragen [8, 42, 43, 44] , da der in seiner Immunkompetenz geschwächte kritisch kranke Patient besonders empfindlich ist für die Modulation der immunologischen Effektorsysteme, die mit der Verabreichung allogener Produkte einhergeht [8, 42, 67] . Bei HIV-Infizierten führt daher die großzügige Verabreichung von Fremdblut ebenfalls zu keiner Senkung der Mortalität, sondern im Gegenteil zu einer Be-schleunigung des Krankheitsverlaufs [92] , und die Anzahl der verabreichten Transfusionen ist einer der wichtigsten Prädiktoren für einen manifesten Ausbruch von Aids [44] . Eisen. Die Substitution von Eisen sollte als Primärmaßnahme zur Bekämpfung einer Anämie sowie zur begleitenden Supplementierung bei Eigenblutspende und Erythropoietintherapie eingesetzt werden. Die bisher hauptsächlich angewendete orale Eisensubstitution wird in der Praxis häufig unterdosiert, da sie für den Patienten unangenehme gastrointestinale Nebenwirkungen haben kann, und ist daher oftmals ineffektiv. Bei der intravenösen Verabreichung von Eisendextran traten in etwa 1 von 1.000 Fällen schwere toxisch-anaphylaktoide Reaktionen auf, was diese Anwendungsform deutlich limitiert. In den letzten Jahren ist jedoch Eisensaccharat verfügbar geworden, welches als i.v.-Kurzinfusion (mit NaCl) applizierbar ist und keine wesentlichen Nebenwirkungen zeigt [88] . Ein entsprechendes Monitoring laborchemischer Parameter gibt darüber Aufschluss, ob die supplementäre Eisenzufuhr ausreichend ist oder nicht (Transferrinsättigung <20%, Serumferritin <100 µg/l, >10% Anteil an hypochromen Erythrozyten, niedriger Hb-Gehalt der Retikulozyten) [19] , ist aber nicht routinemäßig verfügbar. Der diagnostische Wert der Parameter des Eisenstoffwechsels ist außerdem bei chronisch entzündlichen Erkrankungen eingeschränkt. tika, Theophyllin, HIV-Infektion sowie die Ausschüttung von inflammatorischen Zytokinen gehemmt [18, 74] . Der gemeinsame Nenner vieler Anämieformen ist ein absoluter oder relativer Mangel an endogenem Erythropoietin (Tabelle 5). Bei der renalen Anämie, dem Prototyp der Erythropoietindefizienz, ist eine Therapie mit rekombinantem humanem Erythropoietin nahezu immer erfolgreich [18, 56] . Ebenso ist eine Erythropoietinverabreichung zur Verbesserung jeder Begleitanämie, die auf Eisen oder Vitamintherapie alleine nicht anspricht, in Erwägung zu ziehen. Erythropoietin wird daher bei rheumatoider Arthritis [71] und anderen chronischen Entzündungen [78] , Neoplasien des blutbildenden Systems [68] und anderen Karzinomen [16, 17, 85] , Chemotherapie [15, 17] , allogener Knochenmarkspende (Spender und Empfänger) [54] , Infektionen mit HIV [44] sowie Frühgeborenen [58] eingesetzt (Tabelle 5). Nicht alle der behandelten Patienten reagieren mit einer entsprechenden Steigerung der Erythropoese ("non-responder"), was eine genaue Indikationsstellung für definierte Patientengruppen notwendig macht. Obwohl Erythropoietin bei vielen chronischen Anämien die Lebensqualität deutlich anhebt [17, 44, 56] , konnte bis jetzt eine Verbesserung der Gesamtmortalität durch diese Therapie noch nicht eindeutig nachgewiesen werden [5] . Erythropoietin wird auch im perioperativen Bereich erfolgreich eingesetzt: zur Korrektur einer präexistenten Anämie, zur Beschleunigung der postoperativen Erythropoese, oder zur Optimierung autologer Verfahren [51, 52] . Die alleinige Verabreichung von Erythropoietin hat sich im Hinblick auf den Fremdblutverbrauch bei urologischen und orthopädischen Patienten mit niedrigen Hämoglobinausgangswerten der Eigenblutspende als ebenbürtig erwiesen, stellt aber perioperativ höhere Hämoglobinwerte sicher [20, 28, 87] . Dies ist besonders bei jenen Patienten wichtig, die aufgrund kardiovaskulärer Erkrankungen einen zu starker Abfall des Hämatokrits schlecht tolerieren [18, 29, 32 23 , 51, 52] . Bei Intensivpatienten bewirkt, speziell in der Sepsis, die Freiset-zung inflammatorischer Mediatoren eine Abschwächung der endogenen Erythropoietinantwort, was blutungsunabhängig zu einem hohen Transfusionsbedarf von kritisch kranken Patienten führt [21, 40, 41] . Die Verabreichung relativ hoher Erythropoietin-Dosen (Tabelle 5) konnte die Fremdblutexposition entscheidend reduzieren, ohne die Komplikationsrate oder die Mortalität der Intensivpatienten zu verschlechtern [21] . Große, gut kontrollierte Untersuchungen mit genügend hohen Fallzahlen zur endgültigen Evaluierung dieser Therapie fehlen aber derzeit noch. Erythropoietin sollte subkutan verabreicht werden, da die niedrigeren, länger anhaltenden Plasmaspiegel eher den physiologischen Gegebenheiten entsprechen [18, 91] . Bezüglich der Dosierung bzw. der optimalen Intervalle gibt es keine klaren Richtlinien. Als Anfangsdosis im perioperativen Einsatz wird 200-250 IE/kg/Woche s.c., aufgeteilt auf 2-3 Einzelgaben (bei Bedarf auch als Einmalgabe) empfohlen. Wegen der hohen Kosten sollte die Therapie auf die Bedürfnisse des einzelnen Patienten abgestimmt werden. Um eine Therapie mit Erythropoietin effizient zu gestalten, muss in jedem Falle Eisen substituiert werden, da durch die gesteigerte Erythropoese zunächst ein funktioneller, bei chronischer Verabreichung auch ein absoluter Eisenmangel erzeugt wird [18, 19] . Aus den derzeit verfügbaren Untersuchungen lässt sich also zusammenfassen: Die Arbeiten sind wie folgt bewertet: * interessant, ** von besonderem Interesse * A report by the American Society of Anesthesiologists Task Force on Blood Component Therapy (1996) Practice guidelines for blood component therapy World Health Organization (1968) Nutritional anemias Erythropoietin for end-stage renal disease Incidence of anemia in older people: an epidemiologic study in a well defined population The effects of normal as compared with low hematocrit values in patients with cardiac disease who are receiving hemodialysis and epoetin Post-operative erythropoiesis is limited by the inflammatory effect of surgery on iron metabolism Effect of early blood transfusion on gastrointestinal haemorrhage Allogeneic transfusion and infection: economic and clinical implications A prospective, randomized trial limiting perioperative red blood cell transfusions in vascular patients Morbidity risk assessment in the surgically anemic patient Risk of bacterial infection associated with allogeneic blood transfusion among patients undergoing hip fracture repair Perioperative blood transfusion and postoperative mortality Effect of anaemia and cardiovascular disease on surgical mortality and morbidity A pilot randomized trial comparing symptomatic vs.hemoglobin-leveldriven red blood cell transfusions following hip fracture Recombinant human erythropoietin treatment in elderly cancer patients with cisplatinassociated anemia Recombinant human erythropoietin treatment in cisplatin-associated anemia: a randomized, double-blind trial with placebo Recombinant human erythropoietin therapy for anemic cancer patients on combination chemotherapy Use of recombinant human erythropoietin outside the setting of uremia Subcutaneous erythropoietin for treatment of refractory anemia in hematologic disorders.Results of a phase I/II clinical trial Preoperative recombinant human erythropoietin injection versus preoperative autologous blood donation in patients undergoing radical retropubic prostatectomy Efficacy of recombinant human erythropoietin in the critically ill patient: a randomized, double-blind, placebo-controlled trial Impact of minimum hematocrit during cardiopulmonary bypass on mortality in patients undergoing coronary artery surgery Risk factors for postoperative morbidity Transfusing red blood cells stored in citrate phosphate dextrose adenine-1 for 28 days fails to improve tissue oxygenation in rats Influence of hematocrit on cardiopulmonary function after acute hemorrhage Common diseases: Their nature, incidence and care Hematocrit and the risk of cardiovascular disease-the Framingham study: a 34-year follow-up Preoperative treatment with recombinant human erythropoietin and predeposit of autologous blood in women undergoing primary hip replacement Reduktion des Fremdblutverbrauchs in der operativen Medizin Methods for reduction of perioperative bleeding Transfusion medicine.First of two parts-blood transfusion Erythropoietin therapy Hyperoxaemia in extreme haemodilution The effect of acute normovolemic hemodilution (ANH) on myocardial contractility in anesthetized dogs The effect of hemodilution on regional myocardial function in the presence of coronary stenosis Zinc protoporphyrin as screening test in female blood donors Zinc protoporphyrin in anemia of chronic disorders A multicenter, randomized, controlled clinical trial of transfusion requirements in critical care.Transfusion Requirements in Critical Care Investigators, Canadian Critical Care Trials Group Transfusion requirements in critical care.A pilot study A Canadian survey of transfusion practices in critically ill patients. Transfusion Requirements in Critical Care Investigators and the Canadian Critical Care Trials Group Does transfusion practice affect mortality in critically ill patients? Transfusion Requirements in Critical Care (TRICC) Investigators and the Canadian Critical Care Trials Group Risk of allogeneic transfusions Modulation of immune response by blood transfusion: evidence for a differential effect of allogeneic and autologous blood in colorectal cancer surgery Experience with epoetin alfa and acquired immunodeficiency syndrome anemia Maximizing oxygen delivery in critically ill patients: a methodologic appraisal of the evidence Perioperative myocardial ischemic episodes are related to hematocrit level in patients undergoing radical prostatectomy The definition of anemia in older persons Comparison of two transfusion strategies after elective operations for myocardial revascularization A study of an educational intervention to decrease inappropriate preoperative autologous blood donation: its effectiveness and the effect on subsequent transfusion rates in elective hysterectomy Hemodilution in clinical surgery: state of the art 1996 Erythropoietin in patients undergoing coronary artery bypass graft surgery Subcutaneous recombinant human erythropoietin and autologous blood donation before coronary artery bypass surgery Pharmacological strategies to decrease excessive blood loss in cardiac surgery: a meta-analysis of clinically relevant endpoints A controlled trial of recombinant human erythropoietin after bone marrow transplantation Effects of blood transfusion on oxygen transport variables in severe sepsis Quality of life and anemia: the nephrology experience A model that predicts morbidity and mortality after coronary artery bypass graft surgery The effect of epoetin beta (recombinant human erythropoietin) on the need for transfusion in verylow-birth-weight infants.European Multicentre Erythropoietin Study Group Effect of storedblood transfusion on oxygen delivery in patients with sepsis The evaluation of anemia Progress in understanding the pathogenesis of the anemia of chronic disease Management of preoperative anaemia Proposal of an algorithm to help the choice of the best transfusion strategy Decreased erythropoietin response in patients with the anemia of cancer Human immunodeficiency virus infection, anemia, and survival Relationship between postoperative anemia and cardiac morbidity in high-risk vascular patients in the intensive care unit Detrimental effects of perioperative blood transfusion Recombinant human erythropoietin in transfusion-dependent anemic patients with multiple myeloma and non-Hodgkin's lymphoma -a randomized multicenter study.The European Study Group of Erythropoietin (Epoetin Beta) Treatment in Multiple Myeloma and Non-Hodgkin's Lymphoma Outcome and risk factors of ischemic heart disease in chronic uremia Recombinant human erythropoietin treatment: investigational new drug protocol for the anemia of the acquired immunodeficiency syndrome.Overall results Multicenter study of recombinant human erythropoietin in correction of anemia in rheumatoid arthritis Mempel WSG, Mempel Ch (Hrsg) Zinkprotoporphyrin als Verlaufsparameter für den Eisenstoffwechsel im Rahmen der präoperativen Eigenblutspende.Sympomed Perioperative determinants of morbidity and mortality in elderly patients undergoing cardiac surgery Erythropoietin response is blunted in critically ill patients Mild hypothermia increases blood loss and transfusion requirements during total hip arthroplasty Blood transfusion facilitating difficult weaning from the ventilator Blood transfusion and lung function in chronically anemic patients with severe chronic obstructive pulmonary disease Recombinant erythropoietin for the treatment of anemia in inflammatory bowel disease Cardiovascular and coronary physiology of acute isovolemic hemodilution: a review of nonoxygen-carrying and oxygen-carrying solutions Hemodilution tolerance in patients with coronary artery disease who are receiving chronic beta-adrenergic blocker therapy Elective surgery without transfusion: influence of preoperative hemoglobin level and blood loss on mortality Hematocrit value on intensive care unit entry influences the frequency of Q-wave myocardial infarction after coronary artery bypass grafting.The Institutions of the Multicenter Study of Perioperative Ischemia (McSPI) Research Group Cancer-related anemia: its causes and characteristics Recombinant human erythropoietin and the anemia of cancer Pulmonary gas exchange and blood transport of gases. Pharmacology and physiology in anesthetic practice An open-label, randomized study to compare the safety and efficacy of perioperative epoetin alfa with preoperative autologous blood donation in total joint arthroplasty Safety of intravenous injection of iron saccharate in haemodialysis patients Hemodilution and oxygen transport Monitoring normovolaemic haemodilution Erythropoietic response to acute and chronic anaemia: focus on postoperative anaemia Early transfusions and the length of survival in acquired immunodeficiency syndrome: Experience with a population receiving medical care at a public hospital A comparison of conservative and aggressive transfusion regimens in the perioperative management of sickle cell disease.The Preoperative Transfusion in Sickle Cell Disease Study Group Important role of nondiagnostic blood loss and blunted erythropoietic response in the anemia of medical intensive care patients Myocardial ischaemia in anemic patients Limitations of blood conservation Human cardiovascular and metabolic response to acute, severe isovolemic anemia Immune response and iron metabolism