key: cord-020646-s7eopu9y authors: nan title: Die Pathophysiologie der Entzündung date: 2005 journal: Die Akute Entzündung DOI: 10.1007/3-211-29899-1_2 sha: doc_id: 20646 cord_uid: s7eopu9y nan Synthese. Histamin entsteht durch Decarboxylierung der Aminosäure L-Histidin durch das Enzym L-Histidin-Decarboxylase. Zwei Bauelemente setzen Histamin zusammen: Der Imidazolring und die Äthylaminkette, über die jeweils verschiedene Wirkungen im Entzündungsgeschehen vermittelt werden (Abb. 4). In Mastzellen und Basophilen Granulozyten fi ndet sich Histamin in Granula gespeichert, wo es elektrostatisch an die anionischen Seitenketten von Glykosaminoglykanen gebunden ist. Das entsprechende Glykosaminoglykan in der Mastzelle ist das Heparin, das der Basophilen Granulozyten Chondroitin-4-Sulfat. Die Bindung bewirkt eine Ruhigstellung des Histamins. So ist es biolo-gisch unwirksam, aber auch vor Abbau geschützt. Die Freisetzung von Histamin aus Mastzellen und Basophilen Granulozyten erfolgt durch Exozytose der Granula. Bei der Degranulation werden auch weitere Entzündungsmediatoren ad hoc gebildet und abgegeben wie Prostaglandine, Leukotriene und PAF. Nach Extrusion des Granulainhalts nach außen wird Histamin über Verdrängung durch extrazelluläres Na + vom Glykosaminoglykan abgekoppelt und damit wirksam, aber auch abbaubar. Die Lebensdauer von Histamin hängt vom Gewebe ab, in dem es freigesetzt wird, überschreitet aber nicht den Bereich von wenigen Minuten. Ein Teil des freigesetzten Histamins gelangt ins Blut. Nach experimenteller Provokation einer Mastzellenentspeicherung am Menschen ist im strömenden Blut die maximale Konzentration nach 5 Minuten erreicht und nach 20-30 Minuten der Normwert von 200 bis 300 pg/mL wieder hergestellt. Dieser sofortige Übertritt ins Blut erklärt auch den raschen und schlagartigen Eintritt systemischer Histaminsymptome beim anaphylaktischen Schock (S. 30). Abbau des Histamins. Nur wenige Prozent des Serum-Histamins werden unverändert im Harn ausgeschieden. Der überwiegende Teil wird durch oxydative Desaminierung unwirksam gemacht und erscheint in dieser Form im Harn. Eine Desaminierung kann auf zwei Wegen erfolgen: Über die Monoaminooxydase (MAO) oder über die Diaminooxydase (DAO), auch als "Histaminase" bezeichnet. Über die MAO werden etwa 50 bis 70% des Histamins abgebaut. Zuvor muss aber Histamin durch die Histamin-N-Methyl-Transferase zu Methyl-Histamin umgewandelt werden. Dann erst kann durch die MAO die oxydative Desaminierung über Aldehydbildung zu Methyl-Imidazol-Essigsäure erfolgen, die im Harn ausgeschieden wird. Histamin-N-Methyl-Transferase ist reichlich in Monozyten/Makrophagen enthalten. MAO ist ein ubiquitär auftretendes Enzym mit besonders hoher Konzentration in der Leber. --Dreißig bis 40% des Histamins werden über die DAO, syn. Histaminase, abgebaut. Die DAO desaminiert Histamin direkt zu Imidazol-Essigsäure. Etwa ein Drittel des über die DAO abgebauten Histamins erscheint als Imidazol-Essigsäure im Harn, der verbleibende Teil wird an Ribose gebunden und als Imidazol-Essigsäure-Ribosid ebenfalls im Harn ausgeschieden (Abb. 5). DAO fi ndet sich in einer Reihe von Zelltypen und Organen. Besonders reichlich ist sie in Eosinophilen Granulozyten enthalten. Die Messung des Blut-Histaminspiegels wird bei verschiedene Formen von Anaphylaxien, Urticaria, Bronchospasmus etc. sowie bei Mastzellentumoren (Mastozytomen) aktuell. Die Messung der Abbauprodukte im Harn gibt Aufschluss über die Gesamtbilanz des kurzlebigen Histamins. Stimulation der Mastzellendegranulation. Verschiedenartige Reize können eine Mastzellendegranulation auslösen wie Antigenbindung an IgE-Antikörper auf Mastzellen und Basophilen Granulozyten, Anaphylatoxine, eine Reihe von Cytokinen, Bradikinin, Substanz P, und darüber hinaus unspezifi sche physikalisch-chemische Reize wie thermische, chemische und mechanische Einwirkungen. Histaminwirkungen. Die Wirkung des Histamins auf Zielzellen erfolgt über spezifi sche Rezeptoren, von denen zwei Arten bekannt und gut studiert sind. Eine dritte Rezeptorart, ein H3-Rezeptor, wurde bei Labortieren präsynaptisch an cholinergen Nerven festgestellt, wo Histamin vermutlich die Freisetzung von Azetylcholin steuert. Eine Rolle beim Menschen ist noch nicht sicher gestellt. Der als H1 bezeichnete Rezeptortyp bindet Histamin über die Äthylaminkette. In der Medizin werden Medikamente verschiedenen chemischen Baues verwendet, die H1-Rezeptoren und die über sie vermittelten Wirkungen blockieren. Diese H1-Rezeptorenblocker werden unter der Bezeichnung "Antihistaminika" häufi g therapeutisch eingesetzt. Der andere Rezeptortyp, der H2-Rezeptor, bindet Histamin über den Imidazol-Ring (Abb. 4). H2-Blocker enthalten Strukturanaloga des Imidazols. Diese Pharmaka besetzen eine wichtige Stelle in der Therapie des gastrischen und des duodenalen Ulkus. H1 wie H2-Blocker wirken kompetitiv, verdrängen also den natürlichen Liganden Histamin vom Rezeptor und müssen daher entsprechend hoch dosiert werden. Eine länger dauernde Blockierung von Rezeptoren wird jedoch von der betroffenen Zelle mit einer Rezeptorvermehrung [up-regulation] beantwortet, was eine Dosissteigerung des Blockers zur Erhaltung der therapeutischen Wirkung erfordert. Bei plötzlicher Aufhebung der Rezeptorblockade nach Ende einer Therapie sind die betroffenen Zellen mit einer hohen Rezeptorzahl bestückt und reagieren folglich auf Histamin verstärkt, was zum massiven Wiederauftreten der Krankheitssymptomatik führen kann (sog. "Rebound-Phänomen"). Für kompetitiv wirkende Medikamente kann als Faustregel gelten: Therapiebeginn mit doppelter Erhaltungsdosis, um die Rezeptoren initial mit dem Blocker zu sättigen, Erhaltungsdosis bei Bedarf steigern und bei Therapieende die Dosis schrittweise zurücknehmen ("ausschleichen"), um einen Rebound zu verhindern. Je nachdem, über welchen Rezeptortyp Histamin auf die Zielzelle wirkt, kann man zwei Wirkungsbereiche des Histamins unterscheiden: H1 und H2-Wirkungen. Die H1-Wirkungen sind die "klassischen" Histaminwirkungen, die bereits nach 1940 erkannt und studiert wurden. Sie umfassen eine Reihe typischer Entzündungsphänomene. Histamin bewirkt in den meisten Geweben eine Gefäßerweiterung, die der Rezeptorverteilung entsprechend in erster Linie die Mikrozirkulation (kleine Arterien und Venolen), weniger die Widerstands-und Kapazitätsgefäße (mittelgroße Arterien und Venen) betrifft (Abb. 6). Folgen der Vasodilatation: Lokal wird eine Durchblutungssteigerung erreicht, die an der Körperoberfl äche als Rubor und Calor in Erscheinung tritt. Gelangt Histamin jedoch in massiven Mengen in die Blutbahn, so führt die systemische Gefäßerweiterung zu einem Druckabfall, der sich zum "Histaminschock" steigern kann. Die H1-vermittelte Wirkung des Histamins trifft nicht unmittelbar die Zielzelle der Gefäßerweiterung, die glatte Muskelzelle der Gefäße, sondern nimmt einen indirekten Weg. Histamin stimuliert die H1-Rezeptoren der Endothelzelle, die auf diesen Reiz hin eine gefäßerweiternde Substanz, Stickstoffmonoxyd (NO), pro-duziert und freisetzt. Das NO diffundiert zur Muskelzelle und ist für deren Erschlaffung verantwortlich (S. 222). betrifft die Kapillaren und noch stärker die postkapillaren Venolen. Histamin bewirkt eine Kontraktion der Fortsätze der Endothelzellen und eine Lösung der lumenwärts gelegenen festen Interzellularverbindungen, die dabei interzelluläre Lücken (Stomata) mit Durchlässigkeit für höhermolekulare Substanzen freigeben (S. 220). Der Blutdruck treibt Flüssigkeit durch die Stomata und die Basalmembran in den Extravasalraum. Da im Be-reich der Stomata auch der Filtrationseffekt des Endothels verringert ist, hat entzündliches Exsudat etwa denselben Eiweißgehalt und somit denselben osmotischen Druck wie das Blutplasma. Die fehlende kolloidosmotische Druckdifferenz zwischen Intra-und Extravasalraum schließt den osmotischen Rückstrom extravasaler Flüs sigkeit in die Gefäßbahn aus, was die Flüssigkeitsan sammlung zusätzlich verstärkt und das entzündliche Ödem entstehen lässt. Das entzündliche Ödem wird ausschließlich über das Lymphsystem entlastet (Abb. 7). Folgen der Permeabilitätssteigerung. Lokal bildet sich reichlich Exsudat, das entzündliche Ödem, das an Körpero-berfl ächen als Schwellung (Tumor) imponiert. Eine typische, durch Histamin verursachte Reaktion der Haut ist die Urticaria, der "Nesselausschlag". Da die Mastzellen der Haut in der oberfl ächennahen Papillarschicht (Stratum papillare) dicht unter der Epidermis konzentriert sind, ist die Schwellung scharf begrenzt und die Rötung deutlich. Ödeme kön-nen an Orten Beschwerden verursachen bzw. sogar lebensbedrohlich werden, wo sie Lumina einengen, wie in der Nasenhöhle, im Kehlkopf oder in den tieferen Atemwegen. Eine Permeabilitätssteigerung im gesamten Zirkulationssystem hat eine massive Plasmaverschiebung aus der Gefäßbahn in die Gewebe zur Folge, die das Abb. 7. Strömungsverhältnisse und Flüssigkeitsverteilung im Bereich der Mikrozirkulation eines Entzündungsherdes im Vergleich zu den Verhältnissen im nicht entzündeten Gewebe. Die Flüssigkeitsverteilung im durchlässigen Gefäßbereich wird einerseits vom Blutdruck (Filtrationsdruck -aus der Gefäßbahn hinaus) und andererseits vom kolloidosmotischen Druck und dem Gewebsdruck (Bindekraft der Plasmaeiweiße, Widerstand des umliegenden Gewebes -in die Gefäßbahn hinein) bestimmt. Im nicht entzündeten Gewebe (a) wird durch den Filtrationsdruck im Kapillarbereich eiweißarme Blutfl üssigkeit in den Extravasalraum gepresst, bis der im Kapillarverlauf abnehmende Blutdruck den kolloidosmotischen Druck der Plasmaeiweiße (ca. 25 mm Hg) erreicht hat. Im folgenden Gefäßverlauf wird bei weiterhin abnehmendem Blutdruck die ausgetretene Flüssigkeit wieder über die osmotische Bindekraft der Plasmaeiweiße rückresorbiert. Im Durchschnitt des Gesamtorganismus werden auf diese Weise rund 80% der fi ltrierten Flüssigkeit direkt in die Blutbahn rückgeführt, und nur 20% nehmen den Weg über die Lymphbahn. Dieser Rest geht über die Lymphbahn als Lymphe ab und gelangt über den Ductus thoracicus ins Blut zurück (Starling-Hypothese). In entzündetem Gewebe (b) herrscht durch die Erweiterung der zuführenden Arterien (A) und den dadurch vermehrten Bluteinstrom ein erhöhter Blutdruck, der zusammen mit der gesteigerten Durchlässigkeit des Endothels für Flüssigkeiten und gelöste höhermolekulare Stoffe den verstärkten Einstrom einer eiweißreichen Flüssigkeit in das entzündete Gewebe verursacht (entzündliches Ödem). Die Zusammensetzung der Ödemfl üssigkeit entspricht etwa der des Blutplasmas. Im venösen Bereich (V) nehmen die Strömungsgeschwindigkeit und der Blutdruck in einem Ausmaß ab, das durch die Gefäßweite, den Verlust an Blutvolumen in das Ödem und von der Ausbildung des Sludge-Phänomens bestimmt wird. Durch die fehlende kolloidosmotische Druckdifferenz kann die Ödemfl üssigkeit nicht in die Blutbahn rückströmen, sondern wird vollständig über die Lymphbahnen abtransportiert. In den Lymphknoten wird die Ödemfl üssigkeit von Schadmaterial gereinigt und das spezifi sche Immunsystem aktiviert. zirkulierende Plasmavolumen erheblich verringert. Die Hypovolämie verstärkt den durch die Gefäßerweiterung verursachten Blutdruckabfall und bildet eine weitere Komponente des Histaminschocks. Histamin benötigt zur vollen Entfaltung seiner permeabilitätssteigernden Wirkung den Synergismus weiterer Mediatoren wie Bradikinin oder Prostaglandine. Unter entzündlichem Ödem versteht man die extravasale Ansammlung von Flüssigkeit im Entzündungsbereich. Bei Entzündung treten in der terminalen Gefäßbahn Veränderungen auf, die den Austritt von Blutfl üssigkeit im Vergleich zu nicht entzündlichen Gefäßstrecken wesentlich erleichtern. Durch die Dilatation zuführender Arteriolen wird über den verstärkten Blutfl uss der lokale Blutdruck und damit der Filtrationsdruck erhöht. Die Durchlässigkeit der funktionellen Gefäßstrecke für Plasmabestandteile wird durch Lückenbildung im Endothelbelag der Venolen erhöht (Permeabilitätssteigerung für höher molekulare Stoffe). Das entzündliche Exsudat ist dadurch eiweißreich und hat etwa die Zusammensetzung des Blutplasmas. Die Galen'schen Entzündungssymptome rubor, calor und tumor werden durch die Gefäßerweiterung und die Permeabilitätssteigerung verursacht. Die Gefäßerweiterung fördert reichlich sauerstoffreiches, daher hellrotes Blut, das bei oberfl ächlichem Sitz des Entzündungsherdes eine Rötung (Rubor) verursacht. Dieses Blut hat die Temperatur des Körperinneren, die einige Grad über der Temperatur der Körperoberfl äche liegt und den entzündeten Bereich gegenüber der Umgebung relativ wärmer erscheinen lässt (S. 238). Zusätzlich wird durch die Stoffwechselsteigerung im Entzündungsherd --Wärme frei (Calor). Das entzündliche Ödem bewirkt die Schwellung (Tumor), deren Ausmaß auch von der Beschaffenheit des betroffenen Gewebes abhängt. Entzündungen des lockeren Bindegewebes verursachen starke Schwellungen. Das kann in Hohlorganen Komplikationen verursachen, wenn Verkehrswege behindert werden (z.B. Glottisödem, Schwellung der Bronchialschleimhaut). Mangelnde Ausweichmöglichkeiten führen zu starken Drucksteigerungen (Gehirn, Zahnpulpa, Foramina intervertebralia). Auch der Schmerz (Dolor) wird vom erhöhten Gewebsdruck mitverursacht. Das entzündliche Ödem hat eine Reihe von Aufgaben: Es soll das Gewebe aufl ockern, um es für die eigentlichen Effektoren der Immunabwehr, die Entzündungszellen, leichter durchgängig zu machen. Durch die vermehrte Durchsaftung wird eine Verdünnung toxischer Produkte (mikrobielle Produkte, Abbauprodukte körpereigenen Materials, Überschüsse von Regulatoren und Wirkstoffen der Entzündung) im Entzündungsherd erreicht und damit ihre Wirkung herabgesetzt. Die entzündliche Exsudatfl üssigkeit mit toxischen Produkten wird über die Lymphbahnen abgeführt. Auf diese Weise wird der entzündete Gewebsbezirk vermehrt durchschwemmt und gereinigt. Die Makrophagen der Lymphknoten befreien die Lymphe von toxischen Produkten. Gleichzeitig wird die spezifi sche Abwehr aktiviert: Bei Erstkontakt wird eine spezifi sche Immunreaktion über AG-präsentierende Zellen initiiert, bei Mehrfachkontakt mit einem AG werden die Gedächtniszellen aktiviert. Der Lymphfl uss schwemmt Informationsträger wie Mediatoren, Cytokine und Wachstumsfaktoren aus dem Entzündungsherd in das Blut aus, die systemische Reaktionen in Gang setzen. Zu den Veränderungen der Flüssigkeitsverteilung in einem Entzündungsherd siehe Abbildung 7. ---Über das entzündliche Ödem werden reichlich inaktive Vorstufen von im Blut zirkulierenden Regulatoren, Komponenten der Blutgerinnung wie auch Effektorstoffe der Entzündung (Immunglobuline) in das entzündete Gewebe eingebracht. Die erhöhte Durchlässigkeit des Gefäßendothels ermöglicht den Durchtritt auch hochmolekularer Stoffe. Dem entzündlichen Ödem mag auch eine gewisse mechanische Funktion zukommen. Die Schwellung bewirkt eine Einschränkung der Beweglichkeit. Gemeinsam mit der Wirkung des Schmerzes wird damit eine Ruhigstellung von entzündeten Körperpartien erreicht. Anders als die Gefäßmuskulatur besitzen die glatten Muskelzellen der Bronchien und des Gastrointestinaltrakts sowie die Muskelzellen von Drüsenendstücken H1-Rezeptoren, über die sie zur Kontraktion angeregt werden. Im GI-Trakt bewirkt Histamin eine Verstärkung der Peristaltik mit Diarrhoe und Erbrechen. Histamin kann auch zur Bronchokonstriktion im Rahmen des Asthma Bronchiale beitragen, ist aber bei diesem Krankheitsbild von untergeordneter Bedeutung. So zeigen Antihistaminika bei Asthma Bronchiale nur geringen oder gar keinen therapeutischen Effekt (S. 292). Die Wirkung von Histamin auf die Schmerzfasern ist nur gering. Über H1-Wirkung wird jedoch an sensiblen Nervenfasern ein Juckreiz hervor gerufen, der eine typische subjektive Begleiterscheinung von Histamin-vermittelten Erkrankungen wie Urticaria, Prurigo oder Rhinitis und Conjunctivitis allergica ist. Histamin bewirkt über Axonrefl exe von sensiblen Nerven eine Gefäßerweiterung, die über den unmittelbaren Einwirkungsbereich des Histamins hinausgeht. Injiziert man experimentell einer Ver---suchsperson Histamin intrakutan, so fällt der Bereich des Erythems weit größer aus als es der Ausbreitung des Histamins zukommen sollte. Das Auslösen neuronaler Refl exe im Bereich der Atemwege kann pathogenetisch bedeutsam sein. Experimentelle Histamininhalationen beim Gesunden führen über H1-Rezeptoren zu einer Bronchokonstriktion, die über Refl exbögen des Nervus vagus vermittelt wird, wie die Blockierbarkeit des Effekts mit Atropin beweist. Solche Refl exe können beim chronifi zierten Asthma Bronchiale eine Rolle spielen (S. 291, Abb. 115). Eine andere Verbindung zwischen Histamin und Nervensystem läuft über den schmerzvermittelnden Neurotransmitter Substanz P. Substanz P stimuliert Mastzellen zur Degranulierung und damit Histaminabgabe. Umgekehrt kann Histamin die Freisetzung von Substanz P aus Nervenfasern bewirken. Histamin regt die Produktion und Abgabe von Schleim in Schleimdrüsen an. Bei Atemwegserkrankungen wird dadurch mehr Schleim im Nasen-und Rachenbereich und in den tieferen Atemwegen abgegeben. Die Ventilationsbehinderung, die durch Bronchokonstriktion und Schleimhautschwellung gegeben ist, wird dadurch verstärkt (S. 291). Die Kenntnis um diesen Teil des Wirkungsspektrums von Histamin ist wesentlich jünger als die der H1-Wirkung. Klinisch wichtige H2-vermittelte Effekte betreffen die Steuerung von Organfunktionen. Über H2-Rezeptoren werden Zellfunktionen von Granulozyten, Monozyten/ Makrophagen, Lymphozyten und Mastzellen gehemmt. Die Hemmung erfasst Zellleistungen wie Migration und Chemotaxis, Phagozytose und Degranulation, sowie die Produktion und Abgabe von ROS und Regulatoren der Entzündung. Die hemmende Wirkung läuft über die Aktivierungskette Besetzung der H2-Rezeptoren, Aktivierung der Adenylatzyklase und damit Anhebung des intrazellulären cAMP -Spiegels und beruht letzten Endes auf einer Inaktivierung des Cytoskeletts (S. 169ff, Abb. 16). Mastzellen können so über ihre H2-Rezeptoren die eigene Histaminabgabe einschränken. Diese Produkthemmung trägt zur Regulation der Histaminkonzentration in Geweben bei. Histamin ist somit über die H2-Wirkung ein Hemmer der zellulären Entzündungsreaktion. Eine Ausnahme bilden die Eosinophilen Granulozyten, auf die Histamin in einem gewissen Konzentrationsbereich chemotaktisch wirkt. Histamin ist, neben anderen Faktoren (S. 208), für die Eosinophilie betroffener Gewebe im Zuge von Allergien und Parasitenbefall verantwortlich. Histamin erhöht auch die Aggressivität der Eosinophilen Granulozyten gegenüber Parasiten. In hoher Konzentration lähmt es jedoch die Aktivität auch dieser Zellen. Erhöhte Histaminspiegel im Blut verursachen Tachykardie, die teils als kardiale Kompensation des Blutdruckabfalls aufzufassen ist, aber auch auf einer direkten kombinierten H1-und H2-Wirkung auf das Herz beruht. Die Infusion zumutbarer Histaminmengen in freiwillige Testpersonen löst eine Tachykardie aus, die durch die kombinierte Anwendung von H1-und H2-Blockern, jedoch nicht wesentlich durch die getrennte Anwendung dieser Blocker verhindert werden kann. Am Meerschweinchenherzen führt die Verabreichung hoher Histamindosen anfangs zu einer Sinustachykardie (positiv chronotrope Wirkung) und zu einer Erhöhung des Fördervolumens (positiv inotrop), hemmt aber die Reizleitung vom AV-Knoten weiter bis zur Ausbildung eines Schenkelblocks (negativ dromotrop). Die Entkoppelung der Schlagfolge zwischen Vorhof und Kammern bewirkt einen drastischen Abfall der Förderleistung des Herzens, Blutdruckabfall und Schocktod. Obwohl beim Meerschweinchen diese Wirkung vorwiegend H2 vermittelt ist, können Parallelen zum Menschen gezogen werden. Autoptisch fi nden sich bei im anaphylaktischen Schock Verstorbenen in der Nähe des Sinusund AV-Knotens reichlich degranulierte Mastzellen. Die Stimulation der Salzsäure-Produktion im Magen läuft über einen Anstieg der Gastrinabgabe aus Zellen des APUD-Systems. Gastrin stimuliert die Histaminabgabe aus Mastzellen, und Histamin stimuliert über H2-Rezeptoren die Belegzellen der Magendrüsen zur Produktion und Abgabe von Salzsäure. Eine der modernen Möglichkeiten einer konservativen Ulkustherapie besteht in der Blockierung dieser Rezeptoren durch H2-Blocker, wodurch eine Drosselung der Salzsäureproduktion erreicht wird. Histamin reguliert auch die Aktivität des exokrinen Pankreas über H1 und H2-Rezeptoren. Histamin übt auf den Ablauf einer Entzündung zwei konträre Wirkungen aus: Histamin ist als Mediator entzündlicher Reaktionen maßgeblich am Zustandekommen einer Reihe von Erkrankungen beteiligt, die im klinischen Alltag eine bedeutende Stellung einnehmen. Aus pathogenetischer Sicht kann man drei Gruppen von Histamin-vermittelten Erkrankungen unterscheiden. a) Anaphylaktische Reaktionen b) Pseudoallergien c) Die Histaminvergiftung Das sind per defi nitionem IgE-vermittelte Immunreaktionen, also Überempfi ndlichkeitsreaktionen vom Typ 1 nach Coombs-Gell, auch als Überempfi ndlichkeitsreaktionen vom "Soforttyp" oder "Reagintyp" bezeichnet. Klinisch ist für diese Krankheitsbilder die pathogenetisch ungenaue Bezeichnung "Allergie" gebräuchlich. Disponierte Personen, die als "Atopiker" bezeichnet werden, reagieren auf gewisse Antigene (AG) mit der Bildung spezifi scher Antikörper (AK) vom IgE-Typ. Die atopische Veranlagung ist angeboren, tritt oft familiär auf und zeigt eine Konvergenz mit gewissen MHC I Typen. Die von den Plasmazellen abgegebenen IgE-AK gelangen über den Blutweg in den gesamten Organismus und binden sich mit ihren Fc-Teil an spezifi sche Rezeptoren (S. 235, Abb. 102). Solche Rezeptoren ( Fcε-R) wurden an Mastzellen, Basophilen Granulozyten, Eosinophilen Granulozyten und an manchen Makrophagen festgestellt. In dieser Bindung sind IgE-AK, deren Lebenserwartung frei eine Halbwertszeit von zweieinhalb Tagen nicht überschreitet, vor dem Abbau geschützt und langlebig. Vermutlich teilen sie die Lebensdauer der jeweiligen Trägerzelle. Für das Verständnis des Krankheitsgeschehens ist wichtig, dass Trägerzellen im gesamten Organismus mit IgE aufgeladen werden und nicht nur am Eintrittsort des Antigens. Die nach Antigenkontakt erfolgte Produktion und Abgabe von IgE sowie die Beladung von Fcε-R tragenden Zellen mit IgE nennt der Kliniker Sensibilisierung. Trifft das AG erneut auf eine solcherart sensibilisierte Trägerzelle, so wird es von Fab-Teil des IgE-AK gebunden (Abb. 8) und übt damit einen Degranulationsreiz auf die Trägerzelle aus. Mastzellen und Basophile Granulozyten geben darauf hin Histamin und lipogene Mediatoren ab, Eosinophile Granulozyten entspeichern ihre zytotoxischen Granulainhalte und setzen ROS frei, Makrophagen sezernieren Wirkstoffe, die weitere Entzündungszellen anlocken und das Entzündungsgeschehen beeinfl ussen. Da die Hauptträger der anaphylaktischen Entzündungsreaktion, die Mastzellen, in Organen der Körperoberfl ächen, nämlich im GI-Trakt, im Respirationstrakt und in der Haut konzentriert sind, werden diese Organe auch bevorzugt von der entzündlichen Symptomatik getroffen. Sensibilisierte Atopiker beherbergen überdies einen wesentlich größeren Mastzellenpool als Gesunde. Bedingung für eine Degranulierung ist allerdings, dass sich ein bi-oder multivalentes AG an mehrere benachbarte IgA-AK gleichzeitig bindet, was als Quervernetzung oder Brückenbildung, [bridging, patching] bezeichnet wird. Erst nach einer Dimerisierung von Rezeptoren können transmembranöse Signale im Zellinneren entstehen, die eine Granulaabgabe und damit verbundene Zellleistungen in Gang setzen (S. 200, Abb. 89). Die Notwendigkeit der Brückenbildung setzt eine gewisse Mindestdichte der Rezeptorbesetzung voraus. Da die IgE-Rezeptoren auf der inaktiven Mastzelle statistisch gleichmäßig verteilt sind und die Bindung der IgE-AK an die Rezeptoren ebenfalls nach Zufallgesetzen erfolgt, ist bei niederer Besetzungsdichte die Wahrscheinlichkeit, dass zwei benachbarte Rezeptoren IgE tragen und somit eine Quervernetzung ermöglichen, gering. Bei einem niederen Besetzungsgrad der Mastzellen mit IgE treten deshalb trotz bereits laufender IgE-AK-Produktion keine klinischen Symptome auf. Nach länger dauernder oder wiederholter AG-Exposition "beladen" sich die Mastzellen jedoch fortlaufend oder schubweise mit IgE (sog. "Booster-Effekt"), bis die für die Brückenbildung kritische Beset-zungsdichte erreicht ist. Daher setzt typischerweise die anaphylaktische Symptomatik nach einem neuerlichen Boosterschub sehr plötzlich und prägnant "über Nacht" ein. Herkunft und Art der Allergene Antigene, die Überempfi ndlichkeitsreaktionen (Allergien) auslösen, werden als Allergene bezeichnet. Eine aus praktisch-klinischen Gesichtspunkten nutzvolle Einteilung der Allergene ist die nach dem Ort des Eindringens in den Organismus. Es lassen sich so unterscheiden: Inhalationsallergene -über die Atemwege Ingestionsallergene -über den Verdauungstrakt Kontaktallergene -über die äußere Körperoberfl äche Injektionsallergene -werden direkt ins Blut oder in Gewebe inokuliert. Herkunft und chemische Natur der Allergene sind vielfältig. Meist sind es höhermolekulare Eiweiße, die eine AK-Bildung auslösen. Kleine Moleküle und Nicht-Eiweiße (z. B. Chemikalien oder Medikamente) wirken nach Bindung an körpereigenes Eiweiß als Haptene. Die häufi gsten Ursachen für anaphylaktische Erkrankungen im europäischen Raum sind Pollen von Windbestäubern, wie gewisse Gräser und Bäume. Sie wirken im Conjunctivalbereich als Kontaktallergene, in Respirationstrakt als Inhalationsallergene. Eine Reaktion beginnt typischerweise mit dem Erscheinungsbild der Rhinitis und Conjunctivitis allergica. Nach längerer oder intensiver Allergenexposition kann sich bei entsprechender Disposition die klinisch wesentlich problematischere Ausprägungsform des Asthma bronchiale entwickeln (S. 289ff). Häufi ge Ingestionsallergene sind Nahrungseiweiße wie Fisch, Krebstiere, Eier, Milchkasein, Früchte wie Erdbeeren, Zitrusfrüchte u.a.m. Allergische Reaktionen gegenüber Chemikalien und Medikamenten sind entsprechend der ----Abb. 8. Histamin-Freisetzung. Im Zuge der Sensibilisierung lagern sich IgE-Antikörper mit dem Fc-Teil an IgE-Rezeptoren an. Bei Bindung mindestens zweier benachbarter Antikörper an das Antigen (Brückenbildung) kann sich der Reiz entwickeln, der den Mechanismus der Mastzellen-Degranulation in Gang setzt. Das in den Granula enthaltene Histamin wird durch Exozytose in die Umgebung freigesetzt. Die Degranulation aktiviert den Arachidonsäure-Metabolismus und mit dem Histamin werden gleichzeitig PG, LT und PAF abgegeben. steigenden Belastung stark im Zunehmen. Sie können echte Anaphylaxien sein, wobei gewöhnlich das Allergen als Hapten wirkt, oder auch Pseudoallergien hervorrufen (S. 31). Die Applikation solcher chemischer Stoffe kann auf verschiedenen Wegen erfolgen: Oral als Ingestionsallergen, oberfl ächlich lokal als Kontaktallergen oder parenteral als Injektionsallergen. Kontaktallergene dringen über die äußere Körperoberfl äche ein. Sie rufen üblicherweise eine ÜER vom Typ 4 hervor, jedoch mit einer gewissen Histaminbeteiligung, wie der heftige Juckreiz nahe legt. Reine anaphylaktische Reaktionen durch Kontaktallergene sind selten. Injektionsallergene fi nden sich häufi g unter den Antibiotika (Penicillin, Cephalosporine). In diese Gruppe fallen auch Insektengifte wie die von Bienen und Wespen. Ingestionsallergene können zu einer recht vielfältigen Symptomatik führen. Reaktionen treten am Eintrittsort der Allergene im GI-Trakt auf. Die H1-vermittelte Gefäßerweiterung und Permeabilitätssteigerung, die Aktivierung der Drüsen-und Muskeltätigkeit äußert sich in abdominalen Krämpfen, Durchfall und Erbrechen. Wird reichlich Histamin freigesetzt, kann es zu Blutdruckabfall bis zum Anaphylaktischen Schock kommen. In die Zirkulation abgegebene Entzündungsmediatoren können aber auch unspezifi sche Fernwirkungen entfalten wie Migräne-artige Kopfschmerzen oder rheumatoide Beschwerden, deren auslösende Ursache oft verkannt wird. Häufi g bilden sich heftig juckende Quaddeln am Stamm, Armen oder Beinen ( Urticaria, "Nesselsucht", "Verdauungsausschlag"). Neben einer symptomatischen lokalen Therapie sind auch hier Antihistaminika hilfreich. Beim allergischen Asthma Bronchiale wird die Histaminwirkung von anderen Mediatoren überspielt (S. 290). Ursache des Anaphylaktischen Schocks ist stets die massive Zufuhr des Allergens und seine Verteilung auf dem Blutweg über den gesamten sensibilisierten Organismus, was zu einer schlagartigen Histaminfreisetzung und zur Histaminüberschwemmung des Blutes führt. Diese Bedingung, den Großteil der Mastzellen des Organismus über die Blutbahn zu erreichen, können nur Injektionsallergene und Ingestionsallergene erfüllen. Unter den Injektionsallergenen, die für den Anaphylaktischen Schock verantwortlich sein können, sind Insektengifte von Bienen und Wespen häufi g, unter den Medikamenten Antibiotika oder auch eine zu rasche Dosissteigerung bei Hyposensibilisierungskuren. Der Anaphylaktische Schock hat seine Ursache in einer auf das ganze Kreislauf-system ausgedehnten Histaminwirkung. Gefäßerweiterung in der Mikrozirkulation in Verbindung mit einer gesteigerten Gefäßpermeabilität führen zum raschen Blutdruckabfall. Ein Überleitungsblock lässt den Kreislauf völlig zusammenbrechen. Der Zustand ist akut lebensbedrohlich, und therapeutisch steht zunächst die Schockbekämpfung im Vordergrund: Flüssigkeitsersatz und Sauerstoffbeatmung. Vasopressorische Medikamente sind beim Anaphylaktischen Schock zur Kreislaufstabilisierung wirksam. Moderne Therapieschemata inkludieren kombinierte H1 und H2 Blockade zur Prävention von Herzfunktionsstörungen und Glucocorticoide zur Immunsuppression. Bei Herzstillstand ist nach Möglichkeit eine Defi brillation durchzuführen, notfalls kann Adrenalin intrakardial injiziert werden. Bei der Atopischen Dermatitis, dem "Milchschorf" der Kinder, sind anaphylaktische Elemente mitbeteiligt, wie die oft sehr hohen IgE-Spiegel nahe legen. Die Pathogenese dieser Erkrankung ist allerdings unklar. Störungen im Stoffwechsel lipogener Mediatoren scheinen eine Rolle zu spielen. In den betroffenen Hautarealen laufen übersteigerte Entzündungsreaktionen ab. Besser als die symptomatische Behandlung von Anaphylaxien ist eine kausale Therapie, nämlich die Meidung des verantwortlichen Allergens. Die Suche nach der auslösenden Ursache kann eine aufwendige Arbeit erfordern, die oft vergeblich ist. Hilfsmittel dazu sind der Prick-Test und die Bestimmung der IgE-Blutspiegel mit dem RIST -und RAST -Test. Bei Pollenallergien sind im Frühstadium Hyposensibilisierungskuren aussichtsreich. Als "Pseudoallergie" wird die Situation bezeichnet, wenn Wirkstoffe oder ihre Metabolite direkt, unter Umgehung einer spezifi schen Immunreaktion, auf Effektorzellen der Immunantwort ein-wirken. Eine Mastzellen-Degranulation wird also ohne IgE-Beteiligung ausgelöst. Pseudoallergien sind wie die echten Allergien stark im Ansteigen. Grund dafür ist die starke Zunahme chemischer Wirkstoffe in allen Lebensbereichen. Es besteht ein deutlicher Zusammenhang solcher Überreaktionen mit der zunehmenden Verunreinigung der Umwelt, Luft, Wasser und Nahrungsmitteln sowie mit der zunehmenden Verwendung von Chemikalien im Alltag. Auch der ansteigende Gebrauch von Medikamenten fällt ins Gewicht. Mit Einzelheiten zu diesem Thema beschäftigt sich eine breite Fachliteratur. Wie die echten Allergien treffen auch die Pseudoallergien besonders disponierte Personen. Eine Überempfi ndlichkeit von Mastzellen gegenüber unspezifi schen Reizen kann anlagebedingt sein und tritt häufi g familiär auf. So gibt es etwa eine Überempfi ndlichkeit gegenüber thermischen Reizen. Hitze oder Kälte rufen dann am Ort der Einwirkung auf der Körperoberfl äche ein juckendes, urtikarielles Ödem hervor. Auch Schwitzen (Azetylcholinfreisetzung an den Schweißdrüsen, Abb. 16) oder mechanische Reize können bei empfi ndlichen Personen zu einer Mastzellen-Degranulation und zur Quaddelbildung führen. Therapiemöglichkeiten sind Antihistaminika und die Meidung der auslösenden Reize. ist Folge einer Zufuhr von Histamin mit der Nahrung. Analog zur Biosynthese im Organismus kann Histamin auch durch bakterielle Decarboxylierung aus Histidin entstehen. Mögliche Quellen von Histamin sind bakteriell verdorbene, histidinreiche Nahrungsmittel, wie etwa mangelhaft gekühlter Fisch. Besonders histidinreich sind Makrelenartige wie Sardinen, Thun oder Makrelen (Scomber). Fischvergiftungen auf Histaminbasis werden daher als "Scombrotoxismus" bezeichnet. Histamin reichert sich auch in Lebensmitteln an, bei denen bakterielle Gärungspro-zesse Bestandteil ihrer Herstellung und Reifung sind, wie in gewissen Käsesorten, Würsten, oder in Sauerkraut. Auch manche Traubensorten, besonders wenn sie in wenig sonnigen Lagen gezogen werden, sind histidinreich. Bei der Kelterung entsteht Histamin. Die Symptome einer Histaminvergiftung gestalten sich nach der Histaminmenge und der individuellen Reaktivität verschieden. Einer erhöhten Empfi ndlichkeit einzelner Personen kann eine verringerte Ausrüstung mit Histaminabbauenden Enzymen und eine dadurch verzögerte Abbauleistung für Histamin zugrunde liegen. Die Symptomatik entspricht den lokalen und systemischen Effekten des Histamins: Gastrointestinale Beschwerden wie Durchfall und Erbrechen, Gesichtsröte, Blutdruckabfall, migräneartige Kopfschmerzen und Urticaria. Bedingt durch die kurze Halbwertszeit des Histamins sind die Krankheitserscheinungen nur vorübergehend. Die Therapie besteht in einer symptomatischen Überbrückung der Beschwerden und in Antihistaminika. Synthese, Chemie und Abbau Serotonin ist ein Abkömmling der Aminosäure Tryptophan, aus der es in zwei Syntheseschritten gebildet wird. a) Nach der Hydroxylierung am C5-Atom entsteht 5-Hydroxy-Tryptophan, aus dem b) nach einer Decarboxylierung 5-Hydroxy-Tryptamin (5HT, Serotonin) wird. Der Abbau erfolgt durch die Monoaminooxydase, die reichlich in Monozyten/ Makrophagen, in der Leber, im Lungenepithel und in einer Reihe weiterer Zelltypen vorkommt. Das Abbauprodukt 5-OH-Indolessigsäure wird im Harn ausgeschieden (Abb. 9). Die Verteilung von Serotonin im Organismus ist sehr speziesabhängig. So enthalten etwa die Mastzellen und Basophilen Granulozyten häufi g verwendeter In den Enterochromaffi nen Zellen ("basalgranulierte Zellen") der Darmmucosa ist Serotonin in den Granula der Zellbasis gespeichert. Nach seiner Abgabe bewirkt es eine Kontraktion der Lamina muscularis mucosae und dient damit der Feinsteuerung der Darmmotilität. Ins Blut gelangtes Serotonin wird von den Thrombozyten über das oberfl ächliche Trabekelnetzwerk aufgenommen und vorwiegend in den dichten Granula gespeichert (S. 230). Bei Aktivierung der Thrombozyten im Zuge der Blutgerinnung wird es in die Umgebung freigesetzt. Im ZNS ist Serotonin ein wichtiger Neurotransmitter, der für positive Stimmungsqualitäten verantwortlich ist. Seine Wirkung wird über mindestens drei verschiedene Rezeptortypen vermittelt. Lysergsäurederivate (LSD) blockieren die Wirkung und lösen damit psychotrope Effekte aus. Auch Antihistaminika der älteren Generationen können die Wirkung von Serotonin an den zentralen Rezeptoren kompetitiv hemmen und so als unerwünschte Nebenwirkung Müdigkeit und Verstimmung verursachen. Eine unspezifi sche Bindung wird durch die Ähnlichkeit der Molekülstruktur (Äthylamingruppe) ermöglicht. Diese Nebenwirkungen sind bei modernen Antihistaminika weitgehend ausgeschaltet. Bei der Pathogenese der Migräne ist Serotonin mitbeteiligt. 5HT1-Rezeptor -Synergisten werden erfolgreich in der Migränetherapie eingesetzt. Diese Wirkung ist ebenfalls stark Spezies betont. Beim Menschen steht die Kontraktion glatter Muskulatur im Vordergrund. Gefäßmuskulatur. Hier ist die Wirkung unterschiedlich. Die Arterien von Niere, Lunge und Meningen reagieren mit einer Kontraktion, Arterien in allen anderen Organen jedoch mit einer Dilatation, die NO vermittelt ist (S. 222) . Gelangt Serotonin massiv ins Blut, ergibt sich für die Gesamtzirkulation ein Blutdruckabfall. Eine Kontraktion der Bronchialmuskulatur führt zu Ventilationsstörungen, die Kontraktion der Darmmuskulatur zu Motilitätssteigerung, Kolik und Diarrhoe. In vitro stimuliert Serotonin in menschlichen PMN und Monozyten über Rezeptoren Gi-Proteine und senkt damit den intrazellulären cAMP-Spiegel, was eine Aktivierung dieser Zellen mit verstärkter Motilität, Phagozytose und Granulaabgabe zur Folge hat (S. 40, Abb. 16). Ob dieser Effekt in vivo eine nennenswerte Rolle spielt, wird bezweifelt. Die meisten Untersucher messen dem Serotonin beim Entzündungsgeschehen eine untergeordnete bis keine Bedeutung bei. Darm-Carcinoide können schubweise Serotonin in die Zirkulation freisetzen und damit systemische Reaktionen hervorrufen. Eine Gefäßerweiterung ist besonders an der Gesichtshaut auffällig. Die anfallsartige Gesichtsrötung wird als "Flush-Syndrom" bezeichnet. Daneben können in verschiedenem Ausmaß Blutdruckabfall, asthmaartige Atemnot und Diarrhoe auftreten. Der Nachweis der Carcinoidtätigkeit gelingt mit dem Abbauprodukt des Serotonins 5-OH-Indolessigsäure im Harn. Eikosanoide sind Abkömmlinge ungesättigter Fettsäuren mit einem Skelett aus 20 C-Atomen, die als "Eikosa-Säuren" bezeichnet werden (von altgriechisch "eikosa", zwanzig). Die wichtigste Fettsäure für die Eikosanoidsynthese ist die Arachidonsäure. Andere Muttersubstanzen treten ihr gegenüber mengenmäßig an Bedeutung zurück. Eine Metabolisierung der Eikosasäuren zu Eikosanoiden kann über zwei verschiedene Enzymsysteme erfolgen: über den Cyclooxygenase-Weg, der zur Bildung von Prostaglandinen, Prostacyclin und Thromboxan führt, und über den Lipoxygenase-Weg, der Leukotriene und verwandte Wirkstoffe liefert (Abb. 10). Die meisten dieser Derivate sind hochaktive Entzündungsmediatoren. Von etlichen unter ihnen wird zunehmend sichergestellt, dass sie auch außerhalb entzündlicher Prozesse Zell-und Organfunktionen regulieren und biologische Prozesse steuern. Alle Eikosanoide wirken über spezifische Membranrezeptoren auf Zielzellen. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren [poly-unsaturated fatty acids, PUFA] sind fast ausnahmslos pfl anzliche Produkte. Der tierische Organismus ist auf ihre Zufuhr angewiesen, daher auch die Bezeichnung "essentielle Fettsäuren". Eine Umwandlung ungesättigter Fettsäuren untereinander ist aber im tierischen Organismus möglich. Die Nomenklatur der Eikosanoide ist logisch konstruiert und bezieht sich auf ihren chemischen Bau. Die ersten beiden Großbuchstaben weisen ein Eikosanoid als Produkt des Cyclooxygenaseweges oder des Lipoxygenaseweges aus, d.h. als ein Prostaglandin (PG) oder Thromboxan (TX) bzw. als Leukotrien (LT). Der dritte Großbuchstabe bezeichnet das Produkt aufgrund seines Chemismus näher (z.B. PGE, TXA, LTB). Die nachfolgende arabische Ziffer bezieht sich auf die Zahl der enthaltenen Doppelbindungen (z.B. PGE2, TXA2, LTB4). Zur Geschichte Im Jahre 1934 stellte von Euler fest, dass in Versuchstiere injizierte Samenfl üssigkeit Blutdruckabfall und eine Kontraktion glatter Muskulatur bewirkt. Er hielt die Prostata, glandula prostatica, für den Bildungsort des verantwortlichen übertragbaren Faktors. In Ableitung vom vermuteten Produktionsort wurden die den Aktivitäten zugrundeliegenden Substanzen "Prostaglandine" benannt. Tatsächlich stammen die in der Samenfl üssigkeit enthaltenen Prostaglandine aus der Samenblase. Prostaglandine im Ejakulat von Nagermännchen tragen dazu bei, beim Weibchen eine Ovulation und Tubenperistaltik auszulösen und damit gleichzeitig mit der Begattung eine Befruchtung sicherzustellen. Auch beim Menschen bestehen noch enge funktionelle Beziehungen der Prostaglandine zum weiblichen Genitaltrakt. Die AA ist allerdings in veresterter Form einer Metabolisierung nicht zugänglich, sondern muss zuerst durch Ezyme der Phospholipase A2-Gruppe (PLA2) aus der Bindung gespalten werden. Isoformen der PLA2 liegen im Cytosol in inaktiver Form vor. Übersteigt die lokale Ca ++ -Konzentration einen Schwellenwert, bindet sich die PLA2 an Zellmembranen und wird dadurch aktiv (Abb. 13). Auslösende Reize für eine Aktivierung sind: Bei der Esterspaltung entstehen AA und Lysolecithin (Abb. 12). Vom Lysolecithin ist bekannt, dass es die Oberfl ächenspannung herabsetzt und Membranfusionen fördert. Es wird angenom-men, dass Lysolecithin bei Vorgängen mitbeteiligt ist, die Vesikelabspaltungen aus oder Vesikelintegration in die Zellmembran beinhalten, wie Phagozytose oder Exozytose. Darüber hinaus dient es in manchen Zelltypen zur Synthese des Plättchen Aktivierenden Faktors (PAF; S. 63). Lysolecithin kann auch wieder zu Lecithin reacyliert werden (Abb. 23). Das andere Bruchstück der Esterspaltung, die AA, diffundiert vom Ort ihrer Freisetzung, der Zellmembran, zum Endoplasmatischen Retikulum (ER). Dort wird sie vom ER-gebundenen Enzymkomplex Cyclooxygenase (COX) zu den Cyclischen Endoperoxyden PGG2 und PGH2 umgesetzt. Unter den Begriff COX fallen zwei Isoenzyme, die sich durch ihre Präsenz unterscheiden. Die COX vom Typ 1 ist ständig vorhanden und arbeitet "konstitutiv", d.h. sie setzt nach Bedarf ständig AA-Produkte frei. Ihre Aufgabe ist in Abb. 12. Hydrolytische Spaltung des Lecithins. Phospholipasen vom Typ A2 spalten Arachidonsäure (AA) hydrolytisch vom Lecithin ab und machen damit beide Bruchstücke einer weiteren Metabolisierung zugänglich. AA kann zu Prostaglandinen und Leukotrienen, Lysolecithin zum Plättchen aktivierenden Faktor (PAF) umgesetzt werden. Phosphorsäure und Cholin bilden die polaren Anteile des Lecithinmoleküls. erster Linie die Steuerung von Drüsenfunktionen, Organdurchblutung und der Tätigkeit glatter Muskulatur im Rahmen physiologischer nicht-entzündlicher Prozesse. Über diese COX1 werden Prostaglandine, Prostacyclin und TXA2 synthetisiert. Dagegen ist die COX2 nicht ständig vorhanden, sondern ihre Bildung wird durch Cytokine induziert, die bei entzündlichen Prozessen freigesetzt werden. Diese induzierbare COX2 kommt in PMN, Makrophagen, Endothelzellen und Fibroblasten vor und erzeugt bevorzugt PG, die entzündliche Prozesse steuern. Wenngleich dieses Schema in seiner drastischen entweder-oder Zeichnung nicht ganz richtig ist, kann es als Vorstellungsgrundlage dienen. So wird etwa abweichend COX2 in der Niere und im ZNS auch konstitutiv exprimiert. Die weltweit am meisten verwendeten Medikamente sind Entzündungshemmer auf der Basis einer COX-Hemmung. Die klassischen COX-Hemmer drosseln sowohl die COX1 wie auch die COX2 und greifen damit störend in wichtige Organfunktionen ein. Mit den modernen "COX2-Hemmern" wird versucht, bei weitgehender Erhaltung der Funktion der COX1 selektiv die COX2 und deren entzündungsfördernde Wirkung einzuschränken (S. 51, 53) . Im Herzen und im ZNS wurde ein weiterer COX-Typ, die COX3, festgestellt. Der COX3 des ZNS wird Bedeutung bei der Fieber-und Schmerzerzeugung beigemessen. Cyclische Endoperoxyde entwickeln bereits biologische Wirkungen wie Vasokonstriktion und Thrombozytenaggregation, werden aber gewöhnlich sofort weiter metabolisiert. Thrombozyten (Blutplättchen, [platelets] ) geben bei ihrer Aktivierung PGG2 und PGH2 ab, die auf andere Plättchen aggregierend wirken und damit die Blutgerinnung in Gang halten. Von Endothelzellen abgegebene Cyclische Endoperoxyde können aber auch von Plättchen aufgenommen und zu weiteren Produkten wie TX oder PG umgesetzt werden. Cyclische Endoperoxyde werden durch Enzyme weiter metabolisiert, wobei drei in ihrem chemischen Bau verschiedene Wirkstoffe bzw. Wirkstoffgruppen entstehen können. 1. Prostaglandine im engeren Sinn (PGD2, PGE2, PGF2α) 2. Prostacyclin (PGI2) 3. Thromboxan (TXA2). Für die Gesamtheit aller Enzyme, die zur Bildung von PGH2 aus Arachidonsäure Abb. 13. Grundzüge des Arachidonsäure-Metabolismus. Zellmembranen sind hochvisköse, fl ächenhaft angeordnete Flüssigkeiten aus einer Doppellage von Phospholipiden, deren hydrophile Anteile im wässrigen Milieu nach außen gerichtet sind, während die hydrophoben Fettsäuren -darunter auch die Arachidonsäure (AA) -in das Membraninnere gedreht werden. Bei der üblichen symbolischen Darstellung eines Phospholipids vertritt der Ring den hydrophilen Komplex Phosphorsäure + X, wobei für X je nach Phospholipid Cholin, Inosin, Serin bzw. Äthanolamin stehen kann. Die beiden parallelen Geraden symbolisieren die hydrophoben Fettsäuren. Ein Anstieg des cytosolischen Kalziums aktiviert die Phospholipasen A2, die AA vom Kohlenstoffatom 2 des Glycerinskeletts hydrolytisch abspalten. Die AA kann -abhängig vom Zelltyp und seinem Funktionszustand -über die Enzyme Cyclooxygenase oder Lipoxygenase weiter umgesetzt werden. führen, wird manchmal der Begriff "PG-Synthase" gebraucht. Die Schritte dieser Synthesen sind in den Abb. 14 und 17 dargestellt. Bildungsorte Mit Ausnahme des Erythrozyten ist jede Zelle in der Lage, Eikosanoide zu erzeugen. Welcher Bildungsweg, über Cyclooxygenase oder Lipoxygenase, beschritten wird und welches spezielle Produkt dieser Synthesewege letztendlich hergestellt wird, hängt vom Typ der Zelle, aber auch von ihrem Zustand und Aktivierungsgrad ab. Reich an Prostaglandinen sind parenchymatöse Organe wie Niere, Lunge und der GI-Trakt. Hier werden PG unabhängig von Entzündungsvorgängen freigesetzt und wirken als parakrine Steuerfaktoren auf die Feinregulierung von Durchblutung, Drüsenfunktionen und Muskelmotilität. Der Anteil, der in die Blutbahn gelangt, wird sofort abgebaut und kommt systemisch nicht zur Wirkung. Die einzelnen Schritte werden in den Abb. 14 und 15 am Beispiel der Arachidonsäure gezeigt. Die Metabolisierung von DGLA und EPA geschieht in analoger Weise. Wirkung der Prostaglandine PG wirken über spezifi sche Membranrezeptoren, wobei die einzelne PG-Typen recht unterschiedliche Effekte auslösen können. Die Rezeptoren für ein PG treten zudem in verschiedenen Isoformen auf, die oft gegensinnige Zellantworten vermitteln. Auf diese Einzelheiten wird hier nicht eingegangen. Alle PG-Rezeptoren gehören dem siebenfach transmembranös verankerten, G-Protein gekoppelten Typ an (Abb. 90, S. 201). Hervorstechende Wirkungen sind die Erweiterung von Arterien und Arteriolen und als Folge eine gesteigerte Durch-Abb. 15. Umsetzung von Arachidonsäure zu Prostaglandinen (PG) . Arachidonsäure (AA) wird durch eine Phospholipase A2 aus Phospholipiden hydrolytisch abgespalten. In freier Form ist AA um das C10-Atom gefaltet. Bei der Synthese von PG werden zwei Doppelbindungen gesättigt, wobei sich ein Cyclopentanring bildet und die Faltung der Kohlenstoffkette verändert wird. Schlüsselstellen für die Funktionen der PG bilden die Kohlenstoffatome in Position 9, 11 und 15. Die an C9 und C11 lokalisierten Hydroxylgruppen bzw. Ketogruppen bestimmen den Typ des Prostaglandins und seine Affi nität zu den entsprechenden Rezeptoren: PGD2, PGE2 und PGF2α. Von den beiden möglichen Stereoisomeren des PGF2 tritt nur die α-Form auf. PGF2α kann aus PGH2, aber auch durch Reduktion der Ketogruppe am PGE2 entstehen. Die Reduktion wird durch das Enzym PG-9-Keto-Reduktase katalysiert. Die am C15-Atom lokalisierte OH-Gruppe ist für die Wirksamkeit des Moleküls entscheidend. Mit der Oxydation der C15-OH-Gruppe beginnt der Abbau der PG. blutung im Entzündungsbereich (Rubor, Calor) . PG von E-Typ wirken dabei direkt auf Rezeptoren der Gefäßmuskulatur, und nicht auf dem Umweg über NO (S. 223, Abb. 96). PG vom E-Typ erhöhen die Permeabilität der Kapillaren und postkapillaren Venolen und fördern damit das entzündliche Ödem, allerdings nur im Synergismus mit anderen Mediatoren. PGE bringen die Bronchialmuskulatur zum Erschlaffen, die Muskulatur des GI-Trakts dagegen zur Kontraktion. Exokrine Drüsen antworten auf PGE-Reiz mit einer Aktivitätssteigerung und einer Kontraktion der drüseneigenen Muskulatur, was im Darm zu gesteigerter Motilität und Diarrhöen führt. PGE wirken immunsuppressiv. In Zellen der spezifi schen wie unspezifi schen Abwehr werden Zellleistungen wie Migration, Phagozytose, Granulaabgabe, die Produktion und Freisetzung von ROS, Mediatoren und Cytokinen eingeschränkt. Den Wirkungsmechanismus zeigt Abb. 16. Im Temperaturzentrum des ZNS hebt PGE2 den Sollwert und setzt damit eine Temperatursteigerung in Gang (S. 242). PGF2α erweitert kaum Arteriolen, wohl aber postkapilläre Venolen. Es fehlt auch ein permeabilitätssteigernder Effekt. Dagegen ist die Wirkung auf die Zellen der spezifi schen und unspezifi schen Abwehr positiv: Migration, Phagozytose, Granulaabgabe, die Produktion von ROS, Mediatoren und Cytokinen werden aktiviert. PGF2α stellt in dieser Hinsicht einen Antagonisten zu den PGE dar (Abb. 16). Gehirn und Rückenmark sind besonders reich an PGD2, das in erster Linie von Nervenzellen, dagegen nur geringfügig von Glia synthetisiert wird. Im ZNS dient PGD2 als Modulator neuronaler Funktionen. Im Temperaturzentrum senkt es den Sollwert, bewirkt eine Hypothermie und ist somit ein Antagonist des PGE2 (S. 242). Auch konnte im Tierversuch seine Rolle als Schlafmediator gesichert werden. Außerhalb des ZNS wird PGD2 in wesentlich geringeren Konzentrationen angetroffen. Im GI-Trakt tritt es spärlich auf. In Organen wie Niere, Herz oder Samenblase, die ansonsten reich an Prostaglandinen anderen Typs sind, ist die Konzentration äußerst gering. Hier und Diarrhoe, Blutdruckabfall, uterine Krämpfe und Abortgefahr bei Schwangerschaft. Eine andere Therapiemöglichkeit besteht darin, die körpereigene PG-Synthese lokal in der Magenschleimhaut anzuregen. Dieser Weg wird seit alters her, wenn auch ohne die Kenntnis der näheren Zusammenhänge, in der Volksmedizin beschritten. Milde Reize auf die (gesunde!) Magenschleimhaut fördern lokal die PG-Synthese und beugen einer Gastritis und Ulcera vor. Solche Reize bestehen in der Verwendung von Gewürzen (Paprika, Pfeffer), Säuren (Fruchtsäfte vor dem Frühstück) und auch Äthylalkohol in maßvollen Mengen ("ein Schnaps in der Früh auf nüchternen Magen" als alte Bauernregel). Die lokale Anregung der PG-Synthese in der Magenschleimhaut ist ein Teil der Ulkusprophylaxe und -therapie mit Sucrosesulfat. Umgekehrt führt eine Hemmung der PG-Synthese zu einer Minderung der Cytoprotektion und als Folge davon zur Ausbildung einer erosiven Gastritis und von Magenulzera und -blutungen, die eine häufi ge Komplikation einer Therapie mit COX-Hemmern und Glucocorticoiden darstellen (Abb. 107). Die unter der deutschen Bezeichnung "Nichtsteroidale Antirheumatika" (NSAR) bzw. in der englischsprachigen Literatur und international unter "nonsteroidal antiinfl ammatory drugs" ( NSAID) zusammengefasste Gruppe von Medikamenten hemmt die Aktivität der Cyclooxygenasen (COX), und zwar sowohl der regulatorischen COX1 wie auch der infl ammatorischen COX2 (S. 37 Art und Ausmaß der Nebenwirkungen sind stark von Dosis, Angriffspunkt und dem Wirkungsspektrum des jeweiligen Typs von NSAID und auch von der individuellen Disposition abhängig. Auf diesbezügliche Einzelheiten wird hier nicht eingegangen, sondern es sollen nur Gefahrenquellen im allgemeinen zusammen gefasst werden. Magenschleimhaut: Der Schutz der Magenschleimhaut vor einer Schädigung und Zerstörung durch Salzsäure und Pepsin ist stark PG abhängig. Unterdrückung der PG-Produktion durch NSAID kann zu Gastritis und zu Magen-und Duodenalulcera führen (S. 47). Längerfristige Therapien mit NSAID müssen daher von Schleimhaut-schützenden Maßnahmen begleitet werden. Selektive COX2-Hemmer reduzieren die Schädigung der Magenschleimhaut beträchtlich (S. 51). Niere: Während in einer gesunden Niere PG keinen unentbehrlichen Faktor für die Blutzufuhr darstellen, ist die Nierendurchblutung bei Erkrankungen, bei denen vermehrt Vasopressoren ( Katecholamine, Angiotensin II) freigesetzt wer-den, "Prostaglandin abhängig" (S. 48). In diese Gruppe fallen Erkrankungen mit ungenügender renaler Perfusion, bei denen das Renin-Angiotensin-Aldosteronsystem überstimuliert ist ( "sekundärer Hyperaldosteronismus"), wie Herzinsuffi zienz, Lebererkrankungen mit un zureichender Albuminproduktion, Albuminmangel beim nephrotischen Syndrom, Hypovolämien und Schock, oder bei Mangeldurchblutungen auf anatomischer Basis wie Atherosklerose. Bei renalem Parenchymverlust sind PG vonnöten, um die verbliebenen Nephrone maximal zu perfundieren und auf diese Weise die Nierenfunktion als Ganzes aufrecht zu erhalten. NSAID führen bei diesen Risikopatienten über eine mangelhafte Nierenperfusion zu Natrium-und Wasserretention mit Ödemneigung, Bluthochdruck und, im Extremfall, zum akuten Nierenversagen. Über den gleichen Mechanismus sind NSAID Antagonisten von Diuretika und können eine antihypertensive Therapie durch die provozierte Hypervolämie zunichte machen, sind daher in diesen Fällen kontraindiziert. Bei einem gewissen Personenkreis, dessen Risikofaktor nicht näher defi niert ist, löst eine länger dauernde Therapie mit NSAID eine chronisch-interstitielle Marknephritis mit Parenchymverlust hervor, die das Krankheitsbild der "Analgetika-Nephropathie" kennzeichnet. Exzessive Gewebsuntergänge können zur Nekrose ganzer Papillen führen. Berüchtigt war in dieser Hinsicht Phenacetin, das wegen dieser gefährlichen Nebenwirkung aus dem Handel genommen wurde. Aber auch ASS über längere Zeiträume in hohen Dosen kann diese Schäden verursachen ("Phenacetinniere", "Salicylatniere"). Über die Pathogenese der Markschädigung siehe S. 48f. Selektive COX2-Hemmer stellen keinen Schutz für die Niere dar, da offensichtlich die COX2 für die Regulation der Nierenfunktion unentbehrlich ist (S. 37). Die Hemmung der TXA2 Produktion, die ja bei gewissen Indikationen angestrebt wird, kann sich andererseits in einer verstärkten Blutungsneigung manifestieren. Häufi g ist die NSAID-induzierte erosive Gastritis und/oder das Ulcus ventriculi/ duodenii mit gesteigerter Blutungstendenz vergesellschaftet. ASS und andere NSAID können anaphylaktische Reaktionen und Pseudoallergien auslösen. (S. 28, 31). Bei länger dauernder Einnahme von NSAID, besonders ASS, können zerebrale Symptome auftreten, besonders dann, wenn gleichzeitig Ausscheidungsstörungen (Nierenerkrankungen) bestehen. ASS kann eine Ursache für das "Reye-Syndrom" sein, eine akute Enzephalopathie mit Leberdegeneration, die vor allem bei Kindern auftritt. Die Symptomatik besteht in Übererregbarkeit, Erbrechen, Desorientiertheit und Stupor bis Koma. NSAID können bei Disposition zu Knochenmarkhemmung mit Anämie, Leukound Thrombopenie bis zur völligen Knochenmarkszerstörung ( aplastisches Syndrom, Panmyelophthise) führen. Erhöhung der Transaminasen ist bei länger dauernder und höher dosierter Therapie mit NSAID häufi g. Gelegentlich können schwere Leberschäden entstehen. Bei Atopikern mit besonderer Disposition, für die in manchen Fällen eine familiäre Komponente gesichert werden konnte, löst die Einnahme von NSAID, Unter dem Begriff Omega-3-Fettsäuren [omega-3-fatty acids, ω-3-FA] werden Fettsäuren zusammengefasst, die eine Doppelbindung in der Omega-3-Position tragen (Abb. 11). Im Zusammenhang mit Entzündungsvorgängen ist vor allem die Eikosapentaensäure [eikosapentaenic acid, EPA, im englischsprachigen Schrifttum auch gelegentlich als timnodon acid bezeichnet] von Bedeutung. Diese C20:5 ω-3-Fettsäure wird vor allem vom Phytoplankton der Meere, aber auch von Süßwasseralgen und im geringen Maß von Landpfl anzen synthetisiert und gelangt über die Nahrungskette in tierische Organismen, wo sie bevorzugt in Triglyceride in der C2-Position eingebaut und gespeichert wird. Die Erforschung der ω-3-FA begann mit der Beobachtung, dass traditionell lebende Eskimos trotz massiver Zufuhr von Nahrungscholesterin kaum je an Bluthochdruck oder Atherosklerose erkranken, oft jedoch erhöhte Blutungsneigung zeigen. Eine dänische Forschergruppe begann nach 1960 und intensiver in den siebziger Jahren systematisch diesem Phänomen nachzugehen. Die Untersuchungen ergaben, dass neben gewissen rassisch bedingten Schutzmechanismen es vor allem die in der Nahrung reichlich enthaltenen EPA und DHA sind, welche die Eskimos, deren bevorzugte Diät aus Fisch und Meeressäugern besteht, vor Gefäßkrankheiten schützen. An anderen ethnischen Gruppen durchgeführte Untersuchungen, wie an polarnahe lebenden Indianern oder an japanischen Fischern, bei denen Fisch eine wesentliche Nahrungsgrundlage bildet, konnten die an Eskimos erhobenen Befunde bestätigen. Anhand von Migrationsstudien wurde weiterhin gezeigt, dass Angehörige Fisch essender Bevölkerungsgruppen den Atherosklerose-und Hypertonieschutz verloren und dieselbe Häufi gkeit an Gefäßerkrankungen wie ihre neue Umgebung entwickelten, wenn sie die Ernährungsgewohnheiten des Gastlandes annahmen, die Fisch vernachlässigten. Somit scheinen Wirkung und Wert der ω-3-FA ausreichend abgesichert. Die Wirkung der EPA setzt an verschiedenen Ebenen an und ist erst teilweise erforscht. Eine Reihe von Effekten konnte gesichert werden: Hemmung der Synthese von Fettsäuren, Triglyceriden und Cholesterin und eine verminderte VLDL-Sekretion der Leber; Stimulation der β-Oxydation der Fettsäuren und der Ketogenese; Erhöhung der Insulinsekretion; Verringerung des peripheren Gefäßwiderstandes und damit Blutdrucksenkung; Verringerung der Blutviskosität durch Erhöhung der Verformbarkeit der Erythrozyten als weiterer Faktor zur Senkung des Blutdrucks; Herabsetzung der Blutgerinnung und Stimulation der Fibrinolyse; Aktivitätsminderung weißer myeloischer Zellen wie Hemmung der Chemotaxis und der Bildung von ROS. Diese Effekte summieren sich in Richtung auf eine Vorbeugung der Atherosklerose (S. 300f). Die Wirkungsmechanismen, die diesen Effekten zugrunde liegen, werden allerdings nur zum geringen Teil verstanden. Auf Abkömmlinge des Knochenmarks wie Granulozyten, Monozyten und Thrombozyten sowie auf Endothelzellen wirkt EPA offenbar dadurch, dass sie anstelle von AA oder DGLA in Phospholipide der Zellmembran eingebaut wird. Dadurch wird die Membranfl uidität erhöht und möglicherweise die Erregbarkeit dieser Zellen verändert. Gesichert ist, dass EPA von der COX zu PG mit drei Doppelbindungen, und von der Lipoxygenase (LOX) zu Leukotrienen mit fünf Doppelbindungen umgesetzt wird. EPA und AA konkurrieren um die umsetzenden Enzyme und verdrängen sich kompetitiv. Während TXA3 fast völlig unwirksam ist, besitzt PGI3 die selbeWirkung wie PGI2. Damit wird das Wirkungsgleichgewicht in Richtung des gefäßerweiternden und gerinnungshemmenden PGI verschoben. Die Affi nität der AA zur COX ist allerdings wesentlich höher als die der EPA, so dass der Anteil an PGI3 und TXA3 an der Gesamtmenge produzierten PG auch nach hoher EPA Zufuhr relativ gering ist. EPA scheint auch noch über andere, zur Zeit unbekannte Angriffspunkte den Gefäßtonus herabzusetzen. Die Wirkung über die LOX-Aktivität läuft analog ab. EPA konkurriert mit AA, und LTB5 ist weitgehend inert. Weiters werden PAF und ROS vermindert produziert und abgegeben, so dass ein hoher EPA-Anteil in der Nahrung mäßig entzündungshemmend wirkt. In der Medizin werden EPA-Präparate als Begleittherapie verwendet. Die gerinnungshemmenden, Blutdruck und Blutlipide senkenden Eigenschaften werden zur Prophylaxe von Coronarinfarkt oder Angina pectoris eingesetzt. Lebenslanger konsequenter Fischkonsum wirkt Infarkt vorbeugend, wie eindeutig nachgewiesen ist. Die entzündungshemmende Komponente der EPA-Wirkung kann bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen wie cP, Psoriasis und Akne genutzt werden. Bei Psoriasis sind LOX-Produkte wie LTB4 und 12-HETE (S. 57, 60) in den befallenen Hautarealen stark erhöht. Den entsprechenden EPA-Metaboliten fehlt weitgehend der proinfl ammatorische Effekt, was den Krankheitsverlauf mildert. Eine zusätzliche Medikation mit EPA kann sich in solchen Fällen als unterstützende Maßnahme bewähren, ersetzt aber meist nicht eine Therapie mit wirkungsvolleren Mitteln. Bei der Bildung der Leukotriene geht der Metabolisierungsweg der AA, DHGL und EPA über die Lipoxygenasen (LOX) (Abb. 10). Es sind drei Typen von LOX bekannt, die sich durch den Angriffspunkt an verschiedenen C-Atomen der Fettsäure unterscheiden: Die 5-Lipoxygenase (5-LOX), die 12-Lipoxygenase (12-LOX) und die 15-Lipoxygenase (15-LOX), die wiederum in verschiedenen Iso formen auftreten. Ihre biologisch aktiven Produkte sind die Leukotriene (LT) und verwandte Substanzen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie -wie die COX-Produkte -nicht gespeichert vorliegen, sondern unmittelbar bei Bedarf synthetisiert und freigesetzt werden. Da ihr Abbau sofort nach Abgabe erfolgt, wirken sie kurzfristig lokal und nicht systemisch. Die Wirkung der Leukotriene und verwandter Verbindungen erfolgt über spezifi sche Rezeptoren an den Zielzellen. Steigerung der Kapillarpermeabilität. Cysteinyl-LT bewirken eine Lösung der Verbindung zwischen Endothelzellen und fördern damit die Ödembildung (S. 220). Entzündungszellen. Cysteinyl-LT aktivieren die Migration und damit die Einwanderung von Eosinophilen Granulozyten in den Entzündungsherd. Schleimsekretion. Cysteinyl-LT steigern die Sekretion und bewirken eine Hypertrophie von Schleimdrüsen. Der mukoziliare Transport wird dagegen beeinträchtigt. Gefäßwirkung. Die Wirkung von Cysteinyl-LT auf Gefäße hängt von der Art und der Lokalisation der Gefäße ab. So werden Pulmonalarterien erweitert, Coronararterien, Nierenarterien und die Venen des Lungenkreislaufs dagegen enger gestellt. Eine Steigerung des venösen Gefäßwiderstandes in der Lunge kann bedrohlich werden, da sie zusammen mit der erhöhten Kapillarpermeabilität zu einer Beeinträchtigung der Mikrozirkulation im Pulmonalkreislauf und zu Stase und Lungenödem führen kann. Eine fortgesetzte und massive Vasokonstriktion im kleinen Kreislauf belastet über eine pulmonale Hypertension das Herz und kann über ein Cor pulmonale zur Dekompensation und Herzversagen führen. Reiche Quellen für Cysteinyl-LT in der Lunge sind im Rahmen anaphylaktischer Prozesse mit IGE sensibilisierte Mastzellen. Aber auch unspezifi sche Entzündungen wie akute oder chronische Bronchitiden können neben Histamin und PAF eine verstärkte Abgabe von LTC4-LTE4 aus Mastzellen, Eosinophilen Granulozyten und Makrophagen bewirken. Solche Bronchitiden enthalten in ihrer Symptomatik ein starkes bronchokonstriktorisches Element ("spastische", "asthmoide" Bronchitis, S. 294). Eine Freisetzung von Cysteinyl-LT in anderen Organen als den Lungen, die zu Funktionsstörungen führt, ist offenbar weniger bedeutsam, jedenfalls weniger gut studiert. Eine im Tierversuch provozierbare Kontraktion der Koronargefäße durch LTC4 resultiert in einer verringerten Leistung des Herzens. In den Nieren führt eine Einschränkung der Durchblutung durch LTC4 zu einer Abnahme der glomerulären Filtration. Wieweit solche experimentellen Ergebnisse für die Humanmedizin beispielhaft sind, bleibt dahingestellt. Beim Menschen ist bevorzugt die Lunge von LT-Wirkungen betroffen. Sensibilisierte Atopiker weisen gegenüber Gesunden einen erhöhten Mastzellenpool mit erniedrigten Reizschwellen auf, und die Lungenmastzellen von Atopikern metabolisieren AA bevorzugt über den LOX-Weg zu LTC4. LTB4 wird durch Omega-Oxydation inaktiviert, das ist die Oxydation am letzten (ω), also am C20-Atom (Abb. 21 Manche COX-Hemmer unter den NSAID wirken in höherer Dosierung auch auf die LOX. Glucocorticoide drosseln unspezifi sch die LT-Produktion, indem sie die Freisetzung des Muttersubstrats AA einschränken und Aktivierungswege blockieren (Abb. 104, 107). Über die Lipoxygenasen können nicht nur entzündungsfördernde, sondern auch äußerst wirkungsstarke entzündungshemmende Metabolite, die Lipoxine (LX), gebildet werden. Lipoxine werden über mehrere unterschiedliche Stoffwechselwege synthetisiert. --Lyso-PAF besitzt noch keine PAF-Wirkung. Dazu muss in einem zweiten Schritt Lyso-PAF durch eine spezifi sche, in den Plasmamembranen lokalisierte Acetyl-Transferase acetyliert werden. Lieferant für die Acetylgruppe ist Acetyl-CoA. Neben diesem üblichen Synheseweg wurde noch ein anderer beschrieben, der anteilsmäßig aber stark zurücktritt. Dabei wird Phosphocholin durch eine Cholin-Phospho-Transferase auf 1-Acyl-2-Acetyl-Glycerin übertragen. Abbau des PAF Der Abbau ist eine Umkehrung der Synthese (Abb. 23). Eine im Blut und in Körperfl üssigkeiten vorhandene Acetyl-Hydrolase spaltet die Acetylgruppe am C2-Atom ab, so dass der inaktive Lyso-PAF entsteht. Das Enzym hat eine hohe Aktivität. Eine Minute nach experimenteller i. v. Injektion von PAF sind bereits 70% inaktiviert. Die Beteiligung von PAF an systemischen Prozessen ist deshalb wenig wahrscheinlich. Lyso-PAF kann durch eine membrangebundene Acyl-Transferase, mit der verschiedene Zelltypen ausgerüstet sind, wieder zu Lecithin aufgebaut werden. Die zur Acylierung bevorzugte Fettsäure ist wiederum die AA. Synthetisierter PAF muss nicht in jedem Fall sofort nach der Bildung freigesetzt werden. Manche Zelltypen, wie Endothelzellen und Basophile Granulozyten halten gebildeten PAF zurück und geben ihn nur verzögert ab. Endothelzellen können ihn in die Zellmembran einbauen (chemische Ähnlichkeit mit dem Membranbaustein Lecithin), wo er als Rezeptor für die Adhäsion und die Aktivierung von PMN und Thrombozyten dienen kann. Bei PMN ist die Freisetzung des gebildeten PAF von der Höhe des extrazellulären Ca ++ -Spiegels abhängig. Höhere Konzentrationen fördern die PAF-Abgabe. Solche Besonderheiten spielen anscheinend bei der körpereigenen Kontrolle der PAF-Wirkung mit. Der "PAF" ist keine chemisch einheitliche Substanz. Im Lecithin können Fettsäuren verschiedener Länge und Sättigungsgrades in C1-Position verestert sein. Auch kann die Acetylierung an anderen Phospholipiden als am Lecithin ablaufen, so dass PAFs verschiedener chemischer Zusammensetzung entstehen können. Manche Untersucher sprechen daher von "den Plättchen-aktivierenden Faktoren". Diese Formulierung entspricht eher den tatsächlichen Verhältnissen und ist umso mehr gerechtfertigt, als chemisch verschiedene PAFs auch Unterschiede in ihrer Wirkungsintensität zeigen. Am aktivsten scheint der PAF mit Palmitinsäure an C1 zu sein. In diesem Buch wird der Einfachheit halber und dem allgemeinen Sprachgebrauch folgend "der PAF" verwendet. In Versuchstiere intrakutan injizierter PAF ruft sofort eine Margination von PMN im postkapillaren Gefäßbereich hervor. Nach etwa 10 Minuten haben die ersten Zellen die Blutbahn verlassen und sind ins Bindegewebe übergetreten, wo sie, durch den PAF stimuliert, ihre Aktivitäten entfalten. Der PAF ist ein potenter Förderer der Anfangsphase der akuten Entzündung, wobei sein Wirkungsmodus sowohl im Priming (S. 202) wie auch in der Stimulation kompetenter Zellen zur Abgabe von Entzündungsmediatoren zu sehen ist, deren Wirkung der PAF zusätzlich steigert. In vitro ist der PAF für Eosinophile Granulozyten wesentlich stärker chemotaktisch als für PMN. Stimulierte Eosinophile Granulozyten setzen wiederum reichlich PAF frei. Eosinophile Granulozyten von Asthmatikern produzieren auf Reiz mehr PAF als diejenigen von Gesunden (S. 290). Intrakutan injizierter PAF ruft beim Menschen eine starke arterielle Gefäßerweiterung und eine Permeabilitätssteigerung vor allem der postkapillaren Venen hervor. Diese Wirkung ist offenbar eine direkte, da H1-Blocker und COX-Hemmer die Reaktion nicht abschwächen. In vitro bewirkt der PAF eine langanhaltende Kontraktion der glatten Muskulatur von Darm und Bronchien. In vivo applizierte Aerosolinhalationen von PAF rufen eine starke Bronchokonstriktion hervor. Umgekehrt mildern vor der Provokation verabreichte PAF-Antagonisten die Bronchokonstriktion. Die Schleimproduktion in vitro gezüchteter schleimproduzierender Zellen kann durch PAF-Zusatz gesteigert werden. In vivo wird am Versuchstier die produzierte Schleimmenge erhöht, der Schleimtransport durch Hemmwirkung auf das Flimmerepithel aber verzögert. Die Verschlechterung der mukoziliaren Clearance kann bis zur Mucostase führen. Dem PAF wird heute eine wesentliche Rolle beim Pathomechanismus des Asthma bronchiale und der COPD zugeschrieben, wobei die Wirkung auch indirekt, nämlich über eine Potenzierung anderer Mediatoren wie LT, PG, Histamin zu laufen scheint. Das Zustandekommen der Trias, die zur Ventilationsstörung führen, hängt mit PAF-Effekten eng zusammen: Bronchokonstriktion, submuköses Ödem und vermehrte Produktion eines dyskrinen Schleims mit mangelhafter Clearance. Der PAF fördert darüber hinaus die Infi ltration der entzündeten Atemwege mit PMN, Makrophagen und Eosinophilen Granulozyten, die ihrerseits wieder über freigesetzte Wirkstoffe, zu denen auch PAF gehört, den Entzündungsprozess weiter in Gang halten und potenzieren (S. 291, 294). Die in vielen Untersuchungen nachgewiesene Mitbeteiligung des PAF beim Asthma bronchiale bietet einen Ansatz für neue Therapiemöglichkeiten dieser Krankheit. PAF-Antagonisten sind in klinischer Erprobung. beim Lungeninfarkt und bei peripheren Gefäßverschlüssen eingesetzt. Zur Plasminaktivierung stehen zwei Ansätze zur Verfügung: Von den exogenen Aktivatoren wird Streptokinase, von den endogenen werden tPA und Urokinase verwendet (Abb. 29). Von diesen Wirkstoffen sind rekombinante und modifi zierte Formen im Einsatz. Der Erfolg der beiden Wirkungsprinzipien hält sich etwa die Waage. Ausschlaggebend für eine erfolgreiche Thrombolyse sind neben der Ausdehnung der betroffenen Gebiete der möglichst frühzeitige Einsatz der Therapie. Unter dem CAS versteht man die Aktivierung von Entzündungsmediatoren in Verbindung mit dem Intrinsischen Gerinnungssystem (Abb. 30, Abb. 101). Gemeinsamer Ausgangspunkt dieser Aktivierung ist der FXII. Den Sinn einer parallellaufenden Aktivierung des Entzündungs-und Gerinnungssystems kann man darin sehen, dass bei Gewebsverlet-zungen die Blutgerinnung und Blutungsstillung in Gang gebracht und gleichzeitig Entzündungsvorgänge aktiviert werden, die für die nötige Abwehr eindringender Keime und für die Abräumung und die Reparatur des Defektes sorgen. Das Einschließen von Mikroorganismen in Thromben und das Abriegeln von Entzündungsherden durch Fibrinnetze behindert auch die Ausbreitung von Krankheitserregern. Zwischen dem Gerinnungssystem und der unspezifi schen Abwehr besteht eine alte phylogenetische Verbindung (S. 134). Plasmaprekallikrein (PPK), high-molecular-weight kininogen (HMW-K) und der Faktor XI der Blutgerinnung zirkulieren locker aneinander gebunden im Blut. Im Bereich einer Entzündung kann dieser großmolekulare Komplex (MW etwa 350 kD) zusammen mit dem ebenfalls inaktiven FXII die Blutbahn verlassen. Beide Komponenten, der FXII und der PPK -HMW-K -FXI -Komplex binden sich über ihre positive Ladungsgruppen an negativ geladene Oberfl ächen im Bereich der Entzündung, weshalb die Bezeichnung "Kontakt-Aktivierungs-System" gewählt wurde. Als Oberfl ächen mit negativer Ladung können in Frage kommen: Nach einem internationalen Übereinkommen werden die Complementfaktoren mit "C" und zu ihrer näheren Charakterisierung mit durchlaufenden arabischen Zahlen bezeichnet, z.B. "C3". Durch Spaltung aktivierte Bruchstücke (Complementfragmente) werden mit nachgestellten lateinischen Kleinbuchstaben spezifi ziert. So zerfällt etwa der inaktive Faktor C3 in die aktiven Fragmente C3a und C3b. Drei Aktivierungswege des CS sind bekannt und gut studiert (Abb. 32). antigene Strukturen eine gewisse Mindestdichte an gebundenen IgG aufweisen müssen, um die statistische Wahrscheinlichkeit einer Brückenbildung genügend hoch zu halten. Damit wird vermieden, dass geringe AK Mengen eine starke Abwehrreaktion mit Complementbeteiligung in Gang setzen. Zu den einzelnen IgG-Subtypen entwickelt C1q eine unterschiedliche Bindungsaffi -Abb. 34. Aktivierung des Klassischen Weges bis C5. Startbedingung sind benachbart an Antigene gebundene IgG Moleküle, an denen durch Quervernetzung die Komponente C1q aktiviert wird, die daraufhin C1r2s2 durch Spaltung aktiviert. C1r2s2 spaltet und aktiviert Ca ++ -abhängig C4 und C2, wobei das Spaltprodukt C4b sich kovalent an die antigene Struktur bindet und das Spaltprodukt C2a anlagert. C4bC2a spaltet und aktiviert als "Klassische C3-Konvertase" (C3Con) C3, dessen C3b Teil sich kovalent neben der C3-Konvertase an die antigene Struktur bindet. Der Komplex C3bC4bC2a ist somit fest verankert und kann als "Klassische C5-Konvertase" (C5Con) C5 ebenfalls durch Spaltung aktivieren und mit C5b die Bildung des Cytolytischen Komplexes (MAC) einleiten. Die aktivierten und komplex gebundenen Complementfaktoren sind proteolytische Enzyme. Durch die Spezifi tät der enzymatischen Wirkungen wird ein vorgegebener Aktivierungsfl uss gewährleistet ("Komplement-Kaskade") und eine starke Amplifi kation der Reaktion erreicht. Die Bruchstücke C3a, C4a und C5a sind als "Anaphylatoxine" wirkungsvolle Entzündungsmediatoren. Der Faktor H bindet sich an entstehendes C3b und macht es der Zerstörung durch den Faktor I zugänglich (siehe Nebenschlussaktivierung S. 87). Die C3 Konvertase wird mit Unterstützung des decay accelerating factor (DAF), des membrane cofactor proteins (MCP) und des C3b Rezeptors (CR1) durch den Faktor I abgebaut. CR1 ermöglicht auch den Abbau der C5 Konvertase durch den Faktor I. (Genaueres siehe S. 88f). Von der klassischen C5 Konvertase kann die Complementaktivierung über den Membrane Attac Complex weiterlaufen. Im englischsprachigen Schrifttum wird dieser Abschnitt des CS als "membrane attac complex" ( MAC) bezeichnet. An dieser Nomenklatur soll auch hier festgehalten werden. In der deutschsprachigen Literatur ist auch der Terminus "Cytolytischer Komplex" gebräuchlich. Der MAC umfasst die Glykoproteine C5, C6, C7, C8, und C9, die nach ihrer Aktivierung einen festen Verband bilden, der in die Zellmembran von Zielzellen eingelagert wird und zur Cytolyse der Zellen führt. An limitierenden Kontrollmechanismen sind in Plasma gelöste sowie membranständige Inhibitoren bekannt. Die Anaphylatoxine C3a, C4a und C5a sind Entzündungsmediatoren, die bei der Complementaktivierung entstehen. Die entsprechenden Vorstufen C3, C4 und C5 zerfallen im Rahmen ihrer Aktivierung in hochmolekulare "b" Bruchstücke (MW im höheren 10 4 bis 10 5 Bereich), die sich an die Zielstruktur binden, und in die niedermolekularen "a" Anteile, die Anaphylatoxine (MW im 10 3 bis 10 4 Bereich), die in Lösung gehen und in der Umgebung ihrer Entstehung aktiv werden. Ihre Wirkungsdauer ist allerdings nur kurz, da sie rasch durch Carboxypeptidasen des Plasmas abgebaut werden. Die Bezeichnung "Anaphylatoxine" wurde gewählt, weil diese Mediatoren eine Symptomatik ähnlich den anaphylaktischen, d.h. IgE vermittelten Immunreaktionen, hervorrufen können. Diese Ähnlichkeit ist zum Teil auf die Stimulation von Mastzellen durch Anaphylatoxine und die Freisetzung von Histamin und AA-Metaboliten zurückzuführen (S. 22). Anaphylatoxine wirken über spezifi sche Membranrezeptoren auf die Zielzellen. Der C3a-Rezeptor und der C5a-Rezeptor (CD88) wurden an weißen Blutzellen der Myeloischen Reihe (PMN, Eosinophile und Basophile Granulozyten, Monozyten/Makrophagen, reichlich an Mastzellen), an B-und T-Lymphozyten, sowie an nicht-hämatopoetischen Zellen wie glat- CD88 ist der Rezeptor für das Anaphylatoxin C5a. Hier sollen die in den vorigen Kapiteln systematisch beschriebenen Effekte des CS nach funktionellen Gesichtspunkten geordnet und zusammengefasst werden. Eine Cytolyse von Zielzellen ist aber auch ohne Aktivierung des MAC möglich. Phagozyten binden sich über AK an antigene Zielzellen und zerstören sie durch abgegebene Wirkstoffe wie ROS, lysosomale Enzyme und basische Proteine. Dieses spezifi sche Erkennen von Zielzellen über AK durch Phagozyten wird als "antibody dependent cellular cytotoxicity", ADCC, bezeichnet. Bin-dung und Phagozytose werden durch eine Complementaktivierung verstärkt, die nur bis C3b ablaufen muss, um wirksam zu werden. C3b wird dabei leicht zu C3bi fragmentiert (Abb. 36). Die Bindung von C3bi zum CR3 Rezeptor nimmt bei der ADCC eine zentrale Stellung ein. Neben Phagozyten werden über ADCC auch "Killer-Zellen" wie die N-Killerzellen oder den Fc-Rezeptor tragende Tc-Zellen zur Cytotoxizität angeregt, bei der sie Perforine als cytotoxische Waffe einsetzen (S. 236). Die ADCC ist bei der Tumorabwehr, Transplantatabstoßung, Infektabwehr und bei Autoimmunerkrankungen von großer Bedeutung. Ein anderer Wirkungsmodus des spezifischen Immunsystems, um körperfremde Zellen, Bakterien und Viren unschädlich zu machen, ist ihre Immobilisierung durch Verklumpung, die Aggregation, syn. Agglutination, durch AK. Auch Fremdproteine wie etwa Bakterientoxine können durch AK-Bindung zu größeren Komplexen aggregieren, werden dadurch wasserunlöslich und fallen aus, sie präzipitieren. Damit werden sie im Organismus lokalisiert festgehalten und können von Phagozyten eliminiert werden. Das CS kann diese Aggregationsprozesse fördern und die Phagozytose der Aggregate durch die Opsonine C3b und C3bi verstärken (Abb. 39). Das Anaphylatoxin C3a schwächt die spezifi sche Immunantwort ab, indem es die Proliferation, Migration und die Sekretionstätigkeit der T-Zellen sowie die AK-Produktion der B-Zellen hemmt und im Gegenzug die Proliferation und Aktivität der Suppressor-T-Zellen steigert. Darüber hinaus aktiviert C3a in Phagocyten den AA-Metabolismus über die COX und steigert die Produktion der immunsuppressiven PGE-Typen (S. 41). C5a dagegen verstärkt die spezifi sche Immunantwort, indem es die IL1-Produk- (1) rückt das Virus an die Oberfl äche der Wirtszelle, wo es die Bildung Virus-spezifi scher Glykoproteine induziert ( ), die in die Zellmembran eingelagert werden (2). Beim "Budding" löst sich das Virus aus der Wirtszelle und nimmt dabei eine Hülle aus Zellmembran mit eingelagerten Virus-kodierten Glykoproteinen mit (3). Das extrazelluläre, freie Virus gewinnt Kontakt mit einer neuen Wirtszelle, an die es sich vermittels der Glykoproteine an spezifi sche Oberfl ächenstrukturen bindet (4). Nach diesem Andockvorgang ist das Eindringen in die neue Wirtszelle und eine Virusvermehrung möglich. Abwehrmechanismen: Spezifi sche AK ( ) und/oder das CS ( ) erkennen die Glykoproteine an der Oberfl äche der Wirtszelle, binden sich an sie und setzen als Opsonine die Zerstörung und Phagozytose der Virus-befallenen Wirtszelle in Gang. Bei Aktivierung des MAC wird die Wirtszelle lysiert und im Anschluss phagozytiert (5). Complement kann die Bindungsstellen an den Glykoproteinen abkappen und so ein Andocken an eine Wirtszelle verhindern (6). AK und Complement können Viren agglutinieren und damit immobilisieren (7). AK und das auf dem Klassischen und/oder Alternativen Weg aktivierte CS opsonieren freie Viruspartikel und Virus-Aggregate und machen sie so der Phagozytose zugänglich (7). Cytokine sind Regulatorstoffe der Entzündung wie auch normaler Zellfunktionen, die von verschiedenen Zelltypen produziert und in die Umgebung (autokrine oder parakrine Wirkung) bzw. ins Blut abgegeben werden (endokrine Wirkung). Im nicht entzündeten Organismus sind die Plasma-Konzentrationen vieler Cytokine sehr nieder, oft unter der Nachweisgrenze von Routinemethoden. Die von einem Cytokin über Membranrezeptoren angesprochenen Zellen können in ihrer Art äußerst vielfältig sein, wie auch ein Cytokin von verschiedenen Zelltypen synthetisiert werden kann (multifunktionelle, pleiotrope Wirkung). Als Produk-tionsstätten und Zielzellen von Cytokinen wurden anfangs monozytäre Zellen und Lymphozyten erkannt und studiert. Daher stammt auch die Bezeichnung "Monokine" und "Lymphokine", die heute verlassen ist, da man eine Vielzahl von Zelltypen als mögliche Produzenten festgestellt hat. Die meisten Cytokine werden auf einen Reiz hin synthetisiert und danach abgegeben. Einige können aber in gewissen Zellen gespeichert werden. Chemisch sind Cytokine Peptide mit sehr uneinheitlichem Bau. Es gibt solche mit und ohne Kohlenhydrat-Anteil. Da der Kohlenhydratanteil schwanken kann, weisen die aktuell gemessenen Molekulargewichte oft beträchtliche Unterschiede auf. Eine weitere Ursache für schwankende Angaben kann auch darin liegen, dass manche Cytokine nur als Dimere oder Polymere zirkulieren und aktiv sind. In der folgenden Aufl istung wird das Molekulargewicht des zuckerfreien, monomeren Proteinmoleküls angegeben. Die wichtigste, aber nicht die ausschließliche Aufgabe der Cytokine ist die Steuerung von Entzündungs-und Immunvorgängen. Dieses Buch konzentriert sich auf ihre Rolle bei der unspezifischen Entzündung. Eine Unterteilung der Gruppe der Cytokine kann nach verschiedenen Aspekten getroffen werden. Bei der hier vorgenommenen Aufgliederung werden das Wirkungsspektrum und auch historische Aspekte, nicht die chemische Struktur berücksichtigt. Es wird die aktuelle, international anerkannte Nomenklatur verwendet. Auf die im Laufe der Entdeckung der verschiedenen Cytokine parallel gebrauchten Synonyme wird nicht eingegangen. Da ein im Versuch in vivo appliziertes Cytokin eine Kettenreaktion an weiteren freigesetzten Cytokinen und infl ammatorischen Mittlerstoffen auslöst, wurden die Wirkungen in erster Linie in vitro an isoliertem Zellmaterial studiert. Das wiederum verzerrt die natürlichen Verhältnisse insofern, als Cytokine physiologisch im Synergismus mit -oder in Opposition zu -anderen lokal abgegebenen Regulatoren der Entzündung agieren. Lebensnahere Ergebnisse liefern Untersuchungen an isolierten Organen und Geweben. Bei der Reihenfolge der Cytokin-Abgabe nach einem Entzündungsreiz in vivo wird eine gewisse zeitliche Staffelung eingehalten. Zuerst werden Interleukin 1 (IL-1) und der Tumor Nekrose Faktor alfa (TNFα) freigesetzt, auf deren Reiz hin weitere Cytokine und Regulatoren folgen. Manche Untersucher sprechen hier von einer "primären" und "sekundären" Entzündungsantwort [primary, secondary infl ammatory response]. Nach dem Schwerpunkt ihrer Wirkung lassen sich fünf Gruppen von Cytokinen unterscheiden: In weiterer Folge zeigten Tierversuche, dass es besonders die Lipopolysaccharid-Fraktion von Bakterienmembranen ist, die eine hämorrhagische Nekrose experimenteller Tumore auslöst. In den Jahren 1972-1973 wurde der eigentlich verantwortliche körpereigene Wirkstoff isoliert und als ein Polypeptid -der TNFα -identifi ziert. Um 1984 gelangen die Klonierung des Gens und die Sequenzierung der Proteinstruktur. TNFα kann heute rekombinant hergestellt werden. Wegen der auffälligen tumorziden Wirkung dieses Cytokins wurde der traditionelle Name "Tumornekrose-Faktor" beibehalten. Das TNFα-Monomer ist ein nicht glykosyliertes Protein mit einem MW von 17.400 D. Die aktive Form ist das Homotrimer, während Monomere nicht aktiv sind. Eine Therapie von Tumoren mit TNFα und IFNγ, die sich daraus logisch anbietet, hat sich wegen der unzumutbaren und auch gefährlichen systemischen Nebenwirkungen (stark beeinträchtigtes Befi nden, Schock, Fieber, Gewichtsverlust) nicht durchsetzen können. Chemokine nehmen innerhalb der Cytokinfamilie wegen spezifi scher Struktureigenschaften und wegen des allen gemeinsamen chemotaktischen Effekts auf Zielzellen eine Sonderstellung ein. Der Name "Chemokin" wurde aus "chemotaktisch" und "Cytokin" zusammengesetzt. Die besondere Struktureigenschaft besteht in der Positionierung von Cystein an bestimmten Stellen des Moleküls. Danach unterscheidet man drei Untergruppen: α-Chemokine mit zwei Cysteinmolekülen, die durch eine andere Aminosäure getrennt sind (CXC-Typ), β-Chemokine mit zwei unmittelbar benachbarten Cysteinmolekülen (CC-Typ), und γ Chemokine mit nur einem Cystein in kritischer Position (C-Typ dene Chemokine angesprochen werden können. wird bei der Interleukin-Familie dargestellt (S. 109). MW 10.800 D. Produzenten sind die Megakaryozyten des Knochenmarks, die PF4 den Thrombozyten mitgeben, in denen es in den α-Granula gespeichert vorliegt und bei Aktivierung abgegeben wird. Funktionen: PF4 ist ein Hemmer des roten Knochenmarks, drosselt die Produktion von PMN, Monozyten und Erythrozyten und ist ein Antagonist des Heparins. In vitro regt es die Migration von Gefäßendothel an, ist chemotaktisch für Fibroblasten und stimuliert die Histaminabgabe aus Mastzellen und Basophilen Granulozyten. Rezeptoren sind noch nicht näher defi niert. Der PF4-Plasmaspiegel hat als Indikator für die intravaskuläre Thrombozytenaktivierung diagnostische Bedeutung. NAP-2 ist ein Fragment, das aus verschiedenen inaktiven Vorläuferproteinen durch Proteolyse entsteht. Die Vorläufer werden von aktivierten Thrombozyten abgegeben und in erster Linie durch die lysosomalen Proteasen der PMN und Makrophagen zu aktiven NAP-2 Produkten gespalten. Je nach Angriffspunkt der Spaltung und Ausgangsmolekül entstehen NAP-2 Formen mit verschiedenen Strukturen und Molekulargewichten. Die Wirkung der NAP-2 -Varianten besteht vor allem in der Aktivierung von PMN. Es ist chemotaktisch und stimuliert PMNs zur Hinauf-Regulation von Adhäsinen, Phagozytose und Abgabe lysosomaler Enzyme und ROS. Bindungsversuche weisen auf zwei verschiedene Rezeptoren hin. Zielzellen sind Eosinophile und Basophile Granulozyten, auf die Eotaxin stark und spezifi sch chemotaktisch wirkt. Von Entzündungszellen freigesetztes Eotaxin trägt wesentlich zur Massenansammlung von Eosinophilen Granulozyten an Orten anaphylaktischer Reaktionen bei. Konzentrationsabhängig werden darüber hinaus Adhäsion, Granulaabgabe und ROS-Produktion angeregt. Eotaxin spricht Zielzellen über einen Chemokin-Rezeptor (CCR3) an, der auch RANTES und andere Chemokine bindet und über sie entsprechende Effekte vermitteln kann. Interferone stehen vorwiegend im Dienst der Regulierung der spezifi schen Immunantwort. Alle Interferone können rekombinant hergestellt werden und kommen therapeutisch zum Einsatz. IFNα wird therapeutisch bei gewissen Leukämien, dem Myelom und bei Hepatitis C eingesetzt. MW 20.000 D. IFNβ weist mit IFNα zu 30% eine Homologie der Aminosäuresequenz auf und wirkt über dieselben Rezeptoren, entfaltet daher auch vergleichbare Wirkungen. Quellen sind Fibroblasten und manche Epithelien. Therapeutisch fi ndet es bei Multipler Sklerose und gewissen Hepatitisformen Verwendung. MW 17.100 D. Quellen sind CD4-und CD8-positive Lymphozyten und NK-Zellen. Wirkungen: Der Rezeptor (CD119) fi ndet sich auf einer Reihe hämatopoetischer Zellen wie T-und B-Lymphozyten, NK-Zellen, Makrophagen, PMN, Thrombozyten, aber auch auf Endothelzellen, manchen Epithelien und auf verschiedenen Tumorzelltypen. IFNγ ist ein stark pleiotropes Cytokin, das auf vielen Ebenen (Lymphozyten, Makrophagen) in die spezifi sche Immunabwehr eingreift. Besonders hervorzuheben ist hier die Aktivierung von Makrophagen zur Phagozytose, AG-Aufbereitung und AG-Präsentation (Abb. 40, Abb. 111). Im Bereich der unspezifi schen Abwehr steigert IFNγ die Tätigkeit von Makrophagen und PMN. Es verstärkt den antiviralen und Antitumor-Effekt von IFNα, IFNβ und TNFα und steuert Wachstum, Differenzierung und Aktivierung von Gefäßendothel und Fibroblasten. Therapeutisch wird es wegen seiner antiproliferativen Wirkung bei manchen Tumoren und bei Leukozytosen eingesetzt. Wachstumsfaktoren sind Wirkstoffe unterschiedlicher Protein-oder Polypeptidnatur, deren Benennung historisch begründet ist. Ihre Existenz wurde zuerst dadurch nachgewiesen, dass sie in in-vitro oder in-vivo Versuchsansätzen Zellen zum Wachstum und/oder zu bestimmten Differenzierungen anregten. Über dieses gemeinsame Charakteristikum hinaus können sie aber noch eine Fülle unterschiedlicher Effekte auf autokriner, parakriner und endokriner Ebene entfalten. Unter anderem vermitteln sie auch Informationen im Entzündungsgeschehen; nur auf diesen Angriffspunkt soll im Folgenden eingegangen werden. Die Wachstumsfaktoren werden, abhängig vom subjektivem Gesichtspunkt des beschreibenden Autors, systematisch verschiedenen Wirkstoffgruppen zugeteilt, wie auch ihre Erforschung noch in Fluss ist. Hier wird einer klassischen Einteilung gefolgt, in die auch die "Hämatopoetischen Hormone" (colony stimulating factors, Erythropoetin und Thrombopoetin) aufgenommen werden. Die international üblichen englischsprachigen Bezeichnungen werden beibehalten. MW 13.500 D. Das Molekül besteht aus α, β und γ Untereinheiten. Quellen: NGF wurde aus der Glandula submaxillaris und aus Speichel, aus der Prostata und aus dem ZNS isoliert. Rezeptoren fi nden sich auf sensorischen und sympathischen Neuronen und auf Neuralleisten-Abkömmlingen wie Melanozyten und Paraganglien, auf Schwann'schen Zellen, Monozyten, B-Lymphozyten und Mastzellen. Funktionen: NGF steuert das Wachstum und die Differenzierung von Nervenzellen. Es ist für auswachsende Neurone chemotaktisch und steuert deren Wachstums- Die Hauptvertreter der FGF-Familie sind der acidic fi broblast growth factor (aFGF) und der basic fi broblast growth factor (bFGF). Zwischen den beiden besteht zu 52% eine Strukturhomologie. Weitere Verwandte spielen vor allem während der embryonalen und fetalen Entwicklung ihre Rolle. Die FGF sind Regulatoren der Zellbewegung, des Zellwachstums und der Differenzierung mesenchymaler Gewebe sowie Steuerfaktoren bei der Angiogenese. Sie zeigen eine hohe Affi nität zu Heparin und verwandten Glykosaminoglykanen, an die sie in der extrazellulären Gewebsmatrix gebunden vorliegen. Klinik: rhTPO wird bei Thrombozytopenien zur Erhöhung der Thrombozytenzahl eingesetzt. Es wurden genetisch angelegte Strukturvarianten von Cytokinen festgestellt, welche die Effektivität des Wirkstoffmoleküls in positivem wie in negativem Sinn beeinfl ussen können. Untersuchungen dazu liegen in breiterem Umfang für den TNFα und die Interleukine IL-1, IL-4, IL-6, IL-8, IL-10 und den IL-1RA vor. Solche Varianten sind für die klinische Medizin deshalb von großem Interesse, weil hier eine Ursache für die beträchtlichen individuellen Unterschiede gegeben sein könnte, mit der sich die entzündliche Reaktivität auszeichnet. Ein besseres Verständnis für die individuelle Neigung zu Infekten, Autoimmunprozessen u.ä. wird von Erkenntnissen auf diesem Sektor erwartet. Die Forschung ist in Fluss. Verschiedene zellmembranständige Rezeptoren für Cytokine zirkulieren gelöst im Blut. Diese Formen werden mit dem Präfi x "s" (soluble) gekennzeichnet, wie z.B. "sIL-1R" für den gelösten IL- In der Therapie erlangen lösliche Rezeptoren bzw. deren Analoga zunehmend Bedeutung. So wird ein modifi zierter sTNFR1 bereits erfolgreich bei der chronischen Polyarthritis (cP) eingesetzt. Die in die Therapie des SIRS und des septischen Schocks gesetzten Erwartungen wurden durch den sTNFR dagegen nicht erfüllt. Die Blockade des TNFα führte im Gegenteil zu einer Verschlimmerung des Entzündungsgeschehens, wie auch bei der Therapie der cP mit sTNFR-Präparaten Infekte als Nebenwirkung auftreten können. Offenbar ist der TNFα für eine intakte Immunabwehr unverzichtbar. Allgemeines Akutphase-Proteine (APP) sind Proteine oder Protein enthaltende Strukturen, die normale Bestandteile des Blutplasmas sind, aber während entzündlicher Prozesse vermehrt gebildet werden und vermehrt im Blut auftreten. Übereinkommend wurde zur Defi nition festgelegt, dass der Blutspiegel um mindestens 50% des Normalwertes ansteigen muss. Aufgaben der APP: Generell gesehen helfen die APP bei der Um-und Einstellung des Organismus auf die Besonderheiten der Situation "Entzündung" mit. Starke entzündliche Noxen erfordern vom Organismus entsprechend starke Gegenmaßnahmen. Der "Organismus in Entzündung" befi ndet sich in einer Art von Ausnahmezustand, dem mit einem veränderten energetischen und metabolischen Niveau entsprochen werden muss. Die APP tragen zur Stabilisierung einer neuen Homöostase und zur Regulation erforderlicher Begleitreaktionen bei und leiten zu gegebener Zeit die Reparatur-und Heilungsphase ein. Die Aktivität der APP soll ein dämpfendes Gegengewicht zum Entzündungsprozess bilden und sein örtliches wie zeitliches Ausufern verhindern. Eine wichtiger Funktionsbereich der APP ist die Eingrenzung des Entzündungsprozesses auf das erforderliche Maß und die benötigte Lokalisation. Dem entsprechend sind einige APP ausgeprägte Entzündungshemmer, welche die chemischen Wirkstoffe der Entzündung unter Kontrolle halten. Sie können ROS neutralisieren oder ihre Bildung beschränken (S. 191f), oder sie sind als Anti-Proteasen tätig (S. 196) . Ziel eines regulativen Eingriffs durch den Organismus ist es dabei, die entzündlichen Kampfstoffe im Entzündungsherd selbst aktiv sein zu lassen, ihre Wirkung in der Umgebung der Entzündung und im Blut jedoch außer Kraft zu setzen. Auf diese Weise wird ein Entzündungsherd funktionell abgegrenzt, "lokalisiert", "demarkiert", "sequestriert". Zur morphologischen Abgrenzung siehe S. 178. Diese ambivalente Aufgabe -Hemmung der Entzündung in der Peripherie, Förderung der Entzündung im Zentrum -wird gelöst, indem die APP ihre Zielstoffe durch Bindung neutralisieren. Oft sind es stöchiometrische 1:1 Bindungsverhältnisse zwischen APP und entzündungsförderndem Wirkstoff. Der entstandene Komplex ist unwirksam und wird phagozytiert und abgebaut. Im Entzündungsherd, wo die Wirkstoffkonzentration hoch ist, wird das hemmende APP verbraucht und der Wirkstoff kann seinen Effekt entfalten. In der Peripherie liegen die Verhältnisse umgekehrt: Die Konzentration der APP ist höher als die des Wirkstoffs, dessen Wirkung somit ausgeschaltet wird. Die Gefahr dieses Regelmechanismus besteht allerdings darin, dass sich bei massiver systemischer Wirkstofffreisetzung die APP-Vorräte im Blut erschöpfen (Depletion), und die Wirkstoffe ohne ausgleichende Antagonisten den Organismus schädigen oder zerstören können (S. 281, 294). Andere APP wiederum fördern die Abräumung geschädigten oder zerstörten Zell-und Gewebsmaterials, indem sie das Material für die Phagozyten des Scavengersystems markieren: Sie sind Opsonine (S. 181). Wieder andere wirken wachstumsanregend auf Fibroblasten, fördern die Kollagenbildung und regen das Gefäßwachstum an. So tragen sie zum Heilungsprozess bei. Chemisch sind APP Glykoproteine mit schwankendem Kohlenhydratanteil. Ein großer Teil der APP wandert elektrophoretisch in der α1und α2-Globulin Fraktion. Quellen der APP sind in erster Linie die Hepatozyten, aber auch die Makrophagen der Leber ( Kupffer Zellen) und anderer Standorte, sowie Endothelzellen, Fibroblasten und Adipozyten tragen geringfügig zur Bildung bei. Die Stimulation zur Bildung der APP erfolgt durch Stoffe, die im Bereich der Entzündung freigesetzt werden und mit dem Blut zur Leber gelangen. Eine sol-che endokrine Wirkung ist für IL-1, IL-6 und den TNFα gesichert, wobei der Einfl uss von IL-6 dominiert. Glucocorticoide (Cortisol) fördern die Bildung der APP, indem sie die Rezeptoren für diese Cytokine an den Leberzellen hinaufregulieren. Ein Cytokin stimuliert bevorzugt die Produktion gewisser APP, so dass die relative Zusammensetzung der APP je nach Cytokin-Palette sehr unterschiedlich sein kann. Zur vollen Entfaltung der APP ist das Zusammenwirken aller Cytokine und von Cortisol nötig (Abb. 43). Die Synthese und Abgabe der APP erfolgt nicht gleichzeitig mit der entzünd- Fibrinogen-und Fibrin-Bruchstücke aus dem Abbau durch Plasmin sind immunsuppressiv, indem sie die Proliferation von Lymphozyten hemmen. Unter der Bezeichnung "Sludge-Phänomen" versteht man die Tendenz der Erythrozyten, sich bei verlangsamter oder unterbrochener Blutströmung mit ihren Flächen aneinander zu legen. Die so entstandenen gestapelten Aggregate werden wegen ihrer Ähnlichkeit treffend auch als "Geldrollen", und der Vorgang der Erythrozytenaggregation als "Geldrollenbildung" bezeichnet. Die englischsprachige Bezeichnung "sludge" (= Schlamm, Matsch) bezieht sich auf die starke und sprunghafte Viskositätserhöhung, die Blut erfährt, wenn die Strömungsgeschwindigkeit aus dem Newton'schen in den nicht-Newton'schen Bereich absinkt und die Einzelpartikel sich durch Aggregati- "crusta phlogistica" (= entzündliche obere Schicht) entspricht der heutigen Bezeichnung "buffy coat", und die Beurteilung ihrer Dicke ist eine grobe Meßmethode einer Leukozytose. Mittelalter und Neuzeit übernahmen das antike Wissen eines Galen und weiteten es aus. Erhöhte Blutsenkung und crusta phlogistica wurden richtig als Krankheitszeichen unddurch die Fibrinogenvermehrung -als erhöhtes Risiko für Thrombosen und Embolien, den sog. "Schlagfl uss", gedeutet. Die Mittel zur Herabsetzung der Gerinnungsfähigkeit des Blutes waren einmal die "Blutverdünnung" durch Blutentnahme, den "Aderlass", wobei das fehlende Blutvolumen durch den Nachstrom eiweißarmer Flüssigkeit aus Geweben und aus der Nahrung ersetzt wird. Eine andere Möglichkeit der Thromboseprophylaxe war der Einsatz von Blutegeln. Beide Behandlungsprinzipien fi nden heute noch Anwendung. Die Therapie mit Aderlass wurde im Zuge mancher medizinischer Modetrends exzessiv und zum Schaden der Patienten betrieben. Fehlschlüsse wurden auch aus der erhöhten Blutsenkung während Schwangerschaft gezogen. Dem vermeintlichen Übel versuchte man durch vermehrten Aderlass zu begegnen. Die so anämisch gemachten Frauen überstanden häufi g den Blutverlust durch die Geburt nicht. Unter dieser Fehltherapie hatten besonders die ärztlich gut betreuten Frauen der oberen Gesellschaftsklassen zu leiden. Heparin ist weder ein Protein noch tritt es bei Entzündungen verstärkt im Blut auf. Da es aber bei der lokalen Regulation der Entzündung und am Heilungsprozess mitwirkt, erfüllt es Aufgaben der APP und soll deshalb an dieser Stelle erwähnt werden. MW: beim Menschen je nach Bildungsort zwischen 5000 und 50.000 D, bei manchen Spezies bis zu 750.000 D. Bau: Heparin ist ein Glykosaminoglykan aus Glukosamin und Glukuronsäure, die α-glykosidisch miteinander verbunden sind, und Sulfat. Herkunft: Wie der Name andeutet, wurde es zuerst in der Leber gefunden und beschrieben. Heparin wird von Mastzellen und Basophilen Granulozyten gebildet, in deren Granula es mit Histamin einen Komplex bildet. Nach Abgabe der Granula wird der Komplex im Gewebe durch Kationenaustausch gesprengt und sowohl Histamin wie Heparin werden frei (S. 20). Heparin fi ndet sich daher Hemmung der Atheroskleroseentwicklung und -folgen: Heparin hemmt die Proliferation der glatten Muskelzellen der Gefäßwand. Es aktiviert die endothelständige Lipoproteinlipase des Skelettmuskels und bewirkt damit eine Senkung des Triglyzeridspiegels des Blutes. Deshalb und wegen der antikoagulatorischen Wirkung wird Heparin zur Prophylaxe und Therapie von Atherosklerose und Infarkten eingesetzt (S. 300). Der Abbau des Heparins erfolgt enzymatisch durch α-Glykosidasen und durch ROS. Entzündung und Blutgerinnung gingen in der Phylogenese gemeinsame Wege und sind auch beim Säuger noch eng miteinander verbunden. Viele der involvierten Wirkstoffe üben Doppelfunktionen aus, indem sie im Entzündungsgeschehen wie bei der Blutgerinnung in fördernder wie in hemmender Weise effektiv sein können. Das hämostatische System unterstützt und ergänzt die protektiven Aufgaben des Immunsystems. Faktoren der Blutgerinnung können als Opsonine dienen, und das Einschließen in Thromben immobilisiert Mikroorganismen und macht sie für das Immunsystem erkennbar und zugänglich. Die Bildung stabiler Fibrinschichten grenzt Entzündungsherde gegen gesunde Bereiche ab und behindert die Ausbreitung belebter wie unbelebter Noxen in den Gesamtorganismus. Funktionsgemäß ist in der Akutphase mit Systembeteiligung -bei Infekten und bei weitreichenden Gewebszerstörungen mit erhöhten Anforderungen an das Scavengersystemauch die Gerinnungsfähigkeit des Blutes erhöht. Um jedoch die Gerinnungsbereitschaft auf den Entzündungsbereich zu beschränken und nicht im Gesamtorganismus wirksam werden zu lassen, ist parallel dazu die Aktivität der Antagonisten der Blutgerinnung gesteigert. Etliche der Synergisten wie auch Antago-nisten der Blutgerinnung treten als APP auf (Tabelle 5). Ausgedehnte chirurgische Eingriffe stellen wegen des hohen Anfalls an Scavengermaterial einen starken entzündlichen Reiz dar, der zu einem Anstieg der APP im Blut führt. Fibrinogen ist postoperativ nach drei Tagen deutlich erhöht und erreicht bei komplikationsfreiem Verlauf zwischen dem siebenten bis 12. Tag ein Maximum (Abb. 44). Es kann dabei auf das zwei-bis dreifache des Normalwertes ansteigen, was die Thrombose-und Emboliegefahr erhöht. Besonders betroffen sind bei Bettlägrigen die tiefen Beinvenen, in denen sich durch die verlangsamte Blutzirkulation bevorzugt Thromben bilden. Als Prophylaxe kann die Zirkulation beschleunigt werden, indem man durch Kompressionsstrümpfe den Blutstrom aus den oberfl ächlichen Beinvenen in die tiefen umleitet und die Patienten möglichst früh zum Gehen veranlasst. Routinemäßig wird postoperativ niedermolekulares Heparin verabreicht, das im Vergleich zu unfraktioniertem, nativem Heparin nicht so stark koagulationshemmend wirkt, was die Blutungsgefahr herabsetzt (S. 134). Der Erhöhung liegt das physikalische Gesetz zugrunde, dass die Viskosität mit der Zahl und Größe der gelösten oder suspendierten Partikel (Steigerung der inneren Reibung) zunimmt. Nach dem Hagen-Poiseuille'schen Gesetz steigt der Druck, der nötig ist, um eine Flüssigkeitssäule in einer Röhre zu bewegen, linear mit der Viskosität. Eine Reihe von Einzelfaktoren führt während entzündlicher Prozesse zu einer Erhöhung der Blutviskosität und des Strömungswiderstandes: In welche Richtung sich undifferenzierte Stammzellen weiterentwickeln, hängt von verschiedenen Steuerfaktoren ab, unter denen die Hämatopoetischen Hormone, zu denen auch die Colony Stimulating Factors (CSF) gehören, gut studiert sind (S. 119f). Man unterscheidet drei Typen von Granulozyten: Neutrophile, Eosinophile und Basophile Granulozyten. Für den Neutrophilen Granulozyten hat sich international die englischsprachige Bezeichnung und ihre Abkürzung, "polymorphonuclear leukocyte", PMN, eingebürgert, die auch in diesem Buch Verwendung fi nden soll, wobei bei Gegebenheit aber auch der klassische Ausdruck "Neutrophiler Granulozyt" gebraucht wird. Bei Suche in elektronischen Dateien ist es ratsam, unter beiden Stichworten nachzufragen, da keine einheitliche Nomenklatur eingehalten wird. Die "klassische" Unterscheidung der Granulozyten untereinander erfolgt anhand der unterschiedlichen Färbbarkeit ihrer lysosomalen Granula mit sauer-basischen Farbstoffgemischen, auf die sich auch die Namensgebung bezieht. Diese Methoden -am gebräuchlichsten ist die Färbung nach May-Grünwald -reichen auch heute noch für den Routinegebrauch aus. Differenzierter und neuer ist der Nachweis der verschiedenen Enzymausstattungen der Zellen, die sich mit histochemischen Methoden darstellen lassen. Moderne Ansätze bedienen sich der Immunfl uoreszenz und markieren typische Oberfl ächenstrukturen spezifi sch mit fl uoreszenzmarkierten monoklonalen Antikörpern. Damit können nicht nur die einzelnen Zelltypen exakt voneinander getrennt, sondern auch unterschiedliche Funktionszustände, Alters-und Reifezustände auseinander gehalten werden. Viele dieser antigenen Oberfl ächenstrukturen sind einheitlich defi niert und werden weltweit in einem Nomenklatursystem, dem CD-System ("cluster designation"), zusammengefasst. Granulozyten durchlaufen während ihrer Existenz drei markante Aufenthaltsorte, die ihre Entwicklung, Aktivitäten und Aufgabenbereiche prägen: Das Knochenmark, die Blutbahn und das Gewebe. Dementsprechend unterscheidet man im Leben eines Granulozyten eine medulläre Phase im Knochenmark, eine Blutphase und eine Gewebsphase. Die Entwicklung der Granulozyten erfolgt beim gesunden Erwachsenen aus- Nach einer gängigen Auffassung befi ndet sich der Stammzellenpool in zwei Aktivierungsformen im "ruhenden Pool", der sich teilt, aber undifferenziert bleibt, und so den Stammzellenpool aufrecht erhält, und im "mitotischen Pool", welcher der Einwirkung der CSF zugänglich ist. Aus ihm erfolgt über Teilung und Reifung die Bildung der differenzierten Formen myeloischer und lymphatischer Zellen. Steigerung der Granulopoese. Von allen CSF sind die Struktur und die kodierenden Gene bekannt, und CSF können rekombinant hergestellt werden. GM-CSF und vor allem G-CSF werden klinisch breit eingesetzt. Häufi ge Indikationen sind Myelodepression durch immunsuppressive Therapien, z.B. nach Organtransplantation oder Tumor-Chemotherapie. Die Applikation von M-CSF und IL-3 stimuliert Makrophagen zur massiven Freisetzung von Cytokinen wie IL-1, IL-6, TNFα u. a. und löst damit starke systemische Reaktionen wie Fieber, Schock, Übelkeit und Erbrechen aus, welche die Anwendung einschränken oder verbieten. Die Gefahr einer Therapie mit dem gut verträglichen G-CSF besteht in einer Überstimulation und Erschöpfung des ruhenden Stammzellenpools dadurch, dass die Gesamtheit der Stammzellen in den mitotischen Pool übergeführt und damit verbraucht wird ("Ausbrennen" des Knochenmarks). Eine andere Gefahr ist die der Induktion eines Tumorwachstums, vor allem von myeloischen Leukämien. CSF sind auch in der Lage, "schlafende" Tumorklone zum Wachstum anzuregen. In Gefäßen bewegt sich die Blutsäule in Schichten mit verschiedener Geschwindigkeit, als laminare Strömung, die eine Folge der Reibung des Blutes an der Gefäßwand ist. Aus dem Verhältnis von Volumen zu Oberfl äche ergibt sich, dass der Reibungseffekt umso mehr Anteile der Blutsäule erfasst, je geringer der Durchmesser des Gefäßes ist. In engen Blutgefäßen von etwa 1 mm Lumen abwärts verteilt sich die Geschwindigkeit der einzelnen Strömungsschichten in der Form einer Parabel mit der geringsten Geschwindigkeit an der Gefäßwand (Randstrom, Marginalstrom), und der höchsten in der Strommitte ( Zentralstrom, Abb. 52 heitsbildern SIRS, ARDS und MOF (S. 280ff). Im postkapillaren Venenbereich erweitert sich das Strombett beträchtlich, was eine starke Verlangsamung der Blutströmung zur Folge hat. Die Scherspannung zwischen den Erythrozyten verringert sich dadurch so stark, dass Bindungstendenzen zwischen den einzelnen Zellen wirksam werden, die sich mit ihren Flächen aneinander lagern. Diese Ag-gregatbildung, die sogenannte "Geldrollenbildung" [sludged blood] wird durch positiv geladene Bindungsbrücken vermittelt, die sich zwischen die negativ geladenen Oberfl ächen der Erythrozyten einlegen und zur Bildung von Aggregaten aus mehreren Zellen führen. Als Bindungsbrücken werden höher molekulare Plasmaeiweiße wirksam, in erster Linie Fibrinogen, Haptoglobin und Immunglobuline (S. 128f, Abb. 56 Eine Emigration fi ndet in großem Umfang nur im Bereich der postkapillaren Venenstrecke statt. Hier sind die rheologischen, räumlichen und morphologischen Voraussetzungen gegeben. Der langsame Blutfl uss begünstigt die Aggregation der Erythrozyten, wodurch weiße Blutzellen an das Endothel gedrängt werden, während der Blutstrom zentral ungehindert weiterzieht. Die geringe Scherspannung durch den langsamen Blutfl uss sowie die dichte Bestückung der Endothelzellen mit Adhäsinen ermöglicht es den Leukozyten, fest am Endothel zu haften, aktiv am Endothel kriechend Kontaktstellen zwischen Endothelzellen aufzusuchen und die Blutbahn zu verlassen, zu emigrieren. Der Bau der postkapillaren Venen begünstigt die Emigration dadurch, dass dieser Gefäßtyp keine geschlossene Muskellage aufweist, sondern die einzelnen Muskelfasern in lockeren Zügen mit weiten Zwischenräumen angeordnet sind. Die Bedingungen der Emigration sind für die Zellen der myeloischen und lymphatischen Reihe grundsätzlich gleich. Die lockere Bindung wird auf der PMN-Seite durch L-Selektin (CD62L) und durch Sialoproteine (z.B. Sialyl-Lewis X, CD15S), auf der Endothel-Seite durch E-Selektin (CD62E) und P-Selektin (CD62P) vermittelt. Die Bindung über Selektine bewirkt das Rollen marginierter myeloischer Zellen. Das Rollen von Lymphozyten erfolgt über andere Mechanismen. Mit zunehmender Zirkulationsdauer verringert sich am PMN der Bestand an L-Selektin, indem diese Proteine durch in den PMN-Membranen lokalisierte Proteasen von ihrem transmembranösen Teil abgespalten werden, während parallel dazu der Besatz an β2-Integrinen durch Nachschub aus den Sekretvesikeln zunimmt (Abb. 58). Integrine sind locker aneinander gebundene Doppelmoleküle, die aus einem αund einem β Anteil bestehen. Die Integrine, die das "sticking" vermitteln, sind aus dem gleichbleibenden β2-Anteil Zahl und Mobilität in der Membran eingeschränkt wird (Abb. 104, 105) . Adhäsine sind einem natürlichen Turnover unterworfen, indem extrazelluläre Teile enzymatisch von der Mutterzelle abgespalten werden; sie können im Blut nachgewiesen werden. Diese Bruchstü-cke werden mit dem Präfi x "s" (soluble) bezeichnet, also z.B. sICAM1. Da sich gelöste Adhäsine ebenfalls an den Liganden binden, kompetieren sie mit den zellgebundenen Adhäsinen und wirken so als physiologische Blocker des Liganden (vgl. S. 113, Abb. 61). Aber auch eine potenzierende Wirkung ist möglich, indem gelöste Adhäsine Ligandenmoleküle aggregieren und damit aktivieren. Der Wirkungsmodus wird so wesentlich von der Art und Konzentration der gelösten Adhäsine bestimmt. . 59b) . Wenn weiße Blutzellen die Gefäßwand durchwandern, entstehen notgedrungen Lücken in der Basalmembran. Diese Lücken schließen sich offenbar sofort hinter der Zelle nach ihrem Durchtritt. Es ist noch nie gelungen, ultramikroskopisch einen entsprechenden Defekt in der Basalmembran nachzuweisen. Die Zahl und relative Zusammensetzung der weißen Blutzellen im strömenden Blut wird im "weißen Blutbild" [white blood cell count] erfasst und ist unter normalen Verhältnissen bei einem Individuum ziemlich konstant, wobei die interindividuelle Streubreite allerdings beträchtlich ist. Als Norm für die Gesamtzahl der Leukozyten gilt beim Erwachsenen der Bereich von 4.000 bis 12.000 Zellen pro Mikroliter Blut. Zahlen darunter werden als Leukopenie, darüber als Leukozytose bezeichnet. Der Anteil an PMN beträgt normal zwischen 45 und 70%, als absoluter Normbereich kann eine Zahl zwischen 1.500 und 8.000/µL angenommen werden. Bei Werten unterhalb dieser Norm spricht man von einer Neutropenie oder Granulopenie, darüber von einer Granulozytose. Eine Neutropenie unter 1000 PMN/µL wird als Risiko, unter 500/µL als hohes Risiko für Infekte angesehen, wobei natürlich auch die Dauer solcher Neutropenien berücksichtigt werden muss. Im frühen Kindesalter gelten andere Normwerte. Bei Neugeborenen wird die Norm für die Gesamtleukozytenzahl mit 5.000 bis 30.000/µL, beim Kleinkind bis zum ersten Lebensjahr mit 6.000 bis 17.000 angesetzt. Einer der Gründe für die hohe Zahl ist der noch mangelhafte Ausbildungsgrad der Adhäsine an myeloischen Zellen, der verhindert, dass PMN in größerem Umfange marginieren (S. 146). Im Gegensatz zu den Erythrozyten besteht bei der Zahl zirkulierender Leukozyten kein Geschlechtsunterschied. Das weiße Blutbild ist einem Zirkadianrhythmus unterworfen. In den späten Nachtstunden und am frühen Morgen ist die Zellzahl am höchsten. Ein Grund dafür ist in dem in diesem Zeitraum erhöhten Blutspiegel an Glucocorticoiden zu sehen, die sowohl eine Mobilisierung der Knochenmarkspeicher bewirken wie auch die Margi-nation myeloischer Zellen herabsetzen (S. 148). Nach Nahrungsaufnahme ist die Zahl der weißen Blutzellen erhöht ("Verdauungsleukozytose", S. 148). Die Totalzahl an zirkulierenden Leukozyten beträgt beim gesunden Erwachsenen um 50 x 10 9 Zellen, wobei die einzelnen Leukozytentypen eine unterschiedliche Dynamik aufweisen. T-Lymphozyten halten sich nur kurz in der Blutbahn auf, treten rasch ins Gewebe über und rezirkulieren über die Lymphe ins Blut. Da eine solche Passage Blut-Gewebe-Lymphsystem-Blut etwa eine halbe Stunde dauert, wird der Organismus täglich etwa 50 Mal von diesen Zellen durchmustert. PMN sind dagegen "Ein-Weg-Produkte", die nach ihrer Blutphase von durchschnittlich sechs bis sieben Stunden ins Gewebe oder auf Körperoberfl ächen auswandern und dort zugrunde gehen. Eine Rezirkulation in die Blutbahn fi ndet nicht statt. Die Gesamtzahl an PMN im strömenden Blut beträgt beim gesunden Erwachsenen um die 20 bis 35 x 10 9 Zellen. Bei einer rund viermaligen Erneuerung des Blutpools innerhalb von 24 Stunden ergibt sich ein täglicher Verschleiß von 70 bis 120 Milliarden, also im Schnitt etwa 10 11 PMN, die physiologisch im Zuge ihrer Scavenger-und Abwehrtätigkeit verbraucht werden oder -offensichtlich ineffektiv -apoptotisch zugrunde gehen (S. 199f Chemotaxis kann positiv oder negativ sein, je nachdem ob sich eine Zelle in den Gradienten hinein oder von ihm fort bewegt. Weiße Blutzellen sind ausschließlich zu positiver Chemotaxis befähigt. Negative Chemotaxis ist bei Einzellern ausgeprägt und stellt als primitive Fluchtreaktion eine Überlebensstrategie dar. Bei Wirbeltieren hat negative Chemotaxis während der Embryonalentwicklung bei der Verteilung von Zellmaterial Bedeutung. Melanoblasten z.B. geben nach einer Vermehrungsperiode, während der die Tochterzellen nebeneinander zu liegen kommen, negativ wirkende Chemotaxine ab, über die sie sich voneinander abstoßen und auf diese Weise gleichmäßig in der Haut verteilen. Auch Zellfortsätze können sich chemotaktisch orientieren. So fi nden etwa die Neuriten der Vorderhorn-Wurzelzellen während ihres Auswachsens aus den Neuroblasten ihren Weg über Chemotaxine (nerve growth factor S. 116), die von den zugehörigen Myotomen abgegeben werden. Analog zur Chemotaxis kann Chemokinetik positiv oder negativ ausgeprägt sein, je nachdem ob die Ortsveränderung durch einen Wirkstoff beschleunigt oder verlangsamt wird. Die Geschwindigkeitsveränderungen können die Spontanbewegung wie auch die chemotaktische Bewegung betreffen. Chemotaxis und Chemokinetik werden über verschiedene molekularbiologi- In diesem Prozess der Nukleation entstehen kurze Oligomere, meist Trimere. Oligomere können sich nun an bereits vorhandene Aktin-Polymere ankoppeln, ein Vorgang, der wesentlich schneller als die Nukleation abläuft. Diese Verlängerung geschieht wiederum beschleunigt am Plus-Ende des Fadens, so dass eine bevorzugte Wachstumsrichtung des Aktinfadens vorgegeben ist. Fertig polyme- Aktin-Molekülen zu polymerem Aktin. Die Anlagerung von Ca ++ und Mg ++ -Ionen bewirkt eine Konformationsänderung des Aktin-Monomers, welche die Bindung von ATP begünstigt (a). Aktin und ATP bilden zuerst Trimere (Nukleation von G-Aktin), die sich weiter zu hochpolymerem fi lamentösem F-Aktin verlängern können. Durch die Asymmetrie des Aktin-ATP-Komplexes bekommt ein Aktin-Filament eine bevorzugte Wachstumsrichtung (Plus-Ende, barbed end) und eine Gegenseite (Minus-Ende, pointed end), von der die Depolymerisation ausgeht (b). Ein fertiges F-Aktin-Filament besteht aus zwei spiralig umeinander gedrehten Einzelfäden (Protofi lamenten) und hat einen Durchmesser von 6-8 nm und eine Steigungshöhe von 37 nm, in der sich die Helix einmal um ihre Achse dreht (c). Die Länge des Fadens kann unterschiedlich sein. risiertes, fi lamentöses (F-) Aktin besteht aus zwei spiralig umeinander gedrehten Einzelfäden aus ATP-Aktin (Abb. 72c). Ein Doppelfaden hat einen Durchmesser von 6 bis 8 nm und kann eine unterschiedliche Länge erreichen. Im Elektronenmikroskop erscheint das Plus-Ende eines Aktin-Fadens etwas aufgelockert, das Minus-Ende dagegen eher spitz. Wegen der Ähnlichkeit mit einem Pfeil wird das Plus-Ende auch als "barbed end", die Gegenseite als "pointed end" bezeichnet. Das Wachstum wird durch die Anlagerung von Capping-Proteinen oder durch Kontakt mit Anker-Proteinen abgeschlossen. Die Lebensdauer eines Aktin-Polymers ist durch die Hydrolyse des ATP zu ADP limitiert. Filamente aus ADP-Aktin besitzen wenig Bindungsstärke und zerfallen spontan. Nach Lösung vom ADP ist ein Aktinmolekül einer erneuten Polymerisation zugänglich. Auf-und Abbau von Aktin können sehr rasch erfolgen. So ist ein PMN in der Lage, innerhalb von 10 Sekunden sein Aktin-Cytoskelett umzubauen. Im Experiment kann der Auf-und Abbau der Aktin-Polymere beeinfl usst werden. Cytochalasine verhindern die Polymerisation, Phalloidin stabilisiert die Polymere. Capping-Proteine beenden die Polymerisation von Aktinfäden. So stoppt Gelsolin den Anbau am Plus-Ende, Acumentin dagegen am Minus-Ende. Profi lin verhindert die Polymerisation. Es liegt auf der Hand, dass intrazellulär gebildete Filamente untereinander und auch mit anderen intrazellulären Strukturen Verbindungen eingehen müssen, um ein funktionelles Gerüst zu bilden. So verbinden Filamin-Querbrücken Aktinfäden untereinander, während α-Actinin Aktinfäden direkt miteinander bündelt. Vinculin kann Aktinfäden an Zellstrukturen verankern. Myosin schafft bewegliche Verbindungen zwischen benachbarten Ak-tinfäden und zwischen Aktinfäden und anderen Zellstrukturen. Myosin verbindet sich mit Aktinfi lamenten zu einer funktionellen Einheit, zum Aktinomyosin. Myosin tritt in zwei Formen auf, als Myosin I und Myosin II. Myosin I ist ein monomeres Molekül mit einem charakteristischen Kopf-und Schwanzteil. Der Kopfteil bindet sich an ein Aktinfi lament und besitzt ATPase-Aktivität. Die bei der Hydrolyse von ATP frei werdende Energie wird in Bewegung entlang dem Aktinfaden vom Minus-zum Plus-Ende umgesetzt. Der Schwanzteil kann sich an Membranen und verschiedene Makromoleküle binden. Myosin I transportiert Vesikel und anderes Material das Aktin-Zytoskelett entlang und sorgt so für deren Verteilung in der Zelle, oder verschiebt Aktinfi lamente gegenüber der Zellmembran und kann auf diese Weise verankerte Rezeptoren oder Ionenkanäle an der Zelloberfl äche positionieren. Myosin II liegt im PMN als Dimer vor, dessen Monomere mit dem Schwanzteil verbunden sind. Die beiden Köpfe des Dimers verbindet sich mit je einem Aktinfi lament entgegengesetzter Wachstumsrichtung. Beim Gleiten zum Plus-Ende werden die Aktinfäden gegeneinander verschoben (Abb. 73). In der Muskelzelle liegt Myosin dagegen ständig in hochpolymerer Form vor. Mikrotubuli sind Bestandteil aller eukaryoten Zellen. Die hochpolymeren röhrenförmigen Gebilde werden aus dimeren Bausteinen aufgebaut. Ein Dimer wiederum besteht aus zwei strukturell ähnlichen Proteinen von jeweils 55 kD Molekulargewicht, einem αund einem β-Tubulin. Es bestehen etliche Analogien zu den Verhältnissen beim Aktin. Die Bausteine treten ebenso in zwei Pools auf, die sich durch ihren Polymerisationsgrad unterscheiden, im niedermolekularen, dimeren Pool (Sol-Zustand), und einem -hochmolekularen Pool, in dem die Dimere zu Mikrotubuli polymerisiert sind (Gel-Zustand). Die beiden Pools verschieben sich je nach Funktionszustand der Zelle zueinander. Der Polymerisationsprozess beginnt nicht an beliebigen Orten, sondern verlangt gewisse Induktionsstrukturen wie bereits vorhandene Mikrotubuli oder eine spezielle Induktions-Organelle, das -Zentrosom, das in einer Zelle in der Einoder Mehrzahl auftreten kann. Am Zentrosom sind es ringförmige Bindungsorte aus γ-Tubulin, an denen der Polymerisationsprozess in Gang kommt. Voraussetzung für die Polymerbildung ist die Bindung von GTP an ein Tubulin-Dimer. Der Aufbauprozess fi ndet in einer Weise statt, dass sich die GTP enthaltenden Dimere so zu einer Protofi lament-Kette vereinigen, dass das β-Tubulin-Molekül in die Wachstumsrichtung zu liegen kommt (Plus-Ende), während das α-Tubulin am freien β-Tubulin der Wachstumskante andockt. Dreizehn solcher Protofi lament-Ketten lagern sich seitlich aneinander, so dass sich eine Röhre von 25 nm Durchmesser bildet. Da die αbzw. β-Tubulin -Moleküle benachbarter Ketten dabei in mäßiger Versetzung aneinander binden, entsteht der Eindruck einer Spiralstruktur. Ein Mikrotubulus ist somit ein polares Gebilde mit einer Wachstumsrichtung, dem Plus-Ende, und einer bevorzugten Abbaurichtung, dem Minus-Ende, die beide durch die Lagerung der Dimere in der Struktur vorgegeben sind (Abb. 74). Das GTP im Mikrotubulus wird laufend hydrolytisch zu GDP gespalten, womit die Bindungskräfte zwischen den Dimeren abnehmen. Solange am Plus-Ende Tubulin-Dimere mit GTP vorhanden sind, ist die Röhre stabil. Diese Situation wird einmal durch Wachstum gesichert, bei dem sich immer neue, GTP tragende Dimere anlagern. Eine andere Situation, welche den Zerfall eines Mikrotubulus verhindert, ist seine Verankerung an Zellstrukturen wie Organellen, Membranen oder Membranproteinen. Bildet sich aber aus irgend einem Grund am Plus-Ende GDP, so zerfällt der Mikrotubulus rasch in die Richtung des Minus-Endes. Mikrotubuli können so in Intervallen von mehreren Minuten auf-und abgebaut werden. Nach der Wiederbeladung mit GTP steht ein Dimer zum erneuten Einbau zur Verfügung. Eine Reihe von Steuersubstanzen ("MAPs", microtubule associated proteins) regelt den Aufbau und die Organisation der Mikrotubuli. Ein weiterer Steu-Abb. 73. Verschiedene Funktionen des Aktinomyosins. Ein Myosin-Molekül besteht aus einem globulärem Kopfteil mit ATPase-Eigenschaft und einem Schwanzteil, mit dem es sich an verschiedenen zellulären Strukturen anheften kann. Myosin gleitet unter ATP-Verbrauch auf einem Aktin-Filament vom Minus-zum Plusende. Wenn Myosin-Einzelmoleküle (Myosin I) an der Zellmembran befestigt sind, können sie an Aktin gebundene Rezeptoren in der Membran bewegen und positionieren (a). Der Schwanzteil kann auch Strukturen wie Makromoleküle oder Vesikel binden und entlang Aktin intrazellulär transportieren (b). Verbinden sich zwei Myosin-Moleküle zu dem Doppelmolekül Myosin II, werden Aktin-Filamente gegeneinander bewegt und bewirken eine Kontraktion des Aktinomyosin-Komplexes (c). erfaktor ist der Redox-Zustand im Zytoplasma, insbesondere des intrazellulären Puffers Glutathion. Ein hoher Anteil oxydierten Glutathions hemmt den Aufbau der Mikrotubuli, und vice versa. Vergleichbar mit dem Myosin des Aktinomyosin-Bewegungssystems sind dem Tubulussystem Motorproteine beigesellt, die sich entlang der Mikrotubuli bewegen und so Frachten transportieren können. Je nach der Bewegungsrichtung werden zwei Gruppen von Motorproteinen unterschieden Kinesine bewegen sich in Richtung des Plus-Endes Dyneine bewegen sich in Richtung des Minus-Endes eines Mikrotubulus. Die Motorproteine sind sich in ihrem Bauplan ähnlich. Wesentliche Merkmale sind --zwei globuläre Kopfstücke, die ATPase-Aktivität besitzen und durch Energie verbrauchende Änderung ihrer Haftorte am Mikrotubulus die Fortbewegung bewirken, und ein Schwanzstück, an das die zu transportierende Struktur gebunden wird. Die Beladung geschieht allerdings spezifi sch, so dass man eine beträchtliche Zahl solcher Transportproteine kennt, die sich in der Affi nität zu ihrer Fracht unterscheiden. Als Frachtstücke kommen etwa Vesikel, Sekretgranula oder Zellorganellen in Frage (Abb. 75). Mikrotubuli stellen die Verkehrsadern einer Zelle dar. Sie entlang werden Wirkstoffe an den Ort ihrer Aktivität transportiert, und durch sie werden Zellbestandteile in ihrer funktionell sinnvollen Position gehalten. Vom Zentrosom aus, das gewöhnlich in der Zellmitte angeordnet ist, können Mikrotubuli spontan in alle Richtungen der Zellperipherie wachsen. Finden sie keinen Anschluss an stabilisierende Strukturen, zerfallen sie wieder, um sich erneut zu bilden. Finden sie entsprechenden Halt, ist die Lebensdauer verlängert. Der Aufgabenbereich im einzelnen hängt vom Zelltyp ab. Im Abb. 74. Aufbau monomeren Tubulins zu Mikrotubuli. Mikrotubuli setzen sich aus Dimeren aus αund β-Tubulin zusammen (a). Die Dimere bilden zuerst Protofi lament-Ketten, von denen sich 13 ringförmig zusammen lagern, so dass sich eine Röhre von 25 nm Durchmesser bildet (b). Da die einzelnen Ketten in der Längsrichtung zueinander versetzt sind, entsteht der Eindruck einer spiraligen Anordnung (c). Die Wachstumsrichtung, in welcher der Anbau von neuen Dimeren erfolgt, liegt auf der Seite des freien β-Tubulins (Plus-Ende), während der Abbau bevorzugt von der Gegenseite (freies α-Tubulin, Minus-Ende) erfolgt. Auf diese Weise sind Mikrotubuli zu einem treadmilling fähig. Freies cytosolisches Kalzium ist der bestimmende second messenger für die Aktivitäten eines PMN und darüber hinaus generell von weißen Blutzellen und regelt auch den Aufbau und die Funktion des Cytoskeletts. Hohe cAMP-Spiegel fördern die Aufnahme von Ca ++ in die intrazellulären Vorratsspeicher und senken damit die Konzentration frei verfügbaren cytosolischen Ca ++ . Maßnahmen zur Anhebung des intrazellulären cAMP bewirken auf diese Weise eine Hemmung der Zellaktivität und werden therapeutisch zur Immunsuppression eingesetzt. Die Lähmung des Aktin-Umbaues ist Teil dieser Hemmwirkung (S. 45, Abb. 16). Dieser Fibrillentyp fi ndet sich in allen eukaryoten Zellen, ist aber zellspezifi sch ausgebildet und äußerst variabel. Im Gegensatz zu den Mikrotubuli und Mikrofilamenten ist für diese Proteinstrukturen charakteristisch, dass sie vorwiegend in polymerer, und kaum in monomerer Form auftreten. Typische Vertreter der Intermediärfi lamente sind z.B. das Keratingerüst in Epithelien, die Neurofi lamente und das Fasergerüst der Glia und der Sertoli-Zellen. Intermediär-Filamente dienen der mechanischen Festigkeit einer Zelle, deren Zytoplasma sie in statisch sinnvoller Anordnung durchziehen. Zumeist sind sie in den Desmosomen verankert. Eine Keratinfi brille etwa ist kabelartig aus mehreren Untereinheiten verdrillt, die zusammen einen Durchmesser von etwa 10 nm aufweisen. Zellkerne besitzen unter ihrer Oberfl äche ein fl ächenhaftes Stützgerüst, die Kernlamina. Im PMN treten Intermediärfilamente vom Vimentin-Typ auf, die ein lockeres Netzwerk in Kernnähe und im Schwanzteil migrierender Zellen bilden. Ihre Funktion ist unbekannt, mag aber auch Stützaufgaben übernehmen. Die Gesamtheit aller intrazellulärer fi brillärer Strukturen wird als Cytoskelett bezeichnet. Dieser Ausdruck ist insofern irreführend, da diese Strukturen, die In-termediärfi lamente ausgenommen, alles andere als ein festes "Skelett" bilden, sondern ausgesprochen fl üchtige Gebilde darstellen, die sich ständig und je nach Bedarfslage reorganisieren können. Die niedermolekularen Anteile des Cytoskeletts befi nden sich im Cytosol gelöst und können sich zu den hochmolekularen Strukturen des Cytoskeletts organisieren, man spricht auch von einem Übergang der Sol-Phase in die Gel-Phase. In einem inaktiven PMN sind etwa 30 bis 50% des Aktins in der polymeren F-Form vorhanden, das meiste davon im Zellkortex, und ebenso sind nur rund 50% des Tubulins zu Mikrotubuli aufgebaut. Bei einer chemotaktischen Aktivierung vergrößert sich der polymere Anteil im Kopfteil der migrierenden Zelle zu Lasten des niedermolekularen Anteils. Der Umbau des Aktin-Cytoskeletts eines PMN benötigt nur wenige Sekunden. Wesentlich ist auch, dass diese fi brillären Strukturen vielfach durch besondere Proteine, die Quervernetzungs-Proteine [cross-linking proteins] untereinander verbunden sind, von denen bereits eine beträchtliche Zahl charakterisiert werden konnte. Zusätzlich bestehen Verbindungen zu Zellmembranen, Membranen von Zellorganellen und Sekretgranula, die bei Bedarf gebildet und gelöst werden können. Neben funktionell bedingten intrazellulären Transporten und Verschiebungen wird auch die Lokalisierung der Organellen im Zellleib fi xiert und die Zellform beeinfl usst. Der Polymerisationsgrad des Cytoskeletts bestimmt die Viskosität von Zellbezirken und darüber hinaus der gesamten Zelle. Bei einer Granulaabgabe etwa muss das kortikale Aktin depolymerisiert werden, damit die Granulamembran in Kontakt mit der Zellmembran treten kann (Abb. 82). Im in-vitro Experiment führt die Depolymerisation des Zellkortex mit Cytochalasin B zu einer spontanen Degranulierung. Das Xanthinderivat Pentoxyphyllin führt über eine Steigerung des intrazellulären cAMP-Spiegels zu einer Zunahme der Sol-Phase des Cytoskeletts in zirkulierenden Leukozyten (S. 45, Abb. 16), was sie geschmeidiger macht und eine Verminderung ihres Widerstandes gegenüber Verformung in der Mikrozirkulation bewirkt (S. 148f). Das Medikament wird klinisch zur Verringerung des peripheren Druckwiderstandes eingesetzt. Das Cytosol ist nicht ideal fl üssig, sondern Proteine, allen voran nicht polymerisiertes G-Aktin, gehen untereinander schwache Bindungen ein und bilden fl üchtige fädige Strukturen. Manche Untersucher sprechen hier von einem mikrotrabekulären Netzwerk [microtrabecular lattice]. Dieses lockere Fadennetz verschafft dem Cytosol eine gewisse Zähfl üssigkeit, die mithilft, Zellorganellen in ihren Positionen zu halten. Die Bindungen lösen sich unter Scherstress aber auf, so dass sie Bewegungsvorgängen innerhalb der Zelle keinen nennenswerten Widerstand entgegen setzen ( Thixotropie). Die Aufgaben des Cytoskeletts lassen sich zu mehreren Funktionsbereichen zusammenfassen: Lokomotion, das ist Zellbewegung mit Ortsveränderung. Für die Bewegung weißer Blutzellen ist der Ausdruck Migration gebräuchlich. "On-spot motility": Die meisten Zellen sind zur Ortsveränderung nicht fähig, aber fast alle Zellen können sich insofern bewegen, als sie die Form des Zellleibes verändern und sich damit aktiv an ihre Umgebung anpassen. Zellviskosität, funktionelle Verteilung der intrazellulären Strukturen und Zellform. Intrazellulärer Transport von Material über größere Strecken, die durch Diffusion allein nicht bewältigt werden können, und funktionsgerechte Verteilung dieser Materialien. Vesikel-und Granulatransport. Beteiligung am Membranfl uss. Endocytose Im Vorderende des Lamellopodiums wird hochpolymeres F-Aktin aus Aktin-Oligomeren aufgebaut. Die Induktion zur Polymerisation geht von den besetzten Chemotaxin-Rezeptoren und haftenden Adhäsinen aus. Die entstehenden Aktinfäden werden durch Quervernetzungs-Proteine zu einem räumlichen Maschenwerk verwoben. Während an der Kante des Lamellopodiums die Aktinfäden an ihrem Vorderende (barbed end) verlängert werden, werden sie an ihrem Hinterende (pointed end) abgebaut, so dass das Aktingerüst bei etwa gleichbleibender Ausdehnung in der Bewegungsrichtung der Zelle wandert ( treadmilling, Abb. 76). Der Anteil des F-Aktins am Gesamt-Aktinpool kann je nach Funktionszustand des PMN zwischen 30 und 70% betragen. Dimeres Myosin II kann eine Verschiebung der Aktinfi lamente zueinander bewirken und so dem Lamellopodium zusätzlich Form verleihen. Zugleich mit den Aktin-Filamenten bilden sich Züge von Mikrotubuli aus, die sich vom Inneren der wandernden Zelle bis zum Kortex des Lamellopodiums erstrecken. Sie stellen fl exible Transportstraßen dar. Über diese Straßen werden Vesikel und Granula in den Kopfteil der wandernden Zelle verlagert und ein Lamellopodium mit Membranmaterial und Rezeptoren versorgt (Abb. 70). Nach heutiger Vorstellung spielen mehrere Faktoren beim Aufbau des Lamellopodiums und beim Zustandekommen einer gerichteten Bewegung zusammen. Durch das treadmilling schiebt sich das Aktingerüst in das Lamellopodium vor. Auch ein Verquellen gebildeten F-Aktins wird als Mitursache für eine Volumsvergrößerung diskutiert. Gleichzeitig wird im Bereich des Lamellopodiums durch den Membranfl uss das Membranmaterial vermehrt, so dass Cytoskelett und Cytoplasma in diesen sich ständig erweiternden Sack "hineinfl ießen". Mit den Sekretvesikeln und Granula werden an der Vorderkante des Lamellopodiums auch frische Rezeptoren und Adhäsine sowie Ionenkanäle eingebaut, die an diesem Stoffwechsel-intensiven Pol der Zelle die Empfangsbereitschaft für neue chemotaktische Reize und den Kontakt zu Strukturen der Umgebung aufrechterhalten. Darüber hinaus werden im Zuge des Membranfl usses eine Reihe zellulärer Signalstoffe freigesetzt. Durch die Aktivierung des Arachidonsäure-Metabolismus im Lamellopodium wird einerseits Lyso-Lecithin frei, das Membranfusionen erleichtert (S. 36), andererseits entstehen Metabolite wie LTB4 und PAF, die autokrine und parakrine Informationen an Nachbarzellen übermitteln. Sekretgranula extrudieren ihren Inhalt an lytischen Enzymen in die unmittelbare Umgebung Abb. 76. Der Aktin-Umbau als eine Grundlage der amöboiden Fortbewegung. Polymere F-Aktin-Filamente verlängern sich an der Vorderkante des Lamellopodiums durch Anbau oligomerer G-Aktin-Moleküle, während an der Gegenseite des Aktinfadens Oligomere abgekoppelt werden. Oligomere diffundieren durch das Aktin-Gerüst nach vorne zum Plus-Ende der Aktin-Filamente und stehen hier erneut zum Anbau zur Verfügung. Auf diese Weise wandert das Aktin-Cytoskelett in das Lamellopodium hinein ("treadmilling"). Sich verlängernde F-Aktin-Filamente gehen Bindungen mit den Rezeptoren und Adhäsinen ein, die durch den Membranfl uss an der Vorderkante des Lamellopodiums ständig ergänzt werden. Besetzung der Rezeptoren und Adhäsine mit Liganden verstärkt ihre Anbindung an das Cytoskelett. Darüber hinaus vernetzen sich F-Aktin-Filamente untereinander und mit zytoplasmatischen Strukturen, wodurch das Lamellopodium die nötige Form und Viskosität erhält. des sich ausweitenden Lamellopodiums, lockern damit Gewebsstrukturen auf und erleichtern so der Zelle ein Vorwärtskommen ( "enzymatisches Buschmesser"). Die bei der Membranfusion aktivierte NADPH-Oxydase unterstützt diese Wegbahnung durch die Bildung von ROS. Für die orientierte chemotaktische Bewegung ist die Beteiligung der Mikrotubuli unentbehrlich, während die Spontanbewegung auch bei blockierten Mikrotubuli (z.B. durch Colchizin) abläuft. Ein sich amöboid bewegender PMN ist mit einem Kettenfahrzeug vergleichbar, das in der Bewegungsrichtung Kettenmaterial auslegt und es am Hinterende wieder einzieht. ROS und Enzyme helfen Hindernisse zu beseitigen (Abb. 77). Mit der Rezeptorkonzentration und der Bildung fi brillärer Proteinstrukturen im Lamellopodium hat die Zelle eine eindeutige morphologische und funktionelle Orientierung erhalten. In diese Richtung konzentrieren sich alle Aktivitäten wie Migration, Phagozytose und Abgabe von Granula und ROS. Diese Polarisierung bedeutet aber keine fi xe Strukturveränderung einer Zelle, sondern ist ein reversibler Funktionszustand, der bei Bedarf verändert und neuen Verhältnissen angepasst werden kann. Bietet man z.B. experimentell einem PMN, der in-vitro in einem chemotaktischen Gradienten wandert, an seiner Hinterseite das Che-motaxin in höherer Konzentration an, so wendet die Zelle nicht etwa wie ein Fahrzeug, sondern an der Seite des nunmehr höheren Gradienten beginnt der Prozess der Polarisation von Neuem mit Rezeptorkonzentration, fi lamentösen Strukturen und Bildung eines Lamellopodiums, während die Strukturen des alten Kopfstücks aufgelöst werden. PMN und allgemein weiße Blutzellen, die in einem chemotaktischen Gradienten wandern, erfahren demnach mehrere einschneidende Änderungen ihres Verhaltens und ihrer Stoffwechselsituation. Polarisierung. Die Zelle bewegt sich mit ihrem vorderen Pol in Richtung der höheren Konzentration des Gradienten -positive Chemotaxis Steigerung des Stoffwechsels. Die Zelle erhöht ihr Bewegungstempo -positive Chemokinetik die Zelle entwickelt am vorderen Pol eine gesteigerte Reaktivität gegenüber Aktivierungsreizen -erhöhtes Priming Als Folge bewegt sich die Zelle orientiert und beschleunigt in Richtung des Zielobjekts und ist in erhöhter Bereitschaft, Schadmaterial anzugreifen und zu beseitigen. Bei der Wanderung eines PMN in einen chemotaktischen Gradienten hinein können folgende Situationen vorliegen: Wenn die Konzentration eines Chemotaxins eine kritische Schwelle nicht überschreitet, erreicht der migrierende PMN das Zentrum des chemotaktischen Gradienten, in dem das Chemotaxin in homogener Konzentration vorliegt, und bewegt sich hier ungerichtet. Da weiße Blutzellen zu keiner negativen Chemotaxis fähig sind, bleiben sie im Zentrum des Chemotaxins gefangen, bis sie auf Material stoßen, das sie phagozytieren (Abb. 64a). ---■ Ein wandernder PMN kann mit einem Bulldozer verglichen werden, der sich durch Auslegen seiner Ketten an der Vorderseite und dem Einziehen der Ketten an der Rückseite weiter bewegt. Die Fortbewegung wird durch Wegräumen von Hindernissen erleichtert. Wenn die Konzentration eines Chemotaxins einen maximalen Grenzwert überschreitet, wird die Zellbewegung gehemmt, wobei PMN einen Funktionszustand höheren Grades einnehmen: Sie gehen über hinaufregulierte Adhäsine Verbindungen mit benachbarten PMN ein, beginnen zu phagozytieren und Granula und ROS in die Umgebung freizusetzen. Für diese homotypische Adhäsion (Adhäsion unter Zellen des gleichen Typs) sind Verbindungen von β2-Integrinen (CD11a/CD18 und CD11b/CD18) zu ICAM3 und andere, noch nicht näher defi nierte Liganden verantwortlich (S. 153, 154; Tabelle 6 und 7). Der Vorgang wird als Aggregation bezeichnet. Die Verständigung der PMN untereinander, über welche diese Aktivierungsvorgänge gesteuert werden, geschieht vorwiegend über die von den PMN abgegebenen Mediatoren LTB4, PAF und IL8. Ist der Ausgangspunkt des Chemoattraktants etwa ein bakterieller Herd, so wird dieser Herd in einem Abstand, der durch die kritische Konzentration des chemotaktischen Reizes bestimmt wird, von aggregierenden PMN umgeben. Die Aggregate entstehen zunächst multizentrisch, vereinigen sich bei Fortschreiten zu einem geschlossenen Wall von Granulozyten, die ihre chemischen Wirkstoffe in das umschlossene Zentrum abgeben. Damit werden wesentliche Ziele erreicht: der Organismus wird von der entzündlichen Noxe abgeschirmt der umschlossene Bezirk wird mit der Noxe vernichtet In diesem abgegrenzten, "demarkierten" Bereich wird das geschädigte Gewebe mitsamt der auslösenden Noxe aus dem gesunden Organismus herausgetrennt, "sequestriert", und durch die Wirkung der freigesetzten Enzyme und ROS zerstört und aufgelöst. Der Gewebsdetritus füllt zusammen mit abgestorbenen PMN und gegebenen Falls getöteten Mikroor-■ --ganismen den Hohlraum als "Eiter". Ein entzündliche Prozess dieses Ablaufs wird als Abszess bezeichnet (Abb. 78). Von praktischer Bedeutung ist, dass dieser kritische Maximalwert, ab dem ein Chemotaxin die Chemotaxis hemmt, nicht konstant ist, sondern wiederum vom Primingzustand der Zellen abhängt. Wenn PMN bereits in der Blutbahn stark geprimt werden, ist die Chemotaxis dieses Kollektivs gehemmt, die Adhäsionsbereitschaft und chemische Aktivität dagegen gesteigert. In solchen Fällen emigriert ein PMN-Kollektiv verzögert, PMN heften sich dagegen vermehrt ans Endothel, bilden miteinander Aggregate (Abb. 79) und geben chemische Wirkstoffe im Gefäßbereich ab, die zu Abb. 78. Demarkation eines Entzündungsherdes und Abszessbildung. PMN wandern in Richtung des ansteigenden chemotaktischen Gradienten, bis sie einen kritischen Konzentrationsbereich des Gradienten erreichen, bei dem sie die Migration einstellen und untereinander Bindungen eingehen. Es bilden sich anfänglich multizentrische PMN-Aggregate, die sich schließlich zu einem geschlossenen Wall vereinigen können. Aggregierte PMN phagozytieren, degranulieren und geben reichlich Enzyme und ROS in das Zentrum des Entzündungsherdes ab, in dem Mikroorganismen getötet und geschädigtes Gewebe lytisch zerstört werden (Eiter). Nekrotisches Gewebe wird in gleicher Weise demarkiert und abgebaut. Während sich zentral gelegene PMN im Zuge ihrer Tätigkeit aufl ösen, wird der Granulozytenwall durch nachströmende Zellen von außen ergänzt. Schäden an gesunden Geweben und Organen führen. Diese schwerwiegenden Komplikation kennzeichnen das SIRS, ARDS und das MOF (S. 282). Die molekularbiologischen Vorgänge hinter diesen verschiedenen Aktivierungsniveaus von PMN, die über ein und denselben Rezeptor ausgelöst werden können, werden erst ansatzweise verstanden. Sicherlich spielen auch hier die Konzentrationen freien cytosolischen Ca ++ eine entscheidende Rolle. Während offenbar Kalzium aus den zelleigenen Speichern genügt, um niedrige Aktivierungsebenen wie Migration und Adhäsion zu ermöglichen, ist für die Erreichung eines hohen Aktivierungsgrades wie Degranulation und ROS-Produktion zusätzlich der Einstrom extrazellulären Kalziums notwendig. Die Abb. 91 gibt einen Überblick über die heutige Vorstellung der Zusammenhänge. Ein Phagozyt hat zwei Möglichkeiten, Schadmaterial mittels chemischer Wirkstoffe zu bekämpfen: durch Phagozytose, das ist die aktive Aufnahme fester Partikel von einer Mindestgröße von 0.2 µm Durchmesser in den Zellleib. Diese Größenordnung ist im Lichtmikroskop gerade noch sichtbar. Die Aufnahme fester Partikel unter der Sichtbarkeitsgrenze wird als Endozytose bezeichnet, die Aufnahme fl üssiger Stoffe als Pinozytose. Nach Einverleibung der Partikel erfolgt deren Abbau mittels chemischer Wirkstoffe. durch Degranulation, das ist die Abgabe chemischer Wirkstoffe in die Umgebung. Wenn ein Partikel für eine vollständige Aufnahme in den Zellleib zu groß ist, werden die Wirkstoffe nach außen abgegeben. Diese Abgabe kann dosiert in Form der Exozytose einzelner lysosomaler Granula erfolgen, oder auch massiv, indem die Zelle sich selbst zerstört und ihr gesamtes chemische Arsenal mit einem Schlag freisetzt. Allgemeines Phylogenetisch hat sich Phagozytose allem Anschein nach aus dem Fressakt von Einzellern entwickelt. In höheren Tieren ist die Fähigkeit zur Phagozytose in spezialisierten Zellen des Immunsystems ausgeprägt entwickelt (Fresszellen, Phagozyten). Der potenteste Phagozyt des Immunsystems ist der Makrophage, dessen Benennung diese besondere Fähigkeit hervorhebt. Aber auch PMN sind wirkungsvolle Phagozyten (gelegentlich als "Mikrophagen" bezeichnet). Wenn in der Fachliteratur von "Phagozyten" gesprochen wird, sind gewöhnlich diese beiden Zelltypen gemeint. Daneben sind noch ■ ■ Abb. 79. Aggregatbildung von PMN. Bei geeigneter Aktivierung gehen PMN untereinander über Adhäsine Bindungen ein, wobei sie sich breitfl ächig aneinander lagern. Diese Aggregatbildung ist am Ort der Entzündung eine Grundlage der Demarkation von geschädigtem Gewebe und ein wichtiger Mechanismus, den gesunden Organismus gegenüber seinen erkrankten Bereichen abzugrenzen. PMN-Aggregate können aber auch pathologisch werden, wenn sie sich bei Ausbreitung des Entzündungsprozesses auf das Gesamtsystem in der Blutbahn bilden, Störungen in der Mikrozirkulation hervorrufen und durch Wirkstoffabgabe (Elastase, ROS) toxisch werden. Gehen dagegen von einem Partikel chemotaktische Reize aus, sucht der Phagozyt die Quelle dieses Reizes orientiert und beschleunigt auf ( Chemotaxis und Chemokinetik, S. 160). Bei stärkeren Phagozytosereizen spielen immer chemotaktische Momente mit, da angeregte Phagozyten in solchen Fällen benachbarte Zellen zur Unterstützung herbeirufen. Dazu geben PMN bevorzugt die Chemotaxine LTB4, PAF und IL8 ab, über die weiter PMN angelockt werden. Vor der eigentlichen Phagozytose muss sich ein Partikel an den Phagozyten binden. Diese Bindung ist der Mechanismus, über den die Zelle ein Partikel erkennt und von Material unterscheidet, das nicht phagozytiert werden soll, und der den Phagozytosereiz auslöst. Eine Bindung kann über verschiedene Mechanismen erfolgen. Wenn ein Partikel von sich aus positiv geladen ist, haftet es elektrostatisch an ----der negativen Zellmembran des Phagozyten. Ungeladene Partikel können sich durch hydrophobe Bindung in die Zellmembran einlagern und eine Phagozytose auslösen. Ein spezifi sches Erkennen von Phagozytose-Objekten erfolgt über Oberfl ächenrezeptoren der Phagozyten, welche diese Objekte entweder direkt, oder indirekt binden. Immunkompetente Zellen besitzen genetisch festgelegte Rezeptortypen, die molekulare Oberfl ächenstrukturen von körperfremden Zellen, Zellprodukten oder auch von Scavengermaterial erkennen und binden (S. 215f, Tabelle 9). Entscheidend für den Erfolg einer solchen Differenzierung ist, dass die molekularen Erkennungsmuster auf gesunden, zu erhaltenden körpereigenen Zellen und Materialien nicht vorkommen. Geeignete Zielstrukturen auf Mikroorganismen sind spezifi sche, hochkonservierte Baubestandteile [ pathogen associated molecular patterns, PAMP], für die ein Phagozyt die passenden Rezeptoren besitzt [ pathogen recognition receptors, PRR]. Zu solchen Pathogen-spezifi schen Oberfl ächenmolekülen gehören: Mannose als charakteristisches Kohlenhydrat in Membranen von Mikroorganismen, Lipopolysaccharide (LPS) als Bausteine der Zellmembran gram-negativer Bakterien, Teichonsäuren [teichoic acid] und Peptidoglykane als Membranbausteine grampositiver Bakterien und Hefen, Flagellin und Pilin als Bestandteil des Bewegungsapparates mancher Pathogene, gewisse für bakterielle DNA typische Sequenzen (die nicht methylierte Cytosin-Guanin Sequenz), doppelt helikale RNA in Viren u. a. Zu dieser Gruppe von Rezeptoren gehören auch die Toll-like receptors (TLR), von denen beim Menschen bisher zehn gesichert sind. TLR sind phylogenetisch hoch konservierte Rezeptoren, die zuerst bei Drosophila festgestellt wurden und dort bei der Embryogenese und bei der Infektabwehr Aufgaben übernehmen. Sie sind als Homo-oder Heterodimere aktiv (Abb. 89) und induzieren in Phagozyten und anderen Zelltypen über NFkB die Synthese von Cytokinen und Wirkstoffen (Abb. 105) . Die Fähigkeit zur Unterscheidung mittels spezifi scher Rezeptoren hat sich im Zuge einer langen evolutionären Anpassung und Bewährung entwickelt. Neben dem Reiz zur Phagozytose können PRR auch oder zusätzlich weitere Zellaktivitäten ermöglichen oder die Freisetzung von Cytokinen und Wachstumsfaktoren aus Phagozyten stimulieren. Neben der Fähigkeit von Phagozyten, Schadmaterial direkt an molekularen Oberfl ächenmerkmalen zu erkennen, bestehen Einrichtungen, über die der Organismus selbst Zellen und Partikel für die Phagozytose markiert. Diese körpereigenen Markermoleküle nennt man Opsonine, der Vorgang der Markierung wird als Opsonisation bezeichnet. Phagozyten besitzen für Opsonine Rezeptoren, über die Zellaktivierungen und Phagozytose in Gang gesetzt werden. Ein Teil der Opsonine oder ihrer Vorstufen wird während der Akutphase Reaktion vermehrt gebildet, systemisch auf dem Blutweg verbreitet und über das entzündliche Ödem im Entzündungsherd angereichert. Opsonine entstammen unterschiedlichen humoralen Systemen: Complementsystem: Die Opsonine C3b und C3bi können dem Klassischen wie dem Alternativen Aktivierungsweg entstammen. Bindungspartner an Phagozyten sind der C3b-Rezeptor (CR1, CD 35), CD11b/CD18 und CD11c/CD18 (S. 95, Tabelle 4). Spezifi sches Immunsystem: Der Fc-Teil von IgG und IgM wird von mehreren Fc-Rezeptoren erkannt. (Tabelle 10, S. 217). Die Opsonine des Complementsystems und der Immunglobuline potenzieren sich in ihrer Wirkung (Abb. 35). Aktive PMN beziehen ihre Energie in erster Linie aus der energetisch ungünstigen anaeroben Glykolyse. Die Glukose dazu stammt fast ausschließlich aus den intrazellulären Glykogenreserven (S. 141). Bei der anaeroben Glykolyse anfallende Milchsäure wird in die Umgebung der Zelle freigesetzt. Die Elektronen, die für die Bildung von ROS benötigten werden, stammen letztendlich aus dem Pentosephosphat-Shunt, also ebenfalls aus dem Glukose-Abbau. Die Folge ist, dass bei dem hohen Bedarf und dem unrationellen Umgang mit Energie die Glykogenreserven bald erschöpft sind, was die Lebensdauer aktiver PMN stark begrenzt. Der bei Phagozytosevorgängen schlagartig einsetzende massive Sauerstoffbedarf zur Synthese von ROS wird als oxidative burst bezeichnet (S. 192). Der daneben häufi g verwendete Ausdruck respiratory burst ist irreführend, da der Sauerstoff nicht für die Zellatmung (aerobe Glykolyse) verwendet wird. Der nötige molekulare Sauerstoff wird aus der Umgebung abgezogen. Im Gegensatz zum PMN sind Makrophagen auch in der Lage, Glucose aerob zu verwerten (S. 214). Eine Degranulation geringen Umfangs fi ndet bereits bei der spontanen und chemotaktischen Bewegung eines PMN statt. Die lysosomalen Membranen dienen dabei der Vergrößerung der Zelloberfl äche bei der Bildung des Lamellopodiums (S. 166f) und begünstigen die Verformbarkeit der Zelle. Freigesetzte Enzyme und ROS helfen einen Weg bahnen (S. 176f). Die Freisetzung der Gra--nula und Vesikel erfolgt kontrolliert unter Einbeziehung des Cytoskeletts (Abb. 70). Bei Kontakt mit Partikeln, die für eine Phagozytose zu groß sind ( "Frustrierte Phagozytose" Abb. 81), oder auch bei Einwirkung starker nicht partikulärer Reize wird der Inhalt lysosomaler Granula nach außen abgegeben. Der Transport der Granula an die Zelloberfl äche erfolgt Kinesin-vermittelt entlang von Mikrotubuli (S. 173). Das kortikale Aktingerüst bildet jedoch eine Barriere, die eine Fusion der Granulamembran mit der Zellmembran und damit eine Exozytose verhindert; es wird daher an der kritischen Stelle depolymerisiert (Abb. 82). Diese kontrollierte Abgabe von Granula kann bei starken Reizen in eine unkontrollierte Form übergehen, bei der schließlich eine Zelle in einem Zug ihr gesamtes chemisches Arsenal freisetzt. Die dabei massiv produzierten ROS können nicht mehr ausreichend durch die zelleigenen Antioxydantien neutralisiert werden (S. 191) und zerstören zelleigene Membranen durch Peroxydation des Lipidanteils. Ge-bildete ROS und der gesamte Enzymbestand werden schlagartig in das Umfeld abgegeben und kommen konzentriert zur Wirkung. Die Selbstzerstörung ist charakteristisch für die Arbeitsweise von PMN und stellt die intensivste Form ihrer Aktivität dar. In-vitro kann durch Wirksubstanzen, die eine Depolymerisation des kortikalen Aktin-Cytoskeletts herbeiführen wie z.B. Cytochalasine, eine massive Degranulation ausgelöst werden. Bei einem entzündlichen Prozess in-vivo laufen die verschiedenen Aktivierungsphasen von Entzündungszellen parallel nebeneinander ab. Der Granulozytenwall um einen Entzündungsherd wird peripher ständig durch neu ankommende PMN ergänzt, die zunächst aggregieren und fest aneinander schließen und so eine Demarkationsschicht bilden, weiter zum Zentrum jedoch phagozytieren und schließlich unter Selbstzerstörung degranulieren und ROS freisetzen (Abb. 78). Die Lebensdauer maximal aktivierter PMN ist extrem verkürzt und bewegt sich im Bereich von Minuten (S. 198). Im Zentrum eines solchen von einem Granulozytenwall umschlossenen Entzündungsherdes ( Abszess) bauen Enzyme Gewebe ab, wodurch die Zahl kleiner, osmotisch aktiver Bruchstücke stark zunimmt, die in diesem Hohlraum einen beträchtlichen osmotischen Druck aufbauen können. Die Druckentlastung erfolgt in die Richtung des geringsten Widerstandes. Daher entleeren sich Abszesse häufi g spontan auf äußere und innere Oberfl ächen, was den Heilungsverlauf meist begünstigt. Als Therapie wird die Entleerung chirurgisch durch "Spaltung" des Abszesses unterstützt. Bei der Chronischen Polyarthritis setzen AG-AK -Komplexe einen Immunprozess in Gang, in dessen Verlauf überaktivierte Phagozyten mittels ihrer Wirkstoffe den Gelenksknorpel schädigen. Von --■ aktivierten Makrophagen abgegebene Cytokine (IL1, TNFα) stimulieren Chondrozyten und Osteoklasten zum Knorpelund Knochenabbau (S. 108). Bei der Gicht lösen im Gelenksbereich abgelagerte Uratkristalle heftige Entzündungsvorgänge aus, in deren Verlauf vorwiegend überaktivierte PMN den Gelenksknorpel arrodieren und zerstören (S. 193). Bei verschiedenen Vaskulitiden schädigen in der Blutbahn aktivierte PMN und Monozyten Endothel und Gefäßwand (S. 278ff). Ständig im Zuge einer chronisch-obstruktiven Bronchitis einwirkende entzündliche Reize halten die Phagozyten der Atemwege im Zustand einer andauernden Aktivierung, was schlussendlich zu einer Zerstörung der Wände der Bronchien und Bronchiolen und zu Bronchiektasien, Stenosen und Lungenemphysem führt (S. 293f). Chemotaktische Bewegung, Phagozytose und Granulaabgabe hängen von einem funktionstüchtigem Cytoskelett ab. Überstürzte Aktivitäten von PMN bei Gicht und Familiärem Mittelmeerfi eber Abb. 82. Degranulation. Sekretgranula werden entlang Mikrotubuli zur Zelloberfl äche transportiert (1). Das kortikale Aktingerüst wird lokal depolymerisiert, so dass die Granulamembran mit der Zellmembran fusionieren kann (2). Die Granulamembran wird mit den enthaltenen Adhäsinen, Rezeptoren und Ionenkanälen in die Zellmembran integriert, der Granulainhalt nach außen gestülpt (3). Der Granulainhalt löst sich und diffundiert in die Umgebung (4). können durch Colchizin eingedämmt werden (S. 258). Wegen der geringen therapeutischen Breite wird Colchizin üblicherweise in niederer Dosierung mit anderen Antiphlogistika kombiniert. Glucocorticoide greifen auf verschiedenen Ebenen in Immunreaktionen ein (S. 251f). Über eine verstärkte Expression von Lipocortin hemmen sie die Aktivität der Phospholipasen A2 und als Folge die Bildung von Lysolecithin und AA. Vermutlich werden auf diesem Weg Membranfusionen bei Phagozytose und Exozytose erschwert. Die verringerte Bildung lipogener Mediatoren (LTB4, PAF) schränkt die parakrine Stimulation von Phagozyten ein. NFkB-vermittelte Synthesen werden blockiert (Abb. 105). Glucocorticoide in hohen Dosen senken unspezifi sch die Membranfl uidität und hemmen damit die Zellaktivität (Abb. 104). Aktivierte PMN gewinnen ihre Energie zur Bewegung, Phagozytose und Granulaabgabe in erster Linie aus der anaeroben Glykolyse, deren Endprodukt Milchsäure in die Umgebung abgegeben wird und zur Gewebssäuerung beiträgt. Die Glukose stammt vorwiegend aus den endogenen Glykogenreserven, die der PMN zur Gänze während seiner Reifung im Knochenmark speichert (S. 141). Der Glykogenanteil beträgt 1 bis 2% des Nassgewichtes eines PMN, das entspricht etwa dem Gehalt in Leberzellen. Die Verwertung von Glykogen ist vorteilhaft, da bei der Phosphorolyse des Glykogens Glukosephosphat direkt durch Bindung an anorganisches Phosphat entsteht, also ATP gespart wird. Dagegen ist die anaerobe Glykolyse eine äußerst unrationelle Form der Energiegewinnung. Im Vergleich zum aeroben Weg, der 38 Mol ATP aus einem Mol Glukose liefert, werden anaerob nur 2 Mol ATP gewonnen. Daher sind bei gesteigerter Aktivität diese Reserven bald aufgezehrt und die Zelle geht zu Grunde (S. 198). Die Unabhängigkeit vom Sauerstoff hat hingegen den Vorteil, dass PMN in schlecht mit Blut versorgten, "sequestrierten" Entzündungsherden ihre Energieversorgung aufrecht erhalten können. Molekularer Sauerstoff ist andrerseits zur Herstellung von ROS unentbehrlich (S. 187). Der Glykogengehalt eines PMN kann situationsbedingt schwanken. Der Gehalt ist bei Infekten erhöht, bei manchen Leukämien und auch bei Diabetes mellitus dagegen verringert. Manche erbliche Glykogendefekte betreffen auch das Glykogen der PMN und können an ihnen nachgewiesen werden. Gegenüber der anaeroben Glykolyse treten andere Möglichkeiten der Energiegewinnung weit zurück. Die aerobe Glykolyse ist mit einem Anteil von rund 2% bedeutungslos. Exogen aufgenommene Glukose und Fruktose können über eine Hexokinase verwertet werden. Dieser Weg ist nur in PMN niederen Aktivierungsgrades von Bedeutung. Desgleichen werden Fettsäuren nur wenig genutzt. Die mangelhafte Ausstattung mit Enzymen der oxydativen Energiegewinnung (Citratzyklus, Atmungskette, β-Oxydation langkettiger Fettsäuren) manifestiert sich im spärlichen Auftreten der Trägerorganelle Mitochondrium. Der hohe Sauerstoffbedarf der PMN im Rahmen von Entzündungen dient fast ausschließlich der Bildung von ROS (S. 192). Glykosidasen, wie Glucuronidasen, Galaktosidase und Glukosaminidasen spalten Glykosaminoglykane und Proteoglykane der Grundsubstanz und in bakteriellen Schutzhüllen. Sie sind bei Scavengeraufgaben und in der Keimabwehr tätig. Die pH-Optima der meisten von ihnen liegen im beträchtlich sauren Bereich von 4.5 bis 5. Lysozym ist eine Muramidase, die Muraminsäure-Glykoside der Bakterienwand spaltet. Außer in den Granula von Phagozyten kommt Lysozym auch frei im Speichel, in der Tränenfl üssigkeit und Laktoferrin bindet Eisen und entzieht so Bakterien einen wichtigen Wachstumsfaktor. Auch kann es selbst Mikroorganismen binden und dem Immunsystem zugänglich machen (Opsonin-Wirkung). Im Komplex mit Laktoferrin ist Eisen nicht mehr als Elektronenüberträger wirksam und katalysiert nicht mehr die Bildung von OH • . So ist Laktoferrin indirekt als Antioxydans aktiv. Ein Molekül Laktoferrin kann bis zu sechs Eisenionen binden, die wieder an Transferrin und weiter an Zellen des RES abgegeben werden können, wo sie als Ferritin gespeichert werden (S. 192) . Laktoferrin ist auch in vielen Drüsensekreten und besonders reichlich in der Milch vorhanden; daher der Name. Granulamembranen der PMN enthalten auch Reserven an Oberfl ächenproteinen und Adhäsinen, die bei der Exozytose der Zellmembran einverleibt werden. Einige gut studierte und bekannte dieser Membranproteine sind in Tabelle 8 angeführt. Ihre Bedeutung im einzelnen wird in den jeweiligen Sachkapiteln besprochen. Der PMN ist ein "Ein-Weg-Artikel", der produziert und im Zuge seiner Tätigkeit "verbraucht" wird. Seine Lebenserwartung im Entzündungsherd hängt einmal von seiner Aktivierung ab. Stoffwechselaktive PMN brauchen je nach Aktivierungsgrad mehr oder weniger schnell ihren Glykogenvorrat auf. Sie sind dann nicht mehr in der Lage, das nötige ATP für die K-Na-Pumpe bereitzustellen und zerfallen osmolytisch. Bei sehr starker Stimulation, wie sie etwa durch Cytokine, aktivierte Mediatoren oder Bakterientoxine ausgelöst wird, zerstören sich PMN mit selbst produzierten ROS und entlassen dabei schlagartig ihr gesamtes chemisches Potential in die Umgebung. Dieses "Selbstmordkommando" ist die intensivste Form einer Wirkungsentfaltung von PMN. Die Lebensdauer im Gewebe ist dabei drastisch verkürzt und bewegt sich im Bereich von wenigen Minuten. Am Ende der perakuten Phase, mit dem Rückgang eines Entzündungsprozesses erhöht sich die Lebensdauer der PMN beträchtlich, da eine Auto-Peroxydation und Phagozytosetätigkeit, welche ihre Lebensdauer drastisch verkürzt, immer mehr zurücktritt. In dieser Phase der Entzündung wird die Lebenserwartung eines PMN von der Apoptose bestimmt, die eine wichtige Rolle bei der Regression und Lösung des Entzündungsprozesses einnimmt. Ein mit antiapoptotischen Faktoren angereichertes Milieu kann jedoch die Apoptose hinauszögern, verändert PMN auch phänotypisch und macht sie zu Zellen, die regulierend auf den Entzündungsablauf einwirken (S. 204f). Mit der Abgabe von IL-12 sind solche PMN auch in der Lage, die spezifi sche Immunität zu beeinfl ussen (S. 110). An einem Tiermodell konnten folgende Daten erhoben werden: PMN erreichten im Entzündungsherd am Höhepunkt eines akuten entzündlichen Prozesses 6 Stunden nach Setzen einer Noxe eine Lebensspanne von 20 Minuten, nach der sie sich durch Peroxydation ihrer eigenen Membranen aufl östen. Mit dem weiteren Verlauf des Entzündungsvorganges verlängerte sich die Lebensdauer auf Reife PMN stellen nicht nur Speicher für präformierte, im Knochenmark gebildete Wirkstoffe und Oberfl ächenstruktu-Abb. 90. Signalübermittlung durch G-Protein -gekoppelte Rezeptoren. Ein Rezeptor diesen Typs ist eine Proteinkette, die aus der extrazellulären Bindungsstelle für den Liganden, sieben transmembranösen Schleifen und einem intrazellulären Teil mit der Koppelungsstelle für das G-Protein besteht (1). Das hetero-trimere G-Protein ist aus den drei Untereinheiten α, β und γ zusammengesetzt und enthält Guanosin-Diphosphat (GDP) gebunden. Bei Besetzung mit einem Liganden entwickelt der intrazelluläre Teil des Rezeptors durch Konfi gurationsänderung Affi nität zum G-Protein -Komplex und bindet ihn (2). Am Rezeptor-gebundenen G-Protein wird GDP gegen Guanosin-Triphosphat (GTP) ausgetauscht (3). Damit dissoziiert das G-Protein vom Rezeptor, zerfällt in einen α und einen β-γ -Komplex, die beide entlang der Membran zu Bindungspartnern (Enzyme, Ionenkanäle etc.) diffundieren (4) und diese durch Bindung aktivieren oder, abhängig vom Typ des G-Proteins, auch deaktivieren. Solange ein Rezeptor an den Liganden gebunden ist, kann er erneut G-Proteine binden und Signale aufrecht erhalten (5). Nach wenigen Sekunden wird GTP durch eine GTP-ase zu GDP hydrolysiert. Dadurch koppelt sich die α-Untereinheit des G-Proteins vom Bindungspartner ab und vereinigt sich mit den β-γ-Dimeren. Nach Dissoziation des Liganden vom Rezeptor ist die Ausgangslage wieder hergestellt (6). (1) G-Protein -gekoppelte Rezeptoren aktivieren Phospholipasen vom Typ C (PLC), die das Phosphatidyl-Inositol (PI) der Zellmembran über Phosphatidyl-Inositol-Diphosphat (PIP2) in Inosin-Triphosphat (IP3) und Diacyl-Glycerol (DAG) spalten. IP3 aktiviert die Freisetzung von Ca ++ aus intrazellulären Ca ++ -Speichern (Calciosomen), wodurch die Proteinkinasen C (PKC) aktiviert werden, die eine Reihe von zellulären Effekten in Gang setzen. DAG verstärkt die Wirkung von cytosolischem Ca ++ auf die PKC. Hohe intrazelluläre Konzentrationen von zyklischem Adenosin-Monophosphat (cAMP) fördern den Rückstrom von Ca ++ in die Speicher, senken damit cytosolisches Ca ++ und dämpfen so Zellaktivitäten. (2) DAG kann auch auf dem weniger gut studierten Weg über die monomeren low-molecular weight G-proteins (LMW-GP) entstehen, welche die Phospholipasen D (PLD) aktivieren, die wiederum DAG aus Phosphatidyl-Cholin (PCh) herausspalten. (3) Zur vollen Aktivierung von PMN-Leistungen (Degranulation, ROS-Produktion) ist jedoch zusätzlich Ca ++ durch Einstrom aus dem Extrazellulärraum nötig. Die erforderliche Öffnung der Kalzium-Kanäle ist zeitlich gegenüber der intrazellulären Ca ++ -Freisetzung verzögert. Der Einstrom von extrazellulärem Ca ++ erhöht sich bei leeren intrazellulären Kalziumspeichern. (4) Es werden noch weitere Aktivierungswege postuliert. Sinn eines "positiven Primings" eingesetzt. Sinngemäß gibt es auch ein "negatives Priming", das heißt eine Reaktivität unter derjenigen einer Zelle im Normalzustand, wie sie z.B. unter dem Einfl uss immunsuppressiver Therapien oder endogener Entzündungs-Inhibitoren auftritt. Im wissenschaftlichen Schrifttum wird jedoch zumeist der Ausdruck "negatives Priming" vermieden und man gebraucht Wendungen wie "mangelhaftes Priming" oder "herabgesetzte Reaktivität". Manche der molekularbiologischen Vorgänge, die zum Priming führen, sind recht gut erfasst, andere wieder werden nur wenig oder gar nicht verstanden. Systematisch gut brauchbar ist die Einteilung in Kurzzeit-und Langzeit-Priming, da diesen beiden Reaktionsformen verschiedene molekularbiologische Voraussetzungen zugrunde liegen. Beim Kurzzeit-Priming werden bereits vorhandene zelluläre Einrichtungen aktiviert, während beim Langzeit-Priming die nötigen Einrichtungen erst synthetisiert werden müssen. Bei Trotz der reichlichen Ausstattung mit gut ausgebildeten Mitochondrien wird Glukose fast ausschließlich anaerob metabolisiert. Zur Energiegewinnung werden auch Fettsäuren herangezogen. Die Enzyme des Pentosephosphat-Zyklus, die NADPH-Oxydase und eine Peroxydase sind reichlich vorhanden und aktiv. Der EG ist die Zelle mit der intensivsten ROS-Produktion. Der Golgi-Apparat ist gut entwickelt. Im Gegensatz zum PMN sind EG in der Lage, auch noch nach abgeschlossener Reifungsphase im Knochenmark weiter Granula zu produzieren. Immunkomplexe werden rasch phagozytiert; durch deren Beseitigung wirken EG entzündungshemmend. Im Vergleich mit PMN werden Bakterien weit weniger begierig aufgenommen, auch ist die bakterizide Wirkung wesentlich geringer. Das chemische Potential, nämlich basische Proteine und ROS, ist in erster Linie gegen das Hauptzielobjekt der EG, einund mehrzellige Parasiten, gerichtet. Das physiologische Einsatzgebiet der EG umfasst zwei gegensätzliche Bereiche: Ein Teil der Leistungen des EG ist dem körpereigenen entzündungshemmenden System zuzurechnen. Durch seine Ausstattung mit Histaminase, MAO, Kininase I und Arylsulfatase B ist der EG in der Lage, die Enzündungsmediatoren Histamin, Serotonin, Bradykinin und Cysteinyl-LT abzubauen. Durch die Phagozytose von Immunkomplexen schränkt der EG Immunreaktionen und die Aktivierung der zugehörigen infl ammatorischen Hilfssysteme ein. Über die reichlich enthaltene 15-LOX werden die antiinfl ammatorischen Lipoxine synthetisiert (S. 60). Mittels einer Reihe von Kollagenasen bauen EG provisorisch gebildetes TypI-Kollagen in jungen Narben ab, um so für defi nitives, funktionell angeordnetes TypIII-Kollagen Platz zu machen (S. 225f). EG sind damit an der Kontrolle der Entzündungsreaktion und am Heilungsvorgang aktiv beteiligt. Diesen --Aufgaben entsprechend treten EG vermehrt während der Phase der Fibroblastenvermehrung und Kollagenbildung in den entstehenden Narben auf. Ebenso ist das Ende von infektiösen Erkrankungen häufi g durch eine mäßige Bluteosinophilie gekennzeichnet. Dieses Symptom eines abklingenden entzündlichen Prozesses wird und wurde als prognostisch günstig interpretiert und mit dem blumigen Ausdruck "Morgenröte der Entzündung" bedacht. Bei einem Anteil der EG an den weißen Blutzellen von über 8% liegt eine Eosinophilie vor, über deren Herkunft sich der behandelnde Arzt Gedanken machen muss. Im europäischen Bereich reihen sich die auslösenden Ursachen nach Häufi gkeit: Bei der spärlichen Ausstattung mit Wirkstoffen kann vom BG keine bedeutende Rolle bei der Keimabwehr erwartet werden. Die Aufgaben scheinen eher auf dem regulativen Sektor zu liegen. Der Besatz an Fcε-Rezeptoren und der Gehalt an Histamin rücken den BG in die Nähe der anaphylaktischen Reaktionen. Tatsächlich weisen Atopiker eine höhere Zahl an zirkulierenden BG auf, und die Histamin-Entspeicherung bei anaphylaktischen Reaktionen ist nachgewiesen. Bei dem spärlichen Auftreten der BG ist es jedoch fraglich, ob solche Aktivitäten neben der enormen Überzahl der funktionell gleichgerichteten Mastzellen quantitativ überhaupt ins Gewicht fallen. So bleibt es offen, in welchem Ausmaß BG zum Blut-Histaminspiegel beitragen. Manche Untersucher machen Wirkungsbereiche außerhalb entzündlicher Vorgänge geltend. Freigesetzte Glykosaminoglykane sollen die Heparin-induzierbare Lipoprotein-Lipase im Endothel des Skelettmuskels aktivieren und so den BG in den Lipid-Stoffwechsel einbinden. Ein Anstieg der Zahl zirkulierender BG wird bei anaphylaktischen Reaktionen und gelegentlich bei Myxödem festgestellt. Im übrigen weiß man über diesen Zelltyp recht wenig. Das spärliche Auftreten macht ein Studium äußerst schwierig und schreckt potentielle Untersucher ab. Das geringe vorhandene Wissen wurde an leukämischen BG gewonnen, die in großer Zahl im Blut auftreten können. Wieweit solche Ergebnisse auf gesunde Verhältnisse übertragen werden können, bleibt dahingestellt. Monozyten und Makrophagen sind Angehörige der myeloischen Reihe weißer Blutzellen. Der Monozyt stellt die noch unreife, im Blut zirkulierende Form dieses Zelltyps dar, der sich in Geweben weiter differenzieren und zum Makrophagen spezialisieren kann. Die Entwicklung des Monozyten trennt sich von der mit den Granulozyten gemeinsamen Ahnenreihe auf der Stufe der weißen myeloischen Stammzelle (Abb. 49). Über die Reifungsstadien Monoblast, Promonozyt entsteht der Monozyt, der das Knochenmark verlässt und auf dem Blutweg in die Gewebe des Organismus gelangt. In dieser Phase misst er als "Blut-Monozyt" 8 bis 10 µm im Durchmesser und stellt 2 bis 12% der zirkulierenden weißen Blutzellen. Nach seiner Emigration aus der Blutbahn siedelt er sich in allen Geweben des Organismus an und differenziert sich zu den Formen des Makrophagen mit unterschiedlichem Aussehen und Funktionen (Abb. 95). Dabei lassen sich zwei grundsätzlich verschiedene Aufgabenbereiche trennen: Allen Makrophagen gemeinsam ist die ausgeprägte Fähigkeit zur Phagozytose, wobei erstaunlich große Partikel aufgenommen werden können, was diesem Zelltyp zu seinem Namen "Groß-Fresser" verholfen hat. Gewebsmakrophagen in Hämatomen etwa phagozytieren Makrophagen nehmen im spezifi schen Immungeschehen Schlüsselpositionen ein. Die spezifi sche Immunantwort beginnt bei Makrophagen mit der Antigenpräsentation, und mit der Phagozytose der AG-AK-Komplexe schließen Makrophagen eine Immunreaktion ab. Über Einzelheiten dazu berichtet eine umfangreiche Literatur. Bei Erstkontakt mit einem potentiellen Antigen bereiten Makrophagen das Antigen auf und initiieren die Immunantwort (Abb. 111a). Bei wiederholtem Kontakt mit dem Antigen verstärken Makrophagen die von den Gedächtniszellen ausgehende Immunantwort. Makrophagen sind Produzenten einer langen Reihe von Modulatoren der spezifi schen wie auch unspezifi schen Immunantwort. Neben Cytokinen setzen sie auch Wachstumsfaktoren, Komponenten des Complementsystems sowie Inhibitorsubstanzen frei, welche die spezifi sche Immunreaktion steuern können. Eine Reihe von Erregern häufi ger, für den Träger bedrohliche Erkrankungen Die Gesamtheit der Endothelzellen, das Gefäßendothel, kleidet als bis auf wenige Ausnahmen einschichtiges Plattenepithel das Blutgefäßsystem aus. Die vom Gefäßendothel bedeckten Flächen sind gewaltig. Für die innere Oberfl äche der Arterien werden etwa 30 m 2 , für die der Venen 90 m 2 , und für die Kapillaren 600 m 2 angegeben. Das Gesamtgewicht des Gefäßendothels beträgt etwa 1.5 kg. Dazu bedeckt Endothel auch die Innenfl ächen des Lymphgefäßsystems. Das Bindegewebe mit seinen Einrichtungen ist der eigentliche Bereich, in dem die entzündlichen Abwehrvorgänge ablaufen. Vergleicht man in einem häufi g verwendeten Bild eine Entzündung als kriegerische Auseinandersetzung mit dem "Feind pathogener Keim", so entspricht das Blut den Transport-und Versorgungswegen, während der extravasale Gewebsbereich das Aufmarschgebiet und Schlachtfeld darstellt. Beschädigtes Kriegsgut und Feindmaterial werden über den Lymphweg abtransportiert und in den Lymphknoten gesichtet. Der Vergleich ist insofern nicht zutreffend, als die Gefäße und das anliegende Bindegewebe keine passive, bloß erduldende Umgebung darstellen, sondern als aktive Teilnehmer in den Entzündungsprozess involviert sind. Für die Gestaltung der Bindegewebsmatrix ist in erster Linie der Fibroblast verantwortlich, obwohl auch glatte Muskelzellen, Epithelien, Gefäßendothel und Parenchymzellen in der Lage sind, Matrixmaterial herzustellen. Die Form des Fibroblasten ist gewöhnlich langgezogen oder sternförmig mit mehr oder weniger langen Fortsätzen. Da sich die Zelle der Umgebung anpasst, kann die Gestalt gewebsspezifi sch stark variieren. Der Kern sitzt in der Zellmitte und ist länglich-walzenförmig. Das raue Endoplasmatische Retikulum ist reichlich entwickelt und weist auf die rege Proteinsynthese der Zelle hin. Der Golgi-Apparat ist gut ausgeprägt. Mitochondrien sind wenig zahlreich, aber groß. Einziehungen an der Oberfl äche und pinozytotische Vesikel sind Ausdruck einer regen Stoffaufnahme. Der Fibroblast in Stoffwechselruhe wird als Fibrozyt bezeichnet. Die weitgehende Einschmelzung der zytoplasmatischen Organellen und der Wasserverlust machen die Zelle dünn-spindelförmig und unscheinbar. Integrine sind Adhäsine, mit denen verschiedene Zelltypen ausgestattet sind. Die heterodimeren Strukturen bestehen aus α und β Untereinheiten, die nichtkovalent miteinander verbunden sind. Neben ihrer Haftfunktion steuern Integrine auch Wachstum, Differenzierung, Motilität, Zellorientierung und Zellpolarität. Integrine aus β1 + α Untereinheiten dienen vorwiegend als Rezeptoren für die Verbindung von Zellen mit extrazellulärer Matrix, aber auch von Zellen untereinander. β2 + α -Integrine fi nden sich nur auf Leukozyten und vermitteln Zell zu Zell-Verbindungen (S. 151ff, Tabelle 6). Integrine mit Beteiligung von β3 Untereinheiten sind komplex gebaut. Die bisher festgestellten acht verschiedenen βund 16 α-Untereinheiten ergeben eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten mit spezifi schen Funktionen. Der Fibroblast trägt Integrine des β1 und β3 -Typs, die wesentlich sein Verhalten steuern. Neben Vermehrung, Differenzierung und Spezialisierung werden Migration, Adhäsion an bestimmten Strukturen, Zellform und Matrixauf-und -abbau beeinfl usst. Form-und Größenänderungen während des Wachstums wie auch Ab-und Umbauvorgänge während Entzündungsund Heilungsprozessen erfordern eine Neuordnung bindegewebiger Strukturen. Bei diesen Vorgängen nehmen Matrix-Metalloproteasen und Serinproteasen eine zentrale Stellung ein. Der Anstoß zur Wundheilung geht bereits vom Gefäßendothel und von Thrombozyten aus, die im Bereich der Läsion aktiviert werden. In geschädigten Blutgefäßen gibt das Endothel innerhalb von Sekunden nach der Noxe TXA2 und PAF ab (S. 42, 63) , welche die Bildung des Plättchenthrombus anregen. TXA2 ist überdies ein starker Vasokonstriktor. Vasokonstriktion und Plättchenthrombus sind die am frühesten einsetzenden Maßnahmen der Blutungsstillung ( Hämostase). Die intrinsische Blutgerinnung mit Fibrinbildung folgt erst in einem zweiten Schritt (Abb. 101). Auch nicht mechanische, wie z.B. chemische oder thermische Noxen lösen im Prinzip dieselbe Kettenreaktion aus. TXA2, PAF und NAP-2 (S. 114) aus Thrombozyten sind überdies starke Chemotaxine für PMN, die sich rasch dem Plättchenthrombus anlagern und sozusagen einen ersten Abwehrriegel gegen eindringende Mikroorganismen bilden. Die Immigration der PMN in den geschädigten Bereich wird durch die Aktivierung und Freisetzung von C5a, LTB4 und IL-8 weiterhin verstärkt. Der Höhepunkt der PMN-Einwanderung ist nach einer zeitlich, qualitativ und quantitativ klar defi nierbaren Noxe, wie sie z.B. eine operative Wunde darstellt, nach etwa sechs Stunden erreicht (S. 198), der Höhepunkt der Ansammlung monozytärer Zellen im Wundbereich dagegen nach zwei bis drei Tagen. Makrophagen rekrutieren sich dabei aus Blut-Monozyten sowie aus sessilen Makrophagen, die sich lokal vermehren und differenzieren (S. 212). Diese Makrophagen erledigen die Abräumung zerstörten Gewebes [scavenger activity], bei der sie nach Bedarf von PMN unterstützt werden. Von ihnen geht auch die weitere Organisation des Heilungsverlaufes aus, in deren Zug Fibroblasten in den Defekt einwandern, sich vermehren und die Angiogenese eingeleitet wird. Die Steuerung erfolgt vorwiegend durch Cytokine und Wachstumsfaktoren, für die Makrophagen wichtige Produzenten darstellen. Ein anderes bedeutsames Steuerelement für den Heilungsverlauf sind T-Lymphozyten, die in der späteren Entzündungsphase in den Entzündungsbereich einwandern (S. 235). Fibroblasten sind mobile Zellen, deren Migration durch eine Reihe von Chemoattraktants gesteuert wird. Der Wirkungsgrad dieser Chemoattraktants ist allerdings je nach Gewebszugehörigkeit und Herkunft der Fibroblasten verschieden. Chemotaktisch und chemokinetisch wirksam sind die Cytokine TNFα, IL-1β, IL-4, die Chemokine RANTES, MCP, die Wachstumsfaktoren PDGF, TGFβ, bFGF, EGF, IGFI und II, C5a, LTB4, Fibronectin sowie Kollagen-und Elastin-Bruchstücke. Diese Faktoren, wie auch Substanz P und Urokinase (uPA), regen darüber hinaus auch die Proliferation der Fibroblasten und deren Produktion von extrazellulärer Matrix an. Aktivierte Fibroblasten wiederum sind selbst Bildungsstätten von Wirkstoffen, die in die Entzündung und Wundheilung eingreifen: IL1β, IL-6, IFNγ, PDGF, Rantes, MCP und die Knochenmarkstimulatoren G-CSF, M-CSF und GM-CSF. Fibroblasten haften vor allem mittels β1 und β3 Integrinen an den von ihnen produzierten Matrixstrukturen. Dieser Kontakt bestimmt nicht nur die Form und Bewegung der Fibroblasten, sondern auch Wachstum, Differenzierung und Stoffwechselaktivitäten. Umgekehrt können Fibroblasten die Form der Matrix beeinfl ussen, indem sie Faserelemente binden und sich kontrahieren. Entsprechende Adhäsine stehen mit dem Cytoskelett in Verbindung, das die Zellform breinfl usst. So können etwa durch Kontraktion der Fibroblasten Wundränder einander genähert werden. IL-1 und besonders TNFα und β sind für Fibroblasten starke Chemoattraktants und Mitogene. Eine unkontrollierte Produktion dieser Cytokine durch Makrophagen und Lymphozyten trägt zur Entwicklung von Fibrosen und zur Chronifizierung von Entzündungen bei. Angiogenese. Die Vaskularisierung des Entzündungsgebietes geht von bestehenden Kapillaren der Umgebung aus und beginnt schon mit den ersten Schritten der Entzündung. Angiogene Signale werden von aktivierten Thrombozyten, Endothelzellen, Fibroblasten, aktivierten Makrophagen und anderen Zelltypen abgegeben. Diese Signale bewirken sowohl die Steigerung des Stoffwechsels, die orientierte Migration wie die Proliferation der Endothelzellen. Hemmer der Angiogenese halten den Prozess im erforderlichen Gleichgewicht. Prominente Angiogene und ihre Antagonisten sind in Tabelle 13 aufgelistet. Das Kapillarwachstum beginnt mit der Aufl ösung der Basalmembran durch Metalloproteasen der Endothelzellen. Darauf folgen die Migration in Richtung chemotaktischer Reize oder entlang haptotaktisch wirkender Gewebsstrukturen, und schließlich die Vermehrung der Endothelzellen unter Bildung einer Röhre, bei deren Ausformung offenbar Cadherine eine steuernde Funktion übernehmen. In diesem Stadium wird eine Basalmembran neu gebildet. Nach Anschluss an das bestehende Gefäßnetz ist der Kreislauf wiederhergestellt. Drei Tage nach Entzündungsbeginn sind die Charakteristika der Angiogenese bereits deutlich ausgeprägt. Die Rückbildung von Kapillaren nach Narbenheilung läuft über die Apoptose der Endothelzellen ab. Neben ihrer dominanten Rolle bei der Blutstillung ( Hämostase) erfüllen die Thrombozyten wichtige Aufgaben im Rahmen der Entzündung und Wundheilung. Thrombozyten entstehen aus Megakaryozyten, indem sich Cytoplasmateile von der Oberfl äche dieser Zellen abschnüren und selbständig werden. Thrombozyten sind kernlose, von einer Zellmembran umgebene, mäßig gewölbte, rundliche Scheibchen ("Tablettenform") von 2 bis 3.5 µm Durchmesser und 0.5 bis 0.75 µm Dicke. Die Differenzierung des Megakaryozyten aus den Knochenmarkstammzellen wird durch IL-3 und spezialisiert durch Thrombopoetin (S. 121) gesteuert und dauert etwa sechs Tage. Im Lichtmikroskop imponiert der Thrombozyt bei Routinefärbung als Scheibchen mit blassblauer Peripherie (Hyalomer) und stärker getöntem Zentrum (Zentromer). Im Elektronenmikroskop zeigt sich dagegen eine hoch differenzierte Struktur. Ein Thrombozyt ist von Systemen netzartig verbundener Röhren durchzogen. Das oberfl ächliche tubuläre Netzwerk mündet an der Zelloberfl äche, während das zentrale tubuläre Netzwerk eine geschlossene Struktur im Zellinneren bildet. Nach ihrem Inhalt lassen sich drei Typen von Granula unterscheiden: α-Granula, elektronendichte Granula [dense granules] syn. δ-Granula, und Enzyme enthaltende Granula (Tabelle 14) . Diese Granula bekommt der Thrombozyt bei seiner Bildung aus dem Megakaryozyten mit; sie sind nicht ergänzbar. Mikrotubuli und Aktinfi lamente umgeben reifenartig den Äquator und halten den Thrombozyten in seiner Form. Die Zellmembran ist mit Glykoproteinen besetzt, unter denen Rezeptoren und Adhäsine charakteristische Funktionen dieser Zellen vermitteln. DAF und HRF Die bei der Plättchenaggregation freigesetzten Chemotaxine TXA2, NAP-2 und PAF aktivieren Entzündungszellen, die sich am Plättchenthrombus ansammeln (S. 43). Am Plättchenthrombus haftenden PMN wird eine Hemmung der Plättchenaktivierung und damit eine Eindämmung des Thrombuswachstums beigemessen. Darüber hinaus stellen Phagozyten im Läsionsbereich Wächter gegen eindringende Keime dar und unterstützen den Abbau beschädigten Materials. Plättchenaggregate können auch Bakterien-und Virenkomplexe einhüllen und in Zusammenarbeit mit Fibrin diese Mikroorganismen immobilisieren und vom Restorganismus sequestrieren. Die Komplexe werden von Phagozyten beseitigt. Die Plättchenaggregation ist ein Sonderfall, der regulär durch Endothel-und Gefäßläsionen ausgelöst wird und als hämostatischer Schlüsselfaktor physiologischen Wert besitzt. Normalerweise sind Thrombozyten während ihres Aufenthaltes in der Zirkulation nur sekretorisch tätig, sie aggregieren nicht oder in nicht merklichem Ausmaß und werden nach Alterung aus dem Verkehr gezogen. Anders bei Defekten der Strombahn: An Orten mit starken Turbulenzen, im Bereich geschädigten Endothels oder bloßliegender Basalmembranen wird die Reizschwelle überschritten und es kann zur spontanen Plättchenaggregation und Thrombusbildung kommen. Solche Situ-Abb. 100. Thrombozyten-Aggregation. Thrombozyten kontrahieren sich auf starke Reize mittels ihres Cytoskelettes und setzen dabei die in den Netzwerken und Granula enthaltenen Wirkstoffe frei. Über Adhäsine stellen sie feste Verbindungen untereinander und mit Nachbarstrukturen her. Damit können sie nicht nur Gefäßlücken abdichten, sondern auch Mikroorganismen einschließen und immobilisieren und Entzündungsherde von der Umgebung abriegeln. ationen sind in hohem Maß bei atherosklerotisch veränderten Gefäßen gegeben. Durch Hemmung des AA-Metabolismus der Thrombozyten durch NSAID kann die Bereitschaft zur Aggregation und damit die Gefahr der Thrombusbildung verringert werden (S. 52, 301). Eine Thrombozytenzahl zwischen 150.000 und 440.000/µL Blut stellt die Norm dar. Ein Unterschreiten der Mindestgrenze wird als Thrombopenie bezeichnet. Da Thrombozyten auf unbekannte Weise für die Dichtheit und Integrität des Gefäßnetzes verantwortlich sind, treten bei ihrem Mangel Blutungen an der Haut und an Schleimhäuten auf ( thrombozytopenische Purpura). Die Blutungen können je nach Ausmaß des Mangels punktförmig (Petechien) bis fl ächenhaft (Ekchymosen) sein. Bei Zahlen unter 50.000/µL treten die Symptome deutlich zutage, unter 20.000 besteht Lebensgefahr durch Ver-Abb. 101. Thrombozyten und Blutgerinnung. Thrombozyten enthalten verschiedene an der Blutgerinnung beteiligte Faktoren und sind darüber hinaus Katalysatoren der Hämostase. Die Faktoren der Blutgerinnung müssen durch Bindung an Phospholipide in räumliche Nähe zueinander gebracht werden, um miteinander reagieren zu können. Die Reaktionsprodukte wirken als proteolytische Enzyme, meist als Serin-Endopeptidasen, die wiederum weitere Gerinnungsfaktoren durch Proteolyse aktivieren und so die Gesamtheit der Gerinnungskaskade in Gang setzen. Kristallisationspunkte der Blutgerinnung, die solche Phospholipide bereitstellen, sind verletzte Zellmembranen, aber auch der Plättchenfaktor 3 (PF 3), d.i. das Membran-Phosphatidylserin, das bei Aktivierung der Thrombozyten an deren Oberfl äche exponiert wird. Auf diese Weise entsteht der Komplex aktivierter Faktor FXIIa und FXI, der wiederum den Komplex FIX und FVIII und dieser weiter FX und FV, Thrombin und Fibrin aktiviert. bluten über innere Körperoberfl ächen. Bei der idiopathischen thrombozytopenischen Purpura ( Werlhof'schen Purpura) werden Thrombozyten durch Autoimmun-Antikörper zerstört. Hohe Thrombozytenzahlen erhöhen das Thromboserisiko. Über die Lymphozyten und ihre Wirksubstanzen, die Antikörper, informiert die reichhaltige Literatur über die Spezifi sche Immunität, auf die verwiesen wird. Hier sollen nur einige Wesenszüge skizziert werden, soweit sie für das Verständnis eines akuten, unspezifi schen Entzündungsvorganges nötig sind. Die Lymphozyten sind die Repräsentanten der Spezifi schen Immunabwehr. Nach ihrer Entwicklung und ihrem späteren Aufgabenbereich unterscheidet man Lymphozyten der T-Reihe und der B-Reihe, sowie die Natürliche Killerzelle (NK-Zelle) [natural killer cell]. Im Gegensatz zur unspezifi schen, angeborenen Immunität ist die Spezifische Immunabwehr nicht zeitlebens und ständig voll funktionsfähig, sondern die Bildung ihrer Effektorelemente, die Antikörper (AK), wird erst durch Kontakt mit körperfremdem potentiellem Schadmaterial, den Antigenen (AG), angeregt. Die Bezeichnung "induzierbare" oder "adaptive" Immunität trifft diesen Sachverhalt gut. Gebildete AK werden gelöst oder an Lymphozyten gebunden ins Blut abgegeben und erreichen alle vaskularisierten Organe und Gewebe. Die Induktion einer Antikörperbildung benötigt bei Erstkontakt (Primärkontakt) mit dem Antigen fünf bis 10 Tage, bei Wiederkontakt (Sekundärkontakt) etwa zwei bis drei Tage, wobei die Art und Applikation des Antigens und die individuelle Disposition auf die Immunantwort starken Einfl uss nehmen. Bereits vorhandene AK reagieren mit AG sofort und bieten einen entsprechend wirksamen Schutz. Die Lebensdauer von AK ist wie die Bereitschaft zu ihrer automatischen Nachproduktion zeitlich beschränkt, so dass die Blutspiegel der AK nach einem AG-Kontakt wieder abfallen und der Sofortschutz abnimmt. Die Halbwertzeit von IgG im Blut beträgt um 20 Tage. Die Erhaltung der Produktion und damit eines Blutspiegels eines AK ist sehr von der Art des AG abhängig. Die Impfprogramme zum Schutz vor Infektionskrankheiten berücksichtigen diese unterschiedlichen Bedingungen. Eine Hauptgruppe der T-Lymphozyten stellen die T-Helferzellen (Th-Zellen) dar, die Mittlerfunktionen bei der Immunantwort ausüben. Die zwei Klassen von Th-Zellen, die Th1 und Th2-Lymphozyten, unterscheiden sich durch ihr Angebot an Mittlerstoffen: Th1-Zellen geben IFNγ, IL-2 und TNFβ ab und steuern in erster Linie die Makrophagentätigkeit im Zusammenhang mit der Antigen-Präsentation und die Bildung zellulärer Antikörper. Th2-Zellen setzen vor allem IL-4, IL-5, IL-6, IL-10 und IL-13 frei und steuern vorwiegend die Tätigkeit von Makrophagen und B-Lymphozyten. Neben den Wirkstoffen der spezifi schen Abwehr produzieren T-Lymphozyten noch eine große Zahl von Entzündungsmediatoren, Wachstumsfaktoren und CSF und greifen so auch wesentlich in das Geschehen der Unspezifi schen Abwehr ein. Die Cytotoxische T-Zelle (Tc-Zelle) ist ein Effektor der Spezifi schen Immunität und Träger cytotoxischer Abwehrreaktionen, die sie mit Hilfe von zellschädigenden Wirkstoffen ausübt ( Perforin, syn. Cytolysin, und andere, S. 85). Ein weiterer Wirkungsbereich dieser Zellen ist die Suppression spezifi scher Immunreaktionen. Th und Tc-Lymphozyten werden anhand von Oberfl ächenstrukturen ("Oberfl ächen-Marker") unterschieden, die üblicher Weise mit Immunfl uoreszenz-Methoden bestimmt werden. Th-Zellen tragen als wichtigstes Charakteristikum das CD4-Antigen (CD4 positive Zellen), Tc-Zellen das CD8-Antigen (CD8 +). Zur Beantwortung spezieller Fragestellungen wer-den weitere Unterteilungen in Subgruppen [subsets] durchgeführt. Th-Lymphozyten sind ein Steuerfaktor bei der Wundheilung, obwohl ihre Rolle dabei noch nicht gut defi niert ist. Offenbar stimulieren sie Fibroblasten zur Kollagensynthese. Lymphozyten-depletierte Versuchstiere zeigen eine gestörte Wundheilung, mangelhaften Kollagenanbau mit Bildung leicht zerreißbarer Narben. Umgekehrt führt eine lang dauernde Lymphozytenpräsenz und Stimulation nach experimenteller Verletzung zu exzessiver Fibrosierung und wuchernden Narben. Beim Menschen werden in heilenden Wunden sieben bis 10 Tage nach der Noxe maximale Lymphozytenzahlen beobachtet. Abb. 102. Das Bauschema von Immunglobulinen. (a) Immunglobuline sind Hetero-Tetramere aus je 2 leichten Ketten mit einem MW von ca. 25 kD (als L, "light", bezeichnet), und 2 schweren Ketten mit einem MW von ca. 50 kD (H, "heavy"), die durch Disulfi dbrücken zusammengehalten werden. Die einzelnen Ketten formen Schlaufen ("Domänen"), die ebenfalls durch Disulfi dbrücken stabilisiert werden. Die Antigen bindenden Domänen (Fab, "antigen binding") der leichten und schweren Ketten werden mit V ("variable"), die konstanten mit C ("constant") bezeichnet; letztere sind mit durchlaufenden Nummern versehen. Die aus den leichten und den entsprechenden Teilen der schweren Ketten gebildeten "Arme" des Immunglobulins können frei schwingen. Natürliche Killerzellen (NK-Zellen) stellen eine Gruppe sehr ursprünglicher, noch wenig spezialisierter lymphatischer Zellen dar, die Zielobjekte über "natürliche" angeborene Erkennungsmechanismen erfassen. Dazu tragen sie eine Reihe von Rezeptoren für Oberfl ächenstrukturen von Viren und Tumorzellen, bei deren Vernichtung sie einen wichtigen Platz einnehmen. Durch ihren Besatz mit den Fc-Rezeptoren CD16 und CD32 sind NK-Zellen auch zur ADCC befähigt (S. 97). Der effektivste Wirkstoff zur Cytotoxizität ist das Perforin, das sie in azurophilen Granula gespeichert enthalten. Mit der Abgabe von Cytokinen können sie in die Steuerung der Spezifi schen wie Unspezifi schen Abwehr eingreifen. NK-Zellen sind keine einheitliche Population, sondern der Begriff umfasst Zellen verschiedener Reaktivität und Leistungen. Der Mensch gehört zu den homöothermen Lebewesen, die ihre Körpertemperatur in engen Grenzen konstant halten. Das bedeutet, dass Wärmeproduktion und Wärmeabgabe den äußeren Verhältnissen angepasst werden müssen. Da sich der Mensch gewöhnlich in einer Umgebung aufhält, deren Temperatur unter der Körpertemperatur liegt, erfolgt ein ständiger Fluss von Wärmeenergie aus dem Körper an die Außenwelt. Diese Wärme muss vom Körper in entsprechendem Maß bereitgestellt werden. Eine Wärmeproduktion ( Thermogenese) fi ndet auf mehreren Wegen statt: Wie alle homöothermen Lebewesen besitzt der Mensch zur Aufrecherhaltung einer konstanten Körpertemperatur Zentren, welche die Temperatur messen, und mit diesen in Verbindung Mechanismen, über welche die Körpertemperatur beeinfl usst wird. In geringem Umfang kommen autonome, periphere Regulationsmechanismen der Hautgefäße zur Geltung, die auf die lokalen Temperaturverhältnisse mit einer Enger-und Weiterstellung reagieren und damit zum Temperaturausgleich beitragen. Wesentlich effektiver sind jedoch nervöse Einrichtungen, welche die Bildung bzw. die Abgabe von Wärme steuern. Diese Steuerung geht von zwei, in erster Linie im Hypothalamus lokalisierten Zentren aus: dem hinteren "Erwärmungszentrum" und dem vorderen "Kühlzentrum". Das hintere hypothalamische Zentrum ("Erwärmungszentrum") liegt in der Wand des dritten Ventrikels. Es empfängt Reize von den Kälterezeptoren, die überall auf der Körperoberfl äche, besonders dicht jedoch im Gesicht und am Stamm lokalisiert sind. Dieses Zentrum ist "temperaturblind", d.h. es ist selbst nicht in der Lage, Temperatur zu messen, sondern gibt die empfangenen Kältereize weiter und bewirkt Maßnahmen, welche die Körpertemperatur steigern: Einschränkung der Wärmeabgabe und Erhöhung der Wärmeproduktion, die beide durch nervöse und humorale Faktoren gesteuert werden. Das vordere hypothalamische Zentrum ("Kühlzentrum") liegt in der präoptischen Region des Hypothalamus. Zusätzliche solcher Zentren wurden noch im hinteren Hypothalamus, im Vorderhirnseptum und im cerebralen Cortex festgestellt. Das Kühlzentrum ist temperatursensibel und stellt sozusagen den Thermostaten dar, der die Körpertemperatur auf einem gegebenen Sollwert hält. Dieses Zentrum spricht auf die Bluttemperatur an und sendet umso mehr nervöse Impulse aus, je höher die Bluttemperatur liegt. Über diese Impulse werden Maßnahmen in Gang gesetzt, die zu Wärmeverlust führen. Das Kühlzentrum ist dem Erwärmungszentrum insofern übergeordnet, als temperatursteigernde Impulse das Erwärmungszentrum nur verlassen können, wenn das Kühlzentrum seine Impulse senkt, was erst nach Absinken der Bluttemperatur eintritt. Damit wird einem Überhitzen des Organismus etwa nach starken oberfl ächlichen Kältereizen vorgebeugt. Fieber im Rahmen von Entzündungen wurde früher vielfach als eine Entgleisung des Stoffwechsels angesehen, als eine unerwünschte, gefährliche Situation, die der Arzt grundsätzlich bekämpfen sollte. Man unterstellte damit dem natürlichen Bauplan, er leiste sich ein besonderes System zur Temperaturerhöhung, um sich selber Schaden zuzufügen. Heute steht man über neue Einsichten und Erkenntnisse dem Fieber wesentlich positiver gegenüber und anerkennt innerhalb gewisser Grenzen seinen Wert. Fieber und die mit ihm verbundenen Stoffwechselleistungen stellen eine Notfallmaßnahme dar, die dazu dient den Organismus in eine erhöhte Abwehrbereitschaft gegenüber Mikroorganismen und Schadmaterial zu versetzen den Organismus über eine katabole Stoffwechselsituation auf Eigenreserven zu schalten, um ihn von einer Energie-und Stoffzufuhr von außen unabhängig zu machen. Eine Temperaturerhöhung bis zum kritischen Wert von 40°C bedeutet grundsätzlich eine Erhöhung des Stoffwechsels, die auch die Zellen der spezifi schen und unspezifi schen Abwehr betrifft und sie in einen Zustand erhöhter Leistungsbereitschaft versetzt. Folgerichtig lassen sich Fähigkeiten von Zellen der spezifischen und unspezifi schen Abwehr, wie Chemotaxis und Phagozytose, auch in vitro durch Temperaturerhöhung steigern. Neben diesen direkten, durch erhöhte Temperatur bedingten Effekten kommt in vivo im Fieber die besondere Stimulation der Abwehr durch reichlich freigesetzte Mediatoren hinzu, von denen Cytokine eine Schlüsselstellung einnehmen. Die umfassende Rolle der Interleukine 1 und 6 und des TNFα wird woanders beschrieben (S. 106ff). Es seien --hier nur einige wesentliche Wirkungsansätze hervorgehoben. Im Rahmen der unspezifi schen Abwehr mobilisieren IL-1, IL-6, TNFα wie auch das bei Entzündung vermehrt aktivierte C3e weiße Blutzellen aus dem Knochenmark und bewirken damit eine Leukozytose (S. 145). Durch Hinaufregulierung von Adhäsinen an den weißen Zellen und am Endothel wird die Adhäsion dieser Zellen am Gefäßendothel erhöht und damit ihre Emigration begünstigt (S. 151ff). Im Entzündungsherd stimulieren Cytokine die Tätigkeiten von Phagozyten wie Chemotaxis, Phagozytose, Freisetzung von Mediatoren und ROS, Granulaabgabe und damit die weitere Aktivierung serogener Mediatoren (S. 196) . In der Leber wird die vermehrte Produktion von Akutphase-Proteinen angeregt, wofür vorwiegend IL-6 verantwortlich ist (S. 122ff), dessen Produktion durch Makrophagen und Fibroblasten wiederum besonders durch IL-1 stimuliert wird. IL-1 regt Fibroblasten zum Wachstum und zur Produktion von Kollagen an und fördert damit Heilungsvorgänge. Im Rahmen der spezifi schen Abwehr werden durch IL-1 Th-Lymphozyten zur Proliferation und Abgabe von IL-2 angeregt, welches wiederum Effektorzellen (Tc und B-Lymphozyten) zu Aktivitäten stimuliert (S. 234). Die maximale Aktivierung von Tc Zellen durch IL-2 in vitro wurde bei 39.5°C gemessen. Auch die Tumorabwehr wird durch Temperaturerhöhung gesteigert, das Wachstum der Tumorzellen selbst aber beeinträchtigt. Die Medizin macht sich diesen Effekt mit Hyperthermietherapien zunutze. Für manche Krankheitserreger wird im Fieber das Temperaturoptimum für ihr Wachstum überschritten. Die den Stoffwechsel während des Fiebers bestimmende katabole Reaktionslage, in welcher der Organismus von eigenen Energie-und Materialreserven zehrt, läuft auf drei funktionellen Etagen ab, die sich in ihren Wirkungen zu einem Hypermetabolismus vereinigen: auf der Ebene des gesteigerten Sym-reichlich ATP für die energetisch aufwendige Gluconeogenese in der Leber benötigt. Den Überschuss an Acetyl-CoA kondensiert die Leber zu Ketonkörpern, die, ins Blut abgegeben, das Puffersystem bis zur Entwicklung einer Ketoazidose belasten können. Die Lunge versucht, der Säuerung durch eine verstärkte Abatmung von CO2 entgegenzuwirken. Der erhöhte Sauerstoffbedarf für die ß-Oxydation, den Citratcyclus und die Atmungskette einerseits und die respiratorische Kompen sation der Ketonkörperbelastung anderer seits erklären die forcierte ( Kussmaul'sche) Atmung bei Fieber. Gegebenen Falls kann eine Hyperventilation auch zu einer Alkalose führen. Eine Temperaturerhöhung bis zu 40°C steigert alle Stoffwechselvorgänge und erhöht damit die Abwehrleistung des Organismus. Somit unterstützt Fieber den Metabolismus, die Belastung durch die Entzündung zu meistern. Die Abb. 103 fasst die Steuerung und die Auswirkungen des Fiebers zusammen. Die beträchtliche Steigerung der Stoffwechsel-und Entzündungsvorgänge während fi eberhafter Erkrankungen verlangt nach einem Gegenprinzip, das ein Ausufern der entzündlichen Reaktion verhindert und den Katabolismus auf das erforderliche Maß einschränkt. In einer solchen Gegenregulation sind Cortisol und Insulin Faktoren mit Schlüsselcharakter. Cortisol nimmt einerseits im katabolen Stoffwechsel eine zentrale fördernde Stellung ein, wirkt aber auf der anderen Seite als Entzündungshemmer. Es drosselt nicht nur die Proliferation und die Leistungen von Zellen der spezifi schen und unspezifi schen Abwehr, sondern hemmt auch die Freisetzung der Cytokine IL-1 und TNFα, die wiederum wirkungsvolle Verstärker der Entzündung und kataboler Reaktionen wie Proteolyse im Skelettmuskel und Lipolyse im Fettgewebe sind. Auf der anderen Seite stimulieren Interleukine und TNFα die Freisetzung von Cortisol und von entzündungshemmenden Akutphase-Proteinen (S. 123). Dieses Beispiel demonstriert die ambivalente Verzahnung von beteiligten Steuervorgängen untereinander. Indem entzündungsfördernde Cytokine und hemmende Elemente der Entzündung in einem negativen Feedback miteinander verbunden sind, wird einerseits die Ausbildung einer Entzündungsreaktion begrenzt und ein Ausufern verhindert, auf der anderen Seite aber der Entwicklung einer Entzündungsreaktion Spielraum gelassen. Die Anpassung der Abwehrleistung an das erforderliche Maß läuft allerdings nicht immer störungsfrei ab. Fehlleistungen des Immunsystems in die eine -zu geringe Ausprägung mit Infektgefahr -wie die andere Richtung -zu starke Entzündungsreaktion mit Selbstschädigung des Organismus -sind ein Arbeitsfeld der täglichen klinischen Routine. Der Insulinspiegel des Blutes ist bei länger anhaltendem Fieber erhöht, was an sich für eine katabole Stoffwechselsituation paradox ist. Es sind vermutlich Cytokine (IL-1 u.a.), welche die Hemmung der Insulinfreisetzung durch Katecholamine, die über α-Rezeptoren an den pankreatischen B-Zellen vermittelt wird, aufheben und im Gegenteil eine verstärkte Abgabe veranlassen. Hier ist ein deutlicher Unterschied zwischen nicht-entzündlichem und entzündlichem Stress gesetzt. Mit einem Mehrangebot des anabolen Insulins will der Organismus den Katabolismus eingrenzen und ein Ausufern verhindern. Bezeichnenderweise laufen entzündliche Erkrankungen bei Diabetikern komplikationsreicher ab als bei Nicht-Diabetikern, da sie leicht in katabole Stoffwechselentgleisungen münden können ( Coma diabeticum Es stellt sich die Frage, was der Organismus mit der massiven Bereitstel-Abb. 103. Fieberentstehung im Rahmen von Entzündungsreaktionen. Der Kontakt mit exogenen Pyrogenen stimuliert Phagozyten zur Abgabe der endogenen Pyrogene IL-1, IL-6 und TNFα, die auf dem Blutweg das präoptische Temperaturzentrum im Hypothalamus erreichen, wo sie die Produktion von PGE2 erhöhen. Der durch PGE2 ausgelöste Anstieg von cAMP in den Zellen des Temperaturzentrums hebt den Temperatur-Sollwert, und über Vermittlung des Sympathikus werden Maßnahmen eingeleitet, welche die Körpertemperatur erhöhen: Minderdurchblutung der Hautgefäße und gesteigerte Wärmeproduktion durch Muskelzittern. Katecholamine und die Hormone der Hypothalamus -Hypophysenvorderlappen -Nebennierenrinden -Achse lösen einen Stoffwechsel-Katabolismus aus und setzen damit Energieträger und Bausteine für die Anforderungen der Akutphase-Reaktion frei. Der gebräuchlichste therapeutische Eingriff zur Fiebersenkung ist die Hemmung der PGE2-Synthese durch COX-Hemmer. lung von Bausteinen und Energieträgern bei Entzündungen bezweckt. Fettsäuren sind wertvolle Energielieferanten. Aminosäuren dienen einmal als Bausteine zur Massenproduktion von Zellen der spezifi schen und unspezifi schen Abwehr und zur Herstellung von Antikörpern, Akutphase-Proteinen, Mediatorproteinen u.a. Ein anderer Teil der Aminosäuren wird der Gluconeogenese zugeführt, da der Körper zur Glucose-Eigenproduktion gezwungen ist. Ein krankes Tier stellt die Futtersuche ein oder jagt nicht mehr, sondern verkriecht sich und versucht, die entzündliche Schädigung in Ruhe, von den eigenen Reserven lebend, zu überwinden. Der Mensch begibt sich in einer solchen Situation gerne ins Bett. Die ausgeprägte Somnolenz, die ihm diesen Entschluss erleichtert, ist IL-1 und TNFα vermittelt (S. 108). Der Appetit ist während fi eberhafter Erkrankungen gering oder fehlt gänzlich. Die Energie für die energetisch aufwendige Gluconeogenese und für die Stoffwechselsteigerung und Synthesen wird in erster Linie vom Fettgewebe geliefert, Baustoffe kommen aus dem Skelettmuskel. Der massive Abbau von Körpersubstanz äußert sich in einem rapiden Gewichtsverfall. Die kritische Grenze, ab der die Aktivitäten der Spezifi schen und Unspezifi schen Abwehr nicht mehr gefördert, sondern im Gegenteil eingeschränkt werden, liegt bei 39.5 bis 40°C. Eine Temperaturerhöhung über dieses kritische Limit hinaus beeinträchtigt zunehmend die körpereigenen Abwehrmechanismen und begünstigt die Ausbreitung von Krankheitserregern. Hohe Körpertemperaturen stellen darüber hinaus Gefahren für Organe und Stoffwechsel dar. Die katabole Stoffwechselsituation führt über einen raschen Verbrauch von Depotfett und Muskelprotein zu einer starken Gewichtsabnahme und zum Substanzverlust des Körpers. Die verstärkte Atemtätigkeit hat zusammen mit der gesteigerten Sekretion des hypotonen Schweißes einen Selbstverständlich verteilt sich das hier kursorisch zusammengefasste Szenarium an Möglichkeiten sehr unter-schiedlich auf die betroffenen Individuen. Wie soll nun der Therapeut im Einzelfall die Vor-und Nachteile des Fiebers beurteilen, wann soll er fi ebersenkend eingreifen? Fieber stellt eine Schutzmaßnahme dar, die einen organisch gesunden Körper bei der Bekämpfung entzündlicher Noxen unterstützt. Unter ärztlicher Kontrolle soll dieser Schutzmechanismus seine Wirkung entfalten können. Fieber über den Richtwert von 40°C bietet dagegen keinen Nutzen mehr, sondern wird in zunehmendem Maß zur Gefahr und soll daher therapiert werden. Neben der Höhe der Temperatur ist auch die individuelle Situation des Patienten zu beachten. Kinder erreichen oft in kurzer Zeit hohe Temperaturen, die ebenso schnell wieder fallen können. Alte Menschen können wiederum auf vergleichsweise geringfügige Temperaturerhöhungen mit unverhältnismäßig starken Komplikationen reagieren. Länger dauernde Fieberperioden sind wegen der starken Gewichtsabnahme und des damit verbundenen Substanzverlustes und der verlängerten Regenerationszeit von Nachteil. Besondere Beachtung und eine angepasste Betrachtungsweise erfordert das Fieber bei Personen mit organischen und metabolischen Vorschäden. Kreislauf-geschädigte Personen sind ebenso wie solche mit zentral-nervösen Defekten erhöht gefährdet. Bei Nierenerkrankungen und bei respiratorischer Insuffi zienz, wo die Pufferkapazität herabgesetzt ist, führt eine Ketonkörperbelastung frühzeitig zur Ketoazidose. Die Säurebelastung kann bei Gichtkranken zum Anfall führen. Bei Alkoholikern kann Fieber ein Delir auslösen. Eine besondere Stellung nimmt wegen seines häufi gen Auftretens der Diabetes mellitus ein. Diabetiker sind erhöht infektanfällig (S. 274), antworten häufi g auf Entzündungen mit nur geringem Temperaturanstieg, dekompensieren jedoch rasch in Richtung eines Coma diabeticum (S. 254f). Der gebräuchlichste Angriffspunkt einer Therapie ist die Hemmung der PGE2-Synthese mittels COX-Hemmern (S. 257). Neben der Temperatur kann damit auch der Gewichtsverlust reduziert werden. Auf breiterer Basis wirken Glucocorticoide, welche die effektvollsten Entzündungshemmer darstellen. Sie unterbinden neben einer Prostaglandinfreisetzung die Abgabe von pyrogen wirksamen Cytokinen aus Makrophagen und anderen kompetenten Zellen. Neben einer Reihe unerwünschter Wirkungen (S. 252) übt diese Medikamentengruppe auch einen ausgeprägten immunsuppressiven Effekt aus, der die Infektentwicklung weiter begünstigt. Glucocorticoide sollen daher nur nach strenger Indikationsstellung und, wenn nicht umgehbar, unter intensiver Antibiotika-Abschirmung eingesetzt werden. Eine physikalische Maßnahme zur Temperatursenkung stellen Kältepackungen dar. Eine wichtige Begleitmaßnahme bei Fieber ist die Kontrolle des Flüssigkeitsund Elektrolythaushaltes. Besondere Sorgfalt verlangen Kinder und betagte Patienten. Der Schmerz ist eine komplexe Sinneswahrnehmung eines Individuums, die als Warnsignal zu werten ist, um Schäden zu vermeiden oder zu erkennen. Schmerz kann akut Fluchtrefl exe auslösen oder, als chronischer Schmerz, die Schonung geschädigter Körperpartien bis zur Heilung sicherstellen. Im Prozess der Schadensbekämpfung und Heilung nimmt die Entzündung eine zentrale Stellung ein, wobei der Schmerz den Entzündungsgrad refl ektiert und das Individuum in einem subjektiv deutlich fassbaren Rückfl uss über den Grad des Schadens und den Heilungszustand informiert. Wegen der starken Beeinträchtigung des Wohlbefi ndens und Bewusstseins wird Schmerz jedoch als negatives Phänomen angesehen und therapeutisch entsprechend bekämpft. Phylogenetisch entwickelte sich der Schmerz mit dem Bewusstsein und folglich zusammen mit der Ausbildung des Telencephalons. Wird das Bewusstsein ausgeschaltet, fehlt auch die Schmerzempfi ndung (zentrale Narkose). Niederen Tieren wird keine mit uns vergleichbare Schmerzempfi ndung zugebilligt, sondern den Schmerz ersetzen Fluchtoder Abwehrrefl exe; eine Anschauung, die schwer beweisbar und strittig ist. In Übereinstimmung mit dieser Ansicht nehmen jedenfalls die Tierversuchsgesetze Wirbellose von ihren Bestimmungen aus. Schmerzreize werden über zwei Fasersysteme vom Ort ihres Einwirkens zentralwärts geleitet: Einmal über die markhaltigen, schnellleitenden A-delta Fasern (bis zu 120 m pro Sekunde). Die vermittelte Empfi ndungsqualität ist der distinkte, gut lokalisierbare Schmerz, der Abwehr-und Fluchtrefl exe auslöst. Die C-Fasern dagegen sind marklos und langsam leitend (ca. 0.5 bis 1 m pro Sekunde). Die vermittelte Empfi ndung ist dumpf und unscharf lokalisierbar. C-Fasern übermitteln in erster Linie den chronischen Schmerz. Als "Schmerzrezeptoren" werden die vielfach verästelten Endverzweigungen dieser zentripetalen Nervensysteme, die Nozizeptoren, angesehen. Sie fi nden sich in verschiedener Dichte an allen Körperoberfl ächen (Haut, Schleimhäute) und in der Tiefe in Muskeln, Sehnen und Bändern. Auch das Viszerum wird mit Schmerzfasern vor allem vom C-Typ versorgt, die auf Dehnung, Motilitätssteigerung und auf Mediatorreize im Rahmen von Entzündungen, nicht jedoch auf mechanische Traumen ansprechen. So sind etwa Operationsschnitte im viszeralen Abdomen schmerzlos. Die afferenten, schmerzleitenden Adelta und C-Fasern werden im Rückenmark vielfach verschaltet. Sitz der Schaltzellen ist vor allem die Substantia gelatinosa. Von hier wird der Reiz über den Tractus spinothalamicus zum Thalamus und weiter zentralwärts geleitet. Nach der -im Übrigen sehr umstrittenen -"gate control theory" kann eine Erregung der Schmerzfasern durch zwei "gates" (Eingänge) in das Bewusstsein eindringen: entweder als Schmerz oder als Sinneseindruck anderer Qualität. Welcher dieser Wege im jeweiligen Fall beschritten wird, hängt neben der Intensität von der Verarbeitung des Reizes in den Schaltzellen des Rückenmarks ab, die wieder unter dem steuernden Einfl uss des Gehirns stehen. Im Tierversuch lassen sich im Bereich des ZNS der Thalamus, Hypothalamus, der Nucleus amygdalae und insbesondere die Formatio reticularis als Verarbeitungsstellen von Schmerzreizen nachweisen. Beim menschlichen Gehirn mit seiner komplizierten, vom Intellekt überlagerten Psyche fehlen diesbezüglich detaillierte Erkenntnisse. Unbestreitbare Erfahrungstatsache ist jedoch, dass Qualität und Intensität einer subjektiven Schmerzempfi ndung stark von psychischen Faktoren abhängen. Bestimmend ist hier die Persönlichkeitsstruktur, die wiederum von sozialen (etwa Familienvorbild) und kulturellen Einfl üssen (etwa Kulturkreise mit Schmerzunterdrückung als Ideal) geprägt ist. Ebenso modifi zieren Aufmerksamkeit, vorangegangene Schmerzerfahrung oder Schmerzerwartung das persönliche Schmerzerlebnis. Es bestehen auch Alters-und Geschlechtsunterschiede. Ältere Menschen ertragen gegenüber jüngeren, Frauen gegenüber Männern den Schmerz besser. Schmerzschwelle und Schmerzintensität unterliegen einem Zirkadianrhythmus mit einem Maximum in den Nachtstunden. Grund dafür ist das Vegetativum. Der nächtliche Parasympathikotonus senkt die Schmerzschwelle und erhöht so die Schmerzempfi ndlichkeit, der am Tage vorherrschende Sympathikus hebt dagegen die Schwelle an. Adrenerge Reaktionslagen wie Stress lassen "den Schmerz vergessen". So senkt auch Zigaretten rauchen durch Steigerung des Sympathikotonus die Schmerzempfi ndung. Eine zentrale Bedeutung für die Weiterlei-tung und Verarbeitung von Schmerzrei-misch soweit verändert, dass ihr anti-in-Abb. 104. Hemmung der Entzündungsaktivität durch Glucocorticoide auf zellulärer Ebene. (1) Synthetische wie natürliche Glucocorticoide (Cortisol) diffundieren durch die Zellemembran zum intrazellulären Glucocorticoidrezeptor und binden an ihn, wobei das Hitzeschockprotein 90 (HSP 90) vom Rezeptor abgespalten wird. Ein Transportmechanismus für Glucocorticoide durch die Zellmembran wird diskutiert, ist aber nicht bewiesen. Der Glucocorticoid-Rezeptor-Komplex diffundiert weiter in den Zellkern, wo er abhängig vom Zelltyp an den "negative glucocorticoid responsive elements" die Expression einer Reihe von proinfl ammatorischen Faktoren hemmt. Im Gegensatz dazu wird an den "positive glucocorticoid responsive elements" die Expression von Lipocortin erhöht. Lipocortin ist ein 37 kD Protein der Annexin-Familie, das in die Zellmembran eingelagert wird und die Aktivität der Phospholipase A2 (PLA2) hemmt. Durch die verringerte Freisetzung von Arachidonsäure (AA) wird der AA-Metabolismus und damit die entzündliche Reaktivität der Zelle eingeschränkt. Das HSP 90 aktiviert Gene für die Produktion zellprotektiver Proteine. (2) Glucocorticoide werden bei hohen Konzentrationen direkt in die Zellmembran eingelagert und dämpfen die Reaktivität und Aktivität der Zelle durch Erhöhung der Membranviskosität. gel stimuliert wiederum die Insulin-Einer breiten Anwendung von biologics in der medizinischen Praxis stehen heute noch eine Reihe von Hindernissen im Wege. Blockierte Rezeptoren und Cytokine werden von der Zelle rasch ersetzt, so dass meist Dauerinfusionen über längere Zeiträume nötig sind. Zudem sind die zur Zeit enormen Kosten solcher neu entwickelter Medikamente kein unbeträchtliches Gegenargument. Trotzdem muss in diesem Konzept gezielter Therapien mittels Eingriffen auf physiologischer Ebene eine Zukunft der Medizin gesehen werden. Diacylglycerol (DAG) spaltet. DAG aktiviert die Ca ++ -abhängigen Proteinkinasen, unter ihnen die Inhibitor of kappa B Kinasen (IκB-Kinasen), die den NFκB/IκB Komplex spalten. Der NFκB, von dem verschiedene Subtypen bekannt sind, ist ein Proteinkomplex mit einem MW um 100 kD, dessen Aufgabe die Induktion von Transskriptionen im Zellkern ist (Transskriptionsfaktor) Salicyldienen. Chemisch sind NSAID sieben Hauptgruppen in zwei Hauptklassen zuzuordnen. Carbonsäuren mit den Vertretern Salicylsäurederivate (z.B. Acetylsalicylsäure), Anthranilsäurederivate (z.B. Etofenamat), Essigsäurederivate (z.B. Indomethacin), und Propionsäurederivate (z.B. Iboprufen) Hemmer (S. 37) sind dagegen Abkömmlinge von Sulfonamiden und verwandten Schwefelverbindungen lichen Metapher die Entzündung als kriegerischen Akt dar, mit dem sich ein Organismus gegen einen Feind zur Wehr setzt, so sind PMN mit dem Landser vergleichbar (wenig spezialisiert und sehr zahlreich), die Lymphozyten entsprechen den Spezialtruppen, während der Makrophage den Offi zier darstellt, der das Geschehen vor Ort und den Gesamtablauf im Generalstab lenkt. Diesem Bild entsprechend steuert der Makrophage sowohl den lokalen Entzündungsvorgang, wie er auch für systemische Entzündungsreaktionen wie Fieber, Leukozytose und das Auslösen der APR hauptverantwortlich ist. Als Mittel dazu steht ihm eine lange Reihe von Regulatorstoffen zur Verfügung, die er selbst freisetzt oder deren Freisetzung oder Aktivierung er steuern kann. Einzelheiten dazu werden in den einschlägigen Kapiteln angeführt.Im Zuge eines Entzündungsablaufes ändern Makrophagen ihre funktionellen Schwerpunkte. Zu Entzündungsbeginn steht das aggressive Element im Vordergrund: Makrophagen fördern die Apoptose von Leukozyten und Stromazellen und beseitigen deren Reste, sie töten und phagozytieren Mikroorganismen, Immunkomplexe und opsonierte Partikel und lösen mit Hilfe ihrer Enzyme Gewebsbestandteile auf. Durch Abgabe pro-infl ammatorischer Cytokine, Wachstumsfaktoren und Mediatoren aktivieren sie das Entzündungsgeschehen. Sie selbst werden durch Hinaufregulierung entsprechender Rezeptoren für Signalstoffe der Entzündung sensibilisiert.In der Regressionsphase einer akuten Entzündung wandelt sich der Makrophage in eine Gewebs-protektive Zelle um, die bei der Wiederherstellung des Gefüges und bei der Heilung mitwirkt. Die nun freigesetzten Cytokine sind antiinfl ammatorisch. Es werden Apoptosehemmende Signale abgegeben, Zellvermehrung und Wachstum stimuliert, der Matrixaufbau und die Angiogenese gefördert, Stromazellen werden zu Synthesen angeregt.Die Ursachen für diesen Wandel sind im Detail nicht geklärt. Offenbar hat aber das phagozytierte Material Einfl uss. Zu den entscheidenden Schritten der Vermehrung, Differenzierung, Reifung von Zellen der myeloischen Reihe und letztendlich der Freisetzung reifer Differenzierungsprodukte aus dem Knochenmarksspeicher in die Blutbahn trägt der Makrophage wesentlich bei. Der Makrophage ist eine Quelle von CSF (S. 119f). Ebenso ist er ein Produzent der "Leukozytosefaktoren" IL1, IL6, TNFα sowie von C3, aus dem bei Aktivierung C3e abgespalten werden kann (S. 145). Auf diesem Weg wird das Zentrum der Erzeugung und Speicherung über den Bedarf am Ort der Entzündung informiert und dieser Bedarf kontrolliert gedeckt.Die Gesamtheit des Retikulo-Endothelialen Systems (RES), rotes Knochenmark, Milz und lymphoretikuläres Gewebe, macht beim Erwachsenen über zwei Kilogramm aus und ist damit das größte Organ des Körpers. Im Dienst des Schutzes des Organismus gegen äußere und innere Noxen stellt es mit der Vielfalt an abgegebenen Informationsträgern auch ein bedeutendes endokrines Organ dar, in dem der Makrophage eine zentrale Stellung einnimmt. Steigt die absolute Zahl an Monozyten beim Erwachsenen über 600/µL, beim Kind über 1000/µL und beim Säugling über 3000/µL an, spricht man von einer Monozytose. Eine "infektiöse Monozytose" kann als Begleitsymptom einer Reihe von Infektionskrankheiten auftreten: bei Endocarditis lenta, Malaria, Typhus und besonders stark bei Viruserkrankungen wie Hepatitis epidemica, Mumps und Viruspneumonien. Als Erreger von Monozytosen werden häufi g Epstein-Barr-und webe funktionelle Unterschiede zeigen können. Auf diese Heterogenität wird hier nicht eingegangen. Unter den vielfältigen Aufgaben des Endothels im Rahmen von Entzündungsvorgängen ist hervorzuheben: Lang anhaltender, chronischer Schmerz bewirkt eine sympathikotone Reaktionslage und über diese einen Stoffwechsel-Katabolismus und Gewichtsverlust. Am Beginn dieser äußerst komplexen und noch wenig durchschauten Verarbeitungsprozesse auf zentraler Ebene steht die Reizwahrnehmung durch die Schmerzfasern. Als Reize kommen mechanische, thermische und chemische Einfl üsse in Betracht. Zu letzteren gehören die schmerzauslösenden Entzündungsmediatoren Histamin, Serotonin und das hochwirksame Bradykinin, die über spezifi sche Rezeptoren an den Nozizeptoren wirken. Grundsätzlich ist zu diesen Schmerzvermittlern zu sagen, dass sie allein kaum oder nur geringgradig Schmerz auslösen, aber durch weitere Mediatoren in ihrer Wirkung beträchtlich potenziert werden können. Das gilt vor allem für Histamin und Serotonin, die allein ohne Synergismen kaum Schmerz erzeugend sind. Prominente Synergisten sind die Prostaglandine E1 und E2, die selbst nicht Schmerz erregen, aber bei der Gestaltung des chronischen Schmerzes eine wichtige Stellung einnehmen, indem sie die Reizschwelle an den Endverzweigungen der C-Fasern für Schmerzmediatoren senken. Im Versuch intradermal injiziertes PGE2 verursacht einen kaum wahrnehmbaren Schmerzreiz. Zusammen mit Bradykinin, Histamin oder Serotonin verabreicht steigt die Schmerzempfi ndung deutlich an (S. 45). Die mit Abstand häufi gste Form des Schmerzes ist der chronische Schmerz im Rahmen von Entzündungen. Seine Beseitigung oder zumindest Linderung geschieht durch einen Eingriff in den Synergismus unter den Entzündungsmediatoren, indem die PG-Synthese durch COX-Hemmer gedrosselt wird. Die Schmerzbekämpfung mittels Acetylsalicylsäure ist die gebräuchlichste Medikation der Welt (S. 257).Anästhetika und Narkotika wirken auf anderer Ebene. Indurative Prozesse der Lunge und anderer Organe Die Schmerztherapie Zur Therapie der Entzündung werden drei "klassische" Gruppen von Medikamenten verwendet: Auf diesem Weg wirken auch native, körpereigene Glucocorticoide anti-infl ammatorisch.Bei hoher, pharmakologischer Dosierung werden Glucocorticoide in die Zellmembran eingebaut und verursachen, wie auch die Muttersubstanz Cholesterin, eine Erhöhung der Membranrigidität und damit eine Verlangsamung aller Vitalvorgänge der Zelle ("Membran-Stabilisierung"). Diese Wirkung tritt physiologisch nicht auf, da so hohe Konzentrationen durch eine natürliche Glucocorticoid-Freisetzung nicht erreicht werden (Abb. 104). Eine länger dauernde Therapie mit den stark Eiweiß-katabolen Glucocorticoiden hemmt die Leukopoese im Knochenmark, so dass nach Erschöpfung der Knochenmark-Reserven eine Senkung der Leukozytenzahl bis zur Leukopenie auftritt (S. 144). Von die-----sem Katabolismus sind in gleicher Weise Lymphozyten und Antikörper des spezifi schen Immunsystems betroffen (S. 235, Abb. 40). Glucocorticoide fördern die Produktion von Akutphase Proteinen, unter denen manche entzündungshemmend wirken (S. 123).Glucocorticoide werden systemisch (oral, parenteral) und lokal (Lösungen, Salben, Aerosole) appliziert. Glucocorticoide sind Medikamente mit hohem Nebenwirkungs-Potential und können, abhängig von Dosierung, Therapiedauer und individueller Empfi ndlichkeit, Komplikationen und Schäden nach sich ziehen.Die beabsichtigte therapeutische Wirkung einer Entzündungshemmung schließt die negative Kehrseite, nämlich die Hemmung des Immunsystems und eine erhöhte Infektgefährdung, mit ein. Hemmung der Kollagensynthese: Dieser Effekt kann therapeutisches Ziel sein, wenn etwa überschießende Narbenbildung oder indurative Prozesse in Organen unterbunden werden sollen. Zum negativen Effekt gehören eine verzögerte Wundheilung und eine negative Knochenbilanz. Da durch die eingeschränkte Synthese des Kalzium-bindenden Proteins (CabP) in der Darmschleimhaut auch die Ca ++ -Aufnahme vermindert ist, wird sowohl die Neubildung wie auch die Mineralisierung des Knochens beeinträchtigt ( Osteopathie). Diesem Defi zit in der Knochenbilanz muss bei länger dauernder, intensiver Corticoid-Therapie unbedingt gegengesteuert werden. Kinder entwickeln unter Corticoid-Therapie einen Minderwuchs. Glucocorticoide aktivieren die Gluconeogenese aus Eiweiß. Dementsprechend zehrt eine Therapie an der Muskelmasse. Der hohe Blut-Glukosespie--■ ■ ■ freisetzung aus dem Inselapparat und in Folge die Fettsynthese in der Leber und die Fettspeicherung im Fettgewebe. Die angehobenen Insulinspiegel lenken das Fett in Pannuszellen am Körperstamm und im Abdomen, die mit Insulinrezeptoren reichlich ausgestattet sind. Es entsteht typischerweise eine "Stammfettsucht". Blutglucose über der Resorptionsschwelle der Nieren von 150 bis 180 mg% wird im Harn ausgeschieden ( "Steroid-Diabetes"). Hohe Blutspiegel von Glucose und Glucocorticoiden können Katarakt und Glaukom hervorrufen. Auch synthetische Glucocorticoide üben in höherer Dosierung Mineralocorticoid-Wirkung aus und führen über eine vermehrte Retention von Na + und Wasser zu Ödemen und Bluthochdruck. Das ödematös durchtränkte Stammfett prägt das Erscheinungsbild: Massiger Körperstamm und Nacken, aber durch den Muskelabbau ■ ■ dünne Arme und Beine. Gesichtsödeme bewirken das "Vollmondgesicht". Wegen der Ähnlichkeit mit dem Morbus Cushing, bei dem die Glucocorticoide aus endogener Überproduktion vermehrt sind, wird dieser Habitus als "cushingoides Erscheinungsbild" bezeichnet. Die Veränderung tritt bei Langzeittherapie über einer gewissen Glucocorticoid-Belastung, der sog. "Cushing-Schwelle" auf, die individuell verschieden ist. Ulcera des Magens und des Duodenuums ( "Steroid-Ulcus") entstehen durch eine Hemmung der Phospholipase A2 und den daraus resultierenden Mangel an cytoprotektivem PGE2 (Abb. 104, Abb. 107 Langdauernde Hemmung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HHN-Achse) kann eine Inaktivitätsatrophie der beteiligten Drüsen zur Folge haben, aus der sie sich nur langsam oder auch gar nicht mehr erholen. Um dieses Risiko möglichst klein zu halten, werden Glucocorticoide nicht als zirkadiane Dauerspiegel therapiert, sondern man folgt dem physiologischen Tagesrhythmus: Morgens hoch, danach abfallend. Ein plötzliches Absetzen einer langdauernden Therapie kann eine insuffi ziente HHN-Achse zurücklassen, bis zu deren Regeneration eine Gluconeogenese nicht ausreichend betrieben werden kann. In katabolen Situationen (Hunger, körperliche Anstrengung, Stress, Fieber) besteht dann die Gefahr einer Hypoglykämie. Man soll deshalb im Bedarfsfall der HHN-Achse durch schrittweise Reduktion der Glucocorticoid-Dosis ("Ausschleichen") die Möglichkeit zur Erholung geben.Unerwünschte Nebenwirkungen treten naturgemäß nach langdauernder, hochdosierter systemischer (oraler) Gabe von Glucocorticoiden besonders stark in Erscheinung. Aber auch bei inhalativer Applikation von Aerosolen werden Glucocorticoide über die Schleimhäute ins System aufge-nommen und können Nebenwirkungen entwickeln. Bei äußerlicher Anwendung etwa in Lotionen oder Salben wird die Kollagensynthese mit der Folge von Hautatrophien beeinträchtigt. Lokale Injektionen von Glucocorticoiden gegen Entzündung und Schmerzen von Gelenken wie z.B. in der Sportmedizin schwächen das Kollagen der Sehnen und Bänder und erhöhen das Risiko von Rissen unter Belastung. Da diese Medikamentengruppe bei der Therapie der chronischen Polyarthritis (cP) einen Standardplatz einnimmt, wird im Deutschen auch der Ausdruck "Nicht steroidale Antirheumatika" (NOSTAR, auch NSAR) verwendet. Die cP deckt aber bei weitem nicht das Einsatzgebiet dieser Entzündungshemmer ab. NSAID sind die am häufi gsten verschriebenen Heilmittel überhaupt. In Europa machen sie knapp 15% des Medikamentenumsatzes aus.Zur Geschichte. Die äußerliche Anwendung von zerquetschten Weidenwurzeln, die Salicylsäure enthalten (Salix Abb. 107. Hemmung der PGE-Synthese durch antiphlogistische Therapien. Glucocorticoid-Therapie hemmt über eine vermehrte Lipocortin-Expression die Phospholipase A2 (PLA2) und damit die Arachidonsäure (AA)-Freisetzung und PGE2-Synthese. NSAID-Therapie wiederum hemmt die Cyclooxygenasen (COX) und damit die Umsetzung von AA zu PGE2. Beide Therapieformen resultieren in niederen PGE2-Konzentrationen in der Magen-und Darmschleimhaut und der Niere, welche die Ulkusentstehung begünstigen und Nierenschäden verursachen können.Abb. 108. Glucocorticoid-Therapie und Cortisol-Synthese. Natürliches Cortisol sorgt in einem negativen Feedback für eine Regulierung der Cortisol-Produktion in der Nebennieren-Rinde: Die Freisetzung des Corticotropinreleasing hormon (CRH) im Hypothalamus und des Adreno-Corticotropen Hormons (ACTH) in der Adenohypophyse werden gehemmt. In gleicher Weise greifen synthetische Glucocorticoide in die Cortisol-Produktion über die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden (HHN)-Achse ein. Hohe und langdauernde Glucocorticoidtherapie kann zur Inaktivitätsatrophie der HHN-Achse und zu Cortisol-Mangel nach Absetzen der Therapie führen. Allen Gruppen der NSAID gemeinsam ist die Hemmung der Cyklooxygenase (COX). Je nach NSAID-Typ ist die Wirkung auf die COX unterschiedlich.Manche NSAID hemmen die COX kompetitiv mit geringer Bindungsaf- Leukotrien-Antagonisten: Zur Hemmung der Wirkung der Cysteinyl-Leukotriene C 4 D 4 E 4 ("slow reacting substance of anaphylaxis") wurden zwei therapeutische Wege begangen:Hemmung der LT-Synthese durch Behinderung der Aktivierung der 5-Lipoxygenase (S. 57). Blockierung der Rezeptoren für Cysteinyl-LT. Diese letztere Gruppe von LT-Antagonisten ist in Europa zugelassen und wird in der Therapie des Asthma bronchiale eingesetzt.Histamin-Antagonisten: Die entzündlichen Wirkungen des Histamins werden durch H1-Rezeptorblocker ( "Antihistaminika") neutralisiert. Die Histamin-Abgabe aus den Mastzellen kann durch spezifi sche Ca-Antagonisten ( Dinatrium-Chromogylzinsäure) gehemmt werden (Abb. 16). Eine mäßige Hemmwirkung auf Mastzellen entfalten auch β2-Mimetika (Tabelle 16, S. 293). Moderne Therapiekonzepte versuchen hoch spezifi sch an strategisch günstigen Stellen in den Entzündungsablauf einzugreifen. Dazu werden gentechnisch hergestellte natürliche Wirkstoffe bzw. Wirkstoffe in geringer Abwandlung (Analoga) oder auch Antikörper gegen biologische Wirkstoffe eingesetzt, die unter dem Begriff "biologics" zusammengefasst werden. Auf diesem Weg sollen Cytokine, Adhäsine und Rezeptoren durch Antikörper, lösliche Rezeptoren und natürliche Antagonisten in ihrer Wirkung neutralisiert werden. Zielobjekte für solche steuernden Eingriffe sind vor allem Adhäsine an Granulozyten, Lymphozyten und Endothelzellen sowie Cytokine, die bei SIRS, Sepsis, bei Transplantatabstoßung u.a. blockiert werden sollen (S. 154, 113) . Die unter hohem Kraftaufwand der Pharmaindustrie meist rekombinant hergestellten Wirkstoffe haben die Erwartungen häufi g nicht oder nur zum Teil erfüllt. Vielversprechende Ergebnisse konnten dagegen in der Therapie der cP mit TNFα-Antagonisten erzielt werden.-- Zur Entzündungshemmung bzw. zur Neutralisation bei Entzündungen anfallender toxischer Produkte können auch Wirkstoffe beitragen, die in gewissen Nahrungsmitteln vorhanden sind. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren, wie die Eikosapentaensäure und Dokosahexaensäure werden in nur schwach wirksame Endprodukte des COX und LOX-Stoffwechsels umgesetzt. Speisefi sche reichern solche vom Phytoplankton produzierten hoch-ungesättigten Fettsäuren in ihren Fettdepots an (S. 54f).Eine andere Gruppe entzündungshemmender Nahrungsbestandteile sind die Sauerstoffradikalfänger. Als "Fänger" kommt eigentlich alles in Frage, was sich leicht oxydieren lässt: Phenole, aro-matische Amine, Flavonoide, β-Carotine und Carotinoide, α-Tokopherol ( Vitamin E), Ascorbinsäure ( Vitamin C) in Gemüse, Obst, Früchten, Tee, Rotwein, in der Kleberschicht von Getreide ("Vollkornkost") und vielen anderen natürlichen Nahrungsmitteln. Der Wert einer Fisch, Obst und Gemüse reichlich enthaltenden Kost, wie sie in subtropischen Klimazonen Tradition ist ("Mittelmeerkost"), zur Prophylaxe der Atherosklerose ist wissenschaftlich gesichert. Atherosklerose ist eine spezifi sche, chronisch verlaufende Entzündung der arteriellen Intima, die durch entzündungshemmende alimentäre Faktoren günstig beeinfl usst werden kann (S. 300). Eine derartige Ernährung wird darüber hinaus bei chronischen Entzündungen wie cP, Psoriasis, Akne, Atopischer Dermatitis und als begleitende Unterstützung anti-infl ammatorischer Therapien empfohlen. Es muss aber immer betont werden, dass eine alimentäre Regulierung des pro-und antiinfl ammatorischen Gleichgewichts nicht durch eine Einmal-Therapie, sondern nur durch eine konsequente Einhaltung des dietätischen Regimes über Jahre und Jahrzehnte erreicht werden kann. Da sie sehr schmackhaft sind, können solche Kostformen auch dem Noch nicht-Kranken zur Erhaltung der Gesundheit empfohlen werden. Hoch-ungesättigte Fettsäuren sind auch bei schwerem Trauma, Sepsis und SIRS in Infusionslösungen mit der Erwartung einer Entzündungshemmung im Einsatz.