key: cord-316719-uej7d5zf authors: Witkowski, Peter T.; Heinemann, Patrick; Klempa, Boris; Krüger, Detlev H. title: Molekulare Identifikation von Hantaviren in neuen Wirten date: 2015-08-27 journal: BIOspektrum (Heidelb.) DOI: 10.1007/s12268-015-0609-4 sha: doc_id: 316719 cord_uid: uej7d5zf In addition to classical virus isolation in cell culture, the molecular detection of new virus variants by PCR techniques allows broader epidemiological insights into the world of viral pathogens. For the detection of hantaviruses–zoonotic viruses leading to fever and organ failure in humans–we developed a genus-wide nested RT-PCR format, which enables the discovery of new members within this virus genus. The methodological approach allowed the demonstration of first hantaviruses from Africa and revealed new hantavirus reservoir hosts, as shrews, moles, and bats. ó Das Auffinden neuer Viren als Krankheitserreger geschieht klassischerweise über die Virusisolierung in der Zellkultur. In der aufsuchenden Virusdiagnostik nutzt man dazu eine Reihe von Zelllinien in der Hoffnung, dass sich wenigstens eine davon für die Vermehrung des noch unbekannten Virus als geeignet erweist. Im Zellrasen lässt sich der zytopathische Effekt nachweisen, eine Auflösung der lichtmikroskopisch sichtbaren Struktur des Zellverbandes. Nicht alle Viren sind jedoch in der Lage, sich in den angebotenen Zellkulturen zu vermehren. Selbst wenn die Virusanzucht gelingt, ist die Prozedur langwierig und zunächst unspezifisch, zudem erfordert der Test frisches Probenmaterial, da intakte Viruspartikel zur Vermehrung benötigt werden. Die molekulare Detektion neuer Viren mittels Polymerasekettenreaktion (polymerase chain reaction, PCR) bietet demgegenüber etliche Vorteile. Die PCR wurde zum ersten Mal in den 1970er-Jahren erwähnt [ Hantaviren bilden ein Genus innerhalb der Familie der Bunyaviren. Sie sind umhüllte Viren mit einem segmentierten RNA-Genom negativer Polarität. Man bezeichnet sie als emerging viruses, weil unsere Kenntnisse zu ihrer Bedeutung als Krankheitserreger beim Menschen sowie zu ihrer geografischen Ausbreitung schnell zunehmen. Sie werden von kleinen Säugetieren (die Virusreservoire sind) auf den Menschen übertragen und verursachen hämorrhagische Fieber mit renaler und kardiopulmonaler Manifestation. Bei Infektion mit bestimmten Hantaviren kann die Sterblichkeit bis zu 50 Prozent betragen [2] . In Deutschland treten das Puumala-Virus und das Dobrava-Belgrad-Virus als Krankheitserreger auf [3, 4] . Bisher waren allein Nagetiere (Ratten, Mäuse, Wühlmäuse) als natürliche Reservoire für die einzelnen Hantavirus-Spezies angesehen worden. Bis 2007 war lediglich ein Hantavirus bekannt, welches nicht mit einem Nagetier-wirt assoziiert war (Thottapalayam-Virus) und das über lange Zeit nicht als Hantavirus klassifiziert wurde [5] . Nach ihrer ersten Beschreibung in den 1970er-Jahren sind Mitglieder des Genus Hantavirus zunächst in Asien und Europa als Erreger zoonotischer Erkrankungen identifiziert worden. Erst im Jahr 1993 wurden zum ersten Mal "Neuwelt-Hantaviren" in den USA und später auch in Südamerika als Pathogene gefunden [6] . Australien und Afrika verblieben seitdem als Terra incognita in Bezug auf das Vorkommen von Hantaviren. überprüft werden müssten. Um diesen Nachteil auszugleichen und gleichzeitig einen möglichst universellen PCR-Assay zu erhalten, wurde von uns ein weiteres degeneriertes Primerpaar verwendet, welches innerhalb des Abschnitts lag, der durch die erste PCR amplifiziert wurde. Es entstand eine nested PCR (nPCR) mit zwei zeitlich hintereinander geschachtelten Kettenreaktionen, von denen nur die zweite elektrophoretisch ausgewertet wird. Das Produkt der ersten Reaktion dient in kleiner Menge als Edukt für die zweite und unterdrückt auf diese Weise die Entstehung unspezifischer Produkte. Mit der so entstandenen "Pan-Hanta-PCR" wurden 2006 die ersten afrikanischen Proben getestet und zwei neuartige, natürlich vorkommende Hantaviren im westafrikanischen Guinea gefunden [7, 8] . Trotz der genannten Vorteile ist der Einsatz der nPCR sehr aufwendig. Probensammlungen, die nach einem primären Screening mittels nPCR einen positiven Nachweis liefern, können potenziell einen noch höheren Anteil positiver Befunde liefern, wenn sie anschließend mit der spezifischen qPCR erneut getestet werden. Spezifische Untersuchungen (z. B. einer neuen Reservoirspezies) dienen der Bestimmung des Aufkommens des Virus im natürlichen Wirt und ermöglichen erste Aussagen zur Virusökologie. Mittels phylogenetischer Analysen werden evolutionäre Zusammenhänge innerhalb der untersuchten Virusfamilien verdeutlicht. Die spezifische qPCR kann ebenfalls zur Bestimmung der Viruslast in Patienten verwendet werden, wenn der Erreger bekannt ist [9] . BIOspektrum | 05.15 | 21. Jahrgang Seit 2006 wurden mittels neuer Testmethoden viele neuartige Hantaviren identifiziert. Neben dem ersten afrikanischen Hantavirus aus einer Maus (Sangassou-Virus) wurde auch das erste Insektivoren-assoziierte Hantavirus (Tanganya-Virus) ebenfalls in Afrika gefunden [7, 8] . Durch die Nutzung des von Klempa und Kollegen [7] veröffentlichten Pan-Hanta-Assays war es auch anderen Forschern weltweit möglich, das Spektrum bekannter Hantaviren enorm zu erweitern [10] . Seit 2006 wurden mehr als 30 neue Hantaviren molekular nachgewiesen, viele davon in vorher unerwarteten Reservoirwirten, wie Spitzmäuse und Maulwürfe aus der Ordnung der Insektenfresser. Einen weiteren Meilenstein in der Erforschung der molekularen Epidemiologie dieser Viren stellt der erste Fund von Fledermausassoziierten Hantaviren dar [11] . Fledermäuse und Flughunde werden als Träger vieler zoonotischer Viren, wie Ebolavirus oder SARS-Coronavirus, angesehen. Sie sind in der Lage, durch die Größe ihrer Populationen Pathogene effektiv zu erhalten und durch ihre Mobilität ebenso zu verbreiten. Es sind mittlerweile weitere Hantaviren aus Fledermäusen beschrieben, deren pathogenes Potenzial für den Menschen jedoch insgesamt noch unbekannt ist. Zurzeit wird darüber diskutiert, ob Hantaviren, die als nicht von Insekten übertragene Viren eine Ausnahme innerhalb der Familie der Bunyaviren bilden, im Laufe ihrer Evolution einen Wirtswechsel von Insekten in insektenfressende Fledermäuse vollzogen haben [12] . Abbildung 2 zeigt einen molekularphylogenetischen Stammbaum, der die Verwandtschaftsgrade der Hantaviren untereinander verdeutlicht und fünf Gruppen umfasst. Zu den klassischen Phylogruppen der Viren, die von echten Mäusen (Gruppe I), Wühlmäusen (Gruppe IIa) und Neuweltmäusen (Gruppe IIb) beherbergt werden, sind nun zwei neue Gruppen gekommen, die eine große Zahl neuer, bisher meist nur molekular nachgewiesener Viren umfassen, die von Spitzmäusen, Fledermäusen und Maulwürfen getragen werden. Obwohl in den letzten Jahren die Entwicklung des Next Generation Sequencing schnell voranschreitet, haben unsere Erfahrungen gezeigt, dass die Anwendung dieser Technologie zur Detektion von RNA-Viren mit einem segmentierten Genom direkt aus biologischem Probenmaterial noch nicht zufriedenstellend etabliert ist. Solange die Optimierung dieser Methodologie nicht ausreichend fortgeschritten ist, wird die PCR als klassische Methode für die aufsuchende Virusdiagnostik weiterhin ihren Bestand haben. Afrika gilt als Schmelztiegel bei der Entstehung neuer Viren, auch der AIDS-Erreger vollzog hier den Wirtswechsel vom Tier zum Menschen. Während Malaria, AIDS und Tuberkulose die großen Herausforderungen bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten in Afrika darstellen, dürften Hantavirus-Erkrankungen zu den vernachlässigten Krankheiten (neglected diseases) gehören. Die Durchführung von Probensammlungen im Feld (Abb. 3), der ordnungsgemäße Transport unter strenger Einhaltung der Kühlkette sowie die korrekte Probenaufarbeitung sind Vorbedingungen für die Durchführung der PCR, die vor Ort oft nur mit großen Anstrengungen zu realisieren sind. Das PCR-gestützte Auffinden der verschiedenen Viren in den natürlichen Reservoiren ist wiederum die Voraussetzung dafür, ihre Rolle als mögliche Krankheitserreger des Menschen zu untersuchen. Wir danken Frau Brita Auste für ihre exzellente technische Unterstützung der Arbeiten zur molekularen Epidemiologie von Hantaviren. Außerdem möchten wir die sehr gute Kooperation mit der Gruppe von Dr. Fabian Leendertz am Robert Koch-Institut und mit einer Vielzahl afrikanischer und deutscher Partner hervorheben, ohne die unser Projekt nicht möglich wäre. Wir bedanken uns bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die Finanzierung -insbesondere im Rahmen der "Deutsch-Afrikanischen Kooperation in der Infektiologie". ó Studies on polynucleotides. XCVI. Repair replications of short synthetic DNA's as catalyzed by DNA polymerases Hantaviruses -globally emerging pathogens Multiple synchronous outbreaks of Puumala virus Hantavirus disease in Germany due to infection with Dobrava-Belgrade virus genotype Kurkino Thottapalayam virus: a presumptive arbovirus isolated from a shrew in India Genetic identification of a hantavirus associated with an outbreak of acute respiratory illness Hantavirus in African wood mouse Novel hantavirus sequences in shrew Detection and typing of human pathogenic hantaviruses by real-time reverse transcription-PCR and pyrosequencing Hantaviruses: rediscovery and new beginnings Hantavirus in bat The evolution and emergence of hantaviruses Am Institut für medizinische Virologie der Berliner Charité wird in der Arbeitsgruppe von Detlev H. Krüger an Themen wie der Molekularen Epidemiologie und Pathogenesemechanismen von Hantaviren gearbeitet. Das hier angesiedelte Nationale Konsiliarlaboratorium für Hantaviren bietet spezielle Testverfahren und fachliche Beratung zu diesen Pathogenen der biologischen Risikostufe 3 an.