key: cord-312670-hi3fjne4 authors: Corman, V. M.; Lienau, J.; Witzenrath, M. title: Coronaviren als Ursache respiratorischer Infektionen date: 2019-08-27 journal: Internist (Berl) DOI: 10.1007/s00108-019-00671-5 sha: doc_id: 312670 cord_uid: hi3fjne4 BACKGROUND: There are six human pathogenic coronaviruses (CoV), which mainly cause infections of the respiratory system. In everyday clinical practice, it is helpful to know the relevance and characteristics of these pathogens. OBJECTIVE: To present the epidemiology, clinical picture and differences of human pathogenic CoV and to provide information on the diagnostics and treatment of patients suspected of having CoV infections. MATERIAL AND METHODS: Selective literature search, presentation of results and discussion of fundamental works and expert recommendations, including publications by the World Health Organization (WHO), the European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) and the Robert Koch Institute. RESULTS: The four endemic human CoVs (HCoV-NL63, HCoV-229E, HCoV-OC43 and HCoV-HKU1) mainly cause mild respiratory tract infections. In addition to these four endemic HCoV, the two epidemic CoV, severe acute respiratory syndrome (SARS)-CoV and Middle East respiratory syndrome (MERS)-CoV can cause severe pneumonia. The SARS-CoV has not been detected in humans in the last 15 years and MERS-CoV has been circulating mainly on the Arabian Peninsula since 2012; however, neither a specific treatment nor approved vaccines exist for any of the six human pathogenic CoVs. CONCLUSION: All six human CoVs can be diagnosed using RT-PCR on respiratory specimens but this is rarely necessary for the four endemic strains. In current clinical practice SARS-CoV has no importance as it has not been detected in humans for 15 years; however, a possible MERS-CoV infection should be taken into account in patients with typical symptoms and travel history to endemic regions. In this case, rapid diagnostic and general hygiene practices are important to prevent further transmission. Es gibt sechs humanpathogene Coronaviren (CoV), die vornehmlich respiratorische Infektionen im Menschen auslösen. Vier davon kommen weltweit vor und sind sehr häufig. Im Regelfall rufen diese Virustypen nur leichtere respiratorische Infektionen hervor. Schwere Verläufe sind selten und treten am ehesten bei Immunsupprimierten auf. Zwei weitere Typen sind selten, aber für schwere virale Pneumonien verantwortlich: das MERS-und SARS-CoV (MERS "Middle East respiratory syndrome"; SARS "severe acute respiratory syndrome" [schweres akutes Atemwegssyndrom]). Während SARS-CoV seit 2004 nicht mehr im Menschen gefunden wurde, werden Infektionen mit MERS-CoV seit 2012 kontinuierlich detektiert. CoV sind behüllte Ribonukleinsäure(RNA)-Viren mit einem Plusstrang-RNA-Genom. Sie werden in die Unterfamilie Orthocoronavirinae (Ordnung Nidovirales, Familie Coronaviridae) klassifiziert. Die Unterfamilie Orthocoronavirinae umfasst eine große Anzahl an verschiedenen Genera, Subgenera und Virusspezies [12] . Darunter sind viele Varianten, die in der Veterinärmedizin sowohl für Haustiere (etwa bezüglich der felinen infektiösen Peritonitis bei Katzen) als auch für Nutztiere (schwere Diarrhöen bei Rindern und Schweinen) von Bedeutung sind. Bisher wurden sechs verschiedene CoV in Menschen gefunden, folglich ist nur ein kleiner Teil der bekannten CoV humanpathogen (. Tab. 1). Bei symptomatischen Infektionen lösen CoV im Regelfall respiratorische Erkrankungen aus. Vier der bisher bekannten sechs humanpathogenen CoV werden weltweit im Menschen gefunden und sind je nach Patientenkollektiv für 10-15 % der akuten respiratorischen Erkrankungen (ARE) verantwortlich [10, 15, 24] . Zusätzlich zu diesen ständig im Menschen zirkulierenden Varianten wurden in den vergangenen Jahren zwei CoV im Menschen gefunden, nämlich SARS-CoV und MERS-CoV, die aus dem Tierreservoir auf den Menschen übergegangen sind und bei einem deutlich größeren Anteil der Infizierten schwere virale Pneumonien mit tödlichem Verlauf auslösen [25, 28] . Mit HCoV-OC43 und -229E wurden zwei der vier endemischen humanpathogenen CoV (HCoV) bereits in den 1960er-Jahrenbeschrieben. Die zweiweiteren endemischen CoV (HCoV-NL63 und -HKU1) wurden erst deutlich später, in den 2000er-Jahren entdeckt [5] . Alle vier CoV sind etablierte humanpathogene Erreger, die weltweit vorkommen und klassischerweise ARE auslösen können. Je nach Patientenkollektiv werden Hinweise auf eine aktive CoV-Infektion bei bis zu 20 % der Patienten mit akuten ambulant erworbenen respiratorischen Erkrankungen gefunden, sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen [10, 15, 24] . Asymptomatische Infektionen wurden ebenfalls beschrieben [23] . Obwohl die Mehrzahl der Infektionen mit den vier endemischen CoV nur leichte Atemwegserkrankungen verursacht, können alle HCoV auch schwere Hier steht eine Anzeige. Zusätzlich zu den vier endemischen HCoV haben in den letzten zwei Jahrzehnten die beiden epidemischen CoV SARS-CoV und MERS-CoV beim Menschen schwere Atemwegserkrankungen ausgelöst. MERS-CoV ist das zweite hochpathogene CoV, das im Menschen gefunden wird. Es wurde bei Menschen erstmalig 2012 im Verlauf einer fatalen viralen Pneumonie in Saudi-Arabien entdeckt [11, 14, 28, 30] . Seitdem wurden etwa 2500 humane MERS-CoV-Infektionen gemeldet, wovon etwa 30 % tödlich verliefen. Über 90 % der Infektionen traten in Ländern der Arabischen Halbinsel auf, besonders in Saudi-Arabien. Importierte Fälle wurden aber auch in europäischen Ländern einschließlich Deutschland dokumentiert, insgesamt sind bisher mehr als 25 Länder betroffen (. Abb. 1b; [28] ). In manchen Ländern kam es ausgehend von einem importierten Fall auch zu weiteren autochthonen Infektionen. Besonders zu erwähnen ist hierbei der MERS-CoV-AusbruchinSüdkorea im Jahr2015, bei dem ausgehend von einem einzelnen infizierten Reiserückkehrer mehr als 160 weitere nosokomiale Infektionen resultierten, unter anderem auch von medizinischem Personal [11] . Neben Mensch-zu-Mensch-Übertragungen im häuslichen Umfeld und im Krankenhaus stellen Dromedare auf der Arabischen Halbinsel die wichtigste Infektionsquelle dar [11, 14] . MERS-CoV zirkuliert seit mindestens 2012 kontinuierlich in dieser geografischen Region, sodass eine Infektion mit MERS-CoV bei passender Anamnese weltweit differenzialdiagnostisch relevant ist [26] . Interessanterweise stellen Dromedare auch außerhalb der Arabischen Halbinsel ein Reservoir für MERS-CoV dar. So wurde das Virus auch in Dromedaren in West-und Ostafrika sowie in Asien nachgewiesen (. Abb. 1b und 2; [2, 13, 31] ). Primäre zoonotische Infektionen wurden aus diesen Regionen allerdings noch nicht bekannt. Seit 2015 stehen die beiden pandemischen CoV (SARS-und MERS-CoV) auf der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufgesetzten Liste der "priority diseases". Diese Liste verzeichnet die acht Infektionskrankheiten, bei denen zukünftig eine weltweite Epidemie für möglich gehalten wird und für die ein dringender Forschungs-und Entwicklungsbedarf zur Verhinderung einer Ausbreitung gesehen wird [17] . Pneumonie · Akute respiratorische Erkrankungen · Middle-East-respiratorysyndrome-Coronavirus · Schweres akutes Atemwegssyndrom · Erkältung Background. There are six human pathogenic coronaviruses (CoV), which mainly cause infections of the respiratory system. In everyday clinical practice, it is helpful to know the relevance and characteristics of these pathogens. Objective. To present the epidemiology, clinical picture and differences of human pathogenic CoV and to provide information on the diagnostics and treatment of patients suspected of having CoV infections. Material and methods. Selective literature search, presentation of results and discussion of fundamental works and expert recommendations, including publications by the World Health Organization (WHO), the European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) and the Robert Koch Institute. Results. The four endemic human CoVs (HCoV-NL63, HCoV-229E, HCoV-OC43 and HCoV-HKU1) mainly cause mild respiratory tract infections. In addition to these four endemic HCoV, the two epidemic CoV, severe acute respiratory syndrome (SARS)-CoV and Middle East respiratory syndrome (MERS)-CoV can cause severe pneumonia. The SARS-CoV has not been detected in humans in the last 15 years and MERS-CoV has been circulating mainly on the Arabian Peninsula since 2012; however, neither a specific treatment nor approved vaccines exist for any of the six human pathogenic CoVs. Conclusion. All six human CoVs can be diagnosed using RT-PCR on respiratory specimens but this is rarely necessary for the four endemic strains. In current clinical practice SARS-CoV has no importance as it has not been detected in humans for 15 years; however, a possible MERS-CoV infection should be taken into account in patients with typical symptoms and travel history to endemic regions. In this case, rapid diagnostic and general hygiene practices are important to prevent further transmission. Die Symptome einer SARS-CoV-Infektion sind vergleichbar mit den Symptomen einer MERS-CoV-Infektion. Da in den letzten 15 Jahren keine menschlichen SARS-CoV-Infektionen mehr bekannt wurden, verzichtet diese kurze Übersichtsarbeit auf eine detaillierte Betrachtung der SARS-CoV-Infektionen. Virale Koinfektionen der Lunge, unter anderem mit Influenza A und B, Parainfluenza, Rhinovirus und Adenovirus, sind sowohl bei der Infektion mit endemischen als auch bei Infektionen mit MERS-und SARS-CoV beschrieben worden. Koinfektionen mit Bakterien kommen auch gelegentlich vor. Bei einigen Patienten mit SARS/MERS-CoV-Infektion wurde zusätzlich von sekundär nosokomial erworbenen nichtviralen Infektionen (Pneumokokken, Staphylokokken, Klebsiellen, Acinetobacter, Candida) berichtet. Inwiefern diese sekundären Infektionen auf die intensivmedizinische Behandlung und Beatmung zurückzuführen sind oder ein spezifisches grundsätzliches Risiko einer CoV-Infektion darstellen, ist noch nicht verstanden. Neben dem regelhaften Nachweis von CoV im Respirationstrakt sind alle endemischen CoV auch in Stuhlproben nachgewiesen worden; sie sind jedoch typischerweise keine kausale Ursache einer Gastroenteritis [9, 20] . Zudem gibt es Hinweise, dass Infektionen mit HCoV-OC43 eine Rolle bei neurologischen Erkrankungen spielen könnten [18, 29] . Die Unterscheidung zwischen CoV und anderen Erregern, die eine ARE auslösen, ist anhand der klinischen Symptome grundsätzlich nicht möglich. Jedoch ist eine spezifische Labordiagnostik bei Verdacht auf eine Infektion mit endemi-schen CoV bei harmlosem Verlauf und Patienten ohne besonderes Risiko für die Entstehung von Komplikationen auch nicht indiziert. Bei komplizierten Verläufen und schweren Infektionen des Respirationstrakts ist eine Testung auf CoV mittels Echtzeit-Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR) möglich und sinnvoll. Geeignetes Probenmaterial sind Abstriche oder Sekrete aus dem oberen, je nach Klinik auch aus dem unteren Respirationstrakt. Eine Diagnostik über den Nachweis von Antikörpern ist aufgrund der häufigen (Re-)Infektionen nur in Ausnahmefällen sinnvoll und begründet. Eine spezifische Untersuchung auf eine Erkrankung durch MERS-CoV muss beim Vorliegen bestimmter Kriterien durchgeführt werden. Mittel der Wahl ist auch für MERS-CoV der Direktnachweis der viralen RNA mittels RT-PCR [3, 14, 26, 27] . Geeignete Materialien sind vor allem Sekrete aus den unteren Atemwegen (bronchoalveoläre Lavage, Absaugsekrete, Sputum), da dort die höchsten Viruskonzentrationen vorliegen [4] . Ist die Gewinnung und Testung dieser Materialien nicht möglich, können auch Abstriche aus dem oberen Respirationstrakt (Nasen/Rachen) untersucht werden. Die Antikörperdiagnostik basierend auf der Testung von zwei konsekutiven Serumproben, beispielsweise im Abstand von 4 Wochen, ist für den Ausschluss einer akuten Infektion ungeeignet und nur in bestimmten Situationen (Umgebungsuntersuchung, Postexpositionsuntersuchung) indiziert [26] . Aufgrund der interindividuellen Heterogenität der Antikörperantwort bei MERS-CoV-Infektionen ist die Quantifizierung spezifischer Antikörpertiter zum Nachweis oder Ausschluss einer MERS-CoV-In-fektion ungeeignet. In . Abb. 3 ist dargestellt, wann und wie in einem MERS-CoV-Verdachtsfall vorgegangen werden sollte. Bei der typischerweise unspezifischen Klinik von MERS-CoV-Infektionen sollte auch die Möglichkeit einer Infektion mit anderen Pathogenen in Betracht gezogen werden [26] . Bei Patienten, für die laut MERS-CoV-Falldefinition eine Diagnostik indiziert war und von denen Proben zum Ausschluss einer MERS-CoV-Infektion an das Konsiliarlabor für CoV gesendet wurden, werden regelmäßig andere Erreger als MERS-CoV als ursächlich für die respiratorische Erkrankung identifiziert. Häufig handelt es sich dabei um (eigene unpublizierte Daten) 4 » MERS-CoV ist beim Menschen hauptsächlich in den tiefen Atemwegen zu finden MERS-CoV kann auch von einem Menschen auf einen anderen übertragen werden. Allerdings wurde eine kontinuierliche Übertragung in der Bevölkerung bislang nicht beobachtet; auch im normalen häuslichen Umgang finden nur wenige Übertragungen statt [6] . Diese Beobachtung steht im Gegensatz zu den beobachteten gravierenden krankenhausassoziierten Ausbrüchen auf der Arabischen Halbinsel und in Südkorea. Der scheinbare Widerspruch lässt sich dadurch erklären, dass MERS-CoV beim Menschen im Gegensatz zum Auftreten bei Kamelen hauptsächlich in den tiefen Atemwegen zu finden ist [4] . Im Rahmen der Behandlung eines infizierten Patienten, beispiels-weise mit Bronchoskopie, Beatmung und Absaugung, kann es zum Kontakt mit Sekreten aus den tiefen Atemwegen kommen, insbesondere wenn Infektionspräventionsmaßnahmen unzureichend umgesetzt werden. Treatment of middle east respiratory syndrome with a combination of lopinavir-ritonavir and interferon-beta1b (MIRACLE trial): study protocol for a randomized controlled trial MERS coronaviruses from camels in Africa exhibit regiondependent genetic diversity Assays for laboratory confirmation of novel human coronavirus (hCoV-EMC) infections Viral shedding and antibody response in 37 patients with middle east respiratory syndrome Coronavirus infection Hosts andsourcesofendemichumanCoronaviruses Transmission of MERS-coronavirus in household contacts European Centre for Disease Prevention and Control. Severe respiratory disease associated with Middle East respiratory syndrome coronavirus (MERS-CoV) -tenth update Incidence, significance, and persistence of human coronavirus infection in hematopoietic stem cell transplant recipients Human coronavirusesareuncommoninpatientswithgastrointestinal illness Human Coronavirus infections in Israel: epidemiology, clinical symptoms and summer seasonality of HcoV-HKU1 Middle East respiratory syndrome coronavirus: risk factors and determinants of primary, household, and nosocomial transmission International Committee on Taxonomy of Viruses (2019) ICTV Virus Taxonomy Detection of distinct MERS-Coronavirus strains in dromedary camels from Kenya MERS coronavirus: diagnostics, epidemiology and transmission Cocirculation of four human coronaviruses (HCoVs) in Queensland children with acute respiratory tract illnesses in 2004 Fatal outcome of human coronavirus NL63 infection despite successful viral elimination by IFN-alpha in a patient with newly diagnosed ALL The WHO R&D Blueprint: 2018 review of emerging infectious diseases requiring urgent research and development efforts Human Coronavirus OC43 associated with fatal encephalitis Ribavirin and interferon alfa-2a for severe Middle East respiratory syndrome coronavirus infection: a retrospective cohort study Commonly circulating human coronaviruses do not have a significant role in the etiology of gastrointestinalinfectionsinhospitalizedchildren Empfehlungen des RKI für das Management von Kontaktpersonen laborbestätigter symptomatischer MERS-Fälle RKI (2015) Schwere respiratorische Erkrankungen in Verbindung mit Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-CoV). FALLDEFI-NITION zur Fallfindung, Meldung und Übermittlung Asymptomatic summertime shedding of respiratory viruses Frequentdetectionofhumancoronaviruses inclinicalspecimensfrompatientswithrespiratory tract infection by use of a novel real-time reversetranscriptase polymerase chain reaction Severe acute respiratory syndrome (SARS) -Disease outbreak news WHO (2019) Clinical management of severe acute respiratory infection when Middle East respiratory syndrome coronavirus (MERS-CoV) infection is suspected. Interim guidance Detection of coronavirus in the central nervous system of achildwithacutedisseminatedencephalomyelitis Isolation of a novel coronavirus from a man with pneumonia in Saudi Arabia Countrywide survey for MERS-Coronavirus antibodies in dromedaries and humans in Pakistan Weitere Infos zu e.Med finden Sie auf springermedizin.de unter "Abos"