Document: – 22 – Wissensbasierte differentialdiagnostische Unterstützung in der Rheumatologie: Ergebnisse und Erfahrungen G. Kolarz 1), K.–P. Adlassnig 2), H. Leitich 2,3) 1) Rheuma–Sonderkrankenanstalt der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft, Baden, Institut für Rheumatologie der Kurstadt Baden, Adolfine–Malcherg.1, 2500 Baden 2) Institut für Medizinische Computerwissenschaften der Universität Wien, Wien email: peter.adlassnig@akh–wien.ac.at 3) Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Abteilung für Geburtshilfe und Gynäkologie, Universität Wien Medizinische Expertensysteme sind Computerprogramme, die bei der Diagnoseerstellung, der Therapieauswahl, der Prognoseeinschätzung und Patientenführung im Krankenhaus oder der Arztpraxis eingesetzt werden können. In der Folge werden die Erfahrungen mit dem Expertensy- stem CADIAG–II beschrieben. Die Grundlage für das Konsultationssystem CADIAG–II bildet eine medizinische Wissensbasis, die medizinisches Wissen in Form von nosologischen Krankheitsprofilen speichert und im kon- kreten Anwendungsfall zur Verfügung stellt. In der Wissensbasis wurden die einzelnen Sym- ptome, gegebenenfalls auch Symptomkombinationen für die verschiedenen rheumatischen Erkrankungen aufgenommen und die Häufigkeit des Auftretens eines bestimmten Symptomes bei einer bestimmten Erkrankung bzw. auch seine Beweiskraft für eine bestimmte Erkrankung angegeben. Die Diagnoseermittlung erfolgt so, daß die Symptome eines Patienten mit den Ein- tragungen in der Wissensbasis verknüpft und Diagnoseergebnisse abgeleitet werden. Insgesamt wurden 185 rheumatologische Erkrankungen und mehr als 3500 Krankengeschichten von Pati- enten, die an der Rheuma–Sonderkrankenanstalt der Sozialversicherungsanstalt der Gewerbli- chen Wirtschaft behandelt wurden, aufgenommen. In verschiedenen Studien wurde die Praktikabilität dieses Diagnosesystems anhand von realen Krankengeschichten überprüft. Bei der chronischen Polyarthritis und anderen entzündlichen rheumatischen Erkrankungen wurde bei durchschnittlich 90% der Patienten die korrekte Dia- gnose erstellt. Bei degenerativen Gelenkerkrankungen war dieser Prozentsatz deutlich niedriger; bei der Diagnose Gicht lag die Trefferquote am niedrigsten (nur 40%). Die Ursache für das schlechte Ergebnis bei Gicht liegt in der Tatsache begründet, daß es für diese Erkrankung eine spezifische Therapie gibt, wodurch die Symptome der Erkrankung schwinden. Auch der Arzt kann daher nur aus den anamnestischen Angaben und den eingenommenen Medikamenten die Diagnose stellen. Anamnestische Angaben dürfen aber im Regelfall nicht als hochwertige Sym- ptome/Befunde zur Erstellung einer computerunterstützten Diagnose eingehen, da diese sehr häufig ungenau und lückenhaft sind. Insgesamt läßt sich aus den bisher durchgeführten Studien schließen, daß das System seine Stär- ken bei der Erstellung von selteneren Diagnosen aufweist. Insofern kann das Diagnosesystem CADIAG–II dem mit rheumatischen Erkrankungen weniger erfahrenen Arzt eine brauchbare Hilfestellung geben. Literatur � Adlassnig, K.–P., Leitich, H. & Kolarz, G. (1993) On the Applicability of Diagnostic Criteria for the Diagnosis of Rheumatoid Arthritis in an Expert System. Expert Systems with Applications 6, 441–448. � Adlassnig, K.–P., Leitich, H. & Kolarz, G. (1996) Expertensysteme in der Rheumatologie. Rheumatologie in Europa 25/3, 104–108.